indiependant 4. sinfonie konzert 2020/21

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4. Sinfonie konzert 2020/21 INDIEPENDANT Collier, Anhänger, Roségold, Weißgold, Brillanten

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Page 1: INDIEPENDANT 4. Sinfonie konzert 2020/21

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4. Sinfonie konzert

2020/21

INDIEPENDANTCollier, Anhänger,Roségold, Weißgold, Brillanten

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Kurt Weill (1900–1950) KLEINE DREIGROSCHENMUSIK für Blasorchester I. Ouvertüre II. Die Moritat von Mackie Messer III. Anstatt daß-Song IV. Die Ballade vom angenehmen Leben

Friedrich Gulda (1930–2000) Konzert für Violoncello und Blasorchester I. Ouvertüre II. Idylle III. Cadenza IV. Menuett V. Finale alla marcia

Dmitri Schostakowitsch (1906–1975) Suite für Jazzorchester Nr. 1 I. Walzer II. Polka III. Foxtrott

Suite für Varieté-Orchester (Auszüge) I. Tanz 1 II. Kleine Polka III. Walzer Nr. 2 IV. Finale Bearbeitungen für Blasorchester von Peter Lawrence

Solist: Shengzhi Guo, Violoncello Sinfonieorchester Münster Dirigent: Golo Berg

Di, 1. Dez 2020, 19.30 | Mi, 2. Dez 2020, 19.30 | Do, 3. Dez 2020, 19.30 Sa, 5. Dez 2020, 19.30 Uhr

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V. Pollys Lied VI. Tango-Ballade VII. Kanonen-Song VIII. Dreigroschen-Finale

Münster | Salzstraße 29optik-kalthoff.de

AUTHENTISCH, ECHT, EINZIGARTIG

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Kurt Weill KLEINE DREIGROSCHENMUSIK Entstehung: 1928/29, Dauer: 22 Minuten Uraufführung am 7. Februar 1929 in Berlin unter der Leitung von Otto Klemperer

Mit der KLEINEN DREIGROSCHENMUSIK erstellte Kurt Weill ein instrumentales »Best of« seiner DREIGROSCHENOPER. Die beliebten Songs – darunter natürlich auch die Moritat von Mackie Messer – in der erweiterten Besetzung für Blasorchester, Schlag-zeug, Banjo und Klavier bieten den so unverwechselbaren Klang des Bühnenstücks und fangen damit das pulsierende Leben im Berlin der 20er Jahre ein.

Friedrich Gulda Konzert für Violoncello und Blasorchester Entstehung: 1980, Dauer: 30 Minuten Uraufführung am 9. Oktober 1981 in Wien mit Heinrich Schiff als Solist unter der Leitung des Komponisten

Das Cellokonzert des Pianisten (und Komponisten) Friedrich Gulda spiegelt wie kein anderes Werk den Charakter seines Schöpfers: Es ist in jeder Hinsicht unkonventio- nell – um es vorsichtig auszudrücken. Hier wird scheinbar Unvereinbares zusammen-geführt: Ein virtuoses Solokonzert für ein klassisches Instrument, harte Rocksounds mit Schlagzeug, Gitarre und Bass, Jazzanklänge, romantische, fast kitschige Idyllen und alpenländische Blasmusik. Ein wilder Stilmix eines Musikers, der die nach seiner Meinung zu eingefahrene Welt der Klassik und seiner Interpreten gehörig aufmischen wollte.

Kurz gefasst!

Weill, 1932

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Dmitri Schostakowitsch Suiten für Jazz- und Varieté-Orchester Entstehung: 1934/nach 1956, Dauer: 20 Minuten Uraufführung der Suite für Jazzorchester Nr. 1 am 24. März 1934 in St. Petersburg Uraufführung der Suite für Varieté-Orchester am 1. Dezember 1988 in London unter der Leitung von Mstislaw Rostropowitsch

Die beiden als »Jazz-Suiten« bekannt gewordenen Tanzsammlungen von Dmitri Schostakowitsch zeigen den Komponisten von seiner elegantesten und unterhalt-samsten Seite. Mit Jazz im eigentlichen Sinn hat höchstens die Besetzung, nicht aber die Musik an sich zu tun: Es handelt sich um etablierte Tänze nach europäischem Muster, die lustvoll in Neoromantik schwelgen und Elemente aus Jahrmarktsmusik, Revuen und Varietés einbeziehen. Nicht zuletzt deshalb wurde die Musik zahlreich bearbeitet und u. a. in große Hollywood-Produktionen einbezogen.

