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Kinder im Klima häuslicher Gewalt – Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Kinder

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Kinder im Klima häuslicher Gewalt – Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Kinder

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Herausgeber:Präventionsrat der Stadt KasselRathaus34112 KasselTel. 0561 787-7000praeventionsrat@kassel.dewww.praeventionsrat-kassel.dewww.gewalt-sehen-helfen-kassel.de

12. Präventionstag November 2013

Fotonachweise Titel (von links oben nach rechts unten):Julia Otto/fotolia.com, Naty Strawberry/fotolia.com, Felix Mizioznikov/fotolia.com, Gerd Altmann/pixelio.de, Anne Thompson/fotolia.com, Bernad/fotolia.com

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Inhaltsverzeichnis

Zum Geleit ............................................................................................................................................................... 4Einleitung ................................................................................................................................................................. 5Grußwort der Verantwortungs gemeinschaft zum Schutz gefährdeter Kinder ........................................... 6Vorwort des Jugendamtes .................................................................................................................................... 7

Kindeswohl – was ist das eigentlich?.................................................................................................................. 8Zur Begrifflichkeit des Kindeswohls aus pädagogischer und psychologischer Sicht .................................. 9Grundbedürfnisse junger Kinder ....................................................................................................................... 10Kinderrechte – Elternrechte .............................................................................................................................. 16

Vorgehensweise des Jugendamtes der Stadt Kassel im Fall einer Mitteilung zur Kindeswohlgefährdung (häusliche Gewalt) ............................................................................................. 18Vorgehensweise der Kindertages stätten in der Stadt Kassel bei Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung .............................................................................................................................. 20Fallbeispiele bezogen auf den Ablauf § 8a SGB VIII (Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung) in Kindertagesstätten .......................................................................................................................................... 20Formular der Kindertagesstätten zur Mitteilung einer möglichen Kindeswohlgefährdung (häusliche Gewalt) beim Jugendamt der Stadt Kassel ................................................................................... 23Vorgehensweise der Schulen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung ................................................... 26Formular der Schulen zur Mitteilung einer möglichen Kindeswohlgefährdung ....................................... 28Rolle der Kinder- und Jugendärzte in der Gewaltprävention ...................................................................... 32Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung ................................................................................................. 33Kinderschutz im Klinikum Kassel ....................................................................................................................... 35Vorgehensweise des Gesundheitsamtes Region Kassel im Fall einer Mitteilung des Verdachts einer Kindeswohlgefährdung ............................................................................................................................. 36Vorgehensweise der Polizei in der Stadt und im Landkreis Kassel bei Kindeswohlgefährdung ........... 38Familiengerichtliches Handeln bei Verfahren, die eine Gefährdung des Kindeswohls betreffen (§§ 1666, 1666a BGB) ......................................................................................................................................... 39Wichtige Rechtsvorschriften für den Kinderschutz ........................................................................................ 40

BeratungsstellenArbeitskreis Gemeindenahe Gesundheitsversorgung gGmbH – AKGG Beratungszentrum .............................................................................................................................................. 45Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Kassel e. V. – Beratungsstelle für Kinder und Eltern .............................................................................................................. 46Diakonisches Werk Kassel – Psychologische Beratungsstelle ...................................................................... 47Frauenhaus Kassel – Ein Schutzort für Frauen und ihre Kinder .................................................................. 48kafa – Kasseler Familienberatungszentrum e. V. ........................................................................................... 49pro familia – Beratungsstelle Kassel................................................................................................................. 50Sozialdienst katholischer Frauen – Internetberatung gewaltlos.de ........................................................... 51

Autorinnen/Autoren ........................................................................................................................................... 53Ansprechpartnerinnen/Ansprechpartner ....................................................................................................... 54Adressen ............................................................................................................................................................... 54

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Zum Geleit

Ausgerechnet dort, wo Kinder sich sicher und aufgehoben fühlen sollten – im häuslichen und familiären Umfeld – sind manche immer wieder Gewalt und Übergriffen ausgesetzt. Wie hoch die Dunkelziffer im Bereich der Kindesmisshandlung dabei wirklich ist, können selbst Experten nur schwer schätzen. Neben den körperlichen Verletzungen sind es in solchen Fällen insbeson-dere die bleibenden seelischen Schäden, an denen die Opfer nicht selten ein Leben lang zu leiden haben.

Fachleute, die tagtäglich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, nehmen in der Regel als Erste Veränderungen bei den ihnen Anvertrauten wahr und können Hilfen anbieten oder andere Hilfeeinrichtungen empfehlen. Familiäre Krisen können so frühzeitig erkannt und ein angemes-senes Vorgehen mit den Betroffenen abgestimmt werden.

Die Hinweise häuslicher Gewalt zuverlässig zu erkennen, im Verdachtsfall richtig zu reagieren und betroffene Familien zu begleiten, ist für die Verantwortlichen eine große Herausforderung. Gelingen kann ein nachhaltiger Schutz der Kinder nur in der engen und fachkundigen Vernetzung aller Akteure im kindlichen Umfeld: Ärztinnen und Ärzte, Erzieherinnen und Erzieher, Hebam-men, Lehrerinnen und Lehrer.

Dankenswerterweise gibt es in unserer Region seit einiger Zeit einen vorbildlichen Zusammen-schluss aller am Aufwachsen junger Menschen beteiligter Einrichtungen – beispielsweise die Kindertagesstätten, das Jugendamt, das Famili-engericht, die niedergelassenen Kinderärzte – zu der „Verantwortungsgemeinschaft zum Schutz gefährdeter Kinder“. In Zusammenarbeit mit der Verantwortungsgemeinschaft zum Schutz gefährdeter Kinder sind bereits zahlreiche

Schulungen zur Identifizierung und Vermeidung der Kindeswohlgefährdung durchgeführt worden. An dieser Stelle gilt unser Dank den beiden Hauptakteuren, Frau Dr. Hornung-Grove und Herrn Dr. von Soest, für ihre engagierte Arbeit.

Auf dieser Arbeit aufbauend beschäftigt sich der Präventionstag 2013 mit dieser hoch aktuellen und wichtigen Thematik.

Der Kasseler Präventionsrat hat die diesjährige Veranstaltungsreihe darüber hinaus zum Anlass genommen, alle relevanten Informationen und Ansprechpartner in einer kompakten Broschüre zusammenzutragen.

Wir sind überzeugt, dass die Publikation mit ihrer umfassenden und vertiefenden Gesamtschau zukünftig für alle Akteure eine wertvolle Orientierung- und Arbeitshilfe sein wird. Ausdrücklich danken wir allen, die sich mit ihrem Sachverstand und ihrer Unterstützung in den Dienst des Projektes gestellt haben.

Bertram Hilgen Oberbürgermeister und Vorsitzender des Kasseler Präventionsrates

Anne Janz Dezernentin für Jugend, Schule, Frauen, Gesundheit

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Einleitung

Susanne Zinke, für die Vorbereitungsgruppe, Geschäftsführerin des Präventionsrates der Stadt Kassel

Gewaltprävention und die Förderung von Zivilcourage sind die Ziele des Präventionsrates Kassel und damit auch des alljährlichen Präventi-onstages, den ich als Geschäftsführerin des Präventionsrates in Kooperation mit allen Trägern, die jeweils fachlich involviert sind, vorbereite. Mit verschiedenen Veranstaltungen rund um ein Schwerpunktthema wollen wir die Bürgerinnen und Bürger aufklären und sie für Situationen sensibilisieren, in denen Gewalt geschieht. Die Qualität dieser Veranstaltungen und in diesem Jahr insbesondere der hier vorliegenden Broschüre haben wesentlich mit dem Zusammenwirken der verschiedenen Organisationen zu tun. Die interdisziplinäre Zusammensetzung der Vorbereitungsgruppe ist anregend und wichtig, da ein Thema von verschiedenen Sichtweisen betrachtet wird.

In diesem Jahr hat sich der Kasseler Präventions-rat für das Thema „‚Kinder im Klima häuslicher Gewalt‘“ entschieden. Es geht darum zu verdeut-lichen, was Kinder benötigen, um gesund aufwachsen zu können – aber es geht auch darum, alle mit Kindern arbeitenden Fachleute zu sensibilisieren für Veränderungen bei Kindern. Veränderungen, die völlig harmlose Ursachen haben können – die jedoch auch ein Indiz dafür sein können, dass das Kindeswohl gefährdet ist. Wir möchten mit dieser Broschüre die Wahrneh-mung schärfen, um so Hilfen der Fachleute und Institutionen zu ermöglichen.

Aktiv beteiligt waren in diesem Jahr die Allge-meinen Sozialen Dienste des Jugendamtes der Stadt Kassel, der Arbeitskreis Gemeindenahe Gesundheitsversorgung gGmbH (AKGG), der Ausländerbeirat der Stadt Kassel, der Deutsche Kinderschutzbund, das Diakonische Werk Kassel, die Drogenhilfe Nordhessen e.V., die Frauenbe-auftragte der Stadt Kassel, das Frauenhaus Kassel, die Gesamtvolkshochschule Region Kassel, das Gesundheitsamt Region Kassel, die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR), der Bereich Präventiver Jugendschutz des Jugendamtes der Stadt Kassel, der Kasseler Jugendring, die Abteilung Kinder-tagesbetreuung des Jugendamtes der Stadt Kassel, das Netzwerk gegen Gewalt - Geschäfts-stelle Nordhessen, die Polizei, das Schulverwal-tungsamt, der Sozialdienst Katholischer Frauen, das Staatliche Schulamt für den Landkreis und die Stadt Kassel, das Stadtjugendpfarramt und die Verantwortungsgemeinschaft zum Schutz gefährdeter Kinder. Ihnen allen gilt unser besonderer Dank für die gute Zusammenarbeit. Der Verantwortungsgemeinschaft gebührt dabei außerdem noch das besondere Verdienst, die Anregung zur Erstellung der vorliegenden Broschüre gegeben zu haben.

Wir hoffen, dass wir mit der vorliegenden Broschüre für Fachleute, die mit der Kinder-betreuung befasst sind und für Lehrkräfte in Schulen ein handhabbares Handwerkszeug für die Arbeit erstellt haben.

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Grußwort der Verantwortungs gemeinschaft zum Schutz gefährdeter Kinder

örtlicher Ebene die „Verantwortungsgemein-schaft zum Schutz gefährdeter Kinder“ bildete. Seither treffen sich VertreterInnen der Jugend-ämter der Stadt und des Landkreises Kassel, des Gesundheitsamtes, des Staatlichen Schulamtes, der Polizei, des Hessischen Netzwerkes gegen Gewalt, der niedergelassenen – und der Klinik-kinderärzte und des Familiengerichts in regelmä-ßigen Abständen. Ziel der Arbeit ist es, alle für den Kinderschutz Verantwortlichen zu vernetzen, um die Verfahren zu Gunsten der Kinder zu verbessern und möglichst schnell effektive Ergebnisse zu erzielen. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass dies gerade auf kommunaler Ebene gut umsetzbar ist, weil kurze Wege den Erfah-rungsaustausch und die Zusammenarbeit erleichtern.

Die Mitglieder der Verantwortungsgemeinschaft haben die unterschiedlichen Verfahrensabläufe wechselseitig vorgestellt, schriftlich festgehalten und ausgetauscht. Schon dadurch wurde eine größere Sensibilisierung für die Situation der betroffenen Kinder aber auch die eigenen Positionen der MitarbeiterInnen erreicht und der Blick „über den Tellerrand“ hinaus geschärft. In den Institutionen wurden konkrete Ansprech-partnerInnen benannt und deren Telefon- und E-Mailadressen ausgetauscht. Die LehrerInnen der Kasseler Schulen und die MitarbeiterInnen der Kindertagesstätten wurden fortgebildet sowie Vorschläge für den Umgang mit Kindes-wohlgefährdung und Fragebögen für die Mitteilung einer Kindeswohlgefährdung durch die Schulen und Kindertagesstätten entwickelt.

Die von der Verantwortungsgemeinschaft gesammelten Materialien finden sich in dieser Broschüre. Es bleibt zu hoffen, dass das Herstel-len von Transparenz und die enge Zusammenar-beit aller mit dem Kinderschutz betrauten Institutionen die Verfahrensabläufe zugunsten der gefährdeten Kinder verkürzen, sachgerechte Entscheidungen erleichtern und auch zu mehr Berufszufriedenheit der HelferInnen führen wird.

Dr. Marianne Hornung-Grove, für die Verantwortungsgemeinschaft zum Schutz gefährdeter Kinder

Seit dem Jahr 2005 wurden in vielen Städten der Republik, so auch in Kassel zunehmend Fälle schwerer Kindesmisshandlungen bekannt, die teilweise zum Tod der Kinder führten. Dies hatte zur Folge, dass existentielle Nöte von Kindern in der Öffentlichkeit und den für das Kindeswohl verantwortlichen Institutionen verstärkt wahrgenommen wurden.

Gewalt gegen Kinder hat viele Ursachen. Insgesamt verändern sich unsere sozialen Verhältnisse dramatisch. Armut, Arbeitslosigkeit, sozialer Abstieg, das Abkoppeln vieler Mitbürge-rInnen von der positiven wirtschaftlichen Entwicklung aber auch der Leistungs- und Erfolgsdruck in den Mittelschichtfamilien lassen Familiengefüge zerbrechen. Häusliche Gewalt findet in allen Kreisen der Bevölkerung statt. Betroffen von der Gewalt sind häufig die Schwächsten – die Kinder – in unterschiedlicher Weise, am signifikantesten bei physischer, subtiler bei psychischer Gewalt oder als mittel-bare Opfer häuslicher Gewalt zwischen den Eltern.

Ist das Kindeswohl gefährdet, so sind für die Abwehr der Gefahr viele Institutionen und Einrichtungen – wie zum Beispiel Jugendamt, Polizei, Gericht – mit eigenen Arbeitsabläufen zuständig. Ein effektiver Kinderschutz kann in heutiger Zeit jedoch nur verwirklicht werden, wenn alle Beteiligten zusammenarbeiten und sich miteinander vernetzen. Die zentrale Frage lautet daher: “Wie können die VertreterInnen der unterschiedlichen Institutionen ihre Verantwor-tung gegenüber den ihnen anvertrauten Kindern gemeinsam möglichst wirkungsvoll wahrnehmen und so ihren Schutz optimal gewährleisten?“

In Kassel führte der sprunghafte Anstieg der Verfahren, die Kindeswohlgefährdungen betrafen, im Jahre 2007 dazu, dass sich auf

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Judith Osterbrink, Leiterin des Jugendamtes Stadt Kassel

Zum 01.01.2012 wurde ein neues BundesKinder-SchutzGesetz (BKiSchG) eingeführt. Ziel ist es, den Schutz für Kinder und Jugendliche weiterhin zu verbessern.

Änderungen ergeben sich insbesondere auch für Geheimnisträger. Sie werden nunmehr verpflich-tet, bei Bekanntwerden von gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung mit dem Kind oder Jugendlichen und den Personensorgeberechtigten die Situation zu erörtern und ggf. bei den Personensorgeberech-tigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinzuwirken. Hierdurch darf der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen jedoch nicht in Frage gestellt werden (s. § 4 Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG)).

Vorwort des Jugendamtes

Die vorliegende Broschüre soll Ihnen und uns bei der Erreichung dieses Ziels helfen. Daher bin ich sehr froh, dass der Kasseler Präventionsrat sich in diesem Jahr dazu entschlossen hat, das Thema „Kinder im Klima häuslicher Gewalt“ zu wählen und eine Broschüre zu erstellen, die Ihnen die Arbeit und den Umgang mit Kindern und Eltern in schwierigen Situationen erleichtern wird.

Die unterschiedlichen Sichtweisen und Abläufe der Akteure, sowie die Darstellung der Bera-tungsangebote werden Ihnen in der täglichen Arbeit sicher einen guten Dienst erweisen.Ich wünsche Ihnen eine angeregte Lektüre und bedanke mich bei den Autorinnen und Autoren sowie dem Präventionsrat für diese wichtige Arbeit.

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Kindeswohl – was ist das eigentlich?

Marita Engel, Fachberaterin und Kinderschutzfachkraft DAKITS

Die Sichtweise des Kindes ist nicht irgendeine Perspektive unter vielen. Das Kindeswohl – also das, was Kindern gut tut und das, was sie selbst wollen – stellt sowohl in der internationalen Rechtsordnung als auch nach deutschem Recht einen Gesichtspunkt dar, der bei allen Kinder betreffenden Entscheidungen mit Vorrang zu berücksichtigen ist. Der Kindeswille ist integrier-ter Bestandteil des Kindeswohls, auch wenn das Kindeswohl nicht im Kindeswillen aufgeht.

Was aber ist das eigentlich, das Wohl des Kindes? Wie ist es zu fassen, vielleicht sogar zu definie-ren?

Wenn es um Entscheidungen für Kinder und mit Kindern geht, sind unterschiedliche Sichtweisen möglich:• Bedürfnisse der Eltern (genauer: der Mutter

und des Vaters) und weiterer Familienmitglie-der sowie der Familie insgesamt spielen ebenso eine Rolle wie

• die Interessen von Fachkräften und kommuna-len Entscheidungsträgern.

Nicht zuletzt müssen die Entscheidungen vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Einstellungen und in einem soziokulturellen Kontext verstan-den werden.

Dennoch: Wie würde das Kind selbst sein (derzei-tiges) Wohl („das tut mir gut“) beschreiben?

Wenn pädagogische Fachkräfte in ihrer Arbeit Veränderungen bei Kindern wahrnehmen, können sie verschiedene Fragen nutzen, um auf der Meta-Ebene ein Gesamtbild zu erhalten:

Der Begriff „Wohl des Kindes“ steht dabei im Mittelpunkt der Betrachtung.• In welcher Lebens- oder Entwicklungsphase

befindet sich das Kind derzeit?• Wie sicher/unsicher/ambivalent ist es gebun-

den?• Was tut dem Kind jetzt gerade gut (in der

Gruppe oder zu Hause)?• Wie kann die Sicht des Kindes miteinbezogen

werden?• Welche Grundbedürfnisse sind im Verhalten

des Kindes gerade jetzt zu sehen?• Wozu ist die momentane Handlungsweise für

das Kind wichtig?• Was will es erreichen?• Welche (entwicklungsgerechten) Lebens-

Erfahrungen macht es?• Welche Veränderungen erfährt es möglicher-

weise gerade in seinem Umfeld?

