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Priv.-Doz. Dr. Gisela Ros SoSo 2011, Mo 8-10 Uhr Geschichte der deutschen Sprache von den Anfängen bis zur Gegenwart Teil II: 1500 – Gegenwart 04. 04. Einführung 11. 04. Das Frühneuhochdeutsche bzw. das spätmittelalterliche Deutsch (um 1500) 18. 04. -fällt aus- 25. 04. -fällt aus- 02. 05. Das Frühneuhochdeutsche bzw. das spätmittelalterliche Deutsch (1500-1650) 09 .05. Das Deutsch der mittleren Neuzeit (1650-1800) 16. 05. Von den Sprachgesellschaften des Barock bis zur Sprachkritik heute 23. 05. Das Deutsch der jüngeren Neuzeit (1800-1950) 30. 05. Die Entwicklung der Sprachwissenschaft im 19. Und 20. Jh. 06. 06. Die orthografischen Reformbewegungen von den Anfängen bis zur Gegenwart 13. 06. -fällt aus- 20. 06. Die Sprache im III. Reich 27. 06. Die Sprache nach 1945 04. 07. Die Sprache der Gegenwart im Prozess der Europäisierung und Globalisierung 11. 07. Entwicklungstendenzen der deutschen Gegenwartssprache; Zusammenschau und Klausurvorbereitung

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Priv.-Doz. Dr. Gisela Ros SoSo 2011, Mo 8-10 Uhr

Geschichte der deutschen Sprache von den Anfängen bis zur Gegenwart Teil II: 1500 – Gegenwart

04. 04. Einführung

11. 04. Das Frühneuhochdeutsche bzw. das spätmittelalterliche Deutsch(um 1500)

18. 04. -fällt aus-

25. 04. -fällt aus-

02. 05. Das Frühneuhochdeutsche bzw. das spätmittelalterliche Deutsch(1500-1650)

09 .05. Das Deutsch der mittleren Neuzeit (1650-1800)

16. 05. Von den Sprachgesellschaften des Barock bis zur Sprachkritik heute

23. 05. Das Deutsch der jüngeren Neuzeit (1800-1950)

30. 05. Die Entwicklung der Sprachwissenschaft im 19. Und 20. Jh.

06. 06. Die orthografischen Reformbewegungen von den Anfängen bis zur Gegenwart

13. 06. -fällt aus-

20. 06. Die Sprache im III. Reich

27. 06. Die Sprache nach 1945

04. 07. Die Sprache der Gegenwart im Prozess der Europäisierung und Globalisierung

11. 07. Entwicklungstendenzen der deutschen Gegenwartssprache; Zusammenschau und Klausurvorbereitung

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Geschichte der deutschen Sprache II (1500 – Gegenwart) – Dr. Gisela Ros

0. Überblick

• LSF / Handapparat

• Klausurschwerpunkte 1) Historische Semantik 2) VL I+II

• Schwerpunkte LSF

• Zusammenfassungen auch im Netz

• Literatur:

o Handapparat drei Sprachgeschichten (Wilhelm Schmidt, Pohlenz, Astrid Stetje: Deutsche Sprache – gestern und heute)

o Literaturliste im Ordner nicht im Netz!!

• Stichwortliste vorhanden

• Termini:

o Ablaut?

o Synkopie?

o Diphtongierung/Monophtongierung

o Rundung/Endrundung

o Morphem/Graphem/Phonem

o Rückumlaut

o

2.5.11• Frühneuhochdeutsch Grammatiken mit lateinischen Begriffen

o System der lat. Sprache• 17. Jhd. erste Vorlesungen auf Deutsch gehalten, erst im 18. Jahrhundert Deutsch =

Unterrichtssprache; erste Fachbücher auf Deutsch (Chroniken, Tristan, Faust, Schwänke, Meistersang 15./16. Jahrhundert, Flugschriften

• 1609: erste Zeitungen erschienen• Seit 17. Jahrhundert Volksliedsammlungen, Kirchenlieder (Luther), versch. Sachliteratur

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o Siehe Sprachgeschichte Wolf• 1. Lat. welle 500 vor – 500 nach Chr.• 2. 500-800 (Christianisierung)• Humanismus 3. Lat.- Welle

o Wortgut aus dem Griech. Polizei Gr. Lat. Deutsch Juli vorher „Heumonat“ , durch lat. Einfluss „Juli“

• Rechtsspracheo Advokato Testament

• Medizinische Fachsprache• Grammtische Kategorien „Verb“, „Konjugation“, „Nomen“• Aus italienischem (Musik, Bankwesen)• Entlehnungen Jahrbuch, Viereck,…

o Entlehnungen: aus anderen Sprachen übernommenes Wortgut A) Lehnwort = übernommenes Wortgut B) Lehnbedeutung Bedeutung wird auf Wort übertragen/entlehnt

• buchen (engl. „to book“) C) Lehnübersetzung Jahrbuch, Viereck Glied für Glied- Übersetzung D) Lehnübertragung Geografie Erdbeschreibung Erdkunde E) Lehnschöpfung unabhängige Übertragung (russ. Wort für Fahrrad)

• Neue grammatische Formen im Frühneuhochdt: Monophtongierung/Diphtongierung Neuhochdeutsche Diphtongierg. (12. bis 14. Jhd.)

• Möglichkeit der Vokalveränderung• Merkmal des hochdt. Sprachraumes (siehe Gegenbeispiel Schweiz)

Mitteldeutsche Monophtongierung• Aus zwei mach eins

Vokaldehnung• Dehnungszeichen später mehr

Vereinheitlichung der Flexion• Umlaut = Kennzeichen des Plurals(Vogel-Vögel, Kloster-Klöster)• -er – Plural, -en,

Herausbildung der gemischten Deklination• Mischung aus starker und schwacher Deklination

Verben: Unterschied Sing.-Plural verschwindet immermehr Assimilation:

• Kumber Kummer; lember Lämmer; lamp Lamm

Rundung• Helle Hölle; finf fünf; küssen Kissen

Kennzeichnung der Länge in Wörtern (Ortografie)• Verdopplung/Dehnungs-h/Dehnungs-e/langes Sprechen/• z.T. Verdopplung von Konsonanten ohne (ersichtliche) Motivation• unmotivierte Häufung von Konsonanten (v.A. bei Affrikaten…)