Schostakowitsch, 1950

Gulda, ca. 1985

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ist seit 2016 Solo-Cellist im Sinfonieorchester Münster. Zuvor spielte er bereits unter anderem in der Rheinischen Philharmonie Koblenz, im Sinfonieorchester Wuppertal und im Philharmonischen Orchester Hagen. Er wurde in der chinesi-schen Provinz Hunan geboren und begann 1995 sein Studium an der zentralen Musikhochschule Beijing, das er 2001 abschloss. In den Jahren von 1997 bis 1999 nahm er an den Music Bridge-Sommerkursen des Mount Royal College in Calgary (Kanada) teil. Ferner besuchte er Meisterkurse bei Mstislaw Rostropowitsch, Natalya Shakhovskaya, Laurence Lesser, Janos Starker, Gent von Bülow und Mischa Maisky. Seit 2001 studierte er an der Hochschule für Musik und Tanz Köln in der Klasse von Maria Kliegel. Im selben Jahr wurde er Stipendiat der Stiftung Live Music now, und seit 2007 ist er Stipendiat der Stiftung Villa Musica. Seit 2009 ist er Assistent in der Klasse von Maria Kliegel. Shengzhi Guo ist Preisträger zahlreicher Wettbewerbe. So gewann er unter anderem 2008 den ersten Preis des Kammermusik-Wettbewerbs der Deutschen Musikhochschulen und 2013 den zweiten Preis sowie den Sonderpreis für die beste Janáček-Interpretation beim Internationalen Janáček-Wettbewerb in Brno. Ein besonderer Schwerpunkt seiner Arbeit gilt der Kammermusik. Zu seinen pro-minenten Kammermusikpartnern zählen Ida Bieler, Kolja Blacher, Mayu Kishima, Gustav Rivinius, Harald Schoneweg, Erik Schumann, Sayaka Shoji, Jian Wang, Yuja Wang und Tianwa Yang. Shengzhi Guo kann bereits auf wichtige Konzert- auftritte zurückblicken. Seit 1998 spielte er als Solist mit diversen Orchestern unter anderem die Cellokonzerte von Dvořák, Haydn, Prokofjew, Schostakowitsch, Schumann und Tschaikowsky, zuletzt mit dem Sinfonieorchester Münster das Cellokonzert Nr. 9 in h-Moll von Bernhard Romberg.

Shengzhi Guo

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Werbung Kurt Weill

Kleine Dreigroschenmusik

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»Sie werden jetzt eine Oper hören. Weil diese Oper so prunkvoll gedacht war, wie nur Bettler sie erträumen, und weil sie so billig sein sollte, dass Bettler sie bezahlen können, heißt sie ›Die Drei- groschenoper‹«. Mit diesen Worten umriss Bertold Brecht seinen späteren Welterfolg in der ersten Schallplatten-Aufnahme. Nach der Berliner Uraufführung am 31. August 1928, die erst im Verlauf des Abends – nach dem »Kanonen-Song« – zum bahnbrechenden Erfolg wurde, verbreitete sich die DREIGROSCHENOPER in den folgenden fünf Jahren über ganz Europa. Mit mehr als 10.000 Aufführun-gen und der Übersetzung in 18 Sprachen wurde sie zum größten Theatererfolg der Weimarer Republik und wurde in der Folge das erfolgreichste deutsche Bühnenstück des 20. Jahrhunderts. Angeregt von der Wiederbelebung der eng-lischen BEGGAR’S OPERA (1728) von John Gay mit der Musik von Johann Chris-toph Pepusch im London der zwanziger Jahre begannen Brecht und die Über- setzerin Elisabeth Hauptmann die Arbeit an einer zeitgenössischen Adaption des Stoffes für das Berliner Theater am Schiffbauerdamm. Dabei entstand eine bitterböse Parabel, deren Themen heute aktueller sind denn je: Die Verlogen- heit bürgerlicher Moral, die Korrumpiertheit des Kapitalismus und die Lücken im System des Rechtsstaats, die ein skrupelloser Geschäftsmann (Jonathan Peachum) und ein handfester Verbrecher (Mackie Messer) erkennen und aus- nutzen – und am Ende sogar damit durchkommen. Wer fühlt sich da nicht an manche Chefetage der jüngsten Zeit erinnert? Nicht nur wegen der seit fast 100 Jahren zeitlosen Themen hat die DREIGROSCHENOPER nichts von ihrer Beliebt-heit eingebüßt, sondern auch und vor allem wegen der Musik von Kurt Weill. Viele der Songs aus der DREIGROSCHENOPER sind inzwischen Evergreens, allen voran die »Moritat von Mackie Messer«, die in Cover-Versionen als »Mack The Knife« u. a. von Louis Armstrong, Ella Fitzgerald oder Frank Sinatra weltberühmt wurde und als Jazzstandard gilt. Genau genommen ist die DREIGROSCHENOPER keine durchkomponierte Oper, sondern ein »Stück mit Musik«, deren Songs von singenden Schauspielern teilweise vor geschlossenem Vorhang gesungen werden. In ihnen vermischt Weill geschickt Elemente aus Jazz, Blues, Tango