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Zur Begrifflichkeit des Kindeswohls aus pädagogischer und psychologischer Sicht

Fenn Felstehausen, Psychologische Fachberatung – Kindertages-betreuung Stadt Kassel

Die Thematik des Kinderschutzes und die zugrunde liegenden rechtlichen Grundlagen basieren in der Regel auf der Begrifflichkeit einer Kindeswohlgefährdung und beziehen sich somit unmittelbar auf das Kindeswohl. Im Kindschafts- und Familienrecht stellt der Kinderschutz die zentrale Rechtsnorm dar, obwohl er nicht definiert ist und somit stets am Einzelfall konkretisiert wird. Schone (2008) weist darauf hin, dass der Begriff des Kindeswohls „trotz seiner Unbestimmtheit zwei wichtige Aufgaben erfüllen soll. Er dient zum einen als Legitimati-onsgrundlage für staatliche Eingriffe und zum anderen als sachlicher Maßstab in gerichtlichen Verfahren, an dem sich die Notwendigkeit gerichtlicher Maßnahmen festmachen lässt.“

Die Einrichtungen der Jugendhilfe orientieren sich in der praktischen Umsetzung an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen. Dabei werden gültige Normen und Werte einer Gesellschaft ebenso wie die Erkenntnisse aus der Kindheits- und Jugendforschung berücksichtigt.

Für eine positive Entwicklung von Kindern sind beständige Beziehungen zu Bezugspersonen, welche ihre kindlichen Bedürfnisse wahrnehmen und angemessen reagieren, notwendig. Die Möglichkeit, eine sichere Bindung aufbauen zu können, stellt für Kinder das Fundament ihrer weiteren Entwicklung dar. Idealerweise bestehen diese zu den Hauptbezugspersonen, auch wenn wir heute wissen, dass andere Personen wie Verwandte und Pädagogen ebenfalls das Bindungsverhalten prägen und weiterentwickeln können.

Kinder benötigen für ein gesundes Aufwachsen eine sichere Umgebung, die ihnen körperliche Unversehrtheit garantiert und altersentspre-chende Berücksichtigung ihrer physiologischen Bedürfnisse gewährleistet. Dazu gehören neben den Aspekten der Gesundheitsfürsorge auch die

strukturierende Gestaltung des Tages mit Bewegungsangeboten und Ruhezeiten sowie eine altersentsprechende Nutzung von Medien.

Der aktuelle Erkenntnisstand der Entwicklungs-psychologie besagt, dass Kinder schon von Geburt an aktive Gestalter und mit Kompetenzen versehen sind, die ihnen Interaktion und Lernen ermöglichen. Demnach benötigen sie für ihr gesundes Aufwachsen entwicklungsgerechte Anregungen und Erfahrungen, die auf ihre individuelle Persönlichkeit ausgerichtet ist. Dies schließt sowohl eine Förderung des Kindes als auch das Setzen von Grenzen und Einrichtung von Strukturen entlang des Entwicklungsstandes und des Alters ein.

Das Erleben von Gemeinschaft stellt für die meisten Menschen eine wichtige Größe dar. Kinder und Jugendliche erfahren in ihrer Sozialisation Einflüsse aus der Familie, den pädagogischen Einrichtungen wie Kindertages-stätten und Schulen sowie den Peers. Diese Gruppenerfahrungen prägen die emotionalen und sozialen Kompetenzen und sind bedeutsam für die Entwicklung von Resilienzfaktoren anzusehen. Das Erleben von Selbstwirksamkeit, sozialen Kompetenzen, Selbststeuerungsfähig-keiten, Problemlösekompetenzen und positiver Selbstwahrnehmung stärkt die Widerstandsfä-higkeit und begünstigt den erfolgreichen Umgang mit Krisen.

Entscheidend für das Kindeswohl sind demnach sowohl die kindlichen Entwicklungsbedürfnisse als auch die elterlichen Kompetenzen und Umgebungsfaktoren. Inwieweit das Kindeswohl gewährleistet oder gefährdet ist, muss im individuellen Einzelfall diskutiert und entschie-den werden. Das Hinweisen auf kindliche Bedürfnisse und das Anbieten entsprechender Unterstützung stellen originäre Aufgaben der Jugendhilfe dar, die sich durch das Bundeskinder-schutzgesetz und die daraus resultierenden Veränderungen im SGB VIII (Sozialgesetzbuch – Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe) noch-mals konkretisiert haben.

Literatur

Reinhold Schone: Kontrolle als Element von Fachlichkeit in den sozialpädagogischen Diensten der Kinder- und Jugendhilfe. Berlin: Arbeits-gemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ (Hg.) 2008, 25

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gesunde Entwicklung unabdingbar ist (vgl. Brazelton und Greenspan 2008):

Das Bedürfnis nach beständigen liebevollen BeziehungenDamit Kinder Vertrauen und Mitgefühl entwi-ckeln können, benötigen sie eine einfühlsame und fürsorgliche Betreuung. Jedes Kind braucht mindestens eine erwachsene Person – besser zwei oder drei –, zu der es gehört und die das Kind so annimmt, wie es ist. Die liebevolle Zuwendung der Eltern unterstützt die Herausbil-dung von Warmherzigkeit und fördert Wohlbe-hagen. Sichere und einfühlsame Beziehungen ermöglichen dem Kind, seine eigenen Gefühle in Worte zu fassen und eigenständige Beziehungen zu Gleichaltrigen und anderen Erwachsenen aufzunehmen. Der Austausch von Gefühlen bildet die Grundlage nicht nur der meisten intellektuel-len Fähigkeiten des Kindes, sondern auch für Kreativität und die Fähigkeit zu abstraktem Denken. Auch das moralische Gefühl für das, was richtig und was falsch ist, bildet sich vor dem Hintergrund früher emotionaler Erfahrungen heraus.

Grundbedürfnisse junger Kinder

Prof. Dr. Jörg Maywald, Honorarprofessor an der Fachhochschule Potsdam

Kinder sind von Geburt an eigenständige Subjekte mit spezifischen Bedürfnissen und Kompetenzen. Die Erfüllung von Grundbedürf-nissen in körperlicher, seelischer, geistiger und sozialer Hinsicht ist überlebenswichtig. Bei der Reifung und Entwicklung des Kindes spielen Veranlagung und Umwelt eine komplementäre Rolle. Eine positive sozial-emotionale Entwick-lung hängt entscheidend davon ab, ob Sicher-heits- oder Bindungsbedürfnisse und Erkundungs- oder Autonomiebestrebungen gleichermaßen und ausgewogen befriedigt und unterstützt werden.

Grundbedürfnisse des Kindes

Der amerikanische Kinderarzt T. Berry Brazelton und der Kinderpsychiater Stanley I. Greenspan haben folgende sieben Grundbedürfnisse von Kindern identifiziert, deren Befriedigung für eine

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Das Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit und Sicherheit Von Geburt an brauchen Kinder eine gesunde Ernährung und angemessene Gesundheitsfür-sorge. Dazu gehören ausreichend Ruhe aber auch Bewegung, medizinische Vorsorge (Vorsorgeun-tersuchungen, Impfungen, Zahnpflege) und die fachgerechte Behandlung auftretender Krank-heiten. Gewalt als Erziehungsmittel in jeder Form ist tabu. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Behandlungen – gerade durch die Personen, die dem Kind nahestehen – sind mit nachhaltigen Schäden für Körper und Seele des Kindes verbunden.

Das Bedürfnis nach individuellen Erfahrungen Jedes Kind ist einzigartig und will mit seinen Eigenarten akzeptiert und wertgeschätzt werden. Kinder kommen nicht allein mit indivi-duellem Aussehen und körperlichen Unterschie-den zur Welt. Auch angeborene Temperamente unterscheiden sich stark, sogar bei Kindern aus derselben Familie. Manche Kinder sind stärker zu beeindrucken als andere, regen sich schneller auf, sind sehr aktiv und kommen schlechter zur Ruhe. Andere dagegen sind nur schwer zu bewegen, reagieren gelassen und ziehen sich eher in sich zurück.

Kinder wollen in ihren individuellen Gefühlen bestätigt werden. Sie wollen, dass ihre Talente und Fertigkeiten gefördert werden, zu hochge-steckte Entwicklungsziele von Erwachsenen sind hier nicht hilfreich. Aber auch unerkannte Talente und Begabungen können beim Kind zu Entwick-lungsbeeinträchtigungen führen. Je besser es gelingt, den Kindern diejenigen Erfahrungen zu ermöglichen, die ihren besonderen Eigenschaften entgegenkommen, desto größer ist die Chance, dass sie zu körperlich, seelisch und geistig gesunden Menschen heranwachsen.

Das Bedürfnis nach entwicklungsgerechten Erfahrungen Heranwachsende Kinder durchlaufen zahlreiche Entwicklungsstufen, jede Stufe beinhaltet spezifische altersgerechte Erfahrungen. Kinder meistern diese Entwicklungsaufgaben in sehr unterschiedlichem Tempo. Auf jeder Stufe erwerben sie Grundbausteine der Intelligenz, Moral, seelischen Gesundheit und geistigen Leistungsfähigkeit. In einer bestimmten Phase lernen sie beispielsweise Anteilnahme und Einfühlsvermögen in Beziehungen zu anderen Menschen, während sie sich in einem anderen Stadium darin üben, soziale Hinweise zu verste-hen und in einem dritten Stadium zum kreativen und logischen Denken vordringen.

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Das Bedürfnis nach Grenzen und Strukturen Damit Kinder Freiräume erobern und sich gefahrlos entwickeln können, brauchen sie sinnvolle Begrenzungen und Regeln. Wohlwol-lende erzieherische Grenzsetzung fordert die Kinder auf liebevolle Weise und fördert die kindliche Entwicklung innerer Strukturen. Grenzen müssen auf Zuwendung und Fürsorge, nicht auf Angst und Strafe aufbauen. Denn mit dem Wunsch des Kindes, den Menschen, die es liebt, Freude zu bereiten, verinnerlicht es schrittweise diejenigen Grenzen, die es als notwendig zu akzeptieren lernt.

Schläge und andere Formen von Gewalt oder Erniedrigung sind als Mittel der Grenzsetzung nicht akzeptabel und gesetzlich verboten. Erziehung bedeutet nicht, Kinder für ihr Fehlver-halten zu bestrafen, sondern ihnen vielmehr die Anerkennung von Regeln und Grenzen zu erleichtern. Ebenso erzeugt eine unzureichende Grenzsetzung bei dem Kind Leiden, denn so entstehen unrealistische Erwartungen, die schließlich über das Scheitern an der Wirklichkeit zu Frustration, Enttäuschung und Selbstabwer-tung führen. Die liebevolle Grenzsetzung bietet Schutz und Geborgenheit nach außen, das Kind erlebt so Halt und Sicherung.

Das Bedürfnis nach stabilen und unterstützenden GemeinschaftenMit zunehmendem Alter gewinnt die Gruppe der Gleichaltrigen immer mehr die dominierende Bedeutung für Persönlichkeitsentwicklung und Selbstwert der Kinder und Jugendlichen. Die Entwicklung von Freundschaften ist eine wichtige Basis für das soziale Lernen. Soziale Kontakte, Einladungen zu anderen Kindern, Übernachtungen außerhalb des Elternhauses stellen wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung sozialer Fertigkeiten dar. Kinder und Jugendliche lernen, sich selbst besser einzu-schätzen und zu behaupten, Kompromisse einzugehen, auf andere Rücksicht zu nehmen und Freundschaft und Partnerschaft zu leben. Dies alles trägt zur Entwicklung sozialer Verant-wortlichkeit bei, die wiederum die Voraussetzung für eigene spätere Elternschaft darstellt.Nicht allein die Eltern, sondern auch andere Erwachsene im Umfeld des Kindes sind aufgeru-fen, faire, durchschaubare und respektvolle nachbarschaftliche Verhältnisse zu schaffen. Die Erwachsenen müssen dafür sorgen, dass Kinder einander unter angemessenen Rahmen-bedingungen begegnen und miteinander spielen,

lernen und arbeiten können. Das fördert das Gefühl für Zusammengehörigkeit, Gerechtigkeit und Solidarität.

Das Bedürfnis nach einer sicheren Zukunft für die Menschheit Das siebte Grundbedürfnis von Kindern betrifft die Zukunftssicherung – das Wohl jedes einzel-nen Kindes hängt unmittelbar mit dem Wohl aller Kinder dieser Welt zusammen. Die Erwachsenen gestalten die Rahmenbedingungen für die kommenden Generationen. Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft werden weltweit ihrer diesbezüglichen Verantwortung nicht gerecht. Ob Kinder und Jugendliche diese Welt als gestaltbares Ordnungsgefüge oder undurch-schaubares Chaos erleben, wird an ihren Persönlichkeiten liegen. Deren Entwicklung haben die Eltern und alle anderen Erwachsenen – wiederum mit ihren eigenen Persönlichkeits-ausprägungen mitgestaltet.

Reifung, Entwicklung und Erfahrung

Veranlagung und Umwelt ergänzen sich bei der Reifung und Entwicklung des Kindes. Das Erbgut, das das Kind zu gleichen Teilen von Mutter und Vater erhält, die fördernde Umwelt und insbe-sondere die unterstützenden Eltern wirken hier zusammen. Entscheidend für eine optimale Entwicklung ist die altersgemäße Passung zwischen dem Kind und seiner Umwelt und eine Erziehungshaltung, bei der die individuellen kindlichen Bedürfnisse und Entwicklungseigen-heiten so weit wie möglich mit seiner Umwelt abgestimmt werden.

Kennzeichnend für Entwicklungsverläufe in der frühen Kindheit sind das Zusammenspiel von Kontinuität und Diskontinuität sowie von Einheit und Vielfalt. Kinder entwickeln sich in keinem Bereich pausenlos vorwärts. Die Verlaufskurven weisen allesamt Gipfel, Täler und Ebenen auf, für die auch kurzzeitige Rückschritte typisch sind. Die verschiedenen Stadien der Entwicklung weisen bei allen Kindern im Wesentlichen die gleiche Abfolge auf. So macht z. B. jedes Kind in seiner Sprachentwicklung bestimmte Stadien des Lautierens durch, kommt dann zu den ersten Wörtern, bildet anschließend Zweiwortsätze, eignet sich nach und nach die grammatikalischen Regeln der Wort- und Satzbildung an und kann sich im Alter von vier bis fünf Jahren allmählich in korrekten Sätzen ausdrücken.

Grundbedürfnisse junger Kinder

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Trotz dieser Gemeinsamkeiten in der Entwicklung unterscheiden sich alle Kinder voneinander. Konstitutionelle Unterschiede und Umweltein-flüsse führen dazu, dass die individuelle kindliche Entwicklung sehr vielfältig verläuft.

Bindungen

Kinder sind von Natur aus soziale Wesen. Sie kommen mit einem angeborenen Bedürfnis nach Bindung und sozialem Kontakt zur Welt. Seeli-sche Gesundheit in der frühen Kindheit lässt sich als gelungene Integration von emotionaler Verbundenheit zu vertrauten Personen und Erkundungsverhalten beschreiben. Eine positive sozial-emotionale Entwicklung hängt entschei-dend davon ab, ob Sicherheits- oder Bindungs-bedürfnisse und Erkundungs- oder Autonomiebestrebungen gleichermaßen und ausgewogen befriedigt werden.

In sicheren und vertrauten Situationen wollen Kinder Neues erkunden und reagieren auf ihre Umwelt vor allem mit Interesse und Neugier. Dieses Interesse wird von dem schon für Neugeborene befriedigenden Gefühl aufrechter-halten, Verhalten oder Ereignisse verursachen und kontrollieren zu können und dadurch selbst wirksam und erfolgreich zu sein.

Demgegenüber wird in Situationen von Verunsi-cherung oder Angst – beispielsweise in einer fremden Umgebung oder bei Abwesenheit der Bezugsperson – das Bindungssystem der Kinder aktiviert. Sie suchen die Nähe und den Kontakt zu einer Bindungsperson, die ihnen als sichere Basis dient, sie weinen, strecken die Arme nach ihr aus, folgen ihr, schmiegen sich an oder klammern sich an sie. Aus psychologischer Sicht vermitteln Bindungsbeziehungen emotionale Sicherheit und Selbstvertrauen. Bindung kann nicht mit Abhängigkeit gleichgesetzt werden. Einmal etablierte Bindungsbeziehungen weisen eine große Stabilität im Lebenslauf auf und bleiben auch bei voneinander unabhängigen Personen wirksam.

Alle Kinder entwickeln im Verlauf des ersten Lebensjahres gewöhnlich eine oder mehrere Bindungsbeziehungen zu nahestehenden Personen, in der Regel Mutter und Vater. Im zweiten und dritten Lebensjahr – die als beson-ders bindungsempfindliche Zeit gelten – werden die Bindungserfahrungen mit den Bezugsperso-nen ausgebaut. Dabei hängt die Stärke einer Bindung nicht von der Qualität der Beziehung ab. Auch Kinder, die abgelehnt oder gar misshandelt werden, bauen eine tief greifende Bindung zu den ihnen nahestehenden Personen auf.

Grundbedürfnisse junger Kinder

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Bindungsqualitäten

Die Qualität einer Bindung entwickelt sich in Abhängigkeit von den Temperamentseigenschaf-ten des Kindes und den Verhaltensweisen und der erwachsenen Bindungspersonen. Ein angemessenes elterliches Verhalten ist von einer großen Feinfühligkeit geprägt, es zeichnet sich dadurch aus, dass die Signale und Bedürfnisse des Kindes korrekt wahrgenommen, richtig interpretiert sowie prompt und altersangemes-sen beantwortet werden.

Sichere BindungWerden die Bedürfnisse des Säuglings von den Bindungspersonen in feinfühliger Weise beant-wortet, entwickelt sich in der Regel eine sichere Bindungsbeziehung. Sicher gebundene Säuglinge lernen, dass sie verlässlich beruhigt und getröstet werden, sobald sie Unruhe oder Kummer signalisieren. Sie erleben die Bindungsperson als sichere Basis, von der aus sie interessiert die Umgebung erkunden und auf die sie sich in alltäglichen Notsituationen stützen können.

Unsicher-vermeidende BindungKinder, die ihre Bindungsperson als zurückwei-send, ignorierend oder feindselig erleben, entwickeln gewöhnlich eine unsicher-vermei-dende Bindung. In Belastungssituationen neigen sie dazu, wenig von ihren Bindungsbedürfnissen zu äußern und die Bindungsperson eher zu

meiden. Auf diese Weise passen sie sich so gut es geht den Anforderungen der Bindungsperson an, die von dem Kind rasche Selbstständigkeit und eine frühe Selbstregulation negativer Gefühle wie Angst und Ärger erwartet.