Barock• Sprache blumigdekoriert,…

Varianten (vor allem im Anlaut) v/f , siehe Nachname Meier

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Kürzungen Zunächst nur Wörter mit besonderer Bedeutung groß geschrieben als

Anfang der Großschreibung Virgel Pausenzeichen, Vorläufer des Komas, restliche Interpunktion ab

17.Jhd. Partizipial-Infinitiv-Konstruktion als Entlehnung aus Latein Verbstellung Ehebüchlein (von Eyb) Als Sittenbuch gedacht Ausgangspkt.: Verhalten in der Ehe Zitiert aus antiker Literatur Neue Sprachästhetk geschaffen werden Herausbildung vom Volkssprachlichen Beueuusstsein Laenprediger Schulen m relig. ideen Valentic Ickelsamer: „Teutsche Grammatik“ als Vorbild 1550-1600 Alle Grammatiken:

• Keine Einheitssprache•

1641: Schottelius: „Teutsche Sprachkunst“• Schon dt. Kategorien verwendet• Vereinheitlichte Normen finden

Vorher nur Wahrnehmung von Dialekten• Aber Dialekte =minderwertig

Hauptsprache = Richtigkeit, geht aber an Sprachwirklichkeit vorbei 1. Kapitel _Lobrede Abhandlung über Syntax und der Reim-und Dichtkunst Wert der Stammwörter

• Durch Stammwörter (ohne Endungen) käme Sprachnatur zum Ausdruck lautnachahmend entstanden, einsilbig, besonderes Verhältnis zur Natur

• Prägen Muttersprache

9.5.2011• Güntz, Schottelius, Adelung, Gottschek (?)

o Gottscheck Stilistik Aufklärungsprosa Neuhochdeutsch

• 1750: Hochdeutsch mit mitteldt. Prägung (Bayern/Österr.) durch Güntzo Eingriff in Sprachentwicklg. durch Normierung der Sprache

• Sprache nach 1650 – 1750 // 1770-1830 (?)o Meißnisches Dt. / Ostmitteldt. Entwicklg. zum Hochdeutscheno Barock // Aufklärung //Klassik/Romantik

o Historie:

Ende 30-j. Krieg Zerbrechen der religiösen Einheit

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Mitte des Reiches entmachtet, vom Norden Ausbreitg. des Protestantismus (Friedrich Wilhelm v. Brandenburg-Preußen)

Frankreich Vormachtstellung in Europa (Ludwig XIV.) Kriegserlebnisse politisch, sozial, kulturelle Einschnitte Lyrik,

Kirchenlieder Krise des Denkens ( Gryphius)

o Tendenzen: Hierarchisierung

• Durchsetzung eines allg. Ordnungsprinzipes• Herrscher = Ebenbild/Statthalter Gottes• Absolute Herrschaft• Festigung der Standesschranken

o Kleiderordnung der 5 Ständeo Rituale (Lebensstil, Sittencodices, Verhaltenslehre)

Moralische Wochenschrifteno Distanzierung Herrscher vom Volko Adel neue Führungselite (bis ins 19. Jhd.)

Zentralisierung // Absolutismus• Hängt mit H. zusammen• Streben nach Vergrößerung des Marktes u. pol. Macht u.

wirtschaftl. Machto Erweiterung der Produktion Manufakturen

• Änderungen im staatl. und rechtl. Denken• Erhaltung der Einheit des Reiches

Säkularisierung (aufgekl. Absolutismus)• Koexistenz der Konfessionen• Einheit des Reiches soll erhalten bleiben• Territorialwirtschaft• „Weg zum aufgeklärten Absolutismus“ v.A. unter Friedrich dem

Großen• Monarch. Herrschaft nicht im Namen Gottes Naturrechtslehre,

natürlicher Weg zur Herrschaft• Ende Gegenreformation Vorabend der Fr. Revolution

o Barock: „schiefrunde Perle“ Pomp Machtvolle Gesten, Pathos Bildhaftigkeit Zeit der Oper Theater sehr üppig Effekthascherei Franz. Einfluss (Tanz, aber auch Sprache)

o Aufklärung: Wortgut gesprägt/entlehnt !! Weg zur Nationalsprache !!

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Vernunft Moral Aus westlichem Ausland (Descartes Rationalismus) Erkenntnisse aus Mathematik und Logik

• Auswirkungen auf Sprache Empirismus John Locke Bekämpfung Aberglauben Vernunft/Moral ! Gegensatz zu pessimistischem Bild des Barock Vorläufer Aufklärung:

• Leibniz o Sprachkritik, Prinzipienlehreo Vereinigung Körper+Sinno Versuch, Logik+Mathematik auf Sprache zu übertrageno Idee der Berechenbarkeit von Spracheo Vorläufer der Idee der Universalspracheo Sprachreinheito Keine Sprachmängereien

• Johann Amus Comeniuso Universalsprache siehe Folie (Affixe und deren

Bedeutung)

• Christian Thomasiuso Herausgeber „moralische Wochenschriften“o Praktische Liebesethiko Sittenlehreo Verhaltensweisen

• Christian Wolffo Idee der perfekten Ordnung der Begriffeo Auch für Urteile und Schlüsseo Orientierung an Geometrie

• Lessing, Wieland, Klopstock Neues Menschenbild

• Lessingo Bildhaftigkeito Deutlichkeit im Ausdrucko Stilmittel (Antithese)o Wörterbuchsammlungen

• Wielando Verfeinerung des Ausdrucks (Stilistik)

• Klopstocko Gefühlbetonte, hymmnische Sprache

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• Herdero „über den Ursprung der Sprache“ (LSF)o Mi. 18. Jhd (1766)o Entstehung Sprache?

