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    Oliver Rau

    Kein Ansehen der Person

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    Kein Ansehen der Person

    Christliche Dogmatikkontra Fundamentalismus

    Verteidigung des Glaubensgegenber dem Dispensationalismus

    Eine biblisch-theologische Abhandlung

    2009

    Oliver Rau

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    Die Deutsche Bibliothek CIP

    2. verbesserte Auflage

    2009 by Oliver [email protected]

    ISBN: 978-3-8370-2009-0

    Herstellung und Verlag:Books on Demand GmbH, Norderstedt

    Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek:Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sindim Internet ber http:/ / dnb.ddb.de abrufbar.Bibliographic information published by Die DeutscheBibliothek: Die Deutsche Bibliothek lists this publication in theDeutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data is availableon the Internet at http:/ / dnb.ddb.de.

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    Heilige sie durch die Wahrheit!Dein Wort ist Wahrheit.

    (Johannes 17,17)

    Die Heiligung wird durch unkeusche Urtheileaufgehalten ber Sprche heiliger Schrift, mehr

    als durch Lste des Fleisches.

    (Friedrich Christoph Oetinger)1

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    I nhaltsverzeichnis

    I . Einleitung 9II. Die fundamentalistische Gefahr 12III. Angriff mit System 20IV. Die systemimmanente Manipulation 23V. Hermeneutik oder Beleidigung 28VI . Die dispensationalistische Hermeneutik 36VII. Hermeneutik und Wahrnehmung 40VIII. Hermeneutische Billigkeit 50IX. Die fnf Bcher Mose 53X. In Sachen Hebrer 57XI. In Sachen Neuer Bund 61XII. In Sachen Israel 73XIII Nicht ohne das Gesetz ? 79XIV. Abhandlung zu Sacharja 14 86XV. Abhandlung zu 1. Johannes 4,1 92

    XVI. Keine 1000 Jahre ! 102XVII. Kein Ansehen der Person 105XVIII. Bibelarbeit 109

    Anmerkungen 148Literaturverzeichnis 157Zum Autor 165

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    Fr die angefhrten Bibeltexte wurde, falls nicht andersvermerkt, die Revidierte Elberfelder Bibel 1985/ 1991 benutzt.

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    I . Einleitung

    Wenn wir meinten, das Wort Gottes zu hren und die Bibel zu

    verstehen, so verstanden wir sie nicht. Oder wenn wir dachten,das Wort Gottes zu hren und die Bibel in unsere Herzenaufzunehmen, so lieen wir sie nicht gelten. Und wenn wirsagten, das Wort Gottes zu hren und danach die Bibel treuauszulegen, so hielten wir sie nicht fest.

    Bei allen Bibelauslegern gibt es nmlich einen Konflikt, den eszu erkennen gilt, wenn man mit der Bibel in N ot gert. Diese Notentsteht vor allem dadurch, wenn man versucht, sich der Bibelanzupassen und mit kunstvoller Dressur sein Denken und seinVerhalten so umzuformen versucht, wie es die Bibel verlangt.2Passt sich nunmehr dieser Mensch selber dem Wort Gottes an,so verbiegt er die Bibel soweit, bis sie ihm ertrglich erscheint.Er fllt daher die Bibel mit seinen Gedanken zustzlich aufund verarbeitet sie in seinem Denksystem.

    Der Bibelausleger A. Schlatter schreibt hierzu:

    Darum wurde die Bibel zu jenem Buch, in dem jedersich selber fand, weil er sich selber suchte. Sie ist aber strkerals wir und macht immer wieder sichtbar, dass sie nicht mituns einig ist. 3 Denn: keiner von uns kann irgendwo mit derSchrift in Berhrung kommen, ohne da er vor ihrem Gebot

    steht, vor einem Befehl, der die vllige Absolutheit desgttlichen Willens an sich hat. Damit ist zugleich aus-gesprochen, warum die Schrift mit der Natur zu einemeinheitlichen Wirken Gottes zusammenwchst. Die Frage, diesie im Menschen voraussetzt, ist die: was soll ich tun? Gewiss,sie weckt unser Denken; aber das charakteristische an derWeise, wie die Schrift mit uns umgeht, ist, dass sie uns nie dieFrage nach der Erkenntnis, nach dem Gewinn von Gedankenfr sich allein stellt, sondern immer so, dass ber diese Fragedie andere steht: Mensch, was willst Du? Du hast etwas zutun; was tust Du? 4

    Die Heilige Schrift bietet uns also den Gottes Willen an, damitwir den Willen Gottes tun sollen! Daraus entsteht freilich oft

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    ein Ansto, der uns den Verkehr mit der Schrift zur Notmacht. 5

    Die Aufgabe des Predigers sollte indes aber nicht sein, das

    eigene Unverstndnis zur Bibel an die Hrer seiner Predigtweiterzugeben. Vielmehr obliegt es dem Prediger, die HeiligeSchrift aufzuzeigen. Heutzutage stehen aber vor allem diefundamentalistischen Prediger in der Gefahr, das Wort Gottesbeweisen zu wollen. Im Sinne von 1. Korinther 2,4 wre aberdie Aufgabe des Predigers, in Erweisung des Geistes und derKraft zu predigen, damit der Glaube der Zuhrer nicht aufMenschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft beruhe.Allerdings bestimmen nunmehr fundamentalistische Pastorenund Prediger weitlufig eine falsche Zielrichtung, indem sie mitMenschenweisheit falsche Werte aus der Bibel festlegen, dieman bewahren solle. Ein solcher falscher Wert bestehtinsbesondere in der berbetonung des Volkes Israel. Dadurchentstand die falsche Entwicklung eines christlichen Zionismus,welcher weitaus greren Wert auf das irdische als auf das

    geistliche Israel legt. Durch diese Werteverschiebungen in derchristlichen Lehre entstanden zunehmend sektenhnlicheStrukturen, deren vorrangiges Ziel es ist, ein Bibelstudium mitdem menschlichen Verstand zu betreiben. Diese Art vonBibelstudium wurde daher systematisiert, sodass aus demfalschen Bewerten des I srael nach dem F leisch weitere falscheLehren entstanden sind. Hierzu vernimmt man auch hufigdas Wort H ermeneutik als Herangehensweise an die Bibel.

    Habe man nunmehr die ri chtige H ermeneutik , so wrde manmit Sicherheit auch zur richtigen Bibelauslegung gelangen.Nun aber wird von dem christlichen Zionismus nicht nurvertreten, dass man ein gelenktes Bibelstudium ntig habe,sondern mit eindringlichen Worten wird sogar suggeriert, dassman als Leser der Bibel bisher zu falschen Interpretationengekommen sei, weil man eben nicht die richtige H ermeneuti k angewandt habe. Wrde man aber erst einmal eine richtige

    Sichtweise von Gott und seinem auserwhlten Volk Israelbekommen, so htte man auch den richtigen Auslegungs-schlssel fr das Alte Testament und das Neue Testament.

    Als ernstzunehmender Wegbereiter eines solchen Denkens giltdie systematische Lehre der Haushaltungen bzw. Heilszeiten.

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    Weil diese Lehre aus dem englischsprachigen Raum kommt,wurde sie auch mit dem Namen D ispensationalismus insDeutsche bertragen. Gegen diese Lehre wendet sich jetztdieses Buch und der Leser mge bemerken wollen, dass er an

    einer Kampffront des Christentums steht. Zustzlich zu einerZweifrontenstellung nach Karl Adolf v. Schwarz6 ergeben sichaber in der gegenwrtigen Zeit zwei weitere Fronten, sodassman mittlerweile von einer Vierfrontenstellung7 reden msste.Das evangelische Christentum steht daher an den Frontengegen Rom, gegen das Schwrmertum, gegen die Welt-anpassung und gegen den Rationalismus.

    In diesem Buch soll nun vor allem der Kampf gegenber demDispensationalismus angesagt werden, der ein Bollwerk desmenschlichen Verstandes ist. Das Wissen aus demmenschlichen Verstand heraus ersetzt aber nie den Glauben.8Diese beiden Aspekte - Glaube und Verstand - sind zudemsehr verschieden zueinander9, sodass es auch keineDialogfhigkeit des Menschen gegenber dem bloen Text als

    Instanz der Wahrheitssuche gibt.10

    Eine solche Instanz imMenschen, die auch in Glaubensdingen urteilen kann undsomit Sachkritik an der Bibel ermglicht 11, wre zumScheitern verdammt, sofern sich jene Menschen auf der Suchenach einem Kanon im Kanon befinden. Es gilt vor allem dieeschatologische Irrlehre des Chiliasmus12 anzuprangern, zumalsich eben daraus der christliche Zionismus entwickelte. DieLehre von einem bevorstehenden tausendjhrigen Reich

    (Millennium) erffnete nunmehr John Nelson Darby (1800-1882) das Tor, mit seiner Lehre der Haushaltungen sehr vieleMenschen zu beeinflussen. Der Verfasser dieses Buches istdaher bestrebt, die Manipulationen von Darby und Co.hinsichtlich ihrer Lehre aufzudecken. Hierbei wird sehreindringlich vor dem Wortterror 13 gewarnt. Der Leserbekommt jedoch mit diesem Buch schwere Kost zumNachdenken und keine schnelle Information.

    Wer hat denn nun aber ein Ansehen bei Gott?Mit dieser Fragestellung im Hinterkopf sollte der Leser an das

    vorliegende Buch herangehen!

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    I I . Die fundamentalistische Gefahr

    Vielfach wird behauptet, dass der Begriff des christlichen

    Fundamentalismus auf eine Buchreihe von zwlf Bnden inden Jahren von 1910 bis 1915 in den USA mit dem Titel TheFundamentals: The Testimony to the Truth" zurckgeht. Inihnen werden vor allem die folgenden fnf Punktehervorgehoben14:

    1. Die Irrtumslosigkeit der Bibel2. Die Jungfrauengeburt und Gottheit

    von Jesus Christus3. Sein stellvertretendes Leiden am Kreuz4. Seine physische Auferstehung5. Seine leibliche Wiederkunft

    Die Fundamentalaussagen 2-4 beziehen sich auf Jesus Christus

    und sind auch in den altkirchlichen Glaubensbekenntnissenenthalten, whrenddessen die erste Aussage ein wesentlicherStreitpunkt in der gegenwrtigen Auseinandersetzung mit dem"Fundamentalismus" bildet.15 Allerdings gehrte bereits eineHermeneutik des Fundamentalismus zum Bestand katholischerLehrtradition.16 Mithin knnen als Wesenszge des christlichenFundamentalismus folgende Punkte wahrgenommen werden17:

    1. Der Fundamentalismus ist ein hchstrationales System.

    2. Der Fundamentalismus ist ein hchstmodernes System; es nutzt die Modernesowohl philosophisch als auch technisch, woimmer mglich. Wir sehen dies insbesonderedaran, dass die technisch und wirtschaftlichextrem erfolgreiche Elektronische Kirche" inden Vereinigten Staaten von Amerika (USA)fest in der Hand der Fundamentalisten ist.

    3. Der Fundamentalismus wirkt mit einemkindlichen Jhzorn und entsprechender

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    Bockigkeit, zumal die Auswirkungen derModerne auf das eigene Denken und Lebengenerell mi t prinzipieller A bwehr pariert werden.Bei Fundamentalisten stt man zudem auf

    taube Ohren, sofern es um Vernderung dereigenen Denk- und Lebensweisen gehensollte. Ein solcher Gedanke erscheint alsausgeschlossen. Die Fundamentalistenvermitteln dazu ihre berzeugung, dassdiejenigen, die diese fundamentalistischeVision nicht teilen, keine wahren Christensind.