Unsicher-ambivalente BindungKinder, deren Bindungspersonen sich in Belas-tungssituationen in einer für das Kind wechsel-haften und wenig nachvollziehbaren Weise verhalten, entwickeln eine unsicher-ambivalente oder kontrollierende Bindung. Das Verhalten der Bindungsperson signalisiert gleichermaßen Zuwendung, aber auch Hilflosigkeit und Ärger. Das Kind versucht, mit verstärkten und übertrie-benen Gefühlsäußerungen die Aufmerksamkeit der Bindungsperson zu erregen. Gleichzeitig wird es von diesen Bemühungen stark in Anspruch genommen und wirkt dadurch emotional abhängig.

Desorganisierte BindungBei einer kleinen Gruppe von Kindern lässt sich ein desorganisiertes Bindungsverhaltensmuster feststellen. Diese Kinder zeigen in Stresssituatio-nen stereotype Verhaltensweisen oder sie erstar-ren für kurze Zeit, da ihnen aufgrund des uneindeutigen Verhaltens ihrer Bindungsperso-nen keine adäquaten Verhaltensstrategien zur Verfügung stehen. Desorganisierte Bindungen sind häufig Zeichen gravierender Beziehungs- und Bindungsstörungen (vgl. Brisch 1999).

Grundbedürfnisse junger Kinder

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Grundbedürfnisse junger Kinder

Trennungen

Unter der Voraussetzung eines quantitativ und qualitativ ausreichenden Bindungsangebots können Kinder altersangemessene Trennungen gut für ihre Entwicklung nutzen. Insofern sind Trennungen nicht per se schädigend. Risiken und Gefahren ergeben sich erst durch das kumulative Zusammenspiel einer Reihe von im Einzelfall zu gewichtenden Variablen. Neben der individuellen Empfindlichkeit des Kindes zum Zeitpunkt der Trennung sind Alter und Entwicklungsstand bedeutsam. Während bei einem Säugling bereits die kurzzeitige Nichtverfügbarkeit der Mutter bzw. Bindungsperson zu einem Gefühl großer Hilflosigkeit und Verlassenheit führen kann, erweitert sich mit zunehmendem Alter das Zeitverständnis und damit die Toleranz für überschaubare Trennungen. Besonders tren-nungsempfindlich sind Kinder im Alter zwischen etwa sechs Monaten und drei Jahren. In dieser Zeit binden sie sich in der Regel intensiv an eine, manchmal auch zwei oder drei Hauptbindungs-personen und zugleich ist ihr Verständnis für Zeit, Dauer und die Gründe von Trennungen noch nicht sehr entwickelt.

Eine zweite Variable betrifft die Intensität der Bindung und damit die emotionale Nähe zu der Person, von der das Kind getrennt wird. Wenn seine Hauptbindungsperson z. B. die Großmutter ist, wird die Reaktion auf eine Trennung von Mutter oder Vater weniger schwerwiegend sein. Zum emotionalen Kontext gehören ebenso vertraute Gegenstände (Bett, Kleidung, Spiel-zeug), Gewohnheiten (Essensrituale, Schlaflied) und die sozialräumliche Umgebung (Kindergar-ten, Schule, Freundeskreis), ihre Verfügbarkeit bzw. Aufrechterhaltung kann Trennungsreaktio-nen lindern.

Weiterhin spielen frühere Trennungserfahrungen und die Qualität der Ersatzbeziehungen des Kindes eine wichtige Rolle. Ängste aufgrund zurückliegender, nicht verarbeiteter Trennungen können in der aktuellen Situation reaktiviert und verstärkt werden. Wie ein Kind die Situation nach einer Trennung erlebt, hängt von unterschiedli-chen Umständen ab. Erleichternd oder auch erschwerend ist dabei, ob eine spezielle Person kontinuierlich zur Verfügung steht, wie die Rahmenbedingungen der Ersatzbetreuung sind (Qualität der Einzel- oder Gruppenbetreuung), die materielle Ausstattung und Versorgung und inwieweit Erinnerungen an die Personen, von denen das Kind getrennt ist, akzeptiert und gefördert werden.

Literatur

Ainsworth, Mary D. et al. (1978): Patterns of attach-ment: assessed in the strange situation and at home. Hillsdale.Bowlby, John (1984): Bindung. Eine Analyse der Mutter-Kind-Beziehung. Frankfurt/M.Brazelton, T. Berry (1998): Kleine Schritte, große Sprünge. Ein Kind wächst auf. Stuttgart.Brazelton, T. Berry, Green-span, Stanley. I. (2. Auflage 2008): Die sieben Grund-bedürfnisse von Kindern. Weinheim.Brisch, Karl Heinz (1999): Bindungsstörungen. Von der Bindungstheorie zur Thera-pie. Stuttgart.Bronfenbrenner, Urie (1981): Die Ökologie der menschli-chen Entwicklung. Stuttgart.Dornes, Martin (1993): Der kompetente Säugling. Die präverbale Entwicklung des Menschen. Frankfurt/M.Erikson, Erik H. (1987): Kindheit und Gesellschaft. Stuttgart.Largo, Remo H. (1999): Kinderjahre. Die Individualität des Kindes als erzieherische Herausforderung. München.Maywald, Jörg (1997): Zwi-schen Trauma und Chance. Trennungen von Kindern im Familienkonflikt. Freiburg.Winnicott, Donald W. (1974): Reifungsprozesse und för-dernde Umwelt. München.

Insgesamt hängt die Bedeutung einer Trennung für ein Kind davon ab, „wie groß der reale Verlust ist, welche Ängste dadurch reaktiviert werden, wie tragfähig die neuen Beziehungen sind und inwiefern es gelingt, für den Zusammenhang von altem und neuem Zustand einen lebensgeschicht-lichen Sinn zu erschließen“ (Maywald 1997, S. 30).

Gefährdungen und Hilfebedarf

Gefährdungen in der frühen Kindheit ergeben sich aus einem dynamischen Zusammenspiel von Schutzfaktoren auf der einen und Risikofaktoren auf der anderen Seite. Risikofaktoren können durch Eigenarten des Kindes (z. B. körperliche oder geistige Behinderungen, schwieriges Temperament), das Klima in der Familie (hohes Konfliktpotenzial) und durch außerfamiliale Einflüsse (Armut, Arbeitslosigkeit, soziale Isolierung) gegeben sein. Entsprechende schützende Faktoren beim Kind, in der Familie und im sozialen Kontext fördern die kindliche Resilienz (Widerstandsfähigkeit) gegenüber auftretenden Belastungen.

Um gesundheitlichen Schäden in der frühen Kindheit, Entgleisungen in der Eltern-Kind-Beziehung bis hin zu Gewalt und Vernachlässi-gung und gesellschaftlicher Marginalisierung von Familien mit kleinen Kindern vorzubeugen bzw. eingetretene Schäden zumindest zu mildern, sind koordinierte Maßnahmen und Hilfeangebote auf verschiedenen Ebenen notwendig. Krankheits-prävention und Gesundheitsförderung (gesunde Ernährung, Impfungen, Suchtvorbeugung, Unfallverhütung) müssen in der Schwangeren-betreuung und im Aufgabenspektrum des Kinderarztes bzw. der Kinderärztin größeres Gewicht erhalten. Besonders Erfolg versprechend ist die frühe und präventive Förderung der Eltern-Kind-Beziehung. Angebote der Geburts-vorbereitung und -nachbereitung, Familienheb-ammen, Elternschulen, Eltern-Kind-Gruppen sowie Angebote der Familienbildung und -erholung sind hierfür besonders geeignet. Notwendig ist auch ein bedarfsgerechter Aufbau von Beratungsstellen für Säuglinge und Klein-kinder mit Regulationsstörungen sowie deren Vernetzung mit Frühfördereinrichtungen sowie kinder- und jugendpsychiatrischen Diensten. Kindertageseinrichtungen sollten zu Kinder- und Familienzentren mit einem umfassenden Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag ausgebaut werden. Schließlich ist die Abstim-mung mit infrastrukturellen sowie kinder- und familienpolitischen Maßnahmen erforderlich.

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Kinderrechte – Elternrechte

In dem Kindschaftsreformgesetz vom 16.12.1997 wird das Kinderrecht insofern gestärkt, als erstmals ein Recht des Kindes auf Umgang mit jedem Elternteil festgeschrieben wurde. Dieses ist nach meiner Auffassung als subjektiv öffentliches Recht auch von dem Kind selbst einklagbar.

Im Juli 2008 trat das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls in Kraft. Intention dieses Gesetzes war es, durch Beschleunigung der Gerichtsverfahren und Hinwirken auf einver-nehmliche Lösungen den Elternkonflikt zum Wohl des Kindes zu entschärfen. Seine Vorschriften wurden am 1.9.2009 durch ähnliche Normierun-gen des Gesetzes über das Verfahren in Familien-sachen und in der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) abgelöst.

Seit dem 1.1.2012 ist das Kinderschutzgesetz in Kraft, das verstärkt Kooperation und Vernetzung der beteiligten Institutionen fordert.

2) Elternrecht kontra Wächteramt des Staates

Art. 6 Abs. 2, S. 1 Grundgesetz (GG) bestimmt, dass Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht sind, über deren Betäti-gung die staatliche Gemeinschaft wacht. Dieses natürliche Recht wird den Eltern nicht vom Staat verliehen, sondern von diesem als vorgegebenes Recht anerkannt. Es ist Grundrecht und Grund-pflicht zugleich. Die Kinder stehen den Eltern als Träger eigener Menschenwürde und Persönlich-keitsrechte gegenüber. Die Pflichtbindung unterscheidet das Elternrecht von allen anderen Grundrechten. Sie ist ein wesensbestimmender Bestandteil des Elternrechts, das insoweit besser als Elternverantwortung bezeichnet werden sollte. Nach der Rechtsprechung des Bundesver-fassungsgerichts sind die Eltern für die Pflege und Erziehung ihrer Kinder vorrangig, eigenständig und selbstverantwortlich zuständig, weil sie aus der natürlichen Verbundenheit mit ihren Kindern heraus deren Interessen besser wahrnehmen als andere Personen oder Institutionen.

Dr. Marianne Hornung-Grove, Verantwortungsgemeinschaft zum Schutz gefährdeter Kinder

1) Entwicklung der Kinderrechte

Im römischen und germanischen Recht waren die Kinder innerhalb des Familienverbandes der Herr-schaft des Hausvaters unterworfen. Diese galt auch noch im Obrigkeitsstaat der frühen Neuzeit. Der Hausvater hatte die Verantwortung für ehrbares, christliches und obrigkeitsgetreues Verhalten von „Frau, Kind und Gesind“. Erst das Zeitalter der Aufklärung gab - in Abkehr von der väterlichen Herrschaft - den Rechten des Kindes mehr Gewicht und rief auf diese Weise gleichzei-tig den Gegensatz zwischen Eltern- und Kinder-rechten hervor. Dieser besteht bei dem härtesten Eingriff des Staates in das Elternrecht, nämlich dem Entzug der elterlichen Sorge bei Kindes-wohlgefährdung nach § 1666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), bis heute und ist oft nur sehr leidvoll und manchmal gar nicht zu lösen.

Die Errungenschaften der Aufklärung, die auch zu festen Volljährigkeitsgrenzen führten, setzten sich im restaurativen 19. Jahrhundert leider nicht durch. Erst im 20. Jahrhundert, dem „Jahrhundert des Kindes“, treten die Kinderrechte wieder in den Vordergrund. Je stärker der gegen den Staat gerichtete Anspruch des Kindes auf Schutz und Erziehung betont wird, desto mehr verändert sich auch die rechtliche Regelung des Eltern-Kind-Verhältnisses.

Die deutsche Verfassung, das Grundgesetz, enthält keine eigenen Kinderrechte. Das Bundes-verfassungsgericht hat aber bereits 1968 anerkannt, dass Kindern eigene Grundrechte zustehen und zwar gegenüber dem Staat und ihren Eltern. Folgerichtig wurde mit dem „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge“ vom 18.7.1979 der Begriff „Elterliche Gewalt“ endlich durch die „Elterliche Sorge“ abgelöst.

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Die Grenzen des Elternrechts ergeben sich aus der Pflichtbindung. Das Elternrecht wird verfassungsrechtlich nur geschützt, soweit die Eltern bereit und in der Lage sind, das Kindes-wohl zu wahren, nicht bei Vernachlässigung des Kindes. Aus dem Anspruch des Kindes als Grundrechtsträger auf staatlichen Schutz leitet sich das „Wächteramt“ des Staates ab (Art. 6 Abs. 2, S. 2 GG). Insofern begrenzt das Kindeswohl das Elternrecht. Wird das Kindeswohl gefährdet, so hat der Staat entsprechend seiner subsidiären Verantwortung Pflege und Erziehung sicherzu-stellen. Auch dabei ist dem grundsätzlichen Vorrang der Eltern Rechnung zu tragen. Art und Ausmaß des staatlichen Eingriffs richten sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es muss zunächst versucht werden, durch familien-unterstützende Maßnahmen ein verantwor-tungsgerechtes Verhalten der leiblichen Eltern zu bewirken. Erst wenn diese Maßnahmen zur Behebung der Kindeswohlgefährdung nicht ausreichen, können den Eltern ihre Rechte vorübergehend oder dauerhaft entzogen werden. Dann hat aber der Staat die Pflicht, Bedingungen für ein gesundes Aufwachsen des Kindes zu schaffen.

3) Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls

Dementsprechend bestimmt § 1666 BGB, dass das Familiengericht die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Nach § 1666a BGB ist eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen begegnet werden kann.

Adressat der Norm sind alle Sorgerechtsinhaber, also neben den leiblichen Eltern auch sonstige Sorgeberechtigte.

Der Schutz des Kindes beginnt mit der Geburt und endet mit der Volljährigkeit oder dem Tod.

Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Kindesentwicklung abzusehen ist, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des

Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt. Elterliches Erziehungsversagen muss nicht festgestellt werden.

Beispiele für Kindeswohlgefährdung sind:Sexueller MissbrauchPhysische GewaltPsychische VernachlässigungVerweigerung notwendiger ärztlicher Behand-lungenDrogen- und/oder Alkoholabhängigkeit der ElternGewalt zwischen den ElternteilenLangandauernde Verstöße gegen die Schulpflicht

In all diesen Fällen kann eine Kindeswohlgefähr-dung vorliegen, muss aber nicht!

Für ein Eingreifen ist Voraussetzung, dass die Eltern zur Gefahrenabwehr nicht gewillt oder nicht in der Lage sind.

Bei der Gefahrenabwehr hat das Gericht ein Auswahlermessen, welches sich am Kindeswohl orientieren muss. Die Gefahrenabwehrmaßnah-men müssen verhältnismäßig, also erforderlich, angemessen und geeignet sein.

4) Forderungen für die Zukunft

Die UN-Kinderrechte-Konvention von 1989, von der Bundesrepublik Deutschland am 5.4.1992 ratifiziert, verpflichtet diese, die Rechte der Kinder zu stärken und zu sichern. Vor diesem Hintergrund ist es überfällig, eigene Kinderrechte in das Grundgesetz aufzunehmen. Unter anderem wäre es dann bei Verletzung der Rechte möglich, eine Verfassungsbeschwerde zu erheben.

Auch die Einrichtung einer/eines unabhängigen Bundeskinderbeauftragten, die/der die Interes-sen der Kinder gegenüber der Gesellschaft wahrnimmt, würde die Lebensbedingungen für Kinder verbessern.

Nicht zuletzt jedoch sollte die Politik die Institu-tionen und Einrichtungen, denen das Wohl der Kinder anvertraut ist, mit den personellen und sachlichen Mitteln ausstatten, die erforderlich sind, die Rechte der Kinder mit Leben zu erfüllen.

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Vorgehensweise des Jugendamtes der Stadt Kassel im Fall einer Mitteilung zur Kindeswohlgefährdung (häusliche Gewalt)

Dr. George von Soest, Leitung der Allgemeinen Sozialen Dienste des Jugendamtes der Stadt Kassel

Neben zahlreichen Aufgaben wie Beratung in Sorgerechts- und Umgangsfragen, Einleitung und Vermittlung von Hilfen zur Erziehung und Unterstützung in Erziehungsfragen sind die Fachkräfte der Allgemeinen Sozialen Dienste des Jugendamtes auch für den Schutz von Kindern und Jugendlichen zuständig. Dies ist im Artikel 6 Grundgesetz, im Bundeskinderschutzgesetz und im Sozialgesetzbuch VIII, § 8a festgelegt.

Historisch gesehen wurde dieser Auftrag auch durch die kommunale Bezirkssozialarbeit in ähnlicher Form zu Zeiten des Reichsjugendwohl-fahrtsgesetzes oder des Jugendwohlfahrtsgeset-zes nach dem 2. Weltkrieg wahrgenommen, aber ohne die gesetzlichen Vorgaben unserer Zeit.

Konkret bedeutet dies, dass entsprechend des beigefügten Ablaufschemas bei jeder Mitteilung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, unter Einbeziehung der Betroffenen selbst, der freien Träger, anderer sozialer Einrichtungen, des Gesundheitswesens, der Schulen oder der Polizei, verfahren wird.

Die einzelnen Verfahrensschritte werden umfassend dokumentiert und durch die Sachge-bietsleitung, Abteilungsleitung und Amtsleitung überprüft. Zusätzlich zur Arbeit der Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter, die beratend als „Fach-kräfte für Kindeswohlsicherung (KIWO)“ den fallführenden Kolleginnen und Kollegen zur Seite stehen, findet gegebenenfalls durch die Einbin-dung unterschiedlichen Leitungsebenen ein intensiver Diskurs zu unklaren Abläufen oder Sachverhalten statt.

Durch dieses aufwendige und komplexe Verfah-ren wird versucht, in jedem Fall den Schutz der betroffenen jungen Menschen sicherzustellen.

Ergänzend zu dieser Aufgabe findet im Einzelfall für Personen, die beruflich in Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen stehen (Geheimnis-träger), bei der Einschätzung einer Kindeswohl-gefährdung durch die Leitung der Allgemeinen Sozialen Dienste eine Beratung statt.

