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DR. TANJA BERNSAU Hitlers Favoriten Deutsche Kunst – ausgestellt von den amerikanischen Besatzern

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Hitlers Favoriten

Deutsche Kunst – ausgestellt von den amerikanischen Besatzern

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Während des Zweiten Weltkriegs wurde eine anglo-amerikanische Militäreinheit gegründet, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, europäisches Kulturgut vor den verheerenden Kriegsein-wirkungen zu schützen. Mit dem vorrückenden Frontverlauf mitziehend kümmerten sich die Kunstschützer darum, dass Zerstörungen an Architektur und Denkmälern, in Museen und Archiven, so gering wie möglich blieben. Daneben waren sie auf der Suche nach Raubkunst, nach den Kunstwerken, die von den Nationalsozialisten in den besetzten Gebieten, vor allem aber von den entrechteten Juden geraubt worden waren.

Die Geschichte dieser Monuments Men, offiziell als "Monuments, Fine Arts, and Archives-Section" (kurz: MFA&A) bezeichnet, wurde erst vor kurzem von George Clooney in einem Hollywoodfilm dargestellt. Das Verdienst der Monuments Men hört aber mit Kriegsende nicht auf, im Gegenteil.

All die von ihnen aufgefundenen Kunstwerke, die zum größten Teil in Salzbergwerken, unter-irdischen Depots

oder abgelegenen Schlössern zu ihrem Schutz ausgelagert waren, wurden von den Kunstschützern in sogenannte Central Collecting Points (CCPs) nach München, Wiesbaden, Marburg und Offenbach gebracht, wo man sie während der folgenden Jahre auf ihre Herkunft überprüfte und an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurückgab – sofern das möglich war.

Abb. 1: Captain Walter Farmer, erster Direktor des Central Collecting Points

Wiesbaden

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Der Wiesbadener Central Collecting Point, der im Zentrum meiner Forschungen1 steht, beherbergte in der Zeit von 1945-1949 unzählige Kunstgegen-stände aller Art: Gemälde, graphische Arbeiten, Skulpturen, Bücher, kostbare Möbel und Teppiche, Gold- und Silberarbeiten und vieles mehr – von deutschen Museen, aber auch aus Privatsamm-lungen stammend, waren im Gebäude des heutigen Landesmuseums eingelagert. Eine wesentliche Aufgabe des CCPs bestand darin, die Kunstwerke auf ihre Herkunft zu überprüfen und an ihre Eigen-tümer zurückzugeben. Neben der Restitutions-arbeit nutzten die Monuments Men diese enormen Bestände, darunter viele Kunstwerke von Weltrang, um Ausstellungen zu arrangieren. Unter den insge-samt zehn Ausstellungen ist die fünfte Ausstellung Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts besonders hervorzuheben. Vom 1. April bis 31. Juli 1947 wurden 108 Gemälde und 34 Hand-zeichnungen gezeigt. Die ausgestellten Werke konnten überwiegend den eingelagerten CCP-Beständen entnommen werden, stammten also zu einem nicht

unerheblichen Teil aus Berliner Museen, wurden jedoch angereichert um Leihgaben des Prinzen und der Prinzessin von Hessen, sowie vom britischen MFA&A-Büro in Düsseldorf, das Werke aus dem Kölner Wallraf-Richartz-Museum und dem Essener Folkwang-Museum beisteuerte.2 Die 34

Zeichnungen stammten sämtlich aus dem Bestand Frankfurter Museen (bis auf eine nicht näher bezeichnete Leihgabe aus Privatbesitz). Trotz nachkriegsbedingt knappen Ressourcen konnte ausreichend Papier aufgetrieben werden, so dass ein Katalog zur Ausstellung mit 30 Abbildungen erscheinen konnte. Den Umschlag des Katalogs zierte eine farbige Reproduktion eines Exponats von Schnorr von Carolsfeld (vgl. Abbildung 3).

