grundrechte Überblick

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Aufbauschema („Wie wird die Behörde unter Brücksichtung der Grundrechte des A entscheiden?“ „Ist die getroffene Entscheidung rechtmäßig? 1. Rechtsgrundlage 2. formelle Rechtmäßigkeitsvorrausetzungen a) Zuständigkeit b) Verfahren c) Form 3. Materielle Rechtmäßigkeitsvorrausetzungen a) Tatbestandsvorraussetzungen (unbestimmte Rechtsbegriffe, ggf. anhand GG als Teil der objektiven Wertordnung auslegen) b) Rechtsfolge 1. Adressat 2. Ermessen (§ 40 LVwVfG), begrenzt durch die gesetzl. Bestimmungen, insbesondere Grundrechte a) Schutzbereich des Grundrechts b) Schranken c) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Zweck der Maßnahme zulässig? geeignet ? erforderlich? (mildestes Mittel) angemessen (Abwägung der Grundrechte des A mit den öffentlichen Interessen an der Maßnahme)

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basierend auf der Vorlesung 2006/2007 von Prof. Trockels und einer Präsentation von Thorsten Koch.

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Page 1: Grundrechte Überblick

Aufbauschema(„Wie wird die Behörde unter Brücksichtung der Grundrechte des A entscheiden?“ „Ist die getroffene Entscheidung

rechtmäßig?

1. Rechtsgrundlage2. formelle Rechtmäßigkeitsvorrausetzungen

a) Zuständigkeitb) Verfahrenc) Form

3. Materielle Rechtmäßigkeitsvorrausetzungena) Tatbestandsvorraussetzungen

(unbestimmte Rechtsbegriffe, ggf. anhand GG als Teil der objektiven Wertordnung auslegen)

b) Rechtsfolge1. Adressat2. Ermessen (§ 40 LVwVfG), begrenzt durch die gesetzl. Bestimmungen,

insbesondere Grundrechte

a) Schutzbereich des Grundrechtsb) Schrankenc) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

• Zweck der Maßnahme zulässig?• geeignet ?• erforderlich? (mildestes Mittel)• angemessen

(Abwägung der Grundrechte des A mit den öffentlichen Interessen an der Maßnahme)

Page 2: Grundrechte Überblick

Grundrechtsberechtigte

natürliche Personen

Deutsche Alle

Juristische Personen i.S.v. Art. 19 III GG = (rechtsfähige) Vereinigungen, mit hinreichend verfestigter Organisation „inländisch“ → tatsächliches Aktionszentrum „... soweit sie ihrem Wesen nach ...“

g)Grundrecht nicht menschenbezogenmenschenbezogene Grundrechte, ergo nicht anwendbar auf juristische Personen: Art. 1 I, Art. 2 II, Art. 3 II, Art. 3 III, Art. 4 III, Art. 6, Art. 12 III, Art. 12 a, Art. 16, Art. 16a

h)juristische Personen des Privatrechtsgenießen Grundrechtsschutz

i)juristische Personen des Öffentlichen Rechtsgrundsätzlich keine Berufung auf Grundrechte, da der Staat Grundrechtsverpflichteter (Art. 1 III GG) Ausnahmen:

wenn sich dies deutlich aus dem GG ergibt(Art. 5 I S. 2 (ö-r Rundfunkanstalten), Art. 5 III (Hochschulen), Art. 4, 140 i.V.m. § 137 WeimRV (Religionsgemeinschaften)

Grundrechtsverzicht

• Voraussehbarkeit• Dauer• Umfang• Widerrufbarkeit• bestimmte Grundrechte → Art. 1 I GG („unantastbar“, „schützen“), Art. 2 II 1 („Leben“)

Page 3: Grundrechte Überblick

Grundrechtsbindung / Drittwirkung

GrundrechtsbindungArtikel 1 III• Gesetzgebung• Exekutive• Rechtsprechung

Grundrechtsbindung der Verwaltung• öffentlich-rechtlich JA!• privatrechtlich

• öffentliche Aufgabenerfüllung JA!• fiskalisch NEIN!