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EingangMitteilung über eine Kindeswohlgefährdung

Meldebogen„Mitteilung zur Kindeswohlsicherung“

RecherchenEinschalten der Fachkraft für Kindeswohlsicherung

Kein akuterHandlungsbedarf

Terminierung nach Bedarf:Hausbesuch,weitere Gespräche und Hilfeangebote

Risikoeinschätzungim Bogen „Mitteilung zur Kindeswohlsicherung“

Absprache mit Leitung

Inobhutnahme

AkuterHandlungsbedarf

Sofortiger Hausbesuchggf. zu zweit,Hilfeangebote

Kopie/Info an Leitung

Gesamteinschätzung:keine weiteren Hilfen

Ende, ggf. weitere Beratung

Gesamteinschätzung:Weitere Hilfen sind erforderlich

Kollegiale Beratung mit gesamtem Team und Leitung

Ggf. Beratung,Hilfe zur Erziehung,Eingliederungshilfe oderAnrufung Familiengericht

Wiedervorlage nach 3 Monaten bei festgestellter Gefährdung Wiedervorlage nach 3 Monaten

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Vorgehensweise der Kindertages stätten in der Stadt Kassel bei Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung

Fenn Felstehausen, Psychologische Fachberatung – Kindertages-betreuung Stadt Kassel

In den Kindertagesstätten werden ein- bis zwölfjährige Kinder – also von der Krippe bis zum Hort – betreut. Sie verbringen häufig den Großteil des Tages in diesen Einrichtungen, welche ihren Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag wahrnehmen und die individuellen Lebenslagen berücksichtigen.

Hier zeigen sich dann sowohl die Kompetenzen als auch die Bedürfnisse der Kinder und Familien. Die Kindertagesstätten sind nicht erst seit der Umsetzung des gesetzlichen Schutzauftrags beratend tätig, wenn es Hinweise auf unzurei-chende familiäre Bedingungen für ein gesundes Aufwachsen der Kinder gibt. Die Fachkräfte stehen den Eltern im Rahmen der Erziehungs-partnerschaft beratend zur Seite, um die

kindlichen Bedürfnisse zu thematisieren und notwendige Interventionen anzuraten. Diese können sich auch auf Aspekte von Vernachlässi-gung, unzureichender Förderung oder Erleben von Gewalt beziehen.

Die Umsetzung des Schutzauftrags nach § 8a SGB VIII ist ein gesetzlicher Auftrag, der von Institutionen der Jugendhilfe erbracht werden muss. Aus diesem Grund wurde für die in der Stadt Kassel verorteten Kindertageseinrichtun-gen ein einheitliches Verfahren entwickelt, nach dem die Institutionen bei Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung vorgehen (s. Seite 21).

Den Kindertagesstätten stehen besonders geschulte Fachkräfte als insoweit erfahrene Fachkräfte im Rahmen der Beratung nach § 8a SGB VIII zur Verfügung. Sie werden den Kinder-tageseinrichtungen durch ihren Träger bekannt gegeben.

Fallbeispiele bezogen auf den Ablauf § 8a SGB VIII (Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung) in Kindertagesstätten

1. Fallbeispiel für eine akute Kindeswohl­gefährdung

Die vierjährige Chantal lebt als einziges Kind mit beiden Elternteilen zusammen. Der Einrichtung ist bekannt, dass diese früher alkoholabhängig waren. Am Freitag nach Himmelfahrt bringen die Eltern das Kind in den Kindergarten, beide sind offensichtlich alkoholisiert, die Mutter hat ein blaues Auge. Chantal wirkt sehr verstört, sie will sich nicht von den Eltern verabschieden. Die Eltern werden von der Leiterin zu einem Gespräch gebeten und auf die aktuellen Umstände angesprochen. Der Vater reagiert sofort sehr aggressiv und sagt, dass es seine Sache wäre, wenn er einmal ein Bier trinken würde, seine Frau sei die Treppe heruntergefallen und außerdem sei er dem Kindergarten über-haupt keine Rechenschaft schuldig. Den Eltern

wird erläutert, dass der Kindergarten einen gesetzlichen Auftrag hat, im möglichen Fall einer Kindeswohlgefährdung mit ihnen zu sprechen und ihnen Hilfe anzubieten. Daraufhin wird der Vater sehr laut und kündigt an, jetzt zu gehen. Die Leiterin versucht ihm noch zu erläutern, dass sie dann verpflichtet sei, die Allgemeinen Sozialen Dienste des Jugendamtes zu informie-ren. Das hören die Eltern kaum noch, da sie wild schimpfend aus der Einrichtung stürzen, ohne sich noch einmal nach ihrem Kind zu erkundigen. Die Einrichtung gibt nach der telefonischen Beratung mit der Kinderschutzkraft und einem Austausch mit der Gruppenleitung eine Gefähr-dungsmeldung an die Allgemeinen Sozialen Dienste weiter. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund, dass Chantal erzählt, ihre Eltern hätten sie am Wochenende eingeschlossen, und sie hätte ganz viel Angst gehabt.

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* ASD Kassel: Tel. 0561 787-5301, Fax 0561 787-5303* Polizei: Tel. 110

Weitere pädagogische und familienunterstützende Interventionen im Rahmen des Kitaauftrages

Gespräch mit Sorgeberech-tigten und Kind über Kindeswohl gefährdung

Protokoll

Gefährdungsmitteilung durch Kita an ASD* oder Polizei* und zeitgleich schriftlich an ASD (s. Formular Seite 23)

Klärung und Überprüfung im Team mit Kita-Leitung und „insoweit erfahrener Fachkraft“

Protokoll

Akute Gefährdung mit sofortigem Handlungs-bedarf

Keine Gefährdung

Information der Sorgeberechtigten überGefährdungsmitteilungdurch Kita

Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung

Dokumentation

Sorgeberechtigte nehmenAngebote an

Überprüfung durch Kita-Leitung und verantwortliche Kita-Fachkraft

Sorgeberechtigte nehmenAngebote nicht an oderAngebote greifen nichtoder Gefährdung besteht weiterhin

Standardisierte Rück-meldung durch ASD an Kita

Gefährdungsmitteilung an ASD (s. Formular Seite 23)

Standardisierte Rück-meldung durch ASD an Kita

Schriftliche Vereinbahrung über Maßnahmen zur Abwendung der Gefähr-dung

Schriftliche Vereinbarung

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2. Fallbeispiel für eine Kindeswohlgefährdung

Der sechsjährige Tim und die vierjährige Mara besuchen die Kindertagesstätte. Die Kinder leben mit ihrem berufstätigen Vater und der nicht berufstätigen Mutter zusammen und werden bis 13 Uhr betreut. Leider kommen sie nicht regelmäßig in den Kindergarten. In den letzten Monaten kommen die beiden zunehmend schmutziger in die Einrichtung, die Unterwäsche wird kaum noch gewechselt und weist Spuren von Exkrementen auf. Die Kinder verbreiten einen unangenehmen Geruch, sodass sich die anderen Kinder schon von ihnen abwenden. Häufig haben sie kein Frühstück dabei. In einem Entwicklungsgespräch von Mara wurden die Eltern auf diese Problematik hingewiesen, weiterhin wurde erläutert, dass die Sprachent-wicklung des Kindes verzögert sei. Beide Eltern zeigten sich in dem Gespräch einsichtig, aller-dings änderte sich auch in den folgenden Monaten nichts an den Verwahrlosungstenden-zen und dem unregelmäßigen Kommen. An einem Montag erzählt Tim, dass es am Wochenende Streit zu Hause gegeben habe und der Papa die Mama gehauen habe. Diese habe geweint und er habe Angst. Die Erzieherin erklärt Tim, dass sie mit den Eltern sprechen werde, woraufhin er erleichtert scheint. Am nächsten Tag setzt sich das Team mit der insoweit erfahre-nen Fachkraft zusammen und trägt viele Beobachtungen zusammen. Aus diesem Gespräch ergibt sich der Bedarf, mit den Eltern im Rahmen

einer § 8a Beratung zu sprechen und ihnen die gemachten Beobachtungen und Erfahrungen zu erläutern. Das Gespräch mit den Eltern findet schon am nächsten Tag statt. Sie bestätigen in diesem Gespräch nach einiger Zeit, dass es derzeit viele Belastungen in der Familie gebe, so hätten sie finanzielle Probleme, der Sohn würde nur auf den Vater hören, die Mutter fühle sich mit Haushalt und Kindererziehung nicht ausrei-chend wertgeschätzt. Es werden den Eltern verschiedene Hilfeangebote gemacht, letztend-lich erfolgt eine Einigung darauf, dass die Kinder regelmäßig gebracht werden, die Eltern auf die Sauberkeit achten und zur Unterstützung eine Erziehungsberatungsstelle aufsuchen. Dafür bekommen sie einen Flyer ausgehändigt und eine Ansprechperson benannt. Weiterhin erklären sie sich bereit, die Sprachentwicklung mit dem Kinderarzt zu besprechen. Sowohl die Beobach-tungen in der Kita, als auch die Vereinbarungen werden schriftlich festgehalten und ein weiteres Gespräch in drei Wochen festgelegt. In dem zweiten Gespräch berichten die Eltern, dass sie einen Termin bei der Schuldenberatung gemacht hätten und fragen an, ob eine längere Betreuung der Kinder in der Einrichtung möglich sei, da die Mutter gerne wieder arbeiten würde. Dieses wird ihnen zum nächstmöglichen Zeitpunkt angebo-ten. Die äußere Erscheinung der Kinder hat sich in den letzten Wochen deutlich positiv verändert, so wird nun vereinbart, sich bei Bedarf erneut zu treffen.

Fallbeispiele bezogen auf den Ablauf § 8a SGB VIII in Kindertagesstätten

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Name der Kita: ..............................................

..........................................................................

Adresse: .......................................................... .......................................................................... .......................................................................... Tel. ...................................................................

Datum: ...........................................................

Mitteilung über eine mögliche Kindeswohlgefährdung

Name, Vorname des betroffenen Kindes: ...............................................................................................................................

Geburtsdatum: ........................................................................................................... weiblich männlich Adresse: ..........................................................................................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................

Inhaber der elterlichen Sorge

Eltern Mutter Vater Jugendamt Vormund

Personaldaten der Mutter

Name, Vorname: ............................................................................................................................................................................

Tatsächlicher Aufenthalt: .............................................................................................................................................................

......................................................................................................................... Tel. ........................................................................

Personaldaten des Vaters

Name, Vorname: ............................................................................................................................................................................

Tatsächlicher Aufenthalt: .............................................................................................................................................................

......................................................................................................................... Tel. ........................................................................

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Formular der Kindertagesstätten zur Mitteilung einer möglichen Kindeswohlgefährdung (häusliche Gewalt) beim Jugendamt der Stadt Kassel

An das

Jugendamt der Stadt Kassel– Allgemeine Soziale Dienste –Kurt-Schumacher-Straße 2734117 Kassel

Tel. 0561 787-5301Fax 0561 787-5303

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Anderer Sorgeberechtigter

Name, Vorname: ............................................................................................................................................................................

tatsächlicher Aufenthalt: .............................................................................................................................................................

......................................................................................................................... Tel. ........................................................................

Der Lebensmittelpunkt des Kindes befindet sich:

bei der Mutter beim Vater bei Großeltern bei Dritten

Name, Vorname: ............................................................................................................................................................................

Tatsächlicher Aufenthalt: .............................................................................................................................................................

......................................................................................................................... Tel. ........................................................................

Folgende Personen leben mit im Haushalt:

...........................................................................................................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................

Sind Auffälligkeiten und/oder Behinderungen des Kindes bekannt? ja nein

wenn ja, welche? ...........................................................................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................

Das Kind erhält unterstützende Hilfen durch:

Art der Hilfe: ..................................................................................................................................................................................

Name der Einrichtung: ..................................................................................................................................................................

Adresse: ..........................................................................................................................................................................................

......................................................................................................................... Tel. ........................................................................

Verantwortliche Kita-Fachkraft/Leitung der Kindertagesstätte

Name: ...............................................................................................................................................................................................

......................................................................................................................... Tel. ........................................................................

Die Mitteilung erfolgt aufgrund:

eigener Beobachtungen am .................................................................................................................................................... eines Gesprächs mit dem betroffenen Kind am ................................................................................................................... nicht ausreichender Umsetzung vereinbarter Hilfemaßnahmen nicht ausreichender Maßnahmen zur Abwendung von weiterer Gefährdung keiner Wahrnehmung der Schutzfunktion durch Sorgeberechtigte akuter Kindeswohlgefährdung

......................................................................................................................................................................................................

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Schilderung des Sachverhaltes (Was ist wann, wo und wie passiert? Welche Beobachtungen wurden gemacht? Worin besteht die Gefährdung?)

...........................................................................................................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................

Unmittelbare Äußerungen des Kindes:

...........................................................................................................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................

Gemeinsame Gefährdungseinschätzung am: .........................................................................................................................

mit der Kinderschutzfachkraft: .................................................................................................................................................

Ergebnis: ........................................................................................................................................................................................

Es besteht: genereller Handlungsbedarf sofortiger Handlungsbedarf

Bisherige Maßnahmen zur Abwendung einer weiteren Gefährdung:(Absprachen, Einschätzung der Eltern, Reaktion der Eltern) Bei akuter Gefährdung ausfüllen, ansonsten Protokolle/Maßnahmenplan/schriftliche Vereinbarung beifügen

...........................................................................................................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................

Information der Sorgeberechtigten über diese Mitteilung an die Allgemeinen Sozialen Dienste: ja war in diesem Ausnahmefall nicht möglich, weil ................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................Name und Unterschrift Kita-Leitung

...........................................................................................................................................................................................................Verantwortliche Kita-Fachkraft

Das Formular gibt es zum Download unter: www.praeventionsrat-kassel.de

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Vorgehensweise der Schulen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung

Margot Schultheis-Damm, Staatliches Schulamt für den Landkreis und die Stadt Kassel

Die Basis für den Ablaufbogen „Schulische Mitteilung über eine mögliche Kindeswohlge-fährdung“ ist das Hessische Schulgesetz (HSchG) und dort speziell § 3 HSchG.

Schule ist danach so zu gestalten, dass jede Schülerin und jeder Schüler angemessen gefördert wird. Dabei sollen – unter Berücksich-tigung der individuellen Ausgangslage – die körperliche, soziale und emotionale sowie kognitive Entwicklung unterstützt werden. Schule soll zugleich Beeinträchtigungen des Lernens, der körperlichen, sozialen und emotio-nalen Entwicklung mit vorbeugenden Maßnah-men entgegenwirken.

Neben der individuellen Förderung ist Schule zur Wohlfahrt der Schülerinnen und Schüler und zum Schutz ihrer seelischen und körperlichen Unversehrtheit verpflichtet.

Daraus ergibt sich für die Schule die Verpflich-tung, mit den Jugendämtern zusammenzuarbei-ten. Sobald Anhaltspunkte für eine Gefährdung

oder Beeinträchtigung des Wohls einer Schülerin bzw. eines Schülers bekannt werden, soll das zuständige Jugendamt unterrichtet werden.

Über die Einhaltung dieser Aufträge wacht die Schulaufsicht. Als unterste Aufsichtsbehörde wird dies vom Staatlichen Schulamt des Landes-schulamtes und der Lehrkräfteakademie wahrgenommen.

Zur effektiven Umsetzung und Gewährleistung des Kindeswohles hat sich das Staatliche Schulamt Kassel mit den Jugendämtern der Stadt und des Landkreises Kassel, dem Gesundheitsamt Region Kassel, der Polizei, dem Hessischen Netzwerk gegen Gewalt, der ärztlichen Kinder-schutzambulanz des Klinikums Kassel und dem Familiengericht vernetzt. Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist der Ablaufplan „Schulische Mitteilung über eine mögliche Kindeswohlge-fährdung“. Alle Schulen aus dem Aufsichtsbereich des Staatlichen Schulamtes für den Landkreis und die Stadt Kassel haben den verbindlichen Auftrag, diesen Bogen im Verdachtsfall zu verwenden.

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Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung

werden durch die Lehrkraft wahrgenommen

Gespräch mit dem Schüler/der Schülerin

Information an die Schulleitung und Dokumentation

Gespräch mit Eltern/Elternteil und Dokumentation

Risikoabschätzung durch die Schule

Gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung liegen derzeit vor

Mitteilung an das Jugendamt/ ASD (s. Formular Seite 28) mit gleichzeitiger Benachrichtigung der Sorgeberechtigten

Gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung liegen derzeit nicht vor

Weitere schulinterne Maßnahmen (z. B. Beobachtungen)

Dokumentation

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Name der Schule: .........................................

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Adresse: .......................................................... .......................................................................... .......................................................................... Tel. ...................................................................

Datum: ...........................................................

Schulische Mitteilung über eine mögliche Kindeswohlgefährdung

Name, Vorname des betroffenen Kindes: ...............................................................................................................................

Geburtsdatum: ........................................................................................................... weiblich männlich Adresse: ..........................................................................................................................................................................................

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Meldung am (Datum/Uhrzeit): ...................................................................................................................................................

Inhaber der elterlichen Sorge

Eltern Mutter Vater Jugendamt Vormund

Personaldaten der Mutter

Name, Vorname: ............................................................................................................................................................................

Gewöhnlicher/tatsächlicher Aufenthalt: ...................................................................................................................................

......................................................................................................................... Tel. ........................................................................

Personaldaten des Vaters

Name, Vorname: ............................................................................................................................................................................

Gewöhnlicher/tatsächlicher Aufenthalt: ...................................................................................................................................

......................................................................................................................... Tel. ........................................................................

An das

Jugendamt der Stadt Kassel– Allgemeine Soziale Dienste –Kurt-Schumacher-Straße 27

Fachbereich Jugend Landkreis KasselWilhelmshöher Allee 19 – 21

34117 Kassel

(Nichtzutreffendes streichen)

Tel. 0561 787-5301Fax 0561 787-5303

Tel. 0561 1003-1496Fax 0561 1003-1324

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Formular der Schulen zur Mitteilung einer möglichen Kindeswohlgefährdung

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Angaben zur Schülerin/zum Schüler und ihrer/seiner Familie

Der Lebensmittelpunkt der Schülerin/des Schülers befindet sich:

bei der Familie bei der Mutter beim Vater bei Großeltern bei Dritten

Name, Vorname: ............................................................................................................................................................................

Adresse: ..........................................................................................................................................................................................

......................................................................................................................... Tel. ........................................................................

Die Schülerin/der Schüler besucht folgende weitere Einrichtungen:

Kindertagesstätte Hort Heilpädagogische Tagesstätte Andere

Name der Einrichtung: .................................................................................................................................................................

Adresse: ..........................................................................................................................................................................................

