historische analyse schlosspark untermerzbach

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH HISTORISCHE ANALYSE DOKUMENTATION DENKMALBEWERTUNG Auftraggeberin Auftragnehmerin VBG Körperschaft des öffentlichen Rechts Deelbögenkamp 4 Bughofer Str. 2, 96050 Bamberg 22281 Hamburg www.gartenarchitektin.info

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Gartendenkmalpflegerische Analyse, Dokumentation und Bewertung, (c) 2013 Marion Dubler

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Page 1: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

S C H L O S S P A R K

U N T E R M E R Z B A C H

HISTORISCHE ANALYSE

DOKUMENTATION

DENKMALBEWERTUNG

Auftraggeberin Auftragnehmerin

VBG

Körperschaft des öffentlichen Rechts

Deelbögenkamp 4 Bughofer Str. 2, 96050 Bamberg

22281 Hamburg www.gartenarchitektin.info

Page 2: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 2

Inhaltsverzeichnis

Seite

1 Einleitung 4

2 Historische Analyse und Dokumentation

2.1 Quellenlage 6

2.1.1 Literaturliste und schriftliche Quellen 7

2.1.2 Liste verbrannter Gartenpläne 9

2.2 Besitzverhältnisse

2.2.1 Die Familie Rotenhan / Rottenhan 11

2.2.2 Die Besitzer ab 1905 30

2.3 Historische Abbildungen und Fotos

2.3.1 Uraufnahme 1849 35

2.3.1.1 Beschreibung Schlosspark 37

2.3.1.2 Anbindungen an die Kulturlandschaft 41

2.3.2 Gemälde Ferdinand von Rayski 1838 42

2.3.3 Gemälde O. Reiss 1841 44

2.3.4 Gemälde Russam 1842 46

2.3.5 Zeichnungen der Gräfin Louise von Rottenhan um 1850 48

2.3.6 Zeichnung Orangerie und Landschaft, nach 1816 50

2.3.7 1 - 15 Fotografien, Postkarten, amtliches Kataster 54

2.4 Historische schriftliche Quellen

2.4.1 Die Gartenrechnungen des 19. Jahrhundert 77

2.4.2 Beschreibung Pfarrer H. W. Teicher, 1898 86

2.4.3 Beschreibungen Heller (1828), Freiherr vom Stein 87

(um 1820), Heringen (um 1840)

2.4.4 Beschreibung Kunstdenkmäler des Königsreichs 88

Bayern, 1916

2.4.5 Eintrag in die Bayerische Denkmalliste 89

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Page 3: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 3

2.5 Die Beteiligung Carl Eduard Petzolds

2.5.1 Zur Person Petzolds 90

2.5.2 Die Gartentheorien Petzolds 96

2.5.3 Die Bedeutung Petzolds als Gartenkünstler 103

2.6 Geschichte und Entwicklung des Parks

2.6.1 Zeittafel 105

2.6.2 Der Park im 18. Jahrhundert 107

2.6.3 Der Park im 19. Jahrhundert 110

2.6.4 Veränderungen bis zur Gegenwart 112

3 Gartenhistorische Einordnung, Denkmalbewertung

3.1 Der barocke Garten 115

3.2 Der Landschaftspark 124

3.3 Die Veränderungen bis zur Gegenwart 129

4 Überlagerungen Uraufnahme - Bestandsplan und

Anlagengenetische Karte - Uraufnahme

Gartendenkmalpflegerischer Leitzustand

4.1 Überlagerungen

4.1.1 Uraufnahme - Bestandsplan 131

4.1.2 Anlagengenetische Karte - Uraufnahme 132

4.2 Gartendenkmalpflegerischer Leitzustand 134

Digitaler Anhang

- Dubler, Marion: Schlosspark Untermerzbach - Historische Analyse und Dokumentation,

Denkmalbewertung, Anlagengenetische Karte und Gartendenkmalpflegerischer Zustand, Mai

2013, 136 Seiten, PDF-Datei

- Uraufnahme NW09522_18411_1849_a_ und NW09523_18411_1849_b als jpg-Datei

- Bestandsanalyse Büro Kaiser, unvollendetes Manuskript (Word-Datei)

- Bestandspläne Büro Kaiser, 5 PDF-Dateien

- Baumkataster Büro Kaiser, 835 Word-Dateien

- Liste der von den Pallottinern an das Staatsarchiv übergebenen Unterlagen aus dem Schloss

(Quelle: Gemeinde Untermerzbach)

Page 4: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 18

Abb. 7: Stammtafel Generation 10 - 18

Page 5: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 19

zu Ziffer 1 Lutz von Rotenhan zu Untermerzbach

* 1498, ���� 1554

verh. mit Anna von Stein zum Altenstein, ���� nach 1535

(nach Rotenhan, Gottfried)

- empfängt 1512 als Würzburger Lehen Güter zu Untermerzbach, die er

von seinem Vater geerbt hat;

- wohnt ab 1. Juni 1524 in Untermerzbach

- erhält aufgrund des im Hochstift Würzburg gültigen Entschädigungs-

vertrags nach dem Bauernkrieg eine Entschädigung von 746 fl.

Bauherr des Schlosses

Kunstdenkmäler, S. 204 ff):

Inschrift auf einer Sandsteinplatte an der Frontseite des nördlichen

Turms zwischen Erd- und Obergeschoss (aus "Die Kunstdenkmäler",

1916, gesamte Beschreibung s. Kap. 2.4.4):

Liebe wo … nachkomen … lasen zugedeck sein … Warub …thettn dan

mir vil mißgönnen. wirs euch nit woltn sparn. manche nacht in grosen

gfarn. Habe nemliche wir got erkent. Ich hoff es wert zum glück gewent.

Euch zu nutz und sondern eren. Durch gnad des almächtige unsers

herrn. den wolt ir euch alle lieb laßn sein. drewlich mit vleiß alzeit be-

warn fein. dan wir mit groser mühe und kost haben erhoben. das wer-

den euch ewere nachkomen loben. und halt ob dem armen auch eben.

so wirt euch gott glück und ehr geben. anfang diß bawß 1 5 34 End dis

bawß … (nicht ausfüllt). H. ca. 1,5 m

"Oben in Relief das Rotenhanwappen zwischen zwei Pilastern mit vier

Ahnenwappen, von denen die beiden oberen den Rotenhan und Alten-

stein (Kunz II. von Rotenhan und Anna von Stein von Altenstein)".

Anmerkung der Verf.: Kunz II. ist gleichzusetzen mit Lutz; lt. Martin Lor-

ber, Heraldiker aus Bamberg, ist das Wappen unten links das derer

"von Redwitz" (die Mutter von Lutz war Ursula von Redwitz), das Wap-

pen unten rechts (eine Gürtelschnalle) dürfte das der "von Wallenrodt"

(auch "von Wallenrode") sein; vermutlich stammte die Mutter von Anna

von Stein zu Altenstein aus dieser Familie.

Page 6: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 20

Abb. 8

Wappen am nördli-

chen Schlossturm

Page 7: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 21

Wolff von Rotenhan

* unbekannt, ���� 1571

verh. mit Amalie Fuchs von Burgpreppach

(nach Rotenhan, Gottfried)

- Wolff ist das einzige Kind des Lutz

- erhält 1556 als Erbe die Lehensgüter Untermerzbach

- 1561 bis 1564 Amtmann zu Wallburg

- 1565 Bischof Veit bestellt ihn zum bischöflichen Rat

Veit Ulrich von Rotenhan

* unbekannt, ���� 1631

verh. mit Barbara von Heldritt (3. Ehe)

Georg Wolf von Rotenhan

* 1615, ���� 1695

verh. mit Margarethe Susanne von Neuhausen

Fürstlich-bambergischer Landhofmeister, Amtmann zu Ebern und

Schmachtenberg; tritt zum katholischen Glauben über

Joachim Ignaz von Rotenhan

* 1662, ���� 1736

verh. mit Maria Amalia Truchsess von Wetzhausen (2. Ehe)

Bamberger Hofrat, Geheimer Rat und Landrichter; Bauherr des Palais

in der heutigen Kapuzinerstraße 25; in seine Zeit fällt der Bau der Si-

multankirche in Untermerzbach (1700); Förderer der Englischen Fräu-

lein, Bamberg

Abb. 9

Halbfigurenbildnisse

Freiherr Joachim Ig-

naz von Rotenhan und

seine Gemahlin Ama-

lie, geb.

Truchsess von Wetz-

hausen, Öl auf Lein-

wand, um 1720/30,

Quelle: Kunstdenkmä-

ler von Oberfranken,

Stadt Bamberg, Innere

Inselstadt, S. 448;

Besitzer: Maria-Ward-

Institut (Englische

Fräulein), Bamberg

Page 8: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 22

zu Ziffer 2 Johann Karl Alexander von Rotenhan

* 1710, ���� 1777 (lt. Weitensfelder ist das Sterbejahr 1791)

verh. mit Maria Juliana Marschall von Ostheim (2. Ehe, Tochter des

Ernst Friedrich Marschall von Ostheim)

- fürstbischöflicher Hofrat und Oberamtmann zu Zeil (1733), Geheimrat

und Hofkammerpräsident (1746), Obersthofmeister und erster Minister

(1761), s. Schmidt S. 13

- wird 1771 durch Kaiser Joseph II. von Habsburg-Lothringen in den

Reichsfreiherrenstand und

- 1774 in den erblichen Reichsgrafenstand erhoben

- legt sich zur Unterscheidung von den anderen Familienzweigen ein

zweites "t" in seinem Namen zu

- Großgrundbesitzer und Förderer der wirtschaftlichen Entwicklung

Westböhmens

- kaufte 1771 für seinen Sohn Heinrich Franz die Herrschaft Rothenhaus

mit Schloss, sowie das Gut Sporitz, das Eisenwerk Kallich, die Bergstäd-

te Platten und Sankt Katharinenberg sowie mehrere Ortschaften im Erz-

gebirge in Böhmen; zur Linderung der Armut und der Hungersnot förder-

te er die Absatzmöglichkeiten der dort hergestellten Waren (in Heimar-

beit fabrizierte Klöppelspitzen, Christbaumschmuck und Krippenfiguren

sowie Handwebereien und Erzeugnisse der Eisenproduktion); diese Un-

ternehmungen kosteten die Untermerzbacher Linie enormes Geld (Wei-

tensfelder S. 95: Die Herrschaft Rothenhaus kostete 1 Million Gulden

Wiener Währung).

- Heinrich Franz ließ am Schloss Rothenhaus einen englischen Garten

anlegen; dazu orderte er Pappeln von Untermerzbach nach Rothenhaus

liefern (Weitensfelder S. 97)

Page 9: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 23

Friedrich Christoph von Rottenhan

* 1749, ���� 1789

verh. mit Dorette Henriette von Lichtenstein

- da seine beiden älteren Halbbrüder nicht in Untermerzbach weilen

(Heinrich Franz ist in Österreich und Böhmen, Heinrich Karl wird Dom-

kanoniker in Würzburg) übernimmt er die Schlossgüter Untermerzbach;

lt. Teicher: Inschrift auf Tafel an der Brücke über den Merzenbach (s.

Kap. 2.4.2)

zu Ziffer 3 Karl Julius Heinrich von Rottenhan

* 1791, ���� 1847

verh. mit Luise Henriette Gräfin von Wallmoden-Gimborn

* 1797, ���� 1851

- In seine Zeit fällt der Kontakt zu Karl Eduard Petzold

- Sie beauftragen den Maler Ferdinand v. Rayski mit der Erstellung

zweier Porträts und eines Gartenbildes (s. Kap. 2.3.2). Von Rayski plat-

ziert rechts vom Grafen einen Stein, auf dem ein Gartenplan und ein

Buch liegen. Vom Gartenplan sind das Stück mit dem südlichen Linden-

saal und ein bogig geführter Weg zu sehen. Damit wird der Graf als Neu-

bzw. Umgestalter des Schlossparks ausgewiesen.

Luise (Louise) Henriette war die Tochter des Reichgrafen Johann Ludwig

von Wallmoden-Gimborn, einem unehelichen Sohn des englischen Kö-

nigs. Sie war eine sehr gebildete Frau und interessierte sich, wie ihr Va-

ter, für die Gestaltung von Gärten. Ferdinand von Rayski stellte sie auf

seinem Porträt mit einer Blume in der Hand dar und platzierte sie neben

einem Blütengebilde (Rosengesteck oder Rosenstrauch?). Luise trat

1827 der Praktischen Gartenbau-Gesellschaft Bayern bei (Schmidt S.

25).

Leider bleiben die Bilder bisher verschollen. Entsprechende Anfragen bei

Freiherrn von Thüngen und der Guttenbergschen Gesamtverwaltung

blieben ohne Ergebnis.

� Gemälde Graf Karl Julius Heinrich (Ferdinand von Rayski)

� Gemälde Gräfin Luise Henriette (Ferdinand von Rayski)

Page 10: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 24

Bildbeschreibung von Maräuschlein:

457.* Carl Graf von Rottenhan (Abb. 55). Kniestück leicht nach rechts gewandt, Blick auf den Beschauer gerichtet. Vor braunem nach links hellerem und in Wolkenbildung übergehenden Grund […] Rechts neben ihm ein Strauch, links auf dem Stein der Gar-tenplan zu Schloß Merzbach, darauf ein braunes Buch und ein vom Rahmen abgeschnittener Zylinder. […] Sig.: Bez. unten links gelb "Rayski 1838" (verschlungenes Monogramm und Namenszug, Jahreszahl und Mühlstein). Auf der Rückseite des Bil-des: "Carl Julius Graf von Rottenhan". Mat.: Öl auf leinwand. M.: 1,266 : 0.972 m. Entstg.: 1838 für den Dargestellten in Merzbach gemalt. Zu-stand: Oben ein 4 cm langer Riß in der Leinwand. Rhm.: Eichenholz-rahmen. Bes.: Dr. Karl-Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg, Salz-burg, Franken. Erwb.: Seit der Entstehung im Besitz der Familie. Pers.: Carl Graf von Rottenhan, geb. Bamberg 19.7.1791, gest. Merzbach 5.7.1847, K. u. K. Kämmerer, verm. Nassau a. L. mit Luise Gräfin von Wallmoden-Gimborn.