Drittwirkung der Grundrechte ?2.ja, bei Art. 9 III 2 (Vereinbarungen, die die Koalitionsfreiheit behindern sind nichtig)3.übrige Grundrechtenein (herrschende Meinung)

• Wortlauts des Art. 1 III GG (nicht Bürger gegen Bürger)• Sinn und Zweck der Grundrechte (insbes. Abwehrfunktion)• Aufhebung der Privatautonomie

aber mittelbare DrittwirkungGrundrechte sind auch objektive Wertentscheidungen → Ausstrahlung auf das Privatrecht

Page 4: Grundrechte Überblick

Übersicht

Grundrechte• Freiheitsgrundrechte• Gleichheitsgrundrechte

1. SchutzbereichWer ? (persönlicher Schutzbereich)

Was ? (sachlicher Schutzbereich)

4. Schranken• ausdrückliche Schranken• verfassungs-immanente Schranken

• Grundrechte Dritter• Werte mit Verfassungsrang (z.B. Staatsprinzipien Art.20,

Art. 20a GG)

Page 5: Grundrechte Überblick

Freie Entfaltung der PersönlichkeitArt. 2 I GG

1. Schutzbereich

Wer? Jeder, auch jur. Personen (Art. 19 III)

Was? Jeder kann tun und lassen, was er will Art. 2 I = Auffanggrundrecht

2. Schranken

• Verfassungsmäßige Ordnung= alle verfassungsmäßigen Normen und die darauf beruhenden rechtmäßigen Maßnahmen

• Rechte anderer• Sittengesetze

Page 6: Grundrechte Überblick

2. Schranken

• verfassungsmäßige Ordnung

Das allgemeine PersönlichkeitsrechtArt. 2 I i.V.m. Art 1 I GG

Individualsphäre(= in der Öffentlichkeit)

Privatsphäre

Intimsphäre (jeder Eingriff unverhältnismäßig)

1. Schutzbereich

Wer? Natürliche PersonenWas? Insbesondere: Informationelles

Selbstbestimmungsrechtauch: Ehre, Recht am eigenen Wort und Bild

G.d.V

Page 7: Grundrechte Überblick

Körperliche UnversehrtheitArt. 2 II S.1 GG

1. Schutzbereich

Wer? Jeder

Was? Lebenkörperliche Unversehrtheit

2. Schranken

• Art. 2 II S. 3 (Gesetzesvorbehalt)

Page 8: Grundrechte Überblick

Freiheit der PersonArt. 2 II S.2 GG

1. Schutzbereich

Wer? Jeder

Was? Körperliche Bewegungsfreiheit (Schutz vor Inhaftierung

2. Schranken

• Art. 2 II S. 3 Art. 104 GG• Art. 104 I Freiheitsbeschränkung förmliches Gesetz• Art. 104 II Freiheitsentziehung

• S.1 Richtervorbehalt• S.2 unverzüglich richterliche Anordnung nachholen• S.3 Polizei muss richterliche Anordnung unverzüglich (s.o.) einholen, falls dies nicht innerhalb von max. 48 h gelingt, Freilassung!

Page 9: Grundrechte Überblick

HauptgleichheitsgrundsatzArt. 3 I GG

1. Schutzbereich

Wer? Jeder, auch jur. Personen (Art. 19 III)

Was? Gleichheit vor dem GesetzGleiches ist gleich, Ungleiches ungleich zu behandeln

2. Eingriff

1) Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte2) Sachlicher Grund für Ungleichbehandlung ?

Willkürverbot

3. Stellung des Art. 3 I GG

Auffanggrundrecht, wenn kein spezielles Gleichheitsgrundrecht einschlägig ist

Page 10: Grundrechte Überblick

Spezielle GleichheitsgrundrechteArt. 3 II, III, 6 V

• Differenzierung wegen des dort genannten Merkmals (z.B. Geschlecht) grundsätzlich unzulässig

• Ausnahme (= Differenzierung zulässig), wenn biologische Unterschiede oder andere GG-Artikel eine Unterscheidung gebieten.

Page 11: Grundrechte Überblick

Freiheit des GlaubensArt. 4 I, II GG

1. Schutzbereich

Wer? Jeder, auch jur. Personen (Art. 19 III)Was?