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Fällt der Name Friedrich Gulda, werden die Meisten zuerst an den genialen Pianisten denken. Seine Einspielungen und Interpretationen der großen Klassiker von Bach, Mozart, Beethoven oder Chopin gelten bis heute bei aller Eigenwilligkeit als unerreicht. So sehr er sich seines Könnens und seines Ruhmes bewusst war, so zuwider war ihm gleichzeitig der Status des nur repro-duzierenden Künstlers mitsamt dem seiner Meinung nach viel zu eingefahrenen Publikum. »Ich will keine lebende Leiche sein« sagte er dazu 1989 in einem ZEIT-Interview und führte weiter aus: »Pianisten, die nicht auch selbst komponieren, sind für mich keine Musiker im vollen Sinne des Wortes, sondern sie spielen halt zum x-tenmal mehr oder weniger gut die sicher sehr großartig angeordneten Noten von fremden Leuten, die nota bene meist schon lang tot sind. Ich halte die Trennung von Interpreten und Komponisten für eine Degenerationserschei-nung, die im 19. Jahrhundert begann und mit dem Erscheinen der Jazzmusik zum Glück untergeht.« Den Jazz entdeckte Gulda schon früh für sich. Neben seinem schon in jungen Jahren erreichten Weltruhm in der Klassikwelt spielte er mit Hingabe in Jazzclubs von Wien über Berlin bis Chicago und nahm mit gerade 26 Jahren eine Jazzplatte mit Größen des Genres auf – damals ein Skandal. Es hieß, das Ausnahme-Talent ruiniere damit seine wunderbare und kultivierte Technik. Bis zur Veröffentlichung der Jazz-Platte sollte es schließlich zwei Jahre dauern. Gulda war ein durch und durch eigensinniger und polarisierender Künstler, ein Grenzgänger und Bürgerschreck, der seinen eigenen Weg unbeirrt verfolgte. Das beinhaltete, nicht nur den Erwartungen des Publikums zu entsprechen, sondern wiederholt auch Konzerte bewusst kurzfristig ausfallen zu lassen, so z. B. bei den Salzburger Festspielen. Getreu seinem eingangs zitierten Credo komponierte Gulda eine Reihe von Werken, von denen das Cellokonzert am bekanntesten wurde. Er schrieb es dem österreichischen Cellisten Heinrich Schiff auf den Leib, der sich ein Konzert abseits des Gewohnten wünschte. Etwas Anderes wäre bei Gulda auch gar nicht möglich gewesen. In fast jeder denkbaren Hinsicht ist das Cellokonzert gegen den Strich gebürstet. Das fängt bei der Paarung des Solo-instruments mit einem Blasorchester samt Gitarre, Schlagzeug und E-Bass an.