Abb. 10

Ferdinand von

Rayski, 1838

Carl Graf von Rot-

tenhan

Page 11: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 25

Bildbeschreibung von Maräuschlein:

713.* Luise Gräfin von Rottenhan geb. Gräfin von Wallmoden-Gimborn (Abb. 56). Kniestück nach links gewandt, Blick auf den Beschauer gerichtet. Vor-wiegend in braunen und grauen Farben gehalten, […] Gegenstück zu 457. Sig.: Bez. unten links gelb "Rayski 1838" (verschlungenes Monogramm und Namenszug, Jahreszahl und Mühlstein). Auf der Rückseite des Bil-des "Luise Henriette Graefinn v. Rottenhan, geb. Gräfin v. Wallmoden-Gimborn". Mat.: Öl auf leinwand. M.: 1,266 : 0,972 m. Entstg.: 1838 für die Dargestellte in Merzbach gemalt. Zustand: Sprüngig. Rhm.: Eichen-holzrahmen. Bes.: Dr. Karl-Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg, Salzburg, Franken. Erwb.: Seit der Entstehung im Besitz der Familie. Pers. Luisen Gräfin von Wallmoden-Gimborn, geb. Hannover 24.7.1796, gest. Koburg 15.4.1851, verm. Nassau a. L. 27.6.1818 mit Carl Graf von Rottenhan.

Abb. 11

Ferdinand von

Rayski, 1838

Luise Gräfin von

Rottenhan

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 26

Besitzungen Carl Graf von Rottenhan (nach Habermehl)

Hs. Nr. 59 Graf von Rottenhan, Maximilian (Gutsbesitzer)

Wohnhaus, Keller, Pferdestallung, Hofraum

Hs. Nr. 75 Graf von Rottenhan, Maximilian (Gutsbesitzer)

Wohnhaus, Chaisenremise, Pferdestallung, Schweine-

ställe, Backofen, Hofraum

Hs. Nr. 80a Graf von Rottenhan, Maximilian (Gutsbesitzer)

Wohnhaus, Wagenhalle, Schweinställe, Stadel, Hofraum

Hs. Nr. 96 Graf von Rottenhan, Maximilian (Gutsbesitzer)

Wohnhaus, Keller, Schweineställe, Backofen, Stadel,

Hofraum

Hs. Nr. 97 Graf von Rottenhan, Maximilian (Gutsbesitzer)

Wohnhaus, Glashaus, Stadel, Hofraum

Hs. Nr. 99 Graf von Rottenhan, Maximilian (Gutsbesitzer)

Das Schloß

Abb. 12

Uraufnahme 1849

Gräfliche Besitzun-

gen (dunkel einge-

färbt; Dubler 2013);

Beschreibung Urauf-

nahme s. Kap. 2.3.1

Page 13: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 27

zu Ziffer 4 Maximilian von Rottenhan

* 1820, ���� 1886

verh. mit Theresia Freiin von Boineburg-Lengsfeld

* 1834, ���� 1884

- in seine Zeit fallen die meisten der erhaltenen Gartenrechnungen aus

dem Staatsarchiv Würzburg

- sein Sohn Karl Friedrich (* 1857) verstirbt als Kind im Alter von 11 Jah-

ren an Diphtherie

- in einem bereits 1850 geschlossenen Familienvertrag mit der Rent-

weinsdorfer Linie wurde festgesetzt, dass im Falle eines Ausbleibens ei-

nes männlichen Erben die Untermerzbacher Güter an die Rentweinsdor-

fer Linie übergehen solle; Graf Maximilian unterzeichnet diesen Vertrag

aber nie, da er befürchtete, durch seine hohe Verschuldung bei Eintra-

gung gegenseitiger Erbansprüche nicht mehr neue Schuldverbindlichkei-

ten eingehen zu können (Rotenhan, Siegfried, S. 149 ff).

Page 14: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 28

Abb. 13

Maximilian von Rot-

tenhan

(Quelle: Rotenhan,

Siegfried)

Abb. 14

Luise von Rottenhan

(Quelle: Rotenhan,

Siegfried)

Abb. 15

Totenzettel Therese

von Rottenhan

(Quelle: Internet

www.uni-

wuerzburg.de)

Page 15: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 29

zu Ziffer 5 Maria Anna Natalie von Rottenhan

* 1860, ���� 1945

verh. mit Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (2. Ehe)

und Luise (Lissy) Marianne von Rottenhan

* 1875, ���� 1966

verh. mit Gisbert Freiherr von Ritter zu Groenesteyn (2. Ehe)

- sind letzte Besitzerinnen des Untermerzbacher Schlosses aus der Fa-

milie von Rottenhan

- nach dem Tod des Grafen Maximilian im Jahr 1886 setzte eine Jahr-

zehnte andauernde gerichtliche Auseinandersetzung der Rentweinsdor-

fer Linie mit den beiden erbberechtigten Töchtern des Grafen ein, die

diese Auseinandersetzung schließlich gewannen und die Untermerzba-

cher Güter im Jahr 1910 an den Privatmann Christian Werner verkauften

(s. auch Besitzverhältnisse Kap. 2.2.2).

Page 16: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 30

2.2.2 Die Besitzer nach 1905 Grundbuchblatt Nr. 262 fol. 589 bis 596, Nr. 358 und 388 (Staatsar-

chiv Würzburg)

am 15. Okt. 1906

von Herget, Franz, groß[---], Gutsbesitzer u. Rittmeister a. D., u. dessen

Gattin von Herget, Ebba, geb. von Hagemeister, auf Schloß Offenstetten

bei Abendsberg, in allgemeiner auf Katzen-Ellenbogen [---] begründeter

Gütergemeinschaft lebend, […]

am 4. Nov. 1907

von Herget, Ebba […]

am 14. März 1908

Schroeder, Wilhelm, Dr. med., Rittergutsbesitzer in [---]

am 11. Juni 1910

Werner, Christian, Rittergutsbesitzer in Nürnberg […]

zur Person Christian Werner s. u.

am 17. Aug. 1910

Werner, Margareta, geb. Lang, Frau des Christian Werner, ist Miteigen-

tümerin kraft allgemeiner Gütergemeinschaft […]

am 14. August 1918

Diroll Adam, herzogl. gräfl. Hofsteinmetzmeister in Burgberg bei Lichten-

fels a. M. zur Person Adam Diroll s. u.

am [--]. August 1918

Diroll, Adam, herzogl. gräfl. Hofsteinmetzmeister in Burgberg bei Lichten-

fels

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 31

am 17. Mai 1922

Diroll Kunigunde, geb. Dietz, Frau von Adam Diroll, ist Miteigentümerin

[…]

Telefonische Auskunft Pater Werner Weicht vom 04.03.2013

Am 22. Oktober 1921 erwarb Pater Johannes Weber für die St. Paulus

GmbH das Untermerzbacher Schloss vom Steinbruchbesitzer Adam Di-

roll in Burgberg. Zum Schloss mit Nebengebäuden gehörten eine Reihe

von Grundstücken, so die Lindenanlage, ein Baumgarten, ein Backofen,

eine Waldung mit Fichten, der Schlossgarten sowie ein Küchen- und

Obstgarten.

Kaufpreis: 400.000 Mark

Zur Person Christian Werner

Christian Werner stammte aus Nürnberg. Er war vom 11. Juni 1910 bis

zum 14. August 1918 Besitzer des Schlosses und der Gärtnerei, für das

Jahr 1908 ist im Wohnungsbogen der Gemeinde für das Anwesen Nr. 59

eine Mietwohnung im Parterre eingetragen, deren Vermieter Christian

Werner war (Quelle: Gemeindearchiv Untermerzbach, III. Akten, Nr. 50b)

Offenbar war er in der Region sehr verwurzelt, denn er ließ zur Eröffnung

der Lokalbahn Breitengüßbach - Dietersdorf eine Münze prägen (s. Abb.

16 und 17). Die Münze befindet sich im Eigentum der Gemeinde Unter-

merzbach.

Page 18: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 32

Abb. 16

Medaille Vorderseite, In-

schrift:

CHRISTIAN WERNER

SEINEN LIEBEN

UNTERMERZBACHERN

HEILIGERDORFERN

NEBST UMGEB.

GEWIDMET

Abb. 17

Medaille Rückseite, In-

schrift:

ZUR ERINNERUNG AN

DIE ERÖFFNUNG DER

LOKALBAHN

BREITENGÜSSBACH -

DIETERSDORF AM 30.

SEPT. 1913

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 33

Zur Person Adam Diroll

Quellen: Dippold und Wikipedia

Adam Diroll (1875-1941) und sein Bruder Hans Diroll waren Söhne des

Jakob Diroll, der in Kleinziegenfeld einen Steinbruch erschlossen hatte

(sog. Dirollscher Steinbruch), in dem der sog. Kleinziegenfelder Dolomit

gewonnen wurde. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1898 übernahmen

die Brüder zunächst gemeinsam das Unternehmen, 1910 trennten sie

das Unternehmen. Während Adam das Bauunternehmen weiter führte,

übernahm Hans die Steinbrüche und die Steinwerkstätten. Die Gebrüder

Diroll waren äußerst erfolgreiche Geschäftsleute im Lichtenfelser Raum.

Page 20: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 34

2.3 Historische Abbildungen und Fotos

Page 21: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 35

2.3.1 Uraufnahme 1849

Die Uraufnahme für den Ort Untermerzbach besteht aus 2 Teilen: NW

09522 und NW 09523. Die Gesamte montierte Aufnahme befindet sich

im digitalen Anhang.

Abb. 18

Uraufnahme 1849

NW 09522 und 23

montiert

Ausschnitt Schlosspark

Page 22: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 36

Interpretation der verwendeten Signaturen und Darstellungen

Page 23: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 37

2.3.1.1 Beschreibung Schlosspark

Schloss (Nr. 99) und Schlossgarten liegen südlich der Mühle (wohl äl-

tester Siedlungskern) am südwestlichen Rand des Dorfes Untermerz-

bach.

Der Schlosspark wird wie folgt umgrenzt:

- im Süden durch den Schlossweg

- im Osten (südlicher Abschnitt) durch die Schlossgasse

- im Osten (nördlicher Abschnitt) uneinheitlich durch die benachbarten

Kleingrundstücke

- im Norden durch den Merzenbach (die Grenze verläuft am jenseitigen

Ufer, sodass dieser Bachabschnitt dem Schlossgrundstück zugeschrie-

ben wird)

- im Westen (nördliches Drittel) in einem leichten Innenbogen von

Nordwest nach Südwest führend

- im Westen (südliche Zweidrittel-Länge) in mehreren unregelmäßigen

Bögen (Einbuchtungen in den steilen Hangbereich)

Eine Ummauerung ist nicht zu erkennen, lediglich ein Stück Zaun in

gebogenem Verlauf in der nordöstlichen Grundstücksecke zum Nach-

bargrundstück Nr. 67.

Das Schloss ist etwa mittig des Grundstücks an dessen westlichen

Rand gerückt, längsachsig um etwa 20 Grad aus der Nord-West-Achse

Richtung Westen gedreht. Dadurch wendet sich der Bau der Schenke-

nau und der Ortschaft Gleussen zu. Das Schloss ist an den westlichen

Rand eines Plateaus (Gesamtlänge ca. dreimal die Länge des

Schlossbaus) und zusätzlich auf einem Podest platziert, das im Norden,

Osten und Süden wenig hervortritt. Der dadurch entstandene Höhenun-

terschied zum Plateau wird auf der Westseite durch 3 Stufenanlagen,

auf der dem Garten zugewandten Ostseite durch eine breite, axiale, am

Ende nach außen schwingende Treppenanlage überwunden. Nördlich

und südlich des Schlosses ist auf dem Plateau je ein Lindensaal ange-

ordnet mit je sechs (Nord-Süd-Richtung) zu sieben Reihen (West-Ost-

Richtung).

Page 24: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 38

Das Plateau wird im Osten von einer Stützmauer begrenzt, die Teil ei-

ner orthogonal zum Schloss ausgerichteten 2-stufigen Terrassenanlage

ist.

Der Stützmauer vorgesetzt ist eine zweiarmige, dreiläufige Treppe, die

zur unteren Terrasse führt. Die beiden unteren Podeste enden etwa in

Flucht zu den Innenkanten der schräg eingestellten Türme des

Schlossbaus. Dem Nordabschnitt dieser unteren Terrasse fehlt die

stützende untere Mauer.

Von der unteren Terrasse führt wiederum eine vorgelagerte zweiarmi-

ge, dreiläufige Treppe zum Gartenniveau mit gemeinsamem unterem

Treppenpodest.

Im Süden der unteren Terrasse führt ein Weg in einem Bogen zurück

auf das Plateau und umschreibt einem Aussichtsplatz, der vom Plateau

aus zugänglich ist und an diesem Richtung Süden anschließt. Im Nor-

den der unteren Terrasse (wie erwähnt fehlt hier die Stützmauer) führt

ein hangparalleler Weg zur Verlängerung der Schlosszufahrt Richtung

Norden bzw. Nordwesten. Diese geht über in einen geschwungenen

Rundweg, der nördlich des Teichs und im Osten und Süden entlang der

Schlossparkgrenzen und im Westen nahe der Unteren Stützmauer ver-

läuft und so eine große Wiesenfläche umschreibt. Ein Querweg verbin-

det den unteren Antritt der Treppe zur Terrasse mit einer Toranlage an

der Schlossgasse im Osten. Vor diesem Tor weitet sich der Weg zu ei-

nem Vorplatz. Das Schlosstor liegt nicht orthogonal zur Terrassenanla-

ge.

Der Rundweg weitet sich in der äußersten Süd-Ost-Ecke zu einem

Sitzplatz mit einer Tisch-Bank-Kombination erweitert (im Plan als "Lui-

senplätzchen" bezeichnet), mit Blickrichtung nach Nordwesten zur Ter-

rassenanlage und zum Schloss. Ein Abkürzungsweg schneidet diesen

Weg zum "Luisenplätzchen" ab, sodass eine Vegetationsfläche in Drei-

eckform entsteht.

Etwa auf halbem Weg zwischen "Luisenplätzchen" und Schlosstor be-

findet sich ein weiterer, sehr viel kleinerer Sitzplatz ohne erkennbare

Möblierung, mit Blickrichtung West auf den südlichen Lindensaal.