2 Hypothesen• 1) göttlicher Ursprung Babel• 2) menschlicher Ursprung

o Herder: weder das eine noch das andereo Historischer Aspekt der Spracheo Zeitbedeutungeno Beförderung der Volkssprache (siehe Luther)o Begründer der Volksliedforschungo Einfluss auf Dichter Sturm und Drang

Gegenbewegung zu Barock:• Pietismus

o Mystiko Mystische Wörter entstehen, aus Bibel übernommen

Selbstverleugnung, selbstgefällig,…

Philantropismus• Reformbewegung• Ziel: Erziehung, auf Einsicht in Notwendigkeit beruhend• Selbstdisziplin, Eigenverantwortlichkeit• Orientierung an Grundsätzen Rousseaus

o Menschenfreundlichkeit bei Erziehung• Basedow, Campe ( Sprachkritik)

• Sprachliche Entwicklung:o Ab 1650 Streben nach Einheitsspracheo Dialekteo Einheitliche Schriftsprache soll geschaffen werden (erst im 18. Jahrhundert

vollendet!!)

o Nach 1650: Lesebedürfnis (Lesewut) Entstehung Grammatiken, Nachschlagewerke

o 1700: Wende zum neueren Hochdeutsch

• Grammatiker Schottelius, Ickelsamero Gottscheck

„Grundlegung einer dt. Sprachkunst“• Freie eigentliche Kunstsprache Kunst des Schreibens• Vorbilder: Flemming, Gellert, Opitz, Thomasius,

o Sehr früh in dt. Sprache geschrieben• Gegen malerische Bildlichkeit der Sprache und zu häufigen

Gebrauch von Metaphern

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o Adelung Nähe von HGW geboren „Umständliches Lehrgebäude der deutschen Sprache“ (umständlich = den

Umständen geschuldet) „Deutsche Sprachlehre“ Lexikograph Bemühung um Normbegriff Sprachrichtigkeit

• Distanzierung von unteren Schichten des Volkes Sprachgebrauch des „Pöbels“

Lessing/Schiller/Goethe nutzten seine Wörterbücher Letzter normativer Sprachgelehrter, aber einer der bedeutendsten Beschäftigung mit Anfängen des Strukturalismus Vorwegnahme einiger Leistungen Saussures Wurzeln Saussures

• Beschreibung Strukturen von Sprache Geregelte Großschreibung/ allgemeine Großschreibung von Substantiven

• Regelbuch zur Orthographie

o Ostmitteldeutsch / Sächsisch-Meißnisches Deutsch Aus 5 überregionalen Sprachen gebildet Nach 7-jährigen Krieg Verlust an Bedeutsamkeit für Sachsen Nun: Preußen Niederdeutsch wird Vorbild Abwendung vom Ostmitteldt. zum Niederdeutschen Streben nach Vereinheitlichung Benennung

• Standardspracheo Normierung

• Überreg. Verkehrssprache• Hochsprache

o Schriftsprache/Literatur/Bildungssprache• Gemeinsprache

o Alle gleiches Ziele, nur verschiedene Vorzeicheno Heute durchgesetzt: Standardsprache + Varietäten

(Dialekte)o Keine(!!!) Allgemeinsprache vorhanden

Sprachliche Tendenzen:• Varianten (morphologische)• System der Dekl. vereinfacht• Aber auch:

o Stärkere Differenzierung (Numeri festgelegt auf Genusklassen)

o Erweiterung der Pluralbildung (Plural-s aus Niederdt.• Beseitigung Vokalunterschiede• Angleichung Stammformen der Vokale• Syntax umfangreicherer Sätze setzen sich durch Ausbau

hypotaktischer Satzbau• Häufige Attribuierung (vor- und nachgestellte Att.)

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• !! Entwicklung Wortschatz !! (verschiedene Faktoren)• Durch Aufklärung: Fachwortschatz („addieren“, „Bruch“, „Punkt“ ,

Last, Kraft,…• Funktionsverbgefüge „in Erfahrung bringen“ statt „erfahren“

• Wortbildung Barock: o Komposita entstanden bzw. ausgebaut

Versch. Schreibweisen (Binnenmajuskel heute noch) Fehlende Regelung der Schreibung

• Calender= Macher• Lebens=lauff• HaubtSprache

o Zunahme von drei- und mehrgliedrigen Zusammensetzungen, Liebe zu langen Worten nimmt zu

o Mehrfachkomposita in versch. Textsorten vorhanden Bsp. Quartiermeisterstelle, auch heute vorhanden

(Wachstumsbeschleunigungsgesetz)o –„ung“- Bildungen Substantivitis

Besuchung Befehlung Wachsung

• Wortbildungen Pietismuso Präfigierungeno

Mundartliche Merkmale dt. Wortschatz (W. Schmidt)• Stark regional differenziert• Bsp. reiche Heteronymik für „Kartoffel“• In Literatursprache Bemühung um einheitliche Sprache, gegen

Ende des Jahrhunderts voll entwickelte Sprache

o Klassik/Romantik Gebiet Wortschatz Um 1800 (frühe Industrialisierung)

• Technische Erfindungen, neues Wortmaterial nötig Französ. Revolution Einfluss auf preuß.Politik Keine großen Veränderungen 1830: Bevölkerungsexplosion

• Austausch von Wörtern• Wilhelm von Humboldt

Wortschatz als Spiegel geistiger Strömungen und Erfindungen siehe LSF

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SPRACHPURISMUS//SPRACHKRITIK

o Sprachkritik: Betrifft Lexik, Stilistik, Psycholinguistik, Sprachpflege/-planung William: Sprachhelden und Sprachverderber (1995)

• Fremdwortpurismus Karl Otto Sprachgesellschaften des 17. Jhd.

o Hintergründe des Sprachpurismus puritas – reinhalten kulturelle und sprachliche Emanzipation einheitliche Sprache erfordert Nationalbewusstsein Humanismus, Kulturpatriotismus Aus Sicht der Sprachphilosophie: Reinheitsidealismus Antipathie gegen

• Fremde Sitten• Fremde Spracheinflüsse• Latein // Italienisch

(Be)förderung der Muttersprache• Grammatiken // Dichter und Denker

3 Höhepunkte vorhanden bei Purismus• 17. Jahrhundert• 1789 (F. Revol.)• 1870 (Dt. Revol.) – 1980

Anfänge im 13. Jhd.• Romanische Wörter ins Deutsche übernommen

Um 1435 Sigmund Meisterlin• Gegen lat. Einfluss• Gegen Bestrebungen der Frühhumanismus• Alle sollten Urkunden lesen können

1630-1670 Hochphase Purismus• Ausgehend von frühpuristischen Gedankengängen

(unstrukturierte aber erste) Bünde• Nach 1600 Vermehrung der puristischen Bestreben (Kleriker,

Juristen, Gelehrte)• Ziel: Reinhaltung der Sprache, Ablehnung Fremdwörter

17. Jhd. Gegenstandserweiterung• Sprachreinigung• Richtet sich

o gegen veraltete Wörtero Vulgarismeno Neologismen

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• Wahrung des Bestandes• Codifizierung der Standardsprache soll möglich gemacht werden• Normierungen zur Unterstützung der Standardisierung der Sprache• Einleitung „Jones“

o Verschiedene Richtungen des Purismus (Schottelius, Opitz,..)

