in copyright - non-commercial use permitted rights ......c. succirubra pavon c. calisaya weddell...
TRANSCRIPT
Research Collection
Doctoral Thesis
Beiträge zur Wertbestimmung alkaloidhaltiger Arzneidrogen
Author(s): Ruckstuhl, Otto
Publication Date: 1944
Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000267879
Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
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ETH Library
Beiträge zur Wertbestimmung
alkaloidhaltiger Arzneidrogen
Von der
Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich
zur Erlangung
der Würde eines Doktors der Naturwissenschaften
genehmigte
PROMOTIONSARBEIT
vorgelegt von
OTTO RUCKSTUHL
dipl. Apotheker
aus Wil (St. Gallen)
Referent: Herr Prof. Dr. R. Eder
Korreferent: Herr Prof. Dr. H. Flück
19 4 4
City—Druck AG., Zürich
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Meinen lieben Eltern
in Dankbarkeit gewidmet
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Die vorliegende Promotionsarbeit wurde im Pharmazeutischen Insti¬
tut der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich ausgeführt.Meinem verehrten Lehrer,
Herrn Prof. Dr. sc. nat. Dr. med. h. c. R. Eder,
auf dessen Anregung diese Arbeit ausgeführt wurde, möchte ich an dieser
Stelle für sein reges Interesse, das er meiner Arbeit entgegenbrachte,wie auch für die Förderung, die er ihr angedeihen ließ, und für sein
wohlwollendes Entgegenkommen meinen aufrichtigen Dank aussprechen.
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Inhaltsübersicht
Seite
Ueber die Bestimmung des Gehaltes an Gesamtalkaloid, Chinin, Hydrochininund Cinchonidin in der Chinarinde 1
A, Einleitung 1
B. Bestimmung der Gesamtalkaloide der Chinarinde 1
I. Uebersicht und Kritik der neueren Analysen-Vorschriften ....1
II. Eigene Untersuchungen über die Bestimmung der Gesamtalkaloide der
Chinarinde 8
C. Bestimmung einzelner Alkaloide im Gemisch der Chinaalkaloide, bzw. in
der Chinarinde 10
I. Uebersicht über die wichtigsten Methoden 10
II. Eigene Untersuchungen über die Bestimmung von Chinin, Hydrochininund Chinchonidin im Gesamtalkaloidgemisch der Chinarinde
....12
1. Besprechung der Tartratmethode zur Bestimmung der Summe von
Chinin + Hydrochinin + Cinchonidin und ihrer Varianten...
12
2. Löslichkeit des Chinintartrats in Seignettesalzlösung 13
3. Bestimmung der Summe von Chinin + Hydrochinin -f- Cinchonidin in
der Chinarinde nach einer titrimetrischen Variante der Tartratmethode 14
4. Ermittlung der Summe von Chinin + Hydrochinin in der Chinarinde
durch Methoxylbestimmung und des Cinchonidins durch Differenz¬
rechnung . 16
5. Hydrochininbestimmung in der Chinarinde nach einer titrimetrischen
Variante der Methode von Vetter 20
6. Vorschlag zur getrennten Bestimmung des Chinins, Hydrochinins und
Chinchonidins im der Chinarinde 21
D, Zusammenfassung 22
Ueber die Bestimmung der Gesamtalkaloide und von Hyoscyamin in Folium
Belladonnae 25
A. Uebersicht über die Inhaltsstoffe der Solanaceendrogen von Ph. Helv. V. .
25
I. Physiologisch hochwirkende Alkaloide 25
II. Flüchtige Pflanzenbasen 28
B. Uebersicht und Kritik der neueren Bestimmungsmethoden der Gesamt¬
alkaloide von Folium Belladonnae 29
I. Methoden, bei welchen die Droge nur einmal extrahiert wird...
29
II. Methoden, bei welchen die Droge erschöpfend extrahiert wird...
30
III. Kritik einiger Arzneibuchmethoden 31
C. Eigene Untersuchungen über die Bestimmung des Gesamtalkaloidgehaltesvon Folium Belladonnae 40
I. Variationen der Methode von Ph. Helv. V 41
II. Entfernung der flüchtigen Basen aus dem Alkaloidgemisch, bzw. aus der
Alkaloidlösung im organischen Lösungsmittel 44
III. Erschöpfende Drogenextraktion und ihre Bedeutung 46
IV. Ueberprüfung der Methoden von Codex Gall. 6, Ph. Belg. IV 1. Supple¬ment und F. Ital. VI 46
D. Uebersicht und Kritik der neueren Bestimmungsmethoden der einzelnen
Alkaloide Skopolamin, Hyoscyamin, Atropin in Solanaceendrogen ...48
E. Eigene Untersuchungen über die Bestimmung von Hyoscyamin neben Atro¬
pin in skopolaminfreien Solanaceenblattdrogen 52
F. Zusammenfassung 55
VII
Seite
Ueber die Bestimmung der ätherlöslichen Alkaloide und Ekgoninester in
Folium Cocae 57
A. Uebersicht über die Koka-Alkaloide und deren Vorkommen 57
B. Vergleichende Besprechung und Kritik der bisherigen Bestimmungsmetho-den für Koka-Alkaloide 61
C. Eigene Untersuchungen 68
I. Beobachtungen mit der Methode von Ph. Helv. V zur Bestimmung der
ätherlöslichen Gesamtalkaloide und Abänderungsversuche .... 69
IL Beobachtungen bei Kontrollbestimmungen der an die Alkaloidbasen
gebundenen Säuren nach der Völkerbundsmethode und abgeändertenVerfahren
. /71
III. Vergleichende Zusammenstellung und Besprechung der von uns gewähl¬ten Versuchsbedingungen und der bei den verschiedenen Methoden
erhaltenen Resultate 75
D. Zusammenfassung 81
Ueber die Bestimmung des Strychnins neben Brucin und die Bestimmung des
Strychnins und der Gesamtalkaloide in Semen Strychni und Faba Ignatii . 85
A. Vorkommen und Uebersicht der Strychnos-Alkaloide 85
B. Uebersicht über die wichtigsten Bestimmungsmethoden der Alkaloide in
Semen Strychni 87
I. Bestimmung der Gesamtalkaloide 87
II. Bestimmung des Strychnins neben Brucin 91
1. Bestimmung des Strychnins als Ferrocyanidverbindung 91
2. Bestimmung des Strychnins nach der Oxydationsmethode .... 92
3. Bestimmung des Brucins auf Grund der Methoxylbestimmung ... 95
C. Eigene Untersuchungen 95
I. Bestimmung des Strychnins neben Brucin 95
1. Durch Fällung mit Kaliumferrocyanid 95
2. Durch Oxydation des Brucins mit Salpetersäure 99
3. Durch Oxydation des Brucins mit Wasserstoffsuperoxyd (Versuche) .103
IL Bestimmung des Gehaltes an Gesamtalkaloid und an Strychnin in Semen
Strchyni und Faba Ignatii 104
D. Zusammenfassung 107
Ueber die Bestimmung der ätherlöslichen Alkaloide und des Akonitins in
Tuber Aconiti 109
A. Heutige Kenntnisse der Alkaloide von Aconitum Napellus 109
B. Uebersicht über die wichtigsten Wertbestimmungsmethoden für Tuber Aconiti 111
I. Chemische Methoden zur Bestimmung der ätherlöslichen Gesamtalkaloide 112
IL Biologische Wertbestimmung, unter Benützung der im alkoholischen Aus¬
zug enthaltenen Gesamtalkaloide 113
III. Physikalische und chemische Spezialmethoden zur Bestimmung des
Akonitins 116
C. Eigene Untersuchungen 119
I. Bestimmung des Gesamtalkaloidgehaltes 119
IL Bestimmung des Akonilins 121
1. Untersuchungen zur Methode von Baker und Jordan 121
2. Ueberprüfung der Methode von Bronkhorst 122
D. Zusammenfassung 130
VIII
Ueber die Bestimmung des Gehaltes an Gesamtalkaloid,
Chinin, Hydrochinin und Cinchonidin in der Chinarinde.
A. Einleitung.
Von den bis heute entdeckten 25 Alkaloiden der Chinarinde sind
therapeutisch am wichtigsten:Gehalt der Rinden
Chinin 0,5 — 13,5 fo1Chinidin — 4 %lCinchonin ] 8 ~. i
Cinchonidin /—
a /0
Hydrochinin 0,32 —0,85%2
Nachstehende Tabelle gibt eine Uebersicht über Forderungen neuerer
Pharmakopoen. Sie zeigt, daß die Tendenz und das Bedürfnis besteht,nicht nur den Gehalt an Gesamtalkaloiden, sondern auch denjenigen an
einzelnen therapeutisch wichtigen Hauptalkaloiden der Chinarinde zu
bestimmen und zu normieren.
B. Bestimmung der Gesamtalkaloide der Chinarinde.
I. Uebersicht und Kritik der neueren Analysen-Vorschriften.
In dieser Uebersicht schließen wir die schon 1912 publizierte Be¬
stimmungsvorschrift nach Commelin3 ein, da diese Methode zur Wertbe¬
stimmung der Chinarinde heute als Handelsanalyse noch allgemein ver¬
wendet wird. Die Gesamtalkaloidbestiinmung geschieht nach folgendenPrinzipien:
1. Die Alkaloide werden aus dem Drogenpulver mit oder ohne Alkali¬
zusatz mit einem organischen Lösungsmittel (Weingeist, Chloroform,Aether-Chloroform oder Benzol) durch Mazeration oder Soxhletextraktion
1 Vgl. Fischl und Schloßberger, Hdb. d. Chemotherapie 1934, p. 151.2 Gefunden in Ledgeriana-Rinden von R. C. Vetter, Barell-Festschrift 1936, p. 554.3 J. W. Commelin, De Analyse van de Kinabast Mededeelingen Kina-Proefstation,
Nr. 1. Batavia (1912) ; réf. in Ulimann, Enzyklopädie der technischen Chemie, 2. Aufl.,Bd. III, p. 185 (1929).
1
Arzneibuch
Nederl.Ph.V. .
D.A.B.6. . .
Ph. Belg. IV. .
Ph. Dan. VIII. .
Ph. Helv. V. .
Ph. Hung. IV. .
Svenska F.1925.
F. Espan. VIII.
F. Port. 1935. .
Codex Gall. 6. .
Suom. F. VI. .
F.Ital.VI . . .
Ergb. D.A.B.6 .
Stammpflanzen(C. = Cinchona)
C. succirubra Pavon
C. succirubra Pavon
C. succirubra Pavon
C. succirubra Pavon
C. succirubra Pavon
C. succirubra Pavon
C. succirubra Pavon
oder eine Hybride
C. Calisaya Weddell
C. succirubra Pavon
C. officinalis L.
C. Calisaya Weddell
C. succirubra Pavon
C. succirubra Pavon
C. Calisaya Weddell
C. Ledgeriana Moens
C. succirubra Pavon
C. Calisaya Weddell
Der Berechnungdes Titrations¬
ergebnisses zu¬
grunde gelegtesMol.-Gew.*
309,2
Geforderter
Gesamtalkaloidgehalt
3-5 %
mind. 5 %, wovon
mind. 2 % Chinin
mind. 5 %, wovon
mind. 1,5 % Chinin
mind. 5 %
mind. 6 %
mind. 5 %
mind. 6 %
mind. 5 %
mind. 4,5 %
Brit. Ph. 1932.
C. Calisaya Weddell
C. Ledgeriana Moens
C. officinalis L.
C. succirubra Pavon
sowie Hybriden
gravimetrisch
U. S. P. XI C. Calisaya Weddellgravimetrisch
C. succirubra Pavon IC. Calisaya Weddell IC. Ledgeriana Moens I
oder eine Hybride )
C. officinalis L. 1
C. Calisaya Weddell JC. succirubra Pavon
und deren Varietäten
310
309,2
309,2
metrisch
309,1
309
309,2
309
7-9 %
mind. 6,5 %
mind. 6,5 %
mind. 6 %
Alkaloide, wovon
mind. 50 %
Chinin u. Cinchonidin
mind. 6 %
mind. 6,5 %
mind. 6 %
mind. 6 %
>n
gravimetrisch
gravimetrisch
gravimetrisch
309
309
309
gravimetrisch
* 309 ist das mittlere Molekulargewicht der wasserfreien Alkaloide Chinin (Mol.-Gew 324)
und Cinchonin (Mol.-Gew. 294).
ausgezogen. Nach diesem Prinzip extrahieren Commelin, Nederl. Ph. V,Brit. Ph. 1932, F. Ital. VI, Ph. Hung. IV und Born'.
Die Handelsanalyse nach Commelin wird im Prinzip folgendermaßenausgeführt:
20 g Droge werden mit 6 g gelöschtem Kalk und 18 cm3 öprozentiger wäßrigerNatronlauge gemischt und im Soxhlet mit 150 cm3 Benzol während 2 Stunden derart
extrahiert, daß alle 5 Minuten ein Absog erfolgt. Das Benzol wird in Gegenwart von
10 cm3 n - HCl und 30 cm3 Wasser abdestilliert. Die saure Alkaloidlösung wird filtriert
und das Filter mit Wasser nachgewaschen. Hierauf wird der Gesamtalkaloidgehaltdurch Rücktitration des Säureüberschusses in der Wärme mit n - NaOH gegen Methyl¬rot bestimmt.
Nach Fuchs* genügt die in der Vorschrift angegebene Benzolmengeund Extraktionsdauer nicht, um die Alkaloide quantitativ zu extrahieren.
Aus einer Chinarinde, welche nach Ph. Helv. V bestimmt im Mittel 10,44 %Gesamtalkaloide ergab, waren nach 6stündiger Extraktion nur etwa 80 %,nach 8stündiger Extraktion erst 95 % der Alkaloide extrahiert, trotzdem
auch die Benzolmenge erhöht wurde.
Nederl. Ph. V mischt die Droge mit Kalziumhydroxyd und Ammoniak
und schüttelt die Alkaloide mit Chloroform aus. Das Chloroform wird ab¬
destilliert und der Alkaloidgehalt durch Titration bestimmt. Schlumpf er¬
hielt bei Succirubra-Rinde nach dieser Methode Werte von 9,71 % bis 9,96%,nach der von ihm ausgearbeiteten Bestimmungsmethode hingegen 10,55 bis
10,72 %. Die Bestimmungsvorschrift von Schlumpf ist identisch mit jenervon Ph. Helv. V mit dem Unterschied, daß Schlumpf 2,5 g, Ph. Helv. V hin¬
gegen 1,25 g Droge verwendet.
Brit. Ph. 1932 extrahiert die Droge im Soxhlet nach Zusatz von Blei¬
essig mit ammoniakhaltigem Weingeist. Die erhaltene Alkaloidlösung wird
in Gegenwart von Säure eingedampft, die saure Alkaloidlösung filtriert
und der Rückstand wiederholt mit verdünnter Säure ausgezogen. Die saure
Alkaloidlösung wird nach einem zeitraubenden Reinigungsverfahren mit
Ammoniak alkalisch gemacht und mit Chloroform ausgeschüttelt. Das
Lösungsmittel wird abdestilliert und der Rückstand gravimetrisch be¬
stimmt. Dieses Verfahren wurde von Seif und Corfield7 ausgearbeitet.Gstirner* erwähnt, daß die Methode wegen ihrer Umständlichkeit für den
Apotheker kaum in Betracht gezogen werden könne. Allport und Friend9
änderten die Vorschrift derart ab, daß die Droge zuerst mit angesäuer¬tem, dann mit Alkali versetztem Weingeist extrahiert wird. Das zeit¬
raubende Reinigungsverfahren von Brit. Ph. 1932 wird beibehalten. Mit
der so modifizierten Methode erhielten sie etwas höhere Werte als nach
Brit. Ph. 1932.
1 W. Born, Studien über einige Arzneizubereitungen der Ph. Helv. V aus Chinarinde,Diss. Bern ((1935).
5 D. Fuchs, Untersuchungen zur Herstellung von Chinatrockenextrakt, Diss. ETH.,Zürich (1941).
6 E. Schlumpf, Beiträge zur Wertbestimmung einiger Arzneidrogen, Diss. ETH.,Zürich (1927).
7 P.A.W. Seif und C.E. Corfield, Quart. J. Pharm. Pharmacol. 3, 410 (1930).8 F. Gstirner, Pharm. Ztg. 78, 706 (1933).9 N.L. Allport und D. Friend, Quart. J. Pharm. Pharmacol. 11, 450 (1938).
3
F. Ital. VI extrahiert die Droge nach Zusatz von Kalziumhydroxyd in
der Wärme mit Weingeist am Rückflußkühler. Der Weingeist wird in
Gegenwart von Säure verdampft und die saure Alkaloidlösung mit Natron¬
lauge alkalisiert. Dann werden die Alkaloide mit Chloroform ausgeschüt¬telt. Der Rückstand wird bei 110 ° bis zum konstanten Gewicht getrocknetund gewogen. Wir erhielten beim Arbeiten nach dieser Methode bei
unserer Droge nach dem Verdampfen des Alkohols und Abkühlen der er¬
haltenen Lösung einen rotbraunen Niederschlag, der wahrscheinlich aus
Alkaloidgerbstoffverbindungen besteht. Die Titration des hellgelb gefärb¬ten Rückstandes ergab nur 7,48 % Alkaloide, während nach der Methode
von Ph. Helv. V bei der gleichen Droge 10,72 % gefunden wurden.
Ph. Hung. IV schüttelt die Droge mit Wasser und extrahiert die Alka¬
loide nach Zusatz von Lauge mit Aether-Chloroform.
Born1 extrahiert die Droge am Rückflußkühler auf dem siedenden
Wasserbad wiederholt mit Aether-Chloroform, filtriert jeweils und dampftnach Zusatz von Lauge auf einige Gramm ein. Die Alkaloide werden mit
einer Mischung von Aether-Chloroform ausgeschüttelt und titrimetrisch
bestimmt. Born fand nach seinem «vereinfachten Erschöpfungsverfahren»bis 15 % mehr Alkaloide als nach Ph. Helv. V. Nach den Untersuchungenvon Bucht und Feinstem10 werden nach diesem Verfahren keine höheren
Alkaloidwerte gefunden, und die Methode bietet keine Vorteile gegenüberPh. Helv. V.
2. Die Droge wird zur Ueberführung der Alkaloide in die Chlorhydratemit Salzsäure erwärmt; nach Zusatz eines Alkalisierungsmittels (in den
meisten Fällen Natronlauge, nur U. S. P. XI und F. Espan. VIII verwenden
Ammoniak) werden die Alkaloidbasen mit einem Gemisch von Aether-
Chloroform ausgeschüttelt. Nach eventueller Reinigung der extrahierten
Alkaloidbasen über die Chlorhydrate wird das Lösungsmittel abdestilliert
und der Alkaloidgehalt gravimetrisch oder in verdünnt weingeistigerLösung durch direkte Titration bestimmt. Nach diesem Prinzip ermitteln
die übrigen Arzneibuchvorschriften den Alkaloidgehalt der Droge.Nach Wojahn11 erfolgt bei Anwendung von Säure allein kein vollstän¬
diger Aufschluß der Alkaloid-Gerbstoff-Verbindungen; ein solcher wird
erst durch den nachfolgenden Alkaliüberschuß ermöglicht.Die Vorschrift von D. A. B. 6 zur Bestimmung der Chinarinde hat zu
wiederholter Kritik Veranlassung gegeben. Nach D. A. B. 6 werden 2 gRinde mit einer Mischung von 1 g Salzsäure (25 %) und 5 g Wasser wäh¬
rend 10 Minuten im Wasserbad erhitzt. Nach Zusatz von Aether-Chloro-l'orm wird mit 2,5 g Natronlauge (15 %) alkalisch gemacht, mit Tragantversetzt, ein aliquoter Teil der Aether-Chloroformlösung abgedampft und
der Rückstand mit 0,1 n - HCl titriert. Wojahn und Erdelmeier1- stellten
fest, daß der Abdampfungsrückstand oft sauer reagieren kann, wenn man
sich streng an die Vorschrift des D. A. B. 6 hält, so daß eine Titration
überhaupt nicht möglich ist. Als Fehlerquelle erwähnen sie den zu gerin¬gen Zusatz an Natronlauge, denn Chinasäure und Chinagerbsäure müssen
durch die zugesetzte Lauge auch gebunden werden. Nach Vogel und
10 J. Büchi und K. Feinstein, Pharm. Acta Helv. 11, 133 (1936).11 H. Wojahn, Dtsch. Apoth. Ztg. 54, 1224 (1939).12 H. Wojahn und K. Erdelmeier, Dtsch. Apoth. Ztg. 54, 226 (1939).
4
Eubel13 sind die stark streuenden Werte des D.A.B. 6, verglichen mit denen
nach Ph.Helv.V, auf das Verteilungsverhältnis von Droge zu wäßriger Phase
und von Droge zu Chloroform-Aether-Phase zurückzuführen. Wir glauben,gestützt auf die Ergebnisse von Wojahn und Erdelmeier, eher sagen zu
dürfen, daß es nicht auf das Verhältnis von Droge zu flüssiger Phase all¬
gemein ankommt, sondern auf das Verhältnis von Droge zu wäßrigerPhase, das beim Erwärmen des Flascheninhaltes auf dem Wasserbad vor¬
handen ist. Bei D. A. B. 6 beträgt dieses Verhältnis 1 : 3, bei Ph. Helv. V
1 :13,6. Außer den erwähnten Faktoren übt nach den Untersuchungen von
Wojahn und Erdelmeier die Salzsäurekonzentration der wäßrigen Lösungbeim Erwärmen der Droge im Wasserbad auch einen Einfluß auf die
Resultate aus. Sie erhielten nach D. A. B. 6 6,84 %, nach Ph. Helv. V 7,76%Alkaloide. Erhöhten sie dagegen bei Ph. Helv. V die Salzsäuremenge (7 cm3
2 n - HCl = 2 cm3 25prozentige HCl) auf 3 oder 4 cm3 25prozentige HCl,so erhielten sie nur noch Alkaloidgehalte von 7,40, bzw. 7,35% statt 7,76%.Verlängerten sie bei D. A. B. 6 die Dauer des Erhitzens im Wasserbad
von 10 auf 30 Minuten, so erniedrigte sich der gefundene Alkaloidwert
von 6,84 auf 6,24 %. Wojahn und Erdelmeier erklären diese Alkaloidver-
luste folgendermaßen:Mit der Erhöhung der Mineralsäurekonzentration soll die Chinagerb¬
säure vollständiger in das schwerlösliche Chinarot oder Phlobaphen um¬
gesetzt werden. Dadurch soll das Diffundieren der Alkaloide aus der
Drogenzelle in das Lösungsmittel erschwert werden. Sie ersetzen in der
Vorschrift von Ph. Helv. V die Salzsäure durch die entsprechende MengeAmeisensäure, welche die Bildung von Chinarot verhindern soll. Wenn
diese Autoren bei der Vorschrift von Ph. Helv. V 2 oder 3 oder 4 cm3
Ameisensäure (25 %) statt Salzsäure verwendeten unter gleichzeitigerVerminderung des Wasserzusatzes, so daß die Droge insgesamt immer
mit 17 g wäßriger Lösung im Wasserbad erwärmt wurde, erhielten sie
Alkaloidwerte von 7,96 bis 7,98 %, nach Ph. Helv. V hingegen 7,76 %. Die
Erhöhung der Ameisensäurekonzentration hatte also keine Abnahme der
Alkaloidwerte zur Folge. Wojahn und Erdelmeier haben daher folgendeMethode vorgeschlagen:
1,25 g gepulverte Chinarinde (VI) werden in einer Arzneiflasche von 150 cm3
Inhalt mit 2 cm3 25prozentiger Ameisensäure und 15 cm3 Wasser versetzt und während
30 Minuten in ein siedendes Wasserbad gestellt. Nach dem Erkalten werden 20 gChloroform und 40 g Aether zugesetzt; nach Zusatz von 5 g 30prozentiger Natronlaugewird während 10 Minuten häufig umgeschüttelt, 1 g Tragant zugefügt und wieder
kräftig geschüttelt. Hierauf gießt man 48 g der Aether-Chloroform-Lösung (= 1 g Droge)durch etwas Watte in einen Erlenmeyerkolben von 150 cm3 Inhalt und destilliert das
Lösungsmittel auf dem Wasserbad sofort völlig ab. Dann löst man den Rückstand unter
leichtem Erwärmen in 10 cm3 Weingeist, versetzt die Lösung mit 10 cm3 Wasser und
10 Tropfen Methylrotindikator (Ph.Helv.V) und titriert mit 0,1 n - Salzsäure bis zur
Rotfärbung. Nun verdünnt man mit 50 cm3 Wasser und titriert nach dem Rückschlagin Gelb wieder bis zur Rotfärbung.
Fuchs6 erhielt nach dieser Methode ebenfalls höhere Werte als nach
Ph. Helv. V, nämlich i. M. 10,70 % statt 10,44 %. Ein abschließendes Urteil
über die Bestimmungsvorschrift nach Wojahn und Erdelmeier gibt Fuchs
aber noch nicht.
13 E. Vogel und J. Eubel, Pharm. Ztrh. 81, 397 (1940).
5
Die Vorschrift von Ph. Helv. V zur Bestimmung der Gesamtalkaloide
lautet folgendermaßen:
1,25 g Chinarinde (VI) werden in einer Arzneiflasche von 150 cm3 Inhalt mit
einer Mischung von 7 cm3 verd. Salzsäure (2 n) und 10 cm3 Wasser während 30 Minu¬
ten in ein Wasserbad gestellt und nach dem Erkalten mit 40 g Aether und 20 gChloroform durchgeschüttelt. Dann gibt man 4 g konz. Natronlauge (10 n) zu, schüt¬
telt während 10 Minuten häufig und kräftig, fügt 1 g Tragantpulver zu und schüttelt
wieder kräftig. Hierauf gießt man 48 g der Aether-Chloroformlösung (= 1 g Droge)durch etwas Watte in einen Erlenmeyerkolben von 150 cm3 Inhalt und destilliert das
Lösungsmittel auf dem Wasserbade sofort völlig ab. Den Rückstand übergießt man mit
5 cm3 Weingeist und dampft auch diesen völlig ab. Dann löst man den Rückstand voll¬
ständig, wenn nötig unter leichtem Erwärmen auf dem Wasserbade, in 10 cm3 Weingeist,versetzt die Lösung mit 10 cm3 Wasser und 10 Tropfen Methylrot und titriert mit
0,1 n - Salzsäure bis zur Rotfärbung. Nun verdünnt man mit 50 cm3 frisch ausgekochtemund wieder erkaltetem Wasser und titriert nach dem Rückschlag auf Gelb weiter bis
zur Rotfärbung (Mikrobürette).
1 cm3 0,1 n - HCl = 0,0309 g Alkaloide.
Es müssen wenigstens 2,10 cm3 0,1 n - Salzsäure verbraucht werden, entsprechendeinem Mindestgehalt von 6,5 % Alkaloiden.
Diese Vorschrift, aber ausgehend von 2,5 g Droge, war von Schlumpfausgearbeitet worden. Da aber die erhaltenen Werte unregelmäßig aus¬
fielen und im Verhältnis zum Alkaloidgehalt des daraus hergestelltenExtraktes zu niedrig waren, verminderte Büchi11 die Drogenmenge auf
1,25 g, d. h. das Verhältnis von Droge zu wäßriger Phase beim Erwärmen
auf dem Wasserbad und das Verhältnis von Droge zu Chloroform-Aether-
Phase wurden erhöht. Nach der Methode von Ph. Helv. V werden gut über¬
einstimmende Werte erhalten. Gstirner3 lehnte die Bestimmungsverfahrenvon D. A. B. 6 und Nederl. Ph. V ab, weil dieselben Unterwerte lieferten
und gab der Methode von Ph. Helv. V wegen ihrer Einfachheit, Sparsam¬keit und ihres scharfen Umschlagspunktes bei der Titration den Vorzug.Er ermittelte bei der gleichen Droge folgende Alkaloidgehalte:
nach D. A. B. 6. . . 7,29 % 7.33 % 7,52 % 7,11 %
nach Nederl. Ph. V. . 7,17 % 7.17 % 7,07 % 7,09 %
nach Ph. Helv. V. . . 7,54 % 7,54 % 7,60 % 7,53 %
Nach Ueberprüfung der Methoden von D. A. B. 6, Svenska F. 1925,Nederl. Ph. V, F. Ital. V und der Methoden, welche von Schlumpf für Ph.
Helv. V und von Seif und Corfield für Brit. Ph. 1932 vorgeschlagen wor¬
den waren, erhielt Luyckx16 bei einem Muster mit hohem Alkaloidgehaltnach der von Schlumpf vorgeschlagenen Methode die höchsten Alkaloid-
werte. Er stellte auch bereits fest, daß bei den Säure-Methoden die MengeAusschüttelflüssigkeit besonders bei Anwesenheit von viel Cinchonin eine
große Rolle spielt.Die folgende Zusammenstellung gibt eine Uebersicht über die Ver¬
teilungsphasen jener Bestimmungsvorschriften, welche die Droge in Ge¬
genwart von Säure im Wasserbad erwärmen, bezogen auf 1 g Droge.
14 J. Büchi, Pharm. Acta Helv. 7, 361 (1932).15 P. Th. Luyckx, Bepaling van het werkzame bestanddeel in eenige Sterkwerkende
geneesmiddelen, Diss. Leiden (1932).
6
Bestimmungs¬vorschrift
Verhältnis von Drogezu wäßriger Phase beim
Erwärmen auf dem
Wasserbad in salzsaurer
Lösung
Verhältnis von Drogezu Chloroform-
Aether-Phase
Ph. Helv. V 1 : 13,6 1 :48
Wojahn und Erdelmeier 1 : 13,6 1 :48
D.A.B.6 1 :3 1 :20
Ph. Belg. IV.
1:8 1 :30
Ph. Dan. VIII.
1 :2 1 :20
Codex Gall. 6.
1 :8 1 :30
F. Espan. VIII 1 : 1,27 1 : 40 (Vol.)
U.S.P.XI. .
1 :3 1 : 40 (Vol.)
F. Port. 1935.
1 :8 1 : 40 (Vol.)
Svenska F. 1925 1 :9,2 1 :30
Nach den bisherigen Besprechungen können wir bei Betrachtung der
Verteilungsphasen schließen, daß nach den Methoden von Ph. Helv. V und
von Wojahn und Erdelmeier die höchsten Alkaloidwerte erhalten werden
müssen. Die übrigen Vorschriften weisen kleinere Verhältnisse der Ver¬
teilungsphasen auf.
Wir möchten noch kurz ein neues, von Dietzel und Paul ausgearbei¬tetes, titrimetrisches Verfahren zur Bestimmung der Chinaalkaloide er¬
wähnen. Dieses aminometrische Verfahren stützt sich auf die von Vor¬
länder17 ausgearbeitete Methode zur Bestimmung von Aminen. Er arbeitet
in wasserfreier chloroformhaltiger Lösung. Die Alkaloide werden unter
solchen Bedingungen titriert, daß sie wie Amine als Addenden für Säuren
reagieren. Die Autoren extrahieren die Droge nach D. A. B. 6, verwenden
aber zum Ausschütteln der Alkaloidbasen nur Chloroform statt Aether-
Chloroform. Ein aliquoter Teil der Chloroformlösung wird durch Watte
in einen Erlenmeyerkolben gegossen und nach Zusatz von 5 Tropfen0,05prozentiger Dimethylaminoazobenzol-Chloroform-Lösung mit Vao n - p -
Toluolsulfosäure - Chloroform - Lösung bis zum Farbumschlag nach Rot
titriert.
1 cm3
kaloide.
V20 n - p - Toluolsulfosäure - Chloroformlösung = 0,00773 g Al-
Sie erhielten mit dieser Methode im Vergleich mit den nach D. A. B. 6
ermittelten Werten ziemlich übereinstimmende Resultate. Die aminome¬
trische Bestimmung der Alkaloide in den Drogen soll nach den Angabenvon Dietzel und Paul eine Vereinfachung der Arzneibuchmethoden dar¬
stellen. Brunner1* bemerkt jedoch, daß dieses Verfahren für das Apothe¬kenlaboratorium kaum eine Verbesserung darstellen dürfte, weil es in
der Handhabung nicht einfacher sei als die üblichen Methoden und über¬
dies neue, im D. A. B. 6 nicht vorgesehene Maßlösungen erfordere.
16 R. Dietzel und W. Paul, Arch. Pharm. 273, 511 (1935).17 D. Vorländer, Ber. dtsch. ehem. Ges. 66, 1789 (1933); 67, 145 (1934).18 K. Brunner, Dtsch. Apoth. Ztg. 53, 1023 (1938).
7
II. Eigene Untersuchungen über die Bestimmung der Gesamtalkaloide
der Chinarinde.
Zu den Bestimmungen verwendeten wir ein Drogenpulver (Nr. I) mit
einem ursprünglichen Feinheitsgrad von Sieb IVa (Ph. Helv. V); durch
Pulverisieren stellten wir daraus ein Pulver vom verlangten Feinheits¬
grad Sieb VI her. Bei diesem Drogenpulver ermittelten wir zur Zeit der
Untersuchungen einen Feuchtigkeitsgrad von 8,75 %. Nach Ph. Helv. V
bestimmten wir bei unserer Droge folgende Alkaloidwerte: 10,72, 10,75,10,72, 10,69, i. M. 10,72 %.
Bei diesen Gehaltsbestimmungen haben wir, um möglichst genaue
Vergleichswerte zu erhalten, stets in Blindversuchen auch noch die Menge0,1 n-HCl ermittelt, welche von 10 cm3 Weingeist + 60 cm3 frisch aus¬
gekochtem und wieder erkaltetem Wasser (d. h. den bei der Titration ver¬
wendeten Lösungsmitteln) bis zum Farbumschlag des Methylrots ver¬
braucht wird. Diese Menge (welche etwa 0,06—0,16 % Alkaloid entspre¬chen würde) ist bei allen unsern Bestimmungen vor der Berechnung des
Gesamtalkaloidgehaltes in Abzug gebracht worden.
Bei unsern Bestimmungen nach Ph. Helv. V erhielten wir einen sehr
schwach hellgelb gefärbten Alkaloidrückstand. Der Umschlag des Indika¬
tors Methylrot von Gelb nach Orange, Rosa, Rot ist bei gutem Tageslichtsehr deutlich sichtbar. Beim Abdestillieren der Aether-Chloroform-Lösungauf dem Wasserbad verspritzte der Alkaloidrückstand bei unsern Bestim¬
mungen gegen Ende der Destillation gerne nach allen Seiten. Bei Bestim¬
mung des Gesamtalkaloidgehaltes möchten wir daher vorschlagen, die
alkaloidhaltige Aether-Chloroformlösung auf dem Wasserbad nur bis auf
einige Kubikzentimeter abzudestillieren und den Rest des Lösungsmittelsdurch Darübersaugen von Luft zu entfernen; ein Nachdestillieren mit
Weingeist ist dann nicht mehr notwendig.Bei Bestimmung nach der Methode von Wojahn und Erdelmeier12
ermittelten wir folgende Werte:
Ver¬
such
Erhaltene MengeFiltrat
Verbrauchte Menge0,1 n - HCl
Àlkaloidgehaltin '/.
1
2
3
4
5
44,5 g
40,9 g
48 g
48 g
48 g
3,29 cm»
3,03 cm»
3.56 cm»
3,55 cm»
3.57 cm»
10,966
10,988
11,000
10,979
11,031im Mittel: 10,99%
Bei Ersatz von 7 cm3 2 n - HCl (=2 cm3 HCl 25 %) durch 2 cm3 Amei¬
sensäure 25prozentig erhielten wir, wie Wojahn und Erdelmeier, etwas
höhere Alkaloidwerte. Bei Zusatz von 1 g Tragant konnten wir nie 48 gFiltrat erhalten (Versuch 1 und 2), sondern erst beim Schütteln mit 1,5bis 2 g Tragant. Da im Gegensatz zu Ph. Helv. V nach der Methode von
Wojahn und Erdelmeier der Alkaloidrückstand nicht mit Weingeist über¬
gössen und der Weingeist abdestilliert wird, vermuteten wir, daß die
8
höheren Alkaloidwerte eventuell auf der Gegenwart flüchtiger Basen
beruhen könnten. Wir versetzten daher den Alkaloidrückstand vor der
Titration wie Ph. Helv. V mit 5 cm3 Weingeist, verdampften denselben zur
Trockene und titrierten in üblicher Weise. Wir konnten aber keine Ab¬
nahme des Alkaloidgehaltes feststellen (Versuch 4 und 5). Also ist es
überflüssig, zwecks völliger Vertreibung des Chloroforms den Alkaloid¬
rückstand vor der Titration in 5 cm3 Weingeist zu lösen und den Wein¬
geist zur Trockene zu verdampfen.Beim Erwärmen des Drogenpulvers im Wasserbad nach Ph. Helv. V
entstand eine rotbraune Farbe des Flascheninhaltes, während beim Erwär¬
men nach Wojahn und Erdelmeier eine schokoladenbraune Farbe auftrat.
Die Vermutungen dieser Autoren betreffend Chinarotbildung bei Ver¬
wendung von Mineralsäure dürften unsere Zustimmung erhalten.
Wir untersuchten nach Ph. Helv. V und nach der Methode von Wojahnund Erdelmeier bei Anwendung von 1,5 g Tragant noch drei andere Dro¬
genmuster und erhielten folgende Alkaloidwerte:
Droge Methode
Verbrauchte
Anzahl cm3
0,1 n - HCl
Alkaloid-
gehalt
Farbe des Flaschen¬
inhaltes nach dem
Erwärmen im Was¬
serbad
II
III
IV
Ph. Helv. V |
Wojahn und Erdelmeier .1
Ph. Helv. V
Wojahn und Erdelmeier.
Ph. Helv. V
Wojahn und Erdelmeier.
1,80 cm'
1,82 cm'
1.90 cm'
1.91 cm'
2,50 cm'
2,52 cm'
3,58 cm'
3,62 cm'
5,56%
5,62%
5,87%
5,90%
7,73%
7,79%
11,06 %
11,19 %
rotbraun
braunrot
rotbraun
rotbraun
rotbraun
rotbraun
Diese Ergebnisse zeigen, daß nach der Methode von Wojahn und
Erdelmeier nicht bei jeder Droge wesentlich höhere Alkaloidwerte erhal¬
ten werden. Auf Grund der verschiedenen Farbe des Flascheninhaltes
nach dem Erwärmen im Wasserbad können wir vermuten, daß nur bei
jenen Drogen höhere Alkaloidwerte gefunden werden, bei welchen die
Oxydation des Gerbstoffes noch nicht weit fortgeschritten ist.
Im Verlaufe unserer Untersuchungen erhielten wir bei Droge I beim
Schütteln mit Aether-Chloroform nach Zusatz von 5 g Natronlauge (30 %)während 30 Minuten im Gegensatz zu Wojahn11 nochmals etwas höhere
Werte: 11,287%, 11,309%, 11,287%. Erhöhte Wojahn die Dauer des
Schütteins von 10 auf 20 Minuten, so erhielt er höchstens 0,05 % mehr
Gesamtalkaloide. Wir erhöhten nach dem Zusatz von 5 g NaOH (30 %)die Dauer des Schütteins auch noch auf 1 Stunde; erhielten aber keine
höheren Alkaloidwerte mehr (11,309 %, 11,309 %, 11,342 %). Also genügtdas Schütteln der alkalisch gemachten Alkaloidlösung während 30 Minuten.
9
Zur Bestimmung der Gesamtalkaloide der Chinarinde möchten wir,unter Benützung des Vorschlages von Wojahn und Erdelmeier (Verwen¬dung von Ameisensäure an Stelle von Salzsäure) und gestützt auf unsere
eigenen Erfahrungen, folgende gegenüber Ph. Helv. V etwas abgeänderteMethode als Arzneibuchvorschrift empfehlen:
1,25 g gepulverte Chinarinde (VI) werden in einer Arzneiflasche von 150 cm3Inhalt mit 2 cm3 25prozentiger Ameisensäure und 15 cm3 Wasser versetzt und während30 Minuten in ein siedendes Wasserbad gestellt. Nach dem Erkalten werden 20 g Chlo¬
roform und 40 g Aether zugesetzt; nach Zusatz von 5 g 30prozentiger Natronlauge wird
während 30 Minuten häufig umgeschüttelt, dann 2 g Tragant zugefügt und wieder kräf¬
tig geschüttelt. Hierauf gießt man 48 g der Aether-Chloroformlösung (= 1 g Droge)durch etwas Watte in einen Erlenmeyerkolben von 150 cm3 Inhalt, destilliert das Lösungs¬mittel auf dem Wasserbad bis auf einige Kubikzentimeter ab und entfernt den Rest
desselben unter schwachem Erwärmen durch Darübersaugen von Luft. Dann löst man
den Rückstand vollständig, wenn nötig unter leichtem Erwärmen auf dem Wasserbade,in 10 cm3 Weingeist, versetzt die Lösung mit 10 cm3 frisch ausgekochtem und wieder
erkaltetem Wasser und 10 Tropfen Methylrot und titriert mit 0,1 n - Salzsäure bis zur
Rotfärbung. Nun verdünnt man mit 50 cm3 frisch ausgekochtem und wieder erkaltetemWasser und titriert nach dem Rückschlag auf Gelb weiter bis zur Rotfärbung (Mikro-bürette). In einem Blindversuch ist mit 10 cm3 Weingeist und 60 cm3 frisch ausge¬kochtem und wieder erkaltetem Wasser der Verbrauch an 0,1 n - HCl zu ermitteln und
von der zur Titration verbrauchten Menge 0,1 n - HCl in Abzug zu bringen.
C. Bestimmung einzelner Alkaloide im Gemisch der Chinaalkaloide,
bzw. in der Chinarinde.
I. Uebersicht über die wichtigsten Methoden.
Zur Bestimmung einzelner Chinaalkaloide besonders des Chinins, des
Hydrochinins und des Cinchonidins im Gemisch der Chinaalkaloide, bzw.
in der Chinarinde sind zahlreiche Methoden vorgeschlagen worden. Die
wichtigsten sind die folgenden:
1. Methoden zur Bestimmung des Chinins.
Oxalat-Methode19, 20, 21.
Herapathit-Methode22, 23, 24.
Sulfat-Methode26, 2e, 27. (Von der F. Port. 1935 zur Bestimmung des Chinin¬gehaltes der Droge benützt.)
Bisulfat-Methode28, 21.
18 A. Florence, Bull. Sei. pharmacol. 13, 365 (1906).20 JV. H. Cohen, Pharm. Weekbl. 45, 1089 (1908).21 W. Lenz, Z. analyt. Chem. 27, 618 (1888).22 J. E. de Vrij, Pharm. J. 2, 642 (1871); 6, 461 (1875); 12, 601 (1881).23 B. Y. Shimoyama, Pharm. J. 16, 205 (1885).24 C. Christensen, Pharm. Z. Rußland, 20, 582; ref. Pharm. J. 12, 441 (1881); Z.
analyt. Chem. 21, 297 (1882).25 P. Carles, Bull. Soc. chim. France 18 (2), 98 (1872).28
Muter, Analyst 5, 223 (1880).27 D. Howard, Watts's Diet. Chem. 2 ed.. 2, 177, ref. Allen's Commercial Organic
Analysis 5 ed., Vol. VII, p. 430, Philadelphia (1929).28 0. Hesse, Z. analyt. Chem. 26, 655 (1887).
10
Chromat-Methode29, 30, 21.
Nitroprussid-Methode31.Citrat-Methode32.
Dinatriumphosphat-Methode33, 34, 35
2. Methode zur Bestimmung der Summe von Chinin + Cinchonidin + Hydrochinin.Tartrat-Methode (gravimetrisch) (Brit. Ph. 1932)3. Ph. Belg. IV. 1. Supplement.
3. Methoden zur getrennten Bestimmung von Chinin, Cinchonidin und eventuell
Hydrochinin.Spektrographische Methode36, 37.
Tartrat-Methode (polarimetrisch oder durch Methoxylbestimmung)3; Völkerbunds¬
methode38, 3B; Brit. Ph. 1932; Bermond40; Codex Gall. 6; Ph. Belg. IV. 1. Supple¬ment.
4. Methoden zur getrennten Bestimmung von Cinchonin und Chinidin.
Methode nach Chick11; Brit. Ph. 193222;Völkerbundsmethode38, 39; Codex Gall. 6; Ph. Belg. IV. 1. Supplement.
5. Methode zur Bestimmung der Summe von Chinin + Chinidin + Cuprein.
Kolorimetrische Methode42.
6. Methoden zur Bestimmung von Cinchonidin.
Tetrasulfat-Methode43, 21.
Tartrat-Methode (gravimetrisch)40, 22, 41.
7. Methode zur Bestimmung'von Chinidin.
Rhodanid-Methode".
8. Methoden zur Bestimmung von Hydrochinin.
Methode von Thron und Dirscherl".
Methode von Vetter und Hofmann1".
Die meisten dieser Methoden haben Kritiken hervorgerufen, in wel¬
chen hauptsächlich geltend gemacht wird, daß außer dem zu bestimmen¬
den Alkaloid noch kleinere oder größere Mengen von Begleitalkaloidenmit zur Bestimmung gelangen. Es ist in der Tat mit großen Schwierig¬keiten verbunden, die einzelnen Chinaalkaloide in Gemischen oder in der
Droge mit befriedigender Genauigkeit zu bestimmen.
2a J. E. de Vrij nach Lenz, Z. analyt. Chem. 26, 659 (1887)30 H. Vigneron, J. Pharm. Chim. 3, 103 (1911).31 P. J. Kruyße, Dtsch. Apoth. Ztg. 28, 17 (1913).32 G. A. Sticht, Chemist Analyst 18, 6 (1929).33 L. David, Pharm. Ztg. 71, 27 (1926).34 /. Meßner, Pharm. Ztrh. 71, 26 (1936).35
J. A. C. van Pinxteren, Onderzoeking over de analyse van Kinabast en hetdaaruit bereide vloeibare extract. Diss. Leiden (1929).
30 L. Fuchs und A. Kampitsch, Scientia Pharm. 6, 113, 125 (1935).37 C. G. van Arkel und P. van der Wielen, Pharm. Weekbl. 72, 1198 (1935).
C. G. van Arkel, Pharm. Weekbl. 75, 485 (1938).38 Bulletin de l'Organisation d'Hygiène de la S. D. N., Extrait n° 11, Vol. Ill (1934).3a C. H. / Malaria 183, League of Nations Malaria Commission (Okt. 1932).40 A. Bermond, Le Totaquina; son étude chimique, Trav. du Laboratoire de matière
médicale de la Faculté de Pharmacie de Paris, 27 (1936), Paris (1937).41 0. Chick, Allen's Commercial Organic Analysis 5 ed., Vol. VII, p. 427, Phila¬
delphia (1929).42 J. A. Sanchez, J. Pharm. Chim. 21, 24 (1935).43 W. Lenz, Z. analyt. Chem. 27, 573 (1888).44
M. R. Monnet, J. Pharm. Chim. 22, 112 (1935).45 H. Thron u. W. Dirscherl, Ann. Chem. 515, 252 (1935).48 R. C. Vetter, Festschrift Barell, p. 551, Basel (1936).
11
II. Eigene Untersuchungen über die Bestimmung von Chinin, Hydrochininund Cinchonidin im Gesamtalkaloidgemisch der Chinarinde.
1. Besprechung der Tartratmethode zur Bestimmung der Summe von
Chinin + Hydrochinin + Cinchonidin und ihrer Varianten.
Die gebräuchlichste Methode zur Bestimmung des Chinins und Cin-
chonidins ist wohl die Tartrat-Methode, mit welcher wir uns hier etwas
einläßlicher befassen wollen. Die Methode scheint uns geeignet, als Basis
für die Ausbildung einer für Arzneibuchzwecke passenden Methode zur
Ermittlung des Gehaltes von Chinin, Hydrochinin und Cinchonidin im
Chinaalkaloidgemisch, bzw. in der Droge.
Die Tartrat-Methode benutzt als Abtrennungsprinzip die Schwerlöslichkeit der Tar¬
trate des Chinins, Cinchonidins und Hydrochinins in Seignettesalzlösung im Vergleichzu den anderen Chinaalkaloiden. Ursprünglich glaubte man nur die beiden erstgenann¬ten Alkaloide durch dieses Prinzip abscheiden zu können. Dann wurde aber von
Hesse" gefunden, daß auch das Hydrochinin, welches dem Chinin hinsichtlich Konsti¬
tution sehr nahe steht (es ist ein Chininderivat, bei welchem die Vinylgruppe zu einer
Aethylgruppe hydriert ist), ein schwer lösliches Tartrat bildet und zusammen mit dem
Chinin und Cinchonidin gefällt wird48. Die Endbestimmung der gefällten Alkaloide
kann erfolgen auf polarimetrischem Wege oder durch Methoxylbestimmung oder gravi-metrisch.
Die Tartrat-Methode geht auf Hesse19 zurück, der zuerst vorschlug, in einem
Gemisch der Chinaalkaloide den Gehalt an Chinin und Cinchonidin durch Fällung als
Tartrate und Bestimmung der optischen Drehung zu ermitteln. Auf Grund der Unter¬
suchungen von Hesse4", 50, Oudemans51, Koppeschaar52, Moens, van Leersum und anderen
hat dann Commelin eine Handelsanalyse zur Bestimmung des Chiningehaltes ausgebildet,die bis in die neueste Zeit fast ausschließlich angewandt wird, und in welcher mit dem
Gemisch der Chinaalkaloide ebenfalls eine Tartratfällung vorgenommen und das Chinin
und Cinchonidin polarimetrisch bestimmt wird. Van der Wielen53 hat kleine Verbes¬
serungen der Methode angegeben. In Anlehnung an die Methode von Commelin läßt
Ph. Belg. IV 1. Supplement bei Totaquina den Gehalt an Chinin und Cinchonidin polari¬metrisch bestimmen. Hesse", Hoogewerff und Hollemanis, Goodson und Henry51 sowie
Vetler'5 machten darauf aufmerksam, daß bei der Bestimmung nach Commelin ein klei¬
ner Fehler durch das Hydrochinin entsteht, das ebenfalls als Tartrat gefällt wird und
die optische Drehung erniedrigt. Vetter hat neue Formeln für die polarimetrische Be¬
stimmung des Chinins und Cinchonidins angegeben, in welchen der durch das Hydro¬chinin entstehende Fehler berücksichtigt wird, wenn man genau nach Commelin arbeitet.
Von Biginelli und Scordia55, 5S ist vorgeschlagen worden, das Chinin in der Tartrat-
Fällung durch die Methoxylbestimmung nach Zeisel zu ermitteln. Chinin enthält im
Gegensatz zum Cinchonidin eine Methoxylgruppe. Aber auch das mitgefällte Hydro¬chinin enthält ein Methoxyl und verursacht bei dieser Art der Endbestimmung des
Chinins ebenfalls einen Fehler.
Brit. Ph. 1932, Codex Gall. 6 und Ph Belg. IV 1. Supplement benutzen diese Methode
zur Bestimmung des Chiningehaltes von Totaquina. Darunter versteht man ein für die
47 0. Hesse, Ann. Chem. 241, 269 (1887).48 Rapport van der Commissie van Scheikundigen voor Kina-Analyses. Amsterdam
(1920), S. 51.iv 0. Hesse, Ber. dtsch. chem. Ges. 4, 692 (1871).50 0. Hesse, Ann. Chem. 182, 151 (1876), 241, 255 (1887), 243, 131 (1888).51 A. C. Oudemans, Ann. Chem. 182, 63 (1876).52 W. F. Koppeschaar, Pharm. J. 15, 809 (1884—1885).53 P. van der Wielen, Comm. Nederl. Ph. V, II, p. 372 (1928).54 J. A. Goodson u. T. A. Henry, Quart. J. Pharm. Pharmacol. 5, 161 (1932).55 P. Biginelli u. F. Scordia, Rivista di Malariologia 8, 534 (1929).56 J. A. Goodson u. T. A. Henry, Pharm. J. 124, 351 (1930).
12
Malariabehandlung verwendetes Gemisch der Alkaloide verschiedener Cinchona-Artenmit einem Mindestgehalt von 70 % kristallisierbaren Alkaloiden, von denen nach Brit. Ph.
1932 mindestens x/5, nach Codex Gall. 6 und Ph. Belg. IV 1. Supplement mindestens 15 %Chinin sein muß.
Zur Bestimmung des Gehaltes an Chinin + Cinchonidin in der Chinarinde benützt
Brit. Ph. 1932 die Fällung der Alkaloide in Form der Tartrate und nachfolgende End¬
bestimmung auf gravimetrischem Wege.Zu der aus 10 g Droge erhaltenen haematoxylin-neutralen Alkaloidlösung wird
soviel festes Seignettesalz hinzugesetzt, daß die Abscheidung der Tartrate in etwa
25prozentiger Seignettesalzlösung vor sich geht. Nach 24 Stunden wird filtriert und der
Rückstand mit 20 cm3 25prozentiger Seignettesalzlösung nachgewaschen. Der erhaltene
Rückstand wird in Natronlauge gelöst; die Alkaloidbasen werden mit Chloroform aus¬
geschüttelt und gravimetrisch bestimmt.
Codex Gall. 6 fällt bei Totaquina die Alkaloidtartrate aus methylrotneutralerLösung mit 40prozentiger Seignettesalzlösung, säuert die Lösung mit Weinsäure schwach
an, läßt 24 Stunden stehen, filtriert, wäscht den Rückstand mit Wasser nach und ermit¬
telt das Gewicht der getrockneten Tartrate. Dabei wird wie bei der Handelsanalysenach Commelin für in Lösung gegangenes Chinin + Cinchonidin eine Korrektur ange¬bracht. In einem aliquoten Teil der Tartrate wird der Chiningehalt durch die Methoxyl-bestimmung ermittelt. Dabei wird Hydrochinin als Chinin mitbestimmt.
Bermondi0 stellte bei seinen Untersuchungen fest, daß in schwach angesäuerterLösung, wie Codex Gall. 6 arbeitet, außer den erwähnten Tartraten auch ein Tartrat
anderer Kristallform sich bildete, das bei der Veraschung einen Rückstand hinterließ;ohne Säurezusatz war dies bei ihm nicht der Fall. Bermond gibt, wie Goodson und
Henry57, zur Bestimmung des Chinins in den erhaltenen Tartraten der Methoxylbestim-
mung an Stelle der polarimetrischen Bestimmung den Vorzug.
Wir stellten uns die Aufgabe, zu versuchen, die Tartrat-Methode zu
einer geeigneten Arzneibuch-Methode auszubauen, die gestatten würde,in der Chinarinde den Gehalt an Chinin, Hydrochinin und Cinchonidin
in befriedigender Weise zu bestimmen. Zu diesem Zwecke machten wir
Untersuchungen über die Löslichkeit des Chinintartrats in Seignettesalz¬lösung, versuchten die titrimetrische Bestimmung der aus dem gefälltenTartratgemisch in Freiheit gesetzten Basen, prüften die Anwendbarkeit
der Methoxylbestimmungsmethode nach Vieböck und Schwappach zur
Bestimmung von Chinin + Hydrochinin im Tartratgemisch und versuchten
bei der Hydrochininbestimmung nach Vetter und Hofmann das Alkaloid
titrimetrisch zu bestimmen.
2. Löslichkeit des Chinintartrats in Seignettesalzlösung.
Da wir in der Literatur über die Löslichkeit des Chinintartrats in
Seignettesalzlösung keine genauen Angaben fanden, bestimmten wir die¬
selbe. Wir führten die Fällung und Bestimmung des Chinins als Tartrat
in Anlehnung an die Vorschrift nach Brit. Ph. 1932 in folgender Weise durch:
10 cm3 einer wäßrigen Chininhydrochloridlösung versetzten wir in einem Scheide¬
trichter mit 5 cm3 verdünnter Natronlauge (etwa 2 n), schüttelten die Base mit Chloro¬
form aus und bestimmten den Alkaloidgehalt nach Ph. Helv. V. Die titrierte Lösungdampften wir auf dem Wasserbad in einer Porzellanschale auf 10, 15, 20, 25 oder 30 g
ein und lösten in der Wärme so viel festes Seignettesalz darin, daß die Abscheidungdes Chinintartrates in einer etwa 25prozentigen Seignettesalzlösung stattfinden konnte.
Nach dem Erkalten ergänzten wir das verdunstete Wasser. Nach 24stündigem Stehen bei
14—17 ° filtrierten wir die Lösung durch ein gehärtetes Filter von 7 cm3 Durchmesser.
Bei der einen Versuchsreihe wurden Porzellanschale und Filter mit 20 cm3 Seignette-
57 J. A. Goodson u. T. A. Henry, Quart. J. Pharm. Pharmacol. 3, 238 (1930).
13
Salzlösung (25 g in 100 cm3 Lösung) nachgewaschen. Das Papierfilter mit dem Tar-
tratniederschlag brachten wir in einen Scheidetrichter von 100 cm' Inhalt, der in der
Porzellanschale verbleibende Tartratniederschlag wurde auf dem Wasserbad in wenigWasser gelöst und in den Scheidetrichter gespült. Nach Zusatz von 5 cm' verdünnter
Natronlauge (etwa 2 n) schüttelten wir die abgeschiedene Chininbase mit Chloroform
aus. Die Chloroformausschüttelungen wurden nacheinander durch Watte gegossen und
der Aklaloidgehalt nach Ph. Helv. V bestimmt.
Verbrauch an
0,1 n - HCl für
10 cm' Chinin-
lösung
Titrierte
Lösungeingeengt
auf
Zusatz
an K-Na-
Tartrat
Titration der Chininbase nach der Fällungals Tartrat. Verbrauch an 0,1 n - HCl
Niederschlagnicht nachge¬
waschen
Niederschlag mit
20 cm3 Seignettesalz¬lösung (etwa 25"/oig)nachgewaschen
1.96 cm3
1.97 cm'
0,82 cm8
0,35 cm'
0,35 cm'
0,36 cm'
0,35 cm'
0,35 cm'
0,35 cm'
0,36 cm'
10 g
15 g
15 g
10 g
15 g
20 g
20 g
25 g
25 g
30 g
2,50 g
3,75 g
3,75 g
2,50 g
3,75 g
5,00 g
5,00 g
6,25 g
6,25 g
7,50 g
1,96 cm'
1,96 cm'
0,35 cm'
0,345 cm3
0,35 cm'
0,35 cm3
0,305 cm'
0,30 cm'
0,29 cm3
1.94 cm'
1.95 cm'
0,80 cm'
0,80 cm3
0,33 cm'
0,32 cm3
0,335 cm'
0,34 cm'
Nach unsern Ergebnissen dürfen wir annehmen, daß Chinintartrat,das der in Cortex Cinchonae Ph. Helv. V ungefähr vorhandenen Chinin¬
menge entspricht, in 25prozentiger Seignettesalzlösung praktisch unlöslich
ist, wenn das Flüssigkeitsvolumen bei der Tartratfällung nicht allzu großist (nicht über 20 cm3). Wird der Tartratniederschlag mit 20 cm3 25prozen-tiger Seignettesalzlösung nachgewaschen, so gehen Spuren von Chinin¬
tartrat in Lösung. In der erhaltenen Waschflüssigkeit fiel die Probe mit
Mayers Reagens immer positiv aus. Unseres Erachtens dürfen wir diesen
kleinen Alkaloidverlust, der einem Gehalt von etwa 0,06 % Chinin ent¬
spricht, in der Analyse vernachlässigen.
3. Bestimmung der Summe von Chinin -f- Hydrochinin + Cinchonidin
in der Chinarindenach einer titrimetrischen Variante der Tartratmethode.
In der nach Ph. Helv. V titrierten Lösung der Gesamtalkaloide der
Chinarinde ermittelten wir die günstigste Konzentration der Lösung zur
Ausfällung der Tartrate des Chinins und Cinchonidins. Wurde die Lösungauf 10 g eingeengt und mit 2,5 g K-Na-Tartrat versetzt, so erhielten wir
unregelmäßige Werte. Dies war besonders der Fall, wenn die Lösunglänger als 24 Stunden stehen gelassen wurde. Wir vermuteten, daß Chini¬din- und Cinchonintartrat bei dieser Konzentration der Lösung zum Teil
mit ausfallen. Engten wir dagegen die titrierte Lösung nur auf 15, 20 oder25 g ein und versetzten mit der entsprechenden Menge Seignettesalz, so
14
erhielten wir immer konstante Werte, auch wenn die Lösung zur Kristal¬
lisation der Tartrate länger als 24 Stunden stehen gelassen wurde. Wir
können also annehmen, daß hier nur Chinin- und Cinchonidintartrat aus
der Lösung auskristallisieren.