    Die Ausblendung gewichtiger Lehr- und Verkndigungsinhaltegefhrdet dagegen aber das reformierte Prinzip sola scriptura[allein die Schrift], denn man lsst sich nunmehr von derSuggestion des fundamentalistischen Gegenber die Lehr-punkte vorschreiben, die als entscheidende Grundlage geltensollen. Es liegt daher eine Reduktion der Bibel vor, und eine

    solche fremdgeleitete Verminderung von auen ist nicht nurunbiblisch, sondern sie ffnet auch falschen Vorstellungen dieTr, die dann alles das, was man zu verteidigen sich bemht,unterminieren.18

    Die nachfolgenden Zitate dienen zur Darstellung einer mitSorge empfundenen Beobachtung gegenber dem sehr schnellanwachsenden christlichen Fundamentalismus:

    "Fundamentalismus und christliches Pfingstlertum werden zuneuen erfolgreichen Methoden und Strategien..."19Evangelikaler Amerikanismus missioniert bei uns instrategischer Breite, untersttzt von politischen Aktivittenund ehrgeizigen Kirchenleuten, um die sie strendenWiderstndigkeiten des alteuropischen sozialistischenKirchen-Christentums auch bei uns auszutreiben." [...] "Es

    wird Zeit, aufzuwachen und mit einem entschlossenen quodnon die protestantische Identitt zu bewahren, die es sehrwohl wert ist bewahrt zu werden."20 "Fundamentalismus hathier nur sektiererischen Raum."21 "Es gibt christlichenFundamentalismus, und es gibt ihn in Deutschland."22"Fundamentalismus im Christentum ist nichts, womit wir uns

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    abfinden drfen"23 "Christlicher Fundamentalismus ist nichtbesser als islamischer. [...] Das Problem ... ist, dass die Religion- obwohl ihre Freiheit im Grundgesetz geschtzt ist - durchauszum Problem fr den freiheitlichen Staat werden kann. Schon

    fr die Vergangenheit, gerade auch fr die christliche, galt derDoppelsatz: Nie kann die Freiheit die Religion beschdigen,sehr wohl aber die Religion die Freiheit. Nun sehen wir: DieserSatz kann auch fr die Zukunft gelten - auch hier nicht nur frislamischen, sondern durchaus auch fr christlichenFundamentalismus."24

    Organisationen, die als fundamentalistisch zu verstehen seien,werden von Fritz R. Huth in Auswahl genannt:

    - Die rund 200 unabhngigen Gemeinden derKonferenz fr Gemeindegrndung (KfG)

    - Baptistische und mennonitische Aussiedler-gemeinden

    - teilweise auch landeskirchliche Gemeinschafts-

    verbnde [und einige Diakonieverbnde]- Evangelische Gesellschaft fr Deutschland- Teile des Bundes Freier evangelischer

    Gemeinden ,der Pfingst - und charismatischen BewegungBekenntnisbewegung Kein anderesEvangelium 25

    Als Grundaspekt des Fundamentalismus gilt vor allem dieThese: "Wo Gottes Wort nicht mehr das Fundament ist,setzen sich Pragmatismus und Skularisierung durch."26Dagegen wird u.a. als Gegenmeinung formuliert: "Es mussalles stimmen, bis aufs I-Tpfelchen, und wenn nicht alles,auch das I-Tpfelchen nicht stimmt, dann ist alles falsch. Dasist heidnische Philosophie, und das ist in der Vergangenheit einEinfallstor des Teufels gewesen, mit dem er biblische

    Theologie buchstblich madig gemacht hat."27 "Es zeigt sich,wie verfhrerisch und gefhrlich ein rationalistisches,philosophisch-heidnisches, der Domino-Theorie (auch derChicago-Erklrung) zugrunde liegendes Wahrheitsdenkenist.28 Indes mag auch diese Aussage verstndlich sein: "Wennan einer Wahrheit rgernis genommen wird, ist es ntzlicher,

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    das rgernis entstehen zu lassen, als auf die Wahrheit zuverzichten."29 Des Weiteren steht auch jene uerung imRaum: Stellungnahmen zur evangelikalen Bewegung und zumchristlichen Fundamentalismus erfordern differenzierende

    Wahrnehmungen und Urteilsbildungen, insbesondere eineKlrung dessen, was gemeint ist, wenn von Fundamentalismusbzw. Evangelikalismus geredet wird."30

    Sinnvoll wre durchaus ein Bekenntnis wie z.B das der BarmerTheologischen Erklrung von 1934, um eine Gegenthesegegen den Fundamentalismus zu formulieren, sodass JesusChristus, wie er uns in der H eiligen Schrift bezeugt wird, das eine W ortG ottes ist, das wir zu hren, dem wir im L eben und im Sterben zuvertrauen und zu gehorchen haben. W ir verwerfen di e falsche L ehre, alsk nne und msse die K irche als Quelle ihrer V erk ndigung auer undneben diesem einen W orte G ottes auch noch andere E reignisse undM chte, G estalten und W ahrheiten als G ottes Offenbarunganerk ennen."31 Differenzierende Wahrnehmungen und Urteils-bildungen und die Verwerfung falscher Lehren erfordern

    hingegen eine umfassende Kenntnis vom Wort Gottes sowiederen Praxis der Anwendung. Indes erleben aber viele anJesus glubige Menschen eine Informationsflut evangelikalerund fundamentalistischer Schriften, sodass sie sich ohneUnterscheidungsvermgen wie in einem Ruderboot auf demoffenen Meere befinden nmlich allein und verlassen sowieoft ohne geistlichen Beistand durch einen Gemeindevorsteher.Dazu kommt noch vor allem die Gefahr, dass diese Menschen

    infolge ihrer Unkenntnis und Naivitt mit vermeintlichchristlicher Lehre manipuliert werden. Natrlich reicht einnormales Bibellesen aus, um diesen Gefahren trotzen zuknnen. Allerdings wird in den organisierten Bibelstundenevangelikaler Gemeinden nicht nur die Bibel gelesen, sondernman bekommt ebenfalls im Sinne eines how to do dieAnweisung mit, wie man die Heilige Schrift zu deuten htte.Gegen ein demtiges Bibelstudium wre natrlich nichts

    einzuwenden. Dagegen jedoch gegen die Art, wie mangedanklichen Unrat vorgekaut bekommt, als ob es die letzteMahlzeit auf Erden wre und man dazu noch gefttert werdemsste. Die gefhrlichsten Unwahrheiten sind aberWahrheiten, die mig entstellt sind.32 Und: "Je lter ichwerde, desto mehr merke ich, dass Wahrheit fr uns

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    Menschen ein hchst relativer Begriff ist. Frher dachte ich:Es gibt nur Ja oder Nein, Schwarz oder Wei, Richtig oderFalsch. Heute sehe ich, dass in den Wahrheiten , von denenwir am meisten berzeugt sind, oft viel Lge eingemischt ist.

    Und das, was wir fr Lge halten, nicht selten eine wichtigeWahrheit fr uns transportiert. Es gibt zwei Arten vonWahrheiten: kleine Wahrheiten und groe Wahrheiten. Einekleine Wahrheit erkennt man daran, dass ihr Gegenteil falschist. Das Gegenteil einer groen Wahrheit ist oft eine anderegroe Wahrheit."33

    Hinsichtlich einer weiteren Darstellung zu diesem Themabeschftigen wir uns jetzt nicht unmittelbar mit der Wahrheitin Johannes 17,17, sondern wollen vielmehr die Frageaufwerfen, wie mit dem Bibelvers H eilige sie durch die W ahrheit!D ein W ort ist W ahrheit. umgegangen wird. Denn dieserUmgang stellt vor allem die Problematik dar, die eigentlichdiskutiert werden sollte.

    Verwirklichen jetzt aber diese fundamentalistischenEvangelikalen mit ihrer vermeintlichen Bindung an die Bibelberhaupt das reformierte Prinzip des "sola scriptura"? IhreLehrer, Pastoren und Prediger berufen sich indes wiederverstrkt auf Luther, um ungerechte Fundamentalismus-vorwrfe abzuwehren. Obwohl sie dessen Bibelverstndnisteilen, d.h. sowohl seine Lehre von der Rechtfertigung desSnders allein aus Gnade verteidigen als auch wie Luther jede

    Art von Werkgerechtigkeit verwerfen, kann dagegen dieReformation dennoch nicht als Vorlufer des funda-mentalistischen Evangelikalismus bezeichnet werden. Allenfallsknnte die Reformation als eine Art Wurzel herhalten, wie derGieener Theologe Stephan Holthaus entsprechend meint: Inzentralen Glaubensberzeugungen mag es zunchst zwar eineKontinuitt zwischen Reformation und evangelikalerBewegung geben, in ihrer Gewichtung jedoch und in der

    praktizierten Frmmigkeit [Adiaphora] sind dagegensignifikante Unterschiede nicht zu bersehen. Wichtige Lehrender Reformatoren wie die Sakramente, die Erwhlung oder dasgeistliche Amt werden von den Evangelikalen "weniger odergar nicht hervorgehoben" (nach Holthaus). Und dies fhreeben nach Meinung der Fundamentalisten immer wieder zu

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    Spannungen mit den Landeskirchen.34 Allerdings scheint dochhier viel wichtiger zu sein, welche Lehren diesefundamentalistischen Evangelikalen vor allem in denVordergrund stellen, um diese Spannungen aufrecht zu

    erhalten. Als Hauptlehre vieler christlicher Fundamentalistendient diesbezglich der so genannte Dispensationalismus,welche auch als Lehre von den Haushaltungen oderHeilszeiten bezeichnet wird. Dagegen scheint aber derHauptvorwurf der meisten Evangelikalen gegenber denLandeskirchen, die Menschen werden vom Wort Gottesentwhnt35, anders gewichtet zu sein. Erwhnenswert scheintdaher die Auffassung von Helge Stadelmann zu sein, wenn ervon dem V erlust des N achrichtencharak ters der guten Botschaftschreibt, die nmlich infolge eines Redundanz-A bbauserfolgt. Indiesem Sinne wird auch zur Untermauerung der eigeneTheologie die Schwachheiten einer liberalen Theologiegegenber den Landeskirchen vorgeworfen, mit der siebiblische Aussagen verfremden wrden und dadurch eben zuneuen, berraschenden Gesichtspunkten und Antworten

    kommen wrden.36

    Die dispensationalistischen Interpretationen biblischerAussagen finden insbesondere ihren Ausgangspunkt imchristlichen Zionismus bei der Betrachtung der biblischenEndzeit, wobei diese Aussagen oft als die allein mgliche unddaher biblische hingestellt wird.37 Dass nunmehr derhistorische amerikanische Fundamentalismus sehr starke

    Tendenzen zum Dispensationalismus aufweist, ist weithinbekannt. Viel einschneidender ist jedoch, dass sich derhistorische Fundamentalismus des 19. Jahrhunderts in das 21.Jahrhundert hinber retten konnte. Mittlerweile versuchen sichsogar Gruppen mit der Lehre der Haushaltungen als echteund einzige Altnernative gegenber dem liberalenChristentum darzustellen. Deren Drang, Deutschland zumissionieren, ist zwar lblich und durchaus noch im Sinne von

    2. Timotheus 2,9 und Philipper 1,15-18 zu tolerieren, aber mitihrer geballten Kraft einer stark beeinflussenden Lehre knnenihre Bemhungen auch hinfllig sein, zumal dies kein Belegdafr ist, dass Gott mit einer Lehre der Haushaltungen geehrtwird.. Es ist nicht leicht, diese Art der Lehre mit ihremAbsolutheitsanspruch noch im Sinne von 2. Timotheus 2,10 zu

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    ertragen, obwohl diesbezglich Paulus ein gutes Vorbilddarstellt.

    Indes beschrnkt sich dieses Buch auf das Aufdecken von

    Missbruchen der Schrift, die jetzt von der Lehre derHaushaltungen ausgehen.

    Am Beispiel der berzeugungen des anglikanischen PriestersJohn Nelson Darby vertritt nunmehr das betreffendeLehrsystem eine bestimmte Auslegungsweise, die vor allem diefolgenden vier Merkmale aufweist:

    1. eine strenge Trennung von Israelund der Gemeinde

    2. die Einteilung der Heilsgeschichte inverschiedenePerioden

    3. die Erwartung der Entrckung derGemeindevor der erwarteten Trbsal

    4. die buchstbliche Auslegung der

    prophetischen Aussagen der BibelVertreter dieser Auslegungsmethode vergessen hingegen sehrleicht und sehr schnell, da der D ispensationali smus einehermeneutische Innovation des ausgehenden 19. Jahrhunderts und somitk eine fundamentale L ehre des historischen orthodox en christl ichenG laubens ist. W enn man ehrlich wre, msste man also zugeben, dassdiese Schau der E ndzeit nicht einfach gleichgesetzt werden k ann mi t der

    W ahrheit bibl ischen G laubens, sondern von einer bestimmtenI nterpretat ion ausgewhlter und auf bestimmte W eise miteinanderk ombinierter Belegstellen abhngig ist. 38

    Die Schriftlehre der lutherischen Orthodoxie sollte indes inihrem geistes- und theologiegeschichtlichen Kontextwahrgenommen werden, zumal diese auch mit der Lehrbildungder katholischen Kirche in der Zeit der Gegenreformation

    konfrontiert war und heute noch ist. Diese katholischeSichtweise bernimmt - anders als Luther - fr ihreLehrbildung die in der Kirche seit langer Zeit praktizierteSystematik des Aristotelismus.