......................................................................................................................... Tel. ........................................................................

Sind Auffälligkeiten und/oder Behinderungen des Kindes bekannt? ja nein

wenn ja, welche? ...........................................................................................................................................................................

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Aufnehmende Lehrkraft:

Name: ...............................................................................................................................................................................................

..................................................................................................... Tel. der Schule ........................................................................

Funktion: Klassenlehrer/in Fachlehrer/in Schulleitung Sozialpädagogin

Vertretungskraft Andere ........................................

Die Mitteilung erfolgt aufgrund:

eigener Beobachtungen/Vermutungen am .........................................................................................................................

Beobachtungen/Vermutungen Dritter am ...........................................................................................................................

eines Gesprächs mit dem betroffenen Kind am ...................................................................................................................

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Schilderung des Sachverhaltes (Was ist wann, wo und wie passiert? Welche Beobachtungen wurden gemacht? Worin besteht die Gefährdung, und wie akut ist die Situation?) ...........................................................................................................................................................................................................

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Einschätzung der Gefährdung des Kindes durch die Schule:

Es besteht: genereller Handlungsbedarf sofortiger Handlungsbedarf

Unmittelbare Äußerungen der Schülerin/des Schülers zur Situation?

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Gibt es weitere Personen, die die Gefährdungssituation bemerkt bzw. beobachtet haben?

Name, Vorname: ............................................................................................................................................................................

Adresse: ..........................................................................................................................................................................................

......................................................................................................................... Tel. ........................................................................

Hat die mitteilende Lehrkraft mit den Eltern ein Gespräch über den Sachverhalt geführt?(Absprachen, Einschätzung der Eltern, Reaktion der Eltern)

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Hat die Schule weitere Institutionen informiert?

Wann und welche? ........................................................................................................................................................................

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Weiterleitung an: ............................................................................................................................................................................

Abgabedatum: ................................................................................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................Unterschrift mitteilende Lehrkraft

...........................................................................................................................................................................................................Unterschrift Schulleitung

Das Formular gibt es zum Download unter: www.praeventionsrat-kassel.de

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Rolle der Kinder- und Jugendärzte in der Gewaltprävention

und den Jugendämtern von Stadt und Landkreis Kassel. Die Vereinbarung hat den Charakter einer Selbstverpflichtung und soll den Schutz von Kindern bei Kindeswohlgefährdungen durch schnelles und abgestimmtes Handeln, professio-nelle Diagnostik und Behandlung verbessern sowie miteinander abgestimmte Weiterbetreu-ung erreichen.

Im hessischen Kindergesundheitsgesetz sind seit 1. Januar 2008 die Vorsorgeuntersuchungen U4 bis U9 für Eltern verpflichtend vorgeschrieben. Sie werden hierzu vom Hessischen Kindervor-sorgezentrum in Frankfurt eingeladen. Suchen die Eltern einen Kinderarzt auf, so bestätigt dieser dem Zentrum, dass er die jeweilige Vorsorgeuntersuchung vorgenommen hat. Nehmen die Eltern die Vorsorgeuntersuchungen nicht wahr, informiert das Zentrum das zustän-dige Jugendamt.

Darüber hinaus, so sieht es die Kooperations-vereinbarung vor, erteilen die Kinder- und Jugendärzte dem zuständigen Jugendamt im Verdachtsfall unter Beachtung der relevanten Datenschutzbestimmungen eine Gefährdungs-meldung auf einem Mitteilungsbogen. Verdachtsfälle einer Kindeswohlgefährdung, bei denen eine medizinische Abklärung erforderlich ist, werden grundsätzlich der Kinderschutz-gruppe des Klinikums Kassel, bzw. dem Dienst-arzt in den Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin und Kinderchirurgie vorgestellt. Ob ein solcher Verdachtsfall vorliegt entscheidet der behandelnde Kinder- und Jugendarzt. Nach Entlassung von Kindern mit gesicherter Misshandlung erfolgen weitere Kontrollen in der kinder-und jugendärztlichen Praxis sowie ein regelmäßiger interdisziplinärer Austausch mit den am Hilfeplan beteiligten Institutionen (ASD, Familienhilfe, Familiengericht etc.).

Gerhard Bleckmann, Obmann im Berufsverband Kinder- und Jugendärzte in Nordhessen

Kindern und Jugendlichen ein gesundes Auf-wachsen zu ermöglichen gilt als eine der großen Herausforderungen der heutigen Zeit. Gefragt sind hier zunächst vor allem Institutionen und Berufsgruppen, die sich professionell um das physische und psychische Wohl von Kindern und Jugendlichen kümmern – Jugendämter, Arztpra-xen, Krankenhäuser, Beratungsstellen, Gesund-heitsämter und andere mehr. Tragische Fälle von Misshandlung und Vernachlässigung haben verdeutlicht, dass ein schnelles und effizientes Handeln zum Wohl von Kindern und Jugendli-chen meist nur dann wirksam ist, wenn die verschiedenen Professionen eng zusammenar-beiten.

Kinder- und Jugendärzte sind aufgrund ihrer Kenntnisse der kindlichen Entwicklung und Gesundheit bei der Einschätzung von Risikolagen wichtige Partner. Mit Blick darauf hat die nordhessische Genossenschaft der Kinder- und Jugendärzte eG im Jahr 2012 die Erarbeitung von Leitlinien für die Zusammenarbeit zwischen den kinder- und jugendärztlichen Praxen und der Jugendhilfe initiiert, sie wurden von Dr. Bernd Hermann, Oberarzt und Leiter der Kinderschutz-ambulanz am Zentrum für Kinder und Jugend-medizin Baunatal und von Dr. Ulrike Achenbach, niedergelassene Kinder- und Jugendärztin in Baunatal ausgearbeitet (s. Seite 33).

Die Leitlinien, die sich an einem Konzept des Kinderschutzzentrums Hannover orientieren, regeln die Zusammenarbeit im Kinderschutz zwischen den Jugendämtern und den Praxen klar und verbindlich. Sie mündeten im Dezember 2012 in eine Kooperationsvereinbarung zwischen den niedergelassenen Kinder- und Jugendärzten

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einer hausärztlichen Anlaufstelle, unbehandelte chronische Krankheiten, häufige Krankenhaus-aufenthalte aufgrund von Unfällen, mangelnde Zahngesundheit

KleidungMangelnder Schutz vor Hitze oder Kälte, Sonne oder Nässe, witterungsunangemessene, zu enge, verdreckte Kleidung, zu kleine Schuhe, etc.

ErnährungZu geringe Gewichtszunahme beim Säugling, überalterte oder verdorbene Nahrung, nicht altersgemäße Nahrung, zu wenig Nahrung, mangelnder Vorrat an Nahrung, mangelnde Hygiene des Ess- und Kochgeschirrs, keine Abwechslung bei der Nahrung, unregelmäßiges und nicht zuverlässiges Essen und Trinken, Über- und Fehlernährung, etc.

Betreuung und AufsichtAltersgerechte Aufsicht fehlt (z. B. auf dem Wickeltisch, in der Badewanne, beim Spiel im Freien), Überlassung der Aufsicht fremden Personen, Kleinkind bleibt allein in der Wohnung, Kinder nachts (ohne Ansprechpartner) allein lassen, fehlender Schutz vor Gefahren im Sinne von: Nichtbeseitigung von Gefahren im Haushalt (defekte Stromkabel oder Steckdosen, Zugriffs-möglichkeit des Kindes auf Medikamente/Alkohol, nicht gesichertes Herumliegen von „Spritzbesteck“), aktive körperliche Bedrohung des Kindes durch Erwachsene oder andere Kinder, Zeichen von Verletzungen (Hämatome, Striemen, Narben, Knochenbrüche, Verbrennun-gen), fehlender Schutz der Intimsphäre des Kindes, fehlender Schutz vor sexueller Ausbeu-tung, etc.

Fehlende emotionale Zuwendung durch Bezugsperson/enKeine oder grobe Ansprache des Kindes, herab setzender Umgang mit dem Kind, Verweigerung von Trost und Schutz, Verweigerung von Körperkontakt, Verweigerung von Zuneigung und Zärtlichkeit, ständig wechselnde Bezugsperso-nen, häufiges Überlassen unterschiedlichster Betreuungspersonen, Jaktationen (Schaukelbe-wegungen)des Kindes, Einnässen/Einkoten

Indikatoren für eine Kindeswohlgefährdung

Kasseler Kinderschutz Kooperation, Auszug aus den „Leitlinien für die Zusammen-arbeit zwischen den kinder- und jugendärztlichen Praxen und der Jugendhilfe“

Die aufgeführten Feinindikatoren deuten – jeder für sich gesehen – nicht immer schon auf eine Gefährdung des Kindes hin. Oftmals wird erst im Zusammenspiel mehrerer Indikatoren deutlich, wie hoch das Risiko einer Kindeswohlgefährdung und der daraus resultierende Handlungsbedarf einzuschätzen ist. Die Indikatorenliste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Besondere Risikofaktoren des Kindes

BindungsproblemeKein Blickkontakt zu Mutter/Vater, Abwehrhal-tung gegenüber Mutter/Vater, Erstarren bei Körperkontakt zu Mutter/Vater, Distanzlosigkeit, etc.

Auffälliges SozialverhaltenDistanzloses/sehr distanziertes Verhalten, fehlender Blickkontakt, keine Reaktion auf Ansprache/Aufforderung, aggressives Verhalten, extrem angepasstes Verhalten, sexualisiertes Verhalten, etc.

Auffällige VerletzungenErklärung der Eltern passt nicht zu Verletzungs-muster, keine Unfallverletzung, Häufigkeit der Verletzungen, etc.

Grundversorgung und Schutz des KindesKörperpflege: Unregelmäßiges oder zu seltenes Wickeln, Körpergeruch, unzureichender Pflege-zustand der Haut, Schmutz-und Kotreste auf der Haut, unregelmäßiges oder sehr seltenes Waschen und Baden, fehlende Zahnhygiene, erkrankte oder verdorbene Milchzähne, etc.

Gesundheitliche Vor- und FürsorgeNicht-Wahrnehmung der Vorsorgeuntersuchun-gen und Schutzimpfungen, Nicht-Erkennen und Nicht-Behandeln von Krankheiten, Entwick-lungsverzögerungen und Behinderungen, Verweigerung von Krankheitsbehandlung, Fehlen

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Indikatoren für eine Kindeswohl ­ gefährdung

älterer Kinder, fehlende Förderung der physi-schen, psychosozialen und emotionalen Entwick-lung, Einsperren, Kontaktverbot zu Gleichaltrigen (z. B. aus dem Kindergarten), keine alters entsprechenden Freunde/Freundinnen, Klamme-rung und Überbehütung, Überforderung durch zu große Verantwortungsbelastung, karge und nicht ausgestattete (Spiel-)Räume für das Kind, Fehlen von Spielzeug, Fernsehen und Computer (Nintendo etc.) als einziges Angebot, keine altersgemäße motorische und sensomotorische Entwicklung, Sprachstörungen, etc.

Familiäre SituationFinanzielle/materielle Situation: Einkommen deckt Basis-Bedürfnisse der Familie nicht ab, Einkommen wird für spezifische Ausgaben verbraucht (z. B. Alkohol, Drogen), so dass materiell die Basis-Bedürfnisse des Kindes nicht abgedeckt werden (können), Schulden

Soziale Situation der Familie: Desintegration im sozialen Umfeld (Isolation), keine familiäre Einbindung (Verwandtschaft), fehlende/nicht ausreichende Betreuungsmöglichkeiten (Krippe, Tagespflege, Kita), Schwellenängste gegenüber Institutionen (z. B. Kindertagesstätten, Ärzten, Ämtern), Nicht-Inanspruchnahme von Leistun-gen aufgrund von Schwellenängsten, Integra-tions- und Sprachprobleme (Migrationshintergrund), besondere religiöse oder ideologische Überzeugungen (z. B. Sekten-zugehörigkeit), etc.

Familiäre Beziehungssituation: Aggressiver Umgangston in der Familie, depressive Grund-struktur in der Familie, Gewalt in der Familie/zwischen den Elternteilen, Belastung der Familie durch Krankheit und Sucht, offensichtliche Überforderung von Eltern (z. B. durch Alleiner-ziehen), Instrumentalisierung der Kinder bei Beziehungs-, Trennungs- und Scheidungspro-blemen, Adoptiv-/Pflegekind, persönliche Situation der Erziehungsperson(en), eigene Deprivationserfahrungen von Eltern, uner-wünschte Schwangerschaft, alleinerziehend, Geburt mehrerer Kinder in kurzen Zeitabständen, mangelnde Leistungsfähigkeit von Eltern aufgrund von Krankheit (körperlich, psychisch) oder Behinderung (körperlich, geistig, seelisch), selbstzerstörendes Verhalten („Ritzen“), Suizid-tendenzen, Suchtverhalten (Medikamente, Drogen Alkohol, Spiel), Pflegebedürftigkeit/Tod des Partners/naher Verwandter

WohnsituationKeine eigene Wohnung/Obdachlosigkeit, zu geringer Wohnraum (z. B. Einraumwohnung), gesundheitsgefährdende Wohnbedingungen (keine Heizmöglichkeiten, nasse, schimmlige Wände, erhebliche Dauerlärmbelastung), desorganisierte Wohnraumnutzung (z. B. Vermüllung), etc.

ArbeitssituationErwerbslosigkeit, geringfügig Beschäftigte, Schichtarbeit, Nachtarbeit, etc.

Eingeschränkte intellektuelle Fähigkeiten der ElternEltern verstehen einfach formulierte Anregun-gen/Anweisungen nicht, geistige Behinderung, Analphabetismus etc. (fehlende) elterliche Kompetenz

Kommunikation mit dem KindIsolation des Kindes, ständiges Ignorieren des Kindes, Auseinandersetzungen der Eltern um das Kind, Gewalt gegen das Kind (Hämatome, Striemen, Narben, Knochenbrüche, Verbrennun-gen), häufige körperliche und verbale Züchtigung des Kindes (Drohen, Erniedrigen, Schütteln, Schlagen), etc.

Erkennen der kindlichen BedürfnisseNicht-Wahrnehmung körperlicher und emotio-naler Bedürfnisse des Kindes,Unfähigkeit, (nonverbale) Äußerungen des Kindes/Säuglings zu deuten

Erziehungsverhalten/ErziehungskonzeptUnstrukturierter Tagesablauf mit dem Kind (fehlende Alltagsregeln), Unfähigkeit, dem Kind Grenzen zu setzen, inkonsequenter Umgang mit dem Kind, Wechselbäder zwischen Zuneigung und Abstoßung, herabsetzender Umgang mit dem Kind, häufiges Überlassen unterschiedlichs-ter Betreuungspersonen, ständig wechselnde Bezugspersonen, Ungeduld im Umgang mit dem Kind, etc.

ZuverlässigkeitUnzuverlässige Wahrnehmung von (Vorsorge-)Terminen, Nicht-Einhalten von Terminen ohne vorherige Absage, Nicht-Einhalten von Abspra-chen (z. B. bezüglich Medikamentengabe, Therapiemaßnahmen), etc.

KooperationsfähigkeitBereitschaft der Eltern zur Zusammenarbeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit, etc.

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Kinderschutz im Klinikum Kassel

Teams, die strukturierten Kinderschutz entspre-chend dem bundesweit einheitlichen Kinder-schutzleitfaden der AG Kinderschutz in der Medizin (AG KiM) und der kindermedizinischen Fachgesellschaften anstreben. Sie setzen sich aus ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Allgemein-, Sozial- und Neuropädiatrie, der Kinderchirurgie, dem Sozialdienst der Klinik, der Pflege und der Kinder- und Jugendpsychothera-pie zusammen.

Das Vorgehen bei stationär aufgenommenen Kindern, bei denen ein Verdacht auf Misshand-lung vorliegt, erfolgt für alle kindermedizinischen Abteilungen im Klinikum einheitlich anhand eines klar strukturierten Leitfadens. Dort ist – neben der Anamnese, Diagnostik und dem weiteren Vorgehen – auch die Kooperation mit dem Jugendamt in einer Kooperationsvereinbarung vorgegeben. Darüber hinaus erfolgen in der ärztlichen Kinderschutzambulanz ambulante kindergynäkologische Untersuchungen und Spurensicherung bei vermutetem sexuellem Missbrauch. Ebenso werden weniger schwere Verletzungen in Fällen dokumentiert, in denen der Kinderschutz durch das Jugendamt bereits gesichert ist.

Kontakt zur Kinderschutzgruppe: nachts/am Wochenende über den dienst-habenden Kinderarzt/Kinderchirurg: 0561 980-0 (Zentrale); zur Kinderschutzambulanz: 0561 980-5444 (werktags).

Dr. Bernd Herrmann, Leiter Kinderschutzgruppe Klinikum Kassel

Kinderschutz gehört grundsätzlich in den Verantwortungsbereich aller Einrichtungen und Fachpersonen des Gesundheitswesens, die beruf-lich mit Kindern zu tun haben. Insbesondere bei körperlicher Misshandlung beruht die Diagnose entscheidend auf der medizinischen Einschät-zung, ob Verletzungen plausibel durch einen Unfall erklärbar sind oder ob eine misshand-lungsverdächtige Konstellation oder ein entspre-chendes Verletzungsmuster vorliegen.

Die Diagnose und der nachfolgende Schutz der Opfer verlangen als Erstes eine hohe Aufmerk-samkeit des medizinischen Personals. Weitere Voraussetzungen sind die Bereitschaft zur Diagnosestellung, fachliche Kenntnisse zu den verschiedenen Misshandlungsformen und eine rationale Diagnostik und Differenzialdiagnosen entsprechend aktueller Leitlinien. Ebenso erforderlich sind ein strukturiertes, fachgerech-tes Vorgehen der Verdachtsabklärung, Kompe-tenzen in der Erfassung und Beurteilung von familiären Risiken und Ressourcen, Rechtssicher-heit und die Bereitschaft zu multiprofessionellem Handeln.

Zu diesem Zweck hat sich im sogenannten medizinischen Kinderschutz das Konzept der Kinderschutzgruppen als fachlicher Standard an Kinder- und Jugendkliniken etabliert. Hierbei handelt es sich um innerklinisch interdisziplinäre

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Vorgehensweise des Gesundheitsamtes Region Kassel im Fall einer Mitteilung des Verdachts einer Kindeswohlgefährdung

Dr. Gabriele Oefner, Leiterin der Abteilung Kinder- und Jugend-gesundheit/Allgemeine Prävention

Die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen zu fördern, ist eine der wichtigen Aufgaben des Gesundheitsamtes. Dies erfolgt u. a. durch gesundheitsfördernde und präventive Maßnah-men – bspw. dem Angebot „Willkommen von Anfang an – Gesunde Kinder in Kassel“.