Wir bestimmten den Gesamtalkaloidgehalt unserer Droge nach Ph.
Helv. V, nach Wojahn und Erdelmeier und nach der von uns vorgeschla¬genen Methode (vgl. S. 10) und ermittelten nun in der austitrierten Lö¬
sung den Gehalt an Chinin + Hydrochinin -f Cinchonidin, wofür wir
folgende Methode vorschlagen:
Die titrierte Lösung der Gesamtalkaloide wird auf dem Wasserbad in einer
tarierten Porzellanschale auf 20 g eingeengt. Darin werden in der Wärme 5 g Seignette-salz gelöst. Die erhaltene Lösung wird zur Abscheidung der d-Tartrate von Chinin,
Hydrochinin und Cinchonidin während 24 Stunden bei einer Temperatur von 14—17 °
stehengelassen. Die Lösung wird durch ein gehärtetes Filter von 7 cm Durchmesser
filtriert und dabei der Tartratniederschlag möglichst quantitativ auf das Filter gebracht.Schale und Filter werden in kleinen Portionen mit insgesamt 20 cm3 25prozentigerSeignettesalzlösung (25 g K-Na-Tartrat in 100 cm' Wasser) nachgewaschen. Das Papier¬filter samt Inhalt wird in einen Scheidetrichter von 100 cm' Inhalt gebracht, die Por¬
zellanschale mit 30 cm' heißem Wasser nachgespült und die Flüssigkeit in den Scheide¬
trichter gegossen. Hierauf gibt man 5 cm3 verdünnte Natronlauge (etwa 2 n) und
20 cm3 Chloroform hinzu und schüttelt den Inhalt des Scheidetrichters so lange, bis
der Tartratniederschlag in Lösung gegangen ist. Das Ausschütteln mit je 20 cm3 Chloro¬
form wird noch dreimal wiederholt. Die erhaltenen Chloroformauszüge werden nach¬
einander durch Watte in einen Erlenmeyerkolben von 150 cm3 Inhalt gegossen. Das
Chloroform wird abdestilliert, der Rückstand mit 5 cm' Weingeist übergössen und der
Weingeist verdampft. Nun löst man den Rückstand, wenn nötig unter gelindem Er¬
wärmen, in 10 cm3 Weingeist, versetzt die Lösung mit 10 cm3 frisch ausgekochtemund wieder erkaltetem Wasser und 10 Tropfen Methylrot und titriert mit 0,1 n-Salz-
säure bis zur Rotfärbung. Nun verdünnt man mit 50 cm' frisch ausgekochtem und wie¬
der erkaltetem Wasser und titriert nach dem Rückschlag auf Gelb weiter bis zur Rot¬
färbung (Mikrobürette). In einem Blindversuch ist mit 10 cm' Weingeist und 60 cm3
frisch ausgekochtem und wieder erkaltetem Wasser der Verbrauch an 0,1 n-HCl zu
ermitteln und von der zur Titration verbrauchten Menge 0,1 n-HCl in Abzug zu bringen.Die Anzahl cm3 0,1 n-HCl entspricht der in 1 g Droge enthaltenen Menge Chinin
+ Hydrochinin + Cinchonidin.
Bei der Titration der aus dem Tartratgemisch in Freiheit gesetztenBasen verbrauchten wir bei Droge I folgende Mengen 0,1 n-HCl:
Extraktion der Droge nach:
Ph. Helv. VWojahn und der von uns vorge-
Erdelmeier | schlagenen Methode
0,97 cm'
0,96 cm'
0,96 cm3'
0,96 cm3
0,96 cm' 0,97 cm3
1
Diese Ergebnisse zeigen, daß der Verbrauch an 0,1 n-HCl praktischderselbe ist, wenn wir auch nach den einzelnen Methoden verschiedene
Gehalte an Gesamtalkaloiden ermittelt haben (vgl. S. 8, 9,). Wir kön¬
nen daraus schließen, daß beim Ersatz der Salzsäure durch die Amei¬
sensäure bei der Gesamtalkaloidbestimmung die Chinin- + Hydrochi¬nin- + Cinchonidin-Mengen, die zur Bestimmung gelangen, nicht ver¬
größert werden.
15
4. Ermittlung der Summe von Chinin -f- Hydrochinin in der Chinarinde
durch MethoxylbeStimmung und des Cinchonidins durch Differenzrechnung.
Im erhaltenen Tartratniederschlag, der aus Chinin, Hydrochinin und
Cinchonidin besteht, kann der Gehalt an Chinin + Hydrochinin durch
Methoxylbestimmung ermittelt werden, da diese beiden Alkaloide je eine
Methoxylgruppe aufweisen, während dem Cinchonidin eine solche Gruppefehlt. Die Methoxylbestimmung wurde bisher meist nach dem Prinzip der
von Zeisel58 angegebenen Methode ausgeführt. Das Methyl der CH30-
Gruppe wird dabei durch siedende konzentrierte Jodwasserstoffsäure in
Form von Jodmethyl abgespalten. Dieses wird in alkoholischer AgNOs-Lösung aufgefangen und das entstandene AgJ bestimmt oder in Pyridinaufgefangen und in Form von Pyridinjodmethylat bestimmt59.
Um bei der Bestimmung des AgJ auf gravimetrischem Wege guteWerte' zu erhalten, muß eine bestimmte Menge Substanz zur Methoxyl¬bestimmung eingewogen werden, welche nicht unterschritten werden darf,wenn mit der gewöhnlichen analytischen Waage gearbeitet wird. 1 g AgJ =
0,13212 g CH30. Wenn wir diese Bestimmungsart auf unsere Droge anwen¬
den wollten, so würden wir bei Verwendung von 1 g Droge mit einem
Chiningehalt von 1 % (der Methoxylgehalt des Chinins beträgt 9,569 %)einen AgJ-Niederschlag von nur etwa 0,0075 g erhalten. Um die Genauig¬keit zu erhöhen, müßten wir nach dieser Bestimmungsart von einer be¬
trächtlich größeren Drogenmenge ausgehen als nach Ph. Helv. V.
Klemencm führt die Bestimmung der Alkylaether nach Zeisel maßanalytisch aus.
Er leitet die entstandenen Jodalkyle über glühenden Bimsstein, wobei sie sich unter
Abscheidung von Jod zersetzen, das dann mit Thiosulfat titriert wird. Der Fehler ist
hier etwas größer als nach der gravimetrischen Bestimmung nach Zeisel und soll
+ 0,5 % bis — 1 % betragen.
Vieböck und Schwappach, Vieböck und Brecher" arbeiteten eine
verbesserte Makro- und Mikro-Methode zur maßanalytischen Bestimmungder Methoxylgruppe aus, die uns zur Bestimmung von Chinin -j- Hydro¬chinin im Tartratniederschlag der Chinaalkaloide besonders geeignet er¬
schien. Die Methode beruht auf folgendem Prinzip:
Das Methyl der CHsO-Gruppe wird nach Zeisel durch siedende konzentrierte Jod¬
wasserstoffsäure in Methyljodid übergeführt und dieses durch Brom in Methylbromidund Bromjod zerlegt:
CHsJ + Br2 _> CHaBr + BrJ
Bromjod wird durch überschüssiges Brom zu Jodsäure oxydiert:BrJ + 2Br5 + 3H50 _> HJ03 + 5HBr.
Das überschüssige Brom wird durch Ameisensäure zu Bromwasserstoff reduziert
und das ausgeschiedene Jod nach Zusatz von Kaliumjodid mit Thiosulfat titriert:
HJ03 + 5HJ _,. 3J2 + 3H20.
Als bequemste und sicher wirkende Absorptionsflüssigkeit für das CH3J empfeh¬len die Autoren eine Lösung von Brom in Eisessig, der man zur Abstumpfung der
entstehenden Mineralsäure etwas Natrium- oder Kaliumazetat zusetzt. Sie geben als
58 S. Zeisel, Mh. Chem. 6, 989 (1885).59 A. Kirpal u. Th. Bühn, Ber. dtsch. Chem. Ges. 47, 1084 (1914).e0 A. Klemenc, Mh. Chem. 34, 901 (1913).01 F. Vieböck u. A. Schwappach, Ber. dtsch. Chem. Ges. 63, 2818 (1930). — F. Vie¬
böck u. C. Brecher, Ber. dtsch. Chem. Ges. 63, 3207 (1930).
16
Fehlergrenze + 0,5 % des Gesamtalkoxyls an und erwähnen folgende Vorteile dieser
Methode:
1. Die Einwage kann sehr stark herabgesetzt werden. Weil auf ein Jodalkyl 6 Atome
Jod in Freiheit gesetzt werden, wird der Verbrauch an Titrierflüssigkeit vergrö¬ßert, wodurch die Bestimmung mit großer Genauigkeit ausgeführt werden kann.
2. Die Absorptionsflüssigkeit ist unempfindlich gegen Phosphor- und Schwefelwasser¬
stoff. Aus diesem Grunde muß der Phosphor für die Waschflüssigkeit des abge¬spaltenen CH3J nicht besonders gereinigt werden; ins Siedekölbchen kann auch
0,1—0,2 g roter Phosphor, aber in einer etwas gröberen Form, der ein ausgezeich¬netes Mittel gegen Siedeverzug ist, gebracht werden.
Zur Mikroanalyse (Einwage 3—5 mg) empfehlen Vieböck und Brecher
den Gebrauch einer Vso n - Natrmmthiosulfatlösung. Bei Substanzmengenunter 1 mg, was selten vorkommt, erhielten sie bei ihren Bestimmungennoch gute Resultate. Wenn wir bei unserer Droge einen Chiningehalt von
1 % annehmen, so gelangt nach unserer Bestimmungsmethode für die
Gesamtalkaloide etwa 0,01 g Chinin zur Methoxylbestimmung, d. h. rund
0,001 g Methoxyl, was einem ungefähren Verbrauch von 2 cm3
0,1 n - Na2S203 - Lösung entspricht (0,51706 mg Methoxyl = 1 cm3 0,1 n -
Thiosulfatlösung). In diesem Falle kann nach unserer Ansicht die Titra¬
tion noch gut mit 0,1 n - Na,S203-Lösung ausgeführt werden, wenn wir die
Methoxylbestimmung mit dem gesamten Alkaloidbasengemisch des Tar-
tratniederschlages ausführen.
Zur Ausführung der Methoxylbestimmung im Chinin-Hydrochinin-Cinchonidingemisch benützten wir die Makromethode von Vieböck und
Schwappach. Die von den Autoren angegebene und ausführlich beschrie¬
bene Apparatur eignet sich gut; nur ist es für unsere Zwecke vorteilhafter,wenn das Siedekölbchen etwas größer dimensioniert wird (etwa 40 cm3
Inhalt), damit die Chloroformlösung der Alkaloidbasen direkt in diesem
Kölbchen abdestilliert werden kann.
Man kann für die Bestimmung auch die Apparatur zur Methoxyl¬bestimmung nach Stritar benützen. Dabei empfiehlt es sich, den ober¬
sten glockenförmigen Einsatz wegzulassen und das innere Rohr des Zer-
/V)
62 M. J. Stritar, Z. analyt. Chem. 42, 579 (1903), vgl. auch Hdb. d. Lebensmittel¬
chemie, Bd. VII, p. 309, Berlin (1938).
17
Setzungsgefäßes direkt durch ein Glasrohr zu verbinden mit 2 Absorp¬tionsgefäßen von je 20 mm Durchmesser und 7 cm Höhe; an das zweite
Absorptionsgefäß wird ein Erlenmeyerkölbchen angeschlossen, in wel¬
chem mitgeführtes Brom vernichtet wird (siehe Abbildung). Die einzel¬
nen Glasteile werden mit Gummi verbunden, aber so nahe aneinander-
gebracht, daß das Methyljodid möglichst wenig mit dem Gummi in Berüh¬
rung kommen kann. Zur Ausführung der Bestimmung sind erforderlich:
1. 5 cm3 Jodwasserstoffsäure (d = 1,70; «zur Methoxylbestimmung»).2. Roter Phosphor: Grobes Handelsprodukt für das Siedekölbchen und feines Pulver
für den Wäscher. Als Ersatz für letzteres kann auch molekulares Kupfer verwen¬
det werden. Wir benützten zu unsern Versuchen für den Wäscher eine feine Anrei-
bung des groben Phosphorpulvers in Wasser.
3. Analysenreines Natriumazetat.
4. Natriumazetat-Eisessiglösung = lOprozentige Lösung von reinem Natriumazetat in
96—lOOprozentiger Essigsäure.5. Jodfreies Brom, das am besten in einer Tropfflasche aufbewahrt wird, die man in
eine Weithalsflasche mit Glasstopfen stellt. Man sorge für gute Schliffe. Den im
Pulverglas befindlichen Bromdampf kann man dann jeweils mit der Wasserstrahl¬
pumpe absaugen.Obwohl die meisten Bromsorten des Handels jodfrei sind, empfiehlt es sich, eine
Blindprobe auszuführen.
6. Konzentrierte Ameisensäure = 80 bis lOOprozentige reine Ameisensäure.
7. Jodatfreies Kaliumjodid.8. 0,1 n-Natriumthiosulfat.
Zur Ausführung der Methoxylbestimmung möchten wir nach der
Titration der Alkaloidbasen des Tartratniederschlages folgende Arbeits¬
weise vorschlagen:
Man beschickt den Wäscher (W) mit einer etwa lOprozentigen feinen Anreibungvon rotem Phosphor mit Wasser. In das Absorptionsgefäß Vi gibt man 7 cm3, in das
Absorptionsgefäß V2 3 cm3 der Natriumazetat-Eisessiglösung. In Vi werden 4 Tropfen,in V2 2 Tropfen Brom zugegeben. Im Erlenmeyerkolben löst man eine kleine MengeNatriumazetat in konzentrierter Ameisensäure auf. Man stellt einen Kippschen Kohlen¬
dioxyd-Apparat bereit, verbindet ihn mit einer mit verdünnter Bleiazetat- oder Silber¬
nitratlösung beschickten Waschflasche und führt den zum Methoxylbestimmungsapparat
gehenden Gummischlauch durch einen Präzisionsquetschhahn.Die titrierte Lösung wird auf dem Wasserbad in einer Porzellanschale auf etwa
30 g eingeengt, quantitativ in einen Scheidetrichter von 100 cm3 Inhalt gespült, mit
5 cm3 verdünnter Natronlauge (etwa 2 n) versetzt und viermal mit je 10 cm3 Chloro¬
form ausgeschüttelt. Die Chloroformausschüttelungen werden nacheinander durch Watte
in einen Erlenmeyerkolben gegossen; das Chloroform wird bis auf einige Kubik¬
zentimeter abdestilliert, die Chloroformlösung quantitativ in das Siedekölbchen (K)
gegossen und der Erlenmeyerkolben wiederholt mit wenig Chloroform nachgespült(Gesamtvolumen etwa 15 cm3). Das Chloroform wird abdestilliert, der Rückstand mit
5 cm3 Weingeist Übergossen und der Weingeist vollständig verdampft. Der erhaltene
Rückstand wird während einer halben Stunde bei 100° getrocknet.Nun gibt man in das Siedekölbchen 5 cm3 Jodwasserstoffsäure (d = 1,70), fügt
etwa 0,2 g grobgepulverten roten Phosphor hinzu, setzt die Methoxylbestimmungsappa-ratur zusammen und erhitzt den Inhalt des Kölbchens in einem möglichst kleinen
Glyzerin- oder Oelbad während 2 Stunden zum Sieden (Badtemperatur etwa 140—150°),wobei man zugleich einen CCVStrom von solcher Stärke durch die Apparatur leitet,daß gleichzeitig nur je eine Blase durch die Flüssigkeit geht. Zum Schutz gegen Wärme¬
strahlung bringt man zwischen Bad- und Absorptionsgefäße eine Asbest- oder
Eternitpiatte.Nach 2 Stunden ist alles Methyljodid in die Absorptionsgefäße übergetrieben.
Man entfernt zunächst die Absorptionsvorlagen mit dem Erlenmeyerkolben und hier¬
auf die Zuleitung des Kippschen Apparates zum Siedekölbchen.
18
Den Inhalt der beiden Absorptionsgefäße entleert man nun unter sorgfältigemNachspülen mit Wasser quantitativ in einen Erlenmeyerkolben von 300 cm3 Inhalt mit
Glasstopfen, in welchem man vorher 1,5 g reines Natriumazetat in wenig Wasser voll¬
kommen aufgelöst hat. Man achte darauf, daß kein festes Salz an den Wandungendes Erlenmeyerkolbens haftet, weil dieses zu Bromatbildung führen könnte. Wenn das
Flüssigkeitsvolumen im Erlenmeyerkolben etwa 150 cm3 beträgt, läßt man an der Ge¬
fäßwandung einige Tropfen (bis 0,5 cm3) konzentrierte Ameisensäure einlaufen und
schwenkt um. Bei richtiger Ausführung ist die Bromfarbe bereits nach wenigen Sekun¬
den verschwunden; durch kräftiges Schütteln bringt man auch das im Gasraum be¬
findliche Brom zur Absorption. Verschwindet die Bromfarbe nach einigen Minuten
nicht, so hat es an Natriumazetat gemangelt. Nun spült man die Gefäßwand ab und
prüft etwa eine Minute nach dem Verschwinden der Bromfarbe durch Zusatz eines
Tropfens Methylrotlösung auf Bestehenbleiben der roten Färbung. In den wenigenFällen, wo die rote Farbe wieder verschwindet, wiederholt man diese Prüfung auf
Abwesenheit von Brom.
Zur entfärbten Lösung gibt man etwas verdünnte Schwefelsäure und 0,5—1 gfestes Kaliumjodid und läßt den verschlossenen Erlenmeyerkolben während einer Stunde
im Dunkeln stehen. Hierauf titriert man das ausgeschiedene Jod nach Zusatz von 20
bis 25 Tropfen Stärkelösung mit 0,1 n-Natriumthiosulfat bis zur Entfärbung (Mikro-bürette).
In einem Blindversuch ist die Methoxylbestimmung ohne Alkaloide, aber sonst
unter gleichen Bedingungen auszuführen und die dabei verbrauchte Menge 0,1 n-Thio-
sulfat bei der eigentlichen Methoxylbestimmung in Abzug zu bringen.
Ermittlung des Gehaltes an Chinin + Hydrochinin.
Die Berechnung des Gehaltes an Chinin + Hydrochinin geschieht in folgenderWeise:
6 J entsprechen bei obiger Methoxylbestimmung 1 CH3O bzw. 1 Chinin (C20H24O2N2,Mol.-Gew. 324,2) oder 1 Hydrochinin (CsoHmOs^, Mol.-Gew. 326,2).
Da die Menge Hydrochinin in der Chinarinde im Vergleich zu derjenigen des
Chinins klein ist, kann man mit dem Mol.-Gew. des Chinins rechnen. Folglich entspricht
1 cm3 0,1 n-Na2S203 =°'03242
g = 0,005403 g Chinin + Hydrochinin.6
Da 0,03242 g Chinin oder Hydrochinin = 1 cm3 0,1 n - HCl entsprechen, so ent¬
spricht 1 cm3 0,1 n - Na2S2Û3 = 1/B cm3 0,1 n - HCl. Die Umrechnung der 0,1 n - NaaSsOaauf 0,1 n - HCl ist notwendig, um bei der früheren Bestimmung der Summe von Chinin
-t- Hydrochinin + Cinchonidin (vgl. S. 15), die auf die beiden erstgenannten Alkaloide
entfallende Menge 0,1 n - HCl zu ermitteln. Man erhält die dem Chinin + Hydrochininentsprechende Menge 0,1 n - HCl durch Division der bei obiger Methoxylbestimmungverbrauchten cm3 0,1 n - Na2S2Û3 durch 6. Aus den so ermittelten cm3 0,1 n - HCl berech¬
net sich die Menge Chinin + Hydrochinin in 1 g Chinarinde nach der Gleichung:1 cm3 0,1 n - HCl = 0,03242 g Chinin + Hydrochinin.Zur Umrechnung auf den Prozentgehalt der Chinarinde ist die gefundene Menge
mit 100 zu multiplizieren.
Ermittlung des Cinchonidingehaltes.
Dazu wird die oben berechnete Anzahl cm3 0,1 n - HCl von der bei der titrimetri-
schen Bestimmung der Tartrate (vgl. S. 15) gefundenen Anzahl cm3 0,1 n - HCl abge¬zogen. Die Differenz ist umzurechnen nach der Gleichung
1 cm3 0,1 n - HCl = 0,02942 g Cinchonidin.
Die erhaltene Cinchonidinmenge entspricht 1 g Chinarinde und ist zur Umrech¬
nung auf Prozente mit 100 zu multiplizieren.
Mit 10 cm3 einer wäßrigen Chininhydrochloridlösung, welche etwa
0,01 g Chininbase enthielt, führten wir die Methoxylbestimmung nach der
erwähnten Vorschrift aus. In der Lösung waren entsprechend einem Ver¬
brauch von 0,31 cm3 0,1 n - HCl 0,01005 g Chininbase enthalten. Bei der
Titration verbrauchten wir folgende Mengen 0,1 n-Na2S203:
19
Verbrauch an 0,1 n - Na2S203im Absorptionsgefäß*
Dem Chinin ent¬
sprechende Anzahl
cm' 0,1 n - HCl
Chinin
in g
v± v2
1,76 cm'
1,79 cm3
1,79 cm3
1,78 cm'
0,10 cm'
0,06 cm3
0,07 cm3
0,07 cm'
0,31000
0,30834
0,31000
0,30834
0,01005
0,01000
0,01005
0,01000
* Interessehalber haben wir hier die Titration mit dem Inhalt der zwei Absorp¬tionsgefäße getrennt ausgeführt.
Die Differenz dieser Werte beträgt 0,05 mg oder 0,5 %. Wir dürfen
dieses Bestimmungsverfahren als genügend genau bezeichnen.
5. Hydrochininbestimmung in der Chinarinde nach einer titrimetrischen
Variante der Methode von Vetter.
Vetter und Hofmann benützten zur Hydrochininbestimmung die Emp¬findlichkeit der Vinylbasen R—CH=CH2 gegen Oxydationsmittel, mit wel¬
chen die Aethylbasen und Hydroverbindungen (R—CH2—CH3) nicht rea¬
gieren. Als Oxydationsmittel verwenden sie Kaliumpermanganat. Bei der
Einwirkung von KMn04 auf Chinin entsteht Quitenin (ClsH2102N2—COOH)und bei der Einwirkung auf Cinchonidin Cinchotenidin (Ci8H20O3N2). Diese
Verbindungen sind im Gegensatz zu Hydrochinin, das praktisch als ein¬
zige Hydrobase in der Chinarinde vorkommen soll, aus ammoniakalischer
Lösung mit Aether nicht ausschüttelbar. Hydrocinchonin und Hydrocin-chonidin sind in Aether schwer löslich45.
Nach der Titration der Basen unseres Tartratniederschlages (vgl. S. 15),der Chinin, Hydrochinin und Cinchonidin enthält, bestimmten wir in
Parallelversuchen den Gehalt an Hydrochinin mit wenig Aenderungennach dem von Vetter und Hofmann angegebenen Verfahren:
Die bei der Titration erhaltene Alkaloidlösung (Bestimmung der Basen im Tar-
tratniederschlag) wird mit 3 cm' lOprozentiger Schwefelsäure versetzt, in einer Por¬
zellanschale auf etwa 20 g eingeengt, in ein Becherglas von 200 cm' Inhalt gespültund unter direkter Zugabe von Eis auf 0—5° abgekühlt. Hierauf läßt man aus einer
Bürette unter ständigem Rühren soviel lprozentige KMnCU-Lösung zufließen, bis die
rote Farbe nicht mehr verschwindet. Ist dieser Punkt ungefähr erreicht, so setzt man
noch 3 cm3 KMnC>4-Lösung zu, rührt rasch um und gibt genau nach % Minute so viel
frisch bereitete lOprozentige Natriumbisulfitlösung hinzu, daß das überschüssige Kalium¬
permanganat wieder verschwindet und das gebildete Mangandioxyd sich löst.
Die meist schwach gelbe Flüssigkeit spült man in einen Scheidetrichter von 100 cm3
Inhalt, macht dieselbe mit lOprozentigem Ammoniak alkalisch und schüttelt viermal mit
Aether (50, 40, 20, 10 cm3) gut aus. Die ätherischen Lösungen gießt man nacheinander
durch Watte in einen Erlenmeyerkolben von 250 cm3 Inhalt, wäscht mit 20 cm3 Aether
nach, destilliert den Aether ab, nimmt den Rückstand zweimal mit je 5 cm3 Aether auf
und verdampft auch diese vollständig. Der Rückstand (= Hydrochinin) wird in 10 cm3
Weingeist gelöst und wie bei Cortex Cinchonae nach Ph. Helv. V titrimetrisch bestimmt:
1 cm' 0,1 n -HCl = 0,03262 g Hydrochinin.
Nach dieser Methode verbrauchten wir bei Droge I für das Hydro¬chinin aus 1 g Droge 0,08 bis 0,09 cm3 0,1 n - HCl, entsprechend einem
Hydrochiningehalt von 0,26—0,29 %.
20
6. Vorschlag zur getrennten Bestimmung des Chinins, Hydrochinins und
Cinchonidins in der Chinarinde.
Zur Bestimmung von Chinin, Hydrochinin und Cinchonidin schlagenwir folgendes Verfahren vor:
Aus der titrierten Lösung der Gesamtalkaloide (vgl. S. 10) von vier
Bestimmungen werden die drei oben genannten Alkaloide als Tartrate in
etwa 25prozentiger Seignettesalzlösung abgeschieden. Durch nachfolgendeTitration der in Freiheit gesetzten Alkaloidbasen wird der Verbrauch an
0,1 n - HCl ermittelt (vgl. S. 15). In dieser titrierten Lösung wird einer¬
seits in zwei Parallelversuchen der Gehalt an Hydrochinin mit der von
uns in Anlehnung an die Hydrochimnbestimmungsmethode von Vetter und
Hofmann etwas modifizierten Vorschrift festgestellt (s. S. 20), und ander¬
seits in zwei Parallelversuchen der Gehalt an Chinin + Hydrochinin in
dem mit Chloroform ausgeschüttelten Basengemisch unter Benützung der
Methoxylbestimmungsmethode von Vieböck und Schwappachßl ermittelt
(vgl. S. 18).Die dem Chinin + Hydrochinin entsprechende Menge 0,1 n - HCl wird
berechnet und von der bei der Titration der Alkaloidbasen des Tartrat-
niederschlages verbrauchten Menge 0,1 n - HCl in Abzug gebracht. Die
Differenz ergibt die Menge Cinchonidin.
Zur Berechnung des Chinins, Hydrochinins und Cinchonidins in 1 gChinarinde schlagen wir folgende Formeln vor:
Gehalt an Chinin + Hydrochinin in % — (Ve b) • 3,242 (berechnet als
Gehalt an Chinin in % = [(Va • b)—c] • 3,242 [Chinin)Gehalt an Hydrochinin in % = c • 3,262Gehalt an Cinchonidin in % = [a—(V.-b)] -2,942
a = bei der Titration der Alkaloidbasen des Tartratniederschlages (Chi¬nin + Hydrochinin -f Cinchonidin) verbrauchte Anzahl cm3 0,1 n-HCl;
b = die für Chinin + Hydrochinin bei der Methoxylbestimmung ver¬
brauchte Anzahl cm3 0,1 n - NaoSA;c = bei der Hydrochininbestimmung verbrauchte Anzahl cm3 0,1 n - HCl.
Unsere Droge I gab bei der Analyse folgende Resultate:
Verbrauch an 0,1 n - HCl bei der Titration der Ba¬
sen (Chinin + Hydrochinin + Cinchonidin) des
Tartratniederschlages (= a)
Verbrauch an 0,1 n - Na2S203 für Chinin + Hydro¬chinin (= b)
Verbrauch an 0,1 n - HCl für Hydrochinin (= c)
Dem Chinin + Hydrochinin von 1 g Chinarinde
entsprechende 0,1 n - HCl (=1/e • b)
Gehalt an Chinin
Gehalt an Hydrochinin
Gehalt an Cinchonidin
0,97 cm3
3,46 cm3
0,08 cm3
0,577 cm3
1,61 %
0,26%
1,16%
0,96 cm3
3,45 cm3
0,09 cm3
0,575 cm3
1,57%
0,29%
1,13%
0,96 cm3
3,46 cm3
0,08 cm3
0,577 cm3
1,61%
0,26%
1,13%
21
Unsere Droge enthält also bei einem Gesamtalkaloidgehalt von 11,29 % :
i. M. 1,59 % Chinin oder 14,08 % des Gesamtalkaloidgehaltes,i. M. 0,27 % Hydrochinin oder 2,39 % des Gesamtalkaloidgehaltes,i. M. 1,14 % Cinchonidin oder 10,10 % des Gesamtalkaloidgehaltes.
Für Arzneibuchzwecke erweist sich die getrennte Bestimmung von
Chinin, Hydrochinin und Cinchonidin als ein ziemlich zeitraubendes Ver¬
fahren. Es dürfte unseres Erachtens genügen, einerseits den Gesamtalka¬
loidgehalt der Chinarinde und anderseits den Gehalt an Chinin -f Hydro¬chinin zu bestimmen. Von einer besonderen Bestimmung des Hydrochininsdarf wohl abgesehen werden, da dieses Alkaloid ein dem Chinin thera¬
peutisch ebenbürtiges, wenn nicht sogar überlegenes Begleitalkaloiddarstellt*.
D. Zusammenfassung.
1. Bestimmung der Gesamtalkaloide der Chinarinde.
Es wird eine vergleichende Uebersicht und Kritik der neueren wich¬
tigsten Analysenvorschriften zur Bestimmung der Gesamtalkaloide der
Chinarinde gegeben.Der Befund von Wojahn und Erdelmeier", daß bei Ersatz der in der
Vorschrift der Ph. Helv. V zur Extraktion von Chinarinde angegebenenMenge Salzsäure durch die gleiche Gewichtsmenge Ameisensäure etwa
2,6 % mehr Alkaloid (bezogen auf den Gesamtalkaloidgehalt = 100 %)gefunden werden, kann von uns insofern bestätigt werden, als wir bei
Droge I 2,5 % mehr Gesamtalkaloid erhielten; bei Droge II erhielten wir
4,5 %, bei Droge IV 1,1 %, bei Droge III hingegen nur 0,8 % mehr
Gesamtalkaloid. Trotzdem also von uns nicht bei allen Drogen ein wesent¬
lich höherer Gesamtalkaloidgehalt gefunden wurde, halten wir den Vorschlagvon Wojahn und Erdelmeier, künftig Ameisensäure an Stelle von Salz¬
säure zu verwenden, doch für eine wertvolle Verbesserung der Methode
der Gesamtalkaloidbestimmung in Chinarinde, weil dadurch die Gesamt¬
alkaloide vollständiger erfaßt werden.
Bemerkenswert ist unser Befund, daß die höheren Gesamtalkaloid-
werte bei Verwendung von Ameisensäure nicht auf einer vollständigerenExtraktion von Chinin, Hydrochinin und Cinchonidin, sondern von andern
Alkaloiden der Chinarinde beruhen.
Unter Benützung des Vorschlages von Wojahn und Erdelmeier und
gestützt auf eigene Erfahrungen haben wir eine gegenüber Ph. Helv. V
etwas abgeänderte Methode der Gesamtalkaloidbestimmung für Chinarinde
ausgearbeitet, die wir als Arzneibuchmethode empfehlen können.
2. Bestimmung von Chinin, Hydrochinin und Cinchonidin
in der Chinarinde.
Es wird eine Uebersicht über die wichtigsten Methoden zur Bestim¬
mung einzelner Alkaloide im Gemisch der Chinaalkaloide und in der
* Vgl. z.B. Giemsa u. Oesterlin, Arch. Schiffs- und Tropenhyg. 37, Beiheft 4 (1933).
22
Chinarinde gegeben. Unter Benützung der Methoxylbestimmungsmethodevon Vieböck und SchwappacW1 haben wir ein Verfahren ausgearbeitet,welches gestattet, in einem Arbeitsgang den Gesamtalkaloidgehalt und
den Gehalt an Chinin 4- Hydrochinin und an Cinchonidin, ausgehend von
nur 1,25 g Droge, auf titrimetrischem Wege zu bestimmen. Durch anschlie¬
ßende gesonderte Bestimmung des Hydrochinins nach einer titrimetrischen
Ausführungsform der Methode von Vetter und Hofmann kann auch der
Gehalt an Chinin ermittelt werden.
23
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Ueber die Bestimmung der Gesamtalkaloide
und von Hyoscyamin in Folium Belladonnae.
A. Uebersicht über die Inhaltsstoffe der Solanaceendrogen von Ph. Helv. V.
Nach den jetzigen Kenntnissen enthalten diese Solanaceendrogen fol¬
gende basische Körper:
I. Physiologisch hochwirksame Alkaloide.
a) Radix Belladonnae.
Sie enthält 1-Hyoscyamin, Atropin, Skopolamin, Apoatropin (= Atro-
pamin), Belladonnin und Bellaradin.
Nach Untersuchungen von Kuhn und Schäfer1 ist l-Hyoscyamin das
Hauptalkaloid, das in den meisten Fällen mindestens 85 % des Gesamt-
alkaloidgehaltes ausmacht.* Nach ihnen soll Atropin sowohl in den kulti¬
vierten als auch in den wildgesammelten Wurzeln nativ vorkommen. Frei¬
lich werden von ihnen keine Angaben über die Trocknungsart der frischen
Pflanzenteile gemacht. Vielleicht ist Atropin durch Razemisierung des
1-Hyoscyamins entstanden. Aehnliche Ergebnisse erhielt Küßner2 mit
getrockneten Handelswurzeln verschiedener Herkunft. Bei einer Wurzel,die in einem Elektrotrockenschrank mit Ventilator bei 70° getrocknetwurde, fand er kein Atropin. Klein und Sonnleitner3 erbrachten den
Beweis, daß Atropin nativ in der Pflanze vorkommt. Fehr" gibt für die
Wurzel als beste Trocknungstemperatur 50° an. Wird bei 100° getrocknet,so nimmt der Alkaloidgehalt ab; der prozentuale Anteil an Hyoscyamin
1 A. Kuhn und G. Schäfer, Dtsch. Apoth.-Ztg. 53, 405, 424 (1938), Pharm. Ztrh. 80,151, 163 (1939).
2 W. Küßner, Mercks Jahresb. 52, 39 (1938).3 G. Klein und H. Sonnleitner, Oesterr. bot. Z. 78, 9 (1929).4 H. Fehr, Untersuchungen über die Konservierung der Wurzel von Atropa Bella¬
donna L. unter besonderer Berücksichtigung des Gehaltes an Hyoscyamin, Atropin und
Skopolamin, Diss. ETH. Zürich (1942).* Die von Kuhn und Schäfer ermittelten Werte sind, wie später ausgeführt wird,
infolge eines Berechnungsfehlers um etwa 17 °/o zu hoch.
25
ist, bezogen auf den Gesamtalkaloidgehalt, dagegen größer.** Vielleicht
werden bei 100° flüchtige basische Körper entfernt.
Skopolamin (= Hyoscin) ist in der Belladonnawurzel sehr spärlichoder überhaupt nicht vorhanden. Schmidt5 wies in der Wurzel an Hand
des Schmelzpunktes der Golddoppelverbindung das Vorkommen von Sko¬
polamin nach. Klein und Sonnleitner3 fanden dieses Alkaloid hingegen in
keinem Teil der Pflanze. Von neun untersuchten Wurzeln konnten Kuhn
und Schäfer1 nur in dreien Skopolamin nachweisen; seine Menge betrugnicht mehr als 2,6% der Gesamtalkaloide. Küßner2 fand nur in der oben
erwähnten atropinfreien Wurzel Skopolamin.Apoatropin C17H2i02N, der Atropasäureester des Tropins (= Atro-
pamin), wurde 1891 von Hesse" aus der Wurzel der Atropa Belladonna
isoliert. Nach seinen Untersuchungen scheint sich das Vorkommen auf die
Wurzel zu beschränken. Ein Jahr später wurde es von Hesse7 und
Pesci" durch Einwirkung von Salpetersäure auf Atropin erhalten. Späterwurde die Identität von Apoatropin mit Atropamin von Hesse9 festgestellt.
Belladonnin. Hübschmann10 erwähnt, daß er aus dem rohen Atropineine neue Base, das Belladonnin, abgeschieden habe. Sie besitze keine
Fähigkeit zum Kristallisieren und bilde die die Kristallisation des Atro-
pins erschwerende Substanz. Alle, welche sich mit der Herstellung des
Belladonnins befaßten, wie Hesse" und Merling11, der als Brutto¬
formel (C17H2102N)x ermittelte, die Firma Gehe iE Co.1'1 erhielten es
nur als Firnis oder amorphe Substanz. Küßner13 gelang es zuerst, aus
den amorphen Restalkaloiden der Belladonnawurzel, die in ihren Lösungs¬eigenschaften dem bisher nur in amorpher Form bekannten Belladonnin
ähnlich waren, das Belladonnin in kristalline Form überzuführen. Es ist
wahrscheinlich als ein Dimeres oder ein Polymerisationsprodukt des
Apoatropins aufzufassen (C17H2102N)2.Nach Untersuchungen von Küßner'2 beträgt in der Belladonnawur¬
zel der Gehalt an Apoalkaloiden 2,1—7,2 % und der Gehalt an amorphenRestalkaloiden (Belladonnin) 3,4—15,1 % des Gesamtalkaloidgehaltes.
Für Apoatropin und Belladonnin werden folgende Eigenschaftenerwähnt:
Apoatropin addiert als ungesättigtes Alkaloid infolge der Doppelbindung der Atropa-säure zwei Atome Brom, während Belladonnin sich gegen Brom gesättigt verhält13.
Darauf beruht nach Küßner die bromometrische Titration des Apoatropins in schwefel¬saurer Lösung mit 0,1 n-KBrOs-Lösung in Gegenwart von KBr und Jodkaliumstärke¬
papier als Tüpfelindikator. Eine bromometrische Titration wurde auch schon von Will-
stätter und üugu ausgeführt, welche zum Nachweis von Apoalkaloiden mit 0,05 n-Brom-
lösung arbeiten.
6 E.Schmidt, Arch. Pharm. 230, 208, 229 (1892).6 0. Hesse, Ann. Chem. 261, 96, 105 (1891).7 0. Hesse, Ann. Chem. 271, 124 (1892).8 L. Pesci, Ber. dtsch. chem. Ges. 15, 529 (1892).9 0. Hesse, Ann. Chem. 277, 294 (1893).
10 F. Hübschmann, Schweiz. Z. Pharm. 3, 123 (1858).11 G. Merling, Ber. dtsch. chem. Ges. 17, 381 (1884).12 Gehe's Drosenbericht, Dresden April (1872).13 W. Küßner,"Arch. Pharm. 276, 617 (1938).14 R. Willstätter und E. Hug, Z. physiol. Chem. 79, 148 (1912)."*" Fehr hat zur Berechnung des Hyoscyamingehaltes die Formel von Kuhn und
Schäfer benützt, welche, wie oben erwähnt, fehlerhaft ist.
26
Apoatropinhydrochlorid ist in Chloroform leicht löslich, während die Hydrochloridevon Hyoscyamin, Atropin, Skopolamin und Belladonnin in Chloroform schwer löslich
sind13.
Die freie Base ist nach Beilstein15 schwer löslich in Wasser, sehr leicht löslich in
Alkohol, Aether, Chloroform, Schwefelkohlenstoff und Benzol. Sie ist ein heftiges Krampf¬gift, hat keine oder nur schwache mydriatische Wirkung16 und ist optisch inaktivi6.
Belladonnin zeigt völlig gesättigtes Verhalten gegen Brom und Permangansäure.Die Base ist sehr schwer löslich in Wasser, Petroläther und Tetrachlorkohlenstoff, schwerlöslich in Aether (ist aber aus der von den Apoalkaloiden befreiten Alkaloidlösung, die
mit Soda alkalisch gemacht wurde, durch wiederholtes Ausschütteln mit Aether extra¬
hierbar), leicht löslich in Essigsäureäthylester, sehr leicht löslich in Methanol, Aethanol,Benzol und Chloroform. Sie gibt die Vitalische Reaktion wie Hyoscyamin, Atropin, Sko¬
polamin und ist optisch inaktiv13.
Bellaradin C7H13ON wurde von King und Ware" aus bulgarischerBelladonnawurzel isoliert.
Flüchtige Basen der Pyrrol-Pyridingruppe, wie sie in den Solanaceen-
blattdrogen sich vorfinden, konnten von Kuhn und Schäfer1 in Bella¬
donnawurzel nur bei Aufarbeitung von 5—10 kg Droge nachgewiesenwerden.
b) Folium Belladonnae.
Nach den Ergebnissen von Kuhn und Schäfer1 ist auch im Bella¬
donnablatt zur Hauptsache Hyoscyamin neben wenig Atropin vorhanden.
Vielleicht ist das inaktive Atropin erst während der Trocknung der Drogeentstanden, denn nach Schmidt18, Goris und Costyw soll in frischen
Solanaceenblättern nur 1-Hyoscyamin vorliegen.
c) Folium. Hyoscyami.
Die frischen Blätter enthalten nach Kuhn und Schäfer20 Hyoscya¬min und Skopolamin. Klan21 stellte folgendes Alkaloidvorkommen bei
Hyoscyamus niger fest: Im Anfangsstadium der Entwicklung enthalten die
Organe Skopolamin, bei fortschreitendem Wachstum bildet sich Hyoscya¬min; in allen Organen, die das Primärstadium der Entwicklung hinter sich
haben, überwiegt quantitativ ohne Ausnahme das Hyoscyamin, das jedochstets von Skopolamin begleitet wird. Atropin kommt nur in der Wurzel
der zweijährigen Pflanze gegen Ende der Vegetationsperiode und in wel¬
kenden Blättern vor, wo es direkt nach dem Absterben erscheint.
d) Folium Stramonii.
Die frischen Blätter sollen nach Kuhn und Schäfer20 zur Haupt¬sache Hyoscyamin enthalten. Nach Chou22 und nach Andrews21 soll auch
Skopolamin vorkommen, Atropin hingegen fehlen.
15 Beilstein, Handbuch d. org. Chem., 4. Aufl. 21, 20, Berlin (1935).16 H. Kreitmair, Mercks Jahresb. 52, 47 (1938).17 H. King und L. Ware, J. chem. Soc, London, 331 (1941).18 E. Schmidt, Arch. Pharm. 243, 306 (1905).19 A. Goris und P. Costy, Bull. Sei. pharmacol. 28, 545 (1921), 29, 113 (1922).20 A. Kuhn und G. Schäfer, Pharm. Ztrh. 76, 49 (1935).21 Z. F- Klan, J. Amer, pharm. Ass. 20, 1163 (1931).22 T. Q. Chou, Chin. J. Physiol. 9, 77 (1935) ; nach C. 107, 1022 (1936) II.23 A. E. Andreios, J. chem. Soc, London 991100, 1871 (1911).
27
e) Semen Stramonii.
Diese enthalten zur Hauptsache Hyoscyamin20. Nach Schmidt6 und
nach Andrews23 ist Skopolamin nur in sehr geringer Menge vorhanden;Atropin soll nicht praeexistieren24.
f) Herba Hyoscyami mutici.
Die Stammpflanze enthält nach Dunstan und Brown26 und nach
Dowzard26 Hyoscyamin ohne Nebenalkaloide. Potjewijd27 stellte im
lebenden Kraut von in Holland kultivierten Pflanzen in allen Teilen
Hyoscyamin fest. Atropin fand er nur einige Male in sehr jungen Pflan¬
zen; sonst soll es, nach seiner Vermutung, aus abgestorbenen Blättern
stammen. Tropin fand er nur im Laub junger Pflanzen. Skopolamin konnte
er als Golddoppelsalz durch Bestimmung des Schmelzpunktes nicht nach¬
weisen. Dagegen soll sich in der Pflanze nach Laffargue2* auch Skopo¬lamin vorfinden, während nach Fahmy29 das Alkaloid des ägyptischenBilsenkrautes fast ausschließlich aus Hyoscyamin bestehen soll.
In der Literatur wird als weiteres Solanaceenalkaloid noch Mandra¬
gorin erwähnt, das von Ahrensä" zuerst aus der Mandragorawurzelisoliert wurde. Dieses Alkaloid wurde aber von Thoms und Wentzel31
zur Hauptsache mit Hyoscyamin identisch befunden.
II. Flüchtige Pîlanzenbasen (= flüchtige Protoalkaloide).
Diese kommen fast ausschließlich in den assimilierenden Organen der
Solanaceen vor. Sie können bei der Wertbestimmung einen störenden
Einfluß ausüben, indem durch sie zu hohe Alkaloidgehalte vorgetäuschtwerden. Nach den neuesten Untersuchungen von Proche und Seidl32
sind nicht alle diese Basen beim Abdestillieren des Benzols (etwa 80°)vollständig flüchtig. Es sind folgende Basen nachgewiesen worden:
a) Cholin33.
b) Tropin27 (Sdp. 229°).c) N-Methylpyrrolin (Sdp. 80°), N-Methylpyrrolidin (Sdp. 79°), Pyridin
(Sdp. 115,3°) in Spuren34.Diese Stoffe wurden in Folium Belladonnae nachgewiesen.
d) Tetramethyl-l,4-diaminobutan (Sdp. 168°).
24 E. Schmidt, Arch. Pharm. 229, 518 (1891).25 W. R. Dunstan und H. Brown, J. ehem. Soc, London 75, 73 (1899). 79, 73 (1901).20
Dowzard, Amer. J. Pharm. 80, 201 (1908).27 T. Potjewijd, Phytochemisch onderzoek van het levende kruid van Hyoscyamus
muticus L., Diss. Leiden (1934).28 Laffargue, Bull. Soc. Pharm. Egypte; nach Schweiz. Apoth.-Ztg. 70, 359 (1932).29 I. R. Fahmy, Rapport de la Soc. Pharm. d'Egypte, le Caire, 1931, 2" année, N° III,
volume spécial; nach J. Pharm. Belgique 18, 435 (1936).30 F. B. Ahrens, Ber. dtsch. ehem. Ges. 22, 2159 (1889).31 H. Thoms und M- Wentzel, Ber. dtsch. Ges. 31, 2031 (1898).32 0. Proche und R. Seidl, Oesterr. Chemiker-Ztg. 44, 265 (1941).33 H. Kune, Arch. Pharm. 223, 721 (1885).34 A. Goris und A. Larsonneau, Bull. Sei. pharmacoLSS, 499 (1921).
28
In Folium Belladonnae34 und in Hyoscyamus muticus"7> S9> 35 nach¬
gewiesen.
e) Dimethylamin (Sdp. 7,4°). In Skopoliaextrakt nachgewiesen36.f) Skopolin (Sdp. 248°). Soll in skopolaminhaltigen Drogen vorkommen21.
Die Flüchtigkeit von Cholin wird durch die Spaltung in Glykol und
Trimethylamin verursacht. DeKay und Jordan37 wiesen Trimethylaminim Rückstand nach, der durch Extraktion der Droge in der Hitze (z. B.
nach der Methode von U. S. P. XI) erhalten worden war. Nach Klan21
soll man Tropin und Skopolin in absterbenden Organen begegnen.
B. Uebersicht und Kritik der neueren Bestimmungsmethoden der Gesamt-
alkaloide von Folium Belladonnae.
Die Wertbestimmung der Droge geschieht bei den heute hauptsächlichverwendeten Methoden nach folgenden Prinzipien:
I. Methoden, bei welchen die Droge nur einmal extrahiert wird.
1. Die Droge wird mit verdünntem Weingeist extrahiert. Zur Abschei¬
dung von Chlorophyll und Harz wird die Alkaloidlösung vom Weingeistbefreit und mit wenig Säure versetzt, um die Alkaloide sicher in Lösungzu halten. Aus derselben werden die Alkaloidbasen nach Alkalisieren mit
Ammoniak mit Aether ausgeschüttelt und nach Vertreiben des Aethers
und Ammoniaks durch direkte oder indirekte Titration bestimmt. Nach
diesem Prinzip arbeiten Ph. Helv. V, Ph. Hung. IV und Nederl. Ph. V.
2. Die Droge wird mit Aether in Gegenwart von Ammoniak extrahiert.
Die ätherische Alkaloidlösung, die zur Klärung nach evtl. Zusatz von
Talk mit Wasser geschüttelt worden ist, wird folgendermaßen aufge¬arbeitet:
a) Der Aether wird zum Teil abdestilliert, wobei auch Ammoniak sich
verflüchtigt, die Aetherlösung mit 0,1 n-Säure ausgeschüttelt und der
Säureüberschuß durch Titration bestimmt. Nach dieser Methode
arbeitet D. A. B. 6.
b) Der Aether wird zur vollständigen Verflüchtigung des Ammoniaks
zur Trockene verdampft und der Rückstand wieder in Aether gelöst.Die Alkaloidbasen werden mit 0,01 n-Säure ausgeschüttelt und der
Säureüberschuß durch Titration bestimmt. Nach dieser Modifikation
des D. A. B. 6 arbeitet Ph. Belg. IV.
c) Aus der ätherischen Lösung werden die Basen mit Säure ausgeschüt¬
telt; die saure Alkaloidlösung wird mit Ammoniak alkalisiert und mit
Chloroform ausgeschüttelt. Im Verdampfungsrückstand werden die
Alkaloide, nach evtl. x4 stündigem Erwärmen auf 100° zwecks Besei-
35 R. Willstätter und W- Heubner, Ber. dtsch. ehem. Ges. 40, 3869 (1907).36 S. Aoyama, J. Pharm. Soc. Japan 48, 26 (1928) ; nach C. 99, 2405 (1928) I.
37 H. O. DeKay und C. B. Jordan, J. Amer, pharm- Ass. 23, 316, 391 (1934).
29
tigung der flüchtigen Pflanzenbasen, durch direkte oder indirekte
Titration bestimmt. Nach diesem Prinzip arbeiten Ph. Belg. IV
1. Supplement und Svenska F. 1925.
d) Der Aether wird in Gegenwart von Säure abdestilliert, die saure
Alkaloidlösung nach Schütteln mit Talk filtriert, mit Ammoniak alka-
lisiert und mit Chloroform ausgeschüttelt. Der Alkaloidgehalt wird
im Verdampfungsrückstand durch direkte Titration bestimmt. Methode
von Peyer und Gstirner38.
3. Die Droge wird mit Aether-Chloroform in Gegenwart von Natrium¬
karbonat oder Ammoniak extrahiert. Die erhaltene Alkaloidlösung wird
mit normierter Säure ausgeschüttelt und der Säureüberschuß titrimetrisch
bestimmt (Methode des Codex Gall. 6) oder mit Säure ausgeschüttelt, die
saure Alkaloidlösung mit Ammoniak alkalisch gemacht, mit Chloroform
oder Aether-Chloroform ausgeschüttelt, das Lösungsmittel abdestilliert
und der Alkaloidgehalt im Rückstand, nach evtl. Trocknung bei 100° zwecks
Beseitigung der flüchtigen Pflanzenbasen, durch direkte oder indirekte
Titration bestimmt. Methoden von F. Espan. VIII, F. Port. 1935, F. Ital. VI.
II. Methoden, bei welchen die Droge erschöpfend extrahiert wird.
1. Nach Brit. Ph. 1932 und 5. Add. 1942 Brit. Ph. 1932 werden 10 g
Droge nach Zusatz von Ammoniak anfangs mit einer Mischung von
4 Vol. Aether und 1 Vol. Alkohol, nachher mit Aether allein per-koliert. Das Perkolat wird mit einer Mischung von 3 Vol. 0,1 n-HCl
und 1 Vol. Weingeist erschöpfend ausgeschüttelt. Die saure Alkaloid¬
lösung wird zwecks Beseitigung von Nebenstoffen zuerst mit Chloro¬
form geschüttelt, dann mit Ammoniak alkalisiert. Die Alkaloide wer¬
den mit Chloroform ausgeschüttelt. Das Lösungsmittel wird abdestil¬
liert, der Rückstand in Weingeist aufgenommen, zur Trockne ver¬
dampft und zur vollständigen Beseitigung des Ammoniaks und der
flüchtigen Pflanzenbasen während y<* Stunde (Brit. Ph.), bzw. 2 Stun¬
den (5. Add.) bei 100° getrocknet. Der Alkaloidgehalt wird durch
indirekte Titration bestimmt.
Fahmy und Mangoury haben einen Vorschlag zur Verbesserung der
Methode der Brit. Ph. 1932 gemacht (s. Abschnitt III, Ende).2. Nach U. S. P. XI 1939 Supplement werden 10 g Droge entweder mit
einer Mischung von 3 T. Aether und 1 T. Chloroform perkoliert, nach¬
dem die Droge mit einer Mischung von 20 cm3 Aether, 10 cm3 Chloro¬
form und 8 cm3 Ammoniak (27 %ig) über Nacht mazeriert wurde,oder im Soxhletapparat mit Aether extrahiert, nachdem die Drogemit einer Mischung von 10 cm3 Alkohol, 20 cm3 Aether und 8 cm3Ammoniak über Nacht mazeriert wurde (Verfahren von Watkins
und Palkin).
Die erhaltenen Extraktlösungen werden, falls notwendig, auf dem
Wasserbade eingeengt und die Alkaloide mit verdünnter Schwefelsäure
38 W. Peyer und F. Gstirner, Pharm. Ztg. 76, 1441 (1931).
30
ausgeschüttelt. Die saure Alkaloidlösung wird mit Ammoniak alkalisiert
und mit Chloroform ausgeschüttelt; das Lösungsmittel wird abdestilliert
und der Rückstand zwecks vollständiger Beseitigung des Ammoniaks und
flüchtiger Pflanzenbasen während 15 Minuten auf dem Wasserbad
erwärmt. Der Rückstand wird wieder in Chloroform gelöst, das Chloro¬
form auf dem Wasserbad zur Trockne verdampft und der Rückstand
während 15 Minuten weiter erwärmt. Das Lösen in Chloroform, Ver¬
dampfen und Erwärmen wird ein drittes Mal wiederholt. Der Rückstand
wird nachher in wenig Chloroform gelöst, 0,02 n-H2S04 hinzugefügt, das
Chloroform verdampft und der Säureüberschuß nach Zusatz von Methylrotals Indikator mit 0,02 n-NaOH bestimmt.
Im Gegensatz zu U. S. P. XI 1939 Supplement destillierte U. S. P. XI
das Lösungsmittel in Gegenwart von Säure ab und filtrierte die saure
Lösung in einen Scheidetrichter. Das Chlorophyll wurde wiederholt in
Chloroform gelöst, das Chloroform jeweils nach Zusatz von Säure abdestil¬
liert und die saure Lösung filtriert. Nachher wurde wie oben weiterge¬fahren: Ammoniakzusatz, Ausschütteln mit Chloroform usw.
III. Kritik einiger Arzneibuchmethoden.
Von den drei Arzneibuchmethoden, welche die Droge durch einmaligeMazeration mit verdünntem Weingeist extrahieren, arbeitet Ph. Helv. V
mit der kleinsten Drogenmenge (10 g), während bei den andern zwei Vor¬
schriften, ausgehend von 15 g Droge, auch nur die Alkaloide aus 5 g
Droge zur Bestimmung gelangen. Die Vorschrift der Ph. Helv. V lautet
folgendermaßen:10 g Tollkrautblatt (VI) werden in einer Arzneiflasche von 150 cm3 Inhalt mit
96,7 g verdünntem Weingeist während 1 Stunde häufig und kräftig geschüttelt. Dann
läßt man 1 Stunde lang absetzen und filtriert durch ein Faltenfilter von 10 cm Durch¬
messer unter Bedeckung des Trichters mit einer Glasplatte soviel wie möglich von der
weingeistigen Lösung in eine Arzneiflasche von 100 cm3 Inhalt ab. Dann werden 70 gder weingeistigen Lösung (= 7 g Droge) in eine mit einem Glasstäbchen versehene
und damit tarierte Porzellanschale abgewogen. Man dampft auf dem Wasserbad unter
häufigem Umrühren auf etwa 12 g ein, mischt 10 Tropfen verdünnte Salzsäure R. und
nach dem Erkalten soviel Wasser hinzu, daß das Gewicht des Schaleninhaltes 14,3 g
beträgt. Dann filtriert man zuerst durch ganz wenig Watte und hierauf durch ein Falten¬
filter von 7 cm Durchmesser 12 g der Flüssigkeit (= 6 g Droge) in eine Arzneiflasche
von 125 cm3 Inhalt, gibt 60 g Aether und 1 cm3 konz. Ammoniak hinzu und schüttelt
während 2 Minuten kräftig. Nach Zusatz von 1 g Tragantpulver schüttelt man nochmals
kräftig, gießt dann 50 g der ätherischen Lösung (= 5 g Droge) durch etwas Watte in
einen Erlenmeyerkolben von 150 cm3 Inhalt und destilliert das Lösungsmittel auf dem
Wasserbade ab. Den Rückstand nimmt man mit 5 cm3 Weingeist auf und verdampftauch diesen vollständig. Dann löst man den Rückstand in 3 cm3 Weingeist, gibt 25 cm3
frisch ausgekochtes und wieder erkaltetes Wasser und 10 Tropfen Methylrot hinzu und
titriert mit 0,1 n-Salzsäure bis zur Rotfärbung (Mikrobürette).
1 cm3 0,1 n-HCl = 0,0289 g Alkaloide.
Es müssen wenigstens 0,52 cm3 0,1 n-Salzsäure verbraucht werden, entsprechendeinem Mindestgehalt von 0,3 % Alkaloiden.
Nach H. MärkiG9 kann angenommen werden, daß bei der Extraktion
39 H. Märki, Ueber die Wertbestimmung des Opiums und einiger anderer Alkaloid-
dlogen, Diss- ETH. Zürich (1930).
31
rund ein Drittel des Drogengewichtes, also von 10 g Droge etwa 3,3 g
Extraktivstoffe und Feuchtigkeit in Lösung gehen. Auf Grund seiner
Bestimmungen rechnet er mit rund 0,3 g Chlorophyll und Harz auf 7 g
Droge; auf 10 g Droge umgerechnet, beträgt diese Menge 0,43 g. Also
wären in 10 g Droge 2,87 g oder 28,7 % Feuchtigkeit vorhanden. Wies¬
mannM
erhielt bei Folium Belladonna^ nach 192stündiger Trocknungim Schatten als höchsten Wassergehalt 11,7 %. Die Drogen der verschie¬
denen Trocknungsarten enthielten bei ihm zur Zeit der Alkaloidbestim-
mungen Wassergehalte von 4,0—7,4 %. Unseres Erachtens sollte in der
Vorschrift der Ph. Helv. V der Feuchtigkeitsgehalt der Droge besser in
die Berechnung hineingezogen werden. Entweder sollte vor der Alkaloid-
bestimmung der Feuchtigkeitsgehalt ermittelt oder ein maximaler Feuch¬
tigkeitsgehalt in dieser Vorschrift zugrunde gelegt werden. Im ersteren
Falle muß die in 10 g Droge enthaltene Menge Feuchtigkeit zu 0,43 g
Chlorophyll und Harz hinzugezählt und dieses Gewicht mit Spiritus dilutus
auf 100 g ergänzt werden. Im zweiten Fall muß die Menge Spiritus dilutus
von 96,7 g auf 98,4 g erhöht werden, wenn mit einem Wassergehalt von
12 % gerechnet wird. Bei unserer untersuchten Droge mit 6,46 % Feuch¬
tigkeitsgehalt müßten also 98,9 g Spiritus dilutus verwendet werden.