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Friedrich Gulda

Cellokonzert

und Jahrmarkts-Musik mit Seitenhieben auf Oper und Operette und erreicht damit den so unverwechselbaren Klang des Stücks. Schon kurz nach der Urauf-führung erstellte Weill einen Auszug der Musik aus der DREIGROSCHENOPER, einerseits um die weitere Verbreitung zu ermöglichen und davon zu profitieren und andererseits um eine Bearbeitung aus erster Hand vorzulegen, die mögli-chen anderen Arrangeuren zuvorkommt. So entstand in einer erweiterten Beset-zung für Blasorchester die KLEINE DREIGROSCHENMUSIK, eine Art »Best of« der DREIGROSCHENOPER, über die Weill in einem Brief vom 5. Februar 1929 an die Universal Edition schrieb: »Die Kleine Dreigroschenmusik (ich habe absicht-lich das Wort Suite vermieden) habe ich gestern auf der Probe gehört und bin sehr zufrieden damit. Es sind 8 Nummern in ganz neuer, konzertanter Fassung, teilweise mit neuen Zwischenstrophen und durchweg neu instrumentiert für 2 Flöten, 2 Klarinetten, 2 Saxophone, 2 Fagotte, 2 Trompeten, 1 Posaune, 1 Tuba, Banjo, Schlagzeug, Klavier. Ich glaube, dass das Stück enorm viel gespielt werden kann, da es genau das ist, was alle Dirigenten suchen: ein schmissiges Schluss-Stück.«

»Ich habe niemals den Unterschied zwischen ›ernster‹ und ›leichter‹ Musik anerkannt. Es gibt nur gute und schlechte Musik.« Kurt Weill

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Daraus ergeben sich Möglichkeiten, die stilistisch in jede Richtung offen sind und die von Gulda natürlich bis ins Extreme ausgereizt werden. Auch die Satz-folge ist ungewöhnlich, doch in einer Hinsicht erfüllt Gulda die Anforderungen an ein Solokonzert: Das Cello kann mit höchster Virtuosität und Sanglichkeit glänzen. Heinrich Schiff hat sich zur ersten Einspielung des Konzerts ausführ- lich geäußert, jeden Gedanken an Persiflage oder Parodie zurückweisend: »Der erste Satz des Konzertes stellte im Besonderen gänzlich neue Anforderungen an den Cellisten – neben spieltechnisch immens schwierigen Aufgaben muss der aggressive Rockrhythmus innerlich locker, aber beißend genau, ohne Vibrato und andere in diesem Zusammenhang als klassische Unarten zu bezeichnende Beigaben gemeistert werden. Ich war glücklich und Gulda vielleicht etwas über-rascht, dass dies zufriedenstellend gelang. Die dreimal zwei Chorusse mit den zwei besinnlich-lyrischen Zwischenspielen (oder Nebenthemen) erfüllten nicht nur meinen Traum von in Jazz- und Rocknähe gerücktem Cellospiel, sondern überfallen auch den Zuhörer mit einer erregten, rockharten musikalischen Spannung, zu der in fast überraschender Weise im zweiten Satz der gänzliche Gegenpol geboten wird. ›Idylle‹ bezieht sich sehr wörtlich auf das Salzkammer-gut als Quelle der Schönheit, Größe und Einfachheit dieser Musik. (…) Eine weit gespannte, schlichte Melodie strahlt alles aus, was wir so oft vermissen und suchen – der Zuhörer möge die Kraft dieser Melodie wirklich frei empfinden, dann hat er gewonnen… Ländlich-lustige Entspannung erfahren wir im heiter-gesprächigen Mittelteil dieses Satzes; ein Tribut an den Möchtegern-Tenor- Cellisten, der in seiner besten Tonlage für sich werben darf, bildet das formale Zentrum (Teil C von A-B-C-B-A). Aus dem B-Dur-Schlussakkord entwickelt sich das Selbstgespräch der Kadenz, der musikalische Mittelpunkt des Konzertes. Zwei leicht auffindbare Improvisationsteile (das erste Mal wilde Doppelgriffe, das zweite Mal – Guldas Anweisung – »lieblich pfeifende« Flageoletts), nach-denkliche und zögernde Monologe (Dank an den Komponisten für die Verwen-dung auch der tiefen Saiten!) und rhythmische wilde Erinnerungen an die Zeit vor der Idylle kontrastieren reizvoll miteinander. Beruhigt, wie eingeschlafen, findet sich der Zuhörer dann in das fantastisch-unwirkliche Menuett geführt, welches aus seinem mitteleuropäischen Ursprung in einen orientalischen Traum gerückt zu sein scheint; fast sphärisch schwebend das wunderbare Dur-Trio. Der letzte Satz überfällt den Hörer mit auftrumpfender Lustigkeit, nicht mit