Abb. 2: Goethestatue vor dem Landesmuseum Wiesbaden

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Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts

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Waren die vorherigen Ausstellungen sehr heterogen zusammengestellt, hatten die Exponate der Ausstellung Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts einen enger gefassten zeitlichen und geografischen Rahmen. Die Ausstellung zeigte neben etablierten Werken von Tischbein, Runge, Friedrich, Kobell, Menzel, Feuerbach, Marées, Trübner, Thoma, Leibl, Slevogt, Corinth und Liebermann auch eine Auswahl an weniger bekannten Werken der Epoche aus der Berliner Sammlung, wie etwa Die Ritter vor der Köhlerhütte von Karl Philipp Fohr (Katalognummer 19, siehe Abbildung 4), Edward von Steinles Des Künstlers Tochter Karoline (95) oder von Christian Tunica Bildnis eines unbekannten Herren (105). Sogar ein gänzlich "unbekannter Maler" taucht mit einem Porträt von Wilhelm und Rudolf Schadow im Katalog auf (106).

Dabei bemühten sich die Ausstellungsmacher darum, die Beziehungen der deutschen Ge-mälde dieser Epoche zum Mainstream der

europäischen Kunst aufzuzeigen und den Gegensatz zur bisherigen Interpretation der nationalsozialistischen Kulturpolitik hervorzuheben. Mit einer Ausstellung von Werken der Romantik und des Biedermeier setzten sich die amerikanischen Ausstellungs-macher mit im Nationalsozialismus besonders geschätzter Kunst auseinander und lieferten damit ein Stück weit Vergangenheitsbe-wältigung. Diese Kunstwerke waren während der NS-Zeit instrumentalisiert worden, um nationalistische Kulturvorstellungen zu propagieren. Zurückzuführen ist das nicht zuletzt auf die persönlichen Vorlieben des 'Führers' für Landschaftsdarstellungen, bäuerliche Genreszenen, oder der überhöhten Darstellung des arischen Rassenideals.3

Abb. 3: Julius Schnorr von Carolsfeld: Frau Bianca

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Abb. 4: Carl Philipp Fohr: Die Ritter vor der Köhlerhütte, 1816

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Diese Vorliebe spiegelte sich auch in den Aus-stellungen wider: In den 19.-Jahrhundert-Ausstellungen während der NS-Zeit waren die Motive und Themen stets gleich: Landschaften und Genreszenen des bäuerlichen Lebens, ländlich-unschuldige Nacktbilder, die das ger-manische Schönheitsideal transportierten. Diese "schöne" Kunst hatte einen gewissen Propaganda-wert.4 Nach 1945 bot sich nun für die Amerikaner die Gelegenheit, diese Kunstwerke in einem neuen Licht, ohne nationalistische Färbung, zu präsentieren. Mit einem internationalen Blick auf die Sammlung konnte das 'deutschtümelnde', patriotische, das dieser Epoche angeheftet wurde, aus einer neuen Perspektive betrachtet werden. Die Kunstwerke wurden in einen neuen Kontext gestellt, in dem statt der bisher beliebten Sujets zahlreiche Bildnisse wie auch Landschaften vor allem Italiens gezeigt wurden. Dazu gesellten sich religiöse bzw. biblische Themen, wie etwa von Johann Anton Koch Das Opfer Noahs (38), Friedrich Overbecks Der Heilige Sebastian (66) oder von Johann Anton Ramboux Rebekka und Elieser am Brunnen (70). Dies steht vor allem im

Zusammenhang mit den zahlreichen Werken der christlich orientierten Nazarener (insgesamt 20 der 108 ausgestellten Kunstwerke lassen sich dieser Künstlergruppe zurechnen). Vom jüdischen Künstler Max Liebermann wurde unter anderem die Judengasse in Amsterdam (48) aus dem Frankfurter Städel gezeigt (vgl. Abbildung 6). Zudem wurde auch ein Werk des französischen Künstlers Edgar Degas (14) mit in die Ausstellung integriert.