Höhepunkt 1630er Gründung Sprachgesellschaften

Sprachgesellschaft Beg. von Leibniz geprägt Florentiner Akademie ursprünglich gemeint

Vorbilder: Italien // Niederlande• Accademia della crusca (geg. 1582) ebenfalls Reinigung der

Sprache gewollt, Debatten ü. Literatur• Reederei-Kammer

o Pflege der Rhetorik Vorbild für spätere deutsch-gesinnte Genossenschaft und fruchtbringende Gesellschaft (später)

Frucht bringende Gesellschaft• Größte und bedeutendste Vereinigung• Grundlagen für spätere Entwicklungen

o Schottelius Hauptspracheo Opitz von der deutschen Poeterey

• Alles zum Nutzen• Symbol: indianische Palme• Siehe Satzung der Gesellschaft• Sprachnormierung // Kulturpatriotismus• Pflege der Sprache ebs. wie Natur/Umwelt

• Ziele:o Normierungo Verdeutschung der grammat. Terminio Gegen „Fremdwortmengerei“ Reinhaltung Spracheo Auch in Sitten und Gebräuchen gegen fremde Einflüsseo Pflege der Mutterspracheo Ansehen der deutschen Sprache und Literatur soll gesteigert

werdeno Gegen Mundart und niedere Stilschichten (Vulgarismen)

und Archaismen (veraltete Worte)

• Bedeutende Mitglieder:o Ca.890 Mitglieder (auch Spanier, Ital., 1 Schotte, keine

Frauen)o Aufnahmezeremonien Hänselung

Hanse // Vereinigung // Innungo Namen der Pflanzenwelt entnommen (Symbole auch)o Kaspar Stieler

Grammatiker

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Symbol: Blumenkohlo Schottelius auch Mitglied

„der Suchende“o Martin Opitz

„der Gekrönte“ (1629)o Georg Philipp Harsdörfer

„der Spielende“o Philipp von Zeseno Andreas Gryphius

o Werke/Leistungen: Eindeutschung fremder Wörter

Harsdörfer:• Akt = Aufzug• Korrespondenz = Briefwechsel• Teleskop = Fernglas• Idioticon = Wörterbuch ( Idiom)

Von Zesen:• Fundament = Grindstein• Nachruf = Nekrolog• Kloster = Jungfernzwinger• Fenster = Tagleuchte• Pistole = Reitpuffer• Natur = Zeugemutter• Nase = Gesichtserker

Eindeutschung (geglückt)• Letzter Wille = Testament• Handschrift• Trauerspiel = Tragödie

Nicht geglückt:• Klageendung• Gebeendung• Anatomie = Entgliederungskunst• Botanik = Krautbeschreiber• Chemie = Scheidekunst• Urne = Leichentopf

o Teutschgesinnte Genossenschaft Geg. 1643 (HH) Philipp von Zesen = Gründer Nachbildung der Frucht bringenden Gesell. Symbol Rose Einteilung in Zünfte (mit versch. Symbolen)

• Peginesischer Blumenordeno Harsdörfer

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o Heute noch erhalteno Sinnbilder:

Siebenfache Panspfeife Später: Passionsblume

• Elbschwanenorden (1658)o Rist = Gründero Nur 45 Mitgliedero Schwan als Zeichen der Treueo 1667 Ende der Gesellschaft

• Weitere:o Neunständige …o Kleeblatto Taubenordeno Leopoldenordeno Tannengesellschafto Musikalische Kürbishütteo Poetische Gesellschaft (Leipzig)

• Einschätzung (Schmidt) zum Wirken der Gesellschafteno Frucht bringende Gesell. nationale Akademieo Mitglieder aus ganzem Land und aus allen Schichten und allen

Konfessioneno Motiv. Und Zielsetzungen verschiedeno Programm siehe Satzung (LSF)o Pedantische Hüterinnen sprachlicher Reinheit

• Greifswalder Sprachgesellschaft – Königlich-Deutsche Gesell. zu Greifswaldo 1739 gegründeto Augustin Balthasar, Graf zu Putbuso HGW Mittelpkt. geistigen Entwicklungo Vorbild: Fruchtbringende Gesellschafto 1739 Hgw noch zu Schweden gehörend, Kg. hat Gesell. zugestimmt,

daher Nameo Nur bis 1746 gewirkt

Monatsschrift (Bibliothek) „Die kritischen Versuche“

o 1750 Neuauflage (Versuch) nicht lange gehalteno Nur 10 Mitglieder, Höhepkt.: bis zu 100 Mitgliedero Ziele:

Verbesserung der Einsicht freier Künste (Be)förderer von Kunst und Wissenschaft Eher weniger, nicht ausschließlich Bemühung um deutsche Spr. Ausbesserung der Sprach Schriften zur Sprachgeschichte//Rechtschreibung

o Dieter E. Zimmer: Buch über Sprachgesellschaften Verweis auf Wörter ital. „gusto“ Geschmack

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„Gotteshaus“ nicht mehr „Tempel“ „Tatsache“ „Gewissensbisse“

o Walter Krämer: Buch über Sprachirrtümer „Leidenschaft“

• Kein deutsches Wort• Kunstprodukt, Mi. 17. Jhd., durch Zesen eingeführt, vorher

„Passion“ statt „Leidenschaft“

o Wenige Erbwörter in dt. Spracheo Lehnwörte

o Sprachgesellschaften nur mäßigen Erfolg Unzureichende Beschäftigung mit Dichtung (Leibniz) Poesie zu kurzlebig Sachprosa, Prosa muss beachtet werden erst 18. Jhd.