Westlich des "Luisenplätzchens" deutet eine kleine, hufeisenförmige

Signatur möglicherweise eine Grotte an.

Page 25: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 39

Im weiteren Verlauf schwingt dieser Weg Richtung Nordwesten und

trifft südöstlich unterhalb des Lindensaals auf einen Baumplatz in Form

einer Ellipse, der mit sieben einzelnen Bäumen (möglicherweise Lin-

den) umstellt ist.

Er übernimmt eine Art Verteilerfunktion, denn von ihm aus führt sowohl

der Rundweg Richtung Norden als auch ein weiterer Weg Richtung

Südwesten entlang des Böschungsfußes, wo nach einer erneuten Tei-

lung des Weges zum einen der Anschluss an den Arbeitszugang für die

Gärtner hergestellt wird (gegenüber befindet sich Gebäude Nr. 97, die

sog. Orangerie mit Gärtnereiflächen) und zum anderen ein Weg Rich-

tung Norden den Südabschnitt des Plateaus mit Lindensaal anbindet.

In der äußersten Nord-West-Ecke des Parks schließt an den Rundweg

ein halbkreisförmiger Platz mit Brunnenstube an, vom dem aus ein

schmaler Weg zunächst zur Brücke über den Merzenbach und im wei-

tern Verlauf auf das im Westen benachbarte, zum Schloss gehörende

Grundstück der sog. Schlosswiesen (Nr. 99) führt.

Die Bepflanzung ist mit den gängigen Signaturen in Vogelperspektive

dargestellt, die eine gute Differenzierung zulassen. In der Wiese ste-

hende Einzelbäume sind klar unterschieden in Laub- und Nadelbäume.

Vereinzelt vorkommende Gehölzgruppen in der Wiese sind laubtragend

verzeichnet. Eine gestrichelte Linie trennt geschlossene Baum- und

Strauchpflanzungen von der Wiesenfläche. Innerhalb dieser Pflanzun-

gen wird ebenfalls zwischen Laub- und Nadelbaum unterschieden, wo-

bei eine deutliche Verdichtung von Nadelbäumen am westlichen

Grundstückshang zu erkennen ist. Die Gehölzpflanzung konzentriert

sich im Wesentlichen auf die Randbereiche und wechselt nur ab und an

auf die Innenseite des Weges zur Wiese hin. Am südlichen Wegab-

schnitt ist sie jedoch großflächig ausgespart, sodass vom Schlossweg

aus der Blick auf das Schloss teilweise freigegeben wird.

Ebenso frei von Weg begleitende Pflanzflächen sind der Abschnitt zwi-

schen nördlichem Lindengang und dem See sowie die Flächen am äu-

ßersten Nordrand des Parks zwischen See und Bach.

Hier wird die verwendete Signatur von im Verband stehender Einzel-

bäume als Baumgarten (also Obstbäume) interpretiert.

Page 26: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 40

Die in fast gleichmäßigen Abständen entlang der Grundstücksgrenze

zwischen südlichem Lindensaal und Schlosstoranlage sowie zwischen

Bachlauf und Hangkante im Westen verwendete kreisförmige Signatur

mit einseitigem Schatten kann im weitesten Sinn als Hecke gedeutet

werden.

Grün dargestellte Beete in Form von unterschiedlich großen Ellipsen

und Kreisen zeigen Schmuckbeete im Park an. Sie finden sich gehäuft

am Weg zwischen nördlichem Lindengang und See und am "Lui-

senplätzchen". Besonders akzentuiert wird dieser Platz durch ein

Schmuckbeet in Form eines großen "L" (das für "Luise" Gräfin von Rot-

tenahn steht, mehr dazu s. Kap. 2.6.3 und 3).

Weitere langgezogene Beete (geschnittene Hecken oder ebenfalls

Schmuckbeete) befinden sich vor den Balustraden des Plateaus und

auf der unteren Terrasse. Auf dieser ist noch in der Darstellung zwi-

schen Pflanzfläche (Beige mit Struktur) und Wegefläche (rein Beige)

unterschieden. Diese Pflanzflächen sind geschwungen oder in Form

von Ellipsen und haben zusätzlich in hellgrüner Farbe eingetragene

Schmuckbeete. Auf dem südlichen Abschnitt der unteren Terrasse ist in

einer Pflanznische eine Bank (oder ein Tisch) positioniert.

Die Hangkante der steilen Böschung westlich des Schlosses ist gestri-

chelt angedeutet. Ansonsten ist das Geländerelief nicht erkennbar dar-

gestellt.

Page 27: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 41

2.3.1.2 Anbindung an die Kulturlandschaft

Als Anbindung an die den Schlosspark umgebende Kulturlandschaft

kann eine Allee interpretiert werden, die an der nordwestlichen Grenze

des Parks ansetzt und Richtung Nordwesten verläuft. Sie markiert ver-

mutlich einen Geländeversatz, der auf dem Luftbild Abb. 44 zu sehen

ist. Als markanter Einzelbaum und damit als eine Art Geländemarke ist

die heute noch existierende sog. Hunneneiche eingetragen (Verlänge-

rung des Schlosswegs Richtung Südwesten, neben Grundstück Nr. 83).

Page 28: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 42

2.3.2 Gemälde Ferdinand von Rayski, 1838

Das Gemälde ist mit Blick von der südöstlichen Ecke des Schlossparks

("Luisenplätzchen") Richtung Nordwesten entstanden. Im Vordergrund

ist die Wiese des Landschaftsgartens dargestellt, umrahmt mit blühen-

den Sträuchern (am linken Bildrand) und Strauchwerk und Bäumen (ho-

rizontale Bildmitte, jeweils von links und rechts entlang der unteren Ter-

rasse).

Die zweistufige Terrassenanlage mit den beiden Treppen und dem dar-

über stehenden Schloss sind als Hauptattraktion etwa mittig des Bildes

gesetzt. Links und rechts des Schlosses ist der südliche bzw. der nörd-

liche Lindensaal zu sehen. Die Balustrade der Terrassenmauern ist mit

Vasen gekrönt. Ein Schatten im unteren Bereich zwischen den Treppen

lässt eine Nische in der Mauer erahnen. Vor dieser befindet sich ein

Beet mit flacherer Bepflanzung und einem jüngeren Baum. In Richtung

Beet und Treppenanlagen bewegt sich ein Jäger mit Hund von der Mit-

te zum rechten Bildrand. In dessen Hintergrund ist geschlossener Be-

stand an Baum- und Strauchgruppen dargestellt.

Am linken, mittleren Bildrand zeigt Rayski vier Personen, die auf einem

Aussichtspunkt stehen. Links eine erwachsene Person, die rücklings an

das Geländer gelehnt sich gestikulierend kleineren Personen zuwendet.

Möglich, dass Rayski hier die Kinder des Grafen darstellt. An dieser

Stelle ist der Blick frei von jeglichen hohen Pflanzen, sodass die Details

des Aussichtsplatzes erkennbar sind (Pfosten und Geländer).

Die auf dem Katasterplan von 1849 und auf der Darstellung von Rus-

sam (s. Kap. 2.3.4) bereits dichten Fichtenbestände hinter dem Schloss

wurden vom Künstler nicht darstellt. Auch beim Aussichtspunkt legte

Rayski auf die Darstellung der Personen großen Wert und lässt den

Blick vom "Luisenplätzchen" aus frei. Dies entsprach vermutlich nicht

der Wirklichkeit und ist als künstlerische Gestaltung zu interpretieren.

Auffällig ist auch das Fehlen der Vasen auf der unteren Balustrade.

Page 29: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 43

Text Maräuschlein: 126. *Schloß Merzbach (Tafel IX)

Auf einer gestuften, durch Treppen unterbrochenen Terrasse steht das Schloß mit

gelblichweißen Mauern und rotem Dach. Rechts und links Baumgruppen. Im Vor-

dergrund ein Rasen, links Andeutung von blühendem Gesträuch. Der Himmel in

dunkelblauen bis hellblaugelbgrünen Farben. Fünf Staffagefiguren, vier links oben

auf der Terrasse, die fünfte, ein Jäger mit seinem Hund, auf dem Rasen.

Rhm: Goldrahmen mit aufgetragener roter Farbe aus der Zeit. Bes.: Dietz Freiherr

von Thüngen, Thüngen, Franken. Erwb.: Seit der Entstehung im Besitz der Familie.

Abb. 19

Blickrichtung und

Standort des Künstlers,

eingetragen in die Ur-

aufnahme

Abb. 20

Ferdinand von Rayski,

Schloß Merzbach (W.-V.

126)", 1838

Öl auf Leinwand M:

0,244 x 0,338 m; Quelle:

Maräuschlein, Tafel IX

Page 30: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 44

2.3.3 Aquarell O. Reiss, 1841

Die Blickrichtung von Südosten nach Nordwesten ist identisch zu der

des Gemäldes von F. v. Rayski, doch steht der Betrachter noch weiter

Richtung Südosten, wodurch die Bepflanzung des "Luisenplätzchens"

dargestellt werden konnte. Wie bei Rayski bilden Schloss und Terras-

senanlage den Mittelpunkt des Bildes. Links und rechts vom Schloss

sind die Lindensäle in vollem Laub zu erkennen, in unterschiedlichen

Wuchshöhen, was auf einen unregelmäßigen Schnitt schließen lässt.

Die rahmende Bepflanzung besteht aus teils hochgewachsenen Bäu-

men, am linken Bildrand als Koniferen gezeichnet. Die Balustraden der

Terrassenanlage sind durchgehend mit Vasen geschmückt.

Die untere Terrasse ist bepflanzt. Von links und von rechts zieht sich

entlang der unteren Terrassenmauer Bewuchs Richtung Mitte, beste-

hend aus Sträuchern und niedrigen Bäumen. Auf der Wiese vor der

Treppenanlage stehen zwei Einzelbäume; der näher der Treppe gele-

gene ist kleinkronig, der weiter entfernte nahezu ausgewachsene ähnelt

im Habitus dem einer Birke. Auf dem Weg entlang des "Luisenplätz-

chens", in der vorderen Mitte des Bildes, wandelt ein Staffage-Paar in

Biedermeierkleidung mit einem Jungen und einem angeleinten Hund.

Das Schmuckbeet in der Mitte kann als das gepflanzte "L" aus der Ur-

aufnahme interpretiert werden.

Im Unterschied zu Rayski deutet Reiss die Hintergrundpflanzung aus

Nadelhölzern jeweils links und rechts des Schlosses zart an.

Dieses Aquarell ist in den "Altfränkischen Bildern" 1951 in schwarz-

weiß erstmals publiziert. Die Beschreibung durch den Autor W. W. En-

gel s. nächste Seite.

Page 31: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 45

Ihr Schöpfer, der graphische Künstler O. Reiß aus Coburg ist bisher eine schatten-

hafte Gestalt, für die jegliche Lebensangaben fehlen; man kennt von ihm bisher nur

drei Stahlstiche und eine Zeichnung von Coburg und Umgebung. Jetzt liegen nun

gleich fünf signierte Aquarelle für die rotenhanischen Schlösser Rentweinsdorf, Ey-

richshof und Untermerzbach vor - Blätter, die hier erstmals veröffentlicht werden.

Und weiter über das Untermerzbach betreffende Aquarell:

Auch hier hat Reiß, von Osten her stehend, mit zarter Hand ein zierliches Gesamt-

bild der Erscheinung gezeichnet.

Abb. 21

Blickrichtung und

Standort des Künstlers,

eingetragen in die Ur-

aufnahme

Abb. 22

O. Reiss

Aquarell, 1841

Quelle: Rotenhan, Bitha

Anmerkung: Bitha v. Ro-

tenhan kürzt den Vor-

namen wohl fälschli-

cherweise mit "P" ab.

Page 32: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 46

2.3.4 Gemälde Russam, 1842

Der Blick auf Untermerzbach, Schloss und Park richtet sich von Nord-

osten Richtung Südwesten. Dargestellt sind im Vordergrund Personen

in ländlicher Kleidung, die sich auf einem Hohlweg befinden (heutige

Kellergasse), die Bildmitte wird in ganzer Breite von den Häusern des

Dorfes Untermerzbach eingenommen. Darüber steht das Schloss und

am Horizont sind die dahinter liegenden Anhöhen sowie eine Richtung

Südwesten führende Straße zu sehen.

Das Schloss selbst ist umgeben von dichtem Baumbestand, der unter-

schieden werden kann in die beiden Lindensäle sowie in den Hinter-

grundbewuchs des Schlosses, der einen deutlichen Anteil an Nadelge-

hölzen aufweist. Bei dem hervorgehobenen, rundkronigen Baum im lin-

ken Abschnitt könnte es sich um die heute noch existierende, auf ein

Alter von ca. 300-400 Jahren geschätzte Hunneneiche auf der Anhöhe

südwestlich des Schlosses handeln. Die dem Schloss vorgelagerte Ter-

rassenanlage ist bis auf die südliche, obere Mauer durch Bewuchs ver-

deckt. Die Balustrade ist mit Vasen verziert. Vom Schlosspark selbst

sind rundkronig und säulenförmig wachsende Bäume zu erkennen.

Auffällig ist die gehäufte Darstellung von säulenförmigen Bäumen, die

nicht zwingend den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen muss,

sondern eher die favorisierte Baumform des Malers zu sein scheint.

Dies wird besonders deutlich an einem säulenförmiger Einzelbaum zwi-

schen Schloss und Kirche, der vom Künstler wohl als Spannung erzeu-

gendes, vertikales Element gesetzt wurde.

Page 33: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 47

Abb. 23

Blickrichtung und

Standort des Künstlers,

eingetragen in die Ur-

aufnahme

Abb. 24

Aquarell, Signatur:

"Russam pinx. May

1842", Quelle:

Rotenhan, Bitha

Page 34: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 48

2.3.5 Zeichnungen der Luise Gräfin von Rottenhan, um 1850

Die beiden Tuschezeichnungen stammen von der Hand der Gräfin Lui-

se von Rottenhan (1796-1851) und werden auf die Zeit um 1850 datiert.