Auch drei Werke Spitzwegs, einem von Hitlers besonderen Favoriten, wurden von den amerika-nischen Kuratoren gezeigt: Neben die bieder-meierlichen Werke Der arme Poet (92) oder Der Liebesbrief (91) stellten die Amerikaner eines seiner Spätwerke namens Badende Frauen am Meer bei Dieppe (94), das mit einer Strandszene ein völlig anders Sujet abbildete, als dies bisher bevorzugt wurde (vgl. Abbildung 5). Everett Parker Lesley, zu diesem Zeitpunkt Chief der Restitution Division der amerikanischen Militär-regierung in Hessen, hob in der Einleitung zum Ausstellungskatalog bei diesem Bild den französischen Einfluss hervor, da

Spitzweg sich zur Entstehungszeit in Paris aufhielt – das Gemälde wird als eine Kopie nach einem Werk des französischen Künstlers Eugène Isabey bezeichnet.5 Auch etwa für die ausgestellten Werke Menzels Théâtre du Gymnase (60) und das Balkonzimmer (54) betonte der Katalog den französischen Einfluss.6

Gerade auf die europäische Ausrichtung, das Rom-Ideal der Nazarener, die Bedeutung Frankreichs für den beginnenden Impres-sionismus, nicht das deutschtümelnde dieser Epoche wies Lesleys Katalogeinleitung hin, ohne sich bewusst gegen eine patriotische Deutung der Werke auszusprechen. Die Meta-Ebene der Ausstellung, das verbindende Element der Ex-ponate, sah Lesley in den Begriffen 'Realismus' und 'Romantik', nicht in der Nationalität, im Deutsch-Sein.7 Die Ausstellung brachte deutsche Kunst wieder in einen internationalen Kontext und bildete somit einen Ausgangspunkt für eine Neubewertung etablierter Kunst.

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Abb. 5: Karl Spitzweg: Badende Frauen am Meer bei Dieppe, 1859

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Abb. 6: Max Liebermann: Judengasse in Amsterdam, 1908

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Die Herausforderung für die Ausstellungsmacher, diese Epoche neu zu interpretieren, wurde von der zeitgenössischen Presse anerkannt, wie etwa eine Kunstkritik der Mainzer Allgemeinen Zeitung zeigt:

"Die Ausstellung hat daher einen nicht gering zu schätzenden pädagogischen Aspekt und dieser wird durch die scharfsinnigen Katalog-vorworte der verantwortlichen amerikanischen Kunstoffiziere, die eine Deutung dieser Kunst unter weiter gefaßten europäischen Gesichts-punkten versuchen, noch besonders unter-strichen. Vor allem die Jugend sollte sie sehen."8

Der Wiesbadener Kurier hob darüber hinaus hervor, dass die Ausstellung mit einer amerikanischen Sichtweise auf ein Kapitel deutscher Kunstgeschichte kuratiert wurde:

"Ein Deutscher hätte wahrscheinlich anders gewählt und anders geordnet – mehr nach Stilrichtungen, auf die wir eingeschworen sind: Klassik, Romantik, Biedermeier, Realismus, Impressionismus. Die Vielfalt dieser Auslese räumt gleichsam mit diesen

Begriffen auf. Sie will zeigen, daß für die deutsche Malerei die Grenzen fließen, daß man die deutsche Kunst des vergangenen Jahrhunderts nicht nach solchen Stilgesetzen ordnen kann."9

Unbeantwortet muss an dieser Stelle die Frage bleiben, warum die Amerikaner überhaupt deutsche Kunstwerke des 19. Jahrhunderts für eine Ausstellung auswählten, eine Epoche, die in den Museen der USA keine besondere Bedeutung hatte.10 Lag das nur am Sammlungs-schwerpunkt der Museen, deren Kunstwerke in der Sammelstelle eingelagert waren? Oder war es eine bewusste Neubewertung einer Kunstrichtung, die unter den Nationalsozialisten als 'typisch deutsch' für ihre Propaganda-Zwecke missbraucht wurde?