• Sprachkritik 18. Jahrhunderto Goethe // Schillero Immer noch keine einheitlich gültige Nationalspracho Wegbereiter: Leibniz, Thomasius, Wolfo Gottscheck, Adelung, Harmann, Herder, Lichtenbergo Campe, Jochmann direkte Sprachkritiker

o Goethe als Sprachkritiker Sprache nur so gut, wie sie gesprochen wird Sprache als Werkzeug (später Organonmodell Bühler) Zweckmäßigkeit der Sprache, kunstgerechter Gebrauch Fachleute nicht Philologen, sondern Dichter Vorbild ist (nach Goethe) dichterische Sprache Gegen Sprachpurismus

• Auch andere Spr. akzeptieren (Franz., Ital.,…) Gegen Xenophobie (Fremdenfeindlichkeit)

• „geistlose Menschen“

o Johann Heinrich Campe 1746 geboren Schriftsteller/Sprachforscher Sprachreinigungsprogramm als Höhepunkt des Purismus Bekannt durch

• Eingedeutschtes „Modernes Fremdwörterbuch“ (1801)• Modische Gallizismen (?)• Historische Termini eingedeutscht (Vorschläge)

o Dementi = Lügenzichto Friseur = Haarkräuslero Guillotine = Köpframme = Fallbeilo Professor = Hochlehrer o Alibi = anderswo

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o Hochschuleo Feingefühlo Brüderlichkeit o Streitgespräch

• Wohlklang, Eindringlichkeit, Bedeutung getroffen?o Beeinflussten Annahme/Ablehnung der Vorschläge

1/3 der Vorschläge umgesetzt erfolgreichster Eindeutscher Hochdeutsch Campe gegen Gottscheck und Adelung (weil FÜR

Mundarten) Hochsprache nach Campe

• Alles Schichten zugängig sein, nicht nur höheren Schichten• Ausgleichssprache

o Carl Gustav Jochmann (schon ins 19. Jhd. hinein) 1789 geb. Schriften über Zeitgeschehen und Sprache (frühes 19. Jhd.) Sprache und gesell. Fortschritt / sprachl. Entwicklungen Kritik an Verdeutschungsprogrammen Einige Fremdwörter akzeptieren (Verständlichkeit, allgemeines

Verständnis, treffende Bgf.) !! 1871 !! (Reichseinigung)

o 1891 Buch „Allerhand Sprachdummheiten“ Gustav Wustmann Zeitungen entstehen Tagespresse als „Brutstätte“ der Verwilderung der Sprache Lumpenjargon

• Stilistische Mängel (auch Wochenschriften gemeint und mit einbezogen)

o Ende 19. Jhd. Geprägt durch Schopenhauer & Nietzsche

• Schopenhauer:o Prägte „Zeitungsdeutsch“ als Begriff (auch

Schweinedeutsch) Besondere Art der Sprache (Schnelligkeit

diktiert Sprachform)o Konservativer Sprachforschero Kritik am Zeitungsdeutsch

• Nietzsche:o Doppelpräfigierungen (benachteiligen,…)

Verdrängung nicht mgl.

Karl Kraus „Die Fackel):• „journalistische Tagelöhner“• Sprachkritik = politische/moralische Kritik• Radikale Skepsis gegenüber Sprache und Denken• Gegen verhüllende Metaphern•

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Sprachkrise um 1900 Sprache als Kritikmechanismus Sprache als kritisches Instrument

o Friedrich-Ludwig Jahn 1778 geb. Aufkommender Nationalismus Überhöhung des

Nationalbewusstseins Gg. Fremdwörter Blendling ohne Überzeugungskraft Buch: „Merke zum deutschen Volkstum“

• Welschwörter• Kampfwörter• Schaden dt. Volk• Auch Lehnübersetzungen abgelehnt• Nur noch urdeutsche Wörter sollten benutzt werden

Eingedeutschte Wörter (vor allem im Turnbereich):• Dauerlauf• Reck• Schwebebalken• Barren• Grätsche• …

o Johann Gottlieb Fichteo Ernst-Moritz Arndt

• 19. Jahrhundert – Eindeutschungen beio Militärwesen, Eisenbahn, Postmeistero Heinrich von Stephan

1894 700 franz. Wörter eingedeutscht Post:

• Postanweisung• Einschreibung• Briefumschlag, usw.

Eisenbahn:• Billet Fahrkarte• Coupet Abteil• …

30.5.2011• Eigene Vorstellungen zu Klausur? (Vorschläge Schwerpunkte)

• Entwicklung Massenmedium

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• Zu Wortschatzerweiterung• LSF

• Betrifft Fachwortschatz durch zunehmende Industrialisierung Spezialisierung im Wortschatz Entwicklung Fachwortschatz

• Entlehnung Kontakt zu Nachbarsprachen viele englische Entlehnungen• Gegenrichtung allg. dt. Sprachverein Versuch, Fremdwort-Import zu stoppen• !!!1871!!! Reichgründung einheitliches Deutschland Entwicklung

Standardsprache möglich (an sich Standardsprache = Ideal, jeder hat Eigenheiten Dialekt, Fachwortschatz,…)

o Standardsprache als Konstrukt, Anpassung und Variation• Dialekte, Mundarten, Umgangssprache(n?)

o Vielfalt von Varietäten, ständige Entwicklung in Standardsprache

• Sprachspezifische Besonderheiten 19. Jahrhundert (1800-1920)

•o Industrialisierung technische Metaphern beruht auf Prinzip des

Domänenwechsels Bsp.