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    Die Systematik des Aristotelismus hat bei der Bibelauslegungnunmehr zur Folge, dass

    1. mit den aristotelischen Begriffen immer auch

    mindestens teilweise die inhaltlichenBestimmungen der Begriffe bernommenwerden. Dies wird ziemlich deutlich an demStichwort Offenbarung, mit dem man dasZusammenkommen von Gttlichem undMenschlichem beschreibt.

    2. Mit der bernahme aristotelischen Denkenswird aber die Rede von der Offenbarung aufein intellektuell-geistiges Phnomen eingeengt,sodass die Ganzheitlichkeit der OffenbarungGottes in der Geschichte, wie die Bibel eslehrt, nicht gengend in Sicht kommt.

    3. Mit der berbetonung des reinen Denkens

    kann es dann geschehen, dass dieVerschiedenartigkeit einzelner Teile derHeiligen Schrift vernachlssigt wird.39

    Letztlich warnen die Sektenbeauftragten von kirchlichenBeratungsstellen nicht umsonst, dass fundamentalistischeGruppen im eigentlichen Sinn die Struktur und die Lehre vonSekten einnehmen; der Dispensationalismus stellt

    diesbezglich auch eine Sekte dar.40 Allerdings bestehen auchbei anderen christlichen Gruppen und Gemeinden gewissehermeneutische Engfhrungen 41, sodass zunchst einmal dieerste Erkenntnis bei allen fundamentalistischen Gruppen seinsollte, dass sie eine selektive Praxis der Bibelauslegung pflegen.Sodann wrde auch in diesem Erkenntnissinne ein ehrlichesBekennen der eigenen theologischen Ausrichtung mehr Gottdie Ehre geben, als durch Verschweigen, Vertuschen oder

    Vortuschen. Der Dispensationalismus kann also als einintellektueller Fundamentalismus par ex ellencegewertet werden,welcher eine Flucht aus dem offenen, unabschliebarenDiskurs in die unbegrndbaren und grundlosen Geheimnisseseiner vermeintlichen Fundamente 42 darstellt. Deshalberscheint es auch nicht als ein Wunder, dass der

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    Dispensationalismus berwiegend von Gemeinden vertretenwird, deren Leiter mit einem naturwissenschaft lichen und deduk tivenKausali ttsdenk enan die Heilige Schrift herangehen.

    Der Fundamentalismus muss daher auch durch eineverstandesmige Aufklrung berwunden werden. Zudemfinden wir jetzt auch in der Wissenschaftsgeschichte denuerst seltenen Fall vor, den Gegenstand der Forschung ebendurch dieselbige aus der Welt zu schaffen.43

    I I I . Angriff mit System

    Der Dispensationalismus geht wie jede andere klassischeManipulationsform sehr strategisch vor. Zur klassischenManipulation gehren u.a. das Spielen mit der Angst, einAppell an das Gefhl, die Verschleierung von Tatsachen, die

    Vereinnahmung bereits besetzter Begriffe, die Erzeugung vonKonformitt und Uniformitt, eine Schlacht mit Schlagworten,die Angabe falscher Autoritten sowie die Verschleierungwahrer Ziele.44 In besonders gemeiner und unchristlicher Artund Weise hantiert der Dispensationalismus, wenn er seinedogmatischen Gegner als judenfeindlich verleumdet oder diedogmatischen Lehrauffassungen anderer falsch wiedergibt.Hinsichtlich der zuletzt dargestellten Manipulationsmethode

    sei die aggressive Machart des Dispensationalismus zubenennen, die urtmlichen Aussagen des Calvinismus zuverflschen.45, um einerseits mit dem eigens erwhltenSndenbock von sich ablenken zu knnen und andererseitsKompetenz, Strke und Glaubwrdigkeit zu heucheln. Zudemgehren die Dispensationalisten dem Arminianismus bzw.dem 4-Punkte-Calvinismus an.

    Das Vorgehen der Dispensationalisten muss vor allemhinterfragt werden, um deren schwache Argumentation zuberfhren.46 Als Beispiel kann zunchst einmal JohnMacArthur mit seiner Studienbibel genommen werden. Inseinen Anmerkungen zu Lukas 11,52 bezglich des Schlsselsder Erkenntnis schreibt er, dass die Schriftgelehrten und

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    Phariser die Wahrheit eingeschlossen und den Schlsselfortgeworfen htten, indem sie dem Wort Gottes ihrefalschen Auslegungen und menschlichen Traditionenberstlpten .47 In hnlicher Weise argumentieren Chafer /

    Walvoord, dass man sorgfltig darauf achten solle, den Sinneines Textes nicht zu verdrehen, damit man die Bibel nicht mitden vorgefassten Meinungen in Einklang zu bringen versucht.Gleichsam wird aber von ihnen gegenstzlich zu ihrervorangegangenen Aussage behauptet, dass, wenn die Bibelangemessen gedeutet werde, sich daraus auch ein System derLehre ergebe, welches harmonisch und nicht widersprchlichsei.48 Es ist dagegen sehr fraglich, wer diesen Vertretern desDispensationalismus die Autoritt gegeben hat, ber falscheund angemessene Schriftauslegung zu befinden. Indes hebensie ihr eigenes menschliche Gedankenkonstrukt hervor undgeben ihrem Denken den Anspruch von gttlicher Autorittund somit unterstellen sie die Richtigkeit ihrer eigenenAussagen. Indes haben sich aber viele Dispensationalisten indas Lehramt gedrngt49, sodass sich leider auch viele Menschen

    nach ihnen ausrichten. Die zahlreichen Gemeindegrndungs-projekte der Dispensationalisten sind zwar mit Lobhervorzuheben, jedoch auch mit Sorge zu betrachten, zumaldiese Denkrichtung verstrkt durch unterschwelligeManahmen gefrdert wird. Magebliche Frderer sind vorallem das Missionswerk Heukelbach, das MissionswerkMitternachtsruf, der CLV-Verlag und die Bibelschulen bzw.Lehreinrichtungen EBTC und SBS.

    Es scheint erwhnenswert, aber doch noch mit einemfragenden Gesichtsausdruck, dass bei einigen Aussagen von K.H. Vanheiden festzustellen ist, dass der menschliche Verstandauf systematisches Denken angelegt sei. SystematischesDenken sei Vanheiden zufolge ein geordnetes Denken. Wennwir die D inge dieser W elt nicht in bestimmte Systeme einordnen k nnen,verstehen wir sie nicht. G enauso ist es mi t der Bibel. D ie A ussagen

    einzelner Bibelstellen ordnen wir systematisch zusammen. D arausgewinnen wir biblische L ehren: die L ehre ber G ott, die L ehre vomM enschen, die L ehre ber E rlsung, die L ehre von den letzten D ingen,die L ehre von den H aushaltungen, die L ehre von der G emeinde usw.[ ] N un haben al le diese Systeme ein Problem: es sind menschlicheKonstruk tionen. E s handelt sich dabei um eine bestimmte A rt von

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    D enk vereinbarungen, die A ntworten geben oder zumindest versprechen.I n der W issenschaft nennt man solch eine D enk vereinbarung einParadigma. D ieser D enk vereinbarungen sind sich die allermeistenG eschwister berhaupt nicht bewusst. D eshalb behaupten viele Brder

    mi t groer berzeugung, selbstverstndl ich die biblische L ehre zuvertreten. [ ] V on solch einem System geht eine ziemliche F aszinationaus, das ist offensichtlich. D as System beantwortet im Pr inzip alleF ragen, es ist bei weitem nicht so schwer zu verstehen, wie die Bibel selbst.A ber es verk rzt die Schrift und nimmt das D enk en gefangen. N ur i stdiese G efangenschaft nicht der G ehorsam des Chr istus, sondern es ist dieG efangenschaft in den G ittern des Systems. 50 Obwohl dieseAussagen bemerkenswert sind, so sind sie dennoch nach ihremAussagengehalt ber die Bibel nicht zutreffend. Denn nachVanheiden sei es doch tatschlich nicht ausgeschlossen, dasWort Gottes mit dem Menschenverstand begreifen zu knnen,zumal es ja nur am Denksystem hnge, die richtigenSchlussfolgerungen zu bekommen. Allerdings stellt sichdurchaus die berechtigte Frage, ob es sich wirklich so verhlt,einfach mit dem richtigen Denksystem Gott und sein Wort

    erfassen zu knnen.Nunmehr benutzen aber die meisten Fundamentalisten, undsomit auch die Anhnger der Lehre der Haushaltungen bzw.Heilszeiten, eine Methode, die sie als wissenschaftlich51darstellen, obwohl deren vermeintliche Wissenschaftlichkeitmehr einer Ideologie bzw. einer Weltanschauung52 hnelt.Unglaubwrdig ist vor allem, dass sie sowohl in einer

    beleidigenden Wortakrobatik53 ihre Methode als die alleingltige54 darstellen als auch selber fromme Bibelkritik ben.55Es erscheint sogar den Dispensationalisten neben ihrendeduk ti ven Schri ftprinzipien56 im eigenen Interesse zu sein,Experten der Textkritik zu Rate zu ziehen 57. Daher scheintes auch nicht mehr zu vermeiden sein, dass sich jetzt mehr undmehr der Eindruck offenbart, wie heuchlerisch doch dieDispensationalisten nicht nur die historisch-kritische Methode

    einer Bibelauslegung selber anwenden, whrend sie diesedagegen aber gleichermaen verdammen58. Der Dispen-sationalismus kann demnach folgerichtig als unglaubwrdigund sektiererisch benannt werden. Daher ist es notwendig,den wissenschaftlichen Fundamentalismus der Evangelikalen

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    aufgrund seiner stark deduktiven Zge59 abzulehnen. DieseAblehnung gilt vor allem fr den Dispensationalismus.

    Im Vergleich dazu verharrt wohl ein mglicher

    Fundamentalismus der universitren Theologie in derenWeltlichkeit, wenn z.B. der Universittsprofessor ManfredOeming eine logische Idealsprache des Philosophen LudwigWittgenstein als enorm befruchtend rhmt60, whrend eraber noch nicht einmal dessen Werk versteht. Wittgensteinschreibt nmlich:

    M eine Stze erlutern dadurch, dass sie der, welcher michversteht, am E nde als unsinnig erk ennt, wenn er durch sie auf ihnen ber sie hinausgestiegen ist. (E r mu sozusagen die L eiter wegwerfen,nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist). 61

    Im Sinne von Wittgenstein drften wir durchaus davonausgehen, dass er mit der Leiter den Menschenverstandmeinte. Sollten nunmehr doch die Vertreter der Haushaltungs-

    lehre auf dieser Leiter stehen, so sind sie mit Sicherheit jeneLeiter des Menschenverstandes noch nicht hinaufgestiegen,geschweige denn, dass sie diese Leiter weggeworfen haben,denn der Dispensationalismus wurde bisher kaum aus deneigenen Reihen fr unsinnig bewertet. Und was sagt dagegendie Bibel? In Sprche 3, 5-7 steht geschrieben:

    V ert raue auf den H E RRN mit deinem ganzen H erzen und sttze dich

    nicht auf deinen V erstand! A uf all deinen W egen erk enne nur ihn, dannebnet er selbst deine Pfade! Sei nicht weise in deinen A ugen, frchte denH E RRN und weiche vom Bsen!

    IV. Die systemimmanente Manipulation

    Ausgehend von der fundamentalistischen Gefahr desDispensationalismus mssen wir nunmehr feststellen, wie wirmanipuliert werden. Daher ist es notwendig, erst einmal denHauptgedanken dieser Lehre darzustellen, um im weiterenVerlauf bemerken zu knnen, welches System innerhalb dieser

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    Manipulation steckt. Zunchst kann festgehalten werden, wiearmselig die Dispensationalisten ihr theologisches System zuretten versuchen62, indem sie auf die Buchstblichkeit desTextes eingehen und dabei vollkommen 2. Korinther 3,6 ff.

    aus ihren Augen verlieren. Man knnte dazu hinterfragen,warum es den Dispensationalisten nicht peinlich ist, mit soeiner verstandesmigen Argumentation, die auerdem in sichnicht stimmig ist, einen Krieg der christlichen Lehren zufhren. Man muss mittlerweile wirklich feststellen, dass dieDispensationalisten einen Krieg63 der christlichen Lehrenbegonnen haben, ohne diesen zu erklren.64 Und wie zeigt sichnunmehr dieser Krieg in der ffentlichkeit? Ganz einfach, derDispensationalismus verunglimpft seine dogmatischen Gegnermit Schmach, Frechheiten und fadenscheinigen Unter-stellungen. Diese Verunglimpfungen kann man sehr an dergefhrten Debatte um die Bibeltreue der Hermeneutik derDemut erkennen, welche jetzt wieder verstrkt zu Tagekommen. Solche Verunglimpfungen sollten wir nicht mehrhinnehmen, als ob sie nur Streitpunkte unter Theologen wren.