Unterschiedliche Begutachtungen von Kindern und Jugendlichen sollen eine möglichst objektive

Mitteilung vom Jugendamt

• Amtshilfe zur medizinischen Einschätzung

• Hausbesuch• ggf. Einweisung ins

Krankenhaus

• Begutachtung z. B. im Rahmen von Erziehungsfähigkeit

• Hausbesuch oderim Amt

Jugendamt bleibtfederführend

Einschätzung ihres Entwicklungs- und Gesund-heitszustandes sicherstellen, hierzu zählen die Schuleingangsuntersuchung oder Untersuchun-gen, die im Rahmen der Sozialgesetzbücher anlässlich entsprechender Situationen geboten sind. Bei Abweichungen von den festgelegten Indikatoren muss stets die Frage nach den Ursachen gestellt und aufmerksam mögliche Gefährdungen des Wohles von Kindern und Jugendlichen bedacht werden. Dabei steht immer die für das einzelne Kind und dessen Familie bestmögliche Förderung und Unterstützung im Vordergrund.

Bernad/fotolia.com

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Mitteilung aus der Bürgerschaft, z. B. Nachbarn

Weiterverweisen an dasJugendamt (ASD) *

* ASD Stadt KasselTel. 0561 787-5301Fax 0561 787-5303

ASD Landkreis KasselTel. 0561 1003-1496Fax 0561 1003-1324

Gutachten zur Betreuung/Einweisungdurch Arzt des Gesundheitsamtes

Einschätzung von Beratungsstellen,Jugendamt etc. im Rahmen der Bezirkssozialarbeit

Mitteilung im Rahmender Krisentätigkeit durch

Polizei, Bürger/in

Hausbesuch bei psychischkranken Eltern

Wenn Kinder betroff en sind: Weitergabe der Informationen an das Jugendamt (ASD) *

Funktionierender Kinderschutz erfordert eindeutige Meldewege möglicher Kindeswohl-gefährdungen an die Allgemeinen Sozialen Dienste des Jugendamtes, denn das Jugendamt hat den gesetzlichen Handlungsauftrag bei Kindeswohlgefährdungen.

Im Gesundheitsamt gibt es zum Vorgehen im Notfall verbindliche Vorgaben, die im Ablaufplan ersichtlich sind. Hierzu zählen die Meldung an die Allgemeinen Sozialen Dienste sowie die Amtshilfe bei Gefährdungsabklärung in Krisen-situationen und bei Inobhutnahmen.

Das Gesundheitsamt ist in den regionalen Arbeitskreisen und Netzwerken eingebunden, die sich mit einer Verbesserung des Kinderschutzes und dem Abbau von Gefährdungspotenzialen befassen, so bspw. in der Verantwortungsge-meinschaft zum Schutz gefährdeter Kinder, der Arbeitsgruppe zur Vorbereitung der Kasseler Präventionstage und dem Hessischen Netzwerk gegen Gewalt.

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Vorgehensweise der Polizei in der Stadt und im Landkreis Kassel bei Kindeswohlgefährdung

Bodo Briewig, Polizeipräsidium Nordhessen, Abteilung Einsatz-E4 Prävention

Der „Verantwortungsgemeinschaft Schutz gefährdeter Kinder“ gehören Institutionen und Einrichtungen aus Stadt und Landkreis Kassel an. Durch deren fachübergreifende Zusammenarbeit konnte die Sensibilisierung zum Thema Kindes-wohl gestärkt werden, und Abläufe, Kompeten-zen, Zuständigkeiten und Handlungsgrenzen der beteiligten Einrichtungen wurden transparenter.

Bei Mitteilungen zum Nachteil des Kindeswohls – beispielsweise in Fällen häuslicher Gewalt – im Wirkungsbereich der Verantwortungsgemein-schaft sind grundsätzlich die Jugendämter von Stadt und Landkreis Kassel verantwortlich.

Wird der Polizei ein entsprechender Sachverhalt bekannt, wird diese strafverfolgend oder gefahrenabwehrend tätig. Darüber hinaus leistet sie einem Jugendamt auf dessen Ersuchen beim Einschreiten Vollzugshilfe.

Im Rahmen der Eilzuständigkeit kann die Polizei außerhalb der allgemeinen Geschäftszeiten der Jugendämter und sofern deren Bereitschafts-dienst nicht erreichbar ist, bei Kindeswohlge-fährdungen tätig werden. Die entsprechenden Handlungsabläufe der Polizei sind im Ablaufplan dargestellt.

Unbenommen der Zuständigkeiten sollten verdächtige, das Kindeswohl gefährdende Sachverhalte stets den Jugendämtern oder der Polizei mitgeteilt werden, um das Hilfesystem zu aktivieren. Unterschwellige Mitteilungen, die nach entsprechender Bewertung kein Einschrei-ten erfordern, werden dabei in Kauf genommen.

Bekanntwerden einer Kindeswohlgefährdungbei der Polizei

Einsatzzentrale Persönliche Anzeige

Schnelle Unterrichtung des zuständigen Jugend amtes, sofern dessen unmittelbares Handeln erforderlich ist

ggf. Unterbringung des Kindes/Jugendlichen in einer Jugendeinrichtung

Polizeipräsidium Nordhessen*

Situationsbezogene Veranlassungen der Polizei:

Betreuung des Kindes/Jugendlichen durch Personensorge- oder Erziehungsberechtigten

oder durch einen von diesem Beauftragten

** Klinikum KasselMönchebergstraße 41-43,Haus Nr. 1634125 KasselZentrale: 0561 980-0Diensthabender Kinderarzt: 0561 980-5500

Verdacht der Misshandlung und/oder Vernachlässi-gung von Kindern/Jugendlichen unter 16 Jahren

Einbindung der ärztlichen Kinderschutzambulanz/Schutzgruppe im Klinikum Kassel **

Abgabe des Ermittlungsvorganges von der Polizei an die Staatsanwaltschaft

* Polizeipräsidium NordhessenGrüner Weg 3334117 KasselTel. 0561 910-0Notruf: 110

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Familiengerichtliches Handeln bei Verfahren, die eine Gefährdung des Kindeswohls betreffen (§§ 1666, 1666a BGB)

das Jugendamt vorausgegangen ist. Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist ein selbstständiges Verfahren, sodass ein sogenanntes Hauptsachenverfah-ren nicht zwangsläufig stattfinden muss, wenn bereits in diesem Stadium eine endgültige Regelung auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse getroffen werden kann.

3. Das Familiengericht bestimmt regelmäßig im Hauptsachenverfahren (je nach Fallgestaltung aber auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung – siehe 2.) einen Termin, der innerhalb eines Monats nach Verfahrensbeginn stattfinden soll. Zu dem Termin werden die Sorgeberechtigten unter Mitteilung der Antragsschrift bzw. der vorliegenden Erkenntnisse, das Jugendamt und andere Personen/Institutionen geladen, von denen das Gericht sich Aufklärung verspricht. Das Kind wird ebenfalls geladen, wenn eine Anhörung durch das Gericht beabsichtigt ist. Diese ist in den meisten Fällen obligatorisch. Sie kann aber auch in einem gesonderten Termin stattfinden.

Für das betroffene Kind ist zudem regelmäßig ein Verfahrensbeistand zu bestellen, der das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen hat.

Zu dem Anhörungstermin wird auch das Jugendamt geladen und über den Sachverhalt informiert, wenn es nicht selbst den Antrag auf Erlass einer sorgerechtlichen Maßnahme gestellt hat. Auch der nicht sorgeberechtigte Elternteil ist als Beteiligter in den Verfahren nach §§ 1666 ff. BGB persönlich anzuhören. Dabei erfolgt eine Prüfung, ob ihm gemäß § 1680 Abs. 3 BGB die elterliche Sorge zu übertragen ist.

Dr. Marianne Hornung-Grove, Verantwortungsgemeinschaft zum Schutz gefährdeter Kinder

1. Das Familiengericht wird von Amts wegen tätig, sobald es von der Gefährdung eines Kindes Kenntnis erlangt. Dies erfolgt im Regelfall durch einen Antrag des Jugendam-tes, aber auch durch eine Anregung Dritter, die einen Gefähr dungs tatbestand mitteilen – z. B. Schule oder Nachbarn – oder wenn das Gericht auf sonstige Weise – z. B. aufgrund eines anderen gerichtlichen Verfahrens – von einer Gefährdung eines Kindes erfährt.

Das Jugendamt hat nach § 8a SGB VIII auch die Möglichkeit, das Familiengericht anzuru-fen, ohne einen konkreten Antrag zu stellen, wenn es ein Tätigwerden des Gerichts für erforderlich hält. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn Bemühungen des Jugendamtes um eine Kontaktaufnahme mit den Eltern erfolglos waren, andere Erkenntnismöglich-keiten (Schule, Kindergarten) nicht zur Verfügung stehen und gewichtige Anhalts-punkte für eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegen.

2. Zu Beginn seiner Tätigkeit prüft das Familien-gericht, ob aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse eine Sofortmaßnahme geboten ist, die auch ohne einen (dann jedoch nachzuholenden) Anhörungstermin (siehe 3.) ergehen kann. In diesem Fall erlässt es zum Schutz des Kindes eine einstweilige Anord-nung, welche die Gefahr abwenden soll. Hierdurch kann zum Beispiel die Übertragung von Teilen des Sorgerechts auf das Jugend-amt erfolgen, damit eine Herausnahme des Kindes aus seinem gegenwärtigen Umfeld veranlasst werden kann. Eine einstweilige Anordnung ist auch regelmäßig in Erwägung zu ziehen, wenn eine Inobhutnahme durch

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4. Die Sorgeberechtigten haben die Möglichkeit, über einen Rechtsanwalt auf das Verfahren einzuwirken. Sofern die Voraussetzungen für eine Bewilligung vorliegen, kann ihnen Verfahrenskostenhilfe gewährt werden.

5. Im Anhörungstermin hört das Familiengericht alle Beteiligten, das Kind und die darüber hinaus Geladenen an und erörtert die Situation mit dem Jugendamt und den Sorgeberechtigten. Kommt das Gericht zum Ergebnis, dass sich eine Gefährdungssituation für das Kind anbahnt oder bereits eingetreten ist, unterbreitet es den Sorgeberechtigten Vorschläge, um die Gefährdung abzuwenden und wirkt daraufhin, dass diese von den Sorgeberechtigten angenommen werden.

6. Ist eine familiengerichtliche Entscheidung erforderlich, kann das Gericht (gegebenen-falls auch gegen Dritte) jede Maßnahme treffen, die zur Abwendung der Gefahr

Wichtige Rechtsvorschriften für den Kinderschutz

Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlo-sen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Grundgesetz (GG) Artikel 6

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die

erforderlich ist. Hierzu gehören insbeson-dere die in § 1666 Abs. 3 BGB aufgelisteten Maßnahmen.

Alle Maßnahmen des Gerichts müssen dabei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 1666a BGB) genügen. Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann.

Erlässt das Gericht keine Maßnahme, so ist die Gefährdungssituation nach angemesse-ner Frist erneut zu überprüfen.

7. Kommt es zu einem vollständigen oder teilweisen Entzug des Sorgerechts, so ist vonseiten des Familiengerichts in ange-messenen Zeitabständen zu überprüfen, ob die Maßnahme aufgehoben werden kann.

Familiengerichtliches Handeln bei Verfahren, die eine Gefährdung des Kindeswohls betreffen (§§ 1666, 1666a BGB)

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Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 1666

Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische

Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermö-gen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1. Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,

2. Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,

3. Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,

4. Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,

5. die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,

6. die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 1666a

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Vorrang öffentlicher Hilfen(1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des

Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familien-wohnung untersagt werden soll. Wird einem Elternteil oder einem Dritten die Nutzung der vom Kind mitbewohnten oder einer anderen

Wohnung untersagt, ist bei der Bemessung der Dauer der Maßnahme auch zu berücksichtigen, ob diesem das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich die Wohnung befindet; Entspre-chendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht, das dingliche Wohnrecht oder wenn der Elternteil oder Dritte Mieter der Wohnung ist.

(2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.

Sozialgesetzbuch (SGB) VIII – Achtes Buch (VIII) ­ Kinder­ und Jugendhilfeauch bekannt als „Kinder- und Jugendhilfe gesetz“ (KJHG)

§ 1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe

(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förde-rung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemein-schaftsfähigen Persönlichkeit.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere

1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,

2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen,

3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen,

4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.

§ 8 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen(1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend

ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentli-chen Jugendhilfe zu beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte im Verwal-tungsverfahren sowie im Verfahren vor dem Familiengericht und dem Verwaltungsgericht hinzuweisen.

(2) Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden.

Wichtige Rechts­vorschriften für den Kinderschutz

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(3) Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Beratung ohne Kenntnis des Personensorge-berechtigten, wenn die Beratung auf Grund einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist und solange durch die Mitteilung an den Personensorgeberechtigten der Beratungs-zweck vereitelt würde. § 36 des Ersten Buches bleibt unberührt.

§ 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhalts-

punkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist, sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsbe-rechtigten anzubieten.

(2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefähr-dungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.

(3) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Erziehungsbe-rechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erzie-hungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.

(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass

1. deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichti-ger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen

eine Gefährdungseinschätzung vornehmen,2. bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit

erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie

3. die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschät-zung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.In die Vereinbarung ist neben den Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden insoweit erfahre-nen Fachkraft insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

(5) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtig-ten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendli-chen nicht in Frage gestellt wird.

§ 8b Fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen(1) Personen, die beruflich in Kontakt mit Kindern

oder Jugendlichen stehen, haben bei der Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung im Einzelfall gegenüber dem örtlichen Träger der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft.

(2) Träger von Einrichtungen, in denen sich Kinder oder Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages aufhalten oder in denen sie Unter-kunft erhalten, und die zuständigen Leistungs-träger, haben gegenüber dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung bei der Entwicklung und Anwendung fachlicher Handlungsleitlinien

1. zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt sowie

2. zu Verfahren der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an strukturellen Entscheidungen in der Einrichtung sowie zu Beschwerdeverfah-ren in persönlichen Angelegenheiten.

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Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG)

Das Bundeskinderschutzgesetz ist ein Artikelgesetz und beinhaltet im Artikel 1 das Gesetz zur Koopera-tion und Information im Kinderschutz, in den Artikeln 2 und 3 Änderungen im SGB VIII und anderen Gesetzen sowie in den Artikeln 4 bis 6 Bestimmungen zur Evaluation und zum Inkrafttre-ten.

Artikel 1 Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG)§ 1 Kinderschutz und staatliche Mitverantwortung(1) Ziel des Gesetzes ist es, das Wohl von Kindern

und Jugendlichen zu schützen und ihre körperli-che, geistige und seelische Entwicklung zu fördern.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder und Jugendli-chen sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Aufgabe der staatlichen Gemeinschaft ist es, soweit erforderlich, Eltern bei der Wahrneh-mung ihres Erziehungsrechts und ihrer Erzie-hungsverantwortung zu unterstützen, damit

1. sie im Einzelfall dieser Verantwortung besser gerecht werden können,

2. im Einzelfall Risiken für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen frühzeitig erkannt werden und

3. im Einzelfall eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen vermieden oder, falls dies im Einzelfall nicht mehr möglich ist, eine weitere Gefährdung oder Schädigung abgewen-det werden kann.

(4) Zu diesem Zweck umfasst die Unterstützung der Eltern bei der Wahrnehmung ihres Erziehungs-rechts und ihrer Erziehungsverantwortung durch die staatliche Gemeinschaft insbesondere auch Information, Beratung und Hilfe. Kern ist die Vorhaltung eines möglichst frühzeitigen, koordinierten und multiprofessionellen Angebots im Hinblick auf die Entwicklung von Kindern vor allem in den ersten Lebensjahren für Mütter und Väter sowie schwangere Frauen und werdende Väter (Frühe Hilfen).

§ 2 Information über Unterstützungsangebote in Fragen der Kindesentwicklung

(1) Eltern sowie werdende Mütter und Väter sollen über Leistungsangebote im örtlichen Einzugsbe-reich zur Beratung und Hilfe in Fragen der Schwangerschaft, Geburt und der Entwicklung des Kindes in den ersten Lebensjahren infor-miert werden.

(2) Zu diesem Zweck sind die nach Landesrecht für die Information der Eltern nach Absatz 1 zuständigen Stellen befugt, den Eltern ein persönliches Gespräch anzubieten. Dieses kann auf Wunsch der Eltern in ihrer Wohnung stattfinden. Sofern Landesrecht keine andere Regelung trifft, bezieht sich die in Satz 1 geregelte Befugnis auf die örtlichen Träger der Jugendhilfe.

§ 3 Rahmenbedingungen für verbindliche Netz-werkstrukturen im Kinderschutz

(1) In den Ländern werden insbesondere im Bereich Früher Hilfen flächendeckend verbindliche Strukturen der Zusammenarbeit der zuständi-gen Leistungsträger und Institutionen im Kinderschutz mit dem Ziel aufgebaut und weiterentwickelt, sich gegenseitig über das jeweilige Angebots- und Aufgabenspektrum zu informieren, strukturellen Fragen der Ange-botsgestaltung und -entwicklung zu klären sowie Verfahren im Kinderschutz aufeinander abzustimmen.

(2) In das Netzwerk sollen insbesondere Einrich-tungen und Dienste der öffentlichen und freien Jugendhilfe, Einrichtungen und Dienste, mit denen Verträge nach § 75 Absatz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, Gesund-heitsämter, Sozialämter, Gemeinsame Service-stellen, Schulen, Polizei- und Ordnungsbehörden, Agenturen für Arbeit, Krankenhäuser, Sozialpädiatrische Zentren, Frühförderstellen, Beratungsstellen für soziale Problemlagen, Beratungsstellen nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, Einrichtungen und Dienste zur Müttergenesung sowie zum Schutz gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen, Familienbildungsstätten, Familiengerichte und Angehörige der Heilberufe einbezogen werden.

(3) Sofern Landesrecht keine andere Regelung trifft, soll die verbindliche Zusammenarbeit im Kinderschutz als Netzwerk durch den örtlichen Träger der Jugendhilfe organisiert werden. Die Beteiligten sollen die Grundsätze für eine verbindliche Zusammenarbeit in Vereinbarungen festlegen. Auf vorhandene Strukturen soll zurückgegriffen werden.