Wiesmann40 macht noch folgende Bemerkungen zur Ausführungder Methode von Ph. Helv. V:
1. Beim Zusatz von 10 Tropfen Salzsäure R. kann unter Umständen
eine braune Ausscheidung entstehen, die das Filtrieren erschwert, da sie
meistens nicht sedimentiert und die Poren des Filters verstopft.2. Die Genauigkeit der Titration beträgt ungefähr 5 % des Minimal¬
gehaltes der Droge, denn die Uebergangsstufe des Indikators Methylrotbraucht von Gelb über Orange, Rosa bis Rot ungefähr 0,025 cm3 0,1 n-HCl.
Immerhin kann man mit einiger Uebung die verschiedenen Farbnuancen
mit ziemlicher Präzision treffen. Theoretisch ergibt sich daraus ein mög¬licher Fehler von ungefähr 1—2 %, der bereits von H. Märki30 ange¬
geben wurde.
Nach der Bestimmungsvorschrift von Ph. Helv. V erhielt Wiesmann
trotz obiger Kritik sehr gute Resultate. 40 % der Resultatpaare wiesen
überhaupt keine Differenz auf, 40 % eine maximale Differenz von 0,006 %,weitere 16 % eine solche von 0,012 % und der Rest von 4 % eine Dif¬
ferenz bis zu 0,035 %.Nach den heutigen Kenntnissen über die Inhaltsstoffe der Solana-
ceenblattdrogen müssen die flüchtigen Basen vor der Bestimmung des
Alkaloidgehaltes entfernt werden. Dieser Tatsache tragen weder die
Ph. Helv. V noch die meisten andern Bestimmungsvorschriften Rechnung.Im Gegensatz zu Ph. Helv. V und Nederl. Ph. V trocknet Ph. Hung. IV
die Aetherlösung nicht mit Tragant. Außerdem verwendet Ph. Hung. IVnoch Jodeosin zur Titration. Hidvégi*1 schlägt hier zur Verbesserungvor, an Stelle von Jodeosin als Indikator Methylrot oder eine Kombinationvon Methylrot-Methylenblau zu verwenden.
40 F. Wiesmann, Untersuchungen über die Trocknung der Blätter und Stengel von
Atropa Belladonna L. und Datura Stramonium L., Diss. ETH. Zürich (1935).41 G. Hidvégi, Ber. Ung. Pharm. Ges. 13, 636, 720 (1937).
32
Von besonderem Interesse scheinen uns jene Methoden zu sein,welche die Droge mit Aether oder einer Mischung von Aether-Chloroform
extrahieren. Denn durch diese Extraktion wird das Alkaloidgemisch sehr
schonend behandelt, so daß unter Umständen eine getrennte Bestimmungvon Hyoscyamin-Atropin auch in den Blattdrogen in Betracht gezogen wer¬
den könnte.
Die Vorschrift von D. A. B. 6 lautet folgendermaßen:
10 g feingepulverte Tollkirschenblätter übergießt man in einem Arzneiglas von
250 cm3 Inhalt mit 100 g Aether sowie nach kräftigem Umschütteln mit 7 g Ammoniak¬
flüssigkeit (10%>) und läßt das Gemisch unter häufigem, kräftigem Urnschütteln 1 Stunde
lang stehen. Nach dem Absetzen gießt man die ätherische Lösung durch ein Wattebäusch¬
chen in ein Arzneiglas von 150 cm3 Inhalt, gibt 1 g Talk und nach 3 Minuten langemSchütteln 5 cm3 Wasser hinzu. Nachdem man das Gemisch 3 Minuten lang durchgeschüt¬telt hat, läßt man es bis zur vollständigen Klärung stehen, filtriert 50 g der ätherischen
Lösung (= 5 g Droge) durch ein trockenes, gutbedeektes Filter in ein Körbchen und
destilliert etwa zwei Drittel des Aethers ab. Den erhaltenen Rückstand bringt man in
einen Scheidetricbter, spült das Kölbchen drei Mal mit je 5 cm3 Aether nach und gibt5 cm3 0,1 n-CHl und 5 cm3 Wasser hinzu. Hierauf schüttelt man 3 Minuten lang kräftig,läßt die salzsaure Lösung nach vollständiger Klärung in ein Kölbchen abfließen und
wiederholt das Ausschütteln noch drei Mal in derselben Weise mit je 5 cm3 Wasser.
Nun setzt man zu der salzsauren Lösung 2 Tropfen Methylrotlösung hinzu und titriert
mit 0,1 n-KOH bis zum Farbumschlag.
Dieses Bestimmungsverfahren hat wiederholt zu Kritik und zu
Abänderungsvorschlägen Anlaß gegeben. Nach Gadamer und Neuhoff'1'ist beim D. A. B. 6 die völlige Klärung der AlkaloidlÖsung unbedingterforderlich. Sie erhielten bis um 100 % zu hohe Werte, wenn die Lösungnoch die geringste Trübung besaß. Sie nehmen aber an, daß das Ammo¬
niak völlig entfernt wird, wenn der Aether bis auf zwei Drittel abdestil¬
liert wird.
Nach Exler43 beruhen die Fehler des D. A.B. 6 darin:
1. daß die Aetherlösung nur auf ein Drittel abdestilliert wird. Die
verbleibende ätherische Lösung enthält noch Ammoniak und andere
flüchtige basische Verbindungen36. Er schlägt folgende Aenderungvor: Der Aether wird zur Trockne verdampft, der Rückstand wiederholt
in Aether aufgenommen und der Aether jeweils abdestilliert.
2. daß die Extraktsubstanzen und das Wasser, die im Aether gelöstsind, nicht berücksichtigt werden. An Stelle von 50 g Filtrat sollten 52,5 g
verwendet werden. Er nimmt an, daß in 100 g Aether 2,3 g Wasser sich
lösen, und daß die Extraktsubstanzen 25—30 % des Drogengewichtes aus¬
machen. Nach D. A. B. 6 werden nach Exler 5 % zu wenig Alkaloide
erhalten. Wir konnten bei unseren Versuchen diese Angabe nicht
bestätigen.
Exler erhielt bei ein und derselben Droge folgende Werte:
D. A.B. 6 0,86 1,13 VoD. A.B. 6 mod 0,57 0,58 »/o
Vorschlag Eder für eine internationale Methode 0,54 0,56 °/o
Nederl. Ph. V 0,52 0,52 °/o
42 J. Gadamer und E. Neuhaff, Arch. Pharm. 264, 538 (1926).43 Th. Exler, Chemisch en Pharmacologisch onderzoek naar de waarde van de bla-
deren van Atropa Belladonna L- en van het daaruit bereide extract, Diss. Leiden (1928).
33
Die übereinstimmendsten Werte erhielt Exler nach Methode Eder3*,die mit wenigen Verbesserungen in Ph. Helv. V aufgenommen wurde,und nach Nederl. Ph. V. Exler gibt der letzteren den Vorzug, weil die
Alkaloide durch Verwendung von Tragant sofort trocken erhalten werden.
Dies ist heute nach Ph. Helv. V auch der Fall. Rungeu bestätigt die
Angaben Exlers und empfiehlt ebenfalls vollständiges Abdestillieren des
Aethers bei der Vorschrift von D. A. B. 6.
Boehm"* machte darauf aufmerksam, daß beim Schütteln des
Aethers mit 0,1 n-HCl der Verlust eines Tropfens Säure (0,05 cm3) das
Endresultat schon beträchtlich erhöht. Bei Folium Hyoscyami soll der
Fehler etwa 20 % betragen. Auch er empfiehlt bei der Vorschrift von
D. A. B. 6 vollständiges Abdestillieren des Aethers mit nachfolgendemErwärmen des Rückstandes auf dem Wasserbad bis zum Verschwinden
des Aethergeruches. Der Rückstand wird dann in Aether gelöst und die
Bestimmung nach D. A. B. 6 weitergeführt. Boehm stellte fest, daß wie¬
derholtes Abdampfen des Aethers keine besseren Resultate gibt. Die Dif¬
ferenzen schreibt er dem Verlust an Säure beim Ausschütteln der ätheri¬
schen Alkaloidlösung mit 0,1 n-Säure zu.
Nach Peyer und Gstirner38 haben die Verfahren von Boehm, D. A. B. 6
und Fromme den Nachteil, daß die Alkaloide aus der ätherischen
Lösung mit Salzsäure ausgeschüttelt werden. Bei zu starkem Schütteln
treten lästige Emulsionen auf, welche die Bestimmungsdauer verlängern;bei vorsichtigem Schütteln besteht die Möglichkeit, daß nicht sämtliche
Basen in die Hydrochloride übergeführt werden. Zur Verhinderung der
Emulsionsbildung empfehlen sie, die ätherische Alkaloidlösung vor der
Behandlung mit Salzsäure mit Wasser zu schütteln. Wir konnten die
Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme bestätigen. Peyer und Gstirner schla¬
gen gegenüber D. A. B. 6 folgende vereinfachte Methode vor:
10 g grobgepulverte Droge werden in einer 250-cm3-Arzneiflasche mit 100 g Aether
und nach kräftigem Umschütteln mit 7 g Ammoniak (10»/o) versetzt und bei halbstündigerMazeration oft und kräftig geschüttelt. Dann wird der Aether in einem mit Glasplatte oder
Petrischale zu bedeckenden Trichter von etwa 9 cm Durchmesser in eine 150-cm3-Arznei-
flasche filtriert. Durch Aufgießen von einigen cm3 Wasser auf den Brei im Trichter verdrängtman den Aether. Zum Filtrat fügt man 5 cm3 Wasser, schüttelt kräftig durch und läßt bis zur
Klärung stehen (etwa 5—10 Minuten). Dann wird der Aether von 60 g (=6 g Droge) der
klaren Lösung in einem 200-cm3-Kolben auf dem Wasserbade vollkommen abdestilliert und
der Kolben nach dem Erkalten mit Rückstand bis auf eine Dezimale genau gewogenund das Gewicht notiert. Der Rückstand wird wieder in 10 cm3 Aether gelöst. 25 cm3
0,25°/oige Salzsäure (1 T. 25°/0ige HCl + 99 T. Wasser) hinzugefügt, der Kolben einigeMale kräftig umgeschwenkt und dann der Aether abdestilliert. Nach dem Erkalten wird
das Gewicht der Flüssigkeit mit Salzsäure (1 + 99) auf 30 g ergänzt, mit 0,5 g Talk
geschüttelt und durch ein Faltenfilter (Durchmesser 10 cm) filtriert. 25 g Filtrat (= 5 g
Droge) werden mit 10°/oigem Ammoniak alkalisiert (etwa 8 Tropfen) und mit 20, 15, 10 cm3
Chloroform je 2 Minuten lang ausgeschüttelt. Die Chloroformlösungen werden durch
ein glattes, doppeltes Filter (Durchmesser 5,5 cm) filtriert und das Chloroform sofort
abdestilliert. Den Rückstand löst man in 10 cm3 Weingeist, fügt 25 cm3 Wasser und
3 Tropfen Methylrotlösung hinzu und titriert mit 0,1 n-Salzsäure bis zum Farbumschlag.
Peyer und Gstirner empfehlen obige Vorschrift auch zur Bestimmungvon Folium Hyoscyami und Folium Stramonii; bei letzterer Droge kann
44 P. Runge, Pharm. Ztg. 75, 118 (1930).45 Th. Boehm, Dtsch. Apoth.-Ztg. 46, 793 (1931).
34
das Klären und Ausschütteln mit Wasser wegfallen, wenn die ätherische
Extraktlösung durch ein Faltenfilter filtriert wird. Bei dieser Methode
ist in Anlehnung an Exler zu bemerken, daß die Extraktsubstanzen
und das Wasser, die im Aether gelöst sind, nicht berücksichtigt werden.
Ferner besteht die Möglichkeit, daß nicht alles Ammoniak und Chloroform
vertrieben wird; durch Nachdestillieren mit Weingeist könnte dieser
Mangel behoben werden. Die Bestimmungsvorschrift des D. A. B. 6 wurde
ebenfalls von Luyckx als unzuverlässig befunden.
Beim Bestimmungsverfahren der Ph. Belg. IV, das mit dem Abände¬
rungsvorschlag von Boehm für das D. A. B. 6 identisch ist, machten
Wattiez und Lagrange" auf eine weitere Fehlerquelle aufmerksam.
Sie bewiesen, daß der Aetherrückstand eine Fettsäure enthält, die teil¬
weise an eine flüchtige Aminobase, teilweise an Ammoniak gebun¬den ist, welches von der Extraktion der Droge herrührt. Im Gegen¬satz dazu sind bei Folium Stramonii nach Hester und DavyiS die
auftretenden Differenzen der Bestimmungsresultate nicht auf flüch¬
tige Amine, sondern auf die Bildung einer Ammoniakseife mit harz¬
artigen Bestandteilen zurückzuführen. Diese ätherlöslichen Verbindun¬
gen sollen bei der Gehaltsbestimmung der Droge zu hohe Werte ver¬
ursachen. Wattiez und Lagrange empfehlen folgende Modifikation: Die
ätherische Alkaloidlösung wird mit 1 %iger Salzsäure ausgeschüttelt, die
saure Alkaloidlösung mit Ammoniak alkalisch gemacht und die Alkaloide
wiederholt mit Aether ausgeschüttelt. Auf diese Weise sollen die stören¬
den Verbindungen gespalten werden: Die Fettsäure bleibt im Aether
gelöst, das Ammoniak geht in die Säurelösung unter Bildung von NH4C1,die freie Aminobase geht zum größten Teil in die wässerige Lösung; jenerTeil, der möglicherweise nach dem Alkalisieren der wässerigen Alkaloid¬
lösung wieder in den Aether übergeht, wird durch das Verdampfen des
Aethers entfernt. Diese Autoren erhielten bei einer Droge folgende Werte:
Ph. Belg. IV 0,526 °/oPh. Belg. IV mod. 0,284 °/oBrit. Ph. 1932 0,292 %>
Bei der von Wattiez und Lagrange vorgeschlagenen Bestimmungs¬methode, die im Prinzip mit der Bestimmungsvorschrift für Folium Cocae
Ph. Helv. V identisch ist, bilden sich nach unseren Erfahrungen beim
Schütteln der mit Ammoniak alkalisch gemachten salzsauren Alkaloid¬
lösung mit Aether gelbgrün gefärbte emulsionsartige Fetzen in der Aether-
lösung. Wurde versucht, mit Chloroform auszuschütteln, so erfolgte infolgeEmulsionsbildung die Trennung der Schichten sehr langsam, aber nicht
vollständig.Die Bestimmungsvorschrift, welche in Ph. Belg. IV 1. Supplement
aufgenommen wurde, hat eine noch vollkommenere Spaltung dieser Fett¬
säureverbindungen zum Ziel;* im Gegensatz zu Ph. Belg. IV sollen hier
46 P. Th. Luyckx, Bepaling van het werkzame bestanddeel in eenige sterkwerkende
geneesmiddelen, Diss- Leiden (1932).47 N. Wattiez und G. Lagrange, C. R. XIIe Congrès Intern, de Pharm. Bruxelles,
p. 257 (1935).48 E. E. Hester und E. D. Davy, J. Amer, pharm. Ass. 22, 517 (1933).* vgl. F.vanHamme, J. Pharm. Belgique 1, 43 (1942).
35
bei der Droge die Werte im Mittel um 40- -50 % kleiner sein. Die Vor¬
schrift von Ph. Belg. IV 1. Supplement lautet folgendermaßen:Man gibt in eine Arzneiflasche von 250 cm3 Inhalt 10 g Pulver und 120 cm3
Aether, fügt 2 cm3 Ammoniak (17 o/0) und 5 cm3 Wasser hinzu und schüttelt während
einer Stunde. Man gießt den größten Teil der ätherischen Lösung durch Watte, fügt 1 gTalk und 5 cm3 Wasser hinzu, schüttelt und läßt absetzen. Man filtriert 60 cm3 Filtrat
durch ein bedecktes trockenes Filter in einen Scheidetrichter. Man fügt 15 cm3 Wein¬
geist, 5 cm3 verdünnte Salzsäure und 15cm3 Wasser hinzu. Man schüttelt einige Minuten,läßt trennen und läßt die saure Lösung abfließen. Man vervollständigt die Extraktion
unter Verwendung von 10 cm3 eines Gemisches von 3 Vol. 0,1 n-HCl und 1 Vol. Alkohol.
In den Scheidetrichter, welcher die vereinigten sauren Lösungen enthält, gibt man
10 cm3 Chloroform. Man schüttelt, läßt trennen, läßt das Chloroform in einen zweiten
Scheidetrichter ablaufen, der 20 cm3 0,1 n-HCl enthält. Man schüttelt und läßt nach Tren¬
nung der Schichten das Chloroform ablaufen. Man wiederholt zweimal das Waschen
der sauren Extraktlösungen, welche sich im ersten Scheidetrichter befinden unter Ver¬
wendung von je 5 cm3 Chloroform, welches man in den zweiten Scheidetrichter ablaufen
läßt, das dort mit 20 cm3 0,1 n-HCl gewaschen wird, wie vorher angegeben. Diese saure
Lösung wird zur sauren Alkaloidlösung im ersten Scheidetrichter hinzugegeben, mit
Ammoniak alkalisiert und durch wiederholte Extraktion mit je 10 cm3 Chloroform voll¬
ständig erschöpft. Die vereinigten Chloroformlösungen werden durch ein trockenes Filter
von 7 cm Durchmesser filtriert und zur Trockne verdampft. Der erhaltene Rückstand
wird in 2 cm3 Weingeist gelöst, der Weingeist zur Trockne verdampft und der Rückstand
während Va Stunde auf dem siedenden Wasserbade erwärmt. Man löst den Rückstand
in 2 cm3 Weingeist, fügt 20 cm3 0,01 n-HCl und 3 Tropfen Methylrot hinzu und titriert
mit 0,01 n-NaOH bis zur Gelbfärbung.
Éwew stellte fest, daß die flüchtigen Basen bei der Bestimmungder mydriatisch wirkenden Alkaloide in den Drogen einen bis 77 %höheren Alkaloidwert vortäuschen können, wenn die Chloroformlösungder Basen nicht vollständig verdampft wird. Die höheren Werte von Wat-
läns und Palkin5* beruhen nach Éwe auf der Anwesenheit flüchtigerBasen, denn die Chloroformlösung, welche die Alkaloide enthält, wird
nur auf 5 cm3 konzentriert, und erst nach Zusatz von 0,02 n-H2S04 wird
das Chloroform völlig verdampft. Es ist wichtig, daß diese Alkaloidbegleit-stoffe nicht mitbestimmt werden, die bei der Alkaloidbestimmung des Bil¬
senkrautes einen größeren Einfluß auf das Resultat ausüben, als bei der
Bestimmung des Tollkrautblattes. Um die Alkaloide vor Ueberhitzen und
Hydrolyse zu schützen, empfiehlt Éwe folgendes Verfahren:
Man destilliert in einem Erlenmeyerkolben das Chloroform der chloroformhaltigenAlkaloidlösung auf dem Wasserbad auf 2 cm3 ab und leitet einen durch gekörntes CaCU
getrockneten Luftstrom über die Oberfläche der Flüssigkeit bei einer 40° nicht über¬
steigenden Temperatur, bis alles Chloroform verdunstet ist. Man stellt den Erlenmeyer¬kolben mit dem Rückstand in einen CaCb-Exsikkator bis zum konstanten Gewicht (etwa24 Stunden), löst den Rückstand in 2 cm3 Chloroform auf, fügt einen Ueberschuß an
0,02 11-H2SO4 und Wasser hinzu, erwärmt solange, bis das Chloroform verdampft ist, kühltab und bestimmt den Säureüberschuß.
Zur Bestimmung der Gesamtalkaloide in Folium Hyoscyami erwärmen
DeKay und Jordan"7 den Alkaloidrückstand während einer Stunde auf
dem Wasserbad. Nur dieser Alkaloidrückstand gab keine Isonitrilreaktion
mehr. Sie bewiesen, daß beim Erwärmen der Chloroformlösung, welche
die reinen Alkaloide Atropin und Hyoscyamin enthielt, auf dem Wasser¬
bad keine Zersetzung der Alkaloide erfolgt, und daß sich beim Ver-
49 G. E. Éwe, J. Amer. Pharm. Ass. 21, 870 (1932).50 H. R. Watkins, und S. Palkin, J. Amer, pharm. Ass. 16, 1039 (1927).
36
dampfen der Chloroformlösung auf dem Wasserbad praktisch keine Hydro¬chloride bilden. Aus diesen Feststellungen folgerten sie, daß die Alka-
loide von Hyoscyamus viel stabiler sind als man bisher annahm, denn
nach Stikarofsky61, Schaller und Baidinger62 sollen die Alkaloide von
Folium Hyoscyami nach dem Verdampfen des Lösungsmittels in der
Wärme eine Zersetzung erleiden. Die Angaben von DeKay und Jordan
wurden von Evans und Davy63 bestätigt. Auf Grund dieser Unter¬
suchungen wird in U. S. P. XI bei den Solanaceendrogen der Alkaloid-
rückstand vor der Titration dreimal während 15 Minuten auf dem Wasser¬
bad erwärmt, nachdem der Rückstand jeweils wieder in Chloroform gelöstund auf dem Wasserbad zur Trockne verdampft worden ist. Fricke und
Kaufmann6" bewiesen, daß die Lösungen von Hyoscyamin und Atropinin 95 %igem neutralem Weingeist stabil sind, wenn sie auf dem Wasser¬
bad während einer Stunde erhitzt werden. Auf Grund ihrer Unter¬
suchungen kamen sie zu folgenden Ergebnissen:1. Bei der Verwendung von Chloroform ist nach der Vorschrift von
U. S. P. XI die Zerstörung der Alkaloide kleiner als die Fehlergrenze,wenn Chloroform von Analysenqualität verwendet wird.
2. Die flüchtigen Basen werden bei der Methode von U. S. P. XI
entfernt.
Zur Entfernung der flüchtigen Basen in den Solanaceendrogen neh¬
men Brit. Ph. 1932 und Ph. Belg. IV 1. Supplement den erhaltenen
Alkaloidrückstand in Weingeist auf und verdampfen zur Trockne.
5. Add. 1942 Brit. Ph. 1932 trocknet den Rückstand während zwei Stunden
bei 100°, F. Port. 1935 während einer Stunde bei 100°, Ph. Belg. IV
1. Supplement hält den Rückstand während 30 Minuten auf dem sieden¬
den Wasserbad.
Procke und Seidl32 haben die Basen der hyoscyamin- und skopo-laminhaltigen Solanaceen in bezug auf ihre Flüchtigkeit einer genauen
Prüfung unterzogen. Die reinen Basen wurden in Benzol gelöst und das
Benzol abdestilliert. Es ergab sich dabei folgendes:1. Hyoscyamin und Skopolamin werden weder zersetzt noch sind sie
flüchtig.2. N-Methylpyrrolidin und Cholin sind praktisch vollkommen flüchtig,
die anderen Basen nur teilweise.
3. Wird die Benzollösung der Basen vor der Destillation mehrmals
mit 0,001 n-NaOH ausgeschüttelt, nachher einmal mit Wasser, so ist nur
N-Methylpyrrolidin durch wiederholtes Ausschütteln von Skopolamin und
Hyoscyamin nicht zu trennen.
Auf Grund dieser Ergebnisse kombinierten sie beide Arbeitsgänge.Als organisches Lösungsmittel wählten sie Benzol wegen seinen günstigenEigenschaften:
a) Mit Wasser mischt es sich praktisch nicht (in 100 g Wasser wer¬
den bei 22° 0,07 g Benzol, in 100 g Benzol 0,23 g Wasser gelöst). Dadurch
51 A. Stikarofsky, J. Amer, pharm. Ass. 16, 30 (1927).62 N. C. Schaller und L. H. Baidinger, J. Amer, pharm. Ass. 21, 442 (1932).53 M. D. Evans und E. D- Davy, J. Amer, pharm. Ass. 23, 388 (1934).54 H.H. Fricke und K.L.Kaufmann, J. Amer, pharm. Ass. 28, 215 (1939).
37
wird bei Hyoscyamin und Skopolamin die Möglichkeit der Hydrolyse ver¬
ringert.b) Es löst beide Alkaloide gut.c) Sein Siedepunkt (79,6°) erleichtert das Entfernen der flüchtigen
Basen, ohne daß sich dabei die zwei Hauptalkaloide merklich zersetzen.
Als bestes Extraktionsmittel für die Droge empfehlen Proche und
Seidl Weingeist von etwa 45 Gew.%, der schwach mit Schwefel- oder
Salzsäure angesäuert ist (etwa 1 Tropfen verd. H2S04 oder HCl auf 10 g
Lösungsmittel). 45%iger Weingeist soll weniger Chlorophyll lösen als
höher konzentrierter Weingeist, die Alkaloide aber verhältnismäßigschnell extrahieren. Auf Grund des Verteilungskoeffizienten des Hyos-
cyamins, der für das System ——= j—^—= 0,095 beträgt, stellten sie
folgende Formel zur Berechnung des Experimentalfaktors auf:
~.
0,095)^.(1+ e-. 0,095).~0,002892 . (1 +-r.
0,095)^.(1+
-.
0,095).~
.100
mit dem dann die Benzollösungsrestalkalität, welche nur den anwesenden
Alkaloiden entspricht, zu multiplizieren ist, um den gesuchten Alkaloid-
gehalt, ausgedrückt in Prozenten, zu erhalten.
In dieser Formel bedeutet k die Anzahl der Ausschüttelungen von b Gramm der
Benzollösung mit a Gramm (= cm3) der 0,001 n-Lauge, c Gramm des benützten Benzols,d Gramm des verdampften Teiles der Benzollösung nach dem Ausschütteln von e
Gramm der wässerigen Extraktlösung nach dem Alkalisieren mit Ammoniak, g bedeutet
jenen Anteil (in Gramm) des abgewogenen Materials, der den c Gramm der Benzollösungentspricht.
Zur Wertbestimmung von Folium Belladonnae geben Proche und
Seidl folgendes Verfahren an:
15 g Droge werden in einem Kolben mit 43 g Weingeist, 51,5 g Wasser und 10
Tropfen verd. Schwefelsäure versetzt und unter öiterem Umschütteln während zwei
Stunden extrahiert. Dann wird am besten durch ein Faltenfilter von 15 cm Durchmesser
filtriert und 50 g des Filtrates (= 7,5 g Droge) in einer Schale auf dem Wasserbad
auf etwa 8 g eingeengt. Die abgekühlte Flüssigkeit wird mit Wasser auf 15,2 g ergänztund dann durch Watte filtriert. 12 g des Filtrates (= 6 g Droge) werden in einem
Glasstopfenkolben mit 60 g Benzol und 2 g 20%igem Ammoniak gemischt und sofort
während 2—3 Minuten kräftig durchgeschüttelt. Dann wird 1 g Tragantpulver zugegebenund nochmals geschüttelt, bis die Benzollösung klar wird. Dieselbe wird hierauf durch
Watte filtriert. 50 g des Filtrates werden in einer Schale auf dem Wasserbade eben bis
zur Trockne verdampft. Der Rückstand wird in 50 g Benzol aufgenommen und die so
erhaltene Lösung zweimal mit je 10 cm3 0,001 n-Lauge ausgeschüttelt. Nach dem
Ablassen der zweiten wässerigen Ausschüttelungsflüssigkeit werden deren Reste vom
Scheidetrichter mit einigen Tropfen Wasser nachgespült. Die Restalkalität der Benzol¬
lösung wird folgendermaßen bestimmt: Es werden 2 bis 3 Tropfen Indikatorlösung(Dibrom-o-kresolsulfophthalein = Bromkresolpurpur) und unter ständigem Durchschüt¬
teln soviel 0,01 n-Säure hinzugegeben, bis sich die Flüssigkeit gelb färbt und dann
noch etwa 0,2 cm3 überschüssige 0,01 n-Säure hinzugefügt. Diese saure Flüssigkeit wird
abgelassen und die Benzollösung durch Schütteln mit Wasser nachgewaschen. Die
gesamte saure Flüssigkeit wird ausgekocht, abgekühlt und mit 0,01 n-Lauge bis zum
Neutralpunkt titriert.
55 0. Proèke und R. Seidl, Casopis ceského Lekärnictva 20, 95, 117 (1940) nach
C. 113, 194 (1942) II.
38
Nach obiger Anleitung beträgt der Faktor für Tollkirschenblätter und Wurzeln:
.0,095)*.
(1 +12±1. 0,095).g>
0,002892 . (1 + -^ . 0,095)2 .
(1
+ -^ . 0,095) . |£ .100
- = 0,061386
Anzahl verbrauchte cm3 0,01 n-Säure X Faktor = % Alkaloide.
Diese Vorschrift haben wir bei unseren Arbeiten (vgl. Abschnitt C,sub e) wie folgt abgeändert:
1. In Anlehnung an Ph. Helv. V verwendeten wir zur Bestimmungnur 10 g Droge.
2. Das Benzol wurde abdestilliert, nicht in einer Schale verdampft,da die Benzoldämpfe mit Luft vermengt explosive Gemische bilden.
3. Der Alkaloidrückstand wurde in wenig Benzol gelöst, die Benzol¬
lösung unter Nachspülen des Erlenmeyerkolbens mit Benzol in einen
tarierten Scheidetrichter gegossen und das Gewicht mit Benzol auf 50 g
ergänzt.4. Zur Bestimmung der Restalkalität wurde die Benzollösung mit
3 cm3 0,1 n-HCl, dann zweimal mit je 5 cm3 frisch ausgekochtem und
wieder erkaltetem Wasser geschüttelt und der Säureüberschuß mit 0,1 n -
NaOH und Methylrot als Indikator bestimmt. Der Faktor beträgt in diesem
Fall 0,6138. Die Indikatorwahl spielt keine große Rolle, denn nach
Wales58 können zur Titration von Atropin und Hyoscyamin sowohl Methyl¬rot wie Bromkresolpurpur verwendet werden.
Wir führten noch Bestimmungen nach Codex Gall. 6 und F. Ital. VI
aus, die in der Ausführung einfach zu sein scheinen.
Die Bestimmungsvorschrift von Codex Gall. 6 für die Alkaloide in
Folium Belladonnae lautet folgendermaßen:
10 g Droge werden mit 10 g Weingeist befeuchtet, während zwei Stunden in Kontakt
gelassen, 25 g Chloroform und 50 g Aether hinzugefügt und nach Zusatz von 10 cms 25-
prozentiger Natriumkarbonatlösung (25 g krist. Soda in 100 g Lösung) während einer
Stunde geschüttelt. 50 g der Aether-Chloroformlösung (= 6,66 g Droge) werden in einen
Erlenmeyerkolben filtriert und das Lösungsmittel bei gewöhnlicher Temperatur verdun¬
sten gelassen. Die Alkaloidlösung wird unter Nachspülen mit Aether in einen Scheide¬
trichter gegossen und nach Zusatz von so viel Aether, daß die Aether-Chloroformschicht
auf der Säureschicht schwimmt, mit 0,01 n-ttaSOa ausgeschüttelt. Die saure Alkaloidlösungwird durch ein Filter filtriert, die Chloroform-Aetherlösung und das Filter werden mit
so viel Wasser nachgewaschen, bis 100 cm3 Flüssigkeit erreicht sind. Der Säureüberschuß
wird mit Jodeosin als Indikator mit 0,01 n-KOH bestimmt.
Zu dieser Vorschrift ist zu bemerken, daß der Weingeist, mit dem
die Droge befeuchtet wird, in der Bestimmung nicht berücksichtigt wird.
Der Indikator Jodeosin könnte zur Vereinfachung der Titration durch
Methylrot ersetzt und die Titration mit 0,1 n-Säure ausgeführt werden.
Nach der Kritik über die Vorschrift von D. A. B. 6 ist zu vermuten, daß
auch hier durch das Ausschütteln der Aether-Chloroformlösung mit 0,01 n -
Säure und Bestimmung des Säureüberschusses zu hohe Alkaloidwerte
gefunden werden.
Die Bestimmungsvorschrift von F. Ital. VI für die Alkaloide von
Folium Belladonnae, die mit der für Radix Belladonnae identisch ist,lautet folgendermaßen:
56 H. Wales, Ind. Engng. Chem. 18, 390 (1926).
12 g Droge werden in einer Arzneiflasche von 250 cm3 Inhalt mit 90 g Aether, 30 gChloroform und 10 g Ammoniak (10 %>) während V2 Stunde geschüttelt. Nachher werden
15 cm3 Wasser hinzugefügt, kräftig geschüttelt und absetzen gelassen. 100 g der Lösungwerden, falls trübe, durch Watte in einen Scheidetrichter von 200 cm3 Inhalt gegossenund mit l»/0iger Salzsäure (25, 15, 10 cm3 usw.) extrahiert bis Mayers Reagens negativausfällt. Die sauren Alkaloidlösungen werden mit Ammoniak in einem Scheidetrichter
alkalisiert und mit Aether-Chloroform 2 : 3 (Vol.-Teile) quantitativ extrahiert (Probe mit
Mayers Reagens). Die vereinigten Aether-Chloroformlösungen werden auf dem Wasserbad
abdestilliert, der Alkaloidrückstand wird in 5—10 cm3 absolutem Weingeist gelöst, Wasserbis zur Trübung hinzugefügt und in Gegenwart von Hämatoxylin als Indikator mit 0,1n-HCl titrimetrisch bestimmt.
Zu dieser Vorschrift ist zu bemerken, daß der Indikator Haematoxylinvorteilhaft durch Methylrot ersetzt werden kann.
Die Bestimmungsvorschrift von Brit. Ph. 1932 wurde von Fahmy und
Mangoury57 nachgeprüft. Sie machten auf die Emulsionsbildung beim
Ausschütteln der mit Ammoniak alkalisch gemachten sauren Alkaloid-
lösung mit Chloroform aufmerksam, denn das Chloroform soll harzartigeStoffe lösen, welche eine Emulsion bewirken, die sehr schwer zu trennen
ist. Trotz vorsichtigem Schütteln soll ihr kaum vorzubeugen sein. Sie
empfehlen daher folgendes Verfahren, das, abgesehen von der Extraktion
der Droge, mit der Vorschrift von Ph. Helv. V ziemlich identisch ist:
Die Droge wird mit 90%igem Weingeist perkoliert (bis Probe mit
Mayers Reagens negativ), das Perkolat auf 15 cm3 eingedampft, 0,1 n-HCl
und Wasser zugegeben, filtriert, Schale und Filter mit Wasser nachge¬spült, die saure Lösung mit Ammoniak alkalisch gemacht und wiederholtmit Chloroform ausgeschüttelt. Nach Brit. Ph. 1932 wird weiter gearbeitetmit dem Unterschied, daß das Auflösen des Rückstandes in Weingeistmit nachfolgendem Verdampfen und 15 Minuten langem Erwärmen zwei¬
mal wiederholt wird, und daß der Alkaloidgehalt durch direkte Titration
mit 0,02 n-HCl ermittelt wird. Bei Folium Belladonnae erhielten Fahmyund Mangoury etwas niedrigere, bei Hyoscyamus muticus etwas höhere
Werte als nach Brit. Ph. 1932; hingegen fanden sie bei beiden Drogennach Ph. Helv. V etwas höhere Werte.
Dieses Ergebnis scheint uns widersprechend zu sein, denn Ph. Helv. Vextrahiert die Alkaloide aus alkalischer Lösung mit Aether, während
Fahmy und Mangoury Chloroform verwenden. H. Märki ersetzt denAether nach Ph. Helv. V durch Chloroform und erhält etwas höhere Werte.Dies konnten wir bei unseren Untersuchungen bestätigen. Nach Fahmyund Mangoury57 sollen aber Aether und Chloroform für die Extraktionder Alkaloide aus der mit Ammoniak alkalisch gemachten salzsauren
Alkaloidlösung gleichwertig sein.
C. Eigene Untersuchungen über die Bestimmung des Gesamtaikaloidgehaltesvon Folium Belladonnae.
Zu unseren Untersuchungen verwendeten wir eine Droge, die anfangsJuli 1942 gesammelt worden war. Einen Teil trockneten wir bei 50°, der
57 /. B. Fahmy und H. A. el Mangoury, C. R. Xlle Congrès Intern, de Pharm. Bru¬
xelles, p. 198 (1935).
40
Rest, den wir bei gewöhnlicher Temperatur trockneten, wurde vor dem
Pulverisieren bei 50° nachgetrocknet. Zur Zeit der Untersuchungen betrugder Feuchtigkeitsgehalt des gemischten Drogenpulvers 6,46 %.
I. Variationen der Methode von Ph. Helv. V.
Um Vergleichswerte zu erhalten, bestimmten wir den Alkaloidgehaltder Droge nach Ph. Helv. V und ermittelten folgende Werte: 0,402 %,0,406 %, 0,404 %, 0,404 %.
In Anlehnung an die Vorschrift von Proche und Seidl3" führten
wir folgende Variationen der Methode von Ph. Helv. V aus:
Gefundene
Alkaloidgehalte
a) Weingeist von 45 Gew.% 0,385 %b) Weingeist von 45 Gew.% + 10 Tropfen 2 n-H2S04
(Wir erhielten nicht 12 g Filtrat) 0,329 %c) Weingeist von 70 Vol.% + 10 Tropfen 2 n-H,S04 . . 0,335 %d) Weingeist von 70 Vol.% + 10 Tropfen 2 n-H2S04, Säure¬
zusatz aber erst vor dem Eindampfen 0,306 %e) Ph. Helv. V, aber mit Benzol statt mit Aether ausgeschüt¬
telt (wie Proche und Seidl). Der Nachteil dieses Ver¬
fahrens beruht in der langsamen Destillation des Benzols 0,395 %0,395 %
f) Ph. Helv. V, aber mit Chloroform statt mit Aether ausge¬schüttelt 0,433%
0,439 %0,433 %0,428 %
g) Wie b, zum Alkalisieren wurden aber 2 cm3 konz. Ammo¬
niak verwendet (wie Proche und Seidl) .... 0,414 %h) Wie c, aber mit 2 cm3 konz. Ammoniak alkalisiert
. . 0,404 %i) Ph. Helv. V, aber mit 2 cm3 konz. Ammoniak alkalisiert 0,399 %
0,404 %h) Nach Vorschrift von Peyer und Gstirner
.... 0,388 %(Den erhaltenen Chloroformrückstand behandelten wir aber nach 0,399 %Ph. Helv. V weiter: Verdampfen mit 5 cm3 Weinseist und anschlie- n SÛR or
ßende Titration.) U'd95 7°
Anfangs vermuteten wir, daß bei b, c und d durch den beim Einengender weingeistigen Alkaloidlösung auf 12 g entstandenen Rückstand Alka-
loide zurückgehalten (eingeschlossen oder adsorbiert) werden.Beim Eindampfen einer mit 7 Tropfen 2 n-H2S04 angesäuerten Lösung
von Hyoscyaminum sulfuricum «Sandoz» in 70 g Spiritus dilutus stellten
wir aber praktisch keine Abnahme des Alkaloidgehaltes fest.* Wir ver¬
wendeten jene Testsubstanz, bei der Blitz5* einen Wassergehalt von
58 P. W. Butz, Ueber die Prüfung und Gehaltsbestimmung einiger stickstoffhaltigerorganischer Arzneistoffe. Diss. ETH. Zürich (1942).
* Das Eindampfen dieser Lösung dauerte etwa 1/2 Stunde. Die erhaltene Alkaloid¬
lösung versetzten wir mit Ammoniak im Ueberschuß, schüttelten die Base wiederholt mit
Aether aus und bestimmten den Gehalt an Hyoscyamin nach Ph. Helv. V.
41
2,59 Je und einen Gehalt von 99,63 % wasserfreiem Hyoscyaminsulfat,bezogen auf das wasserfreie Salz, bestimmt hatte.
Eingewogene MengeHyoscyaminsulfat(Monohydrat)
Hyoscyaminbase Hyoscyaminbasegefunden in °/i der
theoretisch berech¬
neten Menge
durch
berechnet Titration
gefunden
0,0591 g
0,0174 g
0,0491 g 0,0489 g
0,0144 g 0,0145 g
99,63
100,15
Durch das Eindampfen in angesäuerter weingeistiger Lösung erleidet
also Hyoscyamin keine Zersetzung.Nachträglich stellten wir aber fest, daß bei b, c und d die zum Alkali¬
sieren verwendete Ammoniakmenge (1 cm3 konz. Ammoniak) zu klein war.
Besprechung der Resultate.
1. Nach Ph. Helv. V erhält man gut übereinstimmende Werte. Die
Bestimmung ist gut durchführbar und alle verlangten Filtrate werden
ohne Mühe erhalten. Der Nachteil besteht aber darin, daß die Analyseziemlich viel Zeit beansprucht (etwa 4 bis 5 Stunden). 70 g Filtrat werden
leichter erhalten, wenn über Nacht absetzen gelassen wird. Die erhaltenen
Werte sind wahrscheinlich etwas zu hoch, denn es werden durch nach¬
trägliches Verdampfen mit 5 cm3 Weingeist die flüchtigen Basen wohl nur
teilweise entfernt.
2. Weingeist von 45 Gew.-% ist ein schlechteres Extraktionsmittel als
Weingeist von 70 Vol.-%.3. Angesäuerter Weingeist von 45 Gew.-% oder 70 Vol.-% sind als
Extraktionsmittel gleichwertig wie Weingeist von 70 Vol.-% ohne Säure¬
zusatz, wenn zum Alkalisieren 2 cm3 konz. Ammoniak verwendet werden.
4. Benzol ist als Ausschüttelungsmittel für die Solanaceenalkaloide
dem Aether gleichwertig.5. Wird mit Chloroform statt mit Aether ausgeschüttelt, so werden um
etwa 0,03% höhere Werte als nach Ph. Helv. V erhalten. Vielleicht werden
durch Chloroform noch andere nicht näher bekannte Basen extrahiert.
Nach Aoyama und Mitarbeitern59 soll das Chloroform, im Gegensatz zu
Aether, als weitere Base das unwirksame Tropin aufnehmen. H. Märki3"
hatte bereits festgestellt, daß in der wässerig - ammoniakalischen Lösungauch nach wiederholtem Ausschütteln mit Aether oder Chloroform
immer noch Alkaloide vorhanden sind, welche durch die genannten orga¬nischen Lösungsmittel schwer ausschüttelbar sind. Küßner2 erbrachte
den Beweis, daß diesen wasserlöslichen Basen, welche bei Radix Bella-
donnae mit Aether nicht extrahierbar sind, bei der pharmakologischenPrüfung keine bemerkenswerte biologische Wirksamkeit zukommt. Bei
den Solanaceenblattdrogen wird es sich vermutlich um die gleichen was-
59 S. Aoyama, S. Nagae, T. Darigo, J. Pharm. Soc. Japan 48, 80 (1928) ; nach C. 99,1016 (1928) II.
42
serlöslichen Basen handeln. Man darf sich hier wohl mit der Bestimmungder ätherlöslichen Basen begnügen.
6. Nach der Methode von Peyer und Gstirner sind die Resultate prak¬tisch gleich wie nach Ph. Helv. V. Der Vorteil dieser Methode gegenüberPh. Helv. V besteht in der Zeitersparnis, da sie höchstens drei Stunden
beansprucht. Die zu titrierende Lösung weist, gegenüber den nach den
andern von uns geprüften Methoden erhaltenen Titrationslösungen, die
geringste Eigenfarbe auf.
Basierend auf den Angaben von Peyer und Gstirner haben wir fol¬
gende modifizierte Vorschrift ausgearbeitet:
6 g Droge (Sieb VI) werden in einer Arzneiflasche von 150 cm3 Inhalt mit 60 gNarkose-Aether und nach kräftigem Umschütteln mit 3 cm3 Ammoniak (10»/0) versetzt
und während V* Stunde häufig und kräftig geschüttelt. Dann wird einige Minuten ab¬
setzen gelassen und von der Aetherlösung so viel als möglich (mindestens 42 g) durch
einen mit einer Glasplatte zu bedeckenden Trichter von 9 cm Durchmesser durch Watte
in einen Scheidetrichter von 100 cm3 Inhalt gegossen. Dabei wird zuletzt durch Aufgießenvon einigen Kubikzentimeter Wasser auf den Brei im Trichter der Aether verdrängt. Zum
Filtrat fügt man 3 cm3 Wasser, schüttelt kräftig durch und läßt bis zur Klärung stehen
(etwa 5—10 Minuten). Die wässerige Schicht wird ablaufen gelassen. 40,6 g der klaren
Aetherlösung (= 4 g Droge) werden durch Watte in einen Erlenmeyerkolben von 150 cm3
Inhalt abfiltriert. Der Aether wird auf dem Wasserbad vollkommen abdestilliert und
der Kolben mit dem Rückstand nach dem Erkalten auf eine Dezimale genau gewogen
und das Gewicht notiert. Der Rückstand wird wieder in 20 g Narkose-Aether gelöst,35 g 0,25prozentige Salzsäure hinzugefügt, der Kolben einige Male kräftig umgeschwenktund der Aether vorsichtig abdestilliert. Nach dem Erkalten wird das Gewicht der Flüs¬
sigkeit mit 0,25prozentiger Salzsäure auf 39,6 g ergänzt. Man schüttelt mit 0,5 g Talk
und filtriert 35 g der sauren Alkaloidlösung (= 3,5 g Droge) durch ein Faltenfilter
von 6 cm Durchmesser in einen Scheidetrichter von 100 cm3 Inhalt. Das Filtrat wird
mit lOprozentigem Ammoniak deutlich alkalisch gemacht und mit 20,15,10,10 cm3 Chloro¬
form je 2 Minuten lang ausgeschüttelt. Die Chloroformausschüttelungen werden nach¬
einander durch Watte gegossen und das Chloroform auf dem Wasserbad sofort abdestil¬
liert. Den Rückstand nimmt man mit 5 cm3 Weingeist auf und verdampft auch diesen
vollständig. Dann löst man den Rückstand in 3 cm3 Weingeist, gibt 25 cm3 frisch aus¬
gekochtes und wieder erkaltetes Wasser und 10 Tropfen Methylrotlösung hinzu und
titriert mit 0,1 n - Salzsäure bis zur Rotfärbung (Mikrobürette).
1 cm3 0,1 n-Salzsäure = 0,0289 g Alkaloide.
Es müssen wenigstens 0,37 cm3 0,1 n - HCl verbraucht werden, entsprechend einem
Mindestgehalt von 0,3 % Alkaloiden, berechnet als Hyoscyamin.
Nach obiger Methode erhielten wir folgende Bestimmungsresultate:0,388, 0,384, 0,395 %.
Erläuterungen zu vorstehender Methode.
1. Verhältnis von Droge zu Extraktionsmittel.
Die Drogenmenge kann gegenüber Ph. Helv. V auf 6 g reduziert wer¬
den, wobei die Alkaloide aus 3,5 g Droge zur Bestimmung gelangen. Es
werden mühelos mindestens 42 g Aetherfiltrat erhalten. Bei. unseren
Arbeiten erhielten wir Filtratmengen von 45 g, 43,5 g, 45,9 g, 44 g, 45,5 g,
45,8 g. Um möglichst viele Alkaloide am Schluß der Methode zur Bestim¬
mung zu bringen, erhöhten wir die Salzsäuremenge derart, daß 10 g
0,25%ige Salzsäure 1 g Droge entsprechen, während in der Vorschrift
von Peyer und Gstirner 10 g Salzsäure 2 g Droge entsprechen.
43
2. Bestimmung der Extraktsubstanzen (Chlorophyll und Harz) und
des Wassers, die in 40 g Aelherlösung 'enthalten sind.
Von 40 g der erhaltenen Aetherlösung destillierten wir den Aether
in einem tarierten Erlenmeyerkolben auf dem Wasserbad bis zum Ver¬
schwinden des Aethergeruches ab. Am Ende der Destillation beschlägt sich
der Kolben mit Wassertröpfchen. Infolge Abnahme der spezifischen Dre¬
hung der Tropyltropeine2 darf der Rückstand nicht bis zur Gewichts¬
konstanz bei 100° getrocknet werden, wenn eine getrennte Bestimmungvon Hyoscyamin und Atropin durchgeführt werden soll. Wir ermittelten
das Gewicht des lufttrockenen Erlenmeyerkolbens mit dem Chlorophyll¬rückstand und dem Kondenswasser so genau wie möglich. Wir notierten
jenes Gewicht, das beim Abwiegen kurze Zeit konstant war; denn durch
Verdunsten des Wassers wurde der Kolben immer leichter. Nachher trock¬
neten wir den Rückstand bis zur Gewichtskonstanz bei 105°. Die mitbe¬
stimmte Menge Alkaloide, die beim lufttrockenen Rückstand 0,0160 g
(0,4 % Alkaloidgehalt) und bei dem bei 105° getrockneten Rückstand
0,0150 g (0,375 % Alkaloidgehalt) beträgt, darf praktisch vernachlässigtwerden. In 40 g der Aetherlösung ermittelten wir nach dem Abdestillieren
des Aethers folgenden Gehalt an Wasser und Extraktsubstanzen (inklu¬sive Alkaloide):
Gewicht
des lutttrockenen
Rückstandes
Menge der
ExtraktsubstanzenWassergehalt
0,6290 g
0,6264 g
0,2479 g
0,2392 g
0,2431 g
0,3811 g
0,3872 g
Es dürfen also der Berechnung auf 4 g Droge 0,6 g für im Aether
gelöstes Wasser und Extraktstoffe zugrunde gelegt werden. Der Aether
nimmt beim Schütteln mit Wasser ungefähr 0,4 g Wasser auf, die gelöstenExtraktstoffe (Chlorophyll und Harz) betragen rund 0,2 g.
3. Schütteln der sauren Alkaloidlösung mit Talk.
Durch dieses Schütteln wird Adsorption der Schwebestoffe und teil¬
weise Entfärbung der Lösung bewirkt. Die so erhaltene zu titrierende
Lösung ist schwach hellgelb. Wird nicht mit Talk geschüttelt, so weist
die zu titrierende Lösung eine intensivere gelbliche Farbe auf als nach
Ph. Helv. V; ferner bleibt beim Ausschütteln der alkalisierten Lösungmit Chloroform an der Trennungsschicht eine geringe Menge Emulsion
bestehen. Wird dagegen mit Talk geschüttelt, so tritt beim Ausschütteln
mit Chloroform überhaupt keine Emulsionsbildung auf.
II. Entfernung der flüchtigen Basen aus dem Alkaloidgemisch,bzw. aus der Alkaloidlösung im organischen Lösungsmittel.
Zur vergleichenden Prüfung der Wirksamkeit der wichtigsten vor¬
geschlagenen Verfahren zur Beseitigung flüchtiger Pflanzenbasen führten
wir Bestimmungen nach den in den Methoden des 5. Add. 1942 Brit. Ph.
44
1932 und der U. S. P. XI angegebenen Verfahren sowie nach der Methodevon Proche und Seidl durch. Wir erhielten bei unserer Droge folgendeResultate:
1. Beseitigung der flüchtigen Basen nach 5. Add. 1942 Brit. Ph. 1932:Alkaloidrückstand erhalten nach:
Alkaloidwerte
a) unserer Modifikation der Methode von Peyer 0,380 % 0,371 %und Gstirner 0,370 % 0,378 %
b) Ph.Helv.V 0,376 % 0,376%c) Ph. Helv. V (aber mit Chloroform ausge¬
schüttelt) 0,399%2. Beseitigung der flüchtigen Basen nach U. S. P. XI:
Alkaloidrückstand erhalten nach:
a) unserer Modifikation der Methode von Peyerund Gstirner 0,367 %
b) Ph.Helv.V 0,362%Hier beträgt der Minderwert gegenüber dem Verfahren von
5. Add. 1942 Brit. Ph. 1932 0,01—0,02 cm3 0,1 n-HCl. Es entsteht
also beim wiederholten Abdestillieren mit Chloroform ein kleiner
Verlust, der aber innerhalb der Fehlergrenze liegt.3. Nach Proche und Seidl 0,374 % (= 0,61 cm3 0,1 n-HCl x Faktor)
0,368 % (= 0,60 cm3 0,1 n-HCl x Faktor)0,368 % (= 0,60 cm3 0,1 n-HCl x Faktor)0,368 % (= 0,60 cm3 0,1 n-HCl x Faktor)
Die Lösung mit 0,374 % Alkaloidgehalt machten wir mit Ammoniak
alkalisch, schüttelten die Alkaloide mit Chloroform aus und behandelten
den erhaltenen Alkaloidrückstand nach 5. Add. 1942 Brit. Ph. 1932. Wir
verbrauchten 0,60 cm3 0,1 n-HCl, also praktisch die gleiche Menge wie
bei der vorangehenden Alkaloidbestimmung.Wurde der Alkaloidrückstand während zwei Stunden auf dem sieden¬
den Wasserbad oder während drei bis fünf Stunden bei 100° getrocknet,so erhielten wir die gleichen Alkaloidwerte. Im Blindversuch stellten wir
an reiner Hyoscyaminbase fest, daß bei längerem Erwärmen auf 100°
keine Zersetzung eintritt.
Aus den erhaltenen Resultaten ersehen wir, daß die erwähnten Ver¬
fahren zur Entfernung der unwirksamen flüchtigen Basen aus Folium
Belladonnae einander gleichwertig sind. Hieraus glauben wir schließen
zu dürfen, daß im Belladonnablatt neben den eigentlichen Alkaloidenwahrscheinlich nur solche basische Stoffe vorkommen, die bei längeremErwärmen auf 100° vollständig flüchtig sind. Die erhaltenen Werte sind
mit Bestimmtheit etwas niedriger als die nach den üblichen Methoden
erhaltenen Alkaloidwerte, liegen aber innerhalb der theoretischen
Streuungen.Die von uns ausgearbeitete und vorstehend beschriebene Modifika¬
tion der Methode von Peyer und Gstirner zur Bestimmung der ätherlös¬
lichen Alkaloide in Folium Belladonnae muß, gestützt auf die gewonnenen
Erfahrungen, folgendermaßen ergänzt werden:
45
Den Rückstand nimmt man mit 5 cm3 Weingeist auf, verdampft diesen vollständigund trocknet den Rückstand während 2 Stunden bei 100° oder auf dem siedendenWasserbad. Dann löst man den Rückstand in 3 cm3 Weingeist, gibt 25 cm3 frisch aus¬
gekochtes und wieder erkaltetes Wasser und 10 Tropfen Methylrotlösung hinzu und
titriert mit 0,1 n-Salzsäure bis zur Rotfärbung (Mikrobürette).
III. Erschöpfende Drogenextraktion und ihre Bedeutung.
Als einzige Arzneibuchvorschriften führen U. S. P. XI und Brit. Ph.
1932 sowie 5. Add. 1942 Brit. Ph. 1932 eine erschöpfende Extraktion der
Droge durch Perkolation oder Soxhletextraktion durch. Wir führten nach
U. S. P. XI folgende Bestimmungen aus:
1. 10 g Droge wurden mit 10 cm3 Weingeist befeuchtet und nach
Zusatz von 8 cm3 Ammoniak (27 %) mit 20 cm3 Aether über Nacht maze¬
riert, nachher im Soxhletapparat mit Aether erschöpfend extrahiert (Probemit Mayers Reagens). Die weitere Bestimmung führten wir nach U. S. P. XI
1939 Supplement aus. — Wir konnten die Bestimmung nicht zu Ende füh¬
ren, da sich beim Schütteln der ätherischen Alkaloidlösung mit Säure eineschwer trennbare Emulsion bildete.
2. Extraktion der Droge wie bei 1. Die weitere Bestimmung führtenwir nach der von uns vorgeschlagenen Methode aus unter Berücksichti¬
gung der Mengenverhältnisse. Wir erhielten folgende Werte:
0,407 o/o (Alkaloidrückstand nicht erwärmt)0,388% (Alkaloidrückstand während 2 Stunden auf 100° erwärmt).
3. Wir mazerierten 10 g Droge nach Ammoniakzusatz mit Aether über
Nacht, extrahierten nachher im Soxhletapparat während 3 Stunden mitAether und bestimmten weiter nach der von uns vorgeschlagenen Methode.Hierbei erhielten wir folgende Werte:
0,417 o/0 (Alkaloidrückstand nicht erwärmt)0,377% (Alkaloidrückstand während 2 Stunden auf 100° erwärmt).
Die Vorschrift nach U. S. P. XI 1939 Supplement ist für die Bestim¬
mung der Alkaloide in Folium Belladonnae nicht brauchbar. Durch die
Gegenwart von Weingeist werden vermutlich Stoffe extrahiert, welchebeim Ausschütteln des organischen Lösungsmittels mit Säure Emulsions¬
bildung bewirken. Die Bestimmung der ätherlöslichen Alkaloide ist nachder von uns vorgeschlagenen Methode praktisch quantitativ.
IV. Ueberprüfung der Methoden von Codex Gall. 6,Ph. Belg. IV 1. Supplement und F. Ital. VI.
In der Absicht, die von uns vorgeschlagene Modifikation der Methodevon Peyer und Gstirner zu vereinfachen, führten wir Bestimmungen nachCodex Gall. 6, Ph. Belg. IV 1. Supplement und F. Ital. VI aus.
Die Alkaloidbestimmung nach Codex Gall. 6 wurde von uns folgen¬dermaßen vorgenommen:
a) Droge mit Weingeist befeuchtet: Die vorgeschriebene Filtratmenge(50 g Aether-Chloroformlösung) erhielten wir mühelos. Beim Schüttelnder Aether-Chloroformlösung mit 0,1 n - HCl erfolgte eine Trennung der
46
Schichten, aber die saure Alkaloidlösung bildete eine starke Emulsion, die
wir nicht durch ein Papierfilter filtrieren konnten. Hier möchten wir fol¬
gende Bemerkung anbringen: 50 g Filtrat entsprechen nicht 6,66 g Droge,sondern 5,88 g Droge, denn der Weingeist muß als organisches Lösungs¬mittel für die Alkaloide bei der Berechnung einbezogen werden.
b) Droge nicht mit Weingeist befeuchtet: Die vorgeschriebene Filtrat-
menge konnten wir nicht erhalten; wir erhielten nur 41 g bzw. 42,2 gFiltrat. Beim Schütteln der Aether - Chloroformlösung mit 0,1 n - HCl
erfolgte eine Trennung, aber nur sehr langsam. Die weitere Bestimmungführten wir, bei Gebrauch von Methylrot als Indikator und 0,1 n - Titrier¬
lösungen, nach der bei Semen Strychni in Ph. Helv. V angegebenen Weise
durch. Wir erhielten 1,015 %, 0,883 % Alkaloide. Die Werte fielen zu
hoch aus, wie wir dies nach der von uns erwähnten Kritik übex D. A. B. 6
vermuteten.
Bei den Arbeiten nach der Vorschrift von Ph. Belg. IV 1. Supple¬ment machten wir folgende Beobachtungen: Beim Schütteln der wein¬
geistigen 0,1 n-HCl-sauren Alkaloidlösung mit Chloroform entstand eine
starke milchige Trübung, und die Trennung der Schichten erfolgte sehr
langsam. Auch nach längerem Stehen blieb an der Trennungsschicht einekleine Emulsion bestehen. Beim Ausschütteln der ammoniakalisch gemach¬ten sauren Alkaloidlösung trat eine starke Emulsionsbildung ein, die nach
längerem Stehenlassen bis auf eine kleine, an der Trennungsschichtbestehen bleibende Emulsion verschwand. Beim zweiten Ausschütteln mit
Chloroform entstand keine genaue Trennung mehr*. Die zweite Chloro-
form-Ausschüttelung konnten wir nicht mehr zur Bestimmung verwenden,weil keine Trennung der Schichten erfolgte. Der gefundene Wert von
0,309 % mußte also zu niedrig ausfallen.