    Vielmehr geht es wirklich um Kopf und Kragen , welchenGedankengngen wir vorbehaltlos folgen oder nicht. Nun gut,auch solchen Protagonisten drfen wir nicht ihr Christseinabsprechen. Allerdings kann man ihr vermeintlich christlichesVerhalten anprangern, denn nach Galater 5,22 und einerchristlichen Ethik gilt vor allem die Freundlichkeit als Frucht desGeistesund als Tugend eines jeden Christen. Die Freundlichkeitgegenber ihren dogmatischen Gegnern ist dagegen den

    Dispensationalisten fremd. Es ist hier nun wirklich schwer,einerseits Beschwerde gegen den Dispensationalismus zufhren und andererseits gut ber die entsprechendenVerfechter im Sinne von 1. Petrus 3,9 zu reden. Auch wennwir jetzt von einer Sekte ausgehen, so mssen wir vor Gotteingestehen, dass fundamentalistische Christen eben nuneinmal Christen sind, sofern sie sich zu dem Herrn Jesusbekennen sollten. Dies ist bei den allermeisten

    Dispensationalisten jedoch der Fall. Dagegen erscheint es abersehr angebracht zu sein, vor ihrer Struktur, ihren Methodenund ihrem Absolutheitsanspruch zu warnen. Daher ist vorallem der Hauptgedanke zu entlarven, der fr alle eingefleischtenSek tenanhnger wichtig ist, nmlich die Verbreitung ihrer Ideen.In Sachen der Informationsweitergabe scheinen die Anhnger

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    des Dispensationalismus den klassischen Weg derBeeinflussung zu gehen, denn sie verteidigen pausenlos ihreDenkweise. Indes sind sie natrlich schlauer und mitunter auchkompetenter im Auftreten und Werbung als der normale

    Bibelleser. Allerdings verfahren sie mit ihrer Strategie nachdem Prinzip Angrif f ist die beste Verteidigung. Und diebeste Verteidigung in der heutigen Zeit des Medienkonsums istnatrlich die gelenkte Informationsberflutung. Frei nach demMotto W as alle sagen, wird schon r ichtig sein agieren also dieseSchriftgelehrten mit geballter Kraft, obwohl sie sich in sehrunterschiedlichen Gruppen bewegen, und vollbringen dann gleichgeschaltet den Dienst an ihrer Sache und zwar unter demDeckmantel, zu evangelisieren und den Gemeindebau zubetreiben. Vordergrndig und natrlich auch hier lobenswertzu erwhnen sei die Verkndigung der guten Botschaft vonJesus Christus durch dispensationalistische Pastoren undPrediger. Indes geschieht diese Informationsberflutung durchso viele Bcher, Zeitschriften und Webseiten im Internet,sodass sich daraus ein Markt bzw. eine christliche Industrie

    gebildet hat. Nun gut, auch andere dogmatischen Gegner sindnicht vllig unttig geblieben, zumal die der Welt zugewandtenChristen ebenso groe wirtschaftliche Erfolge verbuchenknnen. Bedenklich ist dagegen, wenn man durchberschwngliches Anfhren nicht einer , sondern derHerangehensweise an die Bibel einen Wahrheitsanspruchsuggeriert, um intolerante Nachahmer dieser Methode bewusstheranzubilden. Insbesondere der normale Christ , der

    sowieso nicht hinterfragt, wird von den Dispensationalisten alsZielperson ausfindig gemacht. Das Missionswerk Heukelbachmit seinen Millionen von Traktaten, das MissionswerkMitternachtsruf mit seinem Charme als konservativesBollwerk, der CLV-Verlag mit ber 500 kostenlosen Bchernzum Herunterladen aus dem Internet, und die Internetseitensermon-online, soundwords, bibelkommentare.de,evangeliumszentrum.at und bibelkurs.com und andere

    Internetseiten sowie vor allem die Bibelschulen EBTC undSBS mssen hier noch einmal benannt werden, da sie zurBewltigung des Wachstums viele Prediger fr diedispensationalistische Indoktrination ausbilden. Dererschrockene und vielleicht jetzt auch wtende Leser mussdagegen aber wirklich erkennen, wie einseitig die

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    Informationslage ist. Denn es herrscht bisher eine staatlichunkontrollierte Ausbreitung dessen vor, was man weitlufig alskonservatives Christentum betitelt.

    Indes gibt es aber auch aufmerksame Leser und Hrerentsprechender Bcher, Zeitschriften Schulungsmaterialienund Predigten, die gegen diese manipulative Informations-berflutung einschreiten, um einer dauerhaften undschdlichen Prgung65 des Dispensationalismus vorzubeugen.Wir mssen uns jetzt doch tatschlich fragen, ob wir jenerSituation noch gewachsen sind, denn nicht nur seit einigerZeit, sondern bereits seit mehreren Jahrzehnten von Jahren hatsich diese Struktur des Denkens herangebildet. Mittlerweilegibt es sehr viele Besucher und Gemeindemitgliederfundamentalistischer Freikirchen, die bereits so vereinnahmtwurden, dass sie nicht einmal hinterfragen, was ihnen ihreGurus da vorne am Pult so alles predigen. Abgesehendavon hinterfragt wohl auch kaum jemand seinen rtlichenPastor. Erschreckender ist jedoch, dass sich nunmehr die

    Lehre der Haushaltungen und Heilszeiten nicht nur etablierthat, sondern starke Zuwchse an begeisterten Anhngernerfreut. Diese Zuwchse sind vor allem der Informations-berflutung zuzuschreiben. Tendenziell wird nmlichDeutschland weitestgehend als Missionsland von denanglikanischen Lndern angesehen, da ja hier nicht nur dieReformation Luthers stattgefunden hat, sondern weil hierreiche, intelligente und intellektuelle Menschen zuhauf

    vorhanden sind, die christlich sind und diesbezglich nacheinem weiteren Sinn ihres Christseins suchen. Obwohl dasvortreffliche und beharrliche Evangelisationsbemhen derDispensationalisten gelobt werden muss, so sehr muss aberdagegen auch ihr I ndok tr inationsverhalten angeprangert werden.Zudem schmcken sich diese christlichen Zionisten mit derAutoritt und den Erfolgen von Martin Luther und JohannesCalvin und behaupten, sie gelten als die wahren Nachfolger der

    protestantischen Reformation, weil sie vorgeben, deren Lehrezu vertreten. Allerdings verschwindet mehr und mehr dieursprngliche Lehre von Martin Luther und Johannes Calvin,sodass eine Vermischung unterschiedlicher Lehren begonnenhat. Nun gut, daneben gibt es zum Beispiel auch Bestrebungenvon Rom, die Gegenreformation in der kumene zu festigen,

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    sowie die Schwrmereien um den Heiligen Geist voncharismatischen und pfingstlerischen Gruppierungen sowie dieWeltanpassungen hinsichtlich eines Wohlstandsevangeliumsmit Glck und Erfolg. Obwohl nun auch jene Methoden nicht

    unbedingt nachgeahmt werden sollten, so stehen dagegen aberdie Opfer der Dispensationalisten in Gefahr, menschlichenund machtvollen Interessen zu dienen, nmlich im wahrstenSinn des Wortes wieder Untertanen zu sein. An die gutedeutsche Literatur sei hier einmal ausnahmsweiseanzuknpfen, wenn man wie Heinrich Mann darauf hinweisenmchte, dass die Christen von heute doch sehr gerne ihrUntertanendasein lieben und ihre geistlichen Fhrer einfachmachen lassen, was denen gefllt. Es ist weiterhin zubefrchten, dass der Dispensationalismus die reine reformierteLehre vereinnahmen will, zumal sich diese Vertreter bereits dasEtikett reformatori sch ans Rivers hngen. Reformatorisch istaber dagegen nicht reformiert! Zu Recht schreibt daher auchSebastian Heck:

    W enn C hristen sich als reformatorisch bezeichnen, um damit dieG rben zwischen dem lutherischen und dem reformierten F lgel derReformat ion (samt ihren E rben) zu verlassen und zu berwinden, dannist das zunchst einmal positiv zu bewerten. A ndererseits darf I renikniemals auf Kosten theologischer Przision gehen, d.h. man darf nicht -um des lieben F riedens willen - bei der W ahrheit A bstr iche machen, i nder H offnung, dass sich daraus eine echte E inheit ergibt. E chte E inheit,und das heit eben auch und besonders, christliche E inheit, wchst auf

    dem Boden wahrer theologisch-geistlicher bereinstimmung und nicht einerbli nden, ignoranten I renik . D ie W ahrheit ist ein hherer bibli sch-christlicher W ert als fromme aber inhaltslose G emeinschaft. 66 67

    Die vorstehenden Ausfhrungen heben besonders hervor, dassdie einseitige berbewertung eines einzelnen Aspektes hierdas Denken - geradewegs zu einem verk opften M enschen 68fhrt. Diese verkopften Menschen leiten dann sehr schnell

    einen Verdrngungsprozess ein, indem sie messerscharfschlussfolgern, dass nicht sein k ann, was nicht sein darf 69. Einesolche hochmtige berschtzung der Verstandeskrfte gehtvor allem mit einem naturwissenschaftlichen Denken einher.Dies ist nunmehr die Stelle, an der der Rationalismus70 denEinbruch in die protestantische Theologie schaffte 71, denn

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    das menschliche Ich rckt jetzt in den Mittelpunkt desGeschehens und nimmt sich bewusst oder unbewusst vor,Gott von der ersten Stelle zu verdrngen. Im Sinne desCartesianismus sind demnach die Offenbarung Gottes mit der

    menschlichen Vernunft gleichgestellt. Wie wir nun bereitsfeststellen durften, wird hingegen diese Gleichwertigkeit vomDispensationalismus nicht geleugnet, zumal dessenhermeneutische Anstze in erster Linie mit der Vernunft undnicht mit der Offenbarung Gottes verbunden sind.72Heinzpeter Hempelmann stellt daher zu Recht mit einem Buchdie Frage auf, wie der Mensch berhaupt von Gott denkesollte. Seiner These zufolge sollte ein solches Denken berund von Gott mit der grten, uns mglichen Begriffslosigk eit und mi t der grten, uns mglichen O ffenheit 73 geschehen.Begriffslosigkeit und Offenheit wrden daher eine Bereitschaftvon dem Menschen abfordern, sich selbst gegenber dem unsmitteilenden und sich uns aussetzenden Gott ganz aufs Spielzu setzen .74 Diese Auffassung scheint zumindest nher ambiblischen Befund von Matthus 10,39 ; 16,25 ; Lukas 9,23.24 ;

    14, 26.27 ; Johannes 12,25 ; 2. Timotheus 2,11 zu sein, dennder Gesamttenor lautet hierzu folgendermaen: Wer seinLeben findet und behlt, wird es verlieren, und wer sein Lebenum Jesu willen hingibt und verliert, wird es finden. Mitanderen Worten gesagt: Man muss aufgeben, um zugewinnen! Wren dagegen aber auch die Dispensationalistenbereit, auf ihr Denksystem zugunsten von Jesus Christus undanderer Christen aufzugeben?

    V. Hermeneutik oder Beleidigung

    Im Rahmen der erkenntnistheoretischen Diskussion derNeuzeit ergeben sich zwei gegenberstehenden Positionen,zum einen der Rationalismus und zum anderen derEmpirismus. Diese Positionen sind im Prinzip auch nicht neu,denn sie waren bereits Streitpunkte im Mittelalter. In dermittelalterlichen Theologie wurden diese Positionen vor allemim so genannten Universalienstreit ausgetragen vielleichtauch durch das Buch Der Name der Rose von Umberto Eco

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    in der gegenwrtigen Zeit bekannt geworden. DerRationalismus bedient sich indes eines natur-wissenschaftlichen Denkens und muss daher als Kampffrontgegenber dem christlichen Glauben angesehen werden.

    D er G laube aber ist eine V erwirk lichung dessen, was man hofft, ein berfhrtsein von D ingen, die man nicht sieht. (H ebrer 11,1)

    Allerdings ist der richtige Gebrauch des Verstandes notwendigfr das Studieren der Schriften.75

    Die meisten Wissenschaften und auch die allermeistenHandlungen in unserem Alltag bauen hingegen auf dem sogenannten Induktionsprinzipauf, also auf dem Glauben, dass dieInduktion funktioniert.