Die Gräfin hat für das Anfertigen der Zeichnungen zwei unterschiedli-

chen Positionen eingenommen: In Zeichnung 1 (Abb. 25) erfasst ihr

Blick am rechten Bildrand die Ortschaft Gleussen, links liegt Unter-

merzbach mit dem Schloss am linken Bildrand, das vor einen dichten

Gehölzbestand gestellt ist. Zum Schloss führt ein mit einer einseitigen

Baumreihe bepflanzter Weg. Vor dem Schloss sind die Terrassen an-

gedeutet, davor breitet sich die Wiese des Schlossparks aus. Sie ist

umgeben von Baum- und Strauchpflanzung. Im Vordergrund rechts im

Bild hat sich unter einem Baum ein Wanderer auf einem Stein nieder-

gelassen, zu seinen Füßen liegt ein Hund.

Zeichnung 2 (Abb. 26) ist aus weiterer Entfernung als Zeichnung 1 ent-

standen, erkennbar an dem deutlich kleiner dargestellten Schloss und

an der am rechten Bildrand gezeichneten Ortschaft Lahm (Schloss und

Kirche). Links der Bildmitte ist wiederum die Ortschaft Gleussen zu se-

hen. Das Schloss ist vor einen dichten Nadelholzbestand gesetzt. Vom

Park sind die Wiese und eine rahmende Bepflanzung zu erkennen. Der

Vordergrund der Zeichnung wird bestimmt durch einen Bauern, der ei-

nen mit Heu beladenen Ochsenkarren führt. Rechts ist der Eingang zu

einem Felsenkeller zu sehen.

Abb. 25 und 26

(s. nachfolgende Seite)

Rückseite: Handschriftli-

cher Vermerk: Unter-

merzbach um 1850;

rechte untere Ecke Auf-

kleber mit handschriftli-

chem Vermerk: Zeich-

nung Louise Gräfin von

Rottenhan, um 1850,

überreicht von Eleonore

Freifrau von Rotenhan

am 14.03.2006

Besitz: Gemeinde Un-

termerzbach

Page 35: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 49

(Abb. 25 und 26)

Page 36: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 50

2.3.6 Zeichnung Landschaft und Orangerie, undat. (nach 1816)

Der unbekannte Künstler befand sich vermutlich auf der Anhöhe süd-

westlich des Schlosses (unter der Hunneneiche?) mit Blick Richtung

Nordosten bis Osten. Dargestellt sind die Landschaft, einzelne Gebäu-

de und Ansiedlungen. Die Horizontlinie verläuft ungefähr in Bildmitte.

Mittig im Vordergrund steht eine Orangerie (Baubeschreibung s. am

Ende des Textes). Hinter einer Fachwerkscheune mit hölzernem Giebel

am linken Bildrand ist das Schloss in äußerst zurückgenommener Dar-

stellung zu sehen. Nach rechts (also nach Osten) erstreckt sich der

Schlosspark, gezeichnet als eine dicht mit Großbäumen gefüllte Fläche.

Dahinter liegt der Ort Untermerzbach, von dem aus eine mit Alleebäu-

men gesäumte Straße nach Osten führt. Vor der den Abschluss bilden-

den Hügelkette liegen (von links nach rechts) die Ansiedlungen Tru-

schenhof, Schenkenau, Gleussen und Kaltenbrunn. Oberhalb von Kal-

tenbrunn ist als äußerster Blickpunkt Kloster Banz zu sehen.

Beschreibung der Orangerie: Sie ist nach Süden orientiert und besteht

aus einem großen, verglasten Mittelteil, und symmetrisch je links und

rechts angeordneten, eingeschossigen und aus Steinen gemauerten

Anbauten. Sie werden durch ein Walmdach integriert und treten durch

einen Vorsprung mit Satteldach (Firstrichtung quer zum Walmdach) in

Richtung Süden hervor. Insgesamt sind 3 Schornsteine zu sehen, je ei-

ner im Bereich der seitlichen anbauten und einer in der Mitte der Oran-

gerie. Es handelt sich bei dem Gebäude um einen Zweckbau ohne re-

präsentativen Charakter.

Anmerkung: Eine Bauinschrift an der ehemaligen Orangerie zeigt die

Zahl 1816.

Page 37: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 51

Abb. 27

Blick von Hunneneiche

Richtung Nordost, mit

Orangerie im Vorder-

grund

Besitz: Staatsbibliothek

Bamberg

Page 38: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 52

Abb. 28

wie Abb. 27,

jedoch beschriftet von

der Verfasserin

Page 39: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 53

2.3.7 Fotografien, Postkarten, amtliches Kataster

Page 40: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 54

2.3.7.1 Foto Apotheker Franz Gros, um 1905

Die Aufnahme wurde in der laubfreien Zeit angefertigt. Der Fotograf

stand in der östlichen Ecke des Schlossparks (vor dem "Luisenplätz-

chen") mit Blickrichtung Nordwest. Abgebildet ist die Terrassenanlage

(der äußerste südliche Teil ist abgeschnitten) mit dem darüber stehen-

den Schloss. Die Terrassenmauern sind ohne Bewuchs.

Erkennbare Vegetationselemente:

- großer Baum in Einzelstellung diesseits des Mittelwegs (Gattung nicht

erkennbar)

- dicht (mit Sträuchern) besetzter Pflanzstreifen vor der unteren südli-

chen Terrasse

- südlicher Lindengang mit erkennbaren Schnittstellen

- Baumspitzen der Fichten hinter dem Lindengang

Abb. 29

Foto um 1905,

Apotheker Franz Gros

Quelle:

Kreisheimatpfleger Gün-

ter Lipp

Page 41: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 55

2.3.7.2 Foto Arthur Wünschen, um 1910

Die Aufnahme wurde in der laubtragenden Zeit angefertigt. Der Foto-

graf stand mit Blickrichtung Nordwest auf der südlichen Wiesenfläche.

Abgebildet sind der mittlere Teil der Terrassenanlage und das Erdge-

schoss des nordöstlichen Teils des Schlosses.

Erkennbare Vegetationselemente:

- Teil einer großen Baumkrone am rechten Bildrand (Gattung nicht er-

kennbar)

- dichter Bewuchs der oberen Terrassenmauern und der Vasen (Efeu?)

- Baumspitzen der Fichten rechts vom Schloss

- rechts davon zwei Kronen des nördlichen Lindengangs

- Vasen der unteren Terrasse wohl bepflanzt

Abb. 30

Arthur Wünschen, um

1910

Quelle: Bayerisches

Landesamt für Denk-

malpflege

Page 42: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 56

2.3.7.3 Foto, um 1916

Die Aufnahme wurde in der laubtragenden Zeit angefertigt. Der Foto-

graf stand auf der Unteren Terrasse mit Blickrichtung Südwest. Abge-

bildet sind die südliche obere und die obere mittige Treppe sowie die

Obere Nische.

Abgebildete Personen:

- auf die obere Balustrade gelehnter Mann, links davon kleiner Junge

- rechts davon 3 größere Jungen

- auf der mittleren Terrasse, an die Kante der Nische gelehnt, ein grö-

ßerer Junge.

Alle Kinder tragen Hüte mit breiten Krempen.

Erkennbare Vegetationselemente:

- nördliche Exemplare des südlichen Lindengangs

Es ist möglich, dass es sich bei den abgebildeten Personen um die

Familienmitglieder einer der Vorbesitzer handelt (Franz Herget, Besit-

zer 1906 bis 1908, Dr. Wilhelm Schroeder, Besitzer von 1908 bis 1910,

Adam Diroll, Besitzer von 1910 bis 1918).

Page 43: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 57

Abb. 31

Foto, um 1916, evtl.

ehemals Privatbesitz,

heute Bayerisches Lan-

desamt für Denkmal-

pflege

Page 44: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 58

2.3.7.4 2 Fotos, um 1916

Die Aufnahmen wurden in der laubtragenden Zeit angefertigt. Der Fo-

tograf stand unmittelbar südlich des Mittelwegs mit Blickrichtung West.

Abgebildet sind die mittlere Terrassenanlage und das Schloss (ortho-

gonal).

Beide Aufnahmen wurden am selben Tag wie Abb. 31 wohl unmittelbar

hintereinander fotografiert. Es wechseln lediglich die posierenden Per-

sonen.

Abgebildete Personen:

- auf die untere Balustrade gelehnte Frau (rechts) sowie ein Junge

- auf der oberen Balustrade sitzend ein lesender Junge und links da-

von, auf der Balustrade sitzend, ein kleinerer Junge.

Die beiden älteren Jungen tragen Hüte mit breiten Krempen.

Erkennbare Vegetationselemente:

- nördliche untere Terrassenmauer bewachsen (Efeu?)

- Vasen der unteren Terrasse wohl bepflanzt

- dichter Bewuchs der oberen Terrassenmauern und der Vasen (Efeu?)

- auf der obersten Terrasse, vor dem Schloss, in wohl gleichmäßigen

Abständen stehende Yucca-Palmen (vermutlich in Töpfen)

Page 45: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 59

Abb. 32

Foto, evtl. ehemals Pri-

vatbesitz, heute Bayeri-

sches Landesamt für

Denkmalpflege

Page 46: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 60

Abb. 33

Foto, um 1916, evtl.

ehemals Privatbesitz,

heute Bayerisches Lan-

desamt für Denkmal-

pflege

Page 47: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 61

2.3.7.5 2 Postkarten, um 1908

Die Aufnahme wurde in der laubfreien Zeit angefertigt. Der Fotograf

muss sich in der Krone eines der Großbäume am östlichen Rand des

Parks befunden haben, Blickrichtung West auf das Schloss mit davor

liegender Terrassenanlage. Von dieser sind die unteren Treppenanla-

gen ganz, die oberen im Anschnitt zu sehen.

Erkennbare Vegetationselemente:

- Teil einer großen Baumkrone am linken Bildrand (Gattung nicht er-

kennbar)

- dichter Bewuchs der oberen Terrassenmauer und der Vasen sowie

der nördlichen Unteren Terrassenmauer. Da die Aufnahme in der laub-

freien Zeit gemacht wurde, handelte es sich um eine immergrüne

Pflanzenart (Efeu?)

- Fichten rechts vom Schloss

Abgebildete Personen:

- insgesamt sind 11 männliche und 2 weibliche erwachsene Personen

zu erkennen

- einige der Männer tragen Jägerkleidung und/oder ein Gewehr, ein

Mann führt einen Hund

- eine Kutsche mit Kutscher ist vor der Treppenanlage des Schlosses

vorgefahren

Vermutlich handelte es sich bei der Gruppe um eine Jagdgesellschaft.

Erkennbare Ausstattungselemente:

- großer Steintisch auf der nördlichen, unteren Terrasse; die Füße des

Tisches sind möglicherweise mit natürlichen Tuffsteinen versteift (ver-

ziert)

1908 war Dr. Wilhelm Schroeder Eigentümer des Schlosses.

Über die Nutzung als "Ferienheim des Bayerischen Jünglingsbundes

e.V. Sommer 1911" (Abb. 35) konnte nichts in Erfahrung gebracht wer-

den. In diesem Jahr war das Schloss Eigentum von Adam Diroll.

Page 48: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 62

Abb. 34

Postkarte, Fotografie

1908 gelaufen

(Internetbestellung),

Abbildung vergrößert

Page 49: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 63

Abb. 35

Postkarte, Fotografie

Quelle: Gemeinde Un-

termerzbach

Abbildung vergrößert

Page 50: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 64

2.3.7.6 Postkarte "Herz-Jesu-Heim" undatiert

Die Aufnahme wurde in der laubfreien Zeit angefertigt. Der Fotograf

stand orthogonal zur Terrassenanlage und zum Schloss. Vor der un-

teren Terrasse sind je links und rechts ein neu gepflanzter Baum zu

erkennen.

Weitere erkennbare Vegetationselemente:

- großkronige Bäume links und rechts im Anschnitt, Vordergrund

- Fichtenkronen rechts hinter dem Schloss

Abb. 36

Postkarte, Aufschrift:

"Herz-Jesu-Heim, Un-

termerzbach, Ufr.-

Cleriker-Noviziat der

Herz-Jesu-Provinz der

Pallottiner"

gelaufen,

Datum unbekannt, In-

ternetbestellung

Page 51: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 65

2.3.7.7 Postkarte, Luftaufnahme 1943

Die Fliegeraufnahme wurde von Nordost Richtung Südwest angefertigt.

Hinter dem Schloss sind die Nadelgehölze als große Bäume erkennbar.

Der südliche Lindensaal scheint in der Höhe relativ gleichmäßig be-

schnitten. Die östlichen und die nördlichen Parkabschnitte sind dicht mit

Großbäumen bewachsen. Entlang des Schlossweges ist eine Baumrei-

he erkennbar.

Abb. 37

Postkarte, Fliegerauf-

nahme, 1943, Quelle:

Gemeinde Untermerz-

bach

Page 52: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 66

2.3.7.8 Postkarte, Luftaufnahme

Möglich, dass die Aufnahme beim gleichen Flug entstanden ist wie die

der Abb. 37.

Der Schlosspark ist nur in Teilen abgebildet.

Erkennbare Vegetationselemente:

- südliche Lindensaal, ganz zu sehen, mit nahezu gleich großen Kronen

- Fichtenbestand hinter dem Schloss

- nördlicher Lindensaal, Kronen deutlich größer, zum Teil durch davor

stehende Baumkronen verdeckt

- Einzelbäume in Reihe, rechts, entlang des Mittelwegs, darunter wohl

die heute noch existierende Platane

- Säuleneiche (heute noch existierend) links des Mittelwegs

- dichter Pflanzstreifen entlang südlicher unterer Terrassenmauer

- kreisrunde Pflanzfläche innerhalb der südlichen Schlosswiese (keine

Interpretation möglich)

Weiterhin erkennbar: runder heller Fleck auf Schlosswiese (keine

Interpretation möglich)

Abb. 38

Postkarte "Schloss Un-

termerzbach, Herz-

Jesuheim", "Original

Fliegeraufnahme"

Quelle: Gemeinde Un-

termerzbach

Page 53: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 67

2.3.7.9 Postkarte, 1947

Der Fotograf befand sich wenige Schritte neben der Straße von

Kaltenbrunn nach Untermerzbach, Blick Richtung Westen. Die

Aufnahme wurde in der laubtragenden Zeit angefertigt.