Bei der Bestimmung der Droge nach F. Ital. VI machten wir folgendeFeststellungen: Wir konnten nur mit Mühe 95 g Filtrat erhalten (statt100 g). Beim Ausschütteln der mit Ammoniak alkalisch gemachten sauren
Alkaloidlösung mit Aether-Chloroform entstand eine gute Trennung der
Schichten, aber die Aether-Chloroformschicht bildete eine geringe Emul¬
sion. Die Aether-Chloroformlösung filtrierten wir durch ein doppeltes,glattes Papierfilter. Die Titration führten wir nach Ph. Helv. V aus. Die
zu titrierende Lösung war weniger gelb gefärbt als jene, die wir nach
Ph. Helv. V erhalten hatten. Der Farbton entsprach ungefähr der zu titrie¬
renden Lösung nach der von uns vorgeschlagenen Methode. Wir erhielten
0,404 %, 0,398 %, 0,401 % Alkaloide. Die Werte sind praktisch gleich wie
nach Ph. Helv. V, die Analyse nimmt jedoch etwa 4—5 Stunden in An¬
spruch.Zusammenfassend können wir sagen, daß durch Zusatz von Wein¬
geist zum organischen Lösungsmittel aus Belladonnablatt Drogenbestand-
60 P. Rom, Pharm. Mh. 15, 40 (1934).* Hier möchten wir auf das Verfahren von Rom60 aufmerksam machen, der zur
Verhinderung von Emulsionen bei Solanaceen-Kraut- und -Blattdrogen die salzsaure
Ausschüttelung nach Ammoniakzusatz vom gebildeten voluminösen Niederschlag, der
sonst in das Choroform übergeht, im Winklerschen Kelchtrichter abfiltriert und erst
nachher mit Chloroform ausschüttelt. Unseres Erachtens besteht aber die Gefahr, daß
hier Alkaloidverluste entstehen können.
47
teile extrahiert werden, die bei der Alkaloidbestimmung nach Codex Gall. 6
und U. S. P. XI 1939 Supplement, beim Ausschütteln des organischenLösungsmittels mit Säure schwer trennbare Emulsionen bilden. Diese
beiden Bestimmungsvorschriften sind daher unseres Erachtens nicht zu
empfehlen. Die Methoden von Ph. Belg. IV 1. Supplement und F. Ital. VI
bilden keine Vereinfachung gegenüber der von uns vorgeschlagenen Modi¬
fikation der Methode von Peyer und Ostirner. Die Methode von Ph. Belg. IV1. Supplement liefert zudem zu niedrige Werte.
D. Uebersicht und Kritik der neueren Bestimmungsmethoden der einzelnen
Alkaloide Skopolamin, Hyoscyamin, Atropin in Solanaceendrogen.
a) Versuche zur Bestimmung auf biologischem Wege.
Durch pharmakologische Analyse ist bis heute nach Angaben von
Kreitmair1" nur das Atropin genau geprüft. Die pharmakologische Wir¬
kung des Hyoscyamins und Atropins besteht in der Lähmung der Nerven¬
endigungen des Parasympathicus oder in einem Antagonismus gegenüberdem vom Nerven freigemachten und ihn erregenden Stoff, der als
Acetylcholin erkannt wurde. 1-Hyoscyamin wirkt doppelt so stark wie
Atropin18- 61, dem Skopolamin soll eine 5—lOmal stärkere Wirkung zu¬
kommen61. Hinsichtlich der mydriatischen Wirkung, die als rein neural
bedingt aufzufassen ist, wirkt 1-Hyoscyamin am Auge der weißen Maus
doppelt so stark wie Atropin16- 62, das 1-Skopolamin 5—lOmal stärker62;die Gegenwart des Skopolamins ist aber neben den beiden anderen Alka-
loiden nicht zu erkennen63.
Hidvegiix macht darauf aufmerksam, daß der Unterschied in der
mydriatischen Wirkung des Atropins und Hyoscyamins am Katzenaugenicht groß genug ist, um auf Grund dessen ein quantitatives Verfahren
zur Bestimmung des Verhältnisses Hyoscyamin : Atropin ausarbeiten zu
können. Ferner soll aus dem gleichzeitigen Vorhandensein der Alkaloide
im Belladonnablatt nach dem Gesichtspunkt der mydriatischen Wirkungeine Summation resultieren.
b) Chemische Bestimmung.
Sie beruht auf den verschiedenen physikalisch-chemischen Eigen¬schaften der drei Alkaloide. Klein und Sonnleitner3 fällen die Alka¬
loide Hyoscyamin und Atropin mit Jodwasserstoffsäure. Im Niederschlagwird das Verhältnis der beiden Alkaloide geschätzt, da sie sich durch
ihre Kristallform unterscheiden. Skopolamin soll sich nach dieser Methode
nicht einwandfrei erkennen lassen. Diese Versuche können nur als qua¬litative Reaktionen gewertet werden.
Andrews" hat Schätzungen angestellt über das ungefähre Ver¬
hältnis von Hyoscyamin und Skopolamin in Datura Stramonium, D. fastuosaund D. Metel, indem er die Alkaloide aus gereinigten Drogenauszügen in
61 L. Jendrassik und O. Will, Arch. exp. Pathol. Pharmacol. 153, 94 (1930).82 P. Pulewka, Arch. exp. Pathol. Pharmacol. 180, 119 (1936).63 H. A. Oelkers und E. Vincke, Arch. exp. Pathol. Pharmacol. 178, 439 (1935).
48
Form von Goldsalzen, Hydrobromiden, Sulfaten und Pikraten zur Abschei¬
dung brachte und die erhaltenen Alkaloidmengen schätzte.
Nach Gadamer"'' kann Hyoscyamin neben Atropin nur durch die
optische Drehung bestimmt werden. Goris und Costy bestimmten in
Folium Belladonnae und in den daraus bei verschiedenen Temperaturenhergestellten Trockenextrakten die spezifische Drehung in alkoholischer
Lösung des Alkaloidrückstandes. Zu jeder Bestimmung verwendeten sie
200 g Droge oder 50 g Trockenextrakt. Nach Hidvégi"1 ist das von Goris
und Costy vorgeschlagene Reinigungsverfahren für die polarimetrischeUntersuchung erfolglos. Potjewijd" bestimmte die Alkaloide polarime-trisch in schwefelsaurer Lösung, nachdem dieselbe mit Norit entfärbt
worden war. Im Parallelversuch ermittelte er in dem nicht mit Norit
behandelten Auszug den Gesamtalkaloidgehalt.Zur Ermittlung des Alkaloidverhältnisses Skopolamin, Hyoscyamin,
Atropin in Radix Belladonnae ist von Kuhn und Schäfer1 ein Bestim¬
mungsverfahren ausgearbeitet worden. Die Abtrennung des Skopolaminsberuht auf der Eigenschaft, daß sich dieses Alkaloid als verhältnismäßig-schwache Base aus schwach natriumbikarbonat - alkalischer Lösung mit
Aether ausschütteln läßt. Diese Eigenschaft wurde schon längst von
Schmidt**, Thoms und Wentzel"' und Chemnüius67 zur Isolierung des
Skopolamins aus Skopoliawurzel bzw. Mandragorawurzel benutzt. Die
Bestimmung des Hyoscyamins beruht auf der optischen Aktivität; Atropinist optisch inaktiv. Die Bestimmungsvorschrift von Kuhn und Schäferlautet folgendermaßen:
30 g Droge werden in einer starkwandigen Flasche mit 300 cm3 Aether Übergossenund nach kräftigem Schütteln 15 cm3 Ammoniak (10°/o) hinzugefügt. Dieses Gemisch
stellt man unter häufigem, kräftigem Umschütteln zwei Stunden beiseite. Hierauf wird
die Aetherlösung abgegossen und nach kurzem Trocknen über Na2S04 sicc. durch ein
trockenes Filter filtriert.200 cm3 dieser Aetherlösung (= 20 g Droge) dampft man auf dem Wasserbad bis
auf einige cm3 ein, gibt 10 cm3 0,5°/oige Salzsäure hinzu und erwärmt weiter bis zum
Verschwinden des Aethergeruches. Diese salzsaure Lösung wird in einen Scheide¬trichter filtriert, Kolben und Filter dreimal mit je 5 cm3 Wasser nachgewaschen und
durch vorsichtigen Zusatz einer gesättigten Natriumbikarbonatlösung schwach alkali-
siert. Man schüttelt dreimal mit 20 cm3 Aether aus. Die das Atropin und Hyoscyaminenthaltende wässerige Lösung A wird beiseite gestellt.
Die ätherische Lösung, welche das Skopolamin und daneben noch kleine MengenHyoscyamin und Atropin enthält, wird auf dem Wasserbad auf einige cm3 eingedampft,mit 10 cm3 0,5°/oiger Salzsäure versetzt und bis zum Verschwinden des Aethergeruchesweiter erwärmt. Die salzsaure Lösung wird in einen Scheidetrichter gebracht, wie oben,mit Natriumbikarbonatlösung alkalisiert und dreimal mit je 20 cm3 Aether aus¬
geschüttelt. Die wässerige Lösung enthält noch geringe Mengen Hyoscyamin und Atropinund wird zur Lösung A zugefügt. Die ätherische Lösung wird noch ein drittes Mal wie
oben behandelt (Abdampfen, HCl-Zusatz, Alkalisieren mit NaHCÛ3 und dreimaligesAusschütteln mit Aether). Sie enthält dann keine meßbaren Mengen Hyoscyamin oder
Atropin mehr, was Kuhn und Schäfer durch Fällen mit Goldchloridlösung und Fest¬
stellung des Schmelzpunktes des Skopolamin - Chloraurates (Smp. 208—210°) nach¬
gewiesen haben. Die übrigbleibende wässerige Lösung wird zur Lösung A hinzugefügt.Die bei der letzten Extraktion erhaltene ätherische Lösung wird nach dem Trock¬
nen mit Natriumsulfat in ein Kölbchen filtriert; Kolben und Filter werden mehrmals
04 J. Gadamer, Arch. Pharm. 234, 543 (1896); 239, 333 (1901).65 E. Schmidt, Arch. Pharm. 236, 52 (1898).66 H. Thoms und M. Wentzel, Ber. dtsch. ehem. Ges. 34, 1023 (1901).67 F. Chemnitius, J. prakt. Chem. (2), 120, 221 (1929).
49
mit Aether nachgewaschen und auf dem Wasserbade bis zum Verschwinden des Aether-
geruches erwärmt. Der Rückstand wird in 2 cm3 Weingeist gelöst, mit 10 cm3 Wasser
sowie Methylrot-Methylenblau als Indikator versetzt und das Skopolamin mit 0,1 n - HCl
titriert. 1 cm3 0,1 n-HCl = 0,0303 g Skopolamin.Die vereinigten wässerigen Flüssigkeiten A werden mit 3 cma konz. Ammoniak ver¬
setzt und dreimal mit je 30 cm3 Chloroform ausgeschüttelt. Das Chloroform wird mit
0,5 g Tragant geschüttelt und nach etwa halbstündigem Stehen in einen Kolben fil¬
triert. Kolben und Filter werden mehrmals mit Chloroform nachgewaschen.Die Chloroformlösung wird auf dem Wasserbade fast vollständig eingedampft; die
letzten Chloroformreste werden durch Einblasen eines Luflstromes entfernt. Der Rück¬
stand wird mehrere Stunden in einem Exsikkator aufbewahrt und dann genau 20 cm3
90o/0igen Alkohol hinzugegeben (1 cm3 Alkohol entspricht 1 g Droge). Die alkoholische
Lösung wird nach zweistündigem Stehen blankfiltriert und nach genauer Bestimmungder Dichte zur Bestimmung des Hyoscyamins im 220 mm-Rohr polarimetriert. Die spe¬zifische Drehung für Hyoscyamin in 90°/oigem Alkohol beträgt —24,0 °.
10 cm3 der polarimetrierten Lösung (= 10 g Droge) werden in ein Kölbchen
pipettiert und nach Zusatz von 20 cm3 Wasser und Methylrot-Methylenblau als Indikator
zur Bestimmung von Hyoscyamin-Atropin mit 0,1 n-HCl titriert. 1 cm3 0,1 n-HCl =
0,02892 g Hyoscyamin-Atropin.Zieht man den durch Polarisation für Hyoscyamin erhaltenen Wert von dem durch
Titration ermittelten Hyoscyamin-Atropin-Wert ab, so erhält man den Wert des in der
Droge vorhandenen Atropins. Die Berechnung des Hyoscyamins geschieht nach der
Formel:
a-100
°/op =20°
1. [a]D .d
gefundener Drehwinkel
Länge des Polarisationsrohres in dm
spezifische Drehung
Dichte der polarimetrierten Lösung bei 20°
gibt nach der Meinung von Kuhn und Schäfer den gewichts¬prozentischen Gehalt der Droge an Hyoscyamin an.
W. Märki macht auf einen Fehler aufmerksam, der Kuhn und
Schäfer in ihrer Berechnungsformel unterlaufen ist. Der Fehler liegtdarin begründet, daß die beiden Autoren die aus der Formel berechneten
Gewichtsprozente Hyoscyamin, die sich auf die alkoholische Lösung bezie¬
hen, ohne Umrechnung auf die analysierte Droge übertrugen. Nach
W. Märki sind infolge dieser fehlerhaften Berechnung sämtliche Hyoscya-minwerte in den Arbeiten von Kuhn und Schäfer und Fehr zu hoch.
W. Märki schlägt folgende Formel zur Berechnung des Hyoscyamin-gehaltes vor:
a . 100 • 100°/op =
20o1 • [<x]D .5. S
Diese Formel gilt, wenn 20 cm3 einer alkoholischen Lösung zur Bestimmung verwendet
werden, welche S g Ausgangsmaterial (Droge, Extrakt, Tinktur) entsprechen.
Wir haben die obige Formel nachgeprüft und richtig befunden. Siehat vor derjenigen von Kuhn und Schäfer noch den Vorteil, daß die
Bestimmung der Dichte der polarimetrierten Lösung nicht erforderlich ist.
68 W. Märki, Pharm. Acta Helv. 18, 229 (1943).
1
d
°/oP
50
Eine weitere Methode zur Trennung der Solanaceenalkaloide von
Küßner2 arbeitet wie folgt:
Aus 250 g grobgepulverter Belladonnawurzel werden die Alkaloide nach Zusatz
von Sodalösung mit Methylenchlorid extrahiert. Nach Verdampfen des Lösungsmittelswird der Alkaloidrückstand in salzsäurehaltigem Wasser aufgenommen. Die saure
Lösung wird zur Abtrennung der Apoalkaloide, welche nachher durch bromometrische
Titration bestimmt werden, mit Chloroform ausgeschüttelt. Die von den Apoalkaloidenbefreite wässerige Lösung wird mit Sodalösung alkalisch gemacht und wiederholt mit
Aether ausgeschüttelt. Der Rückstand dieser Aetherlösung, bestehend aus 1-Hyoscyamin,Atropin, Skopolamin und dem amorphen Belladonnin wird unter Erwärmen in Tetra¬
chlorkohlenstoff gelöst und die Lösung durch Filtration über Watte von den amorphenTröpfchen (= amorphe Restalkaloide = Belladonnin) abgetrennt, welche nach Auf¬
lösung in Chloroform gravimetrisch bestimmt werden. Aus der Tetrachlorkohlenstoff¬
lösung scheiden sich beim Stehen 1-Hyoscyamin und Atropin in schwer löslichen, nadei¬
förmigen Kristallen ab, während Skopolamin in Lösung bleibt. Die Kristalle werden
aus Tetrachlorkohlenstoff umkristallisiert, unter Vakuum im Silikagel-Exsikkator bei
Zimmertemperatur getrocknet und die optische Drehung in Chloroformlösung bestimmt.
Die Laugen des CCU-Kristallisates werden wiederholt mit salzsaurem Wasser extra¬
hiert und daraus das Skopolamin aus bikarbonatalkalisch gemachter Lösung mit Aether
ausgeschüttelt. Das erhaltene Rohskopolamin wird in salzsaurer Lösung als Gold¬
chloridverbindung gefällt, bei 90° getrocknet, gewogen und der Schmelzpunkt bestimmt.
Die Erfassungsgrenze dieser Methode liegt nach den Versuchen von
Küßner bei 10 mg Skopolamin.Die Methode von Küßner kommt unseres Erachtens aus folgenden
Erwägungen für das Apothekenlaboratorium kaum in Frage:1. Die kristalline Ausfällung der einzelnen Basen erfordert zur Bestim¬
mung eine verhältnismäßig große Drogenmenge und bedingt Alka-
loidverluste, wie der Autor selbst zugibt.2. Ein Silikagel-Exsikkator mit Hochvakuum ist erforderlich.
3. Die vielen Wägungen sind umständlich und zeitraubend.
Der Vorteil besteht in der Bestimmung der optischen Drehung von
i - Hyoscyamin in Chloroformlösung. Nach Gadamer69 ist der Gebrauch
von Weingeist nicht empfehlenswert, weil Inaktivierung des Hyoscyaminserfolgen kann. Küßner gibt als spezifische Drehung für Hyoscyamin in
Chloroform [a] D = - 25,2° an.
Fehr" machte zur Methode von Kuhn und Schäfer folgende Bemer¬
kung: Die Drehung kann nur mit einem Polarimeter mit einer Ablese¬
genauigkeit von 0,01° genügend genau gemessen werden, da bei den zur
Analyse verwendeten Drogenmengen im 220-mm-Rohr Drehungen von
etwa 0,1—0,3° abzulesen sind. Diese kleine Drehung kann, wie schon
Fehr bemerkt hat, auf zwei Arten vergrößert werden:
a) Die Drogenmenge wird für die Bestimmung erhöht. Man erhält
dadurch entsprechend mehr Alkaloide in der zu polarisierenden Lösung.Dieses Vorgehen läßt sich jedoch nicht leicht durchführen, da für den
normalen Analysengang schon 30 g Droge benötigt werden. Bei Blattdrogenist aber nach unseren Erfahrungen eine größere Menge Lösungsmittelerforderlich und die größere Alkaloidmenge, die in der zu polarisierendenLösung erhalten wird, ist nicht proportional der verwendeten größerenDrogenmenge, wie wir später sehen werden.
69 J. Gadamer, Arch. Pharm. 239, 302 (1901).
51
b) Man verwendet ein möglichst langes Polarisationsrohr. Dies soll
sich gut durchführen lassen, da die zu polarisierenden Lösungen meist
farblos oder nur sehr schwach gelb gefärbt sind. Um genaue Bestimmun-
mungen zu erlangen, empfiehlt feint, das Auge an Blindbestimmungen auf
kleine Helligkeitsunterschiede einzuüben. Die zu polarisierende Lösungsoll, wenn möglich 14—V2 Stunde im Polarimeter liegen, um die Tempe¬ratur der Umgebung annehmen zu können. Dadurch wird Schlierenbildungverhindert.
Fehr gibt folgendes Urteil: Der Analysengang von Kuhn und Schäfereignet sich infolge seiner Material- und Zeitbeanspruchung (nach unseren
Erfahrungen nimmt die Analyse mehr als einen Tag in Anspruch) und
der Erfordernis eines außerordentlich empfindlichen Polarimeters nicht
gut für das Apothekenlaboratorium.
E. Eigene Untersuchungen über die Bestimmung von Hyoscyamin
neben Atropin in skopolaminfreien Solanaceenblattdrogen.
Die Methode von Kuhn und Schäfer soll nach den Angaben dieser
Autoren ohne weiteres auch zur Bestimmung der Alkaloide in Blättern,Stengeln, unreifen und reifen Früchten verwendet werden können. Wir
machten mit Belladonnablatt verschiedene Versuche in dieser Richtungund können die Angabe von Kuhn und Schäfer nicht ohne weiteres bestä¬
tigen. Ueber unsere Beobachtungen und Verbesserungsvorschläge soll
nachstehend kurz berichtet werden.
1. Die zu verwendende Aethermenge (Narkose-Aether) sollte einfach¬
heitshalber im Gewichtsverhältnis zur Droge verwendet werden. Die Maze¬
rationszeit kann nach unseren Erfahrungen auf x/2 Stunde herabgesetztwerden.
2. Nach unseren Erfahrungen wissen wir, daß beim Ausschütteln der
Alkaloidlösung mit Chloroform lästige Emulsionen auftreten, auch wenn
die Lösung vorher mit Aether ausgeschüttelt worden ist. Die Aetherlösungvon 6 g Droge behandelten wir nach dem Reinigungsverfahren von Peyerund Gstirner, im übrigen arbeiteten wir unter Berücksichtigung der Men¬
genverhältnisse zur Bestimmung der Gesamtalkaloide genau nach der
Methode von Kuhn und Schäfer ohne Ausführung der getrennten Bestim¬
mung von Skopolamin, Hyoscyamin, Atropin und ermittelten Gesamt-Alka-
loidwerte von: 0,341 %, 0,347 % (Rückstand nicht bei 100° erwärmt).Hieraus können wir schließen, daß durch den Chlorophyllrückstand Alka¬
loide eingeschlossen werden, die auch durch Auswaschen mit Wasser nicht
quantitativ entfernt werden.
3. Der Zusatz von Salzsäure beim Abdestillieren des Aethers muß
vergrößert werden, damit möglichst viele Alkaloide aus 30 g Droge zur
Bestimmung gelangen. Nach unseren Erfahrungen hält das Chlorophyllvon 6 g Droge etwa 4 g saure Lösung zurück. Wir verwendeten 0,1 n-HCl
und festes Natriumbikarbonat als Alkalisierungsmittel (1 g festes NaHC03auf 45 cm"' 0,1 n-HCl, im Meßzylinder abgemessen). Die so erhaltene
Alkaloidlösung zeigte deutlich alkalische Reaktion auf Lackmus. Beim
Schütteln mit Aether extrahierten wir bei unserer Droge keine Alkaloide,
52
während Skopolamin ausschüttelbar ist. Somit ist in unserer Droge kein
Skopolamin vorhanden*. Die Alkaloidlösung wird durch das Ausschütteln
mit Aether teilweise entfärbt. Schüttelten wir nicht mit Aether, so konn¬
ten wir die erhaltene Chloroformlösung für die Polarisation nicht ver¬
wenden, weil dieselbe noch zu stark gefärbt war.
4. Wir vermuteten, daß beim Schütteln der Chloroformlösung mit
Tragant Alkaloidverluste auftreten könnten, falls nicht ein aliquoter Teil
des verwendeten Chloroforms zur Bestimmung gelangt. Bei der Bestim¬
mung alkaloidführender Tinkturen machten Kuhn und Schäfer70 dar¬
auf aufmerksam, daß nach dieser Arbeitsweise bei Atropin ein Verlust
von 8,5—8,6 % entsteht. Wir konnten aber durch Versuche feststellen,daß hier keine Alkaloidverluste auftreten, denn bei sorgfältiger Trennungist die Chloroformlösung sozusagen wasserfrei; der Tragant bewirkt nach
unseren Ergebnissen eine bessere Klärung und weitgehende Entfärbungder chloroformhaltigen Alkaloidlösung, was für die polarimetrische Bestim¬
mung wertvoll ist. Man erhält auf diese Weise eine nur schwach gelbgefärbte Lösung.
5. Die optische Drehung kann vorteilhafter nach Küßner2 in chloro-
formhaltiger Lösung bestimmt werden.
6. Die Anwesenheit flüchtiger Basen wird bei der Methode von Kuhn
und Schäfer vor der Titration nicht berücksichtigt.7. Die von Kuhn und Schäfer angegebene Formel für die Berech¬
nung des Hyoscyamingehaltes der Droge muß nach dem Vorschlag von
W. Märki08 berichtigt werden.
In Anlehnung an die von uns ausgearbeitete Modifikation der Me¬
thode von Peyer und Gstirner zur Bestimmung der ätherlöslichen Gesamt-
alkaloide von Folium Belladonnae unterzogen wir die erhaltenen ätheri¬
schen Filtratmengen nochmals einer näheren Prüfung. Bei Verwendungvon 30 g Droge und 300 g Narkose-Aether erhielten wir 234 g, 225 g,231 g ätherisches Filtrat. Es werden also nach dem Schütteln der ätheri¬
schen Lösung mit Wasser mühelos 203 g Aetherlösung (— 20 g Droge)erhalten. Den Aether destillierten wir in Gegenwart von 90 cm3 0,1 n - HCl
ab und ergänzten das Gewicht mit 0,1 n-HCl auf 98 g (— 20 g Droge).Nach dem Schütteln mit 1,5 g Talk erhielten wir immer 80-85 g saure
Alkaloidlösung (80 g = 16 g Droge). Die Flüssigkeitsmenge könnte auch
auf 198 g ergänzt werden, wobei die Alkaloide aus 180 g Filtrat (= 18 g
Droge) zur Bestimmung gebracht werden könnten.
Zur Bestimmung von Hyoscyamin und Atropin in skopolaminfreiemBelladonnablatt möchten wir folgende Methode vorschlagen:
30 g Droge werden in einer starkwandigen Arzneiflasche von 625 cm3 Inhalt mit
300 g Narkose-Aether und nach kräftigem Umschütteln mit 15 g Ammoniak (10°/o) ver¬
setzt und während 1/2 Stunde in der Schüttelmaschine geschüttelt. Man läßt während
Vä Stunde absetzen und gießt von der Aetherlösung so viel wie möglich (mindestens220 g) durch einen mit einer Glasplatte zu bedeckenden Trichter von 7,5 cm Durch¬
messer durch Watte in eine Arzneiflasche von 400 cm3 Inhalt. Gegen das Ende der Fil¬
tration wird durch Aufgießen von einigen cm3 Wasser auf den Brei im Trichter der
70 A. Kuhn und G. Schäfer, Dtsch. Apoth.-Ztg. 53, 968 (1938).* Auch Kuhn und Schäfer haben in der von ihnen analysierten Belladonnablatt¬
droge kein Skopolamin gefunden.
53
Aether verdrängt. Zum Filtrat fügt man 15 cm3 Wasser, schüttelt kräftig durch und läßt
bis zur Klärung stehen (etwa 15 Minuten). 203 g der klaren Aetherlösung (== 20 g
Droge) werden durch Watte in einen Erlenmeyerkolben von 500 cm3 Inhalt gegossenund einige Siedesteinchen hinzugegeben. Der Aether wird auf dem Wasserbad voll¬
kommen abdestilliert, der Kolben nach dem Erkalten mit Rückstand bis auf eine Dezi¬
male genau gewogen und das Gewicht notiert. Der Rückstand wird in 70 g Narkose-
Aether gelöst, 90 cm3 0,1 n-HCl hinzugefügt, der Kolben einige Male kräftig umge¬
schwenkt, der Aether auf dem Wasserbad vorsichtig abdestilliert und der Kolbeninhalt
bis zum Verschwinden des Aethergeruches erwärmt. Nach dem Erkalten wird das
Gewicht der Flüssigkeit mit 0,1 n-HCl auf 98 g ergänzt, die saure Alkaloidlösung mit
1,5 g Talk geschüttelt und 80 g der Lösung (= 16 g Droge) durch ein Faltent'ilter von
7 cm Durchmesser in einen Scheidetrichter von 150 cm3 Inhalt filtriert. In mehreren
Portionen werden insgesamt 1,8 g festes Natriumbikarbonat in den Scheidetrichter
gegeben. Die bikarbonatalkalische Lösung wird zwecks Entfernung färbender Stoffe
dreimal mit je 20 cm3 Aether ausgeschüttelt.Die das Atropin und Hyoscyamin enthaltende wässerige Lösung wird mit 3 cm3
konz. Ammoniak versetzt und mit 30, 25, 20, 20 cm3 Chloroform ausgeschüttelt. Die er¬
haltene Chloroformlösung wird in einer Arzneiflasche von 150 cm3 Inhalt mit 0,5 g
Tragant geschüttelt und nach etwa halbstündigem Stehen durch ein Faltenfilter von 7 cm
Durchmesser in einen Erlenmeyerkolben von 250 cm3 Inhalt filtriert. Arzneiflasche und
Filter werden mehrmals mit wenig Chloroform nachgewaschen. Die erhaltene Chloro¬
formlösung wird auf dem Wasserbade fast vollständig abdestilliert; die letzten Chloro¬
formreste werden zwecks vollständiger Beseitigung des Ammoniaks durch Einblasen
eines Luftstromes entfernt. Der Alkaloidrückstand wird hierauf in wenig Chloroform
gelöst, die Lösung in ein Meßkölbchen von 20 cm3 Inhalt gespült und bis zur Marke mit
Chloroform aufgefüllt. Die gut durchgemischte Chloroformlösung wird, falls notwendig,blankfiltriert und zur Bestimmung des Hyoscyamins im 220-mm-Rohr polarimetriert.Der Nullpunkt des Polarimeters muß vorher mit reinem Chloroform ermittelt werden.
Die spezifische Drehung für Hyoscyamin in Chloroform beträgt nach Küßner2 —25,2°.Die Berechnung des Hyoscyamingehaltes der Droge geschieht nach der Formel:
°/o Hyoscyamin =a • 100 • 100
20»• [«]
D• 5 • S
a = gefundener Drehwinkel
1 = Länge des Polarisationsrohres in dm
20»
[a] y.= spezifische Drehung des Hyoscyamins in Chloroform (= —25,2°)
S = g Droge (in unserer Vorschrift = 16 g), welche den 20 cm3 der polari-metrierten Chloroformlösung entsprechen.
10 cm3 der polarimetrierten Lösung (= 8 g Droge) werden in einen Erlenmeyer¬kolben von 100 cm3 abpipettiert. Das Chloroform wird auf dem Wasserbad abdestilliertund der Rückstand mit 5 cm3 Weingeist aufgenommen. Der Weingeist wird vollständigverdampft und der Rückstand während zwei Stunden auf dem siedenden Wasserbad
oder bei 100° getrocknet. Der Alkaloidrückstand wird hierauf in 3 cm3 Weingeist gelöst,25 cm3 frisch ausgekochtes und wieder erkaltetes Wasser und 10 Tropfen Methylrot¬lösung oder Methylrot-Methylenblau-Lösung (8 Tropfen Methylrotlösung Ph. Helv. V
+ 1 Tropfen Methylenblaulösung, 0,1 o/0 in Weingeist) hinzugegeben und mit 0,1 n-HClbis zur Rotfärbung, bzw. Rosaviolettfärbung titriert.
1 cm3 0,1 n-HCl = 0,0289 g Alkaloide.
Die Titration ergibt die Summe von Hyoscyamin + Atropin. Zieht man den durchPolarisation für Hyoscyamin erhaltenen prozentischen Wert von dem durch Titrationermittelten prozentischen Hyoscyamin-Atropin-Wert ab, so erhält man die prozentualeMenge des in der Droge vorhandenen Atropins.
54
Bei unserer Droge ermittelten wir nachstehende Werte:
Aether-
PiltratSaures Filtrat
Gefundener
Drehungs¬winkel a
*
'It
Hyos-cyamin
'/• Hyos-evamin
+
AtropinAtropin
Hyoscyaminin •/• des
Gesamtalka-
loidgehaltes
213,1 g
203 g
84 g = 17,64 g Droge80 g = 16 g Droge
0.172 °
0,152 »
0,352
0.342
0,377
0,379
0,025
0,037
86,20
90,23
* Mittel aus 10 Ablesungen.
Dieses Bestimmungsverfahren besitzt hauptsächlich als wissenschaft¬
liche Methode einen Wert. Wir gehen mit Fehr* einig, daß die getrennteBestimmung des Hyoscyamins neben Atropin für das Apothekenlabora¬torium weniger in Frage kommt.
F. Zusammenfassung.
I. Es wird eine Uebersicht über die in Solanaceendrogen von
Ph. Helv. V bis jetzt nachgewiesenen basischen Körper gegeben.II. Es wird eine Uebersicht und Kritik der neueren Bestimmungs¬
methoden der Gesamtalkaloide von Folium Belladonnae gegeben.III. In eigenen Untersuchungen über die Bestimmung des Gesamt-
alkaloidgehaltes von Folium Belladonnae wird folgendes festgestellt:
1. Aus Folium Belladonnae werden mit Aether als Extraktionsmittel
gleich viele Alkaloide extrahiert wie mit Weingeist. Durch einmaligeMazeration werden die Alkaloide praktisch quantitativ erhalten.
2. Die Entfernung der flüchtigen Basen kann durch Erwärmen des
Alkaloidrückstandes während zwei Stunden auf dem siedenden Wasser¬
bad, bzw. bei 100° ausgeführt werden oder durch Schütteln der alkaloid-
haltigen Benzollösung mit 0,001 n-NaOH unter Berücksichtigung des Ver¬
teilungskoeffizienten nach Proche und Seidl.
3. Wir empfehlen zur Bestimmung der Gesamtalkaloide eine Methode,welche Aether als Extraktionsmittel verwendet und die als eine Modifi¬
kation der Methode von Peyer und Gstirner bezeichnet werden kann.
Die Vorschrift lautet folgendermaßen:
6 g Droge (VI) werden in einer Arzneiflasche von 150 cm3 Inhalt mit 60 g Narkose-
Aether und nach kräftigem Umschütteln mit 3 cm3 Ammoniak (10 o/o) versetzt und wäh¬
rend lh Stunde häufig und kräftig geschüttelt. Dann wird einige Minuten absetzen
gelassen und von der Aetherlösung soviel als möglich (mindestens 42 g) durch einen
mit einer Glasplatte zu bedeckenden Trichter von 9 cm Durchmesser durch Watte in
einen Scheidetrichter von 100 cm3 Inhalt gegossen. Gegen das Ende der Filtration wird
durch Aufgießen von einigen cm3 Wasser auf den Brei im Trichter der Aether ver¬
drängt. Zum Filtrat fügt man 3 cm3 Wasser, schüttelt kräftig durch und läßt bis zur
Klärung stehen (etwa ö—10 Minuten). Die wässerige Schicht wird ablaufen gelassen.40,6 g der klaren Aetherlösung (= 4 g Droge) werden durch Watte in einen Erlenmeyer-kolben von 150 cm3 Inhalt abfiltriert. Der Aether wird auf dem Wasserbad vollkommen
55
abdestilliert und der Kolben mit dem Rückstand nach dem Erkalten auf eine Dezimale
genau gewogen und das Gewicht notiert. Der Rückstand wird wieder in 30 cm3 Narkose-
Aether gelöst, 35 cm3 0,25o/0ige Salzsäure hinzugefügt, der Kolben einige Male kräftigumgeschwenkt und der Aether vorsichtig abdestüliert. Nach dem Erkalten wird das
Gewicht der Flüssigkeit mit 0,25o/0iger Salzsäure auf 39,6 g ergänzt. Man schüttelt mit
0,5 g Talk und filtriert 35 g der sauren Alkaloidlösung (= 3,5 g Droge) durch ein Falten¬
filter von 6 cm Durchmesser in einen Scheidetrichter von 100 cm3 Inhalt. Das Filtrat
wird mit 10°/oigem Ammoniak (etwa 1 cm3) deutlich alkalisch gemacht und mit 20, 15,10, 10 cm3 Chloroform je 2 Minuten lang ausgeschüttelt. Die Chloroform-Ausschüttelun¬
gen werden nacheinander durch Watte in einen Erlenmeyerkolben von 150 cm3 Inhalt
gegossen und das Chloroform auf dem Wasserbad sofort abdestilliert. Den Rückstand
nimmt man mit 5 cm3 Weingeist auf, verdampft auch diesen vollständig und trocknet
den Rückstand während 2 Stunden bei 100° oder auf dem siedenden Wasserbad. Dann
löst man den Rückstand in 3 cm3 Weingeist, gibt 25 cm3 frisch ausgekochtes und wieder
erkaltetes Wasser und 10 Tropfen Methylrotlösung hinzu und titriert mit 0,1 n - Salzsäure
bis zur Rotfärbung (Mikrobürette).
1 cm3 0,1 n-Salzsäure = 0,0289 g Alkaloide.
Es müssen wenigstens 0,37 cm3 0,1 n-HCl verbraucht werden, entsprechend einem
Mindestgehalt von 0,3%> Alkaloiden, berechnet als Hyoscyamin.
Die Methode weist gegenüber Ph. Heiv.V folgende Verbesserungen auf:
a) Zeitersparnis (Ausführungsdauer ohne zweistündige Trocknung etwa
3 Stunden gegenüber 4—5 Stunden nach Ph. Helv. V) ;
b) Herabsetzung der zur Bestimmung benötigten Drogenmenge. (Von6 g Droge gelangen die Alkaloide aus 3,5 g Droge zur Bestimmung);
c) Vollständige Entfernung der flüchtigen Basen;d) Sehr geringe Eigenfarbe der Titrationslösung.
IV. Es wird eine Uebersicht und Kritik der neueren Bestimmungs¬methoden der einzelnen Alkaloide Skopolamin, Hyoscyamin, Atropin in
Solanaceendrogen gegeben.V. In eigenen Untersuchungen über die Bestimmung von Hyoscyamin
neben Atropin in skopolaminfreien Solanaceenblattdrogen wird folgendesfestgestellt:
Der Trennungsgang nach Kuhn und Schäfer zur Bestimmung des
Hyoscyamins in Radix Belladonnae kann bei Blattdrogen nicht ohne wei¬
teres angewandt werden. In Anlehnung an die von uns empfohleneMethode zur Gesamtalkaloidbestimmung im Belladonnablatt arbeiteten wir
eine Methode aus zur Bestimmung des Hyoscyamins neben Atropin in
skopolaminfreien Solanaceenblattdrogen. Dieses Bestimmungsverfahrenkommt weniger für Arzneibuchzwecke denn als rein wissenschaftlicheMethode in Betracht.
56
lieber die Bestimmung der ätherlöslichen Alkaloide
und Ekgoninester in Folium Cocae.
A. Uebersicht über die Koka-Alkaloide und deren Vorkommen.
Alle Arzneibücher, in welchen Folium Cocae Aufnahme gefundenhat, definieren die Droge als das Blatt von Erythroxylon Coca Lamarck.
Ergb. 5 D. A. B. 6 läßt alle Varietäten zu. Ph. Belg. IV definiert die Stamm¬
pflanze näher als var. Bolivianum Burck, F. Espan. VIII und Codex Gall. 6
als var. Bolivianum Burck und var. novogranatense Morris. Keine Her¬
kunft der Droge geben an: Ph. Helv. V, Ph. Belg. IV, Ergb. 5 D. A. B. 6 und
Suom. F. VI; Codex Gall. 6 und F. Ital. VI schreiben als Produktions¬
gebiete Peru und Bolivien vor; F. Port. 1935 verlangt die Blätter von
Sträuchern aus Peru und Brasilien, läßt aber daneben sowohl die Blätter
von in Mittelamerika wie in Ostindien kultivierten Sträuchern zu. F. Espan.VIII verlangt die Droge aus Peru, läßt daneben die Blätter von in Bolivien,Kolumbien und Brasilien, wie auch in Ostindien, Ceylon und Java kulti¬
vierten Pflanzen zu. Allerdings ist hier zu bemerken, daß Fol. Cocae in
Spanien nur als Gurgelmittel Verwendung findet.1 Die Koka-Alkaloide sind
im Blatt vornehmlich im chlorophyllarmen Gewebe lokalisiert.
Die bis heute bekannten, natürlich vorkommenden Koka-Alkaloide
können nach ihrer chemischen Konstitution in 4 Gruppen eingeteiltwerden:
I. Ekgonine.
1. Freies Ekgonin C9H15OsN.
Die Menge freies Ekgonin im Kokablatt ist nach Angaben von Gori*
und Chalmeta" sehr gering; andere Autoren verneinen die Anwesenheit
dieses Körpers überhaupt. Dies wird wohl für solche Blätter zutreffen,die in den wie bei der Teebereitung üblichen Trockenapparaten gänzlichgetrocknet und sofort in Teekisten verpackt wurden, die mit Bleifolie aus¬
gelegt sind und nachher verlötet werden. Beim geringsten Feuchtigkeits¬gehalt geht beim Lagern der Gehalt an Acylekgoninmethylester durch
hydrolytische Esterspaltung zurück (vgl. H. Emde in F. Ulimann: Enzyklo¬pädie der techn. Chemie, 2. Aufl., Bd. III, p. 451, Berlin, Wien, 1929).Ekgonin ist löslich in Wasser, Alkalien, verdünnten Säuren, wenig löslich
1 A. Goris, A. und 0. Chalmeta, Bull. Sei. pharmacol. 41, 583 (1934).- A. Goris, A. und C. Chalmeta, Bull. Sei. pharmacol. 40, 193, 641, (1933).
57
in Weingeist, unlöslich in organischen Lösungsmitteln. Es wirkt nicht
anästhesierend.
2. Acylekgoninmethylester.
a) l-Kokain C1TH2102N (Benzoylekgoninmethylester).Kokain wurde nach Schelenz 3
zuerst 1855 von Apotheker F. Gaedeke
dargestellt und als Erythroxylin bezeichnet. Niemann und Wähler4 ge¬
wannen 1860 kristallisiertes Kokain aus den Blättern. Kokain ist kaum
löslich in Wasser, löslich in Aether, Alkohol, Chloroform, Benzol, Petrol¬
äther und Aceton; es ist langsam flüchtig über 90°5. Kokain wirkt
mydriatisch und sehr stark anästhesierend.
b) l-Cinnamoylkokain C19H2304N (Cinnamoylekgoninmethlester).
Cinnamoylkokain wurde 1889 von Giesel aus Java-Kokablatt isoliert6.
Die Löslichkeitsverhältnisse sind ähnlich wie bei Kokain. Es wirkt nicht
anästhesierend und ruft keine Mydriasis hervor.
c) Truxilline (a- und ß-) C3bH4()0sN2 (a-, bzw. /?-Truxilloylekgonin-methylester).
Die Truxilline wurden 1886 von Hesse aus Truxillo-Kokablatt ge¬
wonnen 7>8. Liebermann fand bei der Fraktionierung zwei isomere Basen:
a- und /S-Truxillin9. Die Truxilline wurden früher Cocamin, Isatropyl-kokain, Truxillokokain genannt 7>9. Sie sind schwer löslich in Wasser,Petroläther, löslich in Alkohol, Aether, Benzol, Chloroform. Sie wirken
nicht anästhesierend und sind Herzgifte.
3. Acylekgonine.
I-Benzoylekgonin C16H1904N + 4H20.
1-Benzoylekgonin wurde von Skraup und Merck10 aus Peru-Kokablatt
isoliert; es kommt in den Blättern in sehr geringen Mengen oder über¬
haupt nicht vor; es entsteht leicht aus Kokain beim Kochen mit Wasser.
Von de Jong konnte es in Java-Kokablatt nicht nachgewiesen werden11.Es ist leicht löslich in Alkalien, verdünnten Säuren, Wasser, Alkohol, un¬
löslich in Aether, Petroläther, Benzol, Chloroform. Es wirkt nicht
anästhesierend.
4. I-Ekgoninmethylester C10H1TO3N.
1-Ekgoninmethylester soll nach de Jong in den Cuskoblättern12 und in
den Java-Kokablättern11 vorkommen. Es ist löslich in Chloroform, Benzol,schwer löslich in Aether. Es wirkt nicht anästhesierend.
3 H. Schelenz, Pharm. Ztg. 66, 588 (1921).4 F. Wähler, Ann. Chem. 114, 213 (1860).5 I.A. Henri/, The Plant Alkaloids, 3. Ausg., p. 98, London (1939).6 F. Giesel, Ber. dtsch. chem. Ges. 22, 2251 (1889).7 O.Hesse, Pharm. Ztg. 32, 407 (1887). — Ber. dtsch. chem. Ges. 22, 665 (1889).8 0. Hesse, Ann. Chem. 271, 188 (1892).v C. Liebermann, Ber. dtsch. chem. Ges. 21, 2342 (1888).
10 W. Merck, Ber. dtsch. chem. Ges. 18. 1594 (1885).11 A. W. K. de Jong, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 58, 107 (1939).18 A. W. K. de Jong, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 59, 687 (1940).
58
II. Tropeine (Acyltropeine).
a) Benzoyltropein Ci:iH1902N.Wurde um das Jahr 1900 bei Merck aus Peru-Kokablättern isoliert13,
ist aber in der Literatur nur als synthetisches Präparat bekannt. Es wirkt
anästhesierend.
b) Tropakokain = Benzoylpseudotropein C15H1902N.Wurde 1891 von Giesel in Java-Kokablatt gefunden". Nach Hesse15
soll es auch in Peru-Kokablatt vorkommen. Es liefert bei der HydrolysePseudotropin und Benzoesäure. Es ist unlöslich in Wasser, löslich in
Alkohol, Aether, Benzol, Chloroform, optisch inaktiv. Es wirkt anästhe¬
sierend.
III. Dioxytropan-Ester.
Vielleicht der Dibenzoyl- oder Dicinnamoylester des DioxytropansC8H1502N.
Dioxytropan wurde bei der Aufarbeitung der hydrolysierten Basen aus
javanischen Kokablättern isoliert. Nach Wolfes und Hromatka " handelt
es sich wahrscheinlich um den Körper der Formel:
H H
H-C C
N-CHj
HO—C C
H H
Es ist sehr leicht löslich in Wasser, leicht löslich in Alkohol, schwerer
in Chloroform und sehr schwer löslich in Aether16. Die Eigenschaften des
Dibenzoyl- und Dicinnamoylderivates sind nicht genau bekannt.
IV. Hygrine.
} schwach 1-drehend
b) /?-Hygrin C14H24ON2 J
c) Cuskhygrin C13H24ON2 optisch inaktiv
Die Hygrine wurden von W. Lossen"
entdeckt. Liebermann18 isolierte
daraus zwei Produkte: Hygrin und /î-Hygrin. Die Konstitution des
/3-Hygrins ist noch nicht bekannt. Nach Klein19 enthalten die Truxillo-
blätter bis 0,05% Hygrin und /5-Hygrin. Cuskhygrin wurde von Liebermann
13 0. Wolfes und 0. Hromatka, Mercks Jahresb. 47, 53 (1933)." F. Giesel, Ber. dtsch. ehem. Ges. 24, 2336 (1891).15 0. Hesse, Journ. prakt. Chem. 66, 401 (1902).16 O. Wolfes und 0. Hromatka, Mercks Jahresb. 47, 46 (1933).17 F. Wöhler, Ann. Chem. 121, 374 (1862).18 C. Liebermann, Ber. dtsch. ehem. Ges. 22, 675 (1889).19 G. Klein, Handbuch der Pflanzenanalyse IV/1, 536 Wien (1933).
H;-C
/H
OH
-C
H,
59
und Cybulski20 in den Cuskoblättern gefunden; diese enthalten bei 0,8 %Gesamtalkaloiden bis 0,2 % Hygrin.
Das Gemisch der Hygrine wird Rohhygrin genannt; es ist flüssig, mit
Wasserdampf flüchtig, löslich in Wasser, leicht löslich in organischenLösungsmitteln. Aus der wässerigen Lösung kann es durch Chloroform
und Gemische von Chloroform-Aether ausgeschüttelt werden. Beim Aus¬
schütteln mit Aether sollen nur Spuren von Hygrin in den Aether über¬
gehen. Keller21 schlug daher vor, bei der Alkaloidbestimmung den Rück¬
stand der Koka-Alkaloide zur Verflüchtigung des Hygrins auf dem Wasser¬
bad zu erwärmen. Nach Giesel 22läßt sich Hygrin aus wässeriger Lösung
nicht durch Aether ausschütteln. Durch Aether läßt es sich erst ausziehen,wenn die wässerige Lösung mit einem Alkalihydroxyd oder -karbonat ge¬
sättigt ist.
Die Koka-Alkaloide sind zum Teil ziemlich zersetzlich. Durch Hydro¬lyse der ätherlöslichen Alkaloide entstehen folgende Spaltprodukte:
1-Kokain -> 1-Benzoylekgonin + Methylalkohol
1-Benzoylekgonin -> 1-Ekgonin + Benzoesäure
1-Cinnamoylkokain -> 1-Cinnamoylekgonin + Methylalkohol1-Cinnamoylekgonin -> 1-Ekgonin + Zimmtsäure
a- und /?-Truxillin -^ a- und /3-Truxilloylekgonin + Methylalkohola- und /?-Truxilloylekgonin -> 1-Ekgonin + a- und ß-Truxillsäure.
Sadolin gibt folgenden Verlauf der Hydrolyse des Kokains an23: Die
erste Hydrolysenstufe (Bildung von Methylalkohol + Benzoylekgonin) hat
zwischen pH 1 und 5 ein Minimum, denn bei einstündigem Kochen beträgtdie Hydrolyse nur 10 %, während dieselbe Behandlung schon bei pH 7,5eine vollständige Hydrolyse bewirkt. Die zweite Hydrolysenstufe (Bildungvon Ekgonin + Benzoesäure) hat im Intervall pH 2 bis 7 ein Minimum, und
erst wenn pH 13 überschritten ist, bewirkt einstündiges Kochen eine voll¬
ständige Hydrolyse.1-Ekgonin weist ähnliche Löslichkeitsverhältnisse wie Benzoylekgonin
auf. Diese beiden Hydrolysenprodukte sind Ampholyte, d. h. sie haben
Säuren- und Basencharakter, aber in beiden Richtungen außerordentlichschwach. Folgende Konstanten K werden von Kolthoff24 für ihre saure und
basische Dissoziation angegeben:
Benzoylekgonin KBase : 1,7 • 10~12
KSäure : 1,8 • 10-«
Ekgonin KBase : 6 • 10~12
KSâure : 8 • 10-»
Kokainbase hat die Dissoziationskonstante K = 2,6 • 10~6 und läßt sich
mit Methylrot als Indikator gut titrieren.
20 C. Liebermann und C. Cybulski, Ber. dtsch. ehem. Ges. 28, 578 (1895).21 C.C.Keller, Schweiz. Wschr. Chem. u. Pharm. 33, 454 (1895).22 F. Giesel, Pharm. Ztg. 34, 419 (1891).23 E. Sadolin, Dansk. Tidsskr. Farm. 2, 309 (1928).24 L M. Kolthoff, Biochem. Z. 162, 289 (1925).
60
In den verschiedenen Kokablattsorten kommen die einzelnen Alka-
loide nicht in gleicher Menge vor. Nach Angaben von H. Emde enthält Java-
Koka, welche heute die Hauptrolle spielt, bei einem Gesamtgehalt von
etwa 2 % an Acylekgoninmethylester nur etwa 0,5 % Kokain, im übrigenetwa ebenso viel Cinnamoylkokain und 1 % Truxillin. Der Gesamtkokain¬
gehalt der amerikanischen Sorten besteht zu etwa 70—90 Jc aus 1-Kokain,Rest: Nebenbasen.
A. und C. Chalmeta" ermittelten nach der Bestimmungsmethode von
F. Espan. VIII (wobei sie aber die Alkaloide nach der Reinigung mit Aether
aus stark ammoniakalischer Lösung ausschüttelten) nachstehende Gehalte
an ätherlöslichen Alkaloiden, deren Toxizität im Meerschweinchenversuch
festgestellt wurde:Tödliche Dosis der
Dro^eGehalt an äther- ätherlöslichen Alka-
" löslichen Alkaloiden loide pro kg Meer¬
schweinchen
Bolivianisches Kokablatt 0,76 »,'0 0,06 g
Truxillo-Kokablatt 0,41 o/0 0,08 g
Java-Kokablatt 1,79 »/o 0,20 g
Kokain — 0,05 g
Auf Grund ihrer Ergebnisse stellten diese Autoren die Forderung auf,für Arzneibuchzwecke nur eine Sorte Kokablätter, und zwar jene südame¬
rikanischer Herkunft zuzulassen.
B. Vergleichende Besprechung und Kritik der bisherigen
Bestimmungsmethoden für die Koka-Alkaloide.
Die bisher veröffentlichten Bestimmungsmethoden für die Alkaloide
von Folium Cocae sind nicht sehr zahlreich. Alle neueren Arzneibuch¬
methoden beschränken sich auf die Bestimmung der ätherlöslichen Alka¬
loide; von solchen kommen in Betracht: 1-Kokain, 1-Cinnamoylkokain, Tru-
xilline, Tropakokain, Benzoyltropein und vielleicht z. T. noch ätherlösliche
Nebenbasen (Hygrine). Nicht ätherlöslich sind Ekgonin, Benzoylekgoninund Ekgoninmethylester. Das Vorkommen der beiden erstem ist umstrit¬
ten (s. sub A), das Vorkommen des letztern ist bisher nur von de Jong
angegeben worden. Es kann nach den bisherigen Kenntnissen angenom¬
men werden, daß bei der Bestimmung der ätherlöslichen Alkaloide in
Peru-Kokablatt sozusagen nur therapeutisch wirksame Ekgoninester zur
Bestimmung kommen, nämlich zur Hauptsache 1-Kokain.
Die Bestimmung der ätherlöslichen Koka-Alkaloide geschieht bei diesen
Methoden nach folgendem Prinzip: Die Droge wird mit Aether in Gegen¬wart von Ammoniak oder Natriumkarbonat extrahiert. Die Aetherlösungwird nach evtl. Klärung durch Schütteln mit Wasser und Talk folgender¬maßen aufgearbeitet:
a) entweder wird mit abgemessener Menge Säure ausgeschüttelt und der
Säureüberschuß bestimmt,
61
b) oder wiederholt mit Säure ausgeschüttelt,c) oder in Gegenwart von Säure abdestilliert, die saure Alkaloidlösung
mit Talk geschüttelt und filtriert.
In den beiden letztern Fällen wird die saure Alkaloidlösung mit über¬
schüssigem Ammoniak versetzt; die Alkaloide werden mit Aether ausge¬schüttelt und der nach AbdestilHeren des Lösungsmittels verbleibende
Rückstand gravimetrisch oder titrimetrisch bestimmt.
Die einzelnen Vorschriften lauten folgendermaßen:
Ph. Helv. V:
6 g Kokablatt (VI) werden in einer Arzneiflasche von 150 cm3 Inhalt mit 60 g
Aether, 3 cm3 verdünntem Ammoniak (etwa 2 n) und 3 cm3 Wasser während einer halben
Stunde häufig und kräftig geschüttelt. Dann läßt man absetzen, gießt 40 g der ätheri¬
schen Lösung (= 4 g Droge) durch etwas Watte in einen Erlenmeyerkolben ab, gibt die
Lösung unter Nachspülen mit kleinen Mengen Aether in einen Scheidetrichter von 200 cm3
Inhalt und schüttelt sie zuerst mit 25 cm3, dann noch dreimal oder so oft mit je 10 cm3
stark verdünnter Salzsäure (Mischung von 10 cm3 verdünnter Salzsäure (etwa 2 n) +90 cm3 Wasser) aus, bis einige Tropfen der letzten AusSchüttelung durch 2—3 TropfenMayers Reagens nicht mehr getrübt werden. Die sauren Auszüge werden nacheinander
durch etwas Watte in einen zweiten Scheidetrichter vorn 200 cm3 Inhalt gegossen, mit
verdünntem Ammoniak (etwa 2 n) alkalisch gemacht und zuerst mit 30 cm3, dann mit
20 cm3 und schließlich noch zweimal oder so oft mit je 10 cm3 Aether ausgeschüttelt, bis
einige Tropfen der letzten AusSchüttelung, nach dem Abdampfen und Aufnehmen mit
einigen Tropfen verdünnter Salzsäure (etwa 2 n) durch 2—3 Tropfen Mayers Reagensnicht mehr getrübt werden. Die Auszüge gießt man nacheinander durch etwas Watte in
einen Erlenmeyerkolben von 200 cm3 Inhalt und destilliert den Aether auf dem Wasser¬
bad ab. Dann nimmt mam denl Rückstand noch zweimal mit je 5 cm3 Aether auf und ver¬
dampft auch diesen' jeweils vollständig. Hierauf löst man den Rückstand unter leichtem
Erwärmen auf dem Wasserbad in 5 cm3 Weingeist, gibt 25 cm3 frisch ausgekochtes und
wieder erkaltetes Wasser und 10 Tropfen Methylrot hinzu und titriert mit 0,1 n-
Salzsäure bis zur Rotfärbung (Mikrobürette).
1 cm3 0,1 n-HCl = 0,0303 g Alkaloide.
Es müssen mindestens 0,92 cm3 0,1 n-Salzsäure verbraucht werden, entsprechendeinem Mindestgehalt von 0,7 o/o Alkaloiden.
Diese Methode ist im allgemeinen gut befunden worden. Von sämt¬
lichen Vorschriften verwendet sie für die Bestimmung am wenigsten Droge.Wenn man sie aber kritisch betrachtet, begegnet man noch einer Unsicher¬
heit: es ist ungewiß, ob beim wiederholten Abdestillieren der Aether-
lösung bis zum vollständigen Vertreiben des Aethers sich nicht variable
Mengen der Nebenbasen verflüchtigen.In gleicher Weise bestimmt auch Suom. F. VI den Alkaloidgehalt der
Droge.
Ergb. 5 D. A. B. 6:
Diese Vorschrift ist ziemlich identisch mit Ph. Helv. V. Es werden
aber 12 g Droge zur Bestimmung verwendet, wobei die Alkaloide von 8 g
Droge durch indirekte Titration bestimmt werden. Zur Klärung werden
5 cm3 Ammoniakflüssigkeit benützt (auf 6 g Droge berechnet), während
Ph. Helv. V 3 cm3 Wasser und 3 cm3 Ammoniak 2n verwendet. Nach unsern
Untersuchungen ist der Kläreffekt bei beiden Methoden derselbe, und
62
die Droge setzt in beiden Fällen gleich rasch ab. Es ist deshalb nicht
notwendig, 15 Minuten lang stehen zu lassen. Nach Ergb. 5 D. A. B. 6 wer¬
den die Alkaloide durch indirekte Titration bestimmt, während Ph. Helv. V
der direkten Titration den Vorzug gibt.
Ph.Belg.IV:12 g Droge werden mit 120 g Aether, 5 cm3 Ammoniak (17 %>) und 3 cm3 Wasser
während einer Stunde geschüttelt; die ätherische Lösung wird durch Watte gegossen,5 cm3 Wasser und 1,25 g Talk hinzugefügt, bisi zur Klärung geschüttelt und filtriert.
80 g der ätherischen Lösung (= 8 g Droge) werden nach Aufnahme in Aether wieder¬
holt zur Trockne abdestilliert, der Rückstand in Aether gelöst, in einem Scheidetrichter
gespült und die Alkaloide mit 0,01 n-HCl quantitativ ausgeschüttelt. Der Säureüberschuß
wird mit 0,01 n-NaOH auf Methylrot als Indikator titriert.
Diese Methode ist neben der von F. Espan. VIII durch Goris und
Chalmeta einläßlich untersucht worden. Sie geben der gravimetrischenBestimmungsmethode von F. Espan. VIII den Vorzug; allerdings fügen sie
zur salzsauren Alkaloidlösung Ammoniak bis zur deutlich alkalischen
Reaktion hinzu. Nach ihnen täuscht die Methode von Ph. Belg. IV bis dop¬pelt zu hohe Werte vor; sie fanden z. B. nach F. Espan. VIII 0,800 %,nach Ph. Belg. IV 1,852 %. Nach ihren Ergebnissen sättigt die 0,01 n-HCl
nicht nur die ätherlöslichen Kokabasen, sondern zersetzt auch noch andere
ätherlösliche Verbindungen, wobei es sich entweder um eine Verbindungder Fettsäuren mit Ammoniak oder um eine Aminobase handelt*. Das
Verfahren von Ph. Helv. V ist von Goris und Chalmeta noch nicht berück¬
sichtigt worden.
Die Mängel der Bestimmungsmethode von Ph. Belg. IV sind durch
das 1. Supplement 1940 behoben worden. Hier werden die Alkaloidbasen
wie bei Ph. Helv. V über die Chlorhydrate gereinigt. Die Vorschrift lautet
folgendermaßen :
12 g Kokablattpulver werden mit 150 cm3 Aether, 5 cm3 Ammoniak und 15 cm''
Wasser während einer Stunde geschüttelt. Der größte Teil der Lösung wird durch Watte
gegossen und 5 cm3 Wasser hinzugefügt. Hierauf wird dieselbe mit 1,25 g Talk geschüt¬telt und absetzen gelassen. 80 cm3 der ätherischen Lösung (= 6,4 g Droge) werdendurch ein Faltenfilter in einen Scheidetrichter gegossen. Die Alkaloide werden durch
4maliges Schütteln mit Salzsäure (2 :100) der Aetherlösung entzogen. Die salzsaure
Alkaloidlösung wird mit Ammoniak alkalisiert und die Alkaloidbasen wiederholt mit
Aether ausgeschüttelt. Die ätherischen Ausschüttelungen werden durch Watte gegossen,die Watte mit Aether nachgespült, der Aether abdestilliert und der Rückstand 2mal mit
je 5 cm3 Aether nachdestilliert. Der Alkaloidrückstand wird in 5 cm3 Weingeist gelöst,15 cm3 Wasser hinzugegeben und mit 0,01 n-Salzsäure auf Methylrot als Indikator bis
zur Rotfärbung titriert.