alpenländischer Blasmusik kokettierend, sondern diese voll ausführend. Das Cello darf auf dieser deftigen Basis virtuos brillieren; auch der geliebte und gefeierte Star-Tenor des Kurortes (Böhmen?) darf zweimal zeigen, wie schrecklich schön und gefühlvoll er singen kann. Wie ein Salzkammergut-Gewitter entwickelt sich noch einmal ein jazzoider und unheimlich aufgeregter Mittelteil, nach welchem zunächst lächelnd, bis zum Ende wieder laut lachend und den inzwischen atem-losen Solisten anfeuernd, eine ›Coda par excellence‹ den glanzvollen Schluss bildet.«

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Volkstanzgruppen in Österreich tanzen zum letzten Satz aus Guldas Cellokonzert. (Natürlich nicht, aber denkbar wäre es…)

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im Umgang mit Film- und Bühnenmusik entstanden drei gewitzt und raffiniert instrumentierte Sätze voll Schwung und Eleganz. Nach der Uraufführung 1934 in Leningrad (St. Petersburg) erfolgte vier Jahre später die Gründung eines staat-lichen sowjetischen Jazzorchesters, für das Schostakowitsch eine zweite Suite komponierte. Die Partitur ging in den Wirren des Zweiten Weltkriegs verloren. Erst 1999 tauchte ein Klavierauszug auf, so dass auf dieser Basis eine neu instru-mentierte Version erstellt werden konnte. Dies hatte zur Folge, dass die bis dahin so bezeichnete und 1988 uraufgeführte »Jazz-Suite Nr. 2« etwas anderes sein musste, so dass man diese nun neu als »Suite für Varieté-Orchester« be-titelte. Sie entstand wahrscheinlich um 1956 und enthält zu großen Teilen Musik aus anderen Werken Schostakowitschs, darunter Filmmusik und Ballette. Der neue Titel wird dem Inhalt tatsächlich viel gerechter, hat doch auch hier ledig-lich die Besetzung Bezüge zum Jazz. Musikalisch schwelgt die Suite in Neo-romantik im besten Sinn und bezieht auch lustvoll Jahrmarkt- und Revue- Elemente mit ein. Besonders der Walzer Nr. 2 wurde durch die Verwendung in Hollywood-Produktionen wie EYES WIDE SHUT (1999), in TV-Serien und in der Werbung weltberühmt.

Tanztee im Garten des Berliner Hotels »Esplanade«, 1926

Dmitri Schostakowitsch

»Jazz-Suiten«

Auch bei Dmitri Schostakowitsch gibt es ähnlich wie bei Gulda eine Seite, die vergleichsweise wenig Beachtung findet. Mit Schosta-kowitsch verbindet man in erster Linie den Sinfoniker und Instrumentalkom-ponisten, dessen Werke vor der Folie politischer Begleitumstände zu sehen sind und dabei oft persönliches physisches und psychisches Leid erkennen lassen angesichts der ständigen Bedrohungen durch die Maßgaben der Sowjetregierun-gen in Bezug auf linientreue Kunst und Musik, besonders unter Stalin. Dabei wird ein wichtiger Zug in Schostakowitschs Charakter oft übersehen, sein untrüg- licher Sinn für Humor und das damit verbundene Interesse an Unterhaltungs-musik. Ganz deutlich wird das vor allem in den jungen Jahren des Komponisten: Bereits seine Sinfonie Nr. 1, die ihn 1926 schlagartig weltberühmt machte, zeigt seinen aufgeweckten Geist und seine Vorliebe für das Doppelbödige, Bizarre und Groteske, wo Einflüsse von Unterhaltungsmusik unüberhörbar sind. Auch in der noch jungen Sowjetunion kursierte die zu dieser Zeit neueste Art von Unterhal-tungsmusik, der amerikanische Jazz. Natürlich entsprach das nicht der offiziellen Linie von »volkseigener« Musikkultur auf Befehl von oben, erst recht nicht diese Art ausgelassener Musik vom Klassenfeind. Um sich vom amerikanischen Vorbild unabhängig zu machen, beschloss man kurzerhand die Gründung einer staat-lichen Jazz-Kommission. Damit wurde auch in diesem Fall verordnet, wie man Jazz nach sowjetischem Muster zu verstehen hatte. Ziel war eine Professionali-sierung und ein neues Image, weg vom »wilden« Individualismus amerikanischer Prägung. Nach außen hin propagierte man die Musik als diejenige der unter-drückten schwarzen Bevölkerung in den USA, was den Idealen der neuen Gesell-schaftsordnung der Sowjetunion entgegenkam. Um Fortschritte zu erzielen, lobte man für den sowjetischen Jazz einen Kompositionswettbewerb aus. Darauf-hin machte sich Schostakowitsch an die Arbeit und komponierte die »Suite für Jazzorchester« Nr. 1. Diese Bezeichnung lässt darauf schließen, dass sich Schos-takowitsch bewusst war, keinen echten Jazz zu schreiben, sondern eine Suite – also eine Sammlung von etablierten Tänzen – für ein Orchester in einer Beset-zung, die an amerikanische Big Bands erinnert. Mit seiner langjährigen Erfahrung