(4) Dieses Netzwerk soll zur Beförderung Früher Hilfen durch den Einsatz von Familienhebam-men gestärkt werden. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt den Aus- und Aufbau der Netzwerke Frühe Hilfen und des Einsatzes von Familien-hebammen, auch unter Einbeziehung ehren-amtlicher Strukturen durch eine zeitlich auf vier

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Jahre befristete Bundesinitiative, die im Jahr 2012 mit 30 Millionen Euro, im Jahr 2013 mit 45 Millionen Euro und in den Jahren 2014 und 2015 mit 51 Millionen Euro ausgestattet wird. Nach Ablauf dieser Befristung wird der Bund einen Fonds zur Sicherstellung der Netzwerke Frühe Hilfen und der psychosozialen Unterstüt-zung von Familien einrichten, für den er jährlich 51 Millionen Euro zur Verfügung stellen wird. Die Ausgestaltung der Bundesinitiative und des Fonds wird in Verwaltungsvereinbarungen geregelt, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen mit den Ländern schließt.

§ 4 Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefähr-dung

(1) Werden1. Ärztinnen oder Ärzten, Hebammen oder

Entbindungspflegern oder Angehörigen eines anderen Heilberufes, der für die Berufsaus-übung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,

2. Berufspsychologinnen oder –psychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung,

3. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendbe-raterinnen oder -beratern sowie

4. Beraterinnen oder Beratern für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,

5. Mitgliedern oder Beauftragten einer anerkann-ten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,

6. staatlich anerkannten Sozialarbeiterinnen oder -arbeitern oder staatlich anerkannten Sozial-pädagoginnen oder -pädagogen oder

7. Lehrerinnen oder Lehrern an öffentlichen und an staatlich anerkannten privaten Schulen in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sollen sie mit dem Kind oder Jugendlichen und den Personensorgeberechtigten die Situation erörtern und, soweit erforderlich, bei den Personensorgeberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

(2) Die Personen nach Absatz 1 haben zur Einschät-zung der Kindeswohlgefährdung gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft. Sie sind zu diesem Zweck befugt, dieser Person die dafür erforderlichen Daten zu übermitteln; vor einer Übermittlung der Daten sind diese zu pseudonymisieren.

(3) Scheidet eine Abwendung der Gefährdung nach Absatz 1 aus oder ist ein Vorgehen nach Absatz 1 erfolglos und halten die in Absatz 1 genannten Personen ein Tätigwerden des Jugendamtes für erforderlich, um eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen abzuwen-den, so sind sie befugt, das Jugendamt zu informieren; hierauf sind die Betroffenen vorab hinzuweisen, es sei denn, dass damit der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendli-chen in Frage gestellt wird. Zu diesem Zweck sind die Personen nach Satz 1 befugt, dem Jugendamt die erforderlichen Daten mitzuteilen.

Artikel 2Wichtige Änderung im SGB VIII§8 Rechtsanspruch für Kinder und Jugendliche

auf Beratung (siehe Seite 41 – 42)§8a Konkretisierung des Schutzauftrags bei

Kindeswohlgefährdung (siehe Seite 42)§8b fachliche Beratung und Begleitung zum

Schutz von Kindern und Jugendlichen (siehe Seite 42)

§16 Stärkere Fokussierung auf frühe Hilfen§45 Neugestaltung des Erlaubnisvorbehalts für

den Betrieb von Einrichtungen§47 Erweiterung der Meldepflichten§72a Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen§79a Gesetzlicher Auftrag zur Qualitätsentwicklung

in der Kinder- und Jugendhilfe§99 Verbesserung der Statistik zum Kinderschutz

Wichtige Rechts­vorschriften für den Kinderschutz

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Arbeitskreis Gemeindenahe Gesundheitsversorgung gGmbH – AKGG Beratungszentrum

Das Beratungszentrum mit den Themen rund um Sexualität und Schwangerschaft steht allen Interessierten unabhängig von Alter, Konfession und Nationalität offen. Wir beraten auch in türkischer und russischer Sprache. Neben der Beratung bieten wir Gruppenangebote für Kindertagesstätten, Schulen, Eltern, Multiplika-toren und anderen Gruppen zu unterschiedlichen Themen an, wie beispielsweise Sexualentwick-lung, Prävention zum Thema sexuelle Gewalt, Verhütung, etc.

Wir beraten zu folgenden Themen:• vor, während und nach der Schwangerschaft• zu vorgeburtlichen Untersuchungen• bei sozialrechtlichen und finanziellen Fragen• beim und nach Schwangerschaftskonflikt• bei Beziehungsproblemen• bei sexuellen Problemen • bei Lebenskrisen• Antragstellung Bundesstiftung Mutter und

Kind/finanzielle Hilfen

KontaktTel. 0561 81644-44

Weißenburgstraße 734117 Kassel

E-Mail: [email protected]

SprechzeitenMontag 15:00 bis 18:00 UhrDienstag 9:00 bis 11:00 UhrMittwoch 13:00 bis 16:00 UhrDonnerstag 9:00 bis 11:00 UhrFreitag 9:00 bis 11:00 UhrSamstag 10:00 bis 12:00 Uhr

Das Beratungszentrum, in dem türkische Mitarbeiterinnen tätig sind, leistet einen Beitrag zum interkulturellen Verständnis und zur Integration von Migrantinnen in die deutsche Gesellschaft.

Wir verstehen uns somit als Verbindungskette und sehen uns als eine Brücke für den Austausch zwischen Zugewanderten und deren Umge-bungsgesellschaft. In diesem Zusammenhang sind wir als Vermittlerinnen und Mediatorinnen tätig.

Auch Fachleute aus anderen Institutionen suchen und finden hier Rat in Fragen, die die muslimi-sche Tradition, das Kultur-, Werte- und Normen-system sowie muslimische Erziehung der Migrantinnen betreffen.

Wir beraten zu folgenden Themen:• Erziehungsfragen• Häusliche Gewalt• Gewaltprävention in Familien• Generationskonflikte• Krisenintervention• Partnerschaft, Trennung und Scheidung Kontakt Tel. 0561 103671

Weißenburgstraße 734117 Kassel

E-Mail: [email protected]

SprechzeitenMontag und Donnerstag 13:00 bis 15:00 Uhr

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Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Kassel e.V. – Beratungsstelle für Kinder und Eltern

Das Zusammenleben mit Kindern bietet immer wieder Anlässe für Unsicherheiten, Überforde-rungen und Enttäuschungen. Dies kann manch-mal zu gewaltförmigen Konflikten in Familien führen. In der Beratungsstelle werden Eltern darin unterstützt, sicherer im Umgang mit ihren Kindern zu werden und Konflikte möglichst gewaltfrei zu lösen.

Folgende Angebote stehen Kindern, Jugendlichen und Eltern zur Verfügung:• Telefonberatung• Erziehungsberatung• Beratung und Unterstützung bei Vernach-

lässigung, seelischer, körperlicher und sexueller Gewalt

• Einzelangebote für Kinder und Jugendliche• Mutter-Kind-Gruppe• Offener Vater-Mutter-Kind Treff• Baby-Treff• Elternkurse „Starke Eltern – Starke Kinder®“

Die Beratungen sind freiwillig, kostenlos und auf Wunsch auch anonym. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen unter Schweigepflicht.

Kontakt: Tel. 0561 899852

Beratungsstelle für Kinder und ElternSiemensstraße 134127 Kassel

E-Mail: beratungsstelle@kinderschutzbund-kassel.dewww.kinderschutzbund-kassel.de

Öffnungszeiten:Montag bis Donnerstag 10:00 bis 12:00 Uhr

und 14:00 bis 17:00 Uhr

Freitag 10:00 bis 14:00 Uhr und nach Vereinbarung

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Diakonisches Werk Kassel – Psychologische Beratungsstelle

Die Psychologische Beratungsstelle des Diakoni-schen Werkes Kassel arbeitet als integrierte familienorientierte Beratungsstelle. Sie bietet Erziehungsberatung, Familienberatung, Schwan-geren-und Schwangerschaftskonfliktberatung, Ehe-, Paar und Lebensberatung an. Auch unterstützt sie bei der Vermittlung von Mütter-und Mutter-Kind-Kuren.

Die allermeisten Menschen versuchen zunächst, mit ihren Konflikten selber zurecht zu kommen. „Beratung brauche ich doch nicht“, heißt es dann. Oder: „Was nützt schon reden“. Aber keiner muss mit seinen Problemen allein fertig werden.

Hilfe anzunehmen ist oft schon der erste Schritt zur Veränderung und Verbesserung der aktuellen Lebenssituation. Das Beratungsangebot steht allen Menschen, unabhängig von ihrer religiösen Prägung, ihrer kulturellen Bindung und ihrer Nationalität offen. Das Einzugsgebiet der Beratungsstelle ist nicht begrenzt.

Wir bieten Erziehungsberatung für Kinder und Jugendliche an. Erziehungsberatung hilft bei Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsstörun-gen, Konzentrationsproblemen und Schulversa-gen. Sie sind bei uns an der richtigen Stelle zur Vermittlung psychotherapeutischer Hilfen bei Symptomen wie Bettnässen, Zappeligkeit u. ä.

Wir bieten Beratungsgespräche für (Ehe-) Paare an. Dauernder Streit, Frust im Sexualleben, Eifersucht und Untreue, Resignation und chronische Verstimmung belasten die Beziehung schwer. Hier können Gespräche helfen, aus der Sackgasse herauszukommen und gemeinsam neue Wege zu finden.

Auch getrennt lebende Eltern beraten wir bei der Regelung von Sorge-und Umgangsrecht.

Bei Schicksalsschlägen in der Familie, bei Schwierigkeiten einzelner Familienmitglieder und bei Gewalt und sexuellen Übergriffen ist es wichtig, Hilfe zu bekommen. Wir beraten Sie gern.

Schwangere und deren Partner: Eine Schwan-gerschaft wirft viele Fragen auf. Partnerschaft und Sexualität werden neu definiert. Auch für diese Anliegen haben wir ein Beratungsangebot, sowie für Sexualberatung, Familienplanung und für die Unterstützung in wirtschaftlichen Notlagen.

Unser Beratungsangebot ist kostenfrei. Wir stehen unter Schweigepflicht. Eine anonyme Beratung ist möglich. Über www.evangelische-beratung.info können Sie sich online beraten lassen (keine Chatberatung).

Kontakt:Diakonisches Werk Kassel, Psychologische BeratungsstelleWildemannsgasse 14 34117 Kassel Tel. 0561 70974250 Fax 0561 70974255

Tel. Erreichbarkeit: Montag 8:30 bis 11:30 Uhr und 14:00 bis 15:30 UhrDienstag, Donnerstag und Freitag 8:30 bis 11:00 UhrMittwoch 14:00 bis 17:30 Uhr

Beratungstermine werden nach Vereinbarung vergeben

E-Mail: [email protected]

Offene Sprechstunde: Montag 10:30 bis 11.30 Uhr und Mittwoch 16:00 bis 17:30 Uhr

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Frauenhaus Kassel – Ein Schutzort für Frauen und ihre Kinder

Im Frauenhaus leben Mädchen und Jungen mit ihren Müttern, sie haben selbst Gewalt erlebt oder miterlebt. Sie sind direkt betroffen: geschlagen, mit geschlagen, eingesperrt, ausgesperrt, rumge-schubst, aus dem Schlaf gerissen, bedroht, allein gelassen, verbrüht, verbrannt, haben psychische oder sexualisierte Gewalt erfahren, haben die Gewalt gegen die Mutter miterlebt und waren einer Atmosphäre von Angst und Demütigung ausge-setzt. Die emotionalen Folgen dieser Lebensbedin-gungen sind extrem schädigend, wirken nachhaltig und treten oft schleichend auf.

Einzug ins FrauenhausDas Frauenhaus stellt für viele Mädchen und Jungen einen Schutzraum dar. Sie fühlen sich entlastet, sind nicht mehr der direkten Gewalt ausgesetzt, die Angst um die Mutter kann sich reduzieren. Ein Umzug in das Frauenhaus bedeutet aber auch, dass das soziale Umfeld und die gewohnte Umgebung verlassen werden. Nicht selten bleibt alles – bis auf wenig Kleidung – im vorigen Zuhause zurück. Die Tatsache, dass die Kinder im Frauenhaus erfahren, dass ihre Familiengeschichte nicht einzigartig ist, wirkt sich entlastend auf die Mädchen und Jungen aus. Zudem erfahren sie Parteilichkeit und finden oft schnell andere Kinder zum Spielen. Es entstehen neue Freundschaften. Unter anderem um den Erfahrungen und Erlebnis-sen einen Raum zu bieten und um den Bedürfnissen der Mädchen und Jungen im Frauenhausalltag gerecht zu werden, entwickelte sich die Arbeit mit den Kindern zu einem eigenständigen Bereich.

Inhalte und Ziele unserer Arbeit mit den Mädchen und JungenUns ist es wichtig einen Raum zu schaffen, in dem die erlebte Gewalt enttabuisiert und thematisiert und damit auch hinter sich gelassen werden kann. Ein Raum, in dem sich Mädchen und Jungen wohl fühlen können und in dem Spaß haben erlaubt ist. Eigene Stärken und Ressourcen gilt es zu entde-cken, bzw. wieder zu entdecken und/oder sich wieder anzueignen und auszubauen. Wir wollen dem traditionellen Rollenverhalten entgegenwirken und auch die Möglichkeit bieten, alternative Konfliktlösungsmöglichkeiten kennenzulernen und auszuprobieren. Dies geschieht unter Einbeziehung

eines interkulturellen Ansatzes.Das Wohnen im Frauenhaus ist eine Übergangs-lösung. Den Mädchen und Jungen ist unklar, wie lange sie bleiben und wie sie in Zukunft leben werden. Gerade deshalb stellt die Arbeit mit ihnen im Mädchen- und Jungen-Bereich einen festen Bezugspunkt dar, der besonders auch dann wichtig ist, wenn es ihren Müttern nicht gut geht. Die festen Zeiten, die Räumlichkeiten und auch die vertrauten Mitarbeiterinnen können etwas Halt und Vertrautes bieten.In der praktischen Arbeit mit den Mädchen und Jungen ist uns ein wertschätzender Umgang untereinander wichtig, in einem Rahmen, in dem auch die Konflikte, Grenzüberschreitungen und Gewalttätigkeiten zwischen ihnen wahrgenommen und nicht toleriert werden. Wir arbeiten situati-onsorientiert und die Teilnahme an den Angeboten ist freiwillig.

Zu unseren Angeboten gehören z. B.:• Bewegungsspiele: drinnen, draußen, mit Musik,

mit Kinderfahrzeugen, im Wald, im Wasser, auf Spielplätzen

• Kooperationsspiele• Spiele/Rollenspiele• Gestaltendes Arbeiten mit Farben, Modellier-

masse und anderen Materialien• Auseinandersetzung mit Büchern• Toben mit Schaumstoff- und Stoffelementen• Trommeln und Nutzung anderer Klang-

instrumenteZu unseren besonderen Angeboten gehören zeitweise stattfindende Reitprojekte und die Ferienfreizeiten.

Kontakt Frauenhaus Kassel Postfach 101103, 34011 [email protected]. 0561 898889Fax 0561 84313www.autonome-frauenhaeuser-zif.de

Öffnungszeiten Termine für Beratungsgespräche mit Frauen werden telefonisch vereinbart.Aufnahme ins Frauenhaus ist in Notfällen jederzeit möglich.

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kafa – Kasseler Familienberatungszentrum e.V.

Das Kasseler Familienberatungszentrum (kafa) engagiert sich seit über 60 Jahren in Kassel und der Umgebung. Familien werden in unterschiedli-chen Fragestellungen von multiprofessionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt.In der Erziehungsberatung ist ein Team von sieben MitarbeiterInnen beschäftigt, die sich der heraus-fordernden Aufgabe widmet, Familien bei der Erziehung von Kindern zu beraten, damit sich die Kinder zu selbstbewussten, eigenständigen, gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten entwickeln können. Die Beratung ist streng vertraulich, auf Wunsch anonym und für Familien der Stadt Kassel mit Kindern bis 21 Jahren kostenfrei.Kein Kind entwickelt sich wie das andere. So betreut das kafa in der Frühförderung seit 1982 Kinder mit den verschiedensten Entwicklungsauf-fälligkeiten oder Behinderungen. In diesem Bereich kümmert sich ein Team aus 13 Personen um Frühchen mit Entwicklungsrisiken, chronisch kranke oder entwicklungsgefährdete Kinder aus Familien in schwierigen Lebenslagen, Kinder mit Verhaltensbesonderheiten oder mit Sprach-verzögerungen. Ein weiteres Angebot seit dem Jahr 2005 ist Paten für Kinder von psychisch kranken Eltern zu vermitteln. Zwei Sozialpädagoginnen und externe Fachkräfte führen Gespräche zum Kennenlernen der betroffenen Kinder, Jugendlichen und deren Eltern/-teilen. Sie bahnen freundschaftliche Beziehungen zwischen dem Kind/ dem Jugend-lichen und den Paten an und beraten die Paten fachlich und begleiten diese bei ihrer Aufgabe.Ein quartalsmäßig erscheinender Elternbrief informiert seit 2006 über Erziehungs- und Entwicklungsfragen.Seit mehreren Jahren gibt es das Angebot „Stark-mach-Gruppen“ – das sind Kurse für Eltern und sozial-therapeutische Gruppen für Kinder und Jugendliche.In der Nordstadt gibt es das Familienzentrum im Struthbachweg. Dies wurde im Jahr 2003 durch große Unterstützung des Fördervereins Zahnärzte und Patienten helfen Kindern in Not e. V. möglich. Zunächst wurde eine Außenstelle in der Holländi-schen Straße eingerichtet. Die neuen Räumlich-keiten im Struthbachweg haben wir vor vier Jahren bezogen. Hier können sich Familien treffen, es werden Informationsangebote und Vorträge zu

verschiedenen Themen organisiert und es gibt diverse Gruppenangebote. Alle Familien sind im kafa willkommen, gleich welcher Herkunft und Religion. Das kafa legt Wert darauf, anderen in gegenseitiger Akzeptanz zu begegnen. Im Familienzentrum in der Nordstadt hat das kafa zwei und Hinter der Komödie 13 eine Krippen-gruppe. In jeder Gruppe werden zehn Kinder vom 6. Lebensmonat bis zum 3. Geburtstag betreut. Drei krippenerfahrene Erzieherinnen pro Gruppe betreuen die Kinder. Mit der aufsuchenden Jugendhilfe hat sich das kafa als freier Träger ein Arbeitsfeld erschlossen, in dem es da wertschätzend tätig sein kann, wo es seinen Hauptwirkungsort sieht - in der Familie.In diesem Bereich sind elf MitarbeiterInnen aktiv und entwickeln gemeinsam mit den anvertrauten Familien das Gefühl der Selbstwirksamkeit der einzelnen Familienmitglieder. So kann Mut zur Bewältigung der eigenen Probleme wachsen und eine entwicklungsfördernde Atmosphäre für Kinder, Jugendliche sowie Eltern entstehen.Weiterhin gibt es den Fachbereich Unternehmens-service, dessen Angebot sich an Unternehmen richtet. Hier werden die Mitarbeiter der Vertrags-unternehmen unterstützt, die Familie und den Beruf gut vereinbart zu bekommen. Das Angebot umfasst u.a. die Vermittlung von Kinderbetreuung und Haushaltshilfen, Beratung und fachgerechte Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen und Beratung in schwierigen Lebenssituationen.