Peyer und Gstimer26 haben zur Vereinfachung der Kellerschen
Methode folgendes Verfahren vorgeschlagen, bei welchem von 10 g Dro¬
genpulver 6 g zur Bestimmung gelangen:
10 g grob gepulverte Droge werden nach Zusatz von 7 g Ammoniak (10 °/oig) mit
100 g Aether extrahiert. Die ätherische Lösung wird durch Watte gegossen, eine
25 A. Goris u. C. Chalmeta, Bull. Sei. pharmacol. 39, 69 (1932).-» W. Peyer u. F. Gstirner, Pharm. Ztg. 76, 1441 (1931).* Vgl. F. van Hamme, J. Pharm. Belgique 1, 75 (1942).
63
äquivalente Menge ätherisches Filtrat auf dem Wasserbade gänzlich vom Aether befreitund der Rückstand im Aether gelöst, der in Gegenwart von 0,5%iger Salzsäure abdestil¬
liert wird. Die salzsaure Alkaloidlösung wird mit Talk geschüttelt und durch ein Falten¬
filter filtriert. Eine äquivalente Menge Filtrat wird mit Ammoniak alkalisiert und wieder¬holt mit Aether ausgeschüttelt. Die ätherischen Ausschüttelungen werden durch ein
glattes Filter filtriert, der Aether wird abdestilliert, der Rückstand in 10 cm3 Weingeistgelöst, mit 25 cm3 Wasser versetzt und der Alkaloidgehalt mit Methylrot als Indikator
und 0,1 n-Salzsäure bestimmt.
Unseres Erachtens bietet dieses Reinigungsverfahren keine Vorteile
gegenüber der Methode von Ph. Helv. V, welche weniger Wägungenerfordert.
F. Port. 1935:
10 g Droge werden während lk Stunde mit 40 cm3 10 o/oigem Ammoniak mazeriert,100 cm3 Aether hinzugefügt und während 24 Stunden mazeriert. 50 cm3 Aetherlösung(= 5 g Droge) werden abgetrennt und insgesamt mit 60 cm3 2 %>iger Salzsäure geschüt¬telt. Die salzsaure Alkaloidlösung wird mit 15 g Natriumchlorid und 20 cm3 2°/o igerAmmoniaklösung versetzt, wiederholt mit Aether ausgeschüttelt und der Aether abdestil¬liert. Der Rückstand wird während einer Stunde bei 100 ° getrocknet, dann 10 Minuten
lang mit n/5o-Schwefelsäure auf dem Wasserbad erwärmt und der Säureüberschuß mit
ll/so-Natronlauge und Methylrot als Indikator titrimetrisch bestimmt.
Der Nachteil dieser Methode beruht unseres Erachtens in der Trock¬
nung des Alkaloidrückstandes bei 100°. Nach unsern Untersuchungen ent¬
steht bei Kokainbase während 1stündigem Erwärmen auf dem Wasserbad
ein Verlust von ungefähr 9 %.Bei der Methode Keller für Folium Cocae21, welche auf 12 g Droge
10 cm3 Ammoniak (10%ig) und 20 cm3 Wasser verwendet, stellte Pan-chaud'" fest, daß sich die Werte erhöhen, wenn der Wasserzusatz unter¬
bleibt. Dies dürfte unserer Ansicht nach hier auch der Fall sein. Der
Gebrauch von 10 cm3 Ammoniak dürfte genügen.
F. Espan. VIII:
25 g Droge werden mit 200 cm3 Aether, 10 cm3 konz. Ammoniak und 60 cm3
Wasser gemischt und während % Stunde bei 0° extrahiert. 100 cm3 der ätherischen
Lösung werden nach Filtration bei 0° mit 0,5o/0iger Salzsäure wiederholt geschüttelt;die salzsaure Alkaloidlösung wird mit verd. Ammoniak versetzt bis neutral und mit
Aether ausgeschüttelt. Der Aether wird abdestilliert und der Rückstand nach Trocknungim Schwefelsäure-Exsikkator gewogen.
Diese Bestimmungsmethode ist das getreue Abbild des von de Jongim Jahre 1905 veröffentlichten Verfahrens28.
Codex Gall. 6:
Diese Bestimmungsmethode ist im wesentlichen identisch mit jenervon F. Espan. VIII, nur wird hier die salzsaure Alkaloidlösung mit Ammo¬
niak bis zur alkalischen Reaktion versetzt und der Rückstand im eva¬
kuierten Exsikkator über Phosphorpentoxyd getrocknet und gewogen.
27 A. Panchaud, Schweiz. Wschr. Chem. u. Pharm. 41, 587 (1903).28 A. W. K. de Jong, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 24, 307 (1905).
64
F. Espan. VIII und Codex Gall. 6 bestimmen den Alkaloidrückstand
gravimetrisch. Nach den Untersuchungen von Eder9 ist es nicht möglich,die aus den Kokablättern extrahierten ätherlöslichen Alkaloide bei 103
bis 105° zur Gewichtskonstanz zu trocknen. Die bessere Trocknungsartverwendet Codex Gall. 6. Nach Eder führt die Feuchtigkeitsbestimmungbei Rohkokain, was auch hier für die aus der Droge extrahierten Basen
gilt, nur beim Trocknen über P206 im Vakuum zu einer annähernden
Gewichtskonstanz. — Nach Peyer und Gstirner" ist es nicht notwendig, die
Droge bei 0° zu extrahieren. Sie stellten bei den Bestimmungen, die bei
0° und bei Zimmertemperatur ausgeführt wurden, nur eine geringe Aen-
derung der Werte fest:
bei 0U i. M. 0,51 %
bei Zimmertemperatur . . .i. M. 0,53 %.
Bemerkenswert ist, daß F. Espan. VIII zur salzsauren AlkaloidlösungAmmoniak nur bis zur neutralen Reaktion zusetzt, während alle andern
Vorschriften mit Ammoniak bis zur alkalischen Reaktion versetzen. InfolgeHydrolyse des sich bildenden Ammoniumchlorids ist es erfahrungsgemäßziemlich schwer, nach Zusatz von Ammoniak bis zur neutralen Reaktion
auf Lackmus den Endpunkt genau festzustellen. Die Lösung reagiert nach
kurzer Zeit immer wieder sauer auf Lackmus, und es werden daher nicht
alle Alkaloide mit Aether extrahiert (vgl. Tabelle III, Wert Nr. 12). Was
den Zusatz von Wasser bei den Vorschriften von F. Espan. VIII und Codex
Gall. 6 betrifft, gelten auch hier die unter F. Port. 1935 gemachten Bemer¬
kungen.F. Ital. VI:
Enthält weder eine Bestimmung noch eine Gehaltsforderung der
Droge.Völkerbundsmethode:
Von der Völkerbundskommission ist zur Bestimmung der ätherlös¬
lichen Ekgoninalkaloide folgende Methode ausgearbeitet worden30:
a) Bestimmung der ätherlöslichen Ekgoninalkaloide.
20 g Kokablattpulver werden in einer Reibschale mit 20 cm3 Natriumkarbonatlösung2 n zu einer homogenen Masse verrieben und unter öfterem Umrühren während V2
Stunde stehen gelassen. Die Mischung wird in einen Soxhletapparat gebracht und wäh¬
rend mehreren Stunden derart mit Aether extrahiert, daß der Aether ununterbrochen
vom Rückflußkühler herabfließt. Dann wird das Drogenpulver über Nacht mit Aether
bedeckt stehen gelassen und am folgenden Tage noch solange weiter extrahiert, bis eine
Extraktionsdauer von 8 Stunden erreicht ist. Die ätherische Alkaloidlösung wird in
einen Scheidetrichter gegossen und das Kölbchen mit Aether nachgespült. Die Aether-
iösung wird während 1 Minute mit 20 cm3 0,1 n-Salzsäure geschüttelt. Das Gemisch
wird trennen gelassen und die untere Schicht durch Watte in einen zweiten Scheide¬
trichter gegossen. Das Ausschütteln wird wiederholt mit 15, dann mit 10 cm3 0,1 n-
Salzsäure. Zu den vereinigten salzsauren Ausschüttelungen werden 30 cm3 einer Mischungvon 2 Vol. Aether und 1 Vol. Petroläther und unter mehreren Malen 1 g Natrium-
bikarbonat hinzugefügt. Dann wird während 1 Minute kräftig geschüttelt und die
29 R. Eder, Persönliche Mitteilung.30 Bull, de l'Organisation d'Hygiène de la Société des Nations, vol. VII, Extrait
n° 6 (1938).
65
ätherische Lösung nach Trennung der Schichten entfernt. Die wässerige Lösung wird
noch dreimal mit je 30 m3 dieser Aether-Petroläther-Mischung ausgeschüttelt.Die ätherischen Lösungen werden mit getrocknetem Natriumsulfat entwässert und
durch Watte in einen Erlenmeyerkolben gegossen. Das durch die Watte zurückgehalteneNatriumsulfat wird mit diesem Lösungsmittelgemisch gewaschen. Die Aether-Petrol¬
äther-Mischung wird auf dem Wasserbade abdestilliert, der Rückstand in 5 cm3 neu¬
tralem Weingeist gelöst, 2 Tropfen Methylrotlösung hinzugefügt und mit 0,1 n^Salzsäure
oder Schwefelsäure bis zur Orangefärbung titriert. Dann werden 50 cm3 frisch ausgekoch¬tes und wieder erkaltetes Wasser hinzugefügt und bis zur Rotfärbung weitertitriert.
1 cm3 0,1 n-Säure =- 0,0185 g Ekgonin= 0,0303 g Kokain.
b) Kontrollbestimmung der an die Alkaloidbasen gebundenen Säuren.
Zur titrierten Alkaloid-Lösung werden 5 cm3 verd. Natronlauge 2 n sowie einigeSiedesteinchen hinzugefügt. Das Volumen der Lösung wird durch Kochen auf etwa
10 cm3 gebracht. Dann wird während 5 Minuten am Rückflußkühler erwärmt. Die Lösungwird erkalten gelassen, in einen Scheidetrichter gegossen und der Erlenmeyerkolbenmit ungefähr 15 cm3 Wasser nachgespült. Nach Zusatz von 10 cm3 verd. Salzsäure 2 n
wird die Lösung während 1 Minute mit 30 cm3 einer Mischung von 2 Vol. Aether und
1 Vol. Petroläther kräftig geschüttelt und die Aetherschicht abgetrennt. Die wässerigeLösung wird noch zweimal mit je 30 cm3 dieser Aether-Petroläther-Mischung ausge¬schüttelt. Die ätherischen Lösungen werden nach Zusatz von 1 g wasserfreiem Natrium¬
sulfat getrocknet, in einen Erlenmeyerkolben filtriert und das Filter mit wenig Lösungs¬mittel nachgewaschen. Das Lösungsmittel wird unter vermindertem Druck bei etwa 30°
verflüchtigt, indem man einen Luftstrom durchsaugt. Der erhaltene Rückstand wird in
5 cm3 Weingeist (neutral auf Phenolphthalein) gelöst und nach Zusatz von 2 TropfenPhenolphthalein als Indikator mit 0,1 n-Natron- oder Kalilauge titriert.
1 cm3 0,1 n-Lauge = 0,0185 g Ekgonin= 0,0303 g Kokain.
Die Völkerbundsmethode weist gegenüber Ph. Helv. V folgende Unter¬
schiede auf:
1. Als Alkalisierungsmittel wird 2 n-Na2C0ü verwendet an Stelle von
n-Ammoniak.
2. Soxhlet-Extraktion der Droge (= erschöpfende Extraktion) an Stelle
von einmaliger Extraktion.
3. Die Alkaloide werden aus schwach alkalischer Lösung (1 g NaHCOsauf 45 cm3 0,1 n-HCl) mit einer Mischung von 2 Vol. Aether + 1 Vol.
Petroläther ausgeschüttelt, statt aus ammoniakalischer Lösung mit
Aether.
4. Der Aether - Petroläther - Auszug wird mit Na2S04 getrocknet.5. Die Titration mit 0,1 n-Säure und Methylrot wird in zwei Phasen
durchgeführt: In weingeistiger Lösung wird bis zur Orangefarbe,dann nach Wasserzusatz bis zur Rotfärbung titriert.
Die Völkerbundsmethode zur Bestimmung der ätherlöslichen Ekgonin-alkaloide ist von de Jong31 folgendermaßen abgeändert worden: Die salz¬
sauren Ausschüttelungen der Koka-Alkaloide, welche 45 cm3 0,1 n-HCl
betragen, werden mit 5,5 cm3 Na2C03-Lösung (n) versetzt (statt 1 g NaHC03)und die Alkaloidbasen mit Aether allein (statt mit einer Mischung von
2 Vol. Aether + 1 Vol. Petroläther) extrahiert.
31 A. W. K. de Jong, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 57, 1218 (1938).
66
Sowohl nach der Völkerbundsmethode wie nach vorliegender Modifi¬
kation gelangen nur Ekgoninbasen zur Bestimmung. Wird aber bei beidenVorschriften die schwach alkalische Lösung, die 1 g NaHC03, bzw. 5,5 cm3
n-Na2C03-Lösung enthält, nach Extraktion der Alkaloide mit 5 g NaHC03,bzw. überschüssiger n-Na2C03-Lösung versetzt oder nach Nicholls32 mitAmmoniak stark alkalisch gemacht und mit Aether wieder ausgeschüttelt,so werden in jedem Fall noch Basen erhalten. Nicholls erhielt flüssigeBasen, die bei der Hydrolyse keine Säuren mehr abspalten; es sind also
keine Ekgoninester. Bei der Fraktionierung dieser Basen aus Java-Koka¬blatt bekam er eine Mischung von Hygrin und /?-Hygrin und einen Rück¬
stand, der keine Alkaloidreaktion mehr gab, aber das polarisierte Lichtnach links drehte. Aus Peru-Kokablatt erhielt er reichlich Cuskhygrin.Daraus folgt, daß die Hygrine, entgegen den Angaben von Goris und Chal-meta und Märki33, beim Abdestillieren des Aethers nicht flüchtig sind.
Neuerdings wird von de Jong" die Verwendung von 5 cm3 2 n-Ammo-
niumkarbonatlösung (nach Nederl. Ph. V: 158 g Ammonium carbonicum imLiter gelöst) als Alkalisierungsmittel für 20 g Droge empfohlen. Der Vor¬teil soll darin liegen, daß auch grob gepulverte Droge direkt zur Bestim¬
mung verwendet werden kann. Das wirksame Agens ist aber hierAmmoniak.
Eder empfiehlt folgende Aenderungen der Völkerbundsmethode30,welche in unsern Arbeiten berücksichtigt wurden:
1. Die gesamte Menge 0,1 n-HCl (= 45 cm3) wird in einem Meßzylinderabgemessen.
2. Das Wattefilter, durch welches die salzsauren Auszüge filtriert wer¬
den, wird mit 3 cms Wasser nachgewaschen.3. Die Aether-Petroläther-Auszüge, bzw. Aetherauszüge werden durch
ein doppeltes glattes Papierfilter von 8 cm Durchmesser filtriert statt
durch Watte und entwässertes Natriumsulfat. Nach unseren Ergebnis¬sen hielt das Natriumsulfat trotz wiederholtem Auswaschen mit dem
Lösungsmittel Alkaloide zurück (Probe mit Mayers Reagens positiv).
Zur Erzielung eines guten Kläreffektes verwendet Ph. Helv. V Was¬
ser. Nach Märki wird beste Klärung erreicht durch Zusatz von 2,5 cm3
Ammoniak 2 n und 4 cm3 Wasser oder durch Zusatz von 3 cm3 Ammoniak
2 n und 3 cm3 Wasser. Das Verhältnis von Droge : Wasser beträgt im
erstem Fall 1 :1,08, im letztern 1 :1. Nach unseren Ergebnissen liefert,wie bereits erwähnt, der Gebrauch von 5 cm3 Ammoniak 2 n auf 6 g Drogeebenfalls einen guten Kläreffekt.
Peyer und Gstirner, Ph. Belg. IV, bzw. Ph. Belg. IV 1. Supplementverwenden Talk als Klärmittel, während die übrigen Vorschriften sich mit
einem Zusatz an Wasser oder wässerigen Lösungen begnügen, worin das
Alkalisierungsmittel gelöst ist. Tabelle I gibt ein Bild über die in den
einzelnen Vorschriften zur Klärung verwendete Flüssigkeitsmenge:
32 J. R. Nicholls, Analyst. 61, 155 (1936).33 H. Märki, Ueber die Wertbestimmung des Opiums und einiger anderer Alka-
loiddrogen, Diss. ETH. Zürich (1930).
67
Tabelle 1
BestimmungsvorschriftVerwendete
Drogenmenge j Aether
Alkalisie-Verhältnis
TÄer »roSe:WaS8er
Pharm. Helv. V. . .
Pharm. Belg. IV. . .
F. Port. 1935 ....
F. Espan. VIII....
Codex Gall. 6. . . .
Peyer und Gstirner. .
Ergb. 5 D. A. B. 6. . .
Völkerbundsmethode
Pharm. Belg. IV 1. Suppl.
12 g
10 g
25 g
id
10 g
12 g
20 g
12 g
60 g
120 g
100 cm3
200 cm3
id
100 g
120 g
q. s.
150 cm3
6 cm3
8 cm3
40 cm3
160 cm3
id
7 g
10 cm3
20 cm3
20 cm3
1
0,66!
4
2,8
2,8
0,7 2
0,83
1
1,66 3
1 Klärung der ätherischen Lösung durch Schütteln mit Wasser und Talk.2 Klärung der salzsauren Alkaloidlösung mit Talk.3 Klärung der Aetherlösung durch Schütteln mit Wasser und Talk.
Alle diese Methoden beschränken sich auf die Bestimmung der äther¬
löslichen Alkaloide der Kokablätter. Es kommen also nicht zur Bestim¬
mung: 1-Ekgoninmethylester12, Benzoylekgonin und Ekgonin, welche bei
unsachgemäßer Behandlung der Droge in derselben auftreten können.
Therapeutisch ist dieser Fehler belanglos2; denn die Hydrolysenproduktedes Kokains wirken nicht anästhetisch und ihre Toxizität soll sehr geringsein. Für die Industrie und zur Fabrikationskontrolle ist aber die Bestim¬
mung des Gesamtekgonins, das für die Kokainsynthese verwendet werden
kann, von großer Bedeutung. Zu dieser Bestimmung wird eine saure Ver¬
seifung der Koka-Alkaloide vorgenommen, da bei alkalischer Hydrolyse1-Ekgonin teilweise in d-Ekgonin umgewandelt wird'32. Der Gehalt an
Ekgonin wird polarimetrisch bestimmt. Als spezifische Drehung für Ekgo-ninbase wird [a]D = — 57° angegeben". Torricelli schlägt zur Bestimmungdes Gesamtekgonins in den Rückständen der Kokainfabrikation die Fäl¬
lung des Ekgonins nach saurer Verseifung als Jodplatinat vor, das bei
100° getrocknet und gewogen wird.
C. Eigene Untersuchungen.
Zu unseren Untersuchungen benützten wir ein Folium Cocae peru-
vianum mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 7,73 %.Nach den vorstehenden Ausführungen scheinen die Methode der
Ph. Helv. V zur Bestimmung der ätherlöslichen Gesamtalkaloide und die
Völkerbundsmethode zur Bestimmung der ätherlöslichen Ekgoninbasenmit den erwähnten Aenderungen für die Bestimmung der Koka-Alkaloide
1 A. Torricelli, Mitt. Lebensmittelunters. Hyg. 24, 48 (1938).Vgl. A. Einhorn, Ber. dtsch. ehem. Ges. 22, 1495 (1889).
68
hinsichtlich Genauigkeit, Oekonomie an Material und Einfachheit in der
Ausführung für pharmazeutische Zwecke vor allem in Frage zu kommen.
Wir haben daher diese beiden Vorschriften und eventuell in Betrachtfallende Vereinfachungen einer näheren Prüfung unterzogen.
I. Beobachtungen mit der Methode von Ph. Helv. V zur Bestimmung der
aetherlöslichen Gesamtalkaloide und Abänderungsversuche.
Bei den Arbeiten nach der Vorschrift der Ph. Helv. V haben wir 40 gder ätherischen Lösung jeweils durch etwas Watte direkt in einen Scheide-trichter von 200 cm3 abgegossen.
Bei der Ausführung von Analysen nach Ph. Helv. V wurden folgendeBeobachtungen gemacht.
1. Die Watte, durch welche die gereinigten ätherischen Alkaloidlösun-
gen vor der Titration nacheinander gegossen werden, hält keine Alkaloide
zurück (Prüfung mit Mayers Reagens in saurer Lösung).2. Bei der vorliegenden Droge war in der dritten Ausschüttelung mit
Säure (10 cm3 verd. Salzsäure 2n + 90 cm3 H,0), bzw. mit Aether nie
mehr Alkaloid nachweisbar. Die Angaben von Märki33 werden also
bestätigt.3. Markt weist darauf hin, daß die wiederholt mit Aether ausgeschüt¬
telte wässerig-alkalische Lösung beim Ansäuern mit Salzsäure und Zusatz
von Mayers Reagens positive Alkaloidreaktion gibt, die nach Keller von
Hygrin herrühren soll. Nach den Angaben Nicholls bleibt Hygrin aber
nicht in der wässerigen Phase zurück, sondern ist mit Aether aus stark
alkalischer Lösung ausschüttelbar. Bei unsern Versuchen entstand mit
1 Tropfen Mayers Reagens hie und da eine sehr schwache Trübung, die
nach Zusatz eines weiteren Tropfens wieder verschwand; mit Dragen-dorffs Reagens entstand ein Niederschlag. Schüttelten wir solange mit
Aether aus, bis mit 1 Tropfen Mayers Reagens keine Trübung mehr auf¬
trat, so konnten wir höchstens einen Mehrverbrauch von 0,01 cm3 0,1 n-HCl
feststellen. Vermutlich geht die größte Menge dieser basischen Stoffe bei
den ersten Ausschüttelungen in den Aether über. In den spätem Ver¬
suchen stellten wir nach Vorschrift von Ph. Helv. V auf die nach Zusatz
von 2—3 Tropfen Mayers Reagens eintretende Alkaloidreaktion ab.
Nach Ph. Helv. V werden die Alkaloide nach der Reinigung aus der
wässerig-ammoniakalischen Lösung mit Aether ausgeschüttelt. In Anleh¬
nung an die Bestimmung des Kokaingehaltes in einer wässerigen Kokain¬
lösung haben wir den Aether durch das von Schon und Heim empfohleneGemisch von Chloroform-Isopropylalkohol (3 Vol. + 1 Vol.) ersetzt. Die
Alkaloide werden mit 2 n-Ammoniak (Tabelle III, Versuch 2a) oder mit
verd. Natriumkarbonatlösung (Versuch 2b) in Freiheit gesetzt. Chloroform-
Isopropylalkohol soll große Vorteile bieten, wegen der geringen Neigungzur Emulsionsbildung (mit Aether beobachteten wir zwar auch nie eine
Emulsionsbildung), und weil es schwerer ist als Wasser. Diese Autoren
beweisen ferner, daß beim Abdestillieren des Lösungsmittels (Temperaturbis etwa 80° !) keine merkbare Hydrolyse des Kokains eintritt. In unseren
35 S. A. Schau u. E. Heim, Pharm. Acta Helv. 10, 31 (1935).
69
Versuchen wurde der erhaltene Rückstand zweimal mit je 5 cm3 Aether
aufgenommen und das Lösungsmittel jeweils vollständig abdestilliert
zwecks völliger Beseitigung des Ammoniaks.
Anwesenheit und eventuelle Vertreibung flüchtiger Basen.
Märki erwähnt, daß bei der Bestimmung der Alkaloide in Folium
Cocae praktisch gleiche Werte erhalten werden, wenn nach der Vorschrift,welche in Ph. Helv. V aufgenommen wurde, der Alkaloidrückstand sofort
titrimetrisch bestimmt oder vor der Titration bei 100° bis zur Gewichts¬
konstanz getrocknet wird. Da zur Vertreibung des Hygrins, das in die
Bestimmung hineingelangen kann, von Keller21 empfohlen wird, den Rück¬
stand auf dem Wasserbad zu erwärmen, haben wir den Einfluß der Was¬
serbadtemperatur auf Kokainbase und auf den aus der Droge erhaltenen
Alkaloidrückstand untersucht. In einer etwa 0,3%igen Lösung von Kokain-
hydrochlorid stellten wir den Gehalt an Kokainbase folgendermaßen fest:
10 cm3 der Stammlösung wurden in einem Scheidetrichter mit 5 cm3 10°/oigerNatriumkarbonatlösung Na2C03 • 10H20) versetzt und die Kokainbase mit Chloroform-
Isopropylalkohol (3 Vol. + 1 Vol.) ausgeschüttelt. Das Lösungsmittel wurde aut dem
Wasserbad abdestilliert, die letzten Reste desselben durch Darübersaugen von Luft ent¬
fernt und der Alkaloidgehalt durch Titration nach Ph. Helv. V bestimmt. Der Alkaloid¬
rückstand von 10 cm3 Stammlösung verbrauchte 0,83 cm3, 0,84 cm3, 0,83 cm3 0,1 n-HCl.
Nachher erwärmten wir die erhaltene Kokainbase vor der Titration während bestimmten
Ze'iten auf dem Wasserbad.
Rückstand auf dem Wasserbad Verbrauch an
erwärmt während 0,1 n-HCl
30 Minuten 0,80 cm3
0,79 cm3
1 Stunde 0,76 cm3
0,75 cm3
Wurden bei der aus der Droge erhaltenen ätherischen Alkaloidlösungdie letzten Aetherreste durch Darübersaugen eines Luftstromes entfernt,so ermittelten wir einen Verbrauch von 0,88 cm3 (= 0,666 %), 0,87 cm3
(= 0,659 %), 0,88 cm3 0,1 n-HCl. Nachher erwärmten wir den aus der
Droge erhaltenen Rückstand während bestimmten Zeiten auf dem
Wasserbad.
Alkaloiclriickstand auf dem Verbrauch anAlkaloidgehalt
Wasserbart erwärmt wahrend 0,1 n-HCl
2 Minuten 0,83 cm3 0,629 o/0
10 Minuten 0,72 cm" 0,545 «/o
20 Minuten 0,56 cm3 0,424 o/0
30 Minuten 0,46 cm3 0,348 o/o
Beim Erwärmen des Alkaloidrückstandes auf dem Wasserbad trat ein
beißender Geruch auf. Die mit Aether ausgeschüttelte wässerig-ammonia-kalische Lösung gab nach dem Ansäuern mit Mayers und DragendorffsReagens keine Alkaloidreaktion mehr.
Nach unsern Ergebnissen kann wegen der erheblichen Alkaloidver-
luste ein längeres Erwärmen des Alkaloidrückstandes auf dem Wasserbad
zur Entfernung der flüchtigen Basen nicht in Frage kommen.
70
Nun versuchten wir zur Entfernung der flüchtigen Basen den Aether
im Vakuumexsikkator zu verdampfen. Die ätherische Alkaloidlösung (rei¬nes Kokain und Drogenauszug) engten wir auf dem Wasserbad auf 4 gein und verdampften den restlichen Aether im Vakuumexsikkator. Der
Alkaloidrückstand wurde zweimal in je 4 g Aether aufgenommen und der
Aether jeweils unter Vakuum verdampft. Nachher bestimmten wir den
Alkaloidgehalt nach Ph. Helv. V und erhielten folgende Werte:
Verbrauch an 0,1 n-HCl für
10 cm3 Kokain-
stammlösung Drogenrückstand
ohne Vakuumtrocknung . . 0,83 ein1
mit Vakuum bis 27 mm . . | 0,56 cm3
mit Vakuum bis 35 mm . . 0,77 cm3
0,86—0,88 cm3 = 0,651—0,666 »/„
0,56 cm3 = 0,424 o/0
0,78 cm3 = 0,591 »/„
Bei einer andern Droge ermittelten wir bei Verdampfen des Aethers
unter Vakuum einen Alkaloidgehalt von 0,28 %>, bzw. 0,34 % statt 0,43 %nach Ph. Helv. V.
Auf Grund dieser Ergebnisse kommt wegen auftretenden Alkaloidver-
lusten ein Verdampfen des Aethers unter Vakuum ebenfalls nicht in Frage.Wir destillierten daher in unsern spätem Bestimmungen den Aether auf
dem Wasserbad jeweils gerade bis zur Trockne ab. Die letzten Aether-
dämpfe wurden mit Vakuum entfernt, indem wir den an der Wasserstrahl¬
pumpe angeschlossenen Schlauch während 1—2 Minuten in den Erlen-
meyerkolben hineinhielten.
Das bei der Alkaloidbestimmung der Droge erhaltene Aetherdestillatuntersuchten wir auf flüchtige Basen (Hygrin). Zu diesem Zwecke schüt¬telten wir das Aetherdestillat mit verd. Salzsäure (1 + 9) und prüften mit
Mayers und Dragendorffs Reagens. Da wir hier keine positive Alkaloid-reaktion erhielten, können wir annehmen, daß beim Abdestillieren des
Aethers in unserer Droge keine Alkaloide sich verflüchtigen.
II. Beobachtungen bei Kontrollbestimmungen der an die Alkaloidbasen
gebundenen Säuren nach der Völkerbundsmethode und abgeändertenVerfahren.
Die Dauer der alkalischen Verseifung für die Koka-Alkaloide wird
ganz verschieden angegeben:
1. Die Völkerbundsmethode, bei welcher bei einem Alkaloidgehalt von mindestens
0,7 o/o etwa 0,14 g Alkaloidbasen zur Verseifung gelangen, erwärmt insgesamt minde¬
stens 1/2 Stunde lang.2. Nicholls erwärmt die azetonhaltige titrierte Lösung, welche ebenfalls die Alka¬
loide von 20 g Droge enthält, nach Zusatz von 10 cm3 n-NaOH während 10 Minuten am
Rückflußkühler und entfernt nachher das Azeton auf dem Wasserbad.
3. Schon und Heim erwärmen 2 cm3 einer l%igen Kokainhydrochloridlösung nach
Zusatz von 0,2 cm3 2 n-NaOH während 1 Stunde auf kochendem Wasserbad bis zur Trockne.
71
Wir machten Versuche, die nach Ph. Helv. V erhaltenen ätherlöslichen
Gesamtalkaloide (= mindestens 0,028 g) zu verseifen. Wir haben die
titrierte Alkaloidlösung nach Zusatz von 5 cm3 2 n-NaOH auf dem
Wasserbad:
a) in den einen Versuchen auf einige cm3 eingeengt (Dauer etwa
15 Minuten);b) in einer anderen Reihe von Versuchen beinahe zur Trockne ver¬
dampft, nochmals mit 25 cm3 destilliertem Wasser versetzt und wie¬
derum auf einige cm3 eingeengt (Dauer etwa y2 Stunde).
Nachher wurden in beiden Fällen die abgespaltenen Säuren bestimmt.
Wir erhielten übereinstimmende Resultate (siehe Tabelle III).Zur Bestimmung der durch die Verseifung abgespaltenen Säuren (zur
Hauptsache Benzoesäure) aus Peru-Kokablatt finden sich in der neueren
Literatur verschiedene Verfahren. Wir haben sie alle einer eingehendenPrüfung unterzogen, um das Ausschüttelungsmittel Aether-Petroläther
(20 Vol. + 80 Vol.) unter Umständen durch ein anderes gleichwertigesersetzen zu können.
Nach Eder müssen hier die ätherischen Auszüge bei möglichst nie¬
derer Temperatur abdestilliert werden, weil die organischen Säuren sonst
partiell wegsublimieren. Um diese Fehlerquelle völlig auszuschalten, destil¬
lierten wir das organische Lösungsmittel in Gegenwart genau abgemesse¬ner Mengen 0,1 n-NaOH ab.
1. Verfahren von Schon und Heim35.
Die nach der alkalischen Verseifung des Kokains erhaltene Lösungwird durch tropfenweisen Zusatz verdünnter Salzsäure (2 n) gegen
Methylorange sauer gemacht und mit dem gleichen Volumen Chloroform
dreimal ausgeschüttelt. Das Chloroform wird auf dem Wasserbade ein¬
gedampft; nachdem das meiste Chloroform verdampft ist, werden 5 cm3
Wasser zugesetzt. Nach dem Erkalten wird mit Phenolphthalein als Indi¬
kator bis zur Rotfärbung titriert.
Im Blindversuch wurde das Chloroform in Gegenwart von 5 cm3
Wasser abdestilliert.
2. Völkerbundsmethode (Vorschrift siehe Abschnitt B).
Aus saurer Lösung, welche 5 cm3 verd. Salzsäure 2 n im Ueberschuß
enthält, werden die Säuren dreimal mit je 30 cm3 einer Mischung von 2 Vol.
Aether + 1 Vol. Petroläther ausgeschüttelt. Die ätherischen Lösungenhaben wir nicht durch Na2S04 getrocknet, sondern wie bei der Alkaloid-
bestimmung nach Vorschlag Eder durch ein doppeltes glattes Papierfilterfiltriert; das Filter wird mit dem Lösungsmittel nachgewaschen und letz¬
teres bei 30° abdestilliert. Wird NasS04 zur Trocknung verwendet, so hält
es immer etwas Lösungsmittel zurück, wenn es nicht mit Aether-Petrol-
äther-Mischung nachgeprüft wird; wird aber nachgeprüft, so kann auch
wieder etwas Säure mit in das Lösungsmittel übergehen.Im Blindversuch wurde die Aether-Petroläther-Mischung in Gegen¬
wart von 5 cm3 Wasser auf dem Wasserbad abdestilliert.
72
3. Verfahren von Nicholls3*.
Aus angesäuerter Lösung werden die abgespaltene Benzoe- und
Zimtsäure dreimal mit je 25 cm3 einer Mischung gleicher Teile Aether +Petroläther extrahiert. Das Lösungsmittel wird auf dem Wasserbad
bei 30° unter vermindertem Druck entfernt, der Rückstand in Alkohol
gelöst und mit Phenolphthalein als Indikator mit 0,1 n-Lauge titriert.
Beachtenswert ist hier, daß die Aether-Petroläther-Lösung weder
entwässert noch filtriert wird; denn es sollen nach den Angaben von
Nicholls vom Aether in obiger Mischung keine Salzsäurespuren zurück¬
gehalten werden.
Im Blindversuch wurde die natronlaugealkalische Lösung mit verd.
Salzsäure (2 n) auf Methylrot sauer gemacht und dann noch 2 Tropfenmehr Salzsäure dazugegeben. Nachher wurde mit Aether-Petroläther
ausgeschüttelt, der in Gegenwart von 5 cm3 Wasser abdestilliert wurde.
4. Verfahren von Bronkhorst3''.
Aus stark saurer Lösung werden die durch die Verseifung abgespal¬tenen Säuren mit 100 cm3 einer Mischung von 20 Vol. Aether + 80 Vol.
Petroläther ausgeschüttelt und 80 cm3 zur Bestimmung gebracht. An
Stelle von 100 cm3 dieser Mischung haben wir 60 g abgewogen, wovon
50 g zur Bestimmung gelangten.Im Blindversuch wurden 5 cm3 verd. Salzsäure 2 n mit 60 g dieser
Aether - Petroläther - Mischung in der Schüttelmaschine etwa y2 Stunde
geschüttelt, 50 g durch Watte gegossen und in Gegenwart von 5 cm3 Was¬
ser auf dem Wasserbad abdestilliert.
5. Verfahren von Wolfes und Hromatka.
Diese Autoren extrahieren bei der Benzoylbestimmung in 10 g ver¬
seiftem Dibenzoyldioxytropansulfat aus dem mit 25%iger Salzsäure kongo¬sauer gemachten Rückstand die Benzoesäure mit Aether. Der Aetherrück-
stand wird in Weingeist gelöst und mit n-NaOH bis zur Rotfärbung von
Phenolphthalein titriert.
Im Blindversuch wurden 5 cm3 verd. Natronlauge (2 n) mit verd. Salz¬
säure (2 n) deutlich kongosauer gemacht, mit 20, 15, 10 cm3 Aether aus¬
geschüttelt, der Aether nach Trennung der Schichten jedesmal durch
Watte gegossen und in Gegenwart von 5 cm3 Wasser auf dem Wasser¬
bade abdestilliert.
Bemerkungen: Unter Wasser ist in den vorstehenden Blindversuchen
stets frisch ausgekochtes und wieder erkaltetes, destilliertes Wasser zu
verstehen, bei dem bis zur neutralen Reaktion auf Methylrot der Ver¬
brauch an 0,01 n-Salzsäure bestimmt worden ist. Ferner wurden Narkose-
Aether, reines Chloroform und frisch destillierter Petroläther verwen¬
det. Für 5 cm3 Wasser wurden 0,02—0,08 cm3 0,01 n-HCl verbraucht, was
in den Resultaten der folgenden Tabelle berücksichtigt ist.
Beachtenswert ist noch die Tatsache, daß der bei der titrimetrischen
Bestimmung der Gesamtalkaloide verwendete Indikator Methylrot bei der
38 A. W. van Bronkhorü, Chemisch en physiologisch onderzoek in verband met de
alkaloiden van Aconitum Napellus L., Diss. Leiden (1934).
73
Ausschüttelung der Säuren zum Teil in das organische Lösungsmittel über¬
geht. Er wird bei einer Verseifungsdauer von 15—30 Minuten nicht zer¬
stört. In der Analyse kann beim Ansäuern der verseiften Lösung nicht
Methylorange gegenüber sauer gemacht werden; ebenfalls ist es aus dem
gleichen Grunde nicht gut möglich, die Säuren auf Phenolphthalein als
Indikator zu titrieren. Deshalb wird die Aether - Petroläther - Lösung,welche die durch die Verseifung abgespaltene Benzoesäure enthält, in
Gegenwart von 0,1 n-NaOH (auf Methylrot eingestellt) abdestilliert und
der Laugenüberschuß mit 0,1 n-HCl (auf Methylrot eingestellt) und Methyl¬rot-Methylenblau als Indikator bestimmt.
Die Ergebnisse unserer Blindversuche (Ausschüttelung der abgespal¬tenen Säuren) sind in Tabelle II zusammengestellt:
Tabelle II.
Methode
Säurezusatz zur
methylrotneutralenLösung
Verbrauch
an
0,01 n-NaOHBemerkungen
la) Schou und
Heim. .
lb)
5 cm' HCl
(etwa 2 n)2 TropfenHCl 2n
5,13 cm3
5,38 cm'
0,08 cm'
Nicht filtriert
3 X 15 cm3 Chloroform durch Watte
gegossen
2a) Völker¬
bund. .
2b)
5 cm3 HCl
(etwa 2 n)
id.
0,03 bis
0,48 cm'
1,17 cm3
Aether - Petroläther durch doppel¬tes glattes Filter filtriert (nach Êder)
Aether - Petroläther durch NasS04sicc. entwässert, durch Papierfilterfiltriert und nachgewaschen
3. Nicholls. . 2 Tropfen HCl
(etwa 2 n)0,12 cm' Aether - Petroläther (1 + 1) wird
nicht filtriert
4. Bronkhorst. 5 cm3 HCl
(etwa 2 n)0,03 cm' Aether-Petroläther (20 cm' + 80 cm3)
durch Watte gegossen.
5. Wolfes und
Hromatka.
deutlich
kongosauer0,29 cm3 Aether durch Watte gegossen
Beim Blindversuch nach Schou und Heim ist noch zu berücksichtigen,daß das Chloroform vielleicht doch eine Zersetzung erleiden könnte. Des¬
halb wurden 45 cm3 Chloroform mit 5 cm3 Wasser geschüttelt. Das Wasser
verbrauchte aber gleich viel 0,01 n-HCl wie in der Blindprobe. Sodann
wurden 45 cm3 Chloroform in Gegenwart von 5 cm3 Wasser auf dem Was¬
serbad abdestilliert. In beiden Fällen wurden 0,03 cm3 0,01 n-NaOH ver¬
braucht. Wird dieser Verbrauch an 0,01 n-NaOH im Versuch 1 b in Abzuggebracht, so bleibt ein Verbrauch von 0,05 cm3 0,01 n-NaOH.
Aus Tabelle II ist ersichtlich, daß für die Titration mit 0,01 n-Lösungennur Methode 4 in Frage kommt. Wird wie in unserm Fall mit 0,1 h-Lösun-
gen titriert, so könnten noch Methode 1 b und 3 in Frage kommen; aller¬
dings ist zu berücksichtigen, daß das Chloroform verhältnismäßig lang-
74
sam abdestilliert. Für die Titration mit n-Lösungen ist Methode 5 ohne
weiteres brauchbar.
Bei der Extraktion der Säuren, die aus Rohkokain abgespalten wer¬
den, mit Aether, macht Knaffl-Lens auf eine Fehlerquelle aufmerksam:
Sein Aether reagierte immer sauer; der Trockenrückstand von 100 cm3
verbrauchte bis zu 2 cm3 0,1 n-NaOH. Auch über Natriumhydroxyd frisch
destillierter Aether reagierte nach mehrstündigem Kochen am Rückflu߬
kühler wieder schwach sauer. Inwieweit dies wirklich zutrifft, haben wir
nicht nachgeprüft. Fest steht aber, daß nach unseren Ergebnissen durch
Aether allein auch Spuren der anorganischen Säuren mitausgeschütteltwerden.
Nach obigen Resultaten geben wir dem Verfahren von Bronkhorst
den Vorzug, denn Aether und Petroläther können gut in reinem Zustand
aufbewahrt werden, so daß sie jederzeit gebrauchsfertig sind. Auch ist
es nicht notwendig, die zum Ansäuern verwendete Menge Säure genauabzumessen. Es muß höchstens noch in einem Blindversuch der Säure¬
verbrauch von 5 cm3 Wasser bestimmt werden, bis es Methylrot neutral
ist. Bei unsern Ergebnissen darf bei der Titration mit 0,1 n-Lösungen der
Säureverbrauch des Wassers praktisch vernachlässigt werden.
Gestützt auf unsere Erfahrungen haben wir zur Bestimmung der durch
die alkalische Verseifung abgespalteten Säuren nachstehende eigene Vor¬
schrift ausgearbeitet:
Die bei der Titration erhaltene Lösung wird unter Nachspülen quantitativ in eine
Porzellanschale gegossen, mit 5 cm3 verd. Natronlauge' (2 n) versetzt und auf dem Was¬
serbade auf ungefähr 10 g eingeengt. Den Schaleninhalt gießt man in eine Arzeiflasche
von 150 cm3 Inhalt, spült 2mal mit je 3 cm3 Wasser nach, fügt 10 cm3 verd. Schwefel¬säure (2 n) oder verd. Salzsäure (2 n) und sodann 60 g einer Mischung von 20 Vol.Aether + 80 Vol. Petroläther hinzu. Der Flascheninhalt wird in der Schüttelmaschinewährend K Stunde geschüttelt. Dann filtriert man 50 g der Aether-Petroläther-Mischungdurch Watte in einen Erlenmeyerkolben von 150 cm3 Inhalt, fügt 2 cm3 0,1 n-Natronlaugeund 10 cm3 frisch ausgekochtes und wieder erkaltetes Wasser (methylrotneutral) hinzu
und destilliert die ätherische Lösung langsam auf dem Wasserbade ab. Man kühlt den
Inhalt des Erlenmeyerkolbens ab, fügt 10 Tropfen Methylrot und 1 Tropfen Methylenblau¬lösung (1 %o in Alkohol) hinzu und titriert bei gutem Tageslicht die überschüssigeNatronlauge mit 0,1 n-Salzsäure bis zum bleibenden Farbumschlag nach Rotviolett
zurück.
Die Anzahl cm3 0,1 n-NaOH, die durch die bei der Verseifung abgespaltenen Säuren
gebunden worden sind, werden mit e/r, multipliziert. Die so berechnete Menge 0,1 n-NaOH
entspricht den abgespaltenen Säuren in 4 g Droge. Die zur Bindung der Säuren ver¬
brauchte 0,1 n-NaOH wird! auf Kokain umgerechnet.1 cms 0,1 n-NaOH = 0,0303 g Ekgoninester, berechnet als Kokain.
Die abgespaltenen Säuren werden durch einmaliges Ausschütteln
mit obiger Aether - Petroläther - Mischung quantitativ extrahiert. Noch¬
malige Ausschüttelung mit Aether - Petroläther - Mischung ergab keinen
Verbrauch mehr an 0,1 n-NaOH.
III. Vergleichende Zusammenstellung und Besprechung der von uns
gewählten Versuchsbedingungen und der bei den verschiedenen
Methoden erhaltenen Resultate.
Die von uns gewählten Versuchsbedingungen und die erzielten Resul¬
tate sind in Tabelle III zusammengestellt.
75
TabelleIII.
Nr.
Alkalisierungsmittel
Salzsaure
Ausschüttelungs-mittel
Bestimmungd
er
Gesamtalkaloide
Bestimmungd
er
durch
Verseifung
abgespaltenenSä
uren
Verbrauchte
cm3
0,1
n-NaOH
Koka-
Alkaloide
berechnet
aus
den
abgespal¬
tenenSäuren
als
Kokain
•/•
für
die
Extraktion
von
6g
Droge
Alkaloidlösungalkalisiertmi
t
V
e
r
¬
brauchte
cm3
0.1
n-HCl
Alkaloid-
gehalt
V.
für
50g
Acthcr-
Petrol-
äther-
Auszug
auf
4g
Droge
berechnet
la
lb
2a
2b
3cm3
NHjOH (
etwa
2n)
3cm3HaO
(Ph.
Helv.
V)
id.
NH„OH
(etwa
2n)im
Ueberschuß (Ph.Helv.
V)
id.
Aether
id.
0,88
0,88
0,666
0,666
0,67
0,66
0,804
0,792
0,609
0,599
id.
id.
5cm3
NH,OH (
etw
a2n)
5cm3
Na2C03(etwa
2n)
Chloroform-
Isopro-
pylalkohol
(3
V
o
l
.
+1
Vol.)30,20,10,10c
m
'
'
id.
1,37
1,30
1,26
1,33
1,013
0,985
0,954
1,007
0,73
0,76
0,74
0,73
0,876
0,912
0,888
0,896
0,663
0,691
0,672
0,663
33cm3
Na2C03(etwa
2n)
3cm3Hä0
NH,OH(etwa
2n)
im
Ueberschuß
Aether
0,88
0,666
0,66
0,792
0,599
4a
4b
6cm3
Na2C03(etwa
2n)
(Mengenverhältnis
der
Völkerbundsmethode)
id.
id.
id.
id.
id.
0,87
0,86
0,659
0,651
0,66*
0,65
0,792
0,780
0.599
0,591
5a
5b
3cm3
NH,OH(etwa2
n)
3cm3H20 (Soxhletext
raktion)
id.
id.
id.
id.
id.
1,35**
1,36**
0,681
0,686
0,99*
1,00
0,66
1,188
1,200
0,599
0,605
66cm3
Na2C03(etwa
2n)
(Angabe
der
Völker¬
bundsmethode)
45cm3
0,1
n-HCl
1g
NaHC03
Aether
2
V
o
l
.
+
Petroläther
1
V
o
l
.
30,
20,
10,
10
cm3
0,81
0,82
0,613
0,792
0,792
0,599
73cm3
NH4OH (
etwa
2n)
3cm3H20
45cm3
0,1
n-HCl
5,5cm3
Na2C03(etwa
n)
Aether
30,
20,
10,
10
cm3
0,621
0,66
0,66
0,599
83cm3
Na2CO,(etwa2
n)
3cm3HaO
45cm3
0,1
n-HClsoviel
Na2C03(etwa
n)
bis
schwacheTrübung
(=
8
cm3)
Aether
30,
20,
10,
10
cm3
0,85
0,644
0,792
0,599
9id.
45cm30,1
n-HCl
NH4OH
(etwa
n)
bis
schwacheTrübung
Aether
0,86
0,651
0,66
0,65
0,66
0,792
0,780
0,599
10
3
ein1
Aminoniumkar-
bonatlösung(
n)
(Nederl.
Ph.V)
3cm3H20
45cm30,1
n-HCl
5,5cm3
Na2C03(etwa
n)
Aether
30,
25,
25,
20
cm3
0,81
0,613
0,621
0,644
0,591
0,599
11
6cm3
Na2CO., (etwa
2n)
45cm3
0,1
n-HCl
5,5cm3
Na2C03(etwa
n)
Aether
30,
30,
30cm3
nochmalsAether
30cm3
0,77
0,05
0,792
0,792
12
3cm3
NH,0H (e
twa
2n)
3cm3H20
45cm3
0,1
n-HCl
5,5cm3
NH»OH (e
twa
n)
WeitererZusatz
von
NH,0H
(etwa
n)
bis
schwacheTrübung
Aether
(bis
MayersReagens
negativ)Aether
0,45
0,40
0,36
0,30
0,599
*bO
Minutenl
a
n
g
erwärmt
zur
Verseifung.*
*Bei
dieserTitrationgelangen
Gg
Droge
zur
Bestimmung,
bei
allen
übrigen
nur
4g.
1. Bemerkungen zu den Ausführungen der Analysen.
Bei Versuch 2 verbrauchten Chloroform-Isopropylalkohol (3 Vol. +1 Vol.) im Blindversuch weniger als 0,01 cm3 0,1 n-HCl bis zur Rotfärbungvon Methylrot. Die noch etwas trüben Ausschüttelungen wurden nachein¬
ander durch ein glattes, mit Chloroform-Isopropylalkohol benetztes Dop¬pelfilter von 8 cm Durchmesser filtriert, wie es Büchi37 bei der Bestim¬
mung des Gehaltes an Cephaelin in Radix Ipecacuanhae verwendet, um
alkali- und wasserfrei zu filtrieren. Die Destillation von Chloroform-Iso¬
propylalkohol dauert verhältnismäßig lange. Der erhaltene Rückstand
wurde noch zweimal in je 5 cm3 Aether aufgenommen und das Lösungs¬mittel vollständig entfernt. Nach Zusatz des Aethers entstand jedesmaleine starke Trübung. Daraus, wie auch aus den erhaltenen höhern Resul¬
taten gegenüber den andern Methoden, können wir schließen, daß hier
ätherunlösliche basische Stoffe zur Bestimmung gelangt sind, die bei der
alkalischen Verseifung keine oder nur geringe Mengen organische Säuren
abspalten (vielleicht sind es Hygrine, Ekgoninmethylester12 oder Seifen).Um sicher zu sein, daß die durch die alkalische Verseifung ermit¬
telten Werte, welche nur wenig unter dem nach Ph. Helv. V ermittelten
Alkaloidgehalt liegen, nicht auf Analysenfehler zurückzuführen sind,führten wir die Verseifung mit reinem Kokain aus. In je 10 cm3 einer
Kokainhydrochloridlösung ermittelten wir den Gehalt an Kokainbase nach
der im Abschnitt C I (Anwesenheit und Vertreibung flüchtiger Basen)angegebenen Weise. In der titrierten Lösung wurden dann nach der von
uns ausgearbeiteten Vorschrift die durch alkalische Verseifung abgespal¬tenen Säuren bestimmt. Wir erhielten folgende Werte:
Verbrauch an
0,1 n-HCl für 10 cms
Stammlösung
Anzahl cm3 0,1 n-NaOH durch die
Benzoesäure
in 50 g Aether-
Petroläthcr-
Lösung gebunden
berechnet auf 60 g Aether-
Petroläthcr-Lösung= 10 cm3 Stammlösung
0,96 cm'
0,95 cm'
0,96 cm'
0,96 cm1
Mittel:
0,957 cm'
0,81 cm'
0,79 cm'
0,80 cm'
0,80 cm'
0,97 cm'
0,95 cm'
0,96 cm'
0,96 em'
Mittel:
0,96 cm'
Unsere Ergebnisse stimmen mit den Angaben von Schou und Heim35
gut überein, welche bei einem Verbrauch von 0,595 cm3 0,1 n-Säure für
Kokain nach der alkalischen Verseifung im Mittel einen Verbrauch an
0,598 cm3 0,1 n-Lauge für die ausgeschüttelte Benzoesäure feststellten.
Wir können annehmen, daß die bei unserer Droge durch die alka¬
lische Verseifung ermittelten wenig kleineren Werte nicht auf Analysen¬fehler zurückzuführen sind, sondern daß neben Ekgoninestern auch noch
37 J. Bucht, Pharm. Acta Helv. 9, 197 (1934).
78
kleine Mengen anderer basischer Stoffe zur Bestimmung gelangen. Wir
können die Angaben von Wcholls,3" und de Jong31 bestätigen, daß bei den
Kokablättern aus stark alkalischer Lösung beim Ausschütteln mit Aether
neben Ekgoninestern noch Basen erhalten werden, die bei der alkalischen
Verseifung keine Säuren abspalten.Bei Versuch 4 wurde die ammoniakalische wässerige Lösung von 4 g
Droge nach der Extraktion der Alkaloide mit Aether mit 5 cm3 verd. Natron¬
lauge (2 n) versetzt, auf dem Wasserbad eingeengt und in üblicher Weise
die durch die Verseifung abgespaltene Säure bestimmt. Es wurden
0,078 cm3, bzw. 0,065 cm3 0,1 n-NaOH verbraucht. Es gehen also in die Salz¬
säurelösung Stoffe über, die nachher mit Aether nicht mehr ausgeschütteltwerden, und die keine Alkaloidreaktion geben (vielleicht handelt es sich
um Harz- und Fettsäuren oder um Aminosäureester11).Bei der Extraktion im Soxhletapparat gelangten 6 g Droge zur Bestim¬
mung. Der Absog erfolgte alle 20 Minuten. Es wurde während 5 Stunden
mit Aether extrahiert. Der Aether wurde ungefähr auf 30 cm3 abdestilliert
und die Bestimmung nach Ph. Helv. V zu Ende geführt.Es wurde auch an eine Bestimmung des Benzoylekgonins gedacht,
welches in der Droge vorhanden sein könnte. Die im Soxhlet mit Aether
extrahierte Droge behandelten wir nachher mit Weingeist. Benzoylekgoninkann infolge seines schwachen Säure- und Basencharakters nicht titrime-
trisch erfaßt werden. Durch den Weingeist wurden in vermehrtem Maße
Chlorophyll, Harz und Fettstoffe extrahiert, wodurch für die polarime-trische Bestimmung eine zeitraubende Reinigung der erhaltenen wein¬
geistigen Extraktlösung notwendig wurde. Da diese Bestimmung vom phar¬mazeutischen Gesichtspunkt aus kein großes Interesse bietet, haben wir
von derselben abgesehen.Nach der Extraktion der Alkaloide aus schwach alkalischer Lösung
wurde in einigen Fällen stark alkalisch gemacht, die Basen mit Aether
extrahiert und durch die übliche Titration bestimmt. In keinem Fall wur¬
den bei der Verseifung Säuren erhalten. Die Angaben von Nicholls32 wur¬
den bestätigt.
Versuch
in Tabelle III AlkalisierungsmittelVerbrauch an
0,1 n-HCl durch die
extrahierten Basen
6
7
10
12
10 cm3 NH,OH etwa 2 n
5 cm3 Na2C03 etwa 2 n
5 cm3 NH,0H etwa 2n
überschüssiges NH4OH etwa 2 n
0,09 cm3
0,05 cm3
0,06 cm3
0,02 cm3
Bei 3 Proben wurden die Extraktivstoffe von 40 g Aetherlösung gra-
vimetrisch bestimmt, um zu ermitteln, ob es hier, wie bei der Bestimmungvon Folium Belladonnae und den andern Solanaceenblattdrogen (wobeiallerdings mit Weingeist extrahiert wird), auch notwendig sei, eine Kor¬
rektur für die im Aether gelösten Ballaststoffe anzubringen. Wir erhielten
Rückstände von 0,1350—0,1357 g, die bei 105° bis zur Gewichtskonstanz
79
getrocknet worden waren. Die Extraktivstoffe dürfen also praktisch ver¬
nachlässigt werden.
Als Ausschüttelungsmittel für die Alkaloidbasen aus der mit Natrium¬
bikarbonat oder Natriumkarbonat (5,5 cm3 n) alkalisch gemachten Lösungkommen nur Aether oder Aether-Petroläther (2 Vol. + 1 Vol.) in Frage,denn nach Untersuchungen von Eder ist Petroläther allein ein schlech¬
teres Extraktionsmittel für die Koka-Alkaloide als die zwei vorhin
genannten.
2. Besprechung der Resultate.
Nach Ph. Helv. V werden etwas mehr ätherlösliche Gesamtalkaloide
(berechnet als Kokain) erhalten, als aus den bei der alkalischen Versei¬
fung der Gesamtalkaloide abgespaltenen Säuren (berechnet als Kokain)gefunden werden. Wahrscheinlich handelt es sich um kleine MengenHygrin oder um andere basische Stoffe, die hier zur Bestimmung gelangen.Sind es Hygrine, dann bedürfen die Angaben von Märkiss und von Goris
und Chalmeta25, welche angeben, daß die Hygrine durch Erwärmen des
Alkaloidrückstandes oder durch die Destillation des Aethers sich verflüch¬
tigen, einer Revision*.
Als Ausschüttelungsmittel der alkalisch gemachten salzsauren Alkaloid-
lösung kann in der Vorschrift von Ph. Helv. V der Aether nicht mit Vorteil
durch Chloroform-Isopropylalkohol (3 Vol. + 1 Vol.) ersetzt werden
(Versuch 2a und b). Man erhält zwar beträchtlich höhere Alkaloidwerte
(bei unserer Droge etwa 1 %), als nach allen anderen untersuchten Metho¬
den (0,61—0,68 %). Aber es werden dabei augenscheinlich basische Stoffe
als Alkaloide mitbestimmt, welche nicht Ekgoninester sind; denn bei der
Bestimmung der durch alkalische Verseifung abgespaltenen Säuren wur¬
den nur wenig höhere Alkaloidwerte gefunden (bei unserer Droge 0,66bis 0,69 %), als bei den anderen Bestimmungsverfahren (0,60—0,61 %).
Werden 5,5 cm! n-Na2C03, bzw. 1 g Natriumbikarbonat durch 5,5 cm3
n-Ammoniak ersetzt (Versuch 12), so werden mit Aether weniger Alka¬
loide extrahiert (Versuche 11, 10, 7, 6). Wahrscheinlich spielt die Disso¬
ziation des entstandenen Ammoniumchlorids (das in wäßriger Lösungbekanntlich sauer reagiert) eine Rolle.
Als Alkalisierungsmittel für die Extraktion der fein gepulverten Drogekönnen ohne Nachteil verd. Ammoniak (etwa 2 n), verd. Natriumkarbonat
(etwa 2 n) oder Ammoniumkarbonatlösung in den angegebenen Mengenund Konzentrationen verwendet werden.
Durch die Soxhletextraktion (Versuch 5a und b) werden nicht wesent¬
lich mehr Gesamtalkaloide erhalten; das Verfahren der Ph. Helv. V extra¬
hiert also die therapeutisch wirksamen Alkaloide praktisch quantitativ.Aus schwach alkalischer Lösung werden nach der Völkerbunds¬
methode und der späteren Abänderung von de Jongsl praktisch gleich viel
Alkaloide erhalten wie durch die Kontrollbestimmung der Säuren, die
durch die alkalische Verseifung der aus stark alkalischer Lösung ausge¬schüttelten Alkaloide abgespalten werden. Hingegen genügt dreimalige
* Es war uns leider nicht möglich, Versuche mit Hygrin und Cuskhydrin auszu¬
führen, da wir diese Substanzen zur Zeit im Handel nicht erhalten konnten.