Dabei bleibt auch die Frage zu stellen, inwiefern diese Ausstellung mit dem Grundgedanken der Re-Education der deutschen Bevölkerung, der "Umerziehung zur Demokratie", in Einklang zu bringen war. Da die amerikanischen Museen einen ausgeprägten edukativen Charakter haben und

sich an eine breite Öffentlichkeit richten, wären auch die Ausstellungen in den CCPs und das damit verbundene Rahmenprogramm geeignet, der Bevölkerung einen freien, 'demokratischen' Kunstkonsum nahezubringen. Diese Nutzung von Kunstausstellungen als Instrument der Re-Education war jedoch von den Besatzern nicht explizit vorgesehen, wenn auch die fünfte Ausstellung unbeabsichtigt diese Wirkung erzielte.

Die Ausstellungsmacher sorgten durch diese Ausstellung dafür, dass Kunst, die während der NS-Zeit geschätzt war, nun nicht aus diesem Grund heraus abgelehnt wurde, sondern durch den amerikanischen Blick auf die deutsche Sammlung in einen neuen Kontext gerückt wurde und somit museumswürdig blieb.11 Es konnte also der kunstgeschichtliche Kanon weitertradiert werden. Erkennbar ist das daran, dass die meisten Werke bzw. Künstler der fünften Ausstellung auch heute noch zu den Meisterwerken der Kunst gezählt werden.

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Zusammenfassung

Kunstwerke dieser Epoche waren während der NS-Zeit zu Propaganda-Zwecken genutzt worden und gehörten zu den Werken, die von den NS-Funktionären, vor allem aber von Adolf Hitler selbst hoch geschätzt waren. Die amerikanischen Kuratoren enthoben in der Ausstellung die Kunst-werke dieser Epoche ihrer nationalen, "deutschtümelnden" Aura, wählten andere Sujets als das während der NS-Zeit üblich war, und zeigten auch teilweise andere Künstler.

Gleichzeitig wurde Bewährtes beibehalten, aber in einen neuen Kontext gestellt, wie etwa bei dem von Hitler favorisierten Künstler Carl Spitzweg: Dort hoben die Kuratoren eine internationale Ausrichtung hervor, indem französische Einflüsse aufgezeigt wurden. In dieser Ausstellung lieferten die amerikanischen Kuratoren somit ein Stück weit Vergangenheitsbewältigung, was auch in der zeitgenössischen Presse positiv hervorgehoben wurde. Die Kunstwerke

dieser Epoche wurden nicht aufgrund der Tatsache, dass sie während der NS-Zeit Propaganda-Mittel waren, abgelehnt, sondern in einem neuen Licht präsentiert. Dies ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass in den US-amerikanischen Sammlungen deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts eine bisher unter-geordnete Rolle gespielt hatte, die Kuratoren also kaum Erfahrungen und Kenntnisse auf diesem Gebiet hatten.

Es ist ein Wiedersehen. Ein Wiedersehen mit berühmten deutschen Kunstwerken, von denen man nicht wußte, ob sie den Krieg heil überstanden haben. Ein Wiedersehen, das das Herz bewegt. (…) Und findet bei aller Verschiedenheit der Malweise, der Themen, der Inhalte doch ein gemeinsames Kriterium bei allen gezeigten Bildern: Das Romantische.Von Tischbein bis Liebermann. Neue Ausstellung im Landesmuseum, in: Wiesbadener Kurier, 01.04.1947

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1 vgl. Tanja Bernsau, Die Besatzer als Kuratoren? Der Central Collecting Point Wiesbaden als Drehscheibe für einen Wiederaufbau der Museumslandschaft nach 1945, Münster 2013; zugl. Univ., Diss., Mainz 2013

2 vgl. Annex C "Status of Collecting Point Report 04.03.1947, in: Monatsbericht Februar 1947, in: Microfilm-Publikation M1947, Roll 52.