    Beispiel: Wenn ich Hunger habe, esse ich etwas. Dennich habe die Erfahrung gemacht, dass Essen denHunger beseitigt und schliee durch Induktion, dass

    dies in der Zukunft auch funktionieren wird.Es ist nicht ohne weiteres klar, weshalb dieserInduktionsschluss erlaubt ist. Man knnte argumentieren, wirwissen aus Erfahrung, dass der Induktionsschluss funktioniert.Wenn wir aber aus der Erfahrung auf die Zukunft schlieen,wenden wir Induktion an. Auf diese Weise knnen wir alsonicht beweisen, dass die Induktion erlaubt ist. Manche

    Philosophen sind deshalb der Ansicht, das so genannteInduktionsprinzip knne nicht auf elementarere Prinzipienzurckgefhrt werden. (u.a. Karl Popper). Dagegen wrdenandere Philosophen im Sinne von Rudolf Carnapentgegenhalten, dass die Wissenschaft nur aufgrund desInduktionsprinzips zu wahren Aussagen kommen kann.

    Bei der Theorienbildung durch Deduktion geht man davon

    aus, dass der Naturwissenschaftler durch kreative Aktesinnvolle Hypothesen erzeugt, deren bereinstimmung mitdem Datenmaterial er anschlieend berprft. WeitereExperimente mssen mit dem ernsthaften Ziel derWiderlegung (Falsifikation) unternommen werden. Nur in demAusma wie sich Theorien bewhren (der Falsifikation

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    entziehen), kann relative Sicherheit gewonnen werden. NachAristoteles besteht eine Deduktion aus vorausgesetztenTatsachen (Prmissen) und einer Schlussfolgerung (Konklusion).Die Konklusion folgt mit Notwendigkeit aus den Prmissen;

    die Konklusion kann nicht falsch sein, wenn die Prmissenwahr sind. Eine Deduktion (syllogismos) ist ein Argument, inwelchem sich, wenn bestimmte Dinge vorausgesetzt werden,etwas von dem Vorausgesetzten Verschiedenes sich mitNotwendigkeit ergibt.

    Bei der Theorienbildung durch Induktion geht man davon aus,dass alle Wissenschaftler im empirischen ProzessDatenmaterial erarbeitet, in dem schlielich innere Strukturenund Gesetzmigkeiten sichtbar werden. Weitere positivverlaufende Experimente sollen die Theorie besttigen undsind die Bausteine einer Verifikation (Beweisfhrung), dieletztlich in naturgesetzlicher Sicherheit (Wahrheit) mndensoll. Der Deduktion stellt Aristoteles explizit die Induktiongegenber. Er nennt sie den Aufstieg vom Einzelnen zum

    Allgemeinen. Zum Beispiel, wenn derjenige Steuermann, dersich auskennt, der beste (Steuermann) ist und so auch beimWagenlenker, dann ist berhaupt in jedem Bereich, derjenige,der sich auskennt, der beste. Die Induktion hat vor allem dieFunktion, durch das Anfhren von Einzelfllen dasAllgemeine deutlichzu machen.

    Fr die Rationalisten entsteht jetzt Erkenntnis durch die

    Anwendung bestimmter geistiger Fhigkeiten, Prinzipien undVorstellungen auf die erfahrbare Welt, kurz: durch dasDenken. Danach sei die Fhigkeit zu denken dieHauptvoraussetzung jeder Erfahrung. Das Denken schlietauf die Welt und ermglicht damit erst Erkenntnis.

    Deduktive Schlsse sind zwar wahrheitsbewahrend (das isterfreulich); aber sie vermehren unser Wissen nicht (das ist

    bedauerlich). In der Konklusion eines deduktiven Schlussesoder Beweises kann inhaltlich nichts herauskommen, was nichtbereits in den Prmissen steckte. Mglicherweise sagt dieKonklusion sogar weniger als die Prmissen, niemals abermehr. Es mag sein, dass wir durch die Konklusion berraschtwerden sowie dass wir das Ergebnis nicht erwartet htten.

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    E rwartung und berraschung sind jedoch keine logischen,sondern psychologische Phnomene. Diese beiden Aspekte mussman also streng auseinander halten. Unter logischem Aspektkann die Deduktion nur deutlich machen, was in den

    Prmissen schon steckt; sie kann den Gehalt entwickeln,erlutern, klarmachen, mehr nicht. 76 Deshalb kann uns dieLogik allein nichts ber die Welt und schon gar nicht etwasber Gott lehren. In der Konklusion eines Schlusses kannnicht mehr ber die Natur ausgesagt sein, als in den Prmissen -vielleicht von uns unbemerkt - bereits steckte. Die Logik istdeshalb selber keine Naturwissenschaft, wird indes aber zurMethode der Naturwissenschaft erhoben.

    Wichtige Vertreter des Rationalismus sind Ren Descartes(1596-1650), Baruch de Spinoza (1632-1677) und GottfriedWilhelm Leibnitz (1646-1716). Die Vertreter einer Lehre derHaushaltungen bauen diesbezglich mit ihren Theorien aufden Rationalismus der o.g. Personen auf. Als Vorlufer desRationalismus gelten zudem auch die Griechen Platon und

    Aristoteles. Wichtige Vertreter des Dispensationalismus sind:J.N. Darby, William Kelly, Rudolf Brockhaus, Charles HenryMackintosh, Hamilton Smith, Dwight L. Moody, Cyrus I.Scofield, Clarence Larkin, Erich Sauer, Werner Heukelbach,Wim Malgo, Gertrud Wasserzug, Lewis S. Chafer , John F.Walvoord, Stanley A. Ellisen, William MacDonald, CharlesRyrie, Dave Hunt, Arnold G. Fruchtenbaum, W.J. Ouweneel,, Tim LaHaye, Ernst G. Maier, Wilfried Plock, Benedikt Peters,

    , Rudolf Ebertshuser, Christian Briem, Roger Liebi, WolfgangNestvogel, Lothar Gassmann, Helge Stadelmann, PeterStreitenberger, John MacArthur, Donald A. Carson.

    Gute und ausfhrliche Informationen ber dieheilsgeschichtlichen Auslegungsvarianten oben genannterPersonen erhlt man durchaus besser von den Verfechterngegnerischer Dogmatiken. Als vorbildlicher Aufklrer ist hier

    Hans-Werner Deppe vom Betanien-Verlag zu loben.

    Mit seinem deduktiven Schriftprinzip verletzt nunmehr derDispensationalismus gegen das Wort Gottes und gegen dasvom Menschen alltglich benutzte Induktionsprinzip, indemseine Vertreter in kreativer Art und Weise unsinnige

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    Hypothesen produzieren, die zudem gegen ihre eigene hchsteForderung verstoen, nmlich dass die Bibel von Gott sei unddeshalb eben allerhchste Autoritt habe. Wrde denn wirklichdie Bibel in den Augen der Dispensationalisten allerhchste

    Autoritt besitzen, dann ist jedoch nicht zu verstehen, warumsie das Wort Gottes so mit Besserwisserei und respektlosbehandeln. Die Lehre der Haushaltungen stellt diesbezglicheine Vermischung von Hypothesenbildung undHypothesenbesttigung dar. Diese Vermischung stellt vorallem eine Dialektik77 dar, die als Bemhung derWahrheitssuche angesehen werden kann, indem offensichtlicheWidersprche aufgezeigt und vermittelt werden. DasErfinden von Hypothesen entspricht dem, was Schleiermacherdas gttliche Moment nannte, die Hypothesenbesttigungdem, was er das grammatikalische Moment nannte. 78Obwohl nunmehr die Dispensationalisten anschicken, ihreLehre im Sinne naturwissenschaftlichen Denkens durchSchlussfolgerungen zu legitimieren, so ist dennoch daselementare Verstehen kein Schlu von einer Wirkung auf die

    Ursache .79

    Als magebliches Argument der obigen. Vertreter drfte eineAussage von Lothar Gassmann herhalten, der meint, dass dieSchriftfrage im Grunde eine Gottesfrage sei.80 Bei dieserWechselwirkung msste man doch jetzt als aufmerksamerLeser hinterfragen, welchen Gott die Dispensationalisteneigentlich anbeten. Es ist legitim, hierauf die Antwort

    Biblizismus zu geben. Der Biblizismus ist nach MeyersLexikon die theologische Haltung, die im Gegensatz zurhistorisch-kritischen Bibelforschung die Bibel Wort fr Wortals gttliche Offenbarung versteht . Jedoch ist aber vomBiblizismus das allgemeine Sola-scriptura-Prinzip derReformation des Martin Luther und Co. zu unterscheiden,welches besagt, dass Lehren, die sich nicht aus der Bibelbegrnden lassen, abzulehnen sind. Indes wird nicht

    unterschieden, ob die Aussagen berhaupt nicht in der Bibelvorkommen oder ob sie dem Gesamtzusammenhang garwidersprechen.81 Daher kann man die Lehre derHaushaltungen als eine Lehre einstufen, die sich nicht aus derBibel begrnden lsst. Folglich ist der Dispensationalismuseine reine Menschenerfindung.

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    Mit dem Reformator Matthias Flacius Illyricus und seinenRegeln zur Erkenntnis der Heiligen Schrift, die aus ihr selbstentnommen sind, drfen wir nunmehr feststellen:

    Brennender E ifer und Sorgfalt wi rd berall vom G eiste G ottes beimStudium der Schrift empfohlen. Besonders berhmt ist jedoch die Stelle imD euteronomium 6, 7, wo den I sraeli ten befohlen wird, das W ort G ottesihren Kindern einzuschrfen, d.h. nicht zu dulden, da es schal undstumpf werde, di e Strenge der G erechtigk eit, des Z ornes und des G esetzesG ottes und die Strenge des R ichters selbst hufig und ernst den H rerndarzulegen. So beseitigt auch Christus selbst (M atthus 5 und 6) dieFulnis und Stumpfheit des Gesetzes, die die Phariser mit ihrenPelagiani schen G lossen herbeigefhrt hatten, mi t seiner schar fen F eile oderdurch die K lippe seiner A uslegung. Solange ansonsten jener Schleier derFulnis und Stumpfheit ihm anhngt und innewohnt, ist es fr unsunntz und unwirksam.M an mu tatschlich i n der H eiligen Schrift dieses A nstige beobachtenund in Betracht halten, was Paulus selbst die Torheit der Predigt nennt,

    von der er sagt, da er selbst, der das erwhlte W erk zeug Christi war, i nKorinth in ungeschliffener Rede ffentlich gepredigt habe (1. Korinther 1,21 und 2, 1). A uerdem bek ennt er im 2. Korintherbrief 11, 6 ingewisser W eise, da er in der Rede ungeschl i ffen, jedoch i n den D ingenk undig sei. E s soll nmlich die H eilige Schrift i hrer ernsten undmnnlichen Beredsamk eit nicht im mindesten entk leidet werden. D a gibtes k eine lssigen und anmutigen Reize, uere Se und Schmeichelei,Reichtum der T ne oder tndelnde W ohlk lnge in der Sprache der

    heiligen Schrift, wie sie in den Prunk schriften der Redner oder D ichter jener Z eit i n G riechenland und R om mit grter Begier und Bewunderunggehrt und gefeiert wurden. E s sind auch die Sachen selbst, wiewohloffenbar gttliche A ngelegenheiten, die in der H eiligen Schrift behandeltwerden, geradezu fremdar tig fr unseren V erstand und auch gleichsam frunseren G eschmack und Begriff roh und auch pervers; sie sind fr unssehr leicht anstig und werden von uns verachtet. W ir mssen uns alsobesonders davor hten, da wir ni cht ber diesen Stein des A nstoes

    stolpern, strzen und zugrunde gehen, whrend wir nach unseremG eschmack mit den G riechen (wie Paulus 1. K orinther 1, 22 von ihnensagt) eine gefl lige und probate W issenschaft suchen und durch diescheinbare T orheit dieser gttlichen Predigt oder L ehre beleidigt werden.82

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    Jedes Vergehen gegen den Bruder ist auch eine Beleidigung anGott! Wer aber eigenwillig aus dem Wort Gottes einwissenschaftliches Bibelstudium macht, wird tiefgreifend durchdas Wort Gottes beleidigt. Die Torheit der Dispen-

    sationalisten ist dahingehend sehr bedauerlich, wenn sie grteGefhle der Beleidigung hegen, whrend man ihnen sagt, dassihre Lehre eine Irrlehre darstellt.