Erkennbare Vegetationselemente:

- Nadelgehölzbestand hinder dem Schloss

- einzelne Nadelgehölze im Park

- dichter Gehölzbestand entlang Ost- und Westseite des Parks

- Baumreihe entlang Schlossweg

Abb. 39

Postkarte "Gruß aus Un-

termerzbach", 1947,

Quelle Gemeinde

Page 54: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 68

2.3.7.10 2 Fotos von Gundermann, nach 1954, vor 1963

Die Aufnahmen wurden vermutlich im zeitigen Frühjahr mit wenigen

Minuten Abstand angefertigt, denn die Linden des südlichen Linden-

saals tragen bereits Blätter (s. Abb. 40), während die der Säuleneiche

(s. Abb. 41, Astwerk am linken Bildrand) noch fehlen. Der Fotograf

stand südlich des Mittelwegs und östlich der Säuleneiche. Das Foto

wurde nach 1954 aufgenommen, da das Dach der in diesem Jahr fertig

gestellten Kapelle zu sehen ist, und vor 1964, da der nördliche Anbau

noch fehlt.

Erkennbare Vegetationselemente Abb. 40 (von links nach rechts):

- 3 Exemplare des südlichen Lindensaals, Knoten des Schnittes gut er-

kennbar

- Laubbäume hinter der Kapelle

- Kronen des nördlichen Lindensaals (teilweise)

- dahinter große Kiefer

- je 1 Konifere (Omorika-Fichten?) links und rechts neben der untersten

Treppe

- laubtragende Heckenpflanzen entlang unterster südlicher Terrassen-

mauer

- mehrstämmiger großer Laubbaum vor unterster nördlicher Terras-

senmauer

Erkennbare Vegetationselemente Abb. 41 (zusätzlich zu den in Abb. 40

beschriebenen)

- am linken Bildrand im Anschnitt Krone der heute noch existierenden

Säuleneiche

Page 55: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 69

Abb. 40 und 41

2 Fotos, Fotograf Gun-

dermann (Vorname un-

bekannt), Bayerisches

Landesamt für Denk-

malpflege

Aufnahmezeitpunkt kurz

hintereinander

Page 56: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 70

Abb. 41

Page 57: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 71

2.3.7.11 Foto nach 1954 und vor 1964

Das Foto für in der laubtragenden Zeit angefertigt. Die Datierung erfolg-

te über den ähnlichen Zustand der Vegetation wie bei den Gunder-

mann-Aufnahmen.

Erkennbare Vegetationselemente (von links nach rechts):

- Exemplare des südlichen Lindensaals, Kronen etwas höher als bei

Gundermann

- Kronen des nördlichen Lindensaals

- dahinter große Kiefer

- je 1 Konifere (Omorika-Fichten?) links und rechts neben der untersten

Treppe

- laubtragende Heckenpflanzen entlang unterster südlicher Terrassen-

mauer

- mehrstämmiger Laubbaum vor unterster nördlicher Terrassenmauer

- heute noch existierende Säuleneiche (rechter Bildrand)

Abb. 42

Foto, Fotograf unbe-

kannt, Quelle: Internet

Page 58: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 72

2.3.7.12 Luftbild, 1960

Die Luftaufnahme wurde in der laubtragenden Zeit angefertigt,

Flugrichtung von Ost nach West. Der Schlosspark ist dicht mit

Großbäumen besetzt. Auffallend ist, dass die Nadelholzbestände hinter

dem Schloss Anpflanzungen mit Laubgehölzen gewichen sind. Gründe

hierfür sind nicht bekannt, doch kann angenommen werden, dass die

Nadelbäume (Fichten?) ihr natürliches Alter erreicht hatten und gefällt

werden mussten oder Sturmschäden zum Opfer fielen.

Abb. 43

Luftaufnahme, 1960,

Quelle: Gemeinde Un-

termerzbach

Page 59: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 73

2.3.7.13 Luftbild, 1961

Die Luftaufnahme wurde in der laubtragenden Zeit angefertigt,

Flugrichtung von West nach Ost. Zu sehen ist der nördliche Teil des

Schlossparks, dessen Baumkronen so dicht stehen, dass der darunter

liegende Teich nicht erkennbar ist. Recht ist im Anschnitt der Nordturm

des Schlosses zu sehen.

Am rechten Bildrand ist im nach Norden (links) abfallenden Gelände

außerhalb des Schlossparks ein Geländeversatz zu erkennen. Möglich,

dass sich hier die auf der Uraufnahme eingetragene Allee befand (s.

dazu auch Kapitel 2.3.1.2 Anbindung an die Kulturlandschaft).

Abb. 44

Luftaufnahme, 1960,

Quelle: Gemeinde Un-

termerzbach

Page 60: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 74

2.3.7.14 Foto untere Terrasse, 1974

Das Foto zeigt die untere Terrasse ab der Mitte Richtung Süden.

Zu erkennen sind ein zwischen den unteren Podesten der Treppe

gelegenens, mittiges Blumenbeet, das symmetirsch einen Innen-

schwung aufweist und mit Blumerabatten geschmückt ist. Zwischen der

südlichen Treppe und der Balustrade auf der unteren Terrasse befindet

sich eine geradlinig angelegte, mit Kantensteinen eingefasste Rasen-

fläche, deren Querseiten mit je einer Blumenrabatte geschmückt sind.

Der Aussichtsplatz südlich des Lindengangs ist am rechten Bildrand zu

sehen. Offenbar überspannte 1974 eine gebogene Dachkonstruktion

den Sitzplatz an dieser Stelle.

Links im Bild eingroeßr Nadelbaum (Omorika-Fichte?).

Abb. 45

Blick auf die Untere Ter-

rassenmitte, Richtung

Süden

Quelle:

Sayn-Wittgenstein,

Franz Prinz zu,

1974

Page 61: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 75

2.3.7.15 Amtl. Kataster 18.02.2013

Abb. 46

Amtl. Kataster

18.02.2013

Die Wegeführung entspricht der Uraufnahme.

Page 62: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 89

2.4.5 Eintrag in die Bayerische Denk-malliste

D-6-74-210-12 Schloßweg 2; Schloßstraße 12; Schloßstraße 20;

Im Schloßgarten. Schloss, dreigeschossiger Mansardwalmdachbau

mit zwei schräggestellten Ecktürmen und Sandsteingliederungen, im

Kern 1534; klassizistischer Umbau 1750/51; Terrassen und Treppen

mit Balusterbrüstungen und Futtermauern, Sandstein, um 1760; Park,

seit 1726, Umgestaltung zum Landschaftspark mit Bepflanzungen und

Wegen, seit 1789 und frühes 19. Jh., 1838 von Eduard Petzold; im

Park: Parktor mit zwei Fußgängertoren, genutete Pfeiler mit Aufsätzen

und schmiedeeisernen Torflügeln, historistisch-spätbarock, um 1905;

Kapelle, kleiner Saalbau mit eingezogener Apsis, Satteldach und

Dachreiter mit Pyramidendach, 1935; Obelisk mit figürlicher Darstel-

lung, Sandstein, bez. 1938, Stiftung der Novizen; runder Keller; klas-

sizistischer Pfeiler aus Schmiedeeisen, um 1760.

Abb. 53

Auszug aus der Denk-

malliste

Quelle: Bayerisches

Landesamt für Denk-

malpflege

Page 63: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 90

2.5 Die Beteiligung Eduard Petzolds

Abb. 54

Carl Eduard Adolph

Petzold, gezeichnet

am 15. Sept. 1846

von seinem Freund

Friedrich Preller d.

Ä. (Rohde S. 5)

Page 64: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 91

Auf Seite 42 seiner "Erinnerungen aus meinem Leben", 1890 erschie-

nen, erwähnt Petzold seine Arbeit für den Schlosspark Untermerzbach

wie folgt:

"Während dieser Zeit entwarf ich auch die Pläne bei dem Schlosse

Maerzbach bei Coburg, im Itzgrund gelegen und dem Grafen R o t e n

h a n gehörig."

In der Liste von Petzolds Werkverzeichnis (s. Rohde S. 261) nimmt der

Plan von Untermerzbach die vierte Position ein (nach Park Carolath,

1834, Park Matzdorf, 1835 und Park Möstchen, 1838).

Da sämtliche Pläne des Schlossgartens 1923 und 1939 von den Pallot-

tinern an das Staatsarchiv Würzburg abgegeben wurden, wo sie 1945

verbrannten (s. dazu Kap. 2.4.1) ist dieser Eintrag in Petzolds Auf-

zeichnungen der bisher einzige Nachweis für seine Planung für den

Schlosspark Untermerzbach.

Die Uraufnahme von 1849 weist eine besonders detailliert dargestellte

Gartengestaltung auf. Es ist anzunehmen, dass diese auf der Basis ei-

nes von Petzold gezeichneten Entwurfs entstanden ist.

Der Kontakt zwischen Petzold und Karl Julius Graf von Rottenhan kam

über dessen Verwandtschaft in Rentweinsdorf zustande. Der dortige

Stammhalter Hermann Freiherr von Rotenhan ehelichte im Jahr 1830

Marline Riedesel Freiin zu Eisenbach, die Tochter des Georg Carl

Riedesel, Landmarschall des Großherzogtums Sachsen-Weimar-

Eisenach. Dieser hatte Petzold bereits bei seinen Besuchen in Wörlitz

kennen- und schätzen gelernt und ihn von 1838 bis 1840 für seinen

Besitz in Neuenhof an der Werra verpflichtet. In dieser Zeit hat Petzold

Hermann von Rotenhan kennengelernt, über den er in seinen Er-

innerungen schreibt (S. 43): "Außer anderen bedeutenden Männern,

welche sich für Landschaftsgärtnerei interessierten und öfter nach

Neuenhof kamen, befand sich auch der Schwiegersohn des Herr

Landmarschalls, Freiherr von Rotenhan, Präsident der zweiten Kammer

des Königreichs Bayern, dem ich mehrere schätzenswerthe Empfeh-

lungen zu danken habe, […]." Eine dieser Empfehlungen muss die

Vermittlung nach Untermerzbach gewesen sein.

Page 65: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 92

Petzold hatte sich bei der Vertragsgestaltung mit seinem neuen Dienst-

herrn Landmarschall Riedesel freie Zeit für Bildungsreisen und freibe-

rufliche Tätigkeiten einräumen lassen. Dies, so war er der Meinung,

würde ihn in seinem Wissen und Können stetig voran bringen (Rohde,

S. 4). Bei der Vertragsverlängerung im Jahr 1840 um weitere drei Jahre

handelte er sogar sechs Monate Urlaub pro Jahr aus. Er organisierte

diese Reisen vollständig durch, um möglichst viele anerkannte Kollegen

kontaktieren zu können und für sich einen hohen Wirkungsgrad hin-

sichtlich seiner Weiterbildung zu erreichen (Rohde S. 5).

Die beiden Familien in Rentweinsdorf und Untermerzbach pflegten zur

damaligen Zeit einen regen Kontakt, wie Schmidt in seinem Aufsatz (S.

21) vermerkt. Julius von Rotenhan schreibt über diese Beziehung (S.

639): "ein besonders lebhafter und geistig fördernder Verkehr bestand

mit den Verwandten in Merzbach, wo die geistreiche Cousine Gräfin

Louise von Rottenhan mit ihrem edeln und biederen Gatten für Her-

mann und seine Familie ein sehr anziehender und bildender Umgang

war. Hier trafen Sie oft mit den überaus interessanten Verwandten der

Gräfin zusammen, so mit dem Schwager derselben, dem berühmten

früheren preußischen Minister von Stein […] Es bildete sich […] immer

mehr der innigste Verkehr mit den Verwandten in Merzbach“.

Schmidt dazu:

Er selbst (Hermann von Rotenhan, d. Verf.) beauftragte Petzold 1856

mit der Umgestaltung des 1854 an seine Frau gefallenen Besitzes

Buchwald in Schlesien. Dieses war ab 1785 von Friedrich Wilhelm Graf

von Reden zu einem sentimentalen Landschaftsgarten im Sinne einer

„ornamental farm“ umgestaltet worden, und Teil einer über Jahrzehnte

von den bedeutendsten Gartenkünstlern mitgestalteten Landschaft von

zahlreichen, ineinander übergehenden Schlossgärten, […]. Hermann

von Rotenhan nannte Buchwald den „schönsten und reizendsten Fleck

des deutschen Vaterlandes“ und verstarb dort 1858.

Zur weiteren Diskussion und Interpretation s. Kap. 3.

Page 66: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 93

2.5.1 Zur Person Petzolds

Abb. 55 bis 57

Tabellarischer Lebens-

lauf aus Rohde

(S. 35-37)

Page 67: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 94

Abb. 56

Page 68: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 95

Abb. 57

Page 69: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 96

2.5.2 Die Gartentheorien Petzolds Carl Eduard Petzold hat uns nicht nur zahlreiche Gartenanlagen hinter-

lassen, sondern auch ein umfangreiches Werk von rund 30 Publikatio-

nen. Mit diesen Lehrmeinungen und praktischen Anleitungen hat er

maßgeblich die Entwicklung des klassischen Landschaftsgartens beein-

flusst. Lt. Rohde hat Petzold dazu die bekanntesten zeitgenössischen

Gartentheoretiker Deutschlands und Englands ausführlich rezipiert. Sei-

ne formulierten Gartentheorien lassen bei der Bewertung seiner Arbeiten

eine Fülle von Rückschlüssen zu.

Basis aller seiner Gestaltungsprinzipien waren die von der Natur vorge-

gebenen Landschaftsmotive. Schon früh lernte er, wie er sich ausdrück-

te, deshalb "das Sehen" in der Natur. Er empfahl - so Rohde (S. 39 ff) -

einem Landschaftsgärtner daher "durch Beobachten und Zeichnen cha-

rakteristische Natur-Scenen in sich aufzunehmen" um sie entsprechend

nach seiner individuellen Auffassung "zu komponieren" und unter Be-

rücksichtigung des gegebenen Terrains künstlerisch zu realisieren. Roh-

de weiter: Petzold empfahl übrigens, um korrekte Definitionen bemüht,

das englische Wort "Park" anstelle des deutschen Begriffs "Landschafts-

garten" zu verwenden, weil die Engländer ihre Parkareale sehr ausdehn-

ten, indem sie ganze Fluren einbezogen.