3 vgl. Hermann Glaser, Wie Hitler den deutschen Geist zerstörte. Kulturpolitik im Dritten Reich, Hamburg 2005, S. 221.

4 vgl. ebd., S. 224, 228, sowie Klaus Backes, Hitler und die bildenden Künste. Kulturverständnis und Kunstpolitik im Dritten Reich, Köln 1988, S. 92, und Hildegard K Vieregg, Geschichte des Museums. Eine Einführung, München 2008, S. 53. Ein 2008 in der FAZ erschienener Artikel von Birgit Schwarz beschäftigt sich mit dem Fund eines Fotoalbums in den Archivunterlagen in Washington mit der Aufschrift "Katalog der Privat-Galerie Adolf Hitlers", das es erstmals ermöglicht, Hitlers private Sammlung zu rekonstruieren. Nach Schwarz gehörte zu Hitlers Favoriten unter anderem Carl Spitzweg (vgl. Birgit Schwarz, Besondere Vorlieben. Die Kunst, die Hitler sammelte, in: faznet, http://www.faz.net/s/RubEBED639C476B407798B1CE808F1F6632/Doc~EFEC4B93EF7904942937397310E6022C1~ATpl~Ecommon~Scontent.html, Veröffentlichungsdatum: 25.02.2008, Abrufdatum: 02.03.2008 (F.A.Z., 25.02.2008, Nr. 47 / Seite 39)); Hitler kaufte für seine Privatsammlung bevorzugt österreichisch-bayerische Genremaler (Carl Spitzweg, Franz von Defregger, Hans Thoma) sowie zeitgenössische deutsche Werke der NS-Kunst (vgl. Jonathan Petropoulos, Kunstraub und Sammelwahn. Kunst und Politik im Dritten Reich, Berlin 1999, S. 234-242); Zu seiner privaten Sammlung gehörte Lenbachs Bismarck in Kürassieruniform, Franz von Stucks Die Sünde, Anselm Feuerbachs Parklandschaft, mehrere Grützner- und Spitzweg-Gemälde, Feuerbachs Nana, eine Landschaft von Spitzweg und ein Eduard von Steinle-Gemälde, Werke von Angelica Kauffmann, Friedrich Heinrich Füger und ein weiteres Bismarck-Porträt Lenbachs (in seinem Arbeitszimmer der Reichskanzlei), Kaulbachs Einzug der Sonnengöttin und das Bacchusfest von Moritz von Schwind (im Speisesaal der alten Reichskanzlei),

Friedrich der Große auf Reisen von Adolf Menzel sowie Die Serenade von Spitzweg (im Arbeitszimmer des Münchner Führerbaus) (vgl. Backes (1988): Hitler und die bildenden Künste, S. 90; Vieregg (2008): Geschichte des Museums, S. 53).

5 vgl. Lesley, Everett P.: Einleitung, in: Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts (deutsche Ausgabe), Kat. Ausst., Central Collecting Point Wiesbaden (Landesmuseum), April 1947, Wiesbaden o.J., S. 8; Dieses französische Vorbild für das Spitzweg-Gemälde hob allerdings schon Ludwig Justi im Jahr 1920 hervor, es war keine neue Erkenntnis der amerikanischen Kuratoren; vgl. Justi, Ludwig: Deutsche Malkunst im neunzehnten Jahrhundert. Ein Führer durch die Nationalgalerie, Berlin 1920, S. 130.

6 vgl. Lesley, Everett P.: Einleitung, in: CCP V, S. 9.

7 vgl. ebd., S. 5-11.