    Die Beleidigung ist hingegen ein psychologisches Phnomen. Wenndie Gefhle der Seele den Gesetzen der Physik der Weltgehorchen, sind sie also persnlich und unpersnlich. DieGefhle sind Zeichen der Position des Ichs in Bezug auf dieWelt und ihre Geschichte. Sie sind Signale des Ichs und derVerwandlung der Welt. Wir bewohnen nmlich die Welt. DieWelt ist kein groes Objekt auer uns. Das, was wir erfahren,ist eine Erfahrung der Welt. Das gilt auch fr die Erfahrungder Gefhle. () Das fhrt uns zu einer hermeneutischenPosition in Bezug auf diese Signale. Eine hermeneutischePosition, wo die Gefhle mit der Intelligenz und der

    Geschichte der Welt zusammenspielen. Das ist ein Weg desDenkens, wo wir von uns selbst ausgehen. 83 DieBeleidigung, die einen anderen Menschen trifft, verwandeltdie Welt und schafft eine neue Wirklichkeit. Jedes Wort istEntscheidung, die handelnd und gestaltend in die Welteingreift. Das gilt allgemein. Jedes Wort, das einer bis dahindiffusen Wirklichkeit abgewonnen wird, in dem diese zurSprache gebracht wird , verndert die Wirklichkeit. Jedes Wort

    ist in einem echten Sinn schpferisch. Es hat eine der Magievergleichbare Macht. 84 Die Magie des Dispensationalismusreprsentiert dagegen nicht Gott!

    Der Dispensationalismus ist eine Sekte!

    Der Dispensationalismus ist eine Irrlehre!

    Mit einem Rckblick auf die Kirchengeschichte erscheint esangebracht zu sein, Justinus den Mrtyrer (ca. 100-165 n.Chr.),der kein Anhnger des 1000-jhrigen Reiches war85, zu zitieren,was er meint, wenn er Irrlehrer anprangert:

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    D amit i hr nicht die zi ti erten W orte verdrehet und gleich euren L ehrernbehauptet, entweder habe G ott zu sich selbst gesagt lasset uns machen ,wie auch wir oft, wenn wir etwas tun wollen, zu uns selbst sagen lassetuns machen , oder es habe G ott zu den E lementen, das ist zur E rde und

    ebenso zu den brigen E lementen, aus welchen bek anntlich der M enschgebildet worden ist, gesagt lasset uns machen, so will ich noch andereW orte des M oses anfhren, aus denen wi r mi t Sicherheit erk ennenk nnen, da G ott zu jemandem gesprochen hat, der als verschieden vonihm eigens gezhlt wird, und der mi t V ernunft ausgestattet ist. D ieW orte lauten: G ott sprach: Siehe, A dam ist geworden wie einer von uns,so dass er erk ennt das G ute und das Bse. W enn er nun sagte wie einervon uns, dann hat er eine M ehrzahl von solchen angegeben, diebeisammen waren, und hat zum mindesten von zweien gesprochen. N ichtmchte ich die L ehre eurer so genannten H resie fr W ahrheit erk lren.Oder k nnen die L ehrer dieser H resie beweisen, dass G ott zu E ngelnsprach 86

    Bringt eure Rechtssache vor! , spricht der H E RR. Bringt eure Beweiseherbei! , spricht der Knig Jakobs. Sie sollen sie herbeibringen und uns

    verk nden, was sich ereignen wi rd; das F rhere, was war es? V erk ndetes, dami t wir es uns zu H erzen nehmen! Oder lasst uns das Knftigehren, dami t wi r seinen A usgang erk ennen! V erk ndet das spterKommende, damit wir erk ennen, dass ihr G tter seid! Ja, lasst es gut seinoder schlimm sein, dass wir uns gegenseitig ansehen und miteinandererschreck en! Siehe, ihr seid nichts, und euer T un i st N ichtigk eit. E inG ruel i st, wer euch erwhlt ! (Jesaja 41, 21-24). 87

    Im Sinne von Jesaja 41,21-24 und Justinus den Mrtyrerwerden jetzt die Pastoren, Prediger und Lehrer desDispensationalismus dazu aufgefordert, sich als Gtter zuerklren oder ihre Lehre als von dem einen Gott gegeben zubeweisen!

    Im Sinne von Galater 5,22 darf nunmehr jeder Leser desBuches vermuten, dass die Dispensationalisten hinsichtlichihrer Beleidigung und der daraus entstehenden Hrte keineGeistesfrucht der Sanftmut und der Enthaltsamkeit vonGefhlen haben.

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    VI . Die dispensationalistische Hermeneutik

    Gott steht mit uns in Beziehung durch sein Wort. Allerdingskann man Gott nicht anerkennen, ohne ihn zu kennen undman kann Gott nicht vertrauen, ohne ihn anzuerkennen. Oderman knnte auch sagen: Das (Gott)Gehren setzt einGehorchen und das Gehorchen ein Anhren voraus.88Kenntnis, Zustimmung und Vertrauen bilden also sozusagendie konstitutiven Bestandteile des Glaubens.89 Neben dieserDreiteilung kann man auch eine Zweiteilung hervorheben, mit

    der man erklren mchte, dass es einen Glauben gibt, dergeglaubt wird und dass es ein Glauben gibt, durch den geglaubtwird. Als Glaubensinhalt haben wir beim christlichen Glaubenindes ausschlielich den Herrn Jesus Christus als Gegenstand.Dies belegt eindeutig 1. Korinther 15,1-4:

    I ch tue euch aber, B rder, das E vangelium k und, das ich euchverk ndigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch steht,

    durch das ihr auch gerettet werdet, wenn ihr festhaltet, mit welcher Redeich es euch verk ndigt habe, es sei denn, dass ihr vergeblich zum G laubengek ommen seid. D enn ich habe euch vor allem berliefert, was ich auchempfangen habe: dass Christus fr unsere Snden gestorben ist nach denSchr iften; und dass er begraben wurde und dass er auferweck t worden istam dritten T ag nach den Schri ften; (1. Korinther 15,1-4)

    Zuerst betrachten wir aber 1. Korinther 15,2 , wonach Paulus

    die Gemeinde in Korinth dazu auffordert, das Evangelium,das er ihnen verkndigt hat, nicht nur inhaltlich, sondern indem Wortlaut (tini logo) festzuhalten, in welchem er esverkndigt hat, damit sie nicht vergeblich zum Glaubengekommen sein mgen. 90 Demnach hat das Festhalten desWortlautes eine besondere Bedeutung fr den Glaubens-gehorsam. Der Buchstblichkeitswahn der dispensation-alistischen Verfechter kann aber dagegen nicht mit diesem tinilogo gerechtfertigt werden, zumal ihre Theorien nicht einmalAnsatzweise das Evangelium von Jesus Christus anschneiden.

    Der Lehrauftrag in der apostolischen Kirche hattediesbezglich aber eine feste Lehrgrundlage, nmlich die derVerkndigung bzw. des Evangeliums.

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    Ebenso scheint es jetzt angebracht zu sein, darbernachzudenken, dass der Bibeltext in 1. Korinther 15,3.4 mitden Worten anfngt, dass Paulus etwas berliefert hat, was er

    auch vorher empfangen hatte, nmlich das gttlich inspirierteWort durch und von und ber Jesus Christus. Martin Lutherschreibt diesbezglich in einer Predigt zu 1. Korinther 15,1-11zur Warnung ber den Geist der Vernunft, dass man sich hteund ni cht viel frage, was die V ernunft dazu sagt 91 , sondern manhabe allein auf die Schrift zu sehen. W ir aber, die da wollenChristen und des Glaubens sein, sollen nicht danach sehen noch fragen,was M enschenweisheit hier sagt, oder wie es sich mi t der V ernunft reimt,sondern was uns die Schrift lehrt, wodurch solches zuvor verk ndigt undnun auch durch ffentliches Z eugnis und E rfahrung besttigt ist. 92 ImSinne von Johannes Calvin knnen wir nun die Erfahrung, diehier Luther anspricht, mit dessen Lehre vom inneren(geheimen) Zeugnis des Heiligen Geistes vergleichen, sodasswir glauben drfen, dass die Schrift von Gott kommt, weil dieK raft des G eistes uns erleuchtet, nicht aber auf G rund des eigenen U rtei ls

    oder desjenigen anderer L eute93

    .Daraus resultiert, dass geistliche Erfahrungen mit der Schriftund durch den Heiligen Geist gemacht werden. Daher obliegtes jetzt dem Leser, sein Augenmerk verstrkt auf dieParallelaufforderung in Epheser 5,18 und Kolosser 3,16 zulegen, denn die segensreichen Auswirkungen des HeiligenGeistes gehen hauptschlich mit der intensiven Beschftigung

    von Gottes Wort einher.94 Der Heilige Geist bindet sichnmlich selbst ans Wort. Wo nunmehr Gottes Wort gehrtund durchforscht wird, dort wirkt der Geist im Menschen95mit seiner Tiefenwirkung.96

    A lso ist der G laube aus der V erk ndigung, die V erk ndigung aberdurch das W ort Christi (Rmer 10,17).

    D iese aber waren edler als die in T hessalonich; sie nahmen mi t allerBereitwi lligk eit das W ort auf und untersuchten tglich die Schriften, obdies sich so verhielte. (A postelgeschichte 17,11).

    Nunmehr ist es aber offensichtlich, dass die Lehre derHaushaltungen mit einem System aus Vernunft und

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    Manipulation eine Bibelauslegung propagiert, die vor allemnicht mehr Jesus Christus als Mitte der Schrift ansieht, sonderndas irdische Israel. Im aggressiven Hinterfragen mglicherSachkritiken, die an die Bibel von anderer Seite herangetragen

    wurden, war hingegen der Dispensationalismus sehr schnell, jedoch aber nicht im Hinterfragen der eigenen Vernunft.Ebenso wurde von Seiten der Dispensationalisten nie ihreFhigkeiten der Vernunft in Frage gestellt.97 Ob nun dasBibelstudium jener Irrlehrer im Zusammenhang mit demWirken des Heiligen Geistes steht, kann durchaus jetztangezweifelt werden, zumal im sprichwrtlichen Sinne diePraktizierung eines Schemas F im Vordergrund der Haus-haltungslehre steht. Das hier benutzte F steht nmlich fr diedispensationalistische Hermeneutik einer fortschreitendenOffenbarung . Demzufolge habe man nmlich bei derBibelauslegung die fortschreitende Offenbarung in der Bibelanzuerkennen, da man ansonsten auf Widersprche stoenknnte. Richtig gelesen Widersprche in der Schrift einMerkmal des Vernunftdenkens ! Des Weiteren sei auch die

    fortschreitende Offenbarung das 4. Prinzip einer natrl ichenH ermeneutik neben dem Auslegen im grammatischenWortsinn, dem Auslegen im Kontext und dem Vergleichenvon Schrift mit Schrift.98 Einwnde gegen diese fortschreitende Offenbarung in mehreren Zeitperioden derBibel werden sodann kategorisch mit der Begrndungabgelehnt, dass damit zugleich die gesamte natrlicheHermeneutik abgelehnt werde, die vor allem auch

    Gegenstand reformatorischer Lehre sei. Nach dispensation-alistischer Sicht wrden solche Einwnde demnach mehr vonVerfechter gefhrt, die vor allem alles vergeistlichen undeben nicht mehr den Wortsinn im Fokus haben. Somitwerden also der Wortsinn und die Periodisierung derHeilsgeschichte in einem Abwasch gleichgesetzt. Allerdingsvermittelt diese Gleichsetzung, dass die fortschreitendeOffenbarung die gleiche Autoritt besitze, wie das Wort

    Gottes mit seinem Schriftprinzip (entsprechend: W i e geschr ieben steht ). Dagegen stellt aber die stadienhafteGliederung der heilsgeschichtlichen Zeitlinie eine menschlicheSpekulation99 dar, die an die Bibel herangetragen wird. Zudembirgt dieses Herantragen an das Wort Gottes die Gefahr, dassman die Bibel einer ihr nicht angemessenen Schematisierung

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    unterwirft, nmlich den Heilsplan zeitlich und inhaltlich inGnadenportionen zu zerhacken bzw. einzuteilen.100 Einebestimmte gttliche Gnade fr eine bestimmte Personen-gruppe mit einer bestimmten Zeitepoche zu vergleichen, muss

    als unbiblisch angesehen werden. Solch eine Lehre ist gegenGott gerichtet und gibt Gott keine Ehre, zumal dieHeilsgeschichte in der Bibel in einem lckenlosen Zusammen-hang vorliegt. Daher gibt es auch keine Unterbrechungen inder Zeitlinie gttlichen Handelns. Folglich muss die bei denDispensationalisten implizierte Lehre von der Diskontinuitt101einer Handlungsweise Gottes abgelehnt werden. Ebenso gehendie unbiblischen Aussagen von Arnold G. Fruchtenbaum aufeiner menschlichen Verstandesleistung als auf gttlicher Gnadezurck, wenn er zur Auslegung der Bibel ein Gesetz derdoppelten Erwhnung und ein Gesetz der Wiederholungheranzieht.102

    Bei den Verfechtern der Haushaltungslehre ist daher nichtJesus die Mitte der Schrift, sondern das irdische Volk Israel

    und dies ist entgegen ihrer Auffassung auch nicht bibeltreu.Des Weiteren wirkt wohl der verbissene Kampf um einevermeintliche Wahrheit nicht zur Ehre von Gott, wenn mannur auf Konfrontation mit seinen dogmatischen Gegnern ausist. Kehrt doch vor eurer eigenen Haustr, mchte man hiersehr oft ausrufen !