Die Kenntnisse der Natur, ihrer Perspektiven, der sanften Übergänge, ih-

rer Ausgewogenheit bei den Farben und Formen hielt er für unabdingbar

bei der Gestaltung eines Parks. Deren Unterschiedlichkeit und deren

Wirkung auf das menschliche Gemüt suchte er in seinen Werken zu be-

rücksichtigen und umzusetzen. So war er beispielsweise der Ansicht, die

Eiche und die Buche, solitär oder als Wald gesetzt, riefen eine feierliche

Stimmung hervor, die Zitterpappel in Kombination mit der Eiche sei ein

Symbol für Schwäche und Kraft und ein mit Efeu umwachsender Eichen-

stamm Sinnbild für Freundschaft und Liebe. Nadelgehölze dagegen

stimmten melancholisch.

Page 70: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 97

Den von Landbewohnern in der Nähe ihrer Dörfer gesetzten Baumarten

wie Linde, Nussbaum und Kastanie schrieb er idyllische Wirkung zu

(Rohde S. 41).

Aus den Aussagen in Petzolds erstem Handbuch (erschienen 1849)

entwickelte Petzold lt. Rohde (s. 42) acht Grundsätze zur praktischen

Anwendung. In verkürzter Form werden sie wie folgt wiedergegeben:

1. Die Form einer Landschaft werde durch das Terrain […] und durch die

Pflanzenformen der Bäume und ihre Stellung bestimmt.

2. Der besondere Charakter einer Landschaft werde durch die Eigenart

der Baumarten definiert. […] c) Nadelhölzer und Hängebäume könnten

das Gefühl der wehmütigen Trauer in uns hervorrufen […]

3. Heterogene Formen und Farben in unterschiedlicher Zusammenstel-

lung […] könnten den eigentümlichen Charakter der Baumarten abmil-

dern.

4. Der Charakter, den die verschienen Baumarten auf die Gegend aus-

üben, könne verändert werden durch ihre Anordnung und die Linien des

Terrains.

5. Steife, schwere Formen, die als Solitäre nicht malerisch wirken, eige-

nen sich am besten zu Massenpflanzungen, leichte Formen dagegen zu

Gruppierungen.

6. […] "Düstere Terrains" oder Felsen könnten durch leichtere Pflanzun-

gen lichter gemacht werden. Umgekehrt könne man "lichtreichen" Orten

durch schwere Baumformen "mehr Konsistenz" verleihen.

7. Die "schwereren Formen" […] haben meist eine dunkle, leichtere eine

helle Färbung. Die dunkle Farbe bilde einen guten Hintergrund, wenn

"sie mehr in Masse" erscheine. Sie böte aber auch einen guten Vorder-

grund, wenn sie "durch Anbringung einzelnen Schattenpunkte auf dem

hellen Hintergrunde" wirke.

8. Aus diesen Grundsätzen folge, dass sich die Regeln der Komposition

durch Formen und Farbe ergeben.

1853 erschien Petzolds "Farbenlehre der Landschaft. Seit seiner Lehr-

zeit hatte er sich mit diesem Thema befasst, stellte nun seine Ergebnisse

zusammen und leitete aus ihnen Regeln für Kontrastierungen, Schattie-

rungen und Farbzusammenstellungen ab.

Page 71: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 98

Auf S. 44 beispielsweise empfiehlt er "[…] Nadel-Hölzer pflanzt man gern

in die Umgebung der Gebäude, weil sie zu der gewöhnlich hellen Farbe

der letzteren angenehm constrastieren […]". Bei der Zusammensetzung

von Bäumen in gebrochenen Farben müsse man, um "höchsten Kon-

trast" zu erzielen, auf die Grundfarben zurückgehen. Zu Grün passen al-

so alle Abstufungen der Komplementärfarbe Rot, wie Rotbraun usw.

(Rohde S. 49).

Petzold zur Verwendung und Gruppierung von Pflanzen

Für Petzold war die richtige Verwendung der Pflanzen die eigentliche

Kunst des Landschaftsgärtners. Seine Vorstellungen hat er sehr diffe-

renziert und ausführlich zu Papier gebracht. Nachfolgend seien nur die

wichtigsten in aller Kürze formuliert (Rohde S. 104 ff):

1. Geschlossene Pflanzungen

Darunter verstand Petzold Pflanzungen, die als Deck-, Saum- oder Gür-

telpflanzungen verwendet werden sollten. Eine Regel dafür sei, dunkel-

laubige Gehölze als Hintergrund oder im Kern einer solchen Anpflanzung

zu verwenden und mit helllaubigen Gehölzen den Übergang zum Rasen

zu gestalten. Dabei warnte er vor Überhäufungen solchen Stilelemente.

2. Ungeschlossene Pflanzungen

Das sind Solitärbäume, Gruppen und sog. "Klumps". Letztere bezeichne-

te er als "interimistische Pflanzungen", die später mithilfe der Axt zur Bil-

dung von Gruppen dienen sollen. Für diese Pflanzungen sei allgemein

der unterschiedliche Habitus eines Baumes von eminenter künstlerischer

Bedeutung. Seine Art, aus dem Boden zu wachsen, die Kronenform und

der Kronenaufbau, die Lichtdurchlässigkeit der Krone, die Festigkeit der

Blätter, die Farbe des Laubes, die Herbstfärbung - all das könne sich der

Gärtner zunutze machen und gestalterisch entsprechend einsetzen.

3. Bepflanzung entlang der Wege

Für die Bepflanzung der Wege schlug er vor, diese erst nach deren Fer-

tigstellung vorzunehmen, um zu erreichen, dass die Pflanzungen den

Vordergrund für Aussichten und Ansichten bilden können.

Page 72: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 99

Dabei sei es von Vorteil, "wenn sie [die Aussichten, d. Verf.] unter dem

ausgebreiteten Laubdache grosser Bäume gesehen werde;" der Charak-

ter des Bildes wird sich ganz anders gestalten, je nachdem dies unter

den Zweigen von Eichen, von Platanen oder Akazien geschieht oder wir

es zwischen dunklen Nadelhölzern oder Laubmassen genießen."

Petzold zur Wirkung von Baumgruppierungen:

Abb. 58

Rohde S. 71, Abb. 21

Große Schattenmas-

sen geben dem Bild

Ruhe (Petzold 1849,

Fig. 4, S. 15)

Abb. 59

Rohde S. 72, Abb. 22

Leicht verteilte Grup-

pierungen tragen da-

gegen das Gepräge

eines heiteren Charak-

ters und wirken bei

denjenigen mit Schat-

tenmassen vermittelnd

(Petzold 1849, Fig. 5,

S. 15)

Page 73: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 100

Petzold zur Gestalt und zur Führung von Wegen in Parks

(Rohde S. 99 ff)

Zweck, Führung, Gestalt und Ausführung von Wegen sollen "den Besuch

seiner schönsten Partien und Fernsichten" ermöglichen und "diese zu

einem harmonischen Ganzen" zusammenfügen. Durch Anpflanzungen

müssten Biegungen und Krümmungen erkennbar für den Besucher "mo-

tiviert" werden, wobei Art und Weise der Krümmungen durch die Breite

eines Weges vorgegeben sei. So genüge bei einem breiteren Weg eine

einfachere Biegung.

Auch das Material der Deckschichten solle sorgfältig ausgewählt werden.

Je näher die Wege am Gebäude verliefen, umso qualitätvoller solle der

Belag ausfallen. Abzulehnen seien dagegen allzu helle oder dunkle Far-

ben des Wegebelags.

Petzold zur Verwendung von Wasser in Parks

(Rohde S. 96 ff, Petzold S. 117 ff)

"Wasser" - Petzold - "ist die Seele der Landschaft". Er unterschied, wie

vor ihm schon der Gartentheoretiker Christian Cay Lorenz von Hirschfeld

(1742-92) zwischen See, Teich und Weiher als stehende und Strom,

Fluss und Bach als fließende Gewässer, die lt. Hirschfeld jeweils andere

Empfindungen beim Betrachter hervorriefen. Petzold stellte dazu Gestal-

tungsprinzipien zusammen. Der Teich etwa zeige "den Charakter der

Ruhe und Abgeschlossenheit", sei "von schattigen Ufern umgeben" sei-

ne Linien seien "einfacher" gehalten. "Der Reiz einer kleinen Wasserflä-

che beruhe vorzüglich auf einer schönen Spiegelung."

Petzold weiter über Tiere im und auf dem Wasser: "Besonders sollte der

Schwan nicht fehlen; die Anmuth seiner Gestalt und seiner Bewegungen,

wie das reine Weiss seines Gefieders, machen ihn gleich geeignet, eine

Zierde des Wassers zu sein".

Petzold zur Pflege von Beständen

(Petzold S. 173)

"Die Axt kommt zur Anwendung da, wo der Gartenkünstler schon vor-

handene Waldbestände in Parkanlagen verwandeln oder lange Zeit hin-

durch vernachlässigte frühere Gartenparthien erneuern soll; ferner da,

wo die neuangelegte Pflanzung die bezweckte Ausdehnung erreicht hat,

die weitere Vergrößerung ihre Wirkung beeinträchtigen würde und auch

Page 74: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 101

das Gedeihen der einzelnen Bäume und Sträucher nachtheilige über-

handnehmende Dichtigkeit ihr Durchlichten nöthig macht.

Die Axt, wenn sie mit Geschmack und mit Kenntnis geführt wird, kann oft

in einem Monat mehr Wirkung, mehr schöne Naturscenen hervorbringen,

als dies junge Pflanzungen in fünfzig und mehr Jahren im Stande sind."

1856 veröffentlichte Petzold ein "Reglement" für die kontinuierliche

Pflege und die Unterhaltung von Landschaftsgärten. Rohde schreibt

dazu (S. 259):

"Angeregt durch Pücklers "Andeutungen zur Landschaftsgärtnreei" und

durch das Vorbild der Tätigkeit Rehders, entwickelte Petzold meisterliche

Fähigkeiten der Parkregeneration und der Bildung neuer Anlagen aus

altem Bestand."

Abb. 60

Rohde Abb. 41:

Anlage im Park zu

Weimar mit übergrei-

fender Vegetation

(Petzold 1862, Tafel

VIII) mit originalen

Anmerkungen Pet-

zolds für die Nachher-

Abbildung: "schneiden,

stutzen, auslichten"

usw.

Page 75: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 102

Die "Handschrift" Petzolds bei der Anlage von Landschaftsgärten

(Rohde S. 259 ff.)

"Petzold erstrebte Weiträumigkeit nach dem Vorbild der Natur. Wäh-

rend seiner gesamten Tätigkeit blieb er dem "landschaftlichen Stil"

verpflichtet. Es ging ihm immer um ein angemessenes, ausgewoge-

nes Raumkonzept, das er mit "Gleichgewicht" oder "versteckter Sym-

metrie" umschrieb. […] Eine wesentliche Grundlage seiner gestalteri-

schen Qualitäten bildete seine enorme Pflanzenkenntnis. […] Ein wei-

teres Merkmal der ihm eigenen "landschaftlichen " Gestaltung zeigt

die Anwendung von Sichtachsen, die nicht, wie sonst üblich - meist

vom Schloss aus - tortenartig ausgehen, sondern auch von den

Rundwegen immer wieder in die Landschaft führen, wodurch sich eine

netzartige, erlebnisreiche "Galerie" von Bildern ergab bzw. ergeben

sollte. Das für Petzold typische Erschließungssystem ist weitmaschig,

aber - anders als etwa bei Lenné oder Meyer - durch eine auffällige

Zurückhaltung hinsichtlich der Anzahl der Wege gekennzeichnet.

Wie Pückler strebte Petzold, wenn sich die Möglichkeit bot, nach An-

lagen im Sinne einer ornamented farm, indem er die Wirtschafts- und

Ackerflächen des gesamten Gutes durch wegbegleitende Pflanzungen

rahmte. […]

Abb. 61

Carl Eduard Adolph

Petzold, 1890, im Kreis

seiner Gärtner im

Schlosspark Twickel

(NL)

(Rohde S. 201)

Page 76: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 103

2.5.3 Die Bedeutung Petzolds als Gartenkünstler

Rohde, Michael: "Petzold Carl Eduard Adolph", in: Neue Deutsche Bio-

graphie, 20 (2001), S. 276 f. (Onlinefassung)

"Petzold gehört neben Gustav Meyer (1816-77) zu den bedeutendsten,

weit über die Grenzen Deutschlands bekannten und tätigen Gartenkünst-

lers des späten 19. Jh. Größten Einfluß übte er - ähnlich wie zuvor Da-

niel Marot (1655-1752) - auf die Gartenkunst der Niederlande aus. In

seinem durchweg dem "landschaftlichen Stil" verpflichteten Anlagen ging

es ihm immer um ein ausgewogenes, dabei gestalterisch und funktional

differenziertes Raumkonzept. Auf der Grundlage seiner enormen Pflan-

zenkenntnisse setzte er die Palette der Vegetation weitaus reichhaltiger

und nuancierter ein als z. B. Fürst Pückler. Den "Pleasureground" legte

P. - anders als Meyer - großzügig rund um das Haus. Sichtachsen soll-

ten vom Gebäude aus, vor allem aber von den Rundwegen - auch in

Verbindung mit der Landschaft - "Bildergalerien" ergeben. Das für P. ty-

pische Erschließungssystem ist weitmaschig und - anders als etwa bei

Lenné oder Heinrich Siesmayer (1817-1900), mit denen er zuweilen in

Konkurrenz stand - durch eine reduzierte Anzahl der Wege gekenn-

zeichnet. Wie Pückler strebte P. möglichst nach Anlagen im Sinne einer

"ornamented farm" und setzte sich für Maßnahmen der Landesverschö-

nerung ein. […]

Von seinen rund 30 Schriften wurden besonders die beiden Auflagen

seiner "Landschaftsgärtnerei" (1862, 1888) weit verbreitet. P. erschloß

die Grundlagen der Farben- und Perspektivlehre für die Landschafts-

gärtnerei und formulierter als erster Deutscher Gartenkünstler denkmal-

pflegerische Ansätze, z. B. im Hinblick auf die Bewahrung alter Alleen

und Gärten im symmetrischen Stil".