2. Schranken• verfassungsimmanente Schranken (Grundrechte Dritter, andere Werte mit Verfassungsrang)

Glauben Gewissen Bekenntnis

= innere Überzeugung von Gott oder einer anderen höheren Macht

= jede für den Einzelnen bindende Wertentscheidung

(schon von Glaubensfreiheit umfasst)

Umfang: - Denkens Freiheit des - Redens

- HandelnsUnd negative Glaubensfreiheit

Page 12: Grundrechte Überblick

Art. 5 I GG1. Meinungsfreiheit (S. 1)2. Informationsfreiheit (S. 1)3. Pressefreiheit (S. 2)4. Rundfunkfreiheit (S. 2)5. Filmfreiheit (S. 2)

1. Meinungsfreiheit

Wer? Jeder, auch jur. Personen (19 III)Was? „Meinung“ = Werturteile und damit

zusammenhängende TatsachenNicht: - verfälschte Zitate

- erwiesen/bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen- statistische Daten

Umfang: - jede Form der Kundgabe- Empfang (Schutz für den, der Meinung äußert)- negative Meinungsfreiheit (Meinung nicht äußern)

Page 13: Grundrechte Überblick

Art. 5 I GG1. Informationsfreiheit

• Informationsquelle= Träger der Information (z.B. Zeitung) UND Gegenstand der Information selbst

• „allgemein zugänglich“= tatsächlich geeignet und bestimmt, der Allgemeinheit Informationen zu verschaffen

Eingriff wenn der Informationsvorgang

• unmöglich gemacht ODER

• wesentlich erschwert ist

Page 14: Grundrechte Überblick

Art. 5 I GG

3. Pressefreiheit

„Presse“ = alle zur Verbreitung geeigneten und bestimmten Druckerzeugnisse (vgl. § 7 Pressegesetz)

Umfang:

• alle wesensmäßig mit Pressearbeit zusammen- hängenden Tätigkeiten

Page 15: Grundrechte Überblick

Art. 5 I GG

4. Rundfunkfreiheit

Wer? Jeder (auch: öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten)

Was? Verbreitung von Informationen durch physikalische Wellen an unbestimmte Vielzahl von Personen (Hörfunk, Kabel-,

Fernsehen) Tatsachen, Werturteile

Umfang: Auch Empfang

5. Filmfreiheitsiehe Rundfunkfreiheit auch Unterhaltungsfilme

Page 16: Grundrechte Überblick

Schranken des Art. 5 I GG

1. Allgemeine Gesetze= Zweck des Gesetzes darf nicht die Einschränkung einer bestimmten Meinung etc. sein.

3. Gesetzliche Bestimmungen zum Schutz der Jugend

4. Recht der persönlichen Ehre

Beachte: Zensurverbot (Art. 5 I S.3)= Verbot der Vorzensur

Page 17: Grundrechte Überblick

Ehe und FamilieArt. 6 GG

Abs. 1- Ehe: Das rechtlich legitimierte Zusammenleben von

Mann und Frau- Familie: Zusammensein von Kindern und Eltern

Abs. 2, 3

Elternrecht

Abs. 4

Mutterschutz

Abs. 5

Gleichstellung eheliche/nichteheliche Kinder

Page 18: Grundrechte Überblick

VersammlungsfreiheitArt. 8 GG

1. SchutzbereichWer? Deutsche, auch jur. Personen (Art. 19 III)Was? „Versammlung“= Das Zusammentreffen von mind. 3

Leuten, die den selben Zweck verfolgen- ohne Waffen (Gegenstände, die als Waffe eingesetzt werden können)- friedlich (psychische Gewalt reicht nicht aus)

Umfang: Gestaltung von Ort, Zeitpunkt, Dauer, Form, Inhalt

1. Schranken

3) Art. 8 II Vers. „unter freiem Himmel“ – keine seitliche Begrenzung4) Versammlung in geschlossenen Räumen

Nur verfassungsimmanente Schranken- Grundrechte Dritter- Sonstige Werte mit Verfassungsrang

Art. 8 I ergänzt Art. 5 I zur kollektiven Seite hin!!! Prüfe 8 + 5 !!!

Page 19: Grundrechte Überblick

Vereinigungs-, KoalitionsfreiheitArt. 9 GG

1. Schutzbereich1.1 Abs. 1

Wer? Deutsche, auch jur. Personen (Art. 19 III)Was? „Vereinigung“= Zusammenschluss mehrerer mit

einem gemeinsamen Zweck1.2 Abs. 3 (Sonderfall zu Abs. 1)

Wer? Jeder, auch jur. Personen (Art. 19 III)Was? „Koalition“= Vereinigung (s.o.) zur Wahrung und

Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen1.3 Umfang• Individualgrundrechte• Kollektivgrundrechte

(Arbeitskampf Art. 9 III S.3, nicht: politischer, wilder Arbeitskampf)