8 Hans Bütow, Von Tischbein zu Liebermann. Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts in Wiesbaden, in: Allgemeine Zeitung Mainz, 17.04.1947; Auffällig ist auch, dass die fünfte Ausstellung ein enormes Presseecho hatte. Viele regionale Zeitungen berichteten über diese Schau und stellten die Kunstwerke im Detail vor.

9 Von Tischbein bis Liebermann. Neue Ausstellung im Landesmuseum, in: Wiesbadener Kurier, 01.04.1947.

10 Die geringe Beachtung, die die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts in Amerika fand, belegt sich zum einen dadurch, dass die National Gallery of Art, die nun schon an einigen Stellen als Beleg für die amerikanische Ausstellungstätigkeit diente, im Jahr 2001 ihre erste Sonderausstellung ausschließlich zu diesem Thema organisierte (vgl. Website der National Gallery of Art, Washington: Past Exhibitions. Spirit of an Age: Nineteenth-Century Paintings from the Nationalgalerie, Berlin, June 10-September 3, 2001, http://www.nga.gov/past/data/exh791.shtm, Veröffentlichungsdatum: o.D., Abrufdatum: 26.07.2012). Zusätzlich widmete die NGA lediglich Adolph Menzel im Jahre 1996/1997 eine Sonderausstellung (vgl. Website der National Gallery of Art, Washington: Past Exhibitions. Adolph Menzel (1815-1905): Between Romanticism and Impressionism, September 15, 1996-January 5, 1997,

http://www.nga.gov/past/data/exh719.shtm, Veröffentlichungsdatum: o.D., Abrufdatum: 26.07.2012). Darüber hinaus lassen sich keine Sonderausstellungen mit diesen Kunstwerken ausmachen. Zum Bestand der National Gallery gehörte während der Besatzungszeit lediglich ein nicht zugeschriebenes Gemälde eines deutschen Künstlers des 19. Jahrhundert (An Artist and his Family, ca. 1830, Öl auf Leinwand, 75 x 63,5 cm) aus der Sammlung Andrew Mellons. Sie machen im Bestand der NGA also einen verschwindend geringen Anteil aus. Ähnlich unterrepräsentiert waren deutsche Kunstwerke des 19. Jahrhunderts auch im New Yorker Metropolitan Museum, das aktuell einen Bestand von über 12.000 Gemälden hat: von den heute 55 dieser Epoche zuzurechnenden Kunstwerke befanden sich lediglich 21 bereits 1945 im Bestand (davon 5 Miniaturen). Keines dieser Kunstwerke ist in der heutigen Dauerausstellung im Metropolitan Museum vertreten (insgesamt werden nur 19 Werke der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts ausgestellt); vgl. Website des Metropolitan Museums, http://www.metmuseum.org/collections/search-the-collections?where=Germany&when=A.D.+1800-1900&what=Paintings&ft=*&od=on&noqs=true, Veröffentlichungsdatum: o.D., Abrufdatum: 30.07.2012.

11 Eine ähnliche Neubewertung von Kunst durch die Amerikaner ließe sich ebenso an Werken von Rembrandt untersuchen, wenngleich sie auch nicht so deutlich zutage tritt wie bei der Kunst der fünften CCP-Ausstellung. Auch Rembrandt-Werke waren während der NS-Zeit vor allem von Hitler selbst sehr geschätzt. Beeinflusst durch die Publikation von Julius Langbehn Rembrandt als Erzieher hob Hitler den Künstler als Vorbild für die arische Rasse hervor (vgl. Hector Feliciano, Das verlorene Museum. Vom Kunstraub der Nazis, Berlin 1998, S. 21f.). Die amerikanischen Besatzer widmeten Rembrandt in Wiesbaden nach 1945 die einzige Solo-Ausstellung während der CCP-Zeit. Da auch bei dieser Ausstellung kein Konzept schriftlich festgehalten wurde, lässt sich über die Absichten der CCP-Verantwortlichen nur mutmaßen. Dennoch ist davon auszugehen, dass die Ausstellung nicht als Reflexion auf die NS-Sicht auf Rembrandt erfolgte, sondern auch dem Umstand geschuldet war, dass im CCP eine große Anzahl an Rembrandt-Werken vorhanden war. Zudem ist nicht anzunehmen, dass Rembrandt, der bereits lange vor der NS-Zeit zum international gültigen Kanon gehört hatte, durch die NS-Vorliebe international in Vergessenheit geraten wäre. Im Übrigen war Hitlers Vorliebe für diesen Künstler bei weitem nicht so bekannt wie die Nutzung der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts zu Propaganda-Zwecken.