Page 77: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 104

2.6 Geschichte und Entwicklung des Parks

Page 78: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 105

2.6.1 Zeittafel (nach Schmidt)

1534 Beginn des Schlossbaus nach der Zerstörung 1525 (der Standort

des alten zerstörten Schlosses ist nicht belegt, s. Schmidt S. 5)

lt. Inschrift der Tafel Nordturm durch Lutz (Kunz II.) von Rotenhan

(1498 - ?); Allianzwappen mit seiner Frau Anna geb. Stein zu Alten-

stein

1726 Nennung des Schlossgärtners Petrus Paulus Widerauf in Unter-

merzbach (Kirchbucheintrag in Kaltenbrunn, Verheiratung Wideraufs)

um 1750 Umgestaltung des Schlosses im klassizistischen Stil (Datierung an-

hand der Stuckierungen im 1. OG, vermutetes Musikzimmer)

1789 "Plan des Hochgräflich Rottenhanschen Lustschlosses und Gartens

zu Merzbach in Franken", "aufgemessen und (in Farbe) gezeichnet

durch Lorenz Müller, Gärtner"; dieser Plan verbrannte im Jahr 1945

(s. Kap. 2.3)

um 1790 Umbauten (Datierung anhand von Kamineinfassungen in den Turm-

zimmern sowie anhand der Formensprache der Treppenbrüstungen

im Treppenhaus); Beteiligung des Georg Joseph Mutschele an den

Umbauten im Innern

1790 - 92 Lieferung von 59 Urnen durch Georg Joseph Mutschele für die Ba-

lustrade (Trost, S. 340)

1816 Datierung Orangerie

1828 "Schloss auf dem Berge, mit einem in neueren Geschmack angeleg-

ten Garten…", Reisebericht Heller, Joseph

1838 "Während dieser Zeit entwarf ich auch die Pläne bei dem Schlosse

Maerzbach bei Coburg, im Itzgrund gelegen und dem Grafen Roten-

han gehörig." Petzold, Erinnerungen aus meinem Leben, S. 42

1838 Ferdinand von Rayski, Ölgemälde, Blick vom "Luisenplätzchen"

Richtung Schloss

1841 P. Reiss; Aquarell, Blick vom "Luisenplätzchen" Richtung Schloss

1842 Russam, Blick von der Kellerstraße Richtung Schloss

1846 - 56 Gartenrechnungen (Staatsarchiv Würzburg)

1849 Farbige Uraufnahme

Page 79: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

HISTORISCHE ANALYSE UND DOKUMENTATION 106

1862 Sanierung der Terrassenmauer (Datierung Scheitelstein südliche Ni-

sche auf der oberen Terrasse)

1874 - 85 Gartenrechnungen (Staatsarchiv Würzburg)

1886 Tod Maximilian von Rottenhan, die Linie erlischt im Mannesstamm

15.10.1906 Erwerb durch Franz von Herget

14.03.1908 Erwerb durch Dr. Wilhelm Schroeder

11.06.1910 Erwerb durch Christian Werner

14.08.1918 Erwerb durch Adam Diroll

22.10.1922 Erwerb durch die Pallottiner

1928 * große Umfassungsmauer, in drei Bauabschnitten errichtet

1934 Erster Anbau

1935 * Bau der Kapelle im Garten anlässlich der 100-Jahr-Feier des Or-

dens

1940 * Besetzung des Schlosses durch die NSDAP

1945 * Rückkehr der Pallottiner

1954 * Bau der Hauskapelle Richtung Süden

1963 * Vollendung des Erweiterungsanbaus Richtung Norden (sog. Hoch-

schulgebäude)

1965 * Generalssanierung der Fassade

1990/92 * Dachstuhl- und Innensanierung

2009 Erwerb durch die Amiticia Untermerzbach GmbH

19.11.2010 Grundsteinlegung Neubau Hotel, Architekt: Hermann Thoma , Zeu-

lenroda)

alle mit * gekennzeichneten Angaben entstammen einer Zeittafel des Büros Knoll & Konopatz-

ki, aufgestellt auf der Basis der um 2005 aktuellen Internetseite des Pallottinerordens (tel. Aus-

kunft Andreas Konopatzki, Februar 2013)

Page 80: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

DENKMALBEW ERTUNG | LEITZUSTAND 114

3 Gartenhistorische Einordnung Denkmalbewertung

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

DENKMALBEW ERTUNG | LEITZUSTAND 115

3.1 Der barocke Garten

Aufgrund der dürftigen Quellenlage ist es zur Beurteilung der barocken

Gartenelemente notwendig, die gesellschaftliche Stellung der einzelnen

Familienmitglieder zu eruieren und zeitgleiche Gartenschöpfungen aus

dem näheren Umfeld sowie die Gemälde aus dem 19. Jahrhundert zu

betrachten, um daraus und anhand der verbliebenen Gartenstrukturen

die entsprechenden Rückschlüsse zu ziehen. Am Ende dieser Ausfüh-

rungen steht der Vergleich mit Vorbildern, die die Gartenkunst maßgeb-

lich beeinflusst haben.

Die Gestalt barocker Gartenanlagen basierte auf der Achsensymmetrie,

die sich aus der des Schlosses heraus entwickelte und mit ihm in unmit-

telbarem Bezug stand. Ein strenges, geometrisches Ordnungssystem

durchzog Schlossgebäude und Parkanlage. Der Garten diente dazu, das

Schloss in seiner Wirkung zu erhöhen. Wichtigstes Element war die Mit-

telachse, die sich aus dem Gebäude heraus im Garten fortsetzte, über

die meist unterschiedlichen Gartenebenen erstreckte und dem Garten

die angestrebte Weite verleihen sollte. Da sowohl Schloss als auch Gar-

ten im Barock zu Repräsentationszwecken dienten, bildeten sie eine in-

haltliche und gestalterische Einheit.

Für den Adel waren die Bauambitionen ihrer Fürsten beispielgebend. Sie

ahmten diese bei ihrer Bautätigkeit im Stil der jeweiligen Epoche nach.

Kamen sie gar durch ihre Aufgaben bei Hof mit den fürstlichen Baumeis-

tern und Künstlern in Kontakt, holten sie sich deren Rat für ihre eigenen

Bauaufgaben ein oder vergaben entsprechende Aufträge.

Die Terrassenanlage

Die Terrassenanlage war und ist zweifellos das dominierende Element

des Gartens. Bisher konnte die exakte Bauzeit nicht nachgewiesen wer-

den, sodass man sich lediglich auf die Spanne zwischen der ersten Er-

wähnung eines Gärtners (1726) und der durch ihre Gestaltung datierba-

ren, erhaltene Architekturelemente am Schloss festlegen kann (1750, s.

Schmidt S. 6). Zieht man den Vergleich der Architektursprache mit ande-

ren hangabstützenden Mauern dieser Art, die in dieser Zeit im Wirkungs-

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DENKMALBEW ERTUNG | LEITZUSTAND 116

bereich der Familie Rotenhan errichtet wurden, so wird diese zeitliche

Einordnung noch verfestigt.

Abb. 62

Blick auf die südliche

Terrassenanlage des

Böttingerhauses (er-

baut ab 1705), mit Ba-

lustrade und Treppe

Foto Arnold Kreisel,

2000

Abb. 63

Burgebrach,

Amtsschloss des Klos-

ters Ebrach, erbaut

1720-1728

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Abb. 64

Kloster St. Michael,

Bamberg

Mauer zwischen obe-

rem Abtsgarten und

Plateaugarten, erbaut

1713/1714

Als identisches Vorbild für die doppelte Terrassenanlage mit vorgelager-

ten, auf die Mittelachse zulaufenden Stufenanlagen von Untermerzbach

können diese Beispiele nicht herangezogen werden. Schmidt (s. S. 9)

vergleicht sie mit der Treppenanlage im Schlossgarten der Favorite in

Mainz (erbaut ab 1700) durch Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn

(1655-1729), wobei auch hier lediglich die unteren Treppen denen in Un-

termerzbach ähneln. Zudem liegen ihre Antritte durch die Einschreibung

einer großen Grotte weit auseinander.

Weiter vergleicht Schmidt die Treppenanlagen mit italienischen Vorbil-

dern wie der Terrasse unterhalb des "Teatro" an der Villa Mondragone in

Frascati (besser bekannt als Villa Borghese). Die Villa zählte zu den

größten Landhäusern nahe Rom. Sie wurde im Jahr 1613 vom Papstnef-

fen Scipio Borghese käuflich erworben, in den Jahren 1616-1618 baulich

stark erweitert und mit den entsprechend repräsentativen Gartenanlagen

versehen.

Abb. 65

Schloss Favorite

Mainz (erbaut um

1720), Thetisgrotte

Stich von Salomon

Kleiner (1700-1760)

Quelle: wikipedia.org

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DENKMALBEW ERTUNG | LEITZUSTAND 118

Es kann vermutet werden, dass Johann Karl Alexander von Rotenhan

während seiner Italienreise im Jahr 1730 dieser Anlage einen Besuch

abgestattet hat und diesen Stil an seinem Schloss in Untermerzbach

umsetzen ließ. Damit folgt die Kreation der Terrassenanlage einem gro-

ßen Vorbild. Eine Verdoppelung der Anlage von Frascati war durch den

großen Niveauunterschied zwischen Schloss und Garten in Untermerz-

bach bedingt. Die Positionierung des Schlossbaus auf eine kleine "Ter-

rasse auf der Terrasse" kann als architektonischer "Kniff" bezeichnet

werden, das den massiven "Sockel", auf dem das Schloss nun erscheint,

noch in seiner Wirkung stark erhöht. Schloss und Terrassenanlage konn-

ten so in ihrer Einheit ein weithin sichtbares, imposantes Bild abgeben.

Schmidt vermutet weiter, dass die Treppenanlage von Untermerzbach

Ende des 18. Jahrhunderts im oberen Bereich geändert worden sei, da

sich stilistische Unterschiede an den Balustern erkennen lassen. Dies

könnte bedeuten, dass die beiden oberen Treppen ebenso, wie die bei-

den unteren, ursprünglich nach innen zur Mitte hin orientiert waren.

(Weiterführende Untersuchungen lagen zum Zeitpunkt der Ausarbeitung

nicht vor; Beschreibung der Balustrade durch Schmidt s. übernächste

Seite).

Abb. 66

Stich von Giovan Bat-

tista Falda (1640-

1678)

Quelle: Internet, villa-

mondragone.it

Angabe des Künstlers:

Gothein, S. 344

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Abb. 67 und 68

Villa Mondragone,

Teatro mit Terrassen-

anlage

Quelle: Internet, villa-

mondragone.it

Page 86: Historische Analyse Schlosspark Untermerzbach

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DENKMALBEW ERTUNG | LEITZUSTAND 121

Die Lindensäle

Lindensäle und Lindengänge gehörten zum Grundrepertoire eines baro-

cken Gartens. Das Spenden von Schatten war ihre vorrangige Funktion,

doch wurden sie innerhalb eines Schlossparks oft als eigenes, prägen-

des Gestaltungselement angewandt. Man setzte sie als einfache, in

Form geschnittene Allee (Lindengang), flächig oder gar als ganzes Quar-

tier (Lindensaal) ein.

Um ein möglichst geschlossenes Laubdach zu erhalten, mussten ihre

Kronen schirmförmig geschnitten und gezogen werden. Das konnte mit

dem sog. Kandelaberschnitt erzielt werden; dabei entnimmt man dem

Baum den Mitteltrieb und zieht die austreibenden Augen an dieser Stelle

rings um den Stamm zu "Kandelaber-Armen", deren Austriebe wiederum

durch ständigen Schnitt kurz gehalten wurden.

Die ursprüngliche Fläche der beiden Lindensäle im Schlosspark Unter-

merzbach zeichnen sich durch ihre im Vergleich zum Schlossbau relativ

große Ausdehnung aus. Man kann sie durchaus als grüne "Baukörper"

bezeichnen, die im Sommer zum Aufenthalt im schützenden Schatten

dienten. Vom unteren Gartenniveau betrachtet bildeten sie überdies ei-

nen symmetrischen "Rahmen" für den Schlossbau und eine grüne "Kro-

ne" der Terrassenanlage.

Das Alter der heute noch vorhandenen Linden (im Norden sind das 10

Stück, im Süden 25 Stück) ist uneinheitlich. Durch das Fehlen der Be-

standsanalyse zum Zeitpunkt dieser Ausarbeitung kann nur eine unge-

fähre Einschätzung der Menge und des Alters der ältesten Exemplare

vorgenommen werden. Möglich, dass sich im südlichen Lindensaal noch

Bäume aus dem 18. Jahrhundert befinden. Insgesamt kann anhand von

Inaugenscheinnahme festgestellt werden, dass die Lindensäle durch

Nachpflanzen und Schnittmaßnahmen zwar nicht durchgehend konse-

quent, jedoch immer wieder geschnitten und Abgänge durch Nachpflan-

zungen an gleicher Stelle ergänzt wurden. Die verbliebenen Reste der

Lindensäle sind daher in ihrer Anordnung und Schnittführung Zeugnisse

barocker Gartenkunst im Schlosspark Untermerzbach und in ihrer Ge-

samtheit hoch zu bewerten.

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Vergleichend soll an dieser Stelle der Umgang mit den Lindensälen im

Park von Schloss Seehof angeführt werden (s. Abb. 69 und 70). Auch

hier sind die Einzelexemplare unterschiedlichen Alters, die Linden be-

kommen jedoch durch regelmäßige Schnittmaßnahmen und Pflege ein

möglichst einheitliches Kronendach. Im Unterschied zu früheren Maß-

nahmen, bei denen zur Erreichung eines "harmonischen" Erscheinungs-

bilds rigoros ganze Alleen oder Bosketts gerodet und durch gleich große

neue Bäume ersetzt worden sind, wurde dieser in Seehof praktizierte

Umgang mit dem Altbestand ab den 1980er Jahren richtungweisend in

der Gartendenkmalpflege und führte zu einem großen Umdenken. Inzwi-

schen ist der längstmögliche Erhalt der Bestände oberstes Gebot.