• Dampf ablassen• Dampf machen• Notbremse ziehen• Unter Spannung stehen• Schwelle Eisenbahnschwelle• Schraube Schiffsschraube• Welle Kurbelwelle

o Bedarf an neuen Bezeichnungen (durch Industrialisierung)

o Entlehnungen (Post- und Eisenbahnwesen) Frankomanieo Französ. Einfluss Mode/Gesellschaft, durch engl. Einfluss ersetzt

Smoking Snob Cocktail Gentleman

o „Sport“ englisches Wort Tennis

o Streik engl. „strike“o Fachwortschatz sozial, Demokratie, Sozialismus, Kommunismus

Aus dem Griechischen ins Französische, dann ins Deutsche

o 1820 – 1920 Internationalismen („-ismen-Wörter) In vielen/mehreren Sprachen vorhanden

• Telegramm entfallen• Photographie• Bürokratie• Automobil Auto

Kurze Geschichte des Buches LSF-Dokument

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• Textsortenwandel

• Allgemeine Feststellung: auch sprachlicher Wandel in sämtlichen Textsorten (Stilistik, Wortschatz, Grammatik)

• Annonceo „Hausdiener“o Wandel im Wortschatz // Formulierung // Stilistik

Beerdigung (heute eher) Beisetzung / Trauerfeier „herrliche Kranzspenden“ zahlreiche Kranzspenden

• (Liebes-)Briefo Anrede „Fräulein“ (bis vor 30 Jahren noch vorhanden)o „Erlaubnis, mich Ihnen nähern zu dürfen“

• Kochrezepto Länge, Sprache,

• Allgemein: Wandel Medien = Wandel Sprache = Wandel Textsorten

• Sprachwissenschaftsgeschichte • Schwerpunkt: Ältere Wissenschaftsgeschichte LSF SpraWi 1500-1800

• Romantische SpraWi (19. Jhd.)o Höhere Bedeutg. als vorher

Schulbildung Austausch zw. Wissenschaftlern (Briefe) Humboldt (Wilhelm)

o Sprachphil. Zweig Humboldt

o Historisch-vergleichender Zweig

Franz Bopp• Indoeuropäische Sprachvergleiche (auch indogerm.)

o Allgemeingut der SpraWio Suche nach der Einzelsprache („Ursprache“o 1860: „Vergleichende Grammatik“

Begründung der Sanskritforschung• Sanskrit = Ideal des Idg.• Modell/Vergleichssprache/Forschung

sgegenstand Ziel: Erforschung der Wurzeln der Sprache

Jakob Grimm• Germanischer Sprachvergleich

o Historische Grundlage der SpraWio Begründer der „historischen Grammatik“o Abgrenzung gegen philosophischen Zweig / Logiko Gesetze der Sprache aus ihrer Geschichte ableiten

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o Historische Forschungen Möglichkeit einer Universalgeschichte der Sprache

o Behandlung von Sprachformen / Wortformen / Lautgesetzen

• Deutsches Wörterbuch (mit Wilhelm Grimm) (1852/1960)o 32 Teilbd.

• Begründer der wissenschaftlichen deutschen Germanistik• Beschäftigung mit mittelalterlichen und nordischen Texten

o Historisch vergleichend• „Deutsche Grammatik“

o Grundlegendes Studium der Vergangenheit zum Verstehen der Gegenwart

o Textvergleich Ableitung der Lautveränderungen

• Lautverschiebung• Lautgesetze• Ablaut/Umlaut/Rückumlaut• Althochdt., Mittelhochdt.• Starke/schwache Flexion

o Sprachphilosophischer Zweig

Humboldt (1767-1836)• Nicht Sprachgeschichte, sondern Sprachphilosophie

elementar• Nicht Form sondern Inhalt/Leistung/Weltbild der Sprache

wichtigo Sprache ist nicht nur Laut, sondern auch Inhalto Sprache hat Bezug auf Menschen selbst, nicht

isoliert zu untersucheno Weltbild Sprache als Spiegel dafüro Prägung der Sprache durch kulturellen

Hintergrund

• Idee von innerer Formung der Welt inhaltbezogene Grammatik

o Sapir-Worph-Hypothese „bestimmt Sprache unser Denken?“ basiert auf Humboldt, allerdings überspitzt

o Sprache determiniert nicht Denken, lediglich Weltbild

• Gesichtspunkt Sprache kein Werk, Sprache ist Tätigkeit• Genetisch-energetische Sprachauffassung• Begründung von Sprachtypen• Unterscheidung zwischen Sprachtypen (Übersicht LSF)• Wirklichkeit existiert nur bedingt für den Sprecher

o Verschiedene Perspektiven in der Wahrnehmung der Welt Perspektivierung

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o Auch Einzelsprachen perspektivieren (unterschiedlich)

• Durch Sprache zur absoluten Wahrheit zu gelangen ist unmöglich

• Mensch ist in seiner Sprache befangen• Adelung Berufung auf Humboldt

o Sprache mit besserer Grammatik besser geeignet um Perspektiven widerzuspiegeln

o Grammatische Verhältnisse beeinflussen Denken positiv

• Zusammenhang zu Sprachtypeno Flektierende (beugende) Sprachen besser geeignet

als agglutinierende (unveränderliche) Sprachen zur komplexen Beschreibung der Wahrnehmung

o Zusammenhang Denken Sprachtypo Denken zwischen Einzelbenutzern der Sprache

gleich, aber: Aspekt der Perspektivierung• Unterschiedlicher Bau der Sprache = unterschiedliche

Weltsicht• Gleiches Denkvermögen, aber andere Perspektive bei

Betrachtung der Welto Auch Sprachen ohne historischen Zusammenhang

besitzen Weltsicht• Sprachvielfalt = Vielfalt der Weltsichten

• Flektierende Sprachen (Bsp. Deutsch)

o Gehören zu Sanskrit (= Vorbild, formvollendet)o Überlegen gegenüber anderen Sprachtypen

• Sprache als Organismus (Organismusmetapher)o Historisch-vergleichendo Überlegenheit flektierender Sprachen untersuchto Annäherung/Verbindung SpraWi und NatWio Ausklammerung der sozialen/kommunikativen

Aspekte (vorerst)o Organismus entwickelt sich selbst, auf natürliche

Weise o Metapher Versuch von Erklärung von

Sprachwandel(theorien) Sprachwandel auf natürliche Weise

o Sprache als naturwissenschaftlicher Aspekto Sprachl. Entwicklung vom Menschen

unabhängig/losgelöst Stammbaumtheorie Wellentheorie Entfaltungstheorie

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o Junggrammatische Schule Paradigmenwechsel Letztes Drittel 19. Jahrhundert Abkehr von rein historischer

SpraWi und (besonders) von sprachphilosoph. Behandlung Zarncke Begründer Junggrammatiker Junge Sprachforscher lösen romant. Sprachforschung ab August Schleicher Stammbaumtheorie Zwischenstück

zwischen historisch-vergl. SpraWi und Junggrammatiker Naturwissenschaftliche Methoden Sprache als Naturphänomen Neue Entdeckungen (Hermann Paul, Paul Braune, Behaghel)

• Von Philosophischer zu historischer Etappe• Wandel Inhalte• Betrachtung der Formen dominiert• Entdeckung/Formulierung von Gesetzen zur Erklärung v.