Endnoten

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Klaus Backes, Hitler und die bildenden Künste. Kulturverständnis und Kunstpolitik im Dritten Reich, Köln 1988

Tanja Bernsau, Die Besatzer als Kuratoren? Der Central Collecting Point Wiesbaden als Drehscheibe für einen Wiederaufbau der Museumslandschaft nach 1945, Münster 2013; zugl. Univ., Diss., Mainz 2013

Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts (deutsche Ausgabe), Kat. Ausst., Central Collecting Point Wiesbaden (Landesmuseum), April 1947, Wiesbaden o.J.

Hans Bütow, Von Tischbein zu Liebermann. Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts in Wiesbaden, in: Allgemeine Zeitung Mainz, 17.04.1947

Hector Feliciano, Das verlorene Museum. Vom Kunstraub der Nazis, Berlin 1998

Hermann Glaser, Wie Hitler den deutschen Geist zerstörte. Kulturpolitik im Dritten Reich, Hamburg 2005

Jost Hermand, Stile, Ismen, Etiketten. Zur Periodisierung der modernen Kunst, Wiesbaden 1978

Ludwig Justi, Deutsche Malkunst im neunzehnten Jahrhundert. Ein Führer durch die

Nationalgalerie, Berlin 1920

Julius Langbehn, Rembrandt als Erzieher. Von einem Deutschen, Leipzig 1890

Everett P. Lesley, Einleitung, in: Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts (deutsche Ausgabe), Kat. Ausst., Central Collecting Point Wiesbaden (Landesmuseum), April 1947, Wiesbaden o.J.,

Jonathan Petropolous, Kunstraub & Sammelwahn. Kunst und Politik im Dritten Reich, Berlin 1999

Birgit Schwarz, Besondere Vorlieben. Die Kunst, die Hitler sammelte, in: faznet, http://www.faz.net/s/RubEBED639C476B407798B1CE808F1F6632/Doc~EFEC4B93EF7904942937397310E6022C1~ATpl~Ecommon~Scontent.html, Veröffentlichungsdatum: 25.02.2008, Abrufdatum: 02.03.2008 (F.A.Z., 25.02.2008, Nr. 47 / Seite 39)

Hildegard Vieregg, Geschichte des Museums. Eine Einführung, München 2008

o.V., Das Religiöse in der Malerei des 19. Jahrhunderts. Die neue Ausstellung im Landesmuseum Wiesbaden, Auszug aus: Glaube und Leben, Mainz, 04.05.1947

o.V., Von Tischbein bis Liebermann. Neue

Ausstellung im Landesmuseum, in: Wiesbadener Kurier, 01.04.1947

Website der National Gallery of Art, Washington: Past Exhibitions. Spirit of an Age: Nineteenth-Century Paintings from the Nationalgalerie, Berlin, June 10-September 3, 2001, http://www.nga.gov/past/data/exh791.shtm, Veröffentlichungsdatum: o.D., Abrufdatum: 26.07.2012.

Website der National Gallery of Art, Washington: Past Exhibitions. Adolph Menzel (1815-1905): Between Romanticism and Impressionism, September 15, 1996-January 5, 1997, http://www.nga.gov/past/data/exh719.shtm, Veröffentlichungsdatum: o.D., Abrufdatum: 26.07.2012.