Die Beratungen sind freiwillig, kostenlos und auf Wunsch auch anonym. Die MitarbeiterInnen stehen unter Schweigepflicht.

Kontaktkafa – Kasseler FamilienberatungszentrumHinter der Komödie 17, 34117 KasselTelefon: 0561 78449-0Email: [email protected]

Öffnungszeiten und telefonische Erreichbarkeit:Montag bis Freitag 8:30 bis 12:00 Uhr, Montag, Mittwoch, Donnerstag 14:00 bis 16:30 UhrTermine nach Vereinbarung

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pro familia – Beratungsstelle Kassel

Die pro familia Beratungsstelle in Kassel bietet Frauen Männern und Jugendlichen, einzeln, als Paar, als Familie, in Gruppen ein breites Spekt-rum an Information, Aufklärung und Beratung rund um Sexualität, Partnerschaft, Schwanger-schaft, Familienplanung und Sexuelle Bildung an.

Informations­ und Beratungsangebote

Sexuelle BildungSeminare, Beratungen, Gruppengespräche und Gruppenangebote für außerschulische Gruppen und Schulklassen zu den Themenbereichen der pro familia sowie mobile Sexualpädagogik.Sexualpädagogische Veranstaltungen und Weiterbildung bieten wir für MultiplikatorInnen und ebenso für Eltern an. Ergänzend können Vorträge und Veranstaltungen zum Thema Sexualität gebucht werden.

Beratung für ElternThemen: psychosexuelle Entwicklung von Kindern, Pubertät und Jugendsexualität.Länger gehende Beratungen:Beratung für Frauen, Männer und Paare (Sexual-beratung, Partnerschaftsberatung und Beratung in persönlichen Krisen), Beratungen zum Thema Liebe, Partnerschaft und Sexualität im Alter.

Beratung in Trennungs- und Scheidungs-situationen Wir bieten Hilfe bei der Entscheidungsfindung, Begleitung in Trennungsprozessen, Informatio-nen über Sorgerecht, Umgangsrecht, Unterhalt, RechtsanwältInnen, finanzielle Fragen.

Beratung nach dem Schwangerschaftskonflikt-beratungsgesetzWir bieten Frauen und Paaren, die sich Unter-stützung im Schwangerschaftskonflikt wün-schen, bzw. eine gesetzlich vorgeschriebene Beratung benötigen, unsere Beratung an. Sie können hier alle für ihre Situation wichtigen Fragen besprechen. Auf Wunsch händigen wir die Beratungsbescheinigung aus.

Beratung für Schwangere und werdende ElternWir informieren über finanzielle Leistungen, juristische Regelungen und Hilfen während der Schwangerschaft und nach der Geburt. Antrag-stellung auf Mittel aus der Bundesstiftung Mutter und Kind sind möglich. Wir begleiten während und nach der Schwangerschaft.

Beratungen bei häuslicher GewaltWir bieten für Frauen und Männer Beratung zum Thema „häusliche Gewalt“ an. Seit 2010 gibt es ein Gruppenangebot für Täter von häuslicher Gewalt in Koperation mit dem Diakonischen Werk Kassel.

Kontaktpro familia Beratungsstelle Kassel Breitscheidstraße 7, 34119 Kassel Tel. 0561 7661925-0 www.profamilia.de/kassel

Öffnungszeiten Termine nach VereinbarungMontag 9:00 bis 16:00 UhrDienstag 9:00 bis 13:00 Uhr 16:30 bis 19:00 UhrMittwoch 9:00 bis 13:00 UhrDonnerstag 9:00 bis 13:00 Uhr 14:30 bis 18:00 UhrFreitag 9:00 bis 13:00 Uhr

Sprechzeiten ohne AnmeldungDienstag 17:00 bis 19:00 UhrFreitag 10:00 bis 12:00 Uhr

Außenstelle Witzenhausenim Rathaus Freitag 9:00 bis 12:00 UhrAnmeldung unter pro familia Kassel

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Sozialdienst katholischer Frauen – Internetberatung gewaltlos.de

Gewaltlos.de spricht gewaltbetroffene Mädchen an und wird getragen vom Sozialdienst katholi-scher Frauen (SkF), u. a. dem SkF Kassel.Die Beratung findet ausschließlich im Internet statt. Zentrales Medium ist ein Chat, der rund um die Uhr geöffnet ist. Es gibt jedoch feste Chatzei-ten, die von den Beraterinnen bei gewaltlos.de betreut werden. Die Beratung findet dann in öffentlich nicht zugänglichen Einzelchats statt.Auch in einem Forum gibt es einen öffentlich zugänglichen und einen geschützten Teil. Die betroffenen Frauen dürfen anonym bleiben.Adresse: www.gewaltlos.de

Wer wird beraten?Gewaltbetroffene Mädchen (ab 12 Jahren) und Frauen, aber auch Geschwister, Freundinnen, weitere Angehörige etc.

Welche Hilfemöglichkeiten kann gewaltlos.de bieten?• Anonymer, zeit- und altersgemäßer und damit

niedrigschwelliger Zugang• Beratung und Hilfe in akuten Krisensituationen• Hilfe und Informationen bei Fragen der

Existenzsicherung, rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten

• Hilfe bei der Entwicklung weiterer Perspektiven• Austausch mit Gleichbetroffenen• Vermittlung zu wohnortnahen Beratungs-

einrichtungen, Frauenhäusern o. ä. sofern die Betroffenen bereit sind, ihren Wohnort zu nennen

Was passiert mit einer Meldung/Information?Die Anonymität ist gewährleistet. Kontakt und Vermittlung an andere Institutionen erfolgt nur nach Absprache.

Ablauf:1. Mädchen erfahren von dem Angebot über- Flyer, Aushänge, Veröffentlichungen- Internetportale wie Google etc.- Soziale Netzwerke, vor allem Facebook- Empfehlungen von anderen NutzerinnenAuf Facebook und unter www.gewaltlos.de/chat werden wöchentlich die Beratungszeiten im Chat angegeben (in der Regel viermal pro Woche zu unterschiedlichen Tageszeiten).

2. Betroffene wenden sich an gewaltlos.de und- informieren sich über Formen von Gewalt

oder Rechtliches,- tauschen sich im Forum aus,- äußern sich im Gruppenchat/Einzelchat.

3. Auf Wunsch: Adressen von Beratungsstellen und weiterführenden Hilfen

Nach Bedarf: Erstkontakt in einer Beratungs-stelle des Sozialdienstes katholischer Frauen

4. Bei persönlicher Beratung in der Beratungs-stelle des Sozialdienstes katholischer Frauen Kassel:

- Weitervermittlung an ‚Frauen informieren Frauen‘, Interventionsstellen, Jugendamt etc.

- in akuten Fällen: Akut-Sprechstunde der psychiatrischen Kliniken, Akut-Sprechstunde eines spezialisierten Arztes, zuständige Stellen der Polizei

KontaktSozialdienst katholischer Frauen KasselDie Freiheit 234117 KasselTel. 0561 7004-236E-Mail: [email protected]

ÖffnungszeitenMontag und Donnerstag 10:00 bis 12:00 UhrDienstag 15:00 bis 18:00 UhrFreitag 9:00 bis 12:00 Uhr

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Meine Nummer 1!www.kasseler-sparkasse.de

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Meine Nummer 1!www.kasseler-sparkasse.de

Autorinnen/Autoren

Prof. Dr. Jörg Maywaldist Geschäftsführer der Deutschen Liga für das Kind, Honorarprofessor an der Fachhochschule Potsdam und Sprecher der National Coalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland.

Dr. med. Gabriele Oefner arbeitet seit Juli 1984 im Gesundheitsamt Kassel als Leiterin des ärztlichen Dienstes mit dem Schwerpunkt ‚Kinder- und Jugendgesundheit‘. Seit der Fusion zum Gesundheitsamt Region Kassel am 1.1.2008 leitet sie die Abteilung Kinder- und Jugendgesundheit/Allgemeine Prävention.

Judith Osterbrinkist Dipl.-Sozialpädagogin, Dipl.-Sozialwirtin, M. A. Schwerpunkt Sozialmanagement, und Leiterin des Jugendamtes Kassel.

Margot Schultheis-Dammist Diplom-Psychologin und seit 23 Jahren als Schulpsychologin im Staatlichen Schulamt Kassel tätig. Ihr Schwerpunkt ist Gewaltprävention.

Dr. George von Soestist Sozialarbeiter und Leiter der Allgemeinen Sozialen Dienste im Jugendamt Kassel.

Susanne Zinkeist Sozialarbeiterin und seit 1983 bei der Stadtverwaltung in unterschiedlichen Funktionen tätig. Sie ist seit 2008 Geschäftsführerin des Kasseler Präventionsrates.

Gerhard Bleckmann ist seit 1991 niedergelassener Kinder- und Jugendarzt in Baunatal und Obmann im Berufs-verband Kinder- und Jugendärzte in Nordhessen. Zusätzlich ist er im Vorstand der Genossenschaft der Kinder- und Jugendärzte eG „gesund 0-18“ und ist dort zuständig für die Organisation des Kinder- und jugendärztlichen Bereitschafts-dienstes im Klinikum Kassel.

Bodo Briewig ist Kriminalhauptkommissar im Polizeipräsidium Nordhessen in der Abteilung Einsatz – Haupt-sachgebiet E4 (Prävention). Er ist seit der Gründung im Jahr 2008 Mitglied in der ‚Verant-wortungsgemeinschaft zum Schutz gefährdeter Kinder‘.

Marita Engelist Erzieherin und Bildungs- und Sozialmanage-rin B. A. Sie ist beim Dachverband freier Kinder-tageseinrichtungen (DAKITS) Fachberaterin und Kinderschutzfachkraft.

Fenn Felstehausenist als Diplom-Psychologin seit 2004 im Jugend-amt der Stadt Kassel tätig. Sie unterstützt die Abteilungen Kindertagesbetreuung und Erzie-hungshilfen Auguste Förster beratend, diagnos-tisch und konzeptionell und wirkt übergreifend bei jugendamtsrelevanten Fragestellungen mit.

Dr. Bernd Herrmannist Oberarzt im Klinikum Kassel in der Ärztlichen Kinderschutzambulanz/ Kinder- und Jugend gynäkologischer Ambulanz.

Dr. Marianne Hornung-Grove ist Richterin i. R. und war langjährig als Familien-richterin tätig. Sie ist Mitgründerin und Geschäftsführerin der ‚Verantwortungsgemein-schaft zum Schutz gefährdeter Kinder‘.

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Ansprechpartnerinnen/Ansprechpartner

bei pro familia. Er ist als Sexualpädagoge in der Behindertenhilfe, der Einzel-, Paar- und Sexualberatung, Beratung für Männer und Frauen zum Thema häusliche Gewalt tätig. Seit 2010 führt er in Kooperation mit dem Diakonischen Werk ein Gruppenangebot für Männer durch, die gewalttätig wurden.

Rut Wilcken ist Sozialarbeiterin und seit 1998 Leiterin des Beratungszentrums im AKGG.

Silja Zinn ist Sozialarbeiterin und Mitarbeiterin im autonomen Frauenhaus Kassel.

Ute Zöllner ist Pfarrerin und Pastoralpsychchologin (DGfP, EKFuL). Seit dem 1. Mai 2010 leitet sie die Psychologische Beratungsstelle des Diakonischen Werkes Kassel.

Alexandra von Aschoffist Diplom Ökonomin und seit 01.10.2012 als erste hauptamtliche Geschäftsführerin im Kasseler Familienberatungszentrum (kafa) tätig.

Dr. Annette van Dyck-Hemmingist Musikwissenschaftlerin und gehört zum ehrenamtlichen Vorstand des Sozialdienstes katholischer Frauen Kassel e. V. (SkF), der seit über 100 Jahren schwangeren Frauen und Familien in Not zur Seite steht.

Peter Ludwig ist Sozialarbeiter und Dipl. Sozialtherapeut und ist seit 1987 in der Beratungsstelle für Kinder und Eltern des Deutschen Kinderschutz-bundes – Ortsverband Kassel – tätig.

Martin Plate ist Sexualpädagoge, systemischer Einzel-, Paar- und Familienberater und arbeitet seit 1994

Adressen

Allgemeiner Sozialer Dienst des Fachbereichs Jugend im Landkreis KasselWilhelmshöher Allee 19 - 21, 34117 KasselTel. 0561 1003-1496 Fax 0561 1003-1324Mo. bis Fr. 8:30 bis 16:00 Uhrwww.landkreiskassel.de -> Bürgerservice -> Fachbereiche -> Allgemeiner Sozialer Dienst

Allgemeine Soziale Dienste des Jugendamtes KasselKurt-Schumacher-Straße 27, 34117 KasselTel. 0561 787-5301Fax 0561 787-5303Mo. bis Do. 8:00 bis 17:00 Uhr, Fr. 8:00 bis 13:00 Uhrwww.serviceportal-kassel.de/cms11/ verwaltung/aemter/asd

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AdressenArbeitskreis Gemeindenahe Gesundheits versorgung (AKGG) Beratungszentrum für türkische Frauen

und Mädchen Weißenburgstraße 7, 34117 Kassel Tel. 0561 103671 Mo. und Do. 13:00 bis 15:00 Uhr, [email protected] www.akgg-beratungszentrum.de

Beratung für Sexualität und Schwangerschaft

Weißenburgstraße 7, 34117 Kassel Tel. 0561 81644-44 Mo. 15:00 bis 18:00 Uhr, Di., Do., Fr. 9:00 bis 11:00 Uhr, Mi. 13:00 bis 16:00 und Sa. 10:00 bis 12:00 Uhr [email protected] www.akgg-beratungszentrum.de

Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Kassel – Beratungsstelle für Kinder und ElternSiemensstraße 1, 34127 KasselTel.: 0561 899852 Mo. bis Do. 10:00 bis 12:00 Uhr und 14:00 bis 17:00 Uhr Fr. 10:00 bis 14:00 Uhr und nach Vereinbarungberatungsstelle@kinderschutzbund-kassel.dewww.kinderschutzbund-kassel.de

Diakonisches Werk Kassel - Psychologische BeratungsstelleWildemannsgasse 14, 34117 Kassel Tel. 0561 70974-250 Mo. 8:30 bis 11:30 Uhr und 14:00 bis 15:30 Uhr, Di., Do. und Fr. 8:30 Uhr bis 11:00 Uhr, Mi. 14:00 bis 17:30 Uhr, Beratungstermine nach VereinbarungOffene Sprechstunde: Mo. 10:30 bis 11.30 Uhr und Mi. 16:00 bis 17:30 [email protected]

Frauenhaus KasselPostfach 101103, 34011 [email protected]. 0561 898889, Fax 0561 84313Öffnungszeiten: Termine für Beratungsgespräche mit Frauen werden telefonisch vereinbart,Aufnahme ins Frauenhaus ist in Notfällen jederzeit möglichwww.autonome-frauenhaeuser-zif.de

Gesundheitsamt Region KasselWilhelmshöher Allee 19–21, 34117 KasselTel. 0561 1003-1920Kinder- und Jugendärztlicher Dienst Mo., Di. und Mi. 8:30 bis 12:30 Uhr, Do. 8:30 bis 12:30 Uhr und 13:30 bis 15:30 [email protected]://gesundheitsamt.stadt-kassel.de

Kasseler Familienberatungszentrum – kafaHinter der Komödie 17, 34117 KasselTel. 0561 78449-0, Termine nach Vereinbarung:Mo. bis Fr. 8:30 bis 12:00 Uhr, Mo., Mi., Do. 14:00 bis 16:30 [email protected] www.familienberatungszentrum.de

Klinikum Kassel - KinderschutzambulanzKinderklinik des Klinikums KasselMönchebergstraße 43, 34125 Kassel Tel. 0561 980-5444 Mo. bis Do. 8:00 bis 16:00 Uhr, Fr. 8:00 bis 12:00 Uhr, außerhalb dieser Zeiten Notfallambulanz 0561 980-5500

Polizeipräsidium NordhessenGrüner Weg 33, 34117 KasselTel. 0561 910-0www.Polizei.Hessen.de

pro familia Beratungsstelle KasselBreitscheidstraße 7, 34119 Kassel Tel. 0561 7661925-0, Termine nach Vereinbarung: Mo. 9:00 bis 16:00 Uhr, Di. 9:00 bis 13:00 Uhr, 16:30 bis 19:00 Uhr, Mi. 9:00 bis 13:00 Uhr, Do. 9:00 bis 13:00 Uhr, 14:30 bis 18:00 Uhr, Fr. 9:00 bis 13:00 UhrSprechzeiten ohne Anmeldung: Di. 17:00 bis 19:00Uhr, Fr. 10:00 bis 12:00 UhrAußenstelle Witzenhausen im Rathaus: Fr. 9:00 bis 12:00 Uhrwww.profamilia.de/kassel

Sozialdienst katholischer Frauen Kassel – Beratungsstelle ‚gewaltlos.de‘Die Freiheit 2, 34117 KasselTel. 0561 [email protected] www.skf-kassel.de, www.gewaltlos.de

Staatliches Schulamt für den Landkreis und die Stadt KasselHolländische Straße 141, 34127 KasselTel. 0561 8078-0 [email protected]

Page 56: Kinder im Klima häuslicher Gewalt - lks-hessen.de · 2 Herausgeber: Präventionsrat der Stadt Kassel Rathaus 34112 Kassel Tel. 0561 787-7000 praeventionsrat@kassel.de