80
Extraktion mit Aether aus schwach alkalischer Lösung nicht (Versuch 11),wohl aber viermaliges Ausschütteln mit Aether, wenn auch kleinere
Aethermengen verwendet werden (Versuch 10). Unseres Erachtens sollte
die Bestimmungsvorschrift für Folium Cocae in Ph. Helv. V im Sinne
von de Jong31 (vgl. Abschnitt B, Völkerbundsmethode) abgeändert werden.Dann ist es nicht mehr notwendig, die Ekgoninester zur Kontrolle durch
die Bestimmung der durch alkalische Verseifung abgespaltenen Säuren
zu bestimmen. Will man die ätherlöslichen Basen ermitteln, welche bei
der alkalischen Verseifung keine Säuren mehr abspalten, so können die¬
selben nachher aus stark alkalisch gemachter Lösung mit Aether aus¬
geschüttelt werden. A. und C. Chalmeta2 haben wohl deshalb für südameri¬kanische Kokablätter eine um 0,01 g höhere tödliche Dosis der Alkaloide
pro kg Tier gegenüber reinem Kokain gefunden, weil wahrscheinlich auchNebenbasen mitbestimmt worden waren (vgl. Abschnitte A, Ende).
Zur Verseifung der Alkaloide in 4, bzw. 6 g Droge genügt das Ein¬
dampfen der bei der Titration erhaltenen, alkalisch gemachten Alkaloid-
lösung während ungefähr 15 Minuten.
D. Zusammenfassung.
I. Es wird eine Uebersicht über die bisher in Kokablättern nachge¬wiesenen Alkaloide gegeben.
IL Es wird eine vergleichende Uebersicht und Kritik der bisherigenBestimmungsmethoden für die Koka-Alkaloide gegeben.
III. In eigenen Untersuchungen über die Bestimmung der ätherlös¬
lichen Alkaloide der Kokablätter sind folgende wichtigste Ergebnisseerzielt worden:
1. Die Bestimmung der ätherlöslichen Alkaloide von Folium Cocae
ist nach der Methode von Ph. Helv. V praktisch quantitativ.2. Beim Ausschütteln der in den verschiedenen von uns geprüften
Methoden (siehe Tabelle III) mit Ammoniak oder Natriumkarbonat stark
alkalisch gemachten salzsauren Kokablattauszüge mit Aether, der nicht
mit Vorteil durch Chloroform-Isopropylalkohol ersetzt werden kann, gelan¬gen nicht bloß Ekgoninester zur Bestimmung, sondern auch noch kleine
Mengen anderer ätherlöslicher, basischer Stoffe.
3. Zur Bestimmung der ätherlöslichen Ekgoninester in Folium Cocae
möchten wir in Anlehnung an de Jong31 vorschlagen, die Vorschrift von
Ph. Helv. V in der Weise abzuändern, daß die ätherische Alkaloidlösungmit einer abgemessenen Menge (45 cm3) 0,1 n-HCl ausgeschüttelt wird;diese Lösung wird dann mit einer bestimmten Menge (5,5 cm3) n-Na2C03-
Lösung versetzt und diese schwach alkalische Lösung wiederholt mit Nar-
kose-Aether ausgeschüttelt. Die vollständige Vorschrift würde dann fol¬
gendermaßen lauten:
6 g Kokablatt (VI) werden in einer Arzneiflasche von 150 cm3 Inhalt mit 60 g
Narkose-Aether, 3 cm3 verd. Ammoniak (etwa 2 n) und 3 cm3 Wasser während % Stunde
häufig und kräftig geschüttelt. Dann läßt man absetzen, gießt 40 g der ätherischen
81
Lösung (= 4 g Droge) durch etwas Watte in einen Erlenmeyerkolben ab und gibt die
Lösung unter Nachspülen mit kleinen Mengen Narkose-Aether in einen Scheidetrichter
von 200 cm3 Inhalt. Die Aetherlösung wird während 1 Minute mit 20 cm3 0,1 n-Salz-
säure * geschüttelt. Das Gemisch wird trennen gelassen und die untere Schicht durch
Watte in einen zweiten Scheidetrichter gegossen. Das Ausschütteln wird wiederholt mit15 cm3, dann mit 10 cm3 0,1 n-HCl. Diese salzsauren Auszüge werden ebenfalls durch
die Watte in den zweiten Scheidetrichter gegossen. Die vereinigten salzsauren Auszügewerden mit 5,5 cm3 (aus Meßzylinderchen abgemessen) Natriumkarbonatlösung (n) ver¬
setzt und die Alkaloidbasen nacheinander mit 30, 20 cm3 und so oft mit je 10 cm3 Nar¬
kose-Aether ausgeschüttelt, bis einige Tropfen der letzten Ausschüttelung nach dem
Abdampfen und Aufnehmen mit einigen Tropfen verd. Salzsäure (etwa 2 n) durch 2—3
Tropfen Mayers Reagens nicht mehr getrübt werden. Die Auszüge gießt man nacheinander
durch etwas Watte in einen Erlenmeyerkolben von 200 cm3 Inhalt und destilliert den Aether
auf dem Wasserbad ab**. Dann nimmt man den Rückstand noch 2mal mit je 5 cm3 Narkose-
Aether auf und verdampft auch diesen jeweils vollständig**. Hierauf löst man den Rück¬
stand unter leichtem Erwärmen auf dem Wasserbad in 5 cm3 Weingeist (methylrot-neutral), gibt 25 cm3 frisch ausgekochtes und wieder erkaltetes Wasser und 10 TropfenMethylrot hinzu und titriert mit 0,1 n-Salzsäure bis zur Rotfärbung (Mikobürette).
1 cm3 0,1 n-HCl = 0,0303 g ätherlösliche Ekgoninester, berechnet als Kokain.
Nach dieser Vorschrift fanden wir bei der von uns benützten Droge0,62—0,61% ätherlösliche Ekgoninester (Tabelle III, Analyse Nr. 7***,während nach der Methode von Ph. Helv. V 0,67 % ätherlösliche Alkaloide
ermittelt wurden (Tabelle III, Nr. la und b). Aus der Kontrollbestimmungder mit den Alkaloidbasen veresterten Säuren ergab sich bei den nach
den beiden Methoden gewonnenen Alkaloiden ein übereinstimmender
Gehalt an ätherlöslichen Ekgoninestern von 0,60, bzw. 0,60—0,61 %.Nach der neu vorgeschlagenen Methode werden also etwas niederere
Werte für die ätherlöslichen Ekgoninester erhalten, als nach der Methode
von Ph. Helv. V für die ätherlöslichen Alkaloide. Die gefundenen Werte
für die ätherlöslichen Ekgoninester stimmen sehr gut überein mit den
zur Kontrolle vorgenommenen Bestimmungen der durch alkalische Versei¬
fung aus den Ekgoninestern abgespaltenen Säuren. Da nach unseren heu¬
tigen Kenntnissen die «ätherlöslichen Ekgoninester» als die wesentlichen
Wirkstoffe der Kokablätter betrachtet werden können, scheint es berech¬
tigt, ihre Bestimmung und Normierung in die Pharmakopoen aufzunehmen,an Stelle der Bestimmung der «ätherlöslichen Alkaloide», bei welcheraußer den ätherlöslichen Ekgoninestern noch andere, nicht genau bekanntebasische Stoffe mitbestimmt werden.
4. Folium Cocae sollte in Ph. Helv. V genauer definiert werden. Dadie Alkaloide in Java-Kokablatt neben wenig Kokain zur Hauptsache aus
Truxillin und Cinnamoylkokain bestehen, während in Peru-Kokablatt das
therapeutisch wirksame Kokain als Hauptalkaloid enthalten ist, so würdees sich empfehlen, die offizinelle Droge nach A. und C. Chalmeta2 zu
definieren als das Blatt der südamerikanischen Erythroxylon Coca var.
* Am besten wird die Gesamtmenge der zu dieser und den nachfolgenden Aus¬
schüttelungen benötigten 0,1 n-HCI (= 45 cm3) gesamthaft in einem Meßzylinder abge¬messen.
** Nach dem Abdestillieren des Aethers darf der Alkaloidrückstand nicht längerauf dem Wasserbad erhitzt werden, da sonst Alkaloidverluste entstehen.
*** Das Resultat dieser Analyse wird bestätigt durch die Analysen 10 und 11, beiwelchen nur ein anderes Alkalisierungsmittel für die Droge verwendet wurde, das aberohne Einfluß auf die Resultate ist, wie die Analysen Nr. 3, 4a und 4b zeigen.
82
Bolivianum Burck, mit einem Gehalt an ätherlöslichen Ekgoninestem,berechnet als Kokain, von mindestens 0,5 %. Diese Form von ErythroxylonCoca, die aus Peru und Bolivien stammt, liefert die Sorten Huanuco, Cuzko,Bolivia, Huanta, die reich an Kokain sind.
Die Arzneibücher, welche in der Droge die Gesamtmenge der äther¬
löslichen Alkaloide bestimmen, stellen folgende Gehaltsforderungen auf:
ätherlösliche
Alkaloide
Ph.Belg. IV . . .mindestens 0,75%
Ph. Belg. IV 1. Supplement » 0,5 %
Ergb. 5 D. A. B. 6 . .» 0,7 %
F.Espan. VIII. . .
» 0,5 %
Ph.Helv. V. . .
» 0,7 %
F. Port. 1935. . . » 0,5 %
Codex Gall. 6. . .
» 0,7 %
Suom F. VI. . .
» 0,7 %
Nach der Völkerbundsmethode, welche dieselben Werte ergibt, wie
die spätere von de Jong31 geänderte Vorschrift, wurden in lufttrockenen
Cuzko-Blättern an ätherlöslichen Ekgoninestem gefunden von:
Nicholls (32) 0,51%Eder (29) 0,53 % (Mittelwert)Baggesgaard-Rasmussen . . . (29) 0,70 % (Mittelwert)
Wahrscheinlich handelt es sich bei Mcholls und bei Eder um dieselbe
Droge.Unsere Peru-Droge weist 0,60 % ätherlösliche Ekgoninester auf. Wir
haben nach der von uns vorgeschlagenen Methode keine weiteren Drogen¬muster untersucht. Gestützt auf die bisher bekannten Resultate sind wir
der Ansicht, daß bei Anwendung der von uns vorgeschlagenen Bestim¬
mungsvorschrift bei Folium Cocae var. Bolivianum Burck eine Gehaltsfor¬
derung von mindestens 0,5 % ätherlöslichen Ekgoninestem, berechnet als
Kokain, berechtigt wäre.
83
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Ueber die Bestimmung des Strychnins neben Brucin und
die Bestimmung des Strychnins und der Gesamtalkaloide
in Semen Strychni und Faba Ignatii.
A. Vorkommen und Uebersicht der Strychnos-Alkaloide.
Alle neueren Arzneibücher führen als offizineile Droge die getrock¬neten Samen von Strychnos Nux vomica L. (Brechnuß) mit einem Gesamt-
alkaloidgehalt von mindestens 2,5 %, bzw. mit einem Gehalt an Strychninvon mindestens 1,15 % (U. S. P. XI) oder 1,2 % (Brit. Ph. 1932). F. Espan.
VIII, F. Port. 1935 und Codex Gall. 6 haben ferner die Faba Ignatii, die
Samen von Strychnos Ignatii Bergius (Ignatiusbohne) aufgenommen.Als Hauptalkaloide isolierten die Apotheker Pelletier und Caventou
1817, bzw. 1818 aus beiden Strychnosarten das Strychnin C21H2202N2 und
1819 das Brucin C23H2604N2. Brucin enthält im Gegensatz zu Strychnin2 Methoxylgruppen. Die Alkaloide sind an Aepfelsäure, bzw. an eine
Gerbsäure, die sogenannte Igasur- oder Strychnossäure gebunden, die mit
der Kaffeegerbsäure identisch ist. Nach Angaben von Klein1 kommt in der
Brechnuß das Strychnin, gebunden an Igasursäure, in Oeltröpfchen gelöst
vor, die im Inhalt der Endospermzellen suspendiert sind.
Die Angaben über den Gehalt der Brechnuß und der Ignatiusbohnean Strychnin und Brucin weichen stark voneinander ab. Nach Emde2 ent¬
hält die Ignatiusbohne gleichviel Gesamtalkaloide wie die Brechnuß (etwa2—3 %), aber bis zu % Strychnin, während die Brechnüsse weniger als
die Hälfte der Gesamtalkaloide an Strychnin enthalten. Morrison und
Bliß3 geben für Semen Strychni als durchschnittliches Verhältnis zwischen
Strychnin und Brucin 44 :56 an; nur in einem Drogenmuster fanden sie
ein Verhältnis von 54 :46. Sie ermittelten den Gehalt an Strychnin durch
Zerstörung des Brucins mit Salpetersäure in Gegenwart von Natriumnitrit.
Gestützt auf diese Angaben fordert Meyer1, der Berechnung der Gesamt¬
alkaloide in Strychnos Nux vomica und deren Präparaten 367,6 als neues
durchschnittliches Molekulargewicht gegenüber 364,2 in D. A. B. 6 zugrundezu legen. Nach Dufilho* enthält die Brechnuß 55 %, die Ignatiusbohne
1 G. Klein, Handbuch der Pflanzenanalyse, IV/3, p. 658, Wien (1933).2 ff. Emde in F. Uhlmann, Enzyklopädie der techn. Chemie, 2. Aufl. 9, 740, Berlin-
Wien (1932).3 R. W. Morrison u. A. R. Bliß, J. Amer, pharm. Ass. 21, 648, 753 (1932).« W.Meyer, Dtsch. Apoth. Ztg.54. 913 (1939).5 E. Dufilho, Bull. Soc. Pharm. Bord. 65, 222 (1927). .
85
60 % Strychnin; das Brucin zerstörte er mit Salpetersäure. Lachaise*
ermittelte nach Behandlung der Gesamtalkaloidlösung mit Salpetersäurein Semen Strychni 34,7 bis 59,8 % und in Faba Ignatii 56,8 bis 73,5 %Strychnin. Joyeux-Mollinedo1 fand in Brechnußmustern aus Indochina
Alkaloidgehalte von 2,1, bzw. 1,78 % Strychnin und 1,3, bzw. 1,02 % Bru¬
cin. Daneben konstatierte sie, daß Strychnos-Samen vorkommen, die ent¬
weder überhaupt keine Alkaloide oder fast ausschließlich Brucin enthal¬
ten. So erwies sich der Same der in Indochina beheimateten StrychnosNux blanda Hill, dessen Pulver anatomisch nur schwer von dem der Nux
vomica unterschieden werden kann, als alkaloidfrei. Die Samen von Strych¬nos ligustrina Blume (Schlangenholz), die in Niederländisch-Ost-Indien
als Arzneimittel verwendet werden, enthalten nach Rowaan* fast aus¬
schließlich Brucin.
Durch Einwirkung von konzentrierter Salpetersäure (spez. Gew. 1,4)auf Brucin entsteht Kakothelin C21H2i05N2 (N02), ein nitriertes o-Chinon,wobei die beiden Methoxylgruppen des Brucinkernes in Chinongruppenverwandelt werden9.
\ \C-0CH3 C=0
II -* !C-OCHa C = 0
/ /
Das sogenannte Brucinohinon ist eine tiefrot gefärbte Verbindung,welche durch Reduktion nicht mehr in Brucin übergeführt werden kann.
Strychnin ist gegen Salpetersäure sehr resistent10.
Aus den Restlaugen von Semen Strychni im Strychninbetrieb von
C. C. Boehringer in Nieder-Ingelheim isolierte E. Gmelin ein schön kristal¬
lisierendes einheitliches Alkaloid, welches von Wieland und Oertel10 unter¬
sucht und Vomicin genannt wurde. Es hat die Bruttoformel C22H2404N2 und
enthält keine Methoxylgruppe; es soll ein «latentes» Phenol sein. Diese
Base ist in Azeton etwas besser löslich als Strychnin, schwer löslich in
Essigester, sehr wenig löslich in Aether, leicht löslich in Chloroform. Vomi¬
cin ist gegen Salpetersäure nicht weniger empfindlich als Brucin, nur
ist hier die Einwirkung der Salpetersäure nicht so einheitlich wie bei
Brucin. Bei der Nitrierung mit 20prozentiger Salpetersäure entsteht Nitro-
vomicin C22H2304N2(N02), das noch basische Eigenschaften aufweist und
sich in Alkalien (verdünnte NaOH) mit roter Farbe löst.
Aus den Strychninrestlaugen der Firma F. Hoffmann-La Roche iso¬
lierte Warnaf1 drei neue Strychnosalkaloide: a- und /?-Colubrin und
Pseudostrychnin.
6 L. Lachaise, Sur les méthodes de dosage des alcaloïdes dans les préparations de
Strychnées. Trav. du Laboratoire de matière médicale de la Faculté de pharmacie de
Paris, 18 (1927).7 B. Joyeux-Mollinedo, Étude des Strychnos d'Indochine et, en particulier, du
Strychnos Nux-blanda Hill et du Hoang-Nan. Trav. du Laboratoire de matière médicale
de la Faculté de pharmacie de Paris, 27 (1936).8 P. A. Rowaan, Pharm. Weekbl. 78, 1125 (1941).9 H. Leuchs u. R. Anderson, Ber. dtsch. ehem. Ges. 44, 2136 (1911).
10 H. Wieland u. G. Oertel, Ann. Chem. 469, 193, 201 (1929).11 K. Warnat, Helv. Chim. Acta 14, 997 (1931).
86
a- und /?-Colubrin haben dieselbe Bruttoformel C22H2403N2 und sind
nahe verwandt. Sie sind leicht löslich in Weingeist, Benzol und Chloro¬
form. Sie enthalten je eine Methoxylgruppe und werden durch Salpeter¬säure im Gegensatz zu Strychnin genau wie Brucin zerstört, wenn auch
vielleicht etwas weniger rasch.
Dem Pseudostrychnin kommt die Formel C2iH2203N2 oder C2iH2403N2zu. Die Base ist unlöslich in Aether, wenig löslich in Benzol und Azeton,etwas leichter in Chloroform (etwa 1 :35). Sie verhält sich gegen Sal¬
petersäure wie Strychnin, gibt aber mit Natriumnitrit eine Nitrosover¬
bindung.Der Gehalt der Droge an den drei zuletzt genannten Alkaloiden ist
verhältnismäßig klein. Bei Hoffmann-La Roche12 wurde in einer Probe der
Gesamtalkaloide aus vorderindischen Nüssen ein Gehalt von 0,8 % Pseudo¬
strychnin bestimmt; in den Gesamtalkaloiden aus Saigonnüssen wurden
dagegen 1,4 % Pseudostrychnin sowie insgesamt 2,8 % a- und /?-Colubringefunden. Von den beiden letzteren Alkaloiden wird angenommen, daß
sie ungefähr im gleichen Verhältnis vorhanden sind.
Als weitere Alkaloide werden noch Strychnicin und Struxin ange¬
geben. Strychnicin wurde von Boorsma in javanischen Blättern von Strych-nos Nux vomica gefunden. Es soll eine sehr geringe Giftigkeit aufweisen.
Struxin wurde von Schäfer" aus verdorbenen Ignatiusbohnen isoliert
(etwa 0,1 %); er betrachtet dieses Alkaloid als ein bakterielles Umwand¬
lungsprodukt von Strychnin oder Brucin.
B. Uebersicht über die wichtigsten Bestimmungsmethoden
der Alkaloide von Semen Strychni.
I. Bestimmung der Gesamtalkaloide.
Fast alle neueren Arzneibücher führen die Bestimmung der Gesamt¬
alkaloide mit der fetthaltigen Droge aus; nur Nederl. Ph. V und F. Ital. VI
entfetten die Droge vorher. Als Extraktionsmittel verwenden Nederl. Ph. V,Ph. Belg. IV und Märki15 Chloroform, Brit. Ph. 1932 benützt Alkohol-Chlo¬
roform. F. Port. 1935 behandelt die Droge zuerst mit säurehaltigem Wein¬
geist und schüttelt nach Zusatz von Natronlauge die Alkaloide mit Chloro¬
form aus. Ph. Dan. VIII erwärmt die Droge auf dem Wasserbad mit säure¬
haltigem Wasser, macht mit Natronlauge alkalisch und schüttelt die Alka¬
loide mit Aether-Chloroform aus. Die übrigen Arzneibuchvorschriften ver¬
wenden als Extraktionsmittel Aether-Chloroform.
Als Alkalisiej-ungsmittel gebrauchen D. A. B. 6 und Ph. Helv. V Na¬
triumkarbonatlösung, Ph. Belg. IV Ammoniumchlorid-Magnesiumoxyd, die
übrigen Arzneibuchvorschriften Ammoniak. Märki15 erhielt bei Verwen-
12 F. Hoffmann-La Roche, persönliche Mitteilung.13 W.G.Boorsmaa, Bull. Inst. Buitenzorg Nr. 14, 3 (1902).14 H.H.Schäfer, J. Amer, pharm. Ass. 3. 1677 (1914).15 H. Märki, Ueber die Wertbestimmung des Opiums und einiger anderer Alkaloid-
drogen, Diss. ETH. Zürich (1930).
87
dung von Ammoniak als Alkalisierungsmittel und Chloroform als Extrak¬
tionsmittel um 0,43 bis 0,55 % höhere Alkaloidwerte als mit Aether-
Chloroform 2 :1. Watkins und Palkin1" ziehen bei der Soxhletextraktion
Benzol als Extraktionsmittel dem Chloroform vor, weil der bei Verwen¬
dung von Benzol erhaltene Alkaloidrückstand viel sauberer und besser
zu titrieren ist.
Bei der Alkaloidbestimmung mit nichtentfetteter Droge stellten Saba-
lüschka und Jungermann" fest, daß der Fettgehalt der Samen einen zu
hohen Alkaloidgehalt vortäuscht. Sie ermittelten folgende Alkaloidgehalte:
Droge nicht entfettet entfettet
I 3,05 % 2,82 %
II 2,39 % 2,19 %
Bei diesen Bestimmungen wurden die Alkaloide allerdings durch
Zusatz von Natronlauge in Freiheit gesetzt.Poethke1* verwirft bei fetthaltigen Drogen den Gebrauch von Natron¬
lauge; da das Fett merklich verseift wird, geht die entstandene Seife
infolge Emulsionsbildung zum Teil in die Alkaloidlösung über und bei
der Titration werden zu hohe Alkaloidwerte gefunden (Seifenfehler). Die
Natronlauge sollte nach ihm durch Ammoniak oder Natriumkarbonat
ersetzt werden, die während der in Betracht kommenden Einwirkungs¬dauer keine merkliche Verseifung des Fettes verursachen. Natriumkarbo¬
nat setzt sich mit den Alkaloidsalzen zunächst unter Bildung von Alkaloid-
karbonaten um:
2 Alk • HX + Na2C03^t Alk2 • H2COs + 2 NaX
Die Karbonate zerfallen wegen ihrer schwach basischen Natur und ihrer
Schwerlöslichkeit in Wasser in die freien Basen und Kohlensäure:
Alk2 • H2C03^ 2 Alk + H20 + C02
Diese Umsetzungen sind aber nur quantitativ, wenn die Kohlensäure durch
kräftiges Schütteln vollständig entfernt wird.
Zur Bestimmung der Gesamtalkaloide ist hinsichtlich Genauigkeit die
azidimetrische Titration der gravimetrischen Bestimmung vorzuziehen.
Lachaise6, Groen und van der Wielen stellten fest, daß Strychnin und
Brucin beim Trocknen bei 110, bzw. 100° bis zum konstanten Gewicht
hartnäckig Chloroform zurückhalten, selbst wenn der Rückstand vor dem
Trocknen mit Weingeist behandelt und dieser vollständig abgedampft wor¬
den war. Nach Lachaise hält Strychnin bei der gravimetrischen Bestim¬
mung kein Chloroform zurück, wenn zum Ausschütteln eine Mischung von
3 Vol. Aether + 1 Vol. Chloroform verwendet wird; bei Brucin entstehen
aber dennoch durch zurückgehaltenes Chloroform um 5 bis 6,55 % zu
hohe Werte. Short fand auf gravimetrischem Wege bis zu 33 % höhere
16 H.R. Watkins u. S Palkin, Ind. Engng. Chem. 18, 867 (1926)." Th. Sabalitschka u. C. Jungermann, Pharm. Ztrh. 66, 148 (1925).18 W.Poethke, Pharm. Ztrh. 79, 601 (1938).19 JV. J. A. Groen u. P. van der Wielen, Pharm. Weekbl. 76, 3 (1939).50 G. R. A. Short, Pharm. J. 113, 97 (1924).
88
Alkaloidwerte als auf titrimetrischem Wege. Stuber und Kljatschkina^erhielten beim Chloroformrückstand, der nur aus Strychnin bestand, keine
Gewichtskonstanz; sie vermuteten, daß es sich um Zersetzungsproduktedes Chloroforms handeln könnte.
Kolle und Klewtf empfehlen zur mikrochemischen Wertbestimmungverschiedener Alkaloiddrogen wie Semen Strychni, Cortex Cinchonae,Folium Belladonnae u. a. unter starker Herabsetzung der zur Bestimmung
notwendigen Drogenmenge die Titration mit 0,05 n-Lösungen in einer
Bürette von 0,8 mm innerem Durchmesser und 0,1 cm3 Fassungsvermögen.Da diese Bürette gegen Temperaturschwankungen ziemlich empfindlichist, bietet dieser Vorschlag unseres Erachtens keine Vereinfachung der
bestehenden Arzneibuchvorschriften.
Die Bestimmungsvorschriften von D. A. B. 6 und Märkiis wurden von
Eder und Wäckerlin2Z einer genauen Prüfung unterzogen. Aus diesen
Untersuchungen ging die Vorschrift der Ph. Helv. V hervor, die folgender¬maßen lautet:
3 g Brechnuß (v) werden in einer Arzneiflasche von 50 cm3 Inhalt mit 20 g Aether
und 10 g Chloroform und nach kräftigem Umschütteln mit 3 g Natriumkarbonatlösung(etwa 2 n) versetzt und während K Stunde häufig und kräftig geschüttelt. Alsdann fügtman 7 g Wasser hinzu, schüttelt während einigen Minuten kräftig, filtriert 20 g der
Aether-Chloroformlösung (= 2 g Brechnuß) durch etwas Watte in ein Erlenmeyerkölb-chen von 100 cm3 Inhalt und destilliert etwa zwei Drittel des Lösungsmittels ab. Den
Rückstand gießt man in einen Scheidetrichter von etwa 100 cm3 Inhalt, spült das Kölb-
chen einmal mit 5 cm3 Chloroform und zweimal mit je 5 cm3 Aether nach, gibt 5 cm3
0,1 n- Salzsäure (genau gemessen) und 5 cm3 Wasser zu der Lösung und schüttelt dann
nach Zusatz von noch so viel Aether, daß die Chloroform-Aetherlösung auf der wässerigen
Flüssigkeit schwimmt, 2 Minuten lang kräftig. Nach der Trennung der Schichten läßt
man die salzsaure Flüssigkeit in ein Erlenmeyerkölbchen abfließen, wiederholt das Aus¬
schütteln der Aether-Chloroformlösung noch zweimal mit je 5 cm3 Wasser und ver¬
einigt diese wässerigen Auszüge mit der salzsauren Flüssigkeit. Nach Zugabe von
2 Tropfen Methylrot titriert man den Säureüberschuß mit 0,1 n-Natronlauge bis zur
Gelbfärbung zurück (Mikrobürette).
1 cm3 0,1 n-HCl = 0,0364 g Alkaloide.
Es müssen mindestens 1,38 cm3 0,1 n-Salzsäure verbraucht werden, entsprechendeinem Mindestgehalt von 2,5 % Alkaloiden.
Eder und Wäckerlin23 machten folgende Feststellungen:
1. Chloroform-Aether scheint aus nichtentfetteter Droge weniger stö¬
rende Fette zu lösen als Chloroform allein.
2. Bei Verwendung von Chloroform als Extraktionsmittel hat man
Schwierigkeiten, einen klaren Auszug zu erhalten. Die Chloroform¬
auszüge können nicht mit Säure ausgeschüttelt werden, weil untrenn¬
bare Emulsionen entstehen.
3. In der Vorschrift von Ph. Helv. V kann Natriumkarbonat nicht durch
Ammoniak ersetzt werden, weil die Lösung auch nach dem Filtrieren
durch Papier nicht klar wird.
21 E. Stuber u. B. Kljatschkina, Arch. Pharm. 266", 33 (1928).22 Kolle u. Klem, Pharm. Ztrh. 69, 358 (1928).23 R. Eder u. E. Wäckerlin, persönliche Mitteilung.
89
4. Wird entfettete Droge, Chloroform und Ammoniak nach Nederl. Ph. V
verwendet, geht die Titration gut, aber es tritt bei der Titration Flok-
kenbildung auf.
5. Wird zu den Analysen peroxydhaltiger Aether verwendet, so wird
etwas Alkaloid zerstört; die Einwirkung ist nicht bei allen Drogengleich groß.
Zur Ausführung der Alkaloidbestimmung nach Ph. Helv. V möchten
wir folgendes bemerken:
a) Das Drogenpulver ist auf einer Handwaage abzuwägen, wenn die
Rezepturwaage nicht deutlich auf die zweite Dezimale nach dem
Komma anspielt.b) Beim Ausschütteln der alkaloidhaltigen Aether-Chloroformlösung mit
0,1 n-HCl und Wasser hält man den Scheidetrichter mit Vorteil an
den beiden Enden. So erfolgt keine Erwärmung, wie beim Anfassen
mit der ganzen Hand, und somit auch kein Verspritzen von Lösungs¬mittel beim Oeffnen.
c) Der Farbumschlag des Indikators von Rot nach Gelb ist bei der
Titration sehr scharf. Nach Sabalitschka und Jungermann" ist der
erste Umschlag von Rot nach Gelb entscheidend; späteres Wieder-
rotwerden soll unberücksichtigt bleiben. Der Gebrauch des Misch¬
indikators 2 Tropfen Methylrot (0,2 % in Weingeist) + 1 TropfenMethylenblau (0,1 % in Weingeist), wobei auf reines Grün titriert
wird und den Neugebauer2" für Tinctura Strychni © empfiehlt, scheint
überflüssig zu sein.
Zur Bestimmung der Gesamtalkaloide in Semen Strychni wurde von
Azadian25 und Taigner26 die Fällung mit Silikowolframsäure empfohlen.Der erhaltene Niederschlag wird geglüht und der Glührückstand (SiOs •
12 W03) mit einem empirisch ermittelten Faktor multipliziert. Für Strych¬nin beträgt dieser Faktor nach Stuber und Kljatschkina21 0,422, nach Ber¬
trand27 0,4697.Lachaise" rechnet mit dem theoretischen Faktor bei Strychnin 0,4697,
bei Brucin 0,5541 und gibt für das aus der Droge erhaltene Alkaloid-
gemisch als mittleren Faktor 0,512 an. Azadian legt in der Droge der
Berechnung als Verhältnis von Strychnin zu Brucin 44 : 56 zugrunde und
rechnet mit dem Faktor 0,498. Lachaise kann dieses Bestimmungsverfah¬ren, nach welchem in Codex Gall. 6 die Alkaloide von Tuber Aconiti
ermittelt werden, nicht empfehlen, weil in der Droge und deren Präpa¬raten das Verhältnis von Strychnin zu Brucin stark variieren kann. Er gibtder titrimetrischen Bestimmung der Gesamtalkaloide mit nachfolgenderBestimmung des Strychnins den Vorzug.
Fabre und Oficjalski empfehlen die Elektrodialyse zur Extraktionder Alkaloide aus Drogen und pharmazeutischen Präparaten in einem
Milieu von 40prozentigem Weingeist. Das Verfahren ist nach diesen
24 H. Neugebauer, Pharm. Ztg. 78, 1077 (1933).25 A. Azadian, Schweiz. Wschr. Chem. Pharm. 51, 761 (1913).29 E. Taigner, Z. analyt. Chem. 58, 346 (1919).27 G. Bertrand, Bull. Soc. Chim. (3) 31, 434 (1899).28 B. Fabre u. P. Oficjalski, J. Pharm. Chim. 28, 335 (1938).
90
Autoren nur bei Strychnos, Ipecacuanha und Cinchona anwendbar, bei
leicht zersetzlichen Alkaloiden dagegen nicht. Die Dauer der Elektro-
dialyse beträgt 6—24 Stunden. Für die gravimetrische Bestimmung der
Alkaloide mag dieses Verfahren gegenüber den Arzneibuchvorschriften
Vorteile bieten, weil der Alkaloidrückstand nebenstofffrei erhalten wer¬
den soll. Unseres Erachtens verdient aber die titrimetrische Bestimmungder Alkaloide nach der Vorschrift von Ph. Helv. V, welche einfach und
rasch in der Ausführung ist und gut übereinstimmende Werte liefert,den Vorzug.
II. Bestimmung des Strychnins neben Brucin.
Lachaise6 führte mit Strychnin und Brucin sowie mit Brechnußextrakt
Versuche an Fischen, Meerschweinchen und Hunden aus. Er kam zu fol¬
gendem Ergebnis: Die Gegenwart des Brucins erhöht kaum die Toxizität
des Strychnins; die Toxizität der Brechnußextrakte entspricht ziemlich gutder chemischen Wertbestimmung des Strychnins nach Zerstörung des
Brucins mit Salpetersäure. Er gibt daher der chemischen Wertbestimmungdes Strychnins den Vorzug, wodurch die physiologische Bestimmung über¬
flüssig wird.
NachWasicky29 soll die Droge die Wirkung und Giftigkeit fast aus¬
schließlich dem Strychnin verdanken. Brucin entfaltet eine prinzipiellgleichgerichtete, aber 50- bis lOOmal schwächere Wirkung. Daher sollte
man nach Wasicky bei der Bestimmung der Wirkungsintensität der Drogedas Brucin vernachlässigen. Als beste Bestimmungsmethode für die Brech-
nußalkaloide spricht er jene Vorschriften an, bei welchen in dem aus der
Droge erhaltenen Alkaloidgemisch das Brucin durch Salpetersäure oxy¬diert und das nicht angegriffene Strychnin bestimmt wird. Die getrennteBestimmung des Strychnins erlaubt auch ein Präparat zu erkennen, das
mit Brucin prüfungsbeständig gemacht wurde4.
Nach unseren bisherigen Ausführungen erwecken jene Methoden
besonderes Interesse, welche das Strychnin allein oder neben Brucin
bestimmen. Die wichtigsten Methoden, nach welchen auch die Handels¬
analysen ausgeführt werden, sind die Bestimmung des Strychnins neben
Brucin als Ferrocyanidverbindung und die Bestimmung des Strychninsnach Oxydation des Brucins mit Salpetersäure (Oxydationsmethode).
1. Bestimmung des Strychnins als Ferrocyanidverbindung
(Ferrocyanidmethode).
Dieses Verfahren beruht auf der Tatsache, daß Strychninferrocyanid,bzw. -hydroferrocyanid weniger löslich ist und schneller gebildet wird als
die entsprechende Brucinverbindung. Die Reaktion verläuft nach Gleichung
C21H2202N2 • HCl + K4Fe(CN)6 + 3HCl-> C2,H2202N2 • H4Fe(CN)6 + 4KC1
Beckurts30 fällt in Anlehnung an das Verfahren von Dunstan und
29 R. Wasicky, Leitfaden für die pharmakognostischen Untersuchungen im Unter¬
richt und in der Praxis, IL, p. 138 (1936).30 ff. Beckurts, Z. analyt. Chem. 29, 728 (1890).
H. Beckurts u. G. Holst, Pharm. Ztrh. 28, 119 (1887).
91
Shorf1 das Strychnin als Strychninferrocyanid mit einer mit reinem Strych¬nin eingestellten Ferrocyankaliumlösung, wobei der Ueberschuß mit Ferri-
chloridpapier festgestellt wird. Nachdem vorher der Gesamtalkaloidgehaltmit 0,01 n-HCl bestimmt worden ist, berechnet man die dem Strychningehaltentsprechende Menge 0,01 n-HCl aus den verbrauchten cm3 Ferrocyan¬kaliumlösung. Die Differenz ergibt die dem Brucin entsprechenden cm3
0,01 n-HCl. Holst und Beckurts32 ermittelten nach diesem Verfahren als
Verhältnis von Strychnin zu Brucin 42 :58 bis 54 ; 46. Nach diesem Prin¬
zip empfiehlt Simmonds33, den Gehalt an Strychnin neben Chinin zu bestim¬
men, wobei die Fällung zu wiederholen ist, um möglicherweise mitaus¬
gefälltes Chinin abzuscheiden. Gadreau3i stellte für StrychninferrocyanidFehler von 0,4 bis 2,4 % fest und empfiehlt daher eine zweimalige Wie¬
derholung der Fällung, um mitausgefallenes Brucin zu entfernen. Durch
die langsamere Fällungsgeschwindigkeit und größere Löslichkeit des
Brucinhydroferrocyanids wird dieses allmählich aus dem Niederschlag ent¬
fernt. Kolthoff und Lingane35 verwendeten zur Fällung des Strychnins eine
0,025 molare Kaliumferrocyanidlösung, wobei ein Ueberschuß von 0,5 bis
0,6 cm3 erforderlich ist, um den Farbumschlag mit Ferrichloridpapier sicht¬
bar zu machen. Diese Autoren empfehlen die doppelte Fällung, um eine
mittlere Genauigkeit von 1 % zu erreichen. Nach diesem Verfahren stellte
Relier3" in einer Droge als Verhältnis von Strychnin : Brucin = 39,08 : 60,92fest. — Ueber die Bestimmung des Strychnins durch Fällung mit Ferro¬
cyankaliumlösung geben Bourlage und Mitarbeiter37 folgendes Urteil: Die
Arbeitsweise ist zeitraubend und liefert ungenaue Resultate, weil nach
derselben keine gute Trennung der Alkaloide erreicht werden kann.
2. Bestimmung des Strychnins nach der Oxydationsmethode.
Nach dieser Methode wird das Brucin durch Oxydation mit Salpeter¬säure in der Wärme (50—60°) oder bei Raumtemperatur in Verbindungenvon nicht mehr basischem Charakter übergeführt und das unangegriffeneStrychnin bestimmt. Nach diesem Prinzip bestimmte Gerock38 in den als
Pikrat ausgefällten Gesamtalkaloiden das unangegriffene Strychninpikrat,nachdem Brucinpikrat mit Salpetersäure in der Wärme behandelt worden
war. Keller3* löst die aus der Droge extrahierten Alkaloide in lOprozen-tiger Schwefelsäure, versetzt die Lösung nach dem Erkalten mit 1 cm3 Sal¬
petersäure (1,41—1,42) und läßt die Mischung zur vollständigen Zerstö¬
rung des Brucins während 1—iy2 Stunden stehen. Die Lösung wird mit
31 W. R. Dunsian u. F. W.Short, Pharm. J. 14, 290 (1883).32 H. Beckurts u. G. Holst, Arch. Pharm. 228, 330 (1890).33 Gh. Simmonds, Analyst. 39, 81 (1914).34 M.Gadreau, J. Pharm. Chim. 6, 145 (1927).35 /. M. Kolthoff u. J. J. Lingane, J. Amer, pharm. Ass. 23, 302 (1934).36 A. Relier, Untersuchungen über die vorteilhafteste Beseitigung des Fettes als
Ballaststoff bei der Herstellung von Extractum Strychni, Tinctura Colchici, Tinctura
Stramonii, Diss. ETH. Zürich (1942).37 H. M. Bourlage, M.L.Jacobs u. F.J.Le Blanc, 3. Amer, pharm. Ass. 22, 301 (1933).58 J.E.Gerock, Arch. Pharm. 227, 158 (1889).39 C. C. Keller, Festschrift zur Erinnerung an die 50jährige Stiftungsfeier des
Schweiz. Apothekervereins, p. 111, Zürich (1893).
92
Ammoniak alkalisch gemacht, das Strychnin mit Aether-Chloroform 1 + 1
ausgeschüttelt und gravimetrisch bestimmt. Im Mittel erhielt er 47,16 %der Brechnußalkaloide an Strychnin.
Gordin*0 ermittelte bei Arbeiten nach dem Kellerschen Verfahren bis
4 % Strychninverlust. Er änderte die Methode folgendermaßen ab: Die
Gesamtalkaloide werden in 3prozentiger Schwefelsäure gelöst, nach dem
Erkalten mit 3 cm3 einer Mischung gleicher Teile konzentrierter Salpeter¬säure (1,42) und Wasser während 10 Minuten behandelt; das Strychninwird aus natronlauge-alkalischer Lösung mit Chloroform ausgeschütteltund nach dem Erwärmen des Rückstandes bei 135—140° gravimetrischbestimmt. Reck*1 fand bei Arbeiten nach dem Verfahren von Gordin bei
reinen Alkaloiden gravimetrisch 0,2 % zu viel Strychnin (Chloroformfeh¬ler!). Er stellte fest, daß die Oxydationsprodukte des Brucins nach dem
Alkalisieren mit Natronlauge nicht in das Chloroform übergehen.Nach der Oxydationsmethode ermitteln Brit. Ph. 1932, U. S. P. XI und
Codex Gall. 6 den Strychningehalt der Droge. Brit. Ph. 1932 und U. S. P. XI
nitrieren bei Zimmertemperatur, Codex Gall. 6 nitriert die Alkaloide aus
8 g Droge mit einer Mischung gleicher Teile Salpetersäure (1,40) und
Wasser während 10 Minuten auf dem Wasserbad bei 50—60°, läßt die
Lösung erkalten, versetzt mit überschüssigem Ammoniak und schüttelt
das Strychnin mit Chloroform aus. Nach Reinigung des Strychnins über
das Hydrochlorid wird dasselbe nach den Angaben von Lachaise" aus ammo-
niakalischer Lösung mit einer Mischung von Aether-Chloroform (3 Vol. +1 Vol.) ausgeschüttelt und gravimetrisch bestimmt. Der Mangel dieses Ver¬fahrens besteht nach unserer Ansicht darin, daß die Einwirkungsdauerder Salpetersäure nicht genau festgelegt ist.
Die Vorschrift von Brit. Ph. 1932 zur Bestimmung des Strychnins in
dem aus der Droge erhaltenen Alkaloidgemisch lautet folgendermaßen:
Der Alkaloidrückstand (aus 10 g Droge) wird in der Wärme in 15 cm3 3prozentigerSchwefelsäure gelöst. Diese Lösung wird nach dem Erkalten mit 2 cm3 Salpetersäure(spez. Gew. 1,42) versetzt und während 30 Minuten bei 15—20° stehen gelassen. Die
erhaltene Lösung gießt man dann in einen Scheidetrichter, der 20 cm3 20prozentigeNatronlauge enthält und schüttelt mit 20 cm3, dann so oft mit je 10 cm3 Chloroform aus,
bis alles Alkaloid extrahiert ist. Jede Chloroformausschüttelung schüttelt man nacheinan¬
der mit 5 cm3 Natronlauge (20 %) und hierauf mit 20 cm3 Wasser. Das Chloroform wird
in einem Erlenmeyerkolben abdestilliert, der Rückstand mit 5 cm3 Weingeist aufgenom¬men, der Weingeist verdampft und der Rückstand während Vi Stunde bei 100° getrock¬net. Der Rückstand wird in 10 cm3 0,1 n-H2S04 gelöst und nach Zusatz von Methylrotals Indikator mit 0,1 n-NaOH bis zum Farbumschlag titriert.
Um den Verlust an Strychnin zu kompensieren, ist der ermittelte Wert von Strych¬nin mit 1,02 zu multiplizieren.
Gehaltsforderung: mindestens 1,2 % Strychnin.
U. S. P. XI löst den erhaltenen Alkaloidrückstand in 3prozentigerSchwefelsäure und läßt auf das Alkaloidgemisch bei Zimmertemperatureine Mischung gleicher Teile Salpetersäure (1,403) und öprozentiger wä߬
riger Natriumnitritlösung während 10 Minuten einwirken. Die weitere
Bestimmung erfolgt ähnlich wie bei Brit. Ph. 1932. — Gehaltsforderung:1,15 % Strychnin.
40 H. M. Gordin, Arch. Pharm. 240, 461 (1902).41 H. Reck, Pharm. Ztg. 69, 240 (1924).
93
Nach Hager soll durch Natriumnitrit eine Beschleunigung der Sal¬
petersäurewirkung durch die Anwesenheit von Stickoxyden auf die Brech-
nußalkaloide eintreten.
Brit. Ph. 1932 und U. S. P. XI bestimmen in der Droge, im Extrakt und
in der Tinktur nur den Gehalt an Strychnin. Codex Gall. 6 ermittelt nur
in Semen Strychni den Gesamtalkaloidgehalt wie auch den Gehalt an Strych¬nin. Bei einem Gesamtalkaloidgehalt von 2—3 % muß die Droge minde¬
stens 45 % Strychnin enthalten. Für Faba Ignatii fordert Codex Gall. 6
einen Alkaloidgehalt von etwa 2 %. Bei den aus beiden Drogen hergestell¬ten Präparaten wird nur eine Bestimmung des Gesamtalkaloidgehaltesvorgenommen.
Bereits Dott stellte fest, daß bei der Einwirkung der Salpetersäureauf das Alkaloidgemisch in schwefelsaurer Lösung in der Kälte bessereWerte erhalten werden, als wenn bei 40° gearbeitet wird. Nach den Unter¬
suchungen von Groen und van der Wielen19 müssen nach der Vorschrift
von Codex Gall. 6 zu niedere Werte erhalten werden. Diese Autorenhaben den Temperatureinfluß während der Einwirkung der Salpetersäureauf je 125 mg Strychnin und Brucin eingehend untersucht und nach¬stehende Resultate erhalten:
Einwirkung der
SalpetersäureAnfangs-temperatur
End-
temperaturStrychnin durch Titration gefunden bei
einer Einwaage von 125 mg
10 Min
10 Min
30 Min
10 Min
50»
50»
18»
18»
50»
23»
18»*
111,5; 110,5; 115,5; 117,0 mg
124,5; 120,0 mg
122,0; 123,5; 122,5; 123,5 mg
111,5; 116,5; 121,0; 121,0 mg
* Methode von Brit. Ph. 1932.** Methode von U. S. P. XI.
Nach der Vorschrift von Brit. Ph. 1932 erhielten diese Autoren guteübereinstimmende Werte. Sie geben dieser Methode den Vorzug, wenn
für den entstandenen Verlust an Strychnin mit dem angegebenen Faktor
1,02 gerechnet wird. Bei einer Einwaage von 125 mg Brucin wurde dieFarbe der Lösung nach 10—15 Minuten nicht mehr dunkler; nach 20 Minu¬
ten gab die mit Chloroform ausgeschüttelte Lösung mit Mayers Reagensnoch eine schwache Trübung ; vom Strychnin waren nach 40 Minuten bereits2 mg umgesetzt. Bei den Arbeiten nach Brit. Ph. 1932 erhielten sie beieiner Einwaage von je 125 mg Strychnin und Brucin folgende Strychnin-mengen:
Nitrierungszeit (20«) Strychnin gefunden5 Min. 123 mg
15 Min. 121 mg
Diese Resultate scheinen uns aus folgenden Erwägungen etwas widerspre¬chend zu sein. Die Autoren haben, wie aus ihren Ausführungen hervor-
42 Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, II, p. 790, Berlin (1927).43 D. B. Boit, Pharm. Ztg., 59, 637 (1914).
94
geht, eine Strychninbase verwendet, von welcher sie bei einer Einwaagevon 125 mg durch Titration 124,9 mg feststellten. Während 40 Minuten
Einwirkungsdauer der Salpetersäure werden nach der Methode von
Brit. Ph. 1932 2 mg Strychnin zerstört, und nach 20 Minuten soll noch nicht
alles Brucin zerstört sein. Wenn diese Feststellungen von Groen und
van der Wielen stimmen, so sind die oben angegebenen Strychninwertefür 5 und 15 Minuten Nitrierungszeit wahrscheinlich zu niedrig.
Bei Bestimmung des Strychnins in Brechnußtinktur geben auch Horn
und Mitarbeiter44 dem Bestimmungsverfahren von Brit. Ph. 1932 gegenüberdemjenigen von U. S. P. XI den Vorzug. In Tinctura Strychni wird nach
Brit. Ph. 1932 der Strychningehalt in gleicher Weise ermittelt wie in der
Droge.
3. Bestimmung des Brucins auf Grund der Methoxylbestimmung.
Nach diesem Prinzip ermittelten Bourlage und Mitarbeiter" sowie
Groen und van der Wielen den Gehalt an Brucin. Groen und van der
Wielen fanden in einer Droge bei einem Gesamtalkaloidgehalt von 2,59 %mit der Oxydationsmethode nach Brit. Ph. 1932 einen Gehalt von 1,19 %Strychnin und berechneten 1,39 % Brucin (Verhältnis von Strychnin :
Brucin = 42,25 : 57,75) ; mit der Methoxylbestimmung nach Zeisel erhielten
sie 1,43 % Brucin. Hierbei gelangen a- und /?-Kolubrin, welche je eine
Methoxylgruppe enthalten, auch zur Bestimmung. Ihr Gehalt ist aber in
der Droge so gering, daß sie praktisch vernachlässigt werden dürfen.
C. Eigene Untersuchungen.
I. Bestimmung des Strychnins neben Brucin.
1. Bestimmung des Strychnins neben Brucin durch Fällungmit Kaliumferrocyanid.
Kolthoff und Lingane36 haben in systematischen Untersuchungen die
Fällungsgeschwindigkeit, die Empfindlichkeit der Fällung und die Lös¬
lichkeit des Strychnin-, bzw. Brucinhydroferrocyanids bei verschiedener
Azidität festgestellt. Sie gaben dieser Methode im Gegensatz zur Oxyda¬tionsmethode den Vorzug, weil bei letzterer entweder nicht alles Brucin
zerstört oder auch Strychnin angegriffen werde. Wir haben die Methode
von Kolthoff und Lingane, nach welcher Relier3" die getrennte Bestim¬
mung des Strychnins in der Droge ausführte, in bezug auf ihre Eignungals Arzneibuchvorschrift einer genauen Prüfung unterzogen. Die Bestim¬
mungsvorschrift lautet mit einigen unwesentlichen Aenderungen folgender¬maßen:
Die Lösung der beiden Alkaloide Strychnin und Brucin bringt man bei einer
Azidität von 3 n-Salzsäure in einem Becherglas von 250 cm3 Inhalt auf 50 cm3. Die
Alkaloidlösung wird mit einer 0,025 molaren Kaliumferrocyanidlösung bis zu einem
deutlichen Ueberschuß von 15—20 % titriert. Als Indikator wird Ferrichloridpapier
u G.M. Horn, K. L. Kaufmann u.S.G. Mittelstaedt, J. Amer, pharm. Ass., 29,183 (1940).
95
gebraucht. Dann wird während 15 Minuten stehen gelassen. Hierauf filtriert man mit
schwachem Unterdruck durch eine kleine Filternutsche mit einer gut passenden Filter¬
scheibe, welche vorher mit Wasser befeuchtet wurde. Der Niederschlag wird mit 5 cm3
0,1 n-Salzsäure ausgewaschen. Man hebt die Nutsche ab und setzt sie auf das Becher¬
glas, in welchem die Fällung ausgeführt worden war. Mit einer feinen Pinzette hebt
man das Filterplättchen vom Boden der Nutsche und spült den Niederschlag durch
Abspritzen mittels einer Mikrospritzflasche mit 40—50 cm3 Wasser in das Becherglas.Nun wird tropfenweise soviel Ammoniak (etwa n) zugefügt, daß sich der Niederschlaggerade vollständig löst. Hierauf werden 10 cm3 6n-Salzsäure dazugegeben und während
15 Minuten stehen gelassen. Nachher wird durch einen genau gewogenen Glasfiltertiegel1G4 bei schwachem Unterdruck filtriert. Der Niederschlag wird fünfmal mit 3—4 cm3
etwa 0,1 n-Salzsäure, dreimal mit 5 cm3 Weingeist und dreimal mit 5 cm3 Aether
gewaschen. Man läßt 5 Minuten lang Luft durchsaugen, läßt den Tiegel während einer
halben Stunde an der Luft stehen und wägt hierauf.Das Strychninhydroferrocyanid hat die Formel C21H22N2O2 • H4Fe(CN)6 • H20 (Mole¬
kulargewicht = 568,1) und enthält 58,83 % Strychnin. Die Strychninmenge im gewogenen
Niederschlag wird berechnet nach der Formel:
_
N_^58,83X_
100
wobei x die Menge Strychnin in g und N das Gewicht des Niederschlages in g bedeutet.
Aus dem berechneten Strychningehalt kann man feststellen, ob die erste Fällung mit
dem vorgeschriebenen Ueberschuß von 15—20 % Kaliumferrocyanidlösung durchgeführtworden ist. Da ein Mol Strychnin zur Salzbildung ein Mol Ferrocyankalium verbraucht,
334 2entspricht 1 cm3 0,025 n-Ferrocyankaliumlösung
''= 0,008357 g Strychnin.
Zur Feststellung des Ueberschusses an Kaliumferrocyanidlösungbenützten wir das Verfahren von Relier36:
Zur Titration wird solange Kaliumferrocyanidlösung in kleinen Portionen zur
Alkaloidlösung hinzugefügt, bis sich nach 3—4 Minuten nach dem letzten Zusatz noch
freies Kaliumferrocyanid mit Ferrichloridpapier nachweisen läßt. Ein schmaler Streifen
aus weißem Filtrierpapier wird zu diesem Zweck mit dem einen Ende in die titrierte
Lösung getaucht und etwas Lösung aufsaugen gelassen. Dann gibt man mit einem
Glasstab einen Tropfen einer frisch bereiteten verdünnten Ferrichloridlösung (etwa n)auf das trockene Ende des Streifens. Beim Eindringen in das Filtrierpapier fließen die
Lösungen zusammen, und es entsteht an der Berührungsfläche eine blaue Zone von
Berlinerblau, wenn die Alkaloidlösung noch Ferrocyankalium enthält.
Kolthoff und Lingane36 erwähnen, daß die Feststellung des Endpunk¬tes der Titration viel Uebung brauche, und daß ein Ueberschuß von
0,5—0,6 cm3 Ferrocyankaliumlösung notwendig sei, um die Berlinerblau¬
bildung hervorzurufen.
Für die nachstehenden Untersuchungen verwendeten wir eine Strych¬nin- und eine Brucin-Stammlösung, die wie folgt bereitet wurden:
7,5019 g Strychnin, pur. crist. «Roche» wurden auf dem Wasserbad in der berech¬
neten Menge 0,1 n-HCl gelöst, die Lösung nach dem Erkalten in einen Meßkolben von
500 cm3 Inhalt gegossen und mit Wasser bis zur Marke aufgefüllt. Theoretisch solltenin 10 cm3 Lösung 0,150038 g Strychnin enthalten sein. Wir stellten aber in 10 cm3
Stammlösung nur einen Gehalt von 147,048 mg Strychnin fest (s. nachstehender Abschnitt
2 b, 1. Tabelle).5,9929 g Brucin. pur. crist. «Roche» (Mol.-Gew. 466,248) wurden in der berechneten
Menge 0,1 n-HCl gelöst und die Lösung mit Wasser auf 400 cm3 ergänzt. In 10 cmD
Lösung sind also theoretisch 0,12665 g wasserfreies Brucin enthalten. Da uns für die
folgenden Untersuchungen die sehr genaue Kenntnis des Alkaloidgehaltes dieser Lösungnicht von Bedeutung zu sein schien, ermittelten wir denselben nicht mehr durch
Titration.
96
Zu je 10 cm3 Strychnin- und Brucin-Stammlösung fügten wir 25 cm3
6 n-HCl und 5 cm3 Wasser hinzu und führten die Fällung nach der erwähn¬
ten Vorschrift aus. Wir verwendeten eine frisch bereitete 0,025 n-Kalium-
ferrocyanidlösung, welche im Liter 10,5585 g Kalium ferrocyanatum crist.
pro analysi «Merck» enthielt. Die Lösung wurde nach den Angaben von
Kolthoff" im Dunkeln aufbewahrt; denn die Wellenlängen von 350 bis500 mju (ultraviolette, violette und blaue Strahlen) rufen im wesentlichen
die Zersetzung wässeriger Kaliumferrocyanidlösungen hervor.
Licht
2Fe(CN)6"" + y202 + H20 ^=rl 2Fe(CN),'" + 2 OH'Dunkel
Phenolphthalein wird bei der photochemischen Zersetzung des Ferrocya-nids rot gefärbt.
10 cm3 der Strychnin-Stammlösung, welche 0,147048 g Strychnin ent¬
halten, sollten theoretisch 17,595 cm3 0,025 n-Kaliumferrocyanidlösung ver¬
brauchen. Also sind bis zum Auftreten der Farbreaktion mit Ferrichlorid-
papier als Indikator 18,1 bis 18,2 cm3 0,025 n-KtFe(CN)„-Lösung notwendig.Der anzuwendende Ueberschuß von 15 bis 20 % liegt also bei einem Ver¬brauch von 20,24 bis 21,12 cm3 0,025 n-K4Fe(CN)6-Lösung. Wir erhieltendie in Tabelle 1 zusammengestellten Werte.
Tabelle 1.
Ver¬
such
K4Fe(CN)0-Lösung
verbraucht
Gewicht des 1
30 Min.
ifttrockenen Niede
24 St.
rschlages nach
3 Wochen
Strychninberechnet in
g
1 21,1 cm3 0,2673 g 0,15725
2 21,0 cm3 0,2647 g 0,15496
3 21,45 cm3 0,2686 g 0,15802
4 20,75 cm3 0,2639 g 0,15525
5 20,45 cm3 0,2599 g
0,2599 g
0,1529
0,1529
6 20,60 cm3 0,2610 g
0,2598 g
0,15355
0,1528
7 18,0 cm3 0,2421 g
0,2420 g
0,1424
0,1423
8 19,60 cm3 0,2631 g
0,2631 g
0,1548
0,1548
9 19,65 cm3 0,2677 g
0,2640 g
0,2503 g
0,1575
0,1553
0,14725
Resultat der azidimetrisehen Restimnîunçr 0,14705
I.M.Kolthoff, Die Maßanalyse, I, p. 223, Berlin (1927).
97
Bemerkungen zur Ausführung der Bestimmungen:
Bei den Versuchen 1 und 2 konnten wir bei genauer Einhaltung der
Vorschrift keinen Ueberschuß an K4Fe(CN)„-Lösung durch die Berliner¬
blaureaktion feststellen, obwohl wir einen Ueberschuß von mehr als 15%der Theorie verwendeten. Bei den Versuchen 3, 4, 5 und 6 bestimmten
wir den Ueberschuß an K4Fe(CN)6 wie folgt: Nach dem letzten Zusatz von
K4Fe(CN),j-Lösung wurde das Becherglas leicht umgeschwenkt und stehen
gelassen. Nach 2 Minuten wurde das eine Ende des Filtrierstreifens in
die titrierte Lösung getaucht. Auf die feuchte Stelle brachten wir einen
Tropfen Ferrichloridlösung. In Versuch 3 war bei einem Verbrauch von
18,75 cm3 Titrierflüssigkeit nach 2 Minuten eine Grünfärbung feststellbar;nach 3 Minuten war dies nicht mehr der Fall. Bei Versuch 6 trat bei
einem Verbrauch von 18,40 cm3 Titrierlösung nach 3 Minuten eine grüneFarbe auf; 15 % Ueberschuß liegen bei 20,60 cm3 Titrierlösung. Erst nach
Zusatz von insgesamt 19,00 cm3 erhielten wir wieder die grüne Farb¬
reaktion. Bei den Versuchen 7 und 9 wurde frisch bereitetes und sofort
getrocknetes Ferrichloridpapier mit der Alkaloidlösung betupft, welche
Kaliumferrocyanid im Ueberschuß enthalten sollte. Bei Versuch 7 trat nach
3 Minuten schon nach Verbrauch von 16,5 cm3 Titrierlösung eine schwache
Grünblaufärbung auf; also mußten noch 1,85 cm3 Titrierlösung hinzu¬
gefügt werden, um den theoretischen Ueberschuß von mindestens 15 %zu haben. An Hand des berechneten Strychninwertes sehen wir aber, daß
hier für die Titration weniger als der vorgeschriebene Ueberschuß von
15 % K4Fe(CN)8-Lösung gebraucht wurde; die Fällung mußte also noch¬
mals mit 19,60 cm3 Titrierlösung ausgeführt werden (Versuch 8). Bei Ver¬
such 9 trat nach 2 Minuten bei einem Verbrauch von 15,75 cm3 Titrier¬
lösung schon Grünfärbung auf. Diese Menge entspricht aber nicht der
theoretischen Anzahl cm3 0,025 n-Kaliumferrocyanidlösung. Hier erfolgtenach jedem Zusatz der Titrierlösung nach 2 Minuten eine schwache Grün¬
färbung, aber nie die Berlinerblaufarbe.