Maßnahmen zur Verkehrssicherheit und Normen für die Kontrolle der

Bäume sind in der Baumkontrollrichtlinie der Forschungsgesellschaft

Landschaftsentwicklung, Landschaftsbau e. V. (FLL) formuliert.

Zusammenfassende denkmalpflegerische Bewertung des Barock-

gartens

Durch die Umgestaltung am Ende des 18. Jahrhunderts sind im heutigen

Garten unterhalb der Terrassenanlage obertägig keine Reste eines ba-

rocken Gartens zu finden. Betrachtet man jedoch den großen Aufwand,

der für die Untermerzbacher Terrassenanlage betrieben werden musste,

kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Existenz eines solchen

Gartens ausgehen, wobei er vermutlich kleiner war als der heutige

Schlosspark. Die hohe gesellschaftliche Stellung des Grafen spricht

ebenfalls für eine repräsentative Gartenanlage.

Umso größer ist der historische Wert der verbliebenen Gartenelemente

aus dieser Zeit. Die Terrassenanlage und die Lindensäle sind ausrei-

chend dokumentierte, qualitätvolle und in großen Teilen auch authenti-

sche Zeugnisse der Gestaltungsphase des 18. Jahrhunderts. Die am

Ende des barocken Zeitalters stehende Beauftragung des hochrangigen

Künstlers Mutschele untermauert die Bedeutung und den Wert der Ter-

rassenanlage.

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Abb. 69 und 70

Lindensäle Schloss-

park Seehof

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3.2 Der Landschaftspark

Legende Farbgebung Anpflanzungen

gelb = Lindensäle; dunkelgrün = vorwiegend Nadelgehölze; mittelgrün =

Nadel- und Laubgehölze; hellgrün = Baumgarten; blau = Hecke (?),

violett = Baumreihe; roter Kreis = Hunneneiche

Abb. 71

Uraufnahme 1849

Nachkolorierung

der wichtigsten

Parkstrukturen

(Dubler, 2013)

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DENKMALBEW ERTUNG | LEITZUSTAND 125

Zur Zeit der Uraufnahme im Jahr 1849 zeigt sich der Park, unter Belas-

sung nahezu aller schlossnahen Elemente der barocken Anlage, im Stil

eines klassischen Landschaftsgartens. Die vor allem im Bereich des

"Luisenplätzchens" ungewöhnlich differenzierte Darstellung lässt darauf

schließen, dass dem amtlichen Planzeichner ein professioneller Garten-

plan als Vorlage für seine Zeichnung zur Verfügung stand. Möglich, dass

es sich dabei um den Gartenplan und Entwurf von Petzold handelte.

Da durch Vergleiche mit anderen barocken Terrassenanlagen von einer

zwingend notwendigen Symmetrie auch bei den Mauern und Treppen

ausgegangen werden kann, liegt der Schluss nahe, dass bei der Umges-

taltung des barocken Gartens in einen Landschaftsgarten der nördliche

Teil der unteren Terrassenmauer "geopfert" wurde, um hier eine sanfte

Verbindung zwischen Barockanlage und landschaftlicher Gestaltung zu

schaffen.

Die Attraktionen im neuen Park sind auf insgesamt vier Stellen verteilt:

der neue Aussichtsplatz am Rand des südlichen Lindensaals, der süd-

östlich davon am Hangfuß gelegene Baumplatz, das "Luisenplätzchen"

in der äußersten Süd-Ost-Ecke und der Teich im nördlichen Abschnitt.

Das Wegesystem erschließt in harmonischer und in sich logischer Art

den vermutlich im Zuge der Umgestaltung vergrößerten Schlosspark.

Keiner der Wege weist unmotivierte Biegungen auf. Vielmehr entspricht

die Führung der Wege der Art, wie sie ein Spaziergänger in Muße "natür-

lich" gehen würde. Dem äußeren Weg kommt durch die geringe Aus-

dehnung des Parks eine Doppelfunktion zu, denn zusätzlich zu seiner

Aufgabe der Erschießung der Attraktionen kann er als sog. "belt walk" (=

Gürtelweg) bezeichnet werden. Damit wird im Englischen Landschafts-

park der Rundweg am äußeren Rand bezeichnet, von dem aus der Blick

auf die unterschiedlichen Landschaftsbilder innerhalb, aber auch außer-

halb des Parks möglich ist. Beim Beschreiten dieses Wegs ergeben sich

demzufolge unterschiedlichste Sichtverbindungen und damit sich ab-

wechselnde Bildergalerien.

Durch die Anordnung von Baum- und Strauchgruppen entlang dieser

Wege erreichte man zusätzliche Effekte: gab es beidseitig des Weges

Bepflanzung auch mit höheren Baumgruppen, so konnte je nach Tages-

zeit ein Stück als sog. "Schattengang" genutzt werden; lag eine Bepflan-

zung nur an einer Seite vor, Richtung Parkgrenze, so bot diese Bepflan-

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DENKMALBEW ERTUNG | LEITZUSTAND 126

zung Schutz nach außen, gab aber den Blick ins Parkinnere frei; verlief

der Weg in einer reinen Rasenfläche, konnte der Spaziergänger im Licht

der Sonne und ungehinderten Blick auf die Parkabschnitte richten.

In eben dieser abwechslungsreichen Art stellt sich die Bepflanzung auf

der Uraufnahme des Schlossparks Untermerzbach dar.

Die geschlossene Gürtelpflanzung entlang der östlichen, aber auch in

Teilabschnitten südlichen Schlossparkgrenze, enthält im Kern Nadelge-

hölze, deren dunkle Wirkung Richtung Rasen durch davor gesetzte

Laubgehölze gemildert wurde, um so einen sanften Übergang zu be-

werkstelligen. Das Motiv der dunkel wirkenden Nadelbäume wiederholte

sich bei den Klumps, wo der unterschiedliche Habitus der Bäume, also

ihr Wuchs, ihre Kronenform und ihre Lichtdurchlässigkeit, Wirkung auf

das Ensemble entfalten konnte. Dies alles entspricht Petzolds formulier-

ten Leitsätzen hinsichtlich der Verwendung und Gruppierung von Pflan-

zen (s. Kap. 2.5.2).

Am nordöstlichen Parkrand, dort, wo die Parzellen der kleinteiligen Be-

bauung des Dorfs in den Park hinein ragen, ist zudem eine Besonderheit

der Bepflanzung erkennbar: diese ist hier an mindestens drei Stellen

ausgespart. Damit rückt die Kleinbebauung ab und an ins Blickfeld. De-

ren Existenz wird somit zur Schaffung eines idyllischen Bildes genutzt.

Im weiteren Verlauf des Weges steigert sich diese dörfliche Idylle durch

ein Baumfeld zwischen Teich und Bachrand.

Wasser an sich wird im Englischen Landschaftsgarten als ein wichtiger

Stimmungsträger eingesetzt. Ist ein Teich, wie in Untermerzbach, in ein

sanftes Geländerelief eingebettet und rückt er dadurch erst relativ spät in

das Blickfeld des Spaziergängers, wird diese Wirkung durch den Überra-

schungseffekt erhöht. Wichtiges Stilelement ist zudem die kalkulierte

Spiegelung, die wiederum ein eigenes, stimmungsgebendes "Bild" ent-

stehen lässt. Als Vervollkommnung des Geschaffenen schlägt Petzold in

seinen Gartentheorien das Besetzen einer ruhenden Wasserfläche mit

Schwänen vor (s. Kap. 2.5.2). Lt. den Gartenrechnungen aus dem Jahr

1884 gab es auf dem Teich im Untermerzbacher Schlosspark selbstver-

ständlich ein Schwanenhäuschen.

Das wichtigste Element der erwähnten Bildergalerie ist der Blick vom

"Luisenplätzchen" auf das Schloss. Von dieser Stelle aus erscheint das

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DENKMALBEW ERTUNG | LEITZUSTAND 127

helle Schloss vor dunkler Nadelgehölzkulisse über der massiven Terras-

senanlage in fast majestätischer Manier (damit folgt der Entwurf der Gar-

tentheorie Petzolds, der für die Hinterpflanzung von Gebäuden wegen

der besseren Kontrastierung dunkle Nadelgehölze empfiehlt, s. Kap

2.5.2). Um diesen Anblick nicht zu stören springt die Bepflanzung am

Rand des Weges unterhalb der unteren Terrasse im Süden deutlich zu-

rück, während sie im Norden beidseitig des Weges angelegt ist. Als Be-

weis dafür können neben der Uraufnahme die beiden Gemälde von

Rayski und Reiss herangezogen werden.

Mit der Ausschmückung des "Luisenplätzchens" in Form eines bepflanz-

ten "L" folgt der Gartenkünstler dem berühmten Vorbild im Muskauer

Park, wo Fürst Hermann von Pückler die Initialen "H" und "S" als Pflanz-

beet gestalten ließ (s. Abb. 72).

Abb. 72

Park Schloss Muskau,

"Karte der Blumengär-

ten Nähe des Schlos-

ses"

Pückler, S. 14

Das "H" steht für

"Hermann", das "S"

könnte für "Semilasso"

stehen, einem Pseu-

donym Pücklers

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SCHLOSSPARK UNTERMERZBACH

DENKMALBEW ERTUNG | LEITZUSTAND 128

Zusammenfassende denkmalpflegerische Bewertung des Land-

schaftsparks

Als Petzold mit der Planung für den Schlosspark in Untermerkbach be-

auftragt wurde, existierte bereits ein Englischer Landschaftsgarten, über

dessen gestalterische Art und Güte nichts überliefert ist. Petzolds Aufga-

be bestand wohl darin, dem Park die Qualität eines klassischen Land-

schaftsparks zu verleihen. Wie man Petzolds Äußerungen in seinen Le-

benserinnerungen entnehmen kann, hatte er schon in seiner Lehrzeit

und seinen ersten Jahren nach deren Abschluss seine ihm eigene Linie

und gestalterische Befähigung gefunden. Dies spiegelt sich auch in dem

Vertrauen wider, das sein einstiger Lehrherr ihm entgegenbrachte, indem

er seinem Lehrling die Weiterführung eigener Planungen anvertraute.

Petzolds Leitlinien und -ideen finden sich in den Bereichen Wegefüh-

rung, Anordnung von Anpflanzungen und Parkfunktionen deutlich in der

Uraufnahme wieder. Uraufnahme und Bestand decken sich in hohem

Maße. Der landschaftlich gestaltete Teil des Schlossparks Untermerz-

bach kann demzufolge als hochwertiger Vertreter dieses Gartentypus

bezeichnet werden.

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DENKMALBEW ERTUNG | LEITZUSTAND 134

4.2 Gartendenkmalpflegerischer Leit-zustand

Wie die Überlagerungen der Uraufnahme mit dem Bestandsplan (letzte-

rer wurde vom Büro Kaiser im März 2013 angefertigt, s. digitaler Anhang)

und der Anlagengenetische Karte zeigen, haben sich im Schlosspark von

Untermerzbach bis heute zwei in sich abgeschlossene Gestaltungspha-

sen nebeneinander erhalten. Im Einzelnen sind das die noch vorhande-

nen Strukturen des Barock (Terrassenanlage und Reste der Lindensäle)

und der daran anschließende Landschaftspark (Schlosspark südlich,

nördlich und östlich der Terrassenanlage) mit seiner Wegeführung, dem

Teich und den Pflanzstrukturen. Die 1935 eingefügte kleine Kapelle zog

keine großen Veränderungen in diesem Parkabschnitt nach sich. Ihre

Hinzufügung und die damit verbundenen Neuerungen hinsichtlich der

Wegeanbindung können im weitesten Sinn ebenfalls als "künstlerisch"

und erhaltenswert betrachtet werden. Da Petzold und sein Vorgänger die

wichtigsten barocken Strukturen beließen, ist der heutige Bestand des

Schlossparks als letzte gesamtkünstlerische Behandlung zu werten. Der

überkommene Zustand wird folglich als geschichtlich gewachsene, seit

1849 nicht grundsätzlich veränderte Konzeption betrachtet.

Als historisches, gartendenkmalpflegerisches

Leitbild wird daher die in der Uraufnahme fest-

gehaltene Struktur formuliert. Sie ist gestalteri-

sches Prinzip für jedes weitere Handeln. Maß-

nahmen an Wegen, Sitzplätzen und Baum- und

Strauchpflanzungen, Rekonstruktionen und Er-

gänzungen können sich ausschließlich an den

in der Uraufnahme erkennbaren Gartenelemen-

ten orientieren.

Dies betrifft, wie die historische Analyse und Dokumentation zeigen, vor

allem die Rekonstruktion des "Luisenplätzchens", dessen Lage und Aus-

richtung sich ausschließlich an der in der in der Uraufnahme dokumen-

tierten orientieren kann.

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DENKMALBEW ERTUNG | LEITZUSTAND 136

- Bei der Weiterentwicklung der geschlossenen Gehölzbestände ist auf

die Verjüngung mit den gleichen, in der Oberschicht vorkommenden Gat-

tungen zu achten.

- Unterhalb des nördlichen Anschlussweges an die Terrassenanlage

konnte bei einer Begehung des Parks im Februar 2013 eine Fläche fest-

gestellt werden, auf der sich das ehemals gärtnerisch eingebrachte La-

mium (Taubnessel) ausgewildert hat. Solche Flächen gehören zum wert-

vollen Pflanzenbestand in einem historischen Garten, sollen erhalten

werden und nicht durch neue Bodendeckerstauden ersetzt werden.

- Die durch Inaugenscheinnahme erkennbar sanft gestaltete Gelände-

modellierung scheint seit 1849 unverändert zu sein (die vorliegende Be-

standserhebung macht dazu keine Aussagen); ihre Unversehrtheit ist

daher ebenfalls als Leitzustand für sämtliches diesbezügliches Handeln

formuliert. Veränderungen des Reliefs lässt ein gartendenkmalpflegeri-

sches Leitbild nicht zu.

- Der Blick vom "Luisenplätzchen" auf das Schloss muss als wichtigster

Innensichtbezug frei gehalten werden.

Bamberg, 8. Mai 2013

Marion Dubler | Landschaftsarchitektin