Website des Metropolitan Museums, http://www.metmuseum.org/collections/search-the-collections?where=Germany&when=A.D.+1800-1900&what=Paintings&ft=*&od=on&noqs=true, Veröffentlichungsdatum: o.D., Abrufdatum: 30.07.2012.

Literatur

DR. TANJA BERNSAU

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Abb. 1: Captain Walter Farmer, erster Direktor des Central Collecting Points Wiesbaden; Bildquelle: John Provan

Abb. 2: Goethestatue vor dem Landesmuseum Wiesbaden; Bildquelle: Tanja Bernsau

Abb. 3: Julius Schnorr von Carolsfeld: Frau Bianca, Katalogumschlagbild der fünften CCP-Ausstellung, 16,2 x 11 cm; Bildquelle: Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts (deutsche Ausgabe), Kat. Ausst., Central Collecting Point Wiesbaden (Landesmuseum), April 1947, Wiesbaden o.J. [Umschlagbild]

Abb. 4: Carl Philipp Fohr: Die Ritter vor der Köhlerhütte, 1816, Öl auf Leinwand, 54 x 66 cm Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie; Bildquelle: Deutsche Digitale Bibliothek Foto: Jörg P. Anders, © Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie, abgerufen auf https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/EG3O6AMTVSRHAMLOAOMZBEEM7UTJ363L (für nichtkommerzielle Zwecke zur Nutzung freigegeben)

Abb. 5: Karl Spitzweg: Badende Frauen am Meer bei Dieppe, 1859, Öl auf Leinwand, 37 x 65 cm, Alte Nationalgalerie Berlin Bildquelle: Wikipedia http://commons.wikimedia.org/wiki/File:1859_Spitzweg_Badende_Frauen_am_Meer_bei_Dieppe_anagoria.JPG (This work is in the public domain in the United States, and those countries with a copyright

term of life of the author plus 100 years or less)

Abb. 6: Max Liebermann: Judengasse in Amsterdam, 1908, Öl auf Leinwand, 74 x 62,5 cm, Städel Frankfurt; Bildquelle: Wikipedia http://commons.wikimedia.org/wiki/File:1908_Liebermann_Judengasse_in_Amsterdam_anagoria.JPG (This image (or other media file) is in the public domain because its copyright has expired)

Abbildungen

DR. TANJA BERNSAU

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Tanja Bernsau ist promovierte Kunsthistorikerin und untersuchte in ihrer Doktorarbeit den Central Collecting Point Wiesbaden und den Einfluss der Monuments Men auf die deutsche Kulturgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Ihr Studium der Kunstgeschichte, Mittlere und Neuere Geschichte und BWL hat sie an der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität absolviert.

Schon in ihrer Magisterarbeit hat sie sich mit der Bedeutung der Provenienz für den Kunstmarkt auseinandergesetzt und einen aktuellen Fall auf dem Kunstmarkt untersucht: die Versteigerung von Max Liebermann-Gemälden aus der Sammlung Karg beim Auktionshaus Hampel (München). Dort hat Tanja Bernsau dargestellt, wie Preise auf dem Kunstmarkt entstehen und welche Rolle eine geklärte Provenienz, frei vom Verdacht, Raub- oder Beutekunst zu sein, spielt.

Die Themen "Provenienzforschung" und "Cultural Heritage" sind Schwerpunkte in ihrer Forschung.

Sie hält Vorträge zu dem Themenbereich Raub- und Beutekunst, insbesondere über die "Monuments Men" und den Central Collecting Point. An der Universität Gießen unterrichtet sie über die Kunsthändler der NS-Zeit. Aktuell arbeitet sie an einem Sachbuch über die Monuments Men in Wiesbaden sowie an der Erforschung der Provenienz der Kunstsammlung von Martin Flersheim.

Über die Autorin

Die Kunstdetektivin

DR. TANJA BERNSAU

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Dr. Tanja BernsauHessenring 865205 Wiesbaden

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