Zur Trennung des Strychnins von Brucin nach der Kaliumferrocyanid-methode möchten wir nach unsern Versuchsergebnissen folgendes be¬
merken:
1. Die Feststellung des Ueberschusses an Kaliumferrocyanidlösung ist
nach unserm Dafürhalten eine schwierige Angelegenheit. Die charak¬
teristische Berlinerblaufarbe trat bei unsern Versuchen nie auf; wir
stellten teilweise auf die auftretende Grünfärbung ab.
2. Die Resultate der Versuche 1, 2, 4, 5, 6, bei welchen der empfohleneUeberschuß von 15—20 % an K4Fe(CN)6-Lösung angewandt wurde,sind um 3,99 bis 6,94 % zu hoch.
3. Das Wägen eines lufttrockenen Niederschlages scheint uns für analy¬tische Zwecke nicht ganz einwandfrei zu sein.
4. Der Vergleich der verbrauchten Anzahl cm3 Ferrocyankaliumlösungmit dem erhaltenen Gewicht der Niederschläge läßt teilweise auf eine
Unregelmäßigkeit der Fällung schließen.
Nach Angaben von Relier ist die erste Analyse bei der Bestimmungdes Strychningehaltes im Alkaloidgemisch aus der Droge nach der Ferro-
98
cyankaliummethode meist nur eine Probeanalyse, um die zur Ausführungder Fällung benötigte Menge Ferrocyankaliumlösung festzustellen.
Nach unsern Erfahrungen können wir die Ferrocyankaliummethodezur Bestimmung des Strychnins in einem Strychnin-Brucin-Gemisch für
Arzneibuchzwecke nicht empfehlen.
2. Bestimmung von Strychnin neben Brucin durch Oxydation des Brucins
mit Salpetersäure.
a) Gravimetrische Bestimmung.
Wir machten zuerst einige Versuche zur gravimetrischen Bestimmungdes Strychnins neben Brucin. Groen und van der Wielen10 ließen die Frageoffen, ob bei dieser Bestimmung des Strychnins neben dem Chloroform¬
fehler (vgl. Abschnitt B I) auch noch Oxydationsprodukte des Brucins auf¬
treten, die zur Wägung gelangen.
Um dies festzustellen, lösten wir etwa 0,1 g Brucinbase C^HaeNA • 4H20 in 15 cm3
3prozentiger Schwefelsäure auf dem Wasserbad. Nach dem Abkühlen auf 15° wurden
2 cm3 Salpetersäure (1,395) hinzugegeben und 20—30 Minuten stehen gelassen. Nach
dieser Zeit wurde die Lösung in einen Scheidetrichter von 100 cm3 Inhalt gegossen,der 25 cm3 verdünnte Natronlauge (etwa 2 n) enthielt und mit 20, 15, 10 cm3 Chloro¬
form ausgeschüttelt. Die vereinigten Chloroformlösungen wurden nach zweimaligemSchütteln mit je 15 cm3 Wasser durch Walte in einen tarierten Erlenmeyerkolben gegos¬sen. Nach dem Abdestillieren des Chloroforms wurde der Rückstand bei 105° während
zwei Stunden getrocknet und nach dem Erkalten im Exsikkator gewogen.
Abgewogene MengeBrucin
Einwirkungsdauerder HN03 (1,395)
Gewicht des
Rückstandes
0,1040 g
0,1038 g
30 Minuten
20 Minuten
0,0018 g
0,0017 g
Wir können damit die Angaben von Lachaise6 bestätigen, der bei einer
Einwaage von 0,1000 g Brucin einen Rückstand von 0,0012 g feststellte.
Wir konstatierten ebenfalls, daß dieser Rückstand keine Alkaloidreaktion
mit Mayers und Dragendorffs Reagens gibt. Ebenso können wir bestätigen,daß nach erfolgter Reinigung der erhaltenen Chloroformlösung (Ausschüt¬teln mit verdünnter Salzsäure, Alkalisieren mit verdünnter Natronlauge,Ausschütteln mit Chloroform) kein wägbarer Rückstand mehr erhalten
wird.
Aus unsern Versuchen ergibt sich, daß bei der gravimetrischenBestimmung von Strychnin neben Brucin, wie Groen und van der Wielen
vermutet haben, Oxydationsprodukte des Brucins mit zur Wägung gelan¬gen. Will man dies vermeiden, so ist es notwendig, eine Reinigung in oben
angegebener Weise vorzunehmen.
b) Titrimetrische Bestimmung.
Nach den bisherigen Untersuchungen verschiedener Autoren19-44 liefert
das titrimetrische Verfahren nach Brit. Ph. 1932 zur getrennten Bestim-
99
mung des Strychnins im Gegensatz zu andern Vorschriften die besten
Werte. Wir haben daher dieses Verfahren überprüft und einige Mängeldesselben zu beheben versucht. In 10, bzw. 5 cms der Strychnin - Stamm¬
lösung ermittelten wir den Gehalt an Strychnin in Anlehnung an die Vor¬
schrift von Brit. Ph. 1932 wie folgt:
Die abpipettierte Alkaloidlösung wurde in einem Scheidetrichter mit 4 cm3 ver¬
dünnter Natronlauge (etwa 2 n) versetzt und die ausgefällte Strychninbase mit Chloro¬
form quantitativ ausgeschüttelt. Die vereinigten Chloroformausschüttelungen wurden
zweimal mit je 5 cm' Wasser gewaschen und durch Watte in einen Erlenmeyerkolben
gegossen. Das Waschwasser wurde zweimal mit je 5 cm' Chloroform geschüttelt und
ebenfalls durch Watte in den Erlenmeyerkolben gegossen. Das Chloroform wurde vor¬
sichtig abdestilliert, der Rückstand in 5 ein' Weingeist gelöst und der Weingeist zur
Trockene verdampft. Der erhaltene Rückstand wurde in 10 cm' 0,1 n - HCl (genaugemessen) gelöst, mit 15 cm' frisch ausgekochtem und wieder erkaltetem Wasser ver¬
setzt und die überschüssige Säure nach Zusatz von Methylrot als Indikator mit 0,1 n-
NaOH bestimmt.
Beim Abdestillieren des Chloroforms machten wir folgende Beob¬
achtung: Gegen Ende der Destillation verspritzte der Alkaloidrückstand
im Erlenmeyerkolben trotz sorgfältiger Arbeitsweise gern nach allen
Seiten, wodurch Verluste entstehen können. Beim nachfolgenden Ver¬
dampfen des Weingeistes trat die gleiche Erscheinung auf. Zur Vermei¬
dung von Verlusten versuchten wir folgende zwei Varianten der obigenMethode zur Bestimmung des Strychningehaltes in der Stammlösung:
1. Variante:
Die Chloroformlösung wurde bis auf einige cm' abdestilliert und in einen Scheide¬
trichter von 100 cm3 gegossen. Der Erlenmeyerkolben wurde mit 5 cm' Chloroform und
zweimal mit je 5 cm' Aether nachgespült. Die weitere Bestimmung erfolgte nach der
Vorschrift der Gesamtalkaloidbestimmung für Semen Strychni in Ph. Helv. V.
2. Variante:
Die Chloroformlösung wurde bis auf einige cm' abdestilliert, mit einer genau
abgemessenen Menge 0,1 n-HCl im Ueberschuß versetzt, 15 cm3 frisch ausgekochtes und
wieder erkaltetes Wasser hinzugefügt, bis zum Verschwinden des Chloroformgerucheserwärmt und nach dem Erkalten der Säureüberschuß mit 0,1 n-NaOH und Methylrotbestimmt.
Wurden im Blindversuch 50 cm3 Chloroform in Gegenwart von 15 cm3
frisch ausgekochtem und wieder erkaltetem Wasser abdestilliert, so ent¬
stand nach Zusatz von 2 Tropfen Methylrot eine ganz schwache Rosafarbe;bis zum Farbumschlag nach Gelb verbrauchten wir weniger als 0,01 cm3
0,1 n-NaOH.Nach der Methode der Brit. Ph. 1932 und den zwei Varianten ermit¬
telten wir in unserer Strychnin-Stammlösung folgenden Alkaloidgehalt:
MethodeVerbrauch von 0,1 n-HCl für
5, bzw. 10 cm' StammlösungEntsprichtStrychnin
Brit. Ph. 1932. 4,40 cm'
4,40 cm3
4,39 cm'
147,048 mg
147,048 mg
146,714 mg
100
MethodeVerbranch von 0,1 n-HCl für
5. bzw. 10 cm3 StammlösungEntsprichtStrychnin
1. Variante.
. 2,19 cm' 73,190 mg
2,20 cm' 73,524 mg
4,40 cm' 147,048 mg
4,39 cm' 146,714 mg
2. Variante.
. 2,20 cm'
2,20 cm'
4,40 cm1
73,524 mg
73,524 mg
147,048 mg
4,40 cm' 147,048 mg
Unsere Strychnin-Stammlösung enthält also nach diesen Bestimmun¬
gen pro 10 cm3 nicht 150,038 mg, sondern 147,048 mg Strychnin, entspre¬chend 98 % der Theorie.
Nach allen drei Verfahren erhielten wir also praktisch dieselben
Werte. Für spätere Versuche geben wir wegen der einfachen und raschen
Ausführung der 2. Variante den Vorzug, bei welcher ein Verspritzen des
Alkaloidrückstandes vermieden wird.
Da uns die Angaben von Groen und van der Wielen bezüglich der
Einwirkung der Salpetersäure auf Strychnin und Brucin etwas widerspre¬chend schienen, haben wir mit reinen Alkaloiden die Methode von
Brit. Ph. 1932 einer näheren Prüfung unterzogen. Bei dieser Vorschrift
setzten wir die Nitrierungszeit auf 15 Minuten herab und verringerten die
Salpetersäuremenge auf 1,5 cm3, da wir beabsichtigten, die Bestimmungdes Strychnins mit der nach der Methode von Ph. Helv. V erhaltenen
titrierten Alkaloidlösung auszuführen. Wir verwendeten zu unsern Ver¬
suchen Acidum nitricum conc. Ph. Helv. V mit dem spezifischen Gewicht
1,395. Die nitrierte Lösung wurde jeweils in einen Scheidetrichter gegos¬
sen, der 25 cm3 verdünnte Natronlauge (etwa 2 n) enthielt; die Chloroform¬
ausschüttelungen wurden nach den Angaben bei der Ermittlung des Strych-ningehaltes in der Stammlösung behandelt und der Alkaloidgehalt nach
der vorstehend beschriebenen 2. Variante ermittelt. 5 cm3 Strychnin-Stammlösung versetzten wir mit 5 cm3 verdünnter Schwefelsäure (etwa 2 n)und 5 cm3 Wasser, bzw. 5 cm3 Brucin-Stammlösung, um für die Nitrierungeine Alkaloidlösung in etwa 3prozentiger Säure zu haben. Da bei der Aus¬
führung unserer Versuche die Raumtemperatur knapp 15° betrug, kon¬
trollierten wir stets mit dem Thermometer die Temperatur der Alkaloid-
lösungen vor und während der Nitrierung. Wir stellten bei unsern Ver¬
suchen folgende TemperaturSchwankungen fest:
Nach Zusatz von 1,5 cm3 HN03 (1,395) stieg die Temperatur der sau¬
ren Alkaloidlösung um 2—3°, aber nie über 3°; während der Nitrierungs¬zeit von 15 Minuten erniedrigte sich die Temperatur der Lösung um 1—2°,aber nie mehr als 2°. Zur Ausführung der Bestimmung in der aus der
Droge erhaltenen titrierten Alkaloidlösung folgt nach unsern Feststellun¬
gen, daß die auf dem Wasserbad eingeengte Lösung vor dem Zusatz der
Salpetersäure auf 17° abgekühlt werden muß, und daß die Raumtemperaturnicht mehr als 20° betragen darf, wenn die Oxydation des Brucins nach
Brit. Ph. 1932 bei einer Temperatur von 15—20° ausgeführt werden soll.
101
Um festzustellen, ob nach 15 Minuten alles Brucin zerstört ist, ver¬
setzten wir 5 cm3 unserer Brucin-Stammlösung mit 1,5 cm3 HN03 (1,395).In der ersten Chloroformausschüttelung erhielten wir nach 15 Minuten
Nitrierungszeit mit Mayers Reagens nie positive Alkaloidreaktion. Wurde
die Nitrierungszeit auf 10 Minuten herabgesetzt, so konnten wir bei vier
Versuchen nur in einem Falle noch Alkaloid nachweisen. Wir dürfen also
annehmen, daß im Alkaloidgemisch aus 2 g Droge nach 15 Minuten sicher
alles Brucin zerstört ist; denn in der titrierten Lösung sind nur etwa 25 mgBrucin enthalten, wenn bei einem Gesamtalkaloidgehalt von 2,5 % ein
Gehalt von 45 % Strychnin angenommen wird.
In 5 cm3 Strychnin-Stammlösung, die 2,19—2,20 cm3 0,1 n-HCl ver¬
brauchte, ermittelten wir mit und ohne Zusatz von 5 cm3 Brucin-Stamm¬
lösung nach der Einwirkung von 1,5 cm3 konzentrierter Salpetersäure(1,395) während 15 Minuten den Alkaloidgehalt. Wir stellten folgendenVerbrauch an 0,1 n-HCl fest:
Einwirkung von 1,5 cm3 konzentrierter Salpetersäure (1,395) bei 17°
während 15 Minuten auf:
5 cm3 Strychnin-Stammlösung 5 cm3 Strychnin-Stammlösung(ohne Zusatz von Brucin-Stammlösung) + 5 cm3 Brucin-Stammlösung+ 5 cm3 Wasser + 5 cm3 verd. H2S04 (etwa 2 n)+ 5 cm3 verd. H2S0, (etwa 2 n)
Verbrauch an 0,1 n-HCl
2,20 cm3 2,20 cm3
2.19 cm3 2,19 cm3
2.20 cm3 2,20 cm3
2,19 cm3 2,20 cm3
Diese Ergebnisse zeigen, daß die Salpetersäure bei einer Einwirkungs¬dauer von 15 Minuten auf eine Lösung, die reines Strychnin oder ein
Gemisch von Strychnin + Brucin in den angegebenen Konzentrationen
enthält, praktisch kein Strychnin, wohl aber alles Brucin zerstört. Unter
diesen Bedingungen ist also die Verwendung eine Korrekturfaktors von
1,02, wie ihn die Brit. Ph. 1932 benützt, überflüssig.Eine abgewogene Menge der von uns verwendeten Strychninbase
lösten wir in überschüssiger 0,1 n-HCl, setzten 15 cm3 Wasser hinzu und
bestimmten den Säureüberschuß. Die titrierte Lösung engten wir auf 10 g
ein, fügten 5 cm3 verdünnte Schwefelsäure (etwa 2 n) hinzu und ließenbei 16° 1,5 cm3 konzentrierte Salpetersäure (1,395) während 15 Minuten
einwirken.
AbgewogeneMenge
Strychnin
Durch Titration
verbrauchte
0,1 n-HCl
Strychningefunden
In •/• der
EinwaageNach der Nitration
verbrauchte 0,1 n-HCl
0,0604 g
0,0566 g
1,77 cm3
1,66 cm3
0,059153 g
0,055477 g
97,94
98,02
1,77 cm3
1,66 cm3
102
In vorstehenden Versuchen ist also durch die Salpetersäuremethodegenau die gleiche Menge Strychnin gefunden worden wie durch die titri-
metrische Bestimmung ohne Behandlung mit Salpetersäure. Daraus kann
gefolgert werden, daß die kleinen Mengen Königswasser, die bei obiger
Behandlung entstanden sind, keinen schädlichen Einfluß auf das Strych¬nin ausüben. Es darf daher angenommen werden, daß auch keine Ver¬
luste entstehen, wenn die Strychninbestimmung mit der mit 0,1 n-NaOHaustitrierten Lösung der Gesamtalkaloide der Strychnossamen vorgenom¬
men wird.
Durch obige Bestimmungen werden ferner die früheren Befunde
bestätigt, daß unsere Strychnin-Stammlösung einen Strychningehalt von
98 % der Theorie enthält, bzw. daß das zu unsern Versuchen verwendete
Strychnin einen Reinheitsgrad von 97,98 % aufweist.
Wir führten noch Nitrierungsversuche unter Benützung von je 10 cm3
Strychnin- und Brucin-Stammlösung aus. Die Lösung versetzten wir mit
5 cm3 verdünnter Schwefelsäure (etwa 2 n), engten dieselbe auf 15 g ein,kühlten auf 16° ab und ließen während 15 Minuten 1,5 cm3 konzentrierte
Salpetersäure (1,395) einwirken. Nach 10 Minuten begann sich in der
Lösung ein Niederschlag zu bilden. Für die mit Chloroform ausgeschüttelteStrychninbase verbrauchten wir 4,30 cm3, 4,38 cm3. 4,35 cm3 0,1 n-HCl statt
4,39—4,40 cm3 0,1 n-HCl.
Man sieht also, daß bei Verwendung größerer Mengen Strychnin und
Brucin, als wir sie in früheren Versuchen benützten, eine Niederschlags¬bildung erfolgen kann; augenscheinlich wird unter diesen Bedingungeneine kleine Menge Strychnin zersetzt und entzieht sich der Bestimmung.In obigen Versuchen sind nur 97,73, bzw. 99,65, bzw. 98,86 % der vor¬
handenen Strychninmenge gefunden worden.
Bei diesen Versuchen liegen die Verhältnisse bezüglich der in der
schwefelsauren Lösung vorhandenen Alkaloidmenge ähnlich wie in der
Vorschrift von Brit. Ph. 1932. Unter diesen Versuchsbedingungen stellten
wir schon bei 15minutiger Einwirkung von 1,5 cm3 konzentrierter Salpeter¬säure (1,395) auf Strychnin und Brucin Strychninverluste bis zu 2,27 %fest. Nach unsern Ergebnissen ist also der Korrekturfaktor 1,02 von Brit.
Ph. 1932 berechtigt. Auch Groen und van der Wielen konstatierten beim
Arbeiten nach der Vorschrift der Brit. Ph. 1932 Strychninverluste bis zu
2,3 %.
3. Versuche zur Bestimmung von Strychnin neben Brucin durch Oxydationdes Brucins mit Wasserstoffsuperoxyd.
Nach Angaben von Lebeau und Courtois"" führt die Einwirkung von
Wasserstoffsuperoxyd auf Strychninbase zur Bildung eines Aminoxyds des
Strychnins, welches unter dem Namen Genstrychnin bekannt ist*. Bei Ein¬
wirkung von 1,5 cm3 konzentriertem Wasserstoffsuperoxyd (30 %) auf
3 cm3 unserer Brucin-Stammlösung + 12 cm3 3prozentiger Schwefelsäure
46 P. Lebeau u. Cr. Courtois, Traité de Pharmacie Chimique, Bd. II, 2, p. 1403,Paris (1938).
* Vgl. M. M. Polonovski, J. Pharm. Chim. 11, 385, 429 (1930) u. Gonzaldo Gurmendi,Bol. soc. quim. Peru 4, 270 (1938) ref. Pharm. Weekbl. 76, 1302 (1939).
103
konnten wir erst nach dem Erwärmen auf dem Wasserbad während
45 Minuten kein Alkaloid mehr nachweisen. Wurde mit 5 cm3 unserer
Strychnin-Stammlösung in gleicher Weise verfahren, so stellten wir einen
Verbrauch von 1,07—1,34 cm3 0,1 n-HCl fest statt 2,20 cm3 0,1 n-HCl. Was¬
serstoffsuperoxyd kann nach diesen Feststellungen als Oxydationsmittelfür Brucin in schwefelsaurer Lösung nicht in Frage kommen, weil Strych¬nin ebenfalls angegriffen wird.
II. Bestimmung des Gehaltes an Gesamtalkaloid und an
Strychnin in Semen Strychni und Faba Ignatii.
Wir verwendeten zu unsern Versuchen ein Brechnußpulver mit
11,96 % und ein Ignatiusbohnenpulver mit 11,23 % Feuchtigkeit. Letztere
Droge haben wir in unsere Versuche miteinbezogen, da sie bereits in
F. Espan. VIII, F. Port. 1935 und Codex Gall. 6 offizineil ist.
Zur Bestimmung der Gesamtalkaloide benützten wir die von Eder
und Wäckerlin23 bearbeitete Vorschrift von Ph. Helv. V. Die genanntenAutoren sind der Meinung, daß das, was bei dieser Methode zur Bestim¬
mung gelangt, sicher Alkaloide sind. Sie erhielten nach einer nochmaligenReinigung der austitrierten Lösungen über die Sulfate keine wesentlich
niedrigeren Resultate. Es ist also kein Seifenfehler vorhanden. Sie lassen
aber die Frage noch offen, ob durch die einmalige Extraktion nach der
Methode von Ph. Helv. V die Gesamtheit der Alkaloide aus der Drogeextrahiert wird.
Um diese Frage abzuklären, führten wir Bestimmungen aus einerseits
nach der Methode von Ph. Helv. V und anderseits nach einer Variante
dieser Methode, wobei die Droge im Soxhlet erschöpfend extrahiert wurde.
Zu letzterem Zweck wurde das Brechnußpulver in einer Porzellanschale
mit Aether-Chloroform (2 + 1) befeuchtet, mit der Natriumkarbonatlösung(etwa 2 n) versetzt, gut durchgerührt und quantitativ in die Extraktions¬
hülse gebracht. Dann wurde während fünf Stunden extrahiert und der
Gesamtalkaloidgehalt nach Ph. Helv. V, der Gehalt an Strychnin nach der
von uns in Anlehnung an die Vorschrift von Brit. Ph. 1932 vorgeschlagenenMethode bestimmt. Den Gesamtalkaloidgehalt der Ignatiusbohne ermit¬
telten wir nach der für Semen Strychni in Ph. Helv. V angegebenenMethode.
Zur Bestimmung des Strychnins in der titrierten Lösung der Gesamt¬
alkaloide aus Semen Strychni und Faba Ignatii arbeiteten wir nach fol¬
gender Vorschrift, welche eine Modifikation der Methode von Brit. Ph. 1932
darstellt, unter Berücksichtigung der Ergebnisse unserer Vorversuche:
Die titrierte Lösung, welche die Gesamtalkaloide enthält, wird quantitativ in
eine tarierte Porzellanschale gegossen, mit 5 cm3 verdünnter Schwefelsäure (2 n) ver¬
setzt und auf dem Wasserbad auf 15 g eingeengt. Die erhaltene Lösung wird auf
16—17° abgekühlt und mit 1,5 cm3 konzentrierter Salpetersäure (spez. Gew. 1,395) ver¬
setzt. Nach 15 Minuten (bei Faba Ignatii nach 10 Minuten) wird die erhaltene rot¬
braune Lösung unter Nachspülen mit wenig Wasser in einen Scheidetrichter von 100 cm3Inhalt gegossen, der 25 cm3 verdünnte Natronlauge (etwa 2n) enthält. Das Strychninwird so oft mit je 10 cm3 Chloroform ausgeschüttelt (meist viermal), bis der Verdamp-
104
fungsrückstand von 1 cm3 der Chloroformausschüttelung mit Mayers Reagens keine
positive Alkaloidreaktion mehr gibt. Die vereinigten Chloroform-Ausschüttelungen wer¬
den zweimal mit je 5 cm3 Wasser gewaschen und durch Watte in einen Erlenmeyer¬kolben von 150 cm3 Inhalt gegossen. Das Waschwasser wird zweimal mit je 5 cm3
Chloroform geschüttelt und letzteres ebenfalls durch Watte in den Erlenmeyerkolbengegossen. Das Chloroform wird bis auf einige cm3 abdestilliert und mit 5 cm3 0,1 n-HCl
(genau gemessen) und 15 cm3 frisch ausgekochtem und wieder erkaltetem Wasser
(methylrotneutral) versetzt. Das Chloroform wird vollständig verdampft und der Kol¬
beninhalt erkalten gelassen. Nach Zusatz von 2 Tropfen Methylrot titriert man den
Säureüßerschuß mit 0,1 n-NaOH bis zur Gelbfärbung.Die Differenz der verbrauchten Anzahl cm3 0,1 n-HCl gegenüber der Gesamtalka-
loidbestimmung kann auf Brucin berechnet werden*.
1 cm3 0,1 n-HCl = 0,03342 g Strychnin1 cm3 0,1 n-HCl = 0,03942 g Brucin.
Wird die titrierte Lösung nach Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure (etwa 2 n)nochmals mit konzentrierter Salpetersäure versetzt, so darf keine Orangefarbe mehr
auftreten (Brucin).
Wir ermittelten bei unseren Drogen die in Tabelle 2 zusammengestell¬ten Gehalte an Gesamtalkaloiden und an Strychnin.
Besprechung der Resultate,
a) Semen Strychni.
Die Extraktion nach der Bestimmungsmethode von Ph. Helv. V scheint
praktisch quantitativ zu arbeiten, denn mit Soxhletextraktion erhielten wir
weder für den Gesamtalkaloidgehalt noch für den Gehalt an Strychninwesentlich höhere Werte.
Märki16 erhielt mit Chloroform als Extraktionsmittel und Ammoniak
als Alkalisierungsmittel aus nichtentfetteter Droge höhere Werte als mit
Aether-Chloroform. Wir konnten bei Soxhlet-Extraktion mit Chloroform
und Benützung einer nachfolgenden Reinigung der Alkaloide über die
Sulfate keine höheren Werte feststellen.
Wird die Bestimmungsvorschrift von Ph. Helv. V in der Weise abgeän¬dert, daß chloroformhaltiger Aether** an Stelle von Narkose-Aether ver¬
wendet, also die Chloroformmenge auf Kosten des Aethers vermehrt wird,so erhält man einen zu hohen Gesamtalkaloidgehalt, wahrscheinlich infolgeSeifenfehler. Ein zu hoher Gesamtalkaloidgehalt wird auch vorgetäuscht,wenn die Aether-Chloroformlösungen nach der Filtration durch Watte
trübe sind, zum Beispiel wenn zur Klärung mit weniger als 7 g Wasser
geschüttelt wird. Die Strychninbestimmung erfährt in beiden Fällen keine
Störung.Mit den Alkaloiden aus 2 g Drogenpulver, welche nach Ph. Helv. V
zur Bestimmung gelangen, sind die Bestimmung der Gesamtalkaloide unddie Bestimmung des Strychnins gut ausführbar.
Bei allen titrierten Strychninlösungen fiel die Brucinprobe mit kon¬zentrierter Salpetersäure negativ aus.
* In Wirklichkeit finden sich, wie in unserer Uebersicht über die Strychnosalka-loide (vgl. Abschnitt A) erwähnt, außer den Hauptalkaloiden Strychnin und Brucin in
der Droge noch verschiedene Nebenalkaloide.** Gewonnen durch fraktionierte Destillation des Aether-Chloroformgemisches von
vorangehenden Bestimmungen.
105
Tabelle 2.
1. Semen Strychni. Bestimmung nach Ph. Helv. V:
Zur Bestimmunggelangte
Drogenmeuge
Gesamt-Alkaloide Strychnin Brucin
Verbrauch an
0,1 n-HClVi
Verbrauch an
0,1 n-HCl'/•
berechnet
V.
2 g
5 g
2 g
2 g
1.34 cm»
3,31 cm»
1.35 cm»
1.36 cm»
2,439
2,410
2,457
2,475
0,66 cm»
1,61 cm»
0,65 cm»
0,65 cm»
1,103
1,076
1,086
1,086
1,340 ,
1,182
1,379 1*
1,399
im Mittel: 2,445 1,096 1,372
2 g
2 g
2 g
1,49 cm»
1,86 cm3
1,90 cm3
2,712
3,354
3,458
0,67 cm3
0,67 cm3
0,65 cm»
1,119
1,119
1,086
— 2*
— 3*
4*
Verhältnis von Strychnin zu Brucin =
(berechnet aus obigen Mittelwerten).
= 44,41 : 55,59
Bestimmung nach Ph. Helv. V, aber mit erschöpfender Soxhlet-Extraktion :
3g5 g
5g
3g
2,10 cm»
3,39 cm»
3,35 cm»
2,05 cm»
2,548
2,468
2,439
2,487
1,04 cm»
1,74 cm3
1,68 cm»
1,02 cm»
1,158
1,163
1,123
1,136
1,392 5*
1,301
1,317
1,353 6*
im Mittel: 2,485 1,145 1,341
2. Faba Ignatii. Bestimmung nach PIi. Helv. V:
2 g
2 g
2 g
1,73 cm»
1,72 cm»
1,71 cm»
3,149
3,130
3,112
1,34 cm»
1,34 cm»
1,34 cm3
2,239
2,239
2,239
0,768
0,749
0,729 7*
im Mittel: 3,130 2,239 0,749
Verhältnis von Strychnin zu Brucin == 74,93 : 25,07
2g
2 g
1,77 cm»
1,82 cm»
3,221
3,312
1,35 cm3
1,34 cm3
2,256
2,239
0,828 8*
0,946 8*
Bemerkungen:1* Einwirkung der Salpetersäure während 10 Minuten.
2* Chloroformhaltiger Aether verwendet,Einwirkung der Salpetersäure während 15 Minuten.
3* Chloroformhaltiger Aether verwendet,Einwirkung der Salpetersäure während 10 Minuten.
4* 5 g Wasser statt 7 g zur Klärung verwendet; Filtrat trübe.
5* Aether-Chloroformlösung getrübt.6* Chloroform als Extraktionsmittel. Ammoniak als Alkalisierungsmittel (wie
Märki) ; die Alkaloidbasen über die Sulfate gereinigt, weitere Bestimmung der
Gesamtalkaloide nach Ph. Helv. V.7* Einwirkung der Salpetersäure während 5 Minuten.
8* Während 1 Stunde statt während 30 Minuten geschüttelt.
106
b) Faba Ignatii.
Die Bestimmung der Gesamtalkaloide in Faba Ignatii ist nach der
für Semen Strychni in Ph. Helv. V angegebenen Vorschrift gut ausführbar.
Wird die Dauer der Drogenextraktion auf 1 Stunde erhöht, so werden
etwas mehr Gesamtalkaloide erhalten; die Strychninbestimmung erfährt
aber keine Aenderung.Bei der Bestimmung des Strychnins kann hier die Einwirkung der
Salpetersäure zufolge des geringen Brucingehaltes sogar von 10 auf 5
Minuten herabgesetzt werden. Die mit Salpetersäure versetzte Lösungwies nur eine gelborange Farbe auf, während bei Semen Strychni eine
braunrote Farbe auftrat.
Die Brucinprobe fiel auch hier bei den titrierten Strychninlösungenstets negativ aus.
D. Zusammenfassung.
I. Es wird eine Uebersicht über die Strychnosalkaloide und die wich¬
tigsten Bestimmungsmethoden der Gesamtalkaloide von Semen
Strychni sowie über die Bestimmung des Strychnins neben Brucin
gegeben.
IL In eigenen Untersuchungen über die Bestimmung des Strychnins neben
Brucin und über die Bestimmung des Gesamtalkaloidgehaltes der
Droge haben wir folgendes festgestellt:
1. Zur Bestimmung des Strychnins neben Brucin können wir die Fäl¬
lung des Strychnins als Ferrocyanverbindung für Arzneibuchzwecke
nicht empfehlen, da wir den Endpunkt der Titration nicht einwand¬
frei feststellen konnten.
2. Zur Bestimmung des Strychnins neben Brucin durch die Oxydations¬methode können wir als Oxydationsmittel zur Zerstörung des Bru-
cins die Einwirkung von konzentrierter Salpetersäure (1,395) in
zweckmäßiger Menge und Dauer bei 17° und die Anwendung nicht¬
gesättigter Lösungen von Strychnin und Brucin empfehlen; unter
diesen Bedingungen wird Strychnin durch die Salpetersäure prak¬tisch nicht angegriffen. Verwendet man konzentriertes Wasser¬
stoffsuperoxyd an Stelle von Salpetersäure, so entstehen Verluste
an Strychnin.Die titrimetrische Bestimmung nach der Oxydationsmethode erweist
sich als vorteilhaft. Zur Vermeidung von Alkaloidverlusten wird
die chloroformhaltige Strychninlösung am besten in Gegenwart von
genau abgemessener überschüssiger Säure abdestilliert.
Die gravimetrische Bestimmung nach der Oxydationsmethode kön¬
nen wir nicht empfehlen, weil Oxydationsprodukte des Brucins mit
zur Wägung gelangen, oder, wenn man dies vermeiden will, eine
besondere Reinigung notwendig ist.
3. Zur Bestimmung des Strychnins in der Droge wird eine Methode
vorgeschlagen, welche in Anlehnung an die Vorschrift von Brit.
107
Ph. 1932 ausgebildet wurde, und welche sich mit dem aus 2 g Drogenach Ph. Helv. V erhaltenen Gesamtalkaloidgemisch durchführen
läßt (Text siehe Abschnitt C II). Ein Verlustfaktor, wie ihn Brit.
Ph. 1932 verwendet, ist bei unserer Arbeitsweise nicht notwendig.4. Nach der Vorschrift von Ph. Helv. V für die Bestimmung der
Gesamtalkaloide von Semen Strychni wird praktisch die Gesamt¬
heit der Alkaloide extrahiert.
5. Der Gesamtalkaloidgehalt von Faba Ignatii kann ohne weiteres
nach der in Ph. Helv. V angegebenen Bestimmungsmethode für
Semen Strychni ermittelt werden.
III. Wir möchten vorschlagen, neben der Bestimmung der Gesamtalkaloide
in Semen Strychni wie auch in den Strychnospräparaten die Bestim¬
mung des Strychnins in Ph. Helv. V aufzunehmen. Welcher Minimal¬
gehalt an Strychnin gefordert werden kann, sollte noch durch Analyseeiner größeren Zahl von Drogenmustern festgestellt werden. Codex
Gall. 6 fordert bei einem Gesamtalkaloidgehalt von 2—3 % einen
Gehalt an Strychnin von mindestens 45 %, entsprechend 0,90—1,35 %
Strychnin in der Droge. Brit. Ph. 1932 verlangt einen Strychningehaltvon mindestens 1,2 % und U. S. P. XI einen solchen von mindestens
1,15 %. Bei der von uns untersuchten Brechnußdroge ermittelten wir
einen Gesamtalkaloidgehalt von 2,44 % nach der Methode von
Ph. Helv. V, bzw. 2,48 % bei Soxhlet-Extraktion und einen Strych¬ningehalt von 1,096 % (Ph. Helv. V - Extraktion), bzw. 1,145 %
(Soxhlet - Extraktion).
108
Ueber die Bestimmung der ätherlöslichen Alkaloide
und des Akonitins in Tuber Aconiti.
A. Heutige Kenntnisse der Alkaloide von Aconitum Napellus.
Die Knollen und Nebenwurzeln des blauen Eisenhules enthalten als wirksamen
Inhaltsstoff zur Hauptsache das Alkaloid Akonitin. Dieses wurde 1820 von ApothekerPeschier" in den Blättern von Aconitum Napellus entdeckt. Geiger und Hesse1 isolierten
dasselbe 1833 ebenfalls aus den Blättern. Morson2 erhielt es aus den Wurzeln, und zwar
zum ersten Male in kristallisiertem Zustand. Nach GastelP stellte der Apotheker Hübsch¬
mann in Stäfa in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sämtliches Akonitin
dar, welches damals in Deutschland gebraucht wurde*. Merck* erwähnt, daß es nicht
mehr festzustellen sei, ob Peschier sowie Pallas und Brandes, die ebenfalls als erste
Hersteller von Akonitin genannt werden, Präparate in Händen hatten, die den Namen
Akonitin verdienen. Nach Merck soll erst Groves5 1862 das Alkaloid in kristallisiertem
Zustand erhalten haben. Merck bringt ein kristallisiertes und ein amorphes Akonitin
in den Handel, die aus Aconitum Napellus hergestellt werden.
Aus japanischen Akonitumarten wurden von Majima und Mitarbeitern6 aus dem aus
Aether umkristallisierbaren Teil des rohen Alkaloides verschiedene Japakonitine gewon¬
nen, welche sie anfangs als Japakonitin-A, -Ai, -A2, -B, -Bi, -C, -Ct bezeichneten. Nach
der Löslichkeit der bromwasserstoffsauren Salze unterschieden sie:
Japakonitin-A: HBr-Salz kristallisiert leicht aus Wasser.
Japakonitin-B: HBr-Salz kristallisiert erst aus Alkohol-Aether.
Japakonitin-C: ist noch in der Mutterlauge enthalten.
Als hydrolytische Spaltprodukte von Japakonitin-A und -B fanden sie Essigsäure,Japbenzakonin-A und Japbenzakonin-B, denen die Formel C32Hl:iOioN zukommt. Zugleichuntersuchten sie auch das Akonitin pur. crist. «Merck> (ex Aconito Napello). Nach der
Löslichkeit der HBr-Salze stellten sie ein Gemisch zweier isomerer Akonitine fest. Sie
nannten die Base, die ein aus Wasser leicht umkristallisierbares HBr-Salz lieferte nach
dem Prinzip der Benennung isomerer Japakonitine Akonitin-A. Die andere Base, die
in den Eigenschaften dem Japakonitin-C entsprach, bezeichneten sie als Akonitin-C.
Majima und Morio7 geben an, daß im Alkaloidgemisch nicht Stereoisomere vorliegen,sondern schwer trennbare Mischkristalle. Sie stellten fest, daß Japakonitin-A und -A2identisch sind mit Akonitin-A (= alter Name Akonitin), das aus kristallisiertem Ako¬
nitin ex Aconit. Nap. isoliert wurde, daß Japakonitin-Ai und -B identisch sind mit Mes-
*
Vgl. F. Th. Hübschmann, Schweiz. Wschr. Pharm. 3, 269 (1865).0 Peschier, Trommsdorffs N. Journ. d. Pharm. 5, 1. Stück, 93 (1821).1 L. Geiger u. 0. Hesse, Ann.Chem.7. 276 (1833).2 J. Morson, Arch. Pharm. 18, 87 (1839).3 G. Gastell, Schweiz. Wschr. Pharm. 7, 262 (1869).4 Mercks Jahresb. 29, 3 (1915).5 B. Groves, Pharm. J. 8, 121 (1866).6 B. Majima, H. Suginomé u. S. Morio, Ber. dtsch. ehem. Ges. 57, 1458, 1466 (1924).7 R. Majima u. S. Morio, Ann. Chem. 476, 209 (1929).
109
akonitin, und daß Japakonitin-Bi, -C und -Ci identisch sind mit Hypakonitin, die aus
verschiedenen japanischen und ostasiatischen Akonitumarten isoliert worden waren.
Sie ermittelten folgende Bruttoformeln:
Zersetzungspunkt7Akonitin (= Akonitin-A)8 C3iH470„N ...
202 —203°
Mesakonitin9 C33H4äOuN 208 —209»
Hypakonitin10 C33H4£,010N 197,5-198,5»
Als Hydrolyseprodukte geben sie Benzakonin, Benz-Mesakonin und Benz-Hypakonin an.
Ferner stellten sie fest, daß die aus Aconitin. crist. «Merck> (aus Aconitum Napellus)neben Akonitin-A isolierte und als Akonitin-C bezeichnete Base ein Gemisch von
Mesakonitin und Hypakonitin darstellt8. Die Verteilung der Reinbasen in Aconitin.
crist. cMerck» soll folgende sein:
Akonitin-A 80 %, Mesakonitin und Hypakonitin je 10 %.
Nach diesen neuen japanischen Untersuchungen würden also in Aconitum Napel¬lus wie in orientalischen Aconitum-Arten neben Akonitin hauptsächlich Mesakonitinund Hypakonitin vorkommen.
Akonitin liefert bei der Hydrolyse als basische Produkte: Benzoylakonin und
Akonin, als Säuren: Essig- und Benzoesäure.
Akonitin + H20 _> Benzoylakonin + EssigsäureC„H„OuN C32H45010N
Benzoylakonin + H20 _>. Akonin -f- Benzoesäure
C32H45O10N C25H„09N
Ueber eine neue ätherlösliche Nebenbase in Aconitum Stoerckianum Reichenbachberichteten Schuhe und Berger11; sie erhielten sie als amorphes, hellgelbes Pulver und
bezeichneten sie als Neopellin C32H450oN • 3H20. Diese Base wurde von ihnen drei Jahrefrüher aus Aconitin, pur. amorph, ex Aconito Napello isoliert. Dem Neopellin soll dieFormel Ci8H2503(OCH3)3(NCH3)(C2HsO)(C7H50) zukommen; es ähnelt, was Giftigkeit an¬
betrifft, dem Akonitin, während das entacylierte Alkamin, das Neolin C23H39OeN ähn¬lich dem Akonin fast ungiftig ist. Neopellin ist leicht löslich in Chloroform, Aether undAlkohol. In den ätherlöslichen Nebenbasen des amorphen Akonitins konnten Schulzeund Berger kein Benzoylakonin nachweisen. Außerdem fanden sie in einem zur Haupt¬sache von Akonitin befreiten Extrakt (amorphes Akonitin) noch nicht näher bekanntechloroformlösliche Nebenbasen. In Aconitum Stoerckianum Reichenbach, welches nachden Untersuchungen dieser Autoren dasselbe Hauptalkaloid wie Aconitum Napellusenthält, konnten sie weder Akonin noch Pikroakonitin feststellen. Sie nehmen daher an,daß diese Alkaloide erst bei der Aufarbeitung durch Zersetzung gebildet werden.
Freudenberg und Rogers12 fanden bei der Fraktionierung der ätherlöslichen Alka¬loide aus den Restbasen von Aconitum Napellus (käufliches amorphes Akonitin) alsneue Alkaloide Napellin C22H3303N und Neolin C24H4iOeN, 1-Ephedrin und 1-Spartein.Für Akonitin wird von Freudenberg13 die Formel: C19H19(NC2H5)(OH)3(OCH3)4(OCOCH3)(OCOC6Hs) angegeben. Die von Schulze angegebene Formel für Neolin C23H3906N istnach Freudenberg und Rogers abzuändern in C24H4106N.
Majima und Tamura1* schlagen für Mesakonitin die Formel vor:
I i
C14H12(OCH3)3(OH)2(OCOCH3)(OCOC6H5)(-CH2-CHOH-CH2-C[OCH3]-CH..-N-CH3).
8 R. Majima u. S. Morio, Ann. Chem. 476, 194 (1929).9 S. Morio, Ann. Chem. 476, 181 (1929).
10 R. Majima u. S. Morio, Ann. Chem. 476, 171 (1929).11 H. Schulze u. G. Berger, Arch. Pharm. 262, 553 (1924) — 265, 524 (1927).12 W. Freudenberg u. E. F. Rogers, J. Amer. chem. soc. 59, 2572 (1937). — J. Amer
chem. soc. 58, 533 (1936).13 W. Freudenberg, Ber. dtsch. chem. Ges. 69, 1962 (1936).14 R. Majima u. K. Tamura, Ann. Chem. 545, 7 (1940).
110
Nach Angaben von Lebeau und Courtois soll in Aconitum Napellus in geringerMenge auch Pseudakonitin vorkommen, welches das Hauptalkaloid in Aconitum ferox
darstellt. Es ist bedeutend giftiger als Akonitin. Bei der Hydrolyse liefert es Pseuda-
konin, Essig- und Veratrumsäure. Lecoq1" konnte in einem Akonitpulver nur Akonitin,aber kein Pseudakonitin nachweisen (Vitalische Reaktion, Hydrolyse, Absorptions¬spektrum).
Nach der vorstehend referierten neueren Literatur kann die Frage der in Aconi¬
tum Napellus vorkommenden Alkaloide noch durchaus nicht als abgeklärt gelten.
B. Uebersicht über die wichtigsten Wertbestimmungsmethoden
für Tuber Aconiti.
Die neueren Methoden zur Bestimmung des Wirkstoffgehaltes von
Tuber Aconiti können folgendermaßen klassifiziert werden:
I. Chemische Methoden zur Bestimmung der ätherlöslichen Gesamtalkaloide.
1. Titrimetrische Methoden:
a) alkalimetrisch, bzw. azidimetrisch;b) jodometrisch.
2. Gravimetrische Methode.
II. Biologische Wertbestimmung unter Benützung der im alkoholischen Auszug ent¬
haltenen Gesamtalkaloide.
III. Physikalische und chemische Spezialmethoden zur Bestimmung des Akonitins.
1. Spektrographische Methode.
2. Chemische Methoden.
Als Arzneibuchmethoden werden zurzeit I la, 12 und II verwendet.
Sämtliche Arzneibücher welche den Gehalt der Droge an Wirkstoffen
nicht auf biologischem Wege bestimmen, extrahieren dieselben mit Aether
in Gegenwart von Ammoniak. Als Vorzug des Aethers hebt Brunner"
besonders hervor, daß hier die Alkaloide am wenigsten der Zersetzungunterliegen. Dies mag richtig sein, wenn man Narkose-Aether verwendet.
Von den Napellus-Alkaloiden ist das Hydrolysenprodukt des Akonitins,das Akonin, dessen Existenz in Aconitum Napellus aber bis jetzt nicht
erwiesen ist, in Aether unlöslich. Bronkhorst18 extrahierte mit Chloroform
oder mit Chloroform-Aether-Gemischen aus der Droge praktisch gleichviele Alkaloide wie mit Aether allein.
15 P. Lebeau u. G. Courtois, Traité de Pharmacie Chimique, Bd. II, 2, p. 1657, Paris
(1938).16 H. Lecoq, J. Pharm. Chim. 28, 321 (1938).17 G. E. Brunner, Ueber den Alkaloidgehalt von Aconitum Napellus L. und Aconi¬
tum paniculatum Lam. unter spezieller Berücksichtigung der offizinellen Droge (TuberAconiti), Diss. ETH. Zürich (1921).
ls A. W. van Bronkhorst, Chemisch en physiologisch onderzoek in verband met de
alkaloiden van Aconitum Napellus L., Diss. Leiden (1934).
111
I. Chemische Methoden zur Bestimmung der ätherlöslichen
Gesamtalkaloide.
1. a) Alkalimetrische, bzw. azidimetrische Bestimmung.
Die Alkaloide werden aus der Droge mit Aether in Gegenwart von
Ammoniak extrahiert; der Aether wird abdestilliert und im trockenen
Rückstand der Alkaloidgehalt durch direkte oder indirekte Titration
bestimmt, oder die ätherische Alkaloidlösung wird mit Säure ausgeschüt¬telt und der Säureüberschuß festgestellt. Nach diesem Prinzip ermitteln
Ph. Helv. V, Suom. F. VI, F. Ital. VI, Ergb. D. A. B. 6, Nederl. Ph. V 1. Sup¬plement und Ph. Belg. IV den Alkaloidgehalt der Droge. Als Indikator
verwenden diese Arzneibücher Methylrot. Lecoqls empfiehlt bei der Vor¬
schrift von Ph. Belg. IV, welche mit 0,01 n-Lösungen arbeitet, diesen Indi¬
kator wegen des unscharfen Umschlagspunktes durch einen Mischindikator
zu ersetzen, der aus gleichen Teilen einer Bromkresolgrün- und Methylrot-Lösung (je 0,1 % in Weingeist) besteht. Dieser Indikator schlägt von Grün
(alkalisch) über Blau (pH 6) nach Rotviolett (weinrot) (pH 5,2) um. Nach
Kolthoff9 zeigt der Mischindikator aus 3 T. Bromkresolgrün (0,1 % in
Weingeist) + 1 T. Methylrot (0,1 % in Weingeist) bei pH 5,1 einen schar¬
fen Umschlag. Neugebauer20 empfiehlt zur Titration der Alkaloide aus
Tinct. Aconiti O als Indikator 2 Tropfen Methylrot (0,2 % in Weingeist)+ 1 Tropfen Methylenblau (0,1 % in Weingeist). Bronkhorst" verwendet
zur Titration der Alkaloide aus 2—2,25 g Droge als Indikator 3 Tropfeneiner Mischung von 6 cm3 Methylrot- + 4 cm3 Methylenblau - Lösung1 :1000. Kolthoff" gibt für den Mischindikator 1 T. Methylenblau (0,1 %in Weingeist) + 1 T. Methylrot (0,2 % in Weingeist) als UmschlagspunktpH 5,4 an. Dieser Indikator schlägt von Grün (alkalisch) nach Rotviolett
(sauer) um; bei pH 5,6 ist die Farbe schmutzig grün, bei pH 5,4 schmutzigblau, bei pH 5,2 rotviolett.
1. b) Jodometrische Methode (vgl. Lecoq1").
Der erhaltene Alkaloidrückstand wird in Weingeist gelöst und mit
überschüssiger 0,01 n-Salzsäure versetzt. Zur Ermittlung des Säureüber¬
schusses wird ein Ueberschuß an Kaliumjodid und Kaliumjodat hinzu¬
gegeben. Die Jodmenge, welche nach der Gleichung
6HC1 + 5KJ + KJ03-^6KC1 + 3H20 + 3J2
in Freiheit gesetzt wird, entspricht der überschüssigen Salzsäure und
wird nach Zusatz von Stärkelösung mit Thiosulfatlösung bestimmt.
2. Gravimetrische Methode.
Die erhaltene ätherische Alkaloidlösung wird mit Salpetersäure ver¬
schiedener Konzentration erschöpft und mit öprozentiger Silikowolfram-
19 I. M. Kolthoff, Die Maßanalyse, 2. Aufl., 2. Teil, p. 64, Berlin (1931).20 H. Neugebauer, Pharm. Ztg. 78, 1077 (1933).
112
säurelösung versetzt. Nach 24stündigem Stehen wird der gebildete Nieder¬
schlag filtriert und verascht; der erhaltene Glührückstand, bestehend aus
12W03 • Si02, wird gewogen und mit einem empirisch ermittelten Faktor
multipliziert. Nach den Untersuchungen von Ribaut21 ist dieser Faktor
von der Konzentration der Silikowolframsäure, besonders aber von der
Konzentration der Salpetersäure abhängig. Eihaut ermittelte nach Aus¬
führung der Fällung mit Silikowolframsäure in einer 2,3prozentigen Sal¬
petersäurelösung (85 cm3 H20 + 30 cm3 lOprozentige HN03) einen Faktor
von 0,795, Ecalle22 einen Faktor von 0,793. Nach dieser Methode bestim¬
men F. Port. 1935 und Codex Gall. 6 den Alkaloidgehalt der Droge.F. Port. 1935 führt die Fällung in einer öprozentigen Salpetersäurelösungaus und multipliziert den Glührückstand mit dem Faktor 0,793; Codex
Gall. 6 arbeitet mit einer 2,5prozentigen Salpetersäurelösung (90 cm3 H20+ 30 cm3 lOprozentige HN03) und rechnet mit dem Faktor 0,794. Lecoqführte die Fällung nach den Angaben von Ribaut aus und erhielt mit dem
Faktor 0,793 gegenüber der Titrationsmethode zu kleine Werte. Nach
seinen Ergebnissen sollte der Faktor 1,310 betragen. Er vermutete, daß
der Faktor nicht stimmt oder die Fällung unvollständig war. Gestützt auf
die Feststellungen von Ribaut können unseres Erachtens in der Drogemit dem Faktor, 0,793, der in F. Port. 1935 der Berechnung des Alkaloid-
gehaltes zugrunde gelegt ist, keine richtigen Alkaloidwerte erhalten wer¬
den, da die Löslichkeit des Akonitin-Silikowolframates mft der Vergröße¬rung der Salpetersäurekonzentration sich ändert.
Nach den vorstehend geschilderten Methoden ermittelte Lecoq in
einem «fraglichen» Akonitpulver folgende Werte:
1. a) Azidimetrische Bestimmung.
a) Indikator Methylrot 1,93; 1,91; 1,91; 1,90%
ß) Indikator Methylrot - Bromkresolgrün 1,87; 1,89; 1,87; 1,87%1. b) Jodometrische Methode 1.86; 1,80; 1,88; 1,85 %
2. Gravimetrische Methode (Faktor 0,793) . 1,15; 1,15; 1,13; 1,14 %
II. Biologische Wertbestimmung unter Benützung der im alkoholischen
Auszug enthaltenen Gesamtalkaloide.
Aus der Droge wird eine lOprozentige Tinktur bereitet und die MengeTinktur ermittelt, die, mit physiologischer Kochsalzlösung verdünnt, nach
subkutaner Injektion bei Meerschweinchen (oder in selteneren Fällen
bei Hunden oder Katzen) innerhalb 6—10 Stunden den Tod des größerenTeiles der Versuchstiere hervorruft. In Parallelversuchen muß mit kri¬
stallisiertem Akonitin die minimale tödliche Dosis pro Gramm Körper¬gewicht an Meerschweinchen festgestellt werden.
Auf biologischem Wege bestimmen F. Espan. VIII und U. S. P. XI den
Wirkungswert der Droge. F. Espan. VIII verlangt, daß innerhalb 1 bis
6 Stunden nach der Injektion von 3 Tieren mindestens 2 tot sein müssen.
21 H. Ribaut, Bull. Sei. pharmacol. 17 634 (1910).22 M. H. Ecalle, J. Pharm. Chim. 14, 97 (1901).
113
U. S. P. XI fordert, daß von 10 Tieren nach 6 Stunden mindestens 3
und höchstens 7 Tiere gestorben sein müssen.
Nach Angaben im Brit. Pharm. Cod. 1934 hat Brit. Ph. 1932 keine
Wertbestimmung der Droge mehr aufgenommen, weil es überhaupt keine
genaue chemische Methode zur Bestimmung der Alkaloide aus Tuber
Aconiti gebe, und weil bei dieser Droge wegen ihres ungenügenden medi¬
zinischen Wertes eine biologische Bestimmung nicht für gerechtfertigtgehalten werden könne.
Dohme23 ermittelte pro g Tiergewicht eine minimale tödliche Dosis
von 0,000 062 mg Akonitin (= 6,2 Einheiten) und stellte fest, daß Ako¬
nitin 300mal giftiger ist als Benzoylakonin und 4000mal giftiger als
Akonin. Swanson2i fand als tödliche Dosis 6 Einheiten und stellte fest, daß
Akonitin 500mal giftiger ist als Benzoylakonin und 5000mal giftiger als
Akonin. Nach Jauregui2* liegt die minimale tödliche Dosis des Akonitins
beim Meerschweinchen zwischen 6 und 6,5 Einheiten, bei der Katze zwi¬
schen 7 und 7,5 Einheiten. (Jons und Métin26, Malmanche27 und Freud¬
weiler2* ermittelten als minimale tödliche Dosis 7 Einheiten, Bronkhorsf*
8 Einheiten. Freudweiler stellte in einem aus Akonitpulver hergestelltenTrockenextrakt im Tierversuch nach den Angaben von U. S. P. XI einen
Toxizitätswert entsprechend einem Akonitingehalt von 65 %, bezogen auf
den Gesamtalkaloidgehalt, fest. Der Gehalt des Extraktes an ätherlös¬
lichen Alkaloiden wurde nach der chemischen Methode zu 0,485 % gefun¬den; der Toxizitätswert würde also einem Akonitingehalt von 0,315 %entsprechen. Freudweiler sowie Goris und Métin fordern für die Drogeund deren Zubereitungen neben der chemischen Bestimmung die physio¬logische Wertbestimmung, weil zwischen diesen zwei Methoden keine
konstante Relation bestehe.
Bereits Haskell und Zwikle29>30 hatten beobachtet, daß zwischen der
biologischen und chemischen Bestimmung von Akonitpräparaten Unter¬schiede bestehen. U. S. P. IX forderte neben der Bestimmung der äther¬löslichen Alkaloide in Akonit die biologische Bestimmung. Dohme schlugvor, die chemische Bestimmung ganz zu verlassen, weil dieselbe irrefüh¬rend und unzuverlässig sei; nur mit Hilfe der biologischen Bestimmungkönne die therapeutische Wirksamkeit von Akonit festgestellt werden. Die
Ergebnisse von Swanson und Walters31 zeigten, daß die biologische Bestim¬
mung schon unmittelbar nach der Herstellung der Tinktur in keinem kon¬stanten Verhältnis zur chemischen Gehaltsforderung von U. S. P. IX stand.
Bei der Lagerung wiesen die Präparate im biologischen Versuch eineerhebliche Abnahme der Wirksamkeit auf, während sich der Alkaloid-
gehalt nach der chemischen Bestimmung kaum änderte. U. S. P. X ließ die
23 A. B. L. Böhme, J. Amer, pharm. Ass. 10, 428 (1921).24 E. E. Swanson, J. Amer, pharm. Ass. 13, 1108 (1924).25 M. G.Jauregui, J. Amer, pharm. Ass. 16, 1045 (1927).26 A. Goris u. M. Métin, Bull. Sei. Pharmacol. 3.3, 197 (1926).27 A. Malmanche, Dosages chimiques et physiologiques des préparations d'Aconit,
Diss. Univ. Paris (1929).28 R. Freudweiler, Pharm. Acta Helv. 10, 51 (1935).29 C. C. Haskell u. H. W. Zwikle, Amer. J. Pharm. 87, 537 (1915).30 C. C. Haskell, Am. Drug, and Pharm. Record 64, 129 (1916).31 E. E. Swanson u. A. L. Walters, J. Amer, pharm. Ass. 12, 957 (1923).
114
chemische Bestimmung fallen und forderte bei Akonittinktur als minimale
tödliche Dosis pro g Meerschweinchen 0,00035—0,00045 cm3. Haag und
Hawkins32 ermittelten in Handelstinkturen, welche noch auf den chemischen
Standard von U.S. P. IX (0,045—0,055 %) eingestellt waren, Unterschiede
in der biologischen Wirksamkeit, die bis 90 % unter der Minimalforde¬
rung von U. S. P. X lagen. Von 3 Versuchstieren mußten nach den Angabendieser Autoren innerhalb sechs Stunden 2 Tiere tot sein. Métin33 fand
nach der chemischen Bestimmung (als Silikowolframat) in je einer Tink¬
tur aus Mutter- und Tochterknollen den gleichen Alkaloidgehalt; im bio¬
logischen Versuch wies aber die Tinktur aus den Mutterknollen eine um
40 % höhere Toxizität auf als jene aus den entsprechenden Tochterknollen.
Malmanche27 kam ebenfalls zum Ergebnis, daß die chemische Prüfungdurch den Tierversuch ergänzt werden müsse. Die Autorin erbrachte durch
die biologische Bestimmung den Beweis, daß in gewissen Drogen 100 %des durch Fällung als Silikowolframat ermittelten Alkaloidgehaltes, berech¬
net als Akonitin, in Form von Akonitin ohne Spuren von Akonin und
Benzoylakonin vorhanden sind. In der Mehrzahl der Versuche lieferte
aber die biologische Bestimmung kleinere Werte als die chemische Bestim¬
mung. Für eine Tinktur mit einem Alkaloidgehalt von 0,05 % (Bestim¬mung als Silikowolframat) stellte sie als tödliche Dosis 7—15 Einheitenauf (7 Einheiten = 100 % Akonitin). Zur genauen Feststellung der töd¬lichen Dosis verwendete Malmanche für jeden Versuch 15—20 Tiere; aus
ihren Angaben können wir schließen, daß innerhalb sechs Stunden derTod sämtlicher Versuchstiere eintreten mußte.
Nach Lecoq wies ein Akonitpulver, welches nach den verschiedenen
Titrationsmethoden einen Alkaloidgehalt von 1,80—1,93 % enthielt, eine
3- bis 4mal stärkere physiologische Wirkung auf als die offizinelle Tink¬
tur mit 0,05% Alkaloidgehalt (Versuch mit 7 Meerschweinchen ausgeführt).Bei der Aufbewahrung von Akonittinktur und Fluidextrakt bei pH 5,0
konstatierten Swanson, Walters und Hargreaves2"' 34>31 im Tierversuch keine
Abnahme der Wirkungsintensität. Später schlugen aber Swanson und Har-
greaves vor, die Akonitzubereitungen bei pH 2,5—3,0 aufzubewahren.