2. Schranken

Abs. 1 Abs. 2Abs. 3 verfassungsimmanente Schranken

Page 20: Grundrechte Überblick

Brief-, Post- und FernmeldegeheimnisArt. 10 GG

1. Schutzbereich

Wer? Jeder, auch jur. Personen (Art. 19 III)

Was?• Briefgeheimnis (außerhalb des Postbetriebs)• Postgeheimnis• Fernmeldegeheimnis (Telefon, Telegramm,

Teletext, Fax, Bildschirmtext, E-Mail)

2. Schranken

• Art. 10 II S. 1• Art. 10 II S. 2 Gesetz zur Beschränkung des Art. 10 (G10)

Page 21: Grundrechte Überblick

BerufsfreiheitArt. 12 GG

1. Schutzbereich

Wer? Deutsche, auch jur. Personen (Art. 19 III)Was? „Beruf“= Nicht sozial schädliche Tätigkeit von

gewisser Dauer, die zur Schaffung oder Erhaltung einer Lebensgrundlage dient

Berufswahl „ob“ Beruf (weiterhin) ausgeübt wirdBerufsausübung „wie“

Eingriff: zielgerichtet ODER besonders schwerwiegend

1. Schranken (Art. 12 I S.2)

2.1 Wortlaut: nur Berufs„ausübung“

2.2 aber: einheitliches Grundrecht der BerufsfreiheitArt. 74 Nr. 19 GG

auch Berufs„wahl“ einschränkbar

Page 22: Grundrechte Überblick

Schranken des Art. 12 GGGrundsatz der Verhältnismäßigkeit

Zulässigkeits-voraussetzungen

Berufsausübung Berufswahl

Konkret: 3-Stufen-Theorie des BVerfG

• Zweck (1., 2., 3. Stufe)• geeignet• erforderlich• angemessen

Page 23: Grundrechte Überblick

Schranken des Art. 12 GG3-Stufen-Theorie des BverfG

1. Stufe

2. Stufe

3. Stufe

Berufsausübung

Berufswahlsubjektive Zulassungs-

vorrausetzungen

Berufswahlobjektive Zulassungs-

vorrausetzungen

vernünftige Erwägungen des

Gemeinwohls(z.B. Robe bei Rechtsanwälten)

Schutz eines wichtigen

Gemeinschaftsguts(z.B. Gaststättenerlaubnis Schutz

der Gäste)

Abwehr höchstwahrscheinlicher

Gefahr fürüberragend wichtiges

Gemeinschaftsgut(z.B. Artikel 12 GG Artikel 33 I GG)

Page 24: Grundrechte Überblick

Unverletzlichkeit der WohnungArt. 13 GG

1. Schutzbereich

Wer? Jeder unmittelbare BesitzerWas? „Wohnung“= räumliche Privatsphäre (z.B. Zelt,

Wohnwagen, Hotelzimmer, auch: Geschäftsräume)

2. Schranken2.1 Art. 13 II Durchsuchung

= ziel- und zweckgerichtetes Suchen

2.2 Art. 13 III-IV Technische Überwachung „Großer Lauschangriff“

2.3 Art. 13 VII Sonstiger Eingriff

Page 25: Grundrechte Überblick

Recht auf EigentumArt. 14 GG

1. Schutzbereich

1.1 Wer? Jeder, auch jur. Personen (Art. 19 III)1.2 Was?

Eigentum=• Alle vermögenswerten privaten Recht (z.B.

Sacheigentum, Forderungsrechte, eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb, Urheber-, Patentrechte, Besitzrecht des Mieters)

• Vermögenswerte öffentliche Rechte, wenn mit eigener Leistung verbunden

Umfang: Bestand + Nutzungnicht: Erwerbschancen, günstige rechtliche oder örtliche Gegebenheiten etc.

1.3 Wogegen?- Inhalts- und Schrankenbestimmungen (Art. 14 I S.2)- Enteignung (Art. 14 III) = (teilweise) Entzug einer konkreten Rechtsposition

Page 26: Grundrechte Überblick

Schranken des Art. 14 GGInhalts- und

Schrankenbestimmung (Art. 14 I S.2, II)

Enteignung (Art. 14 III)

Beachte:

Art. 14 III S.1

Art. 14 III S.2

Art. 14 Art. 12Schützt das

Erworbene Zu Erwerbende

Entweder Art. 14 oder Art. 12 kann sich auch überschneiden