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Die Besetzung des heutigen Abends

Kontrabass Renate Fischer Jörg Langanke Flöte Friederike Wiechert-Schüle Corinna Köhler Oboe Giorgi Kalandarishvili Jan Stefan Wimmer Klarinette Achim Pfeifer Martin Stützle Fagott Miloš Dopsaj Heidrun Schulze

Horn Paola Rodilla Martinez Iris Cremona Björn Andresen Konrad Balint Trompete Gernot Sülberg Guido Fröhlich Manuel Viehmann1 Posaune Jochen Schüle Thomas Reifenrath Tuba Daniel Muresan

Pauke/Schlagzeug Armin Weigert Thomas Korschildgen Thomas Jambor Klavier Thorsten Schmid-Kapfenburg Akkordeon/Bandoneon Marko Kassl1 Gitarre/Banjo Christian Kiefer1 Saxophon Witold Grohs1 Ulrich Petermann1

1 Gast 2 Praktikant*in Änderungen vorbehalten!

Vorschau

WEIHNACHTSKONZERT 15./19. Dez 2020, 17 und 19.30 Uhr | 23. Dez, 19.30 Uhr | 26. Dez, 15.30 und 18 Uhr Werke von Peter Tschaikowsky, Engelbert Humperdinck, Maurice Ravel u. a.

Zur Einstimmung auf die Festtage spielt das Sinfonieorchester Münster erst- mals ein Konzert mit weihnachtlicher und märchenhafter Musik aus ganz Europa. Neben beliebten Klassikern von Tschaikowsky und Humperdinck, die an dieser Stelle natürlich nicht fehlen dürfen, geht die Reise durch wunderbare musikalische Welten von England über Frankreich bis nach Russland und einem Ausflug zu den Pagoden in China. Begleiten Sie uns dabei und lassen Sie sich verzaubern!

Sinfonieorchester Münster Golo Berg, Dirigent

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Kontakt | Impressum

KONTAKT

Sinfonieorchester Münster Neubrückenstraße 63 | 48143 Münster | T (0251) 59 09-109 [email protected] sinfonieorchester-muenster.de facebook.com/SinfonieorchesterMuenster TICKETS

Theaterkasse Mo–Fr 10–18 Uhr (telefonisch bis 17 Uhr), Sa 10–14 Uhr T (0251) 59 09-100 [email protected] Textnachweise Originalbeiträge von Frederik Wittenberg für dieses Heft. Bildnachweise Cover: unsplash.com, S. 2: Wikimedia Commons (Kurt Weill), WDR/dpa (Friedrich Gulda), S. 3: Wikimedia Commons, S. 5: Philippe Ramakers, S. 8: wsj.com, S. 11, 13: Wikimedia Commons. Generalmusikdirektor Golo Berg Verwaltungsdirektorin Rita Feldmann Redaktion Frederik Wittenberg Grafisches Konzept und Gestaltung Saskia Helena Kruse Redaktionsschluss 25.11.2020 Anzeigenverwaltung, Druck und Herstellung Druckhaus Tecklenborg, Steinfurt Änderungen vorbehalten!

Gefördert durch:

Fachanwältin für Arbeitsrecht

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