Diese Forderung wurde von Baker und Jordan35 bestätigt. Im Gegensatzzu diesen Autoren fordert Goris3" für die Tinktur ein pH von 5,0 und
Bronkhorst1* ein pH von 5,2.Die Nichtübereinstimmung der Ergebnisse der chemischen und bio¬
logischen Wertbestimmung der Akonitdroge und ihrer Präparate kann
ihren Grund haben einerseits in der mangelhaften Kenntnis der Alkaloide
von Aconitum Napellus, anderseits in den Verhältnissen der biologischenWertbestimmung.
Wie wir im einleitenden Abschnitt A dargelegt haben, besteht noch
keine Klarheit über die Begleitalkaloide des Akonitins. Wir wissen auch
noch nicht, ob das Mengenverhältnis der verschiedenen Alkaloide von
32 ff. B. Haag u. L. W. Hawkins, J. Amer, pharm. Ass. 19, 1284 (1930).33 M. Métin, Les variations de la teneur alcaloïdique de 1'Aconitum Napellus L.,
Diss. Univ. Paris (1925).34 E. E. Swanson u. C. G. Hargreaves, J. Amer, pharm. Ass. 16, 296 (1927).35 G. Baker u. D. Ch. B. Jordan, J. Amer, pharm. Ass. 25, 291 (1936).36 A. Goris, Bull. Sei. Pharmacol. 38, 679 (1931).
115
Aconitum Napellus starken Schwankungen unterworfen ist. Die modernen
chemischen Methoden bestimmen durchwegs die Gesamtheit der äther¬
löslichen Alkaloide der Droge. Die bei verschiedenen Drogenmusterngefundenen Gehalte scheinen ziemlich stark zu variieren. Während
Ph. Helv. V und Suom. F. VI einen Gehalt von mindestens 0,8 % äther¬
löslichen Alkaloiden in der Droge fordern, will Lecoq16 sogar einen Gehalt
von 1,9 % ermittelt haben. Es ist auch nicht viel darüber bekannt, ob
und unter welchen Verhältnissen in Akonitpräparaten der Alkaloidgehaltund die Beschaffenheit der Alkaloide sich ändern.
Was die biologische Wertbestimmung betrifft, so ist schon langebekannt, daß die Resultate nicht Anspruch auf große Genauigkeit machen
können, wenn nicht ein sehr großes Tiermaterial für die Versuche ver¬
wendet wird. Vielleicht sind viele Versuche mit einer zu geringen Zahl
von Versuchstieren durchgeführt worden. Die meisten Autoren machen
diesbezüglich keine oder nur unbefriedigende Angaben. Freudweiler26
empfiehlt für einen Versuch etwa 20 Tiere zu verwenden. Die biologischeMethode bezieht sich nicht auf die therapeutische Wirkung, sondern es
wird die Toxizität der im alkoholischen Drogenauszug enthaltenen Gesamt-
alkaloide ermittelt, bezogen auf reines Akonitin.
Infolge der Schwierigkeiten, in der heutigen Kriegszeit Tierversuche
in größerem Maßstab durchzuführen, mußten wir davon absehen, neue
vergleichende Wertbestimmungen nach chemischen und biologischenMethoden durchzuführen und uns damit begnügen, die chemische Bestim¬
mungsmethode (alkalimetrische Titrationsmethode) hinsichtlich Verbesse¬
rungsfähigkeit zu überprüfen. Es interessierte uns insbesondere auch die
Frage, ob es möglich wäre, außer den ätherlöslichen Gesamtalkaloiden
der Akonitdroge ihren Gehalt an dem Hauptalkaloid Akonitin zu ermitteln*.
III. Physikalische und chemische Spezialmethoden zur Bestimmungdes Akonitins.
1. Spektrographische Methode.
Es wird eine ätherische Alkaloidlösung hergestellt und die Intensität
der zwei Absorptionslinien im Ultraviolett mit jener einer ätherischen
Lösung von reinem Akonitin mit bekanntem Gehalt verglichen. Die äthe¬
rische Lösung mit dem unbekannten Alkaloidgehalt wird so lange ver¬
dünnt, bis die Absorptionslinien im Absorptionsspektrum die gleiche Inten¬
sität aufweisen wie die reine Akonitinlösung. Nach diesem Verfahren läßt
sich nach Lecoq der Alkaloidgehalt mit einer Genauigkeit von ± 0,2 %ermitteln.
* Neuerdings fordert die Pharmakopöe-Kommission zur Revision des Arzneibuches
der Vereinigten Staaten die Wissenschaftler und Laboratorien auf, an der Lösung der
Frage der chemischen Auswertung von Akonit mitzuarbeiten [siehe Rev. Farm., p. 142
(1942); ref. Pharm. Ztrh. 84, 55 (1943)].
116
2. Chemische Methoden.
a) Verfahren nach Baker und Jordan36.
Dieses Verfahren beruht auf den Feststellungen, daß Benzoylakoninin Gegenwart von teilweise mit NH4C1 gesättigter Ammoniakflüssigkeit(Pufferlösung) in Aether wenig löslich ist. Als Pufferlösung soll nach den
Autoren eine Lösung am geeignetsten sein, welche 0,0159 n ist in bezugauf Ammoniak und 0,75 n in bezug auf Ammoniumchlorid. Bei Versuchen
mit reinem Akonitin erhielten sie im Mittel 0,93 % Verlust und von rei¬
nem Benzoylakonin gingen im Mittel 9,86 % in den Aether über. Die
Autoren empfehlen folgendes Verfahren:
Zu 10 cm3 Fluidextrakt oder 100 cm3 Tinktur fügt man 1 cm3 lOprozentige Schwe¬
felsäure und verdampft den Weingeist auf dem Wasserbad. Man fügt 20 cm3 Wasser
hinzu und gießt die Lösung durch ein Papierfilter in einen Scheidetrichter. Das Filter
wird mit kleinen Mengen Wasser, dann mit angesäuertem Wasser nachgewaschen. Die
filtrierte Lösung schüttelt man mit 20 cm3 Aether, um die färbenden Bestandteile zu
entfernen. Nach Abtrennung des Aethers fügt man vorsichtig lOprozentige Ammoniak¬
lösung hinzu, bis die Lösung auf Lackmus schwach alkalisch reagiert und extrahiert
die Alkaloide wiederholt mit Aether. Zu den vereinigten Aetherausschüttelungen gibtman 10 cm3 0,01 n-Säure, destilliert den Aether auf dem Wasserbad ab, kühlt ab und
bestimmt den Säureüberschuß mit 0,01 n-Lauge und Methylrot als Indikator. Die ver¬
brauchte Anzahl cm3 0,01 n-Säure multipliziert mit 6,45 ergibt die Gesamtalkaloide in mg,berechnet als Akonitin (=h). Die neutralisierte Alkaloidlösung spült man in einen
Scheidetrichter, der 50 cm3 der Pufferlösung (0,0159 n-NH40H und 0,75 n-NH4Cl) enthält
und extrahiert die Alkaloide durch 4maliges Schütteln während 10 Minuten mit je25 cm3 Aether. Die vereinigten Aetherausschüttelungen versetzt man mit 10 cm3 0,01 n-
Säure, destilliert den Aether auf dem Wasserbad ab und bestimmt den Säureüberschuß
mit 0,01 n-Lauge und Methylrot als Indikator. Die bei dieser Titration verbrauchte
Anzahl cm3 0,01 n-Säure ist der substituierte, Wert für y in der Gleichung. Die Berech¬
nung des Akonitingehaltes geschieht nach der Formel:
A = 7,236 • y— 0,1106 • h
A = mg Akonitin;y = Anzahl cm3 0,01 n-Säure, welche bei der Endtitration
durch die Alkaloide gebunden werden;h = Gesamtalkaloide in mg, berechnet als Akonitin.
b) Verfahren von Bronkhorst18.
Nach diesem Verfahren wird die bei der alkalischen Verseifung des
Akonitins abgespaltene Benzoesäure titrimetrisch bestimmt. Die gebildeteEssigsäure wird durch 24stündiges Stehen im Vakuum-Exsikkator vorher
entfernt. Diese Methode erlaubt unseres Erachtens auf Grund der ermit¬
telten Benzoesäure nicht eindeutig auf Akonitin zu schließen, denn Ben¬
zoylakonin liefert bei der alkalischen Verseifung ebenfalls Benzoesäure.
Bronkhorst bestätigte aber bei der Droge den durch die chemische
Bestimmung erhaltenen Akonitinwert durch die biologische Bestimmung.Daraus könnte geschlossen werden, daß in der Droge praktisch kein Ben¬
zoylakonin vorhanden ist. Bei einer Tinktur mit einem Gesamtalkaloid-
gehalt von 0,130 % und einem Akonitingehalt von 60 % (durch Verseifungermittelt) berechnete Bronkhorst als tödliche Dosis die Injektion von
0,00011 cm3 Tinktur und verbrauchte bei der biologischen Bestimmung0,00012 cm3 Tinktur pro g Tiergewicht.
117
Wären aber in der Tinktur 100 % der Gesamtalkaloide als Akonitin
vorhanden, so würde die tödliche Dosis pro g Meerschweinchen bei der
Injektion von 0,000 068 cm3 Tinktur liegen.Zur Bestimmung des Akonitingehaltes in der Droge arbeitet Bronk-
horst nach folgender Methode:
Die bei der Bestimmung der Gesamtalkaloide erhaltene neutrale Lösung, welche
die Alkaloide aus 2 g oder 2,25 g Droge enthält, wird mit einigen Tropfen 0,05 n-Säure
versetzt und in einer Schale auf dem Wasserbad bis auf einige cm3 eingeengt. Diese
Lösung wird durch ein Papierfilter in einen Scheidetrichter gegossen, Schale und Filter
mit Wasser nachgewaschen und die Alkaloidlösung zur Entfernung von Harz und Fett¬
stoffen mit Aether geschüttelt. Die wässerige Lösung wird in eine Arzneiflaschei von
100 cm3 Inhalt gegossen, mit 50 cm3 Aether und 4 cm3 Ammoniak (10 %) versetzt und
während einigen Minuten kräftig geschüttelt. Nach Zugabe von 3—4 g Tragant wird
der Flascheninhalt nochmals kräftig geschüttelt. Die ätherische Lösung wird in einen
Kolben von 100 cm3 gegossen und der Aether abdestilliert. Die letzten Aetherreste wer¬
den mit der Wasserstrahlpumpe entfernt.Der erhaltene Alkaloidrückstand wird in 2,5 cm3 absolutem Alkohol gelöst und
nach Zusatz von 5 cm3 Wasser und Methylrot als Indikator mit 0,05 n-Säure titrimetrisch
bestimmt.Die titrierte Lösung wird eingedampft, mit 10 cm3 0,5 n-weingeistiger Kalilauge
versetzt und während zwei Stunden auf deim Wasserbad am Rückflußkühler erwärmt.
Nachher wird die Lösung in eine Porzellanschale gespült und fast bis zur Trockene
verdampft. Diese Lösung wird mit verdünnter Schwefelsäure stark sauer gemacht und
mit möglichst wenig Wasser in einen Schüttelzylinder von 100 cm3 Inhalt gespült.Hierauf wird die wässerige Lösung mit einer Mischung von 20 cm3 Aether und
80 cm3 Petroläther ausgeschüttelt. 80 cm3 dieser ätherischen Lösung werden in einen
Kolben von 150 cm3 Inhalt gegossen. Das Lösungsmittel wird auf dem Wasserbad vor¬
sichtig abdastilliert und die letzten Reste desselben nicht durch Erwärmen, sondern
durch Darübersaugen von Luft entfernt. Der Rückstand wird zur Entfernung der
Essigsäure während 24 Stunden in einen Vakuum-Exsikkator gestellt, dann in 2 cm3
96prozentigem Weingeist gelöst, 2,5 cm3 Wasser und 1 Tropfen Phenolphthalein hinzu¬
gegeben und die Benzoesäure durch Titration mit 0,01 n-Lauge bestimmt.Im Blindversuch ist die Menge Lauge für 2 cm3 Weingeist und 2,5 cm3 Wasser
zu ermitteln bis Rotfärbung eintritt. Die verbrauchte Menge Lauge muß bei der Titra¬
tion der Benzoesäure) in Abzug gebracht werden.
1 cm3 0,01 n-Lauge entspricht 1,22 mg Benzoesäure. Die durch Titration ermittelte
Benzoesäure ergibt, mit 10/8 multipliziert, die gesamte Menge Benzoesäure, welche sich
in der wässerigen Lösung befand. Zur Berechnung der Anzahl mg Akonitin, welche im
Alkaloidgemisch vorhanden sind, wird die Benzoesäure mit 5,286 multipliziert.
Nach dieser Methode ermittelte Bronkhorst während zwei Vegetations¬perioden in Wurzeln, Mutter- und Tochter-Knollen von Aconitum NapellusAkonitingehalte, welche 40—99 % des Gesamtalkaloidgehaltes betrugen.Bei Tinctura Aconiti werden nach seinen Untersuchungen nach obigerMethode nur dann richtige Werte für Aconitin erhalten, wenn die Tink¬
tur bei pH 5,2 aufbewahrt wurde.
Zu dieser Methode möchten wir folgendes bemerken:
1. Bronkhorst hätte beim Ausschütteln der gereinigten Alkaloidlösungmit Aether angeben sollen, daß er nicht die Alkaloide der gesamten äthe¬
rischen Lösung zur Bestimmung gelangen läßt, sondern nur einen aliquo¬ten Teil der Aetherlösung, wie bei der Ermittlung des Gesamtalkaloid¬
gehaltes in der Droge.2. Als Ausschüttelungsmittel für die bei der alkalischen Verseifung
abgespaltenen Säuren möchten wir vorschlagen, eine abgewogene statt
118
eine abgemessene Menge der erwähnten Aether-Petroläther-Mischung zu
verwenden.
3. Nach unsern bei Folium Cocae gemachten Erfahrungen ist es auch
hier wahrscheinlich nicht möglich, die ausgeschüttelte Benzoesäure mit
Phenolphthalein als Indikator zu bestimmen.
4. Die Berechnung des Akonitins kann auf einfachere Weise erfolgen:1 cm3 der durch die Benzoesäure gebundenen 0,01 n-Lauge entspricht6,45 mg Akonitin.
C. Eigene Untersuchungen.
Zu unseren Untersuchungen verwendeten wir ein Drogenpulver des
Handels mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 10,16 %.
I. Bestimmung des Gesamt-Alkaloidgehaltes.
Die Bestimmung der ätherlöslichen Alkaloide in Tuber Aconiti führt
Ph. Helv. V nach folgender Vorschrift aus:
6 g Eisenhutknollen (VI) werden in einer Arzneiflasche von 150 cm3 Inhalt mit
60 g Narkose-Aether und 2,5 cm3 verdünntem Ammoniak (2 n) während einer halben
Stunde häufig und kräftig geschüttelt. Dann fügt man 2,5 cm3 Wasser zu und schüttelt
kräftig durch. Man läßt absetzen, gießt 40 g der ätherischen Lösung (= 4 g Droge)durch etwas Watte in einen Erlenmeyerkolben von 150 cm3 Inhalt und destilliert das
Lösungsmittel auf dem Wasserbade ab. Den Rückstand nimmt man noch zweimal mit
je 5 cm3 Aether auf und verdampft auch diesen jeweils vollständig. Dann versetzt man
den Rückstand mit 5 cm3 Weingeist und erwärmt unter häufigem Umschwenken
5 Minuten lang auf dem Wasserbad. Nach Zusatz von 30 cm3 frisch ausgekochtem und
wieder erkaltetem Wasser und 10 Tropfen Methylrot titriert man mit 0,1 n-Salzsäure
bis zur Rotfärbung (Mikrobürette).
1 cm3 0,1 n-HCl = 0,0645 g Alkaloide.
Es müssen wenigstens 0,50 cm3 0,1 n-Salzsäure verbraucht werden, entsprechendeinem Mindestgehalt von 0,8 % Alkaloiden.
Bei unseren Bestimmungen nach dieser Methode machten wir folgendeBeobachtung: Nach Zusatz von 30 cm3 frisch ausgekochtem und wieder
erkaltetem Wasser entstand eine mehr oder weniger starke milchigeTrübung; diese Lösung wies vor dem Indikatorzusatz eine schwach gelbeFarbe auf. Bei Verwendung von Methylrot war der Umschlag des Indika¬
tors von Gelb nach Rot ziemlich unscharf. Bei unserer Droge stellten wir
nach Ausführung einiger Bestimmungen den Umschlagspunkt bei einem
Verbrauch von 0,375—0,385 cm3 0,1 n-HCl fest.
Wegen des undeutlichen Indikatorumschlages ersetzten wir Methyl¬rot durch die beiden in der Literatur empfohlenen Mischindikatoren
Methylrot - Methylenblau und Methylrot - Bromkresolgrün. Die einzelnen
Indikatorlösungen wurden von uns getrennt aufbewahrt und bei Bedarf
gemischt.
119
a) Verwendung von Methylrot-Methylenblau als Indikator.
Vor der Titration fügten wir als Indikator 8 Tropfen Methylrot(Ph. Helv. V) + 1 Tropfen Methylenblau (O,lprozentige weingeistigeLösung) hinzu20. Die zu titrierende Alkaloidlösung nahm nach Zusatz
dieses Indikators eine grüne Farbe an. Beim Umschlagspunkt änderte sich
die Farbe des Indikators von schmutzig blaugrün über graugrün, grau¬violett nach rosaviolett. Diesen Farbton nahmen wir als Endpunkt der
Titration an; denn nach weiterem Zusatz von Säure wurde die rosavioletteFarbe nur noch intensiver. In unserer trüben Titrierlösung war der Farb¬
umschlag dieses Indikators gut erkennbar.
b) Verwendung von Methylrot-Bromkresolgrün als Indikator.
Vor der Titration fügten wir als Indikator 2 Tropfen Bromkresolgrün(O,lprozentige weingeistige Lösung) + 4 Tropfen Methylrot (Ph. Helv. V)hinzu. Bei der Titration änderte sich die Farbe dieses Indikators von
hellgrün über graugrün nach hellrosaviolett. Der Uebergang von Blau
(alkalisch) nach Rotviolett (sauer) war beim Umschlag des Indikators
(graugrün) zu allmählich, so daß diese Werte weniger sicher sind als
diejenigen bei Verwendung von Methylrot-Methylenblau.
Bestimmungsresultate bei Gebrauch der erwähnten Indikatoren:
IndikatorVerbrauch
an 0,1 n-HClin cm3
Alkaloidgehalt .
in'/.
10 Tropfen Methylrot
(Ph. Helv. V)
0,405
0,395
0,385
0,375
0,385
0,653
0,637
0,621
0,604*
0,621im Mittel: 0,627
8 Tropfen Methylrot
(Ph. Helv. V)
+ 1 Tropfen Methylenblau
(0,1 % Weingeist)
0,395
0,380
0,385
0,385
0,382
0,637
0,612
0,621*
0,621*
0,616
im Mittel: 0,621
4 Tropfen Methylrot
(Ph. Helv. V)
+ 2 Tropfen Bromkresolgrün
(0,1 % Weingeist)
0,405
0,415
0,415
0,395
0,654
0,669
0,669
0,637*
im Mittel: 0,657
* Wir betrachten diese Resultate hinsichtlich Endpunkt des
Indikatorumschlages als die besten.
120
Zur Ausführung der Titrationen verwendeten wir eine Mikrobürette
mit einer Einteilung in 0,01 cm3.
Für eine Titration ist, die theoretische Richtigkeit des Umschlags¬punktes vorausgesetzt, jener Indikator zu bevorzugen, der keine langeUebergangsfarbe gibt und eine scharfe Umschlagsfarbe aufweist. Dies ist
beim Indikator Methylrot-Methylenblau der Fall, den wir in der Vor¬
schrift von Ph. Helv. V an Stelle von Methylrot empfehlen möchten. Die
bei Verwendung von Methylrot-Methylenblau als Indikator ermittelten
Alkaloidwerte weisen in obiger Tabelle die geringsten Streuungen auf.
c) Einmalige und erschöpfende Extraktion der Droge.
Es schien uns weiter von Interesse, festzustellen, ob in Tuber Aco-
niti die Gesamtmenge der ätherlöslichen Basen durch einmalige Extrak¬
tion nach der Vorschrift von Ph. Helv. V zur Bestimmung gelangt. Wir
führten mit 6 g Droge, 2,5 cm3 2 n-Ammoniak und Aether die erschöpfendeExtraktion im Soxhlet durch (Probe mit Mayers Reagens). Die Bestim¬
mung wurde nach Ph. Helv. V beendet. Nach Zusatz von 30 cm3 frisch
ausgekochtem und wieder erkaltetem Wasser entstand hier eine so starke
milchige Trübung, daß es nicht möglich war bei Gebrauch der Indikatoren
Methylrot oder Bromkresolgrün-Methylrot die Titration auszuführen; bei
Verwendung des Indikators Methylrot-Methylenblau konnten wir den Um¬
schlagspunkt noch ordentlich gut feststellen. Unmittelbar vor dem Um¬
schlag war die Farbe der Lösung schmutzig gelbgrün bis bräunlich, nach
weiterem Zusatz von Säure hellbraunrotviolett, dann schmutzig rotbraun¬
violett. Als Endpunkt der Titration nahmen wir die erste auftretende
braunrotviolette Farbe an. Wir ermittelten Alkaloidgehalte von 0,653 %,0,633 %, 0,642 %; im Mittel 0,642 %. Aus diesen Resultaten glauben wir
schließen zu dürfen, daß bei Tuber Aconiti durch einmalige Extraktion
mit Aether nach der Vorschrift von Ph. Helv. V praktisch die Gesamt¬
menge der ätherlöslichen Basen zur Bestimmung gelangt.
II. Bestimmung des Akonitins.
1. Untersuchungen zur Methode von Baker und Jordan.
Wir prüften, ob in der von Baker und Jordan35 empfohlenen Methode
zur Bestimmung des Akonitins nicht ein Ammoniakfehler vorliege. Wurde
Wasser, das 4 cm3 verdünntes Ammoniak (etwa 2 n) enthielt, mit 3X20 cm3
Aether ausgeschüttelt, so stellten wir fest, daß bis zu 6,33 cm3 0,01 n-Säure
durch das in den Aether übergegangene Ammoniak gebunden wurden.
Wurde die methylrotneutrale Lösung mit 50 cm3 der Pufferlösung ver¬
setzt, welche ein pH von 8,2 aufwies, und viermal mit je 25 cm3 Aether
ausgeschüttelt, so konnten wir einen Verbrauch bis zu 0,80 cm3 0,01 n-HCl
durch gebundenes Ammoniak feststellen. In beiden Fällen kann dieser
Ammoniakfehler durch vorheriges wiederholtes Abdestillieren des Aethers
behoben werden. Den Grundlagen, auf denen Baker und Jordan die
Berechnungsformel für Akonitin aufgebaut haben, haftet, wie wir ver¬
muteten, der Ammoniakfehler an. Da im Handel kein Benzoylakonin
121
erhältlich war, konnten wir diese Grundlagen keiner weiteren genauen
Nachprüfung unterziehen. Aus diesem Grunde führten wir nach dieser
Methode keine Bestimmungen durch.
2. Ueberprüfung der Methode von Bronkhorst.
In der von Bronkhorst vorgeschlagenen Methode können wir zwei
Hauptoperationen unterscheiden:
a) die Reinigung der titrierten Lösung der Gesamtalkaloide mit nach¬
folgender Titration,b) die alkalische Verseifung des gereinigten Basengemisches und Bestim¬
mung der dabei abgespaltenen Essigsäure und Benzoesäure.
a) Reinigung der Gesamtalkaloide vor oder nach der Titration.
Die nach Ph. Helv. V erhaltene titrierte Alkaloidlösung (IndikatorMethylrot-Methylenblau) verarbeiteten wir nach den Angaben von Bronk¬
horst mit folgenden Aenderungen: Die angesäuerte Alkaloidlösung engtenwir auf 5 g ein. Der Rückstand an der Wandung der Porzellanschale*
wurde dreimal in wenig Aether gelöst, der Aether jeweils in Gegenwartvon je 3 cm3 angesäuertem Wasser verdampft und die wässerige Lösungdurch das Filter gegossen. Der Aether wurde nach dem Schütteln mit der
sauren Alkaloidlösung mit 5 cm3 Wasser säurefrei gewaschen und das
Waschwasser zur wässerigen Phase in eine Arzneiflasche von 150 cms
Inhalt gegossen. Nach Zugabe von 2 cm3 konzentriertem Ammoniak (20bis 25 fo) oder von konzentriertem Ammoniak bis zur alkalischen Reak¬
tion auf Lackmus wurde der Flascheninhalt mit 60 g Narkose-Aether
geschüttelt. Die Basen aus 50 g der Aetherlösung gelangten nachher zur
Bestimmung. Da die zu titrierende Lösung nach Zusatz von 8 TropfenMethylrot eine gelbgrüne Farbe aufwies, setzten wir noch eine SpurMethylenblaulösung hinzu, um die rosaviolette Umschlagsfarbe einwand¬
frei zu erhalten. Bei dieser Titration (in den folgenden Ausführungen2. Titration genannt), die wir nach den Angaben von Ph. Helv. V ausführ¬
ten, erhielten wir Alkaloidwerte von 0,338 %, 0,516 %, 0,445 %, 0,421 %.Die bei dieser Titration erhaltenen Alkaloidwerte sind sehr ungleichmäßigund im Vergleich zu den bei der Bestimmung des Gesamtalkaloidgehaltesder Droge ermittelten Werten bedeutend niedriger. Wir vermuteten, daß
Verluste entstehen durch:
1. Absorption im Papierfilter,2. Zersetzung der schwach sauren Alkaloidlösung (titrierte Alkaloid¬
lösung + 0,3 cm3 0,1 n-HCl) beim Eindampfen auf dem Wasserbad,3. unvollständige Extraktion der Alkaloide aus der alkalisch gemachten,
wässerigen Alkaloidlösung, deren Volumen 25—30 cm3 betrug, durch
einmaliges Ausschütteln mit Aether.
Da wir bei Bronkhorst keine Angaben fanden, versuchten wir uns
Klarheit zu verschaffen, worauf die niedrigen und ungleichmäßigen Alka¬
loidwerte beruhen.
* Nach unsern Feststellungen waren in diesem Harzrückstand bis 0,05 % basische
Stoffe enthalten, berechnet als Akonitin.
122
In den folgenden Bestimmungen versetzten wir die bei der Bestim¬
mung des Gesamtalkaloidgehaltes erhaltene titrierte Lösung
a) mit 0,3 cm3 0,1 n-HCl,b) mit 4 cm3 verdünnter Salzsäure (etwa 2 n)
und engten dieselbe auf dem Wasserbad auf 5 g ein. Die Bestimmungerfolgte nach den bisherigen Angaben; aber die eingeengte saure Alkaloid¬
lösung wurde nicht durch ein Papierfilter filtriert, sondern durch Watte
gegossen und die alkalisch gemachte Lösung wiederholt mit Narkose-Aether
ausgeschüttelt. Wir erhielten folgende Werte:
nach a) 0,343 %, 0,410 % 0,400 %nach b) 0,389 %, 0,437 % 0,441 %.
Wurde die mit 4 cm3 verdünnter Salzsäure R. versetzte titrierte Alka¬
loidlösung während 1 Stunde oder während 15 Minuten auf dem Wasser¬bad erwärmt, so erhielten wir im ersteren Fall 0,446 % und im letzteren
Fall 0,437 % Alkaloide.
Wir sehen, daß die bei der 2. Titration ermittelten Werte bei wieder¬
holtem Ausschütteln mit Narkose-Aether keine wesentlichen Unterschiede
gegenüber den früher erhaltenen Werten aufweisen. Beim Einengen der
schwach sauren oder stark angesäuerten Alkaloidlösung auf dem Wasser¬bad sind die gefundenen Werte sozusagen gleich. Die Dauer des Erwär¬
mens hat also keinen Einfluß auf die Resultate.
In einer Akonitinlösung, welche etwa 0,03 g Akonitin enthielt, ermit¬
telten wir den Gehalt durch indirekte Titration, versetzten die titrierte
Lösung im einen Fall mit 0,3 cm3 0,1 n-HCl, im andern Fall mit 4 cm3 ver¬
dünnter Salzsäure (etwa 2 n), engten auf dem Wasserbad auf 5 g ein und
schüttelten die Base nach Zusatz von Ammoniak wiederholt mit Narkose-
Aether aus. Wir stellten in beiden Fällen bei der 2. Titration den gleichenVerbrauch an 0,1 n-HCl fest wie bei der Bestimmung des Akonitingehaltes.
In unserer modifizierten Arbeitsweise ersetzten wir überall den
Aether durch <Chloriso» (3 Vol. Chloroform + 1 Vol. Isopropylalkohol)als Ausschüttelungsmittel. Die saure Alkaloidlösung wurde nach dem Ein¬
dampfen auf dem Wasserbad durch Watte in einen Scheidetrichter gegos¬sen und die Watte mit kleinen Mengen Wasser nachgespült. Die mit Am¬
moniak alkalisch gemachte Alkaloidlösung schüttelten wir wiederholt mit
«Chloriso» aus. Die Ausschüttelungen wurden durch Watte gegossen und
das Lösungsmittel auf dem Wasserbad abdestilliert. Die letzten Reste des¬
selben entfernten wir durch Darübersaugen von Luft. Um sicher zu sein,daß alles Ammoniak entfernt ist, wurde der Rückstand zweimal mit je5 cm3 Narkose-Aether aufgenommen und der Aether jeweils vollständigverdampft. Die Titration führten wir nach den Angaben von Ph. Helv. V
aus und erhielten nun Werte von 0,516 %, 0,484 %, 0,506 %, 0,464 %.Die Resultate sind etwas höher als die bisher mit Aether als Aus¬
schüttelungsmittel erhaltenen Werte. Wir geben «Chloriso» als Ausschüt¬
telungsmittel den Vorzug, um, ausgehend von 6 g Droge, möglichst viele
Basen zur Verseifung bringen zu können. Nach wiederholtem Ausschütteln
mit Aether oder «Chloriso» gab die wässerige ammoniakalische Lösungnach Ansäuern mit Salzsäure keine positive Alkaloidreaktion mehr (Pro-
123
ben mit Mayers und Dragendorffs Reagens). Nach unseren Feststellungenhielt die Watte keine Alkaloide zurück.
Die Vermutung lag nahe, daß sich vielleicht wasserdampfflüchtigeAlkaloide in der titrierten Lösung der Gesamtalkaloide vorfinden. Um
dies abzuklären, wurde die titrierte Lösung im Erlenmeyerkolben auf
freiem Feuer eingeengt und die Destillate in kleinen Portionen aufge¬fangen. In diesen Destillaten konnten wir nach Ansäuern in keinem Falle
Alkaloid nachweisen (Proben mit Mayers und Dragendorffs Reagens). Bei
Gebrauch von «Chloriso» als Ausschüttelungsmittel erhielten wir hier
einen Alkaloidwert von 0,474 %.Gstirner37 empfiehlt folgendes Verfahren für die Bestimmung der
Alkaloide in Tuber Aconiti:
Den nach der Destillation des Aethers erhaltenen Rückstand löst man in 10 cm3
Aether und fügt 25 g 0,25prozentige Salzsäure hinzu. Man schüttelt einige Male kräftigum und vertreibt den Aether auf dem Wasserbad. Nach dem Erkalten ergänzt man die
Flüssigkeitsmenge mit 0,25prozentiger Salzsäure auf 25 g. Man filtriert 20 g der sauren
Alkaloidlösung durch ein Faltenfilter (Durchmesser 10 cm) von den abgeschiedenenStoffen ab, alkalisiert mit lOprozentigem Ammoniak und schüttelt wiederholt mit
Chloroform aus (15, 10, 10 cm3 usw.). Die Chloroformausschüttelungen werden durch
ein glattes Filter von 5,5 cm Durchmesser in ein Kölbchen von 100 cm3 Inhalt filtriert,das Chloroform auf dem Wasserbad abdestilliert, der Rückstand in 10 cm3 Weingeistgelöst und nach Zusatz von 5 cm3 Wasser und 3 Tropfen Methylrot (0,2%) mit 0,1 n-
Salzsäure titriert.
Ausgehend von 6 g Droge, wobei 20 g saures Filtrat = 3,2 g Droge ent¬
sprechen, führten wir Bestimmungen nach dieser Vorschrift aus. Die
Chloroformlösungen wurden aber durch Watte gegossen, um möglichekleine Absorptionsverluste durch das Papierfilter zu verhindern. Der Rück¬
stand wurde nach Destillation des Chloroforms zweimal mit je 5 cm3 Nar-
kose-Aether aufgenommen und der Aether jeweils vollständig verdampft,um den Ammoniakfehler auszuschalten. Die Titration führten wir nach
den Angaben von Ph. Helv. V aus und erhielten Alkaloidwerte von 0,502 %,
0,521%, 0,449 %.
Diese Werte weisen eine ziemlich große Streuung auf; sie unterschei¬
den sich nicht wesentlich von den bei der 2. Titration bisher von uns ermit¬
telten Werten. Bronkhorst erhielt nach dieser Methode einen um nur
0,05 % kleineren Alkaloidgehalt als nach der Vorschrift von Ph. Helv. V.
Zusammenfassend können wir sagen, daß bei der vorliegenden Drogenach unseren bisherigen Untersuchungen beim Einengen der nach
Ph. Helv. V erhaltenen angesäuerten titrierten Alkaloidlösung auf dem
Wasserbad ein Verlust an basischen Stoffen eintritt. Nach unseren Fest¬
stellungen werden diese Verluste weder durch teilweise Zersetzung des
Akonitins noch durch wasserdampfflüchtige Alkaloide verursacht; es kann
sich auch kaum um eine Zersetzung des Benzoylakonins handeln, weil die
mit Aether oder «Chloriso» wiederholt ausgeschüttelte Lösung keine posi¬tive Alkaloidreaktion mehr gab. Vielleicht handelt es sich um unbekannte
basische Körper, die als Vorstufen bei der Synthese des Akonitins in der
Pflanze auftreten, und die in saurer Lösung in der Wärme eine Zerset-
37 F. Gstirner, Pharm. Ztrh. 73, 467 (1932).
124
zung erleiden. Zur Abklärung dieser Frage wären einläßliche Untersu¬
chungen nötig.
b) Alkalische Verseifung des gereinigten Basengemisches und Bestimmungder dabei abgespaltenen Essigsäure und Benzoesäure.
Bronkhorst bestimmte in Aconitin. amorph, den Gehalt an Akonitin
und Benzoylakonin folgendermaßen:
Eine abgewogene Menge Substanz wurde mit 5 cm3 0,0787 n- (=39,35 cm3 0,01 n-)weingeistiger Kalilauge verseift und die überschüssige Lauge durch Titration mit 0,01 n-
Säure bestimmt. Die Säuren, welche bei der alkalischen Verseifung Lauge gebundenhaben, sind Essig- und Benzoesäure von Akonitin und Benzoesäure von Benzoylakonin.Nach Bestimmung der Benzoesäure ergibt die Differenz der Benzoesäure zu der durch
sämtliche Säuren gebundenen Lauge die Menge Essigsäure, die dem vorhandenen Ako¬
nitin entspricht, weil Akonitin bei der Verseifung äquivalente Mengen Essig- und
Benzoesäure abspaltet. Wird die durch die Essigsäure gebundene Menge 0,01 n-Laugevon der durch Titration der Benzoesäure ermittelten 0,01 n-Lauge abgezählt, so erhält
man den Verbrauch an 0,01 n-Lauge, welche der Benzoesäure, herrührend von Benzoyl¬akonin, entspricht.
Berechnungsbeispiel von Bronkhorst:
Einwaage : 100 mg amorphes Akonitin
zur Verseifung verwendet:
5 cm3 0,0787 n- (= 39,35 cm3 0,01 n-) weingeistige Kalilaugedurch Essig- und Benzoesäure gebunden:
21,53 cm3 0,01 n-weingeistige Kalilaugedurch Benzoesäure gebunden: 13,75 cm3 0,01 n-Laugedaher durch Essigsäure gebunden (entspricht der Benzoesäure, abgespalten von
Akonitin) :
7,78 cm3 0,01 n-Lauge = 50,17 mg Akonitin
durch Benzoesäure, herrührend von Benzoylakonin, gebunden:5,97 cm3 0,01 n-Lauge = 34,9 mg Benzoylakonin
der Rest ergibt Akonin; in diesem Fall 14,93 mg.
Bei der von Bronkhorst vorgeschlagenen Methode schüttelten wir die
Essig- und Benzoesäure mit 60 g einer Mischung von 20 Vol. Aether +80 Vol. Petroläther aus, wobei 50 g der Aether-Petroläther-Lösung zur,
Bestimmung gelangten. Ferner änderten wir in dieser Vorschrift die
Titration der Benzoesäure ab. Durch die alkalische Verseifung der titrier¬
ten Lösung auf dem Wasserbad oder auf freiem Feuer trat nur eine teil¬
weise Zerstörung des Mischindikators auf, so daß wir nicht auf Phenol¬
phthalein als Indikator titrieren konnten. Wird überschüssige Lauge vor¬
gelegt und werden 0,01 n-Lösungen verwendet, die auf Phenolphthaleineingestellt sind, so müßte bei der Titration bis zum Umschlagspunkt von
Methylrot-Methylenblau ein Faktor verwendet werden. In unserem Falle
wäre die durch indirekte Titration bestimmte Anzahl cm3 0,01 n-Laugemit dem von uns ermittelten Faktor 1,038 zu multiplizieren. Solche Fak¬
toren enthalten immer eine gewisse Ungenauigkeit; wegen des hohen Mole¬
kulargewichtes von Akonitin, und weil der durch Titration für die Ben¬
zoesäure ermittelte Wert mit 6/5 multipliziert werden muß, vergrößertsich der Fehler rasch. Um diesen Faktor zu vermeiden, lösten wir die
Benzoesäure in überschüssiger 0,01 n-NaOH (auf Methylrot eingestellt)und bestimmten den Ueberschuß an Lauge nach Zusatz von 5 cm3 frisch
ausgekochtem und wieder erkaltetem Wasser mit 0,01 n-HCl (auf Methyl-
125
rot eingestellt) und Methylrot-Methylenblau als Indikator. Ein Unterschied
von 0,02 cm3 0,01 n-NaOH macht bei unserer Droge in bezug auf den
Gesamtalkaloidgehalt eine Differenz von 0,03 % und in bezug auf den
Gesamtakonitingehalt eine Differenz von 0,62 % aus.
Für die Titration lösten wir die Benzoesäure in der entsprechendenAnzahl cm3 0,01 n-Lauge, wie bei der Bestimmung der Gesamtalkaloide
0,1 n-Säure verbraucht worden war, und ergänzten auf den folgendenhalben oder ganzen Kubikzentimeter. In unserem Falle müssen wir
4,00 cm3 0,01 n-NaOH verwenden. Wir fügten 10 Tropfen Methylrot(Ph. Helv. V) + 1 Tropfen Methylenblau (0,1 % in Weingeist) hinzu und
titrierten bei gutem Tageslicht bis zum Farbumschlag nach Rosaviolett.
Bei Verwendung von «Chloriso» als Ausschüttelungsmittel für die
Alkaloidbasen aus der auf dem Wasserbad eingeengten Alkaloidlösungstellten wir nach Entfernung der Essigsäure im Vakuum-Exsikkator für
die Benzoesäure folgenden Verbrauch an 0,01 n-NaOH fest:
0,01 n-NaOH durch die
Benzoesäure gebunden
mgAkonitin
•/.
Akonitinin der
Droge
Akonitin
in •/• des GSesamt-
alkaloidgehaltesvon 0,621 •/•
in 50 gAether-
Petroläther-
Mischung
auf 60 gAether-
Petroläther
berechnet
1.04 cm3
1,02 cm'
1.05 cm'
1,01 cm'
1,05 cm'
1,248 cm'
1,224 cm'
1,260 cm'
1,212 cm'
1,260 cm'
8,0496
7,8948
8,1270
7,8174
8,1270
im Mittel:
0,201
0,197
0,203
0,195
0,203
0,20
32,37
31,72
32,69
31,40
32,69
32,17
Die erhaltenen Werte sind noch viel kleiner als die bei der 2. Titra¬
tion ermittelten Alkaloidgehalte. Zur Kontrolle dieser Werte führten wir
die Verseifung mit einer genau abgemessenen Menge 0,01 n-NaOH (10 cm3)aus und bestimmten nach dem Erkalten die durch die Essig- und Benzoe¬
säure gebundene Lauge, abzüglich der durch die Titration von den Alka¬
loidbasen gebundenen Menge 0,01 n-HCl. Die titrierte Lösung wurde vor
dem Zusatz der 0,01 n-NaOH auf dem Wasserbad nicht eingeengt. An
Indikatorlösung setzten wir soviel Methylrot-Methylenblau hinzu, daß eine
schöne grüne Farbe entstand. Der Umschlag des Indikators war aber nicht
mehr so deutlich sichtbar wie bei den bisherigen Analysen. Wir führten
noch Bestimmungen aus, bei denen wir vor der Verseifung den Gehaltdurch Titration der auf dem Wasserbad eingeengten Alkaloidlösung nicht
ermittelten. Wir stellten fest, daß bei Verseifung von etwa 30 mg krist.Akonitin mit 10 cm3 0,01 n-NaOH ein direktes Erwärmen mit kleinerFlamme während vier Stunden genügte. Diese Arbeitsweise erlaubte uns
zugleich festzustellen, ob in der Droge nur Akonitin oder auch Benzoyl-akonin vorhanden ist (vgl. Bestimmungsmethode von Bronkhorst). Wir
ermittelten die in Tabelle 1 zusammengestellten Werte.
126
Tabelle 1.
Bestimmungdes Gesamt-
alkaloid-
gehaltes.
Verbrauch
an 0,1 n-HCl
2. Titration
(nach der
Reinigung)
Verbrauch an
0,01 n-HCl
Menge 0,01 n-NaOH gebunden durch
Essigsäureberechnet auf
60 g Aether-
Petroläther-
Lösung
(= 4 g Droge)
Essig- undBenzoesäure
(0,1 n-, bzw.
0,01 n-HCl bei
Verseifungder Alkaloid-
Chlorhydrateabgerechnet)
Benzoesäure in
50 g | GO g
Aether-Petroläther-
Lösung
1.
2.
3.
4.
0,385 cm3
0,380 cm'
0,390 cm3
0,388 cm3
3,16 cm'
Reinigung ohne
nachfolgendeTitration
wie 2.
ohne Reini¬
gung direkt
verseift
2,50 cm3
2,52 cm3
2,50 cm'
2,44 cm' (?)
1,05 cm3
1,05 cm'
1,03 cm3
1,07 cm3
1,26 cm3
1,26 cm'
1,236 cm3
1,28 cm3
1,24 cm3
1,26 cm'
1,264 cm'
1,16 cm3 (?)
Bei Ausführung dieser Analysen war bei den Versuchen 2 und 3 der
Farbumschlag des Mischindikators bei der Titration der überschüssigen0,01 n-NaOH, welche nicht durch Essig- und Benzoesäure gebunden wor¬
den war, am deutlichsten sichtbar; diese Werte sprechen wir als die
besten an. Bei Versuch 4 war der Umschlag des Indikators sehr schlecht
erkennbar.
Nach der Reinigung der titrierten Lösung der Gesamtalkaloide scheint
uns die 2. Titration überflüssig zu sein, da dieselbe wohl in den meisten
Fällen zum ermittelten Akonitingehalt in keinem eigentlichen Verhältnis
steht. Der bei der Reinigung erhaltene Rückstand wird am besten in 5 cm3
Weingeist gelöst, mit 10 cm3 0,01 n-NaOH versetzt und während vier Stun¬
den auf kleiner Flamme am Rückflußkühler erwärmt. Wir führten die
gleiche Bestimmung noch an drei andern Drogenmustern aus, welche min¬
destens fünf Jahre gelagert hatten. In Tabelle 2 sind die Resultate
zusammengestellt.
Tabelle 2.
Droge
Gcsamt-
alkaloid-
gehalt
0,01 n-NaOH,durch
Benzoe- und
Essigsäuregebunden
0,01 mNaOH, durch
die Benzoesäure
gebunden in
50 g | 60 gAether-Petroläther-
Lösung
AkonitinAkonitin in */o
des Gesamt-
alkaloidgehaltes
I
II
III
IV
0,62
0,61
0,48
0,53
2,52-2,50 cm3
1,25-1,20 cm3
0,80 cm'
1,33 cm'
1,03 cm'
0,53 cm'
0,35 cm'
0,56 cm3
1,241 cm'
0,636 cm'
0,42 cm3
0,672 cm'
0,20
0,102
0,065
0,108
32,17
16,64
13,47
20,34
127
Bei der Titration der Essig- und Benzoesäure erhielten wir immer
etwas zu niedere Werte, weil infolge des unscharfen Indikatorumschlagesmeist übertitriert wird.
Unsere Versuche bestätigen die Angaben von Bronkhorst, daß in der
Droge praktisch kein Benzoylakonin vorkommt. Im andern Fall hätten
wir bei der Bestimmung der Essig- und Benzoesäure einen größeren Ver¬
brauch an 0,01 n-NaOH feststellen müssen. Die Ermittlung der durch die
Essigsäure und Benzoesäure gebundenen 0,01 n-NaOH darf also in der
Droge vernachlässigt werden; in Tinctura Aconiti Ph. Helv. V wäre aber
unseres Erachtens diese Bestimmung infolge eventuell eingetretenerHydrolyse des Akonitins am Platze. Durch Versuche an reinem Akonitin
konnten wir die Brauchbarkeit dieses Analysenganges bestätigen. Zur
Entfernung der Essigsäure im Vakuum-Exsikkator erreichten wir mit der
Wasserstrahlpumpe ein Vakuum von 12—15 mm Hg.Zur Bestimmung des Akonitingehaltes in Tuber Aconiti möchten wir
folgende Methode empfehlen:
Die Bestimmung des Gesamtalkaloidgehaltes erfolgt nach den Angaben von
Ph. Helv. V ; bei dieser Vorschrift schlagen wir aber vor, den Indikator Methylrot wegendes besseren Farbumschlages durch den Mischindikator von 8 Tropfen Methylrot +1 Tropfen Methylenblau (0,1 % in Weingeist) zu ersetzen. Man titriert bis zum Farb¬
umschlag nach Rosaviolett.
Die titrierte Lösung wird mit 10 Tropfen 0,1 n-Salzsäure versetzt, in eine Porzel¬
lanschale gespült und auf dem Wasserbad auf 10 g eingeengt. Die eingeengte Lösungwird durch Watte in einen Sche^idetrichter von 100 cm3 Inhalt gegossen. Der Rückstand
in der Schale wird dreimal in wenig Aether gelöst, der Aether nach Zusatz von 3 cm3
schwach angesäuertem Wasser jeweils verdampft und diese saure Lösung ebenfalls
durch die Watte in den Scheidetrichter gegossen. Porzellanschale und Watte werden,falls notwendig, mit wenig angesäuertem Wasser nachgewaschen (Probe mit MayersReagens). Die saure Lösung im Scheidetrichter wird zweimal mit je 10 cm3 Chloroform-
Isopropylalkohol (3 Vol. + 1 Vol.) geschüttelt. Das organische Lösungsmittel wird in
einen zweiten Scheidetrichter abfließen gelassen und mit 10 cm3 Wasser geschüttelt.Nach Trennung der Schichten wird das Wasser zur sauren Alkaloidlösung im Scheide¬
trichter gegossen. Der Inhalt des ersten Scheidetrichters wird mit verdünntem Ammo¬
niak (etwa 2 n) bis zur deutlichen alkalischen Relaktion versetzt und mit 30 cm3, dann
mit 20 cm3 und schließlich noch zweimal oder so oft mit je 10 cm3 Chloroform-Isopropyl-alkohol ausgeschüttelt, bis einige Tropfen der letzten Ausschüttelung, nach dem Ab¬
dampfen und Aufnehmen mit einigen Tropfen verdünnter Salzsäure (etwa 2n), durch
2—3 Tropfen Mayers Reagens nicht mehr getrübt werden. Die Auszüge gießt man nach¬
einander durch etwas Watte in einen Erlenmeyerkolben von 200 cm3 Inhalt und destil¬
liert das Lösungsmittel auf dem Wasserbad ab. Die letzten Reste desselben werden
durch Darübersaugen von Luft e'ntfernt. Der Rückstand wird in 3 cm3 Weingeist gelöst,10 cm3 0,5 n-weingeistige Kalilauge und 10 cm3 Wasser hinzugefügt und diese Lösungwährend zwei Stunden mit kleiner Flamme auf freiem Feuer am Rückflußkühler zum
Sieden erhitzt.
Will man die bei der Verseifung abgespaltene Menge Essig- und Benzoesäure
(Tinctura Aconiti) bestimmen, so möchten wir vorschlagen, den Alkaloidrückstand in
5 cm3 Weingeist zu lösen und nach Zusatz von 10 bis 15 cm3 0,01 n-Natronlauge (genaugemessen) die Verseifung durch vierstündiges Kochen am Rückflußkühler auszuführen.
Nach dem Erkalten wird die überschüssige Lauge durch Titration mit 0,01 n-Salzsäure
nach Zusatz von 10 Tropfen Methylrot + 1 Tropfen Methylenblau (0,1 % in Weingeist)als Indikator bis zum Farbumschlag nach Rosaviolett ermittelt.
Die durch Verseifung erhaltene Lösung wird in eine Porzellanschale gespült undauf dem Wasserbad auf 5 g eingeengt (die durch Titration erhaltene Lösung wird nachZusatz von 2 cm3 verdünnter Natronlauge (etwa 2 n) auf deim Wasserbad eingeengt),unter Nachspülen mit möglichst wenig Wasser in eine Arzneiflasche von 150 cm3 Inhalt
gegossen und mit 10 cm3 verdünnter Schwefelsäure (etwa 2 n) stark sauer gemacht.
128
Der Flascheninhalt wird mit 60 g einer Mischung von 20 cm3 Aether + 80 cm3 Petrol-
äther während V» Stunde in der Schüttelmaschine geschüttelt. 50 g dieser ätherischen
Lösung werden durch Watte in einen Erlenmeyerkolben von 150 cm3 Inhalt gegossen.Das Lösungsmittel wird auf dem Waserbad vorsichtig abdestilliert. Die letzten Reste
desselben werden nicht durch Erwärmen, sondern durch Darübersaugen von Luft ent¬
fernt. Der Erlenmeyerkolben wird mit dem Rückstand während 24 Stunden im Vakuum-
Exsikkator aufbewahrt. Der Rückstand wird in 5 cm3 0,01 n-NaOH (auf Methylrot ein¬
gestellt) gelöst, 5 cm3 frisch ausgekochtes und wieder erkaltetes Wasser hinzugefügtund die überschüssige Natronlauge mit 0,01 n-Salzsäure (auf Methylrot eingestellt) und
8—10 Tropfen Methylrot + 1 Tropfen Methylenblau (0,1 % in Weingeist) als Indikator
bis zum Farbumschlag nach Rosaviolett bestimmt (Mikrobürette).Die durch die Benzoesäure gebundene Natronlauge ergibt, multipliziert mit 6/5,
die Menge Benzoesäure, die dem Akonitin aus 4 g Droge entspricht.
1 cm3 0,01n-NaOH = 6,45 mg Akonitin.
Im Blindversuch ist die Menge 0,01 n-NaOH festzustellen, welche durch die mit
Aether-Pelroläther ausgeschüttelten Spuren Säure gebunden wird und von der durch
die Benzoesäure gebundenen Anzahl cm3 0,01 n-NaOH abzuzählen. Ebenfalls ist im
Blindversuch der Verbrauch an 0,01 n-HCl für 5 cm3 frisch ausgekochtes und wieder
erkaltetes Wasser zu ermitteln und von der zur Titration verbrauchten Menge 0,01 n-HClin Abzug zu bringen.
Die Maximaldosen der einzelnen Arzneibücher für Tuber Aconiti sind,wie die Zusammenstellung in Tabelle 3 zeigt, stark voneinander abwei¬
chend, wenn angenommen wird, daß in der Droge nur reines Akonitin
vorhanden ist.Tabelle 3.
Alkaloidgehalt Dosis maxima Entspricht reinem
des Pulvers Simplex pro die Akonitin in mg
Ph.Helv.V.
. . 0,5% 0,02 g 0,06 g 0,10 bzw. 0,30Ph. Belg. IV
1. Supplement. . 0,5% 0,05 g 0,15 g 0,25 bzw. 0,75
Codex Gall. 6. . 0,5% 0,05 g 0,15 g 0,25 bzw. 0,75
Suom.F.VI. . . 0,5% 0,03 g 0,10 g 0,15 bzw. 0,50
Ergb. D. A.B. 6. .
mind. 0,8 % 0,02 g 0,06 g 0,16 bzw. 0,46
mittlere Einzel¬
gabe 0,01 g 0,08
F.Espan.VIII . . lOprozentige Tinktur.
Tödliche Dosis pro g
Körpergewicht muß bei
Injektion von 0,00035bis 0,00045 cm3 Tink¬
tur liegen.(Mittel 0,0004 cm3.)
0,01 g 0,05 g 0,018 bzw. 0,090
ü. S. P. XI1937
Supplement . . lOprozentige Tinktur, mittlere Dosis
bereitet aus 0,1 g Droge, 0,06 g 0,09muß in 1 cm3 eine Ak¬
tivität besitzen, die min¬
destens jener von 0,150
Milligramm reinem
Akonitin entspricht.
129
U. S. P. XI verlangt in Akonitdroge auf Grund der biologischen Prü¬
fung einen Alkaloidgehalt, der mindestens 0,15 % Akonitin entspricht.Ph. Helv. V nimmt den Gesamtalkaloidgehalt — 100 % Akonitin an und
basiert darauf die Maximaldosen. Nach den neueren chemischen und bio¬
logischen Untersuchungen dürfte aber der Akonitingehalt selten 100 %der ätherlöslichen Basen ausmachen. Wahrscheinlich haben Ph. Belg. IV
1. Supplement, Codex Gall. 6 und Suom. F. VI diesen Tatsachen Rechnunggetragen, indem sie für das auf 0,5 % ätherlösliche Gesamtalkaloide ein¬
gestellte Akonitpulver höhere Maximaldosen als Ph. Helv. V festgesetzthaben. Bronkhorst ermittelte nach der chemischen Bestimmung bei im
Herbst gesammelten Drogen Akonitingehalte, welche 57,8—66 % der äther¬
löslichen Gesamtalkaloide entsprachen. Bei den von uns untersuchten
Drogen fanden wir als höchsten Akonitingehalt einen Wert, der 32,17%der ätherlöslichen Gesamtalkaloide ausmacht. Um für Arzneibuchzwecke
eine Minimalforderung an Akonitin, bezogen auf den Gesamtgehalt an
ätherlöslichen Basen, aufstellen zu können, sind noch systematische Unter¬
suchungen notwendig. Ferner sollte durch einläßliche chemische und bio¬
logische Untersuchungen festgestellt werden, ob der Toxizitätswert im
wesentlichen nur durch den Akonitingehalt bedingt wird, oder ob die
Begleitalkaloide an demselben auch noch beteiligt sind.
D. Zusammenfassung.
I. Es wird eine Uebersicht über die bis jetzt in Aconitum Napellusnachgewiesenen basischen Körper und über die wichtigsten Wertbestim-
nmngsmethoden dieser Droge gegeben.II. In eigenen Untersuchungen über die Bestimmung des Gesamt-
alkaloidgehaltes und über die Bestimmung des Akonitins in der Drogehaben wir folgendes festgestellt:
1. Die Extraktion nach der Vorschrift von Ph. Helv. V zur Bestim¬
mung des Gesamtgehaltes der ätherlöslichen Basen in Tuber Aconiti ist
praktisch quantitativ. Für die Titration möchten wir empfehlen, in der
Vorschrift dieser Methode den Indikator Methylrot durch den Mischindi¬
kator von 8 Tropfen Methylrot + 1 Tropfen Methylenblau (0,1 % in
Weingeist) zu ersetzen. Man titriert bis zum Farbumschlag nach Rosa¬
violett.
2. Bei der Akonitinbestimmung nach der Methode von Baker und
Jordan wird auch eine gewisse Menge Ammoniak als Akonitin mitbestimmt.
3. Zur Bestimmung des Akonitins in der Droge kann die Methode
von Bronkhorst mit folgenden Aenderungen empfohlen werden:
a) Die saure Alkaloidlösung wird nach dem Verdampfen des Alko¬
hols (Reinigung) mit Chloroform-Isopropylalkohol (3 Vol. + 1 Vol.) aus¬
geschüttelt; aus der ammoniakalischen Lösung werden die Alkaloidbasen
ebenfalls mit Chloroform-Isopropylalkohol statt mit Aether ausgeschüttelt.b) Die Titration nach der Reinigung der Alkaloidbasen kann unseres
Erachtens vernachlässigt werden, da diese Werte wohl in den meisten Fäl-
130
len weder zum Gesamtalkaloidgehalt noch zum ermittelten Akonitinwert
Beziehung haben.
c) Die Benzoesäure wird in überschüssiger 0,01 n-NaOH gelöst und
der Laugenüberschuß mit 0,01 n-HCl und Methylrot-Methylenblau als
Indikator bestimmt.
III. Die auf chemischem Wege ermittelten Akonitingehalte in Wur¬
zeln, Mutter- und Tochterknollen von Aconitum Napellus betragen nach
den Untersuchungen von Bronkhorst 40—99 %, bei den von uns unter¬
suchten Drogenmustern des Handels nur 13,4—32,2 % des Gesamtalka-
loidgehaltes der ätherlöslichen Basen. Diese starken Schwankungen im
Akonitingehalt erklären uns die von verschiedenen Autoren konstatierten
Unstimmigkeiten zwischen den biologischen Wertbestimmungen (Toxizi-tätsbestimmung) und den chemischen Wertbestimmungen (Bestimmungdes Gesamtgehaltes der ätherlöslichen Alkaloide). Sie bestätigen auch die
neueren chemischen Forschungsergebnisse, laut welchen das Akonitin
in der Droge noch von verschiedenen andern (weniger stark toxischen)Alkaloiden begleitet sein soll.
Um in den Pharmakopoen bei der Droge eine Forderung hinsicht¬
lich Mindestgehalt an Akonitin und für das eingestellte Drogenpulvereine auf den Akonitingehalt gegründete Maximaldosis festsetzen zu
können, sind noch einläßliche systematische Untersuchungen notwendig.
131
Curriculum vitae
Als Sohn des Joh. Eduard Ruckstuhl und der Maria Beatrice geb.Scherrer wurde ich am 25. Januar 1914 in Wil (St. Gallen) geboren. Da¬
selbst besuchte ich die Primär- und Sekundärschule; anschließend trat
ich im Herbst 1928 im Kollegium St. Fidelis, Stans, in die 3. Klasse ein
und schloß das Gymnasialstudium im Juli 1934 mit der Maturität ab.
Den naturwissenschaftlichen Teil des Pharmazie-Studiums absolvierte
ich an der Unversität Fribourg und bestand im März 1936 das natur¬
wissenschaftliche Examen. Meine Praktikantenzeit verbrachte ich in der
Löwen-Apotheke von Herrn Dr. R. Maeder sei. in St. Gallen und bestand im
Herbst 1937 das Assistentenexamen in Bern. Das Assistentenjahr absol¬
vierte ich bei Herrn Dr. R. Osterwalder, Neue Apotheke, Aarau. Nach
vier Semestern Fachstudium am Pharmazeutischen Institut der ETH. in
Zürich beendete ich dasselbe Ende Juli 1940 mit dem pharmazeutischenStaatsexamen.
Vom Sommer 1940 bis zum Herbst 1941 war die Zeit durch Aktiv¬
dienst und Vertretungen in verschiedenen Apotheken ausgefüllt. Vom
Herbst 1941 bis zum Frühjahr 1943 beschäftigte ich mich, nur durch
kurze Zeit Aktivdienst unterbrochen, mit der vorliegenden Promotions¬
arbeit.