Sprachwandel• A priori ausnahmslos• SpraWi durch Gesetze „echte“ Wissenschaft• Kleinarbeit, detailliert

o Atomismus Zerlegung Sprache in kleinste Teile (bspw.

Lautgeschichte)• Ausnahmen Analogien als Ergänzung der Sprachgesetze

Sach- und Formanalogieno Formanalogie

das Ecke („e“ meist bei fem. Nomen) die Ecke // das Eck (Dreieck,…)

o Sachanalogie Angleichen von der Sache her das Speer (Waffen meist mask. Nom.) der

Speer

• verbindender Aspekt zu historisch-vergleichendem Zweig: Historizität

• aber: verschiedene Methoden (naturwiss. Betrachtung der Sprache)

• Nachteil: Vernachlässigung der Gegenwartsspracheo Ausschluss der Benutzer,…o Kritik

• Alles vor Strukturalismuso Schulgrammatik / Traditionelle Grammatik

Viele Grammatiken Sprache lehrbar machen

• Strukturalismus Unterlagen GK A nachschauen + Fragen stellen

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6.6.2011• Strukturalismus

o Kritik an älterer Schulgrammatik weil… Konzentration auf geschriebene Sprache Nichtberücksichtigung nichtsprachlicher Äußerunger Normative Voreingenommenheit Norm vs. tatsächl. Sprachgebrauch

o Vermischung Synchronie/Diachronieo Abkehr von reiner Diachronie/Synchronieo Ferdinand de Saussure

„Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft“• Hauptwerk d. Strukturalismus

o Schulen Prager Funktionalismus/Strukturalismus/Kreis

• 1926• Jakobsson (Fkt. Sprache)• Bühler (Sprache = Organon)• Drubitzkoy Erfinder Phonologie

o Welche Fkt haben Laute/Lautverbindungen in einem Wort

• Ausdehnung Fkt. Fkt Morphologie // Fkt. Sprache• Orientierung an Psychologie Gestaltpsychologie

o ganzheitliche Betrachtung der Spracheo Sprache als Systemo Struktur//Bau der Sprache als

Untersuchungsgegenstand• Sprache nach Prinzipien aufgebaut• Strukturiertes System• Sprachliches Zeichen Aristoteles Alles steht für etwas Saussure Papier Wort/Inhalt nicht voneinander trennbar

• Keine außersprachliche Untersuchung/Betrachtung von Sprache

• Keine außersprachlichen Faktoren als Berücksichtigung vorhanden

• Starke Orientierung an Literaturo Jakobson Funktionen Sprache poetische Fkt

langue/parole (System/Sprachverwendung)• Nicht nur Beschreibg. v. langue, sondern auch von parole

Kopehagener Glossematik• Kaum Nachfolger vorhanden (bis heute nicht)• Dänische Variante, Anfang 30er Jahre gegründet• Entstand innerhalb der Phonologie, Phonologie als

Bezugspunkt• Begründer siehe Skript• Glossa „Sprache“ (griech.)

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• Naturwissenschaft Mathematik naturwiss. Methoden verwendet

o Auf sprachwiss. Methoden abgeleitet• Untersuchungen auf Ebene der

Phonologie/Morphologie/Syntax begrenzt (Semantik spielt keine Rolle Scheidepunkt im Strukturalismus, da eigentlich im Struktural. Ausgeklammert..)

• !!!Wesentlich: Form und Substanz der Sprache!!!• Aufbau der Sprache basiert auf Ebene der

Ausdruckssubstanz/-form, Inhaltsform/-substanz

Amerikanischer Deskpritivismus• Am wichtigsten für SpraWi• Boqs Begründer• Bloomfield• Sapir-Whorf Hypothese!!!• Auch Bezug zu europ. Linguistik vorhanden• Reihe von Methoden (bis heute vorhanden)• Linguistische Relativitätstheorie

o Erstellen von Sprachsystemeno Verhältnis Sprache/Denken

• Behaviourismuso Komm.modello Sprache als Hilfskraft, wesentlich: Verhalteno Wechsel Reiz & Reaktion

• Generative Grammatiko Sprachliche Strukturen angeboren?o Harris Transformationsgrammatik = Vorläufer

generative Grammatik Endliche Menge von Regeln erzeugt

unendliche Menge von Sätzen durch Transformation Test

• Substitution• Eliminierung• Permutation• Verschiebetest• IC – Analyse [?]

Chomsky

• Distributionalismus/distributiver Strukturalismuso Verteilung von Wörtern auf Lücken o Eine Wortart passt in eine Lückeo Alles was in Lücke „X“ passt, ist Wortart „Y“

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o > 20 Wortklasseno Nicht nur Beschreibung, sondern auch Untersuchung

der Verteilung

• Taxonomischer Strukturalismuso Ordnen sprachlicher Elemente

Vorkommen sprachl. Elemente untersuchen und Bildung von Klassen

Segmentieren + Klassifizieren• Zerlegung, Untersuchung

(Verteilung), Klassifizierung

Geschichte der Orthographie (15.-19. Jahrhundert) LSF (Zusammenfassung)

o Mi. 8. Jahrhundert Christianisierung/Karl der Große keine(!!) einheitliche Schreibung!!

o Latein/Deutsch nebeneinandero Territoriale Vielfalt Verhinderung von einheitlicher

Schreibung/Orthogr.o Ahd. Primärumlaut/Sekundärumlauto 1300 Virgel (Zeichen Abgrenzung), willkürliche Groß-/Kleinschreibungo Buchdruck Einschnitt

Herausbildung Druckersprachen (vielfältig), territoriale Beschränkung

• 16. Jhd.o Neue Textsorten (Flugblätter, Bibelo Frühneuhochdeutsch

Reich an Varianten (Buchstaben, Anhäufung Konsonanten,…kombinatorische Varianten, versch. Schreibweisen)

Diphtongierung/Monophtongierung/Dehnung Hauptsachlich phonematisches Prinzip, später dann

morphematisches Prinzip Umlautformen (Entwicklg. „ä“)• Aus Einzellauten Bildung Umlaute, erhalten

grammtische Fkt. (Bsp. Bäume Kennzeichng. Plural) Interpunktion Luther neben Punkt auch Virgel (Vorläufer des

Kommas, Rhythmus) und Doppelpunkt (Aufzählung) und Fragezeichen bekannt Bibelübersetzung

Zeichensetzung intonatorisches, später syntaktisches Prinzip Vereinheitlichung Grammatiker & Sprachvermittler/Klöster

o Ende 16,. Jhd. Schreib wie du sprichst Genaue Widerspiegelung der Sprache gewünscht Phonem-Graphem-Bereich (bis 18. Jhd.)