    Jesus Christus ist die Wahrheit und das Wort Gottes ebenso.

    Jedoch nicht so, als ob ein Bibelausleger die Wahrheitbeweisen knne, sondern dagegen nur so, wie der Grad dervon Gott gegebenen Gottesfrchtigkeit eine fr sieanwendbare Wahrheit aufzeigt. Indes verkennen die Dispen-sationalisten, dass es vor Gott nicht um eine uerlichdargestellte Form der Gottseligkeit geht, sondern um die KraftGottes. Die Kraft Gottes wird hingegen von diesen Menschenverleugnet (vgl. 2. Timotheus 3,5). Das System der

    Haushaltungslehre ist auf Lernen ausgelegt, wobei jedoch einstetiges Lernen niemals zur Erkenntnis der Wahrheit fhrt (vgl.2. Timotheus 3,7).

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    VI I . Hermeneutik und Wahrnehmung

    Martin Luther setzt den Verstand als ausschlieenden

    Kontrapunkt gegenber jeder Wahrnehmung aus der Bibel,wenn er aussagt:

    W enn du deine V ernunft und deine A ugen befragst, wirst du dasG egentei l wahrnehmen. 103

    Eine induktive Bestimmung der Wahrheit der Bibel bedeutetdagegen, dass man die Bibel nicht mit einem Wahrheitsdenkenzu unterwerfen habe, sondern dass eben die Bibel einem selbervermittelt, was sie als Wahrheit hlt und wie diese Wahrheit zudenken ist. Das Schlagwort einer rationalistischen Heran-gehensweise an das Wort Gottes bestimmt indes die Suchenach Widersprchen in der Heiligen Schrift. Dies ist einMerkmal der Lehre der Haushaltungen. Insbesondere streben jene Verfechter stndig danach, die Bibel zu verbessern bzw.

    zu harmonisieren. Im Gegensatz dazu lsst jetzt eineH ermeneuti k der D emut die Bibel selber definieren, was ihreWahrheit sei. Die Hermeneutik der Demut bestimmt ebennicht, sondern lsst sich von der Bibel als dem wahren WortGottes selbst vorgeben, was als wahr zu qualifizieren und zuakzeptieren ist. Nur so kme man dem Charakter der Bibel alsWort Gottes nher, wenn man den Grundsatz einer Wahrheitder Bibel ernst nehmen mchte.104 Die Inspiration der Schrift

    hat indes Konsequenzen fr die Schriftinterpretation, denn sieentspricht der Erwartung, in den Worten der Bibel tatschlichGott zu begegnen, sodass sie um der Wahrheit willentatschlich eine Anrede Gottes darstellt. Diese Anrede Gottesstellt zugleich fr den Ausleger ein Kraftfeld dar, in welchemder eigene Glaube wichtig ist. Die Wahrheit Gottes bestimmtden eigenen Glauben oder Unglauben, sodass es folglich auchkeine neutrale Beschftigung mit der Schrift gibt. Sodannliegt der Schwerpunkt einer biblischen Hermeneutik in derpersnlichen Begegnung mit Gott und nicht auf einergemeinsamen Grundlage menschlichen Denkens, wenn mansich mit den menschlichen Schreibern oder derentsprechenden Kultur beschftigt.105

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    Wir setzen daher beim Selbstanspruch der Bibel ein,geoffenbartes Wort Gottes zu sein. Und diesen Anspruchbesttigen wir induktiv durch das Aufzeigen desentsprechenden konkreten biblischen Selbstzeugnisses.106

    Deshalb erbrigt es sich wohl, wichtige Bibelstellen vonunwichtigen Bibelstellen zu unterscheiden, denn nicht derWichtigkeitsgrad entscheidet, ob eine Aussage im Wort Gotteswahr ist, sondern die Vollstndigkeit der Bibel bezeugtvielmehr die Wahrheit der Bibel. Dagegen spricht jedoch dasVerhalten der Dispensationalisten, unbequeme Bibelstellenauszublenden und zu verleugnen. Im allerschlimmsten Fallwerden sogar noch die Aussagen der Bibel verdreht, damit daseigene Weltbild stimmt. Dies entspricht allerdings nicht einerbiblischen Wahrheit zu einem Glauben, der geglaubt wird bzw.zu einem Glauben, durch den geglaubt wird. Mithin kann auseinem solchen Unterdrcken von Tatsachen die Verweigerunggesehen werden, sich der Kraft Gottes auszusetzen. Deshalbentspricht das Frmmigkeitsgehabe solcher Lehrfanatiker wohlauch nicht dem Anliegen Gottes, dass Menschen beim

    Erkennen ihrer Snden in-sich-gehen und zu Gott umkehren.Dies zeigt vor allem auf, wie sehr der Mensch mehr mitanderen Dingen beschftigt ist, als mit sich selbst.

    Zustzlich beweist die geistwidrige Engfhrung 107 einervom menschlichen Verstand aus geleiteten Herangehensweisean die Bibel nur, dass es bei der Auslegung der Heiligen Schriftnicht mehr um die Beobachtung des Wortes als Kraftfeld des

    Glaubens, sondern um die Setzung falscher Tatsachen geht,um dadurch Rahmenbedingungen einer allgemein gltigenHermeneutik zu schaffen. Nicht wir legen aber die Schrift aus,sondern die Schrift legt uns aus und zwar in dergestalt, dassdas Wort beginnt, sich in die Welt des Lesershinberzusetzen108 und zugleich seine gttliche Wirkungentfaltet. Daher heit Verstehen ein Sich-V erstehen vor derBibel.109 Es gilt daher eine Haltung des Sich-U nter-D as-W ort -

    G ottes-W erfens einzunehmen, weil man ansonsten durch dencartesianischen Urteilsstandpunkt die Wahrnehmung seinerselbst behindert.110 Indes knnen aber die Glubigenoffensichtlich kein vollkommen schuldfreies Werkvollbringen111, sodass nunmehr auch in Frage stehen mag, obnicht etwa diese Demutshaltung nicht ebenfalls ein Produkt

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    menschlichen Denkens sei. Allerdings beruht das I nvolviertseindes Beobachters auf Beobachtungen am Text, sodass also dieHermeneutik des Verstehens ein Wahrnehmungsprozessdarstellt, wenn das Wort Gottes bei einem wirkt. Daher

    besteht eine Hermeneutik im Auffinden und imRekonstruieren des Textes. Demnach ist nicht einer allgemeingltigen Methode zu folgen, die das eine befolgt, whrend siedas andere ausschliet. Folglich ist Hermeneutik ein Suchennach Gott in der Bibel. Diese Suche verbindet insbesondereein was mit dem wie. Diese Verbindung drfen wir nmlichin Lukas 10,26 lesen als Jesus zu einem Schriftgelehrten sprach:

    W as steht in dem G esetz geschrieben? W ie liest du? (L uk as10,26).

    Weiterhin ist es die Aufgabe Jesu, uns das Wort Gottesaufzuschlieen. Dies lesen wir in Lukas 24,45:

    D ann ffnete er ihnen das V erstndnis, damit sie die Schriften

    verstnden, (L uk as 24,45).Aus dem vorstehenden Bibelvers lsst sich also das geistlichePrinzip aufzeigen, warum es eben kein menschliches Verstehender Heiligen Schrift geben kann, denn Jesus musste damals beiden Emmaus-Jngern erst einmal das Verstndnis ffnen,damit sie verstehen konnten. Heutzutage haben wir denHeiligen Geist, der unser Verstndnis ffnet.

    W enn aber jener, der G eist der W ahrheit, gek ommen ist, wird er euch indie ganze W ahrheit leiten; denn er wird ni cht aus sich selbst reden,sondern was er hren wird, wird er reden, und das Kommende wird ereuch verk ndigen. (Johannes 16,13)

    Wie nunmehr der Glauben nicht vom Menschen bestimmtwerden kann (Epheser 2,8.9), so kann ebenso unser

    Verstndnis von Gott und unser Schriftverstndnis nicht vonuns selbst arrangiert werden (Matthus 16.17)112

    denn F leisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern meinV ater, der i n den H immeln ist. (M atthus 16,17).

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    Jesus gibt selbst diesen Hinweis auf die Menschen-Unmglichkeit eines solchen Bekenntnisses.113

    Wer jetzt etwas zur Schriftauslegung beitragen will, muss sich

    nunmehr selber erforschen, mit welchem Recht er dies tut.114Mit einer grammatische Exegese115 des Bibeltextes kann manzumindest herausbekommen zu versuchen, was derjenigemeint zu lesen. Jedoch wartet der Bibelausleger in Demut, bisder Text wie in einer Parusie ankommt. Die Gegenwart desWort Gottes in Deinem Herzen bezeichnet die AnwesenheitGottes in Deinem Herzen der Christus in Dir !

    Im Sinne der Prozesseinrede gegen die Hretiker116 vonTertullian (ca.150-230 n. Chr.) knnen wir also auch sagen:

    D enn was du wissen darfst, dass weit du schon. D ein G laube hat D irgeholfen (L k 18 ,42) - heit es - ni cht deine Schri ftgelehrsamk eit ! D erG laube aber ist in der G laubensregel niedergelegt. D a hat er sein G esetz,und aus der Beobachtung des G esetzes k ommt das H eil

    Es folgt ein Grozitat117 aus einem Werk von FriedrichChristoph Oetinger (1702 1782) :

    F riedri ch Christoph Oeti nger, D ie W eisheit auf der G asse . A us dentheologischen Schriften (S. 75-80) Band I I Z eugnisse der Schwabenvter,herausgegeben und mi t E infhrung und A nmerk ungen versehen von D r.theol. J. Roessle Copyright 1962 V erlag E rnst F ranz, M etzingen

    Methode des theologischen Studiums

    Unsere Hauptsache ist die Erkenntnis der Wahrheit zurGottseligkeit.

    I. Die Erkenntnis der Wahrheit, da wir Gott in Christus Jesusrecht erkennen lernen.

    Dazu knnen wir zum Beispiel den Spruch 1. Korinther 8. 6zugrunde legen: Wir haben nur einen Gott, den Vater, vonwelchem alle Dinge sind und wir zu ihm, und einen Herrn

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    Jesus Christus, durch welchen alle Dinge sind und wirdurch ihn. Daraus ergehen sich von selbst dreiHauptwahrheiten.

    A. Was?

    1. Gott ist der Ursprung aller Dinge, von welchem alle Dingesind.

    Und das:

    a. Wegen seines ewigen Vorsatzes, der das Fundament der ganzenkonomie Gottes ist. Die Apostel weisen uns immer darauf, zumBeispiel 1. Korinther 2; Epheser 1 und 3. Die Einsicht in diesenVorsatz erweitert erst einem Studierenden das Herz, da er diegroe Anstalt Gottes nicht nur im Hinblick dieses Zeitlaufs,sondern auch im Hinblick auf alle onen erkennt und bewundert.Und dadurch gewinnt auch sein Vortrag die apostolische Gestalt,da er bei seiner Lehre immer auf den Vorsatz der onen

    zurcksieht und hinweist.

    b. Wegen der Auswahl der Gnade, welche nur die Auserwhltenbetrifft (Rmer 9; Epheser 1).

    c. Wegen der Schpfung aller Dinge durch Jesus Christus, unsernHerrn.