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• 17. Jhd.o Einheitliche literatursprachliche Norm erwünscht

Martin Opitz u.A. (Sprachgesellschaften) Schottelius, Rattke,…

o Schreibung = Sprechen + etymologisches Prinzip Vermischung von synchronen und diachronen Aspekten Schottelius

• Morphematisches P. bevorzugen Wurzeln der Sprache werden deutlich

• Guter Gebrauch Sprache (Keine Mundarten!!)• Aussprache (unnützes Weglassen Bsp. „warumb“,

„frauw“ • Entwicklungsstand Schreibung Herausbildung

Majuskelschrift verstärkt

• 18. Jahrhunderto Aufklärungo Deutsch = Unterrichtssprache in Schulen Schott. Prinzipieno Orientierg. an Dichterno Hieronymus Freyer

Majuskelgebrauch am Satzanfang eingefordert (auch Anfang direkte Rede)

Ersatz Virgel durch Kommao Wortrennung nach syllabischem Prinzipo Gottscheck

Fortführung Freyers Theseno Klopstock

Ästhetik im Blickpunkt Lautung vereinheitlichen (abgelehnt)

o Adelung Grammatiken Orthographie 1788 Traditioneller Schreibgebrauch, keine Neuerungen v. Freyer Neuerung Sprache der oberen Schicht als Vorbild Vorbild für Goethe, Wieland, Schiller usw.

• 19. Jahrhunderto Tabelle siehe LSF (orthografische Erscheinungen + Bsp.)o Schwankungsfälle (Trennung, Schreibung,…)o Schulgrammatiker Orthogr. Karl Ferdinand Becker, Heyse

Orientierung an Adelung hinsichtlich Schreibung Lautung hat Vorrang (Becker) Wechselseitige Beeinflussg. Latung und Schreibung (Heyse) Syntaktisches Prinzip Interpunktionsregeln gegeben Heyse Vorschläge zur „s“-Schreibung

o Romantische SpraWi Dominanz der Geschichte/Vergangenheit Folgen für Orthographie Auseinandersetzung mit Adelung-Orthographie Jakob Grimm 1822 Abhandlung Orthogr.

• Berücksichtigung Geschi der Sprache• Einfachheit, keine regionalen Einfärbungen• Sprache ihren Lauf lassen

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• Keine Regel(parameter) Folge „Schreib, wie es die Geschichte verlangt!“ Rückkehr

zur Schreibung des Mitthelhochdeutscheno Neuerungen eher als Verfall angeseheno Gründung von Vereinen Sprachgesellschaften usw.

o Forderungen nach historischer Schreibung 19. Jhd: Beseitigg. Dehnung bei einigen Wörtern „Bere“, „Bine“ Beseitigung Doppelkonsonanten „Schif“, „algemein“ Reduzierung Umlaut ä und ö zugunsten von e Leffel Beseitigung th-Schreibung in dt. Wörtern S-Schreibung „Ameiße“, „Waßer“

o Änderungsvorschläge R. Raumer (1855) Einschränkungen „th“ in dt. Wörtern „Teil“, „Tür“ Teilweise Ersetzung „c“ durch „k“ oder „z“ Vereinheitlichung „-ieren/-iren“ zugunsten von „-ieren“

o Radikale Strömung zurück zum Schreiben nach Sprecheno Gemäßigte Strömung Vereinfachung Phonem-Graphem-Beziehung unter

Nichtberücksichtigung der semantischen Aspekte Konrad Duden

• Aufnahme etymol. Prinzip zur Verdeutlichung von Zusammenhang/Verwandtschaft von Wörtern

o 1871: Reichsgründung Deutsch = Nationalsprache Neues Stadium der Orthogr. Rechtschreibreformen kommunik. Bedürfnisse Vorschläge Raumer weiter modifiziert und angenommen + Nach 1876 Konrad Duden (Zusammenarbeit mit Wilmanns)

Bemühung um einheitliche Reformeno 1879: Schulorthogr. nur für Bayern, kein Anklango 1880: Wilmanns Schulorthographie (preuß.)o 1880: Duden: Empfehlungvollständiges orthogr, Wörterbuch d. dt.

Spracheo Danach Flut von Schulorthographien in einzelnen Ländern, keine

Vereinheitlichung

o Reform (1901): Vereinheitlichungen von Schwankungen Wegfall „th“ in dt. Wörtern (s.o.) Ersetzung „c“ durch „k“ und „z“ (s.o.) Durchsetzung Trennung „tz“, „ck“, „pf“ (Ausnahme: „st“) bei Zweifelsfällen: Kleinschreibung vor Großschreibung Einzelfälle?

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o 1920/21 Reformprogramm (Bezug: Programm 1876)

• Dehnungszeichen• Großschreibung

o Weitere siehe LSFo Ab 1933 - keine Diskuss. ü. Orthographie, 1941 Übergang von

Frakturschrift zur deutschen Schrift Antiqua, später wieder Änderung

o 1.9.1941 lateinische Schrift Fraktura abgeschafft „Judenletter“ Grund für Abschaffung Reformversuche nicht kriegswichtig, daher unterbunden

• Exkurs: Prinzipien der Schreibungo Gelten noch heute Rechtschreibreform,…o Phonologisches Prinzip (Aufzeichnungsfunktion)

1)Phonematisches P. Zuordnung Phonem – Graphem (Lautung-