    2. Jesus ist der Mittler aller, besonders aber der Glubigen.

    Dazu gehrt:

    a. das Wort der Verheiung von der Welt her (1. Mose 3; 22;49), der Bund Gottes im Alten und Neuen Testament aufChristus (Jesaja 55, 3), das Verhltnis des Gesetzes zu diesem

    Bund (Galater 3);

    b. die Zukunft Jesu Christi im Fleisch (Galater 4, 1; 1.Timotheus 3; Johannes 1);

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    c. die durch ihn gestiftete Vershnung zwischen Gott undMenschen.

    3. Gott ist der hchste Endzweck aller Dinge, zu dem dieGlubigen in dieser Welt gefhrt werden: Wir zu ihm (1.Korinther 8).

    Zu dieser Fhrung zu Gott gehrt:

    a. das Knigreich und Hohepriestertum Jesu Christi imHimmel, wovon der Brief an die Hebrer handelt,

    b. die Predigt des Evangeliums,

    c. die damit verbundene Gnade des heiligen Geistes im Berufund in der Erleuchtung, in der Rechtfertigung und in derVerherrlichung (Rmer 8, 28 -30),

    d. die Gemeinde Christi,

    e. die Vollendung dieses Zeitlaufs am jngsten Tag und

    f. die endlich noch bevorstehende Vollendung des ganzenGeheimnisses Gottes und Christi.

    B. Wie?

    Wer zur Erkenntnis Gottes und Jesu Christi gelangen will,mu:

    1. das eigne Forschen in der heiligen Schrift sich angelegen

    sein lassen. Kein menschliches Buch kann mir die Wahrheit sodeutlich vortragen wie die heilige Schrift. Da habe ich dieWahrheit aus erster Hand und trinke aus der Quelle. Mit demGeschmack der Schrift sollte einer von Jugend auf erfllt seinund darin auferzogen (1. Timotheus 4, 6). Zur Aufmunterungim Studium der heiligen Schrift lese man den zweiten Brief anTimotheus ganz.

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    2. Man nehme zu dem Zweck einen nach dem andern von denoben erwhnten Artikeln vor sich. Man lese mit dieser Absichtdas ganze Neue Testament in der Grundsprache durch. Alledarber handelnden Sprche schreibe man auf ein besonderes

    Blatt griechisch heraus. Man vergleiche einen Spruch mit demandern und warte dann in der Stille, welche Wahrheiten einemdabei aufgeschlossen werden. Es geht gewi nicht leer ab. Undwer nur im Geringsten treu ist und mit allen Krmchen derWahrheit vorsichtig umgeht, dem wird gegeben, da er dieFlle hat. Die Anmerkung schreibt man wieder auf einbesonderes Blatt, ber das man den Artikel setzt, den maneben durchnimmt. Die erste Anmerkung ist ein Angeld frviele tausend andere.

    3. Es kommt aber nicht darauf an, da man nur gnomen-(hinweisende) oder spruchartige Anmerkungen macht und sichdaran ergtzt, sondern man mu auf die Erkenntnis derganzen Wahrheit hinarbeiten, damit wir ein Vorbild dergesunden Worte (2. Timotheus 1, 13) aus der heiligen Schrift

    erlangen und hernach gewisse Tritte tun knnen. Dasgeschieht freilich nicht in einem einzigen Jahr, sondern es gehtstufenweise nach der hnlichkeit des Glaubens. Wenn einemdieses Jahr nur zwei oder drei Hauptwahrheiten aufgeschlossenwerden, so kann er zufrieden sein. bers Jahr schreibt er diedritte Wahrheit dazu. Und dazu hat uns Jesus seinen Geistverheien, der uns in alle Wahrheiten leiten soll, wenn mansich nur die bestndige bung des Gebets und der Geduld

    nicht verdrieen lt.

    4. Wenn man nun ein Vorbild der Lehre in diesem oder jenemArtikel erlangt hat, dann vergleicht man diesen mit seinembekannten klassischen Schriftsteller, damit man:

    a. lerne, welche Hauptideen einem dabei etwa noch fehlen,

    b. prfen knne, ob die Lehrart des klassischen Schriftstellersin diesem Artikel schriftmig oder mehr scholastisch ist (vgl.1. Thessalonicher 5, 21). Das heit grndlich studieren.

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    II. Die Erkenntnis der Wahrheit leitet zur Gottseligkeit.

    A. Grund und Anfang:

    Wer die Wahrheit erkennen will, der mu anfangen, sich derGottseligkeit zu befleiigen. So jemand will des Willen tun,der wird innewerden, ob diese Lehre von Gott sei (Johannes7, 17).

    1. Man mu deshalb von allen Vernunftshhen herab und einKind werden (Matthus 11). Den Unmndigen wird das

    Geheimnis Gottes und Christi geoffenbart. Die Blindheit derVernunft zeigt sieh besonders im Zentrum der geoffenbartenWahrheiten, das ist in dem Kreuz des Sohnes Gottes (1.Korinther 1 und 2). Daher ist es auch in der geistlichenErfahrung das erste, da man seinen Unglauben in dieserSache fhlt. Da unterschreibt man den dritten Artikel: Ichglaube, da ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an JesusChristus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann.

    2. Und so wird man ein Mhseliger und Beladener, den

    a. Jesus erquickt,

    b. ihm das sanfte Joch der Verleugnung seiner selbst auferlegtund

    c. ihm unter viel tausend bungen seinen und seines VatersNamen immer bekannter macht, so da man ein rechterGottesgelehrter wird, (wohlgemerkt!) wenn man das Suchen inder Schrift dabei immer als sein Hauptwerk betreibt.

    B. Folge und Fortgang:

    Wenn man zur Erkenntnis Gottes und Jesu Christi gekommenist, dann fhrt sie einen immer weiter in die Gottseligkeit. Dasist aus 2. Korinther 3 und 4 schn zu ersehen.

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    1. Alsdann strahlt einem die Klarheit Gottes in dem AngesichtJesu Christi ins Herz. Man glaubt an Gott und glaubt an Jesusdurch die Erleuchtung des heiligen Geistes (2. Korinther 3.18). Da ist die nchste Wirkung in den Glubigen,

    a. da sie ihr Unvermgen und ihre Unwrdigkeit ingeistlichen Dingen immer mehr erkennen lernen. Ehe manerleuchtet wird, ist man durch die Eigenliebe blind; aber dassanfte Licht der himmlischen Klarheit deckt einem dieseBlindheit auf, und darnach heit es: Nicht da wir tchtigsind. . . (2. Korinther 3, 5). Bekommt man aber ein Amt des

    Neuen Testamentes, so schreibt man es der lauternBarmherzigkeit Gottes zu, sowohl was den Beruf (2. Korinther4 1) als auch was die Tchtigkeit dazu betrifft (2. Korinther3,5. 6);

    b. da sie sich der sanften Wirkung der himmlischen Klarheitberlassen. Da ist dann der menschliche Geist diejenigeFhigkeit der Seele, welche die gttliche Wirkung mit Freude

    erleidet. Das ist keine Schwrmerei, weil diese Wirkung mit derErforschung der heiligen Schrift verbunden ist.

    c. Durch diese Erleuchtung kommt Friede und Freude imheiligen Geist, daher man mit aufgedecktem Angesicht dieKlarheit des Herrn anschaut und in seinem ganzen Amt groeFreudigkeit und Freimtigkeit gebraucht (2. Korinther 3. 12).Auch diesen freudigen Freimut bekommt man durch dasForschen in der Schrift. Manche redlichen Studierendendringen bei ihrer Erweckung auf die Gewiheit ihresGnadenstandes. Bis sie nun diese erlangen, wollen sie dasForschen in der Schrift beiseite setzen. Dahinter versteckt sichoft der Eigensinn (Sirach 51, 38).

    d. Durch die Erleuchtung wird endlich das ganze Bild Gottes

    in dem Menschen wieder hergestellt (2. Korinther 3, 18). DieseErneurung geht aber nach den Stufen unsers Glaubens. Rmer1, 17 heit es: Aus Glauben in Glauben und so hier: VonKlarheit in Klarheit (2. Korinther 3, 18).

    2. Aus dieser Erleuchtung ergeben sich hernach besonders frStudierende der Theologie wichtige Pflichten:

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    a. da sie nicht im geringsten mehr mit der SndeGemeinschaft haben (2. Korinther 4, 2); denn das Licht derhimmlischen Klarheit deckt auch die verborgensten Winkel desmenschlichen Herzens auf (Johannes 3, 20). Sie straft unsere

    Werke. so da nicht das geringste Fremdartige mit diesemLicht Gemeinschaft haben kann;

    b. da sie um der Wahrheit Gottes und Christi willen gernleiden und nicht mde werden (2. Korinther 4, 2. 7-18); dennder alte Mensch mu darber in den Tod und in dieVerwesung gehen (2. Korinther 4, 16). Nichts bewahrt uns

    auch mehr vor dem Hochmut und der Eigenliebe als dieununterbrochene Gemeinschaft des Kreuzes Jesu. Darumschickt uns Gott auch oft von auen her Trbsal. und das istdie dem Studierenden der Theologie so heilsame Anfechtung.Durch sie kommt man in das rechte Geleis, so da man nichtsmehr wissen will als Jesus Christus, den Gekreuzigten (1.Korinther 2).

    c. da sie berhaupt Gott und Jesus Christus leben undsterben: dem Herrn Jesus Christus, der fr sie gestorben ist (2.Korinther 5) und Gott, dem Vater, dessen Knechte sie sind (2.Korinther 6. 7). So wird ihre Theologie zu einer wahrhaftpraktischen. Das Studieren selbst mu man mitfortwhrendem Vergngen vermischen, so da man dasStudium der Wissenschaften mehr als ein Vergngen, denn alseine schwere Arbeit ansieht. Kein greres Vergngen aber

    lt sich denken, als wenn das Gemt mit Licht, Glauben undFreude ber das Heil erfllt ist, das ist Vergebung der Snden,Gnade und ewiges Leben, das uns durch Christus geschenktwird, und wenn man im Glanz dieses Lichtes, Gott im Geistdes Gemts ohne Unterla, selbst mitten in der Arbeit,frhlich anruft; denn denen, die ihn anrufen, ein-ergibt sichGott, umarmt und kt sie aufs lieblichste und erleichtertihnen das Kreuz.

    O Jesu, bewahre uns, da wir in dieser Z eit nicht von den L ehren derU nglubigen unter dem Schein der W ahrheit verfhr t werden und amG lauben Schiffbruch leiden. A men.

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    VII I . H ermeneutische Billigkeit

    Nachfolgend wird die Thematik behandelt, wie die

    hermeneutischen Neigungen des Dispensationalismuseinzuschtzen sind. Hierzu bedienen wir uns dem Denkmodelleiner Hermeneutik der Billigkeit, die von Georg FriedrichMeier (1718-1777) mageblich entwickelt worden ist.118Dieses Denkkonstrukt behandelt grob umrissen die Aspektevon wahr und unwahr.

    Dabei geht es zunchst einmal darum, den Sinn einerzweifelhaften und vieldeutigen Rede gelten zulassen, soferneben nicht das Gegenteil bewiesen werden kann.119

    Nach Meier lesen wir jetzt einfhrend die Aussage:

    A lle unbillige A uslegung ist falsch, und den R egeln der Sittenlehrezuwider. ( 91 nach M eier).

    D ie U nbil li gk eit eines A uslegers (iniquitas interptreti s) ist die N eigungdesselbigen, diejenige Bedeutung fr hermeneutisch wahr zu halten, welchemi t den V ollk ommenheiten des U rhebers schlecht bereinstimmt, obgleichihre U nr ichtigk eit bewiesen werden k ann.( 91 nach M eier).

    Die tatschliche Situation der Haushaltungslehrer besteht

    nunmehr darin, dass sie ihre Lehre fr wahr halten, wobeidiese Lehre aber noch nicht einmal mit dem normalenMenschenverstand aus der Bibel ableitbar sind.

    Dem Dispensationalismus wird indes von den Verfechterneiner reformatorischen Lehre vorgeworfen, dass ihrDenksystem nicht mit dem vollkommenen Gott als demUrheber der Heiligen Schrift bereinstimmt. Diedispensationalistische Hermeneutik wird sodann alsrationalistische Irrlehre eingestuft, wobei nunmehr in diesemKontext hinterfragt wird, ob die zweifelhaften und vieldeutigenReden jener Protagonisten noch stehen gelassen werdenknnen oder nicht.

  • 8/14/2019 Kein Ansehen Der Person

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    Bis zum Nachweis des Gegenteils ist die jeweiligeInterpretation fr wahr oder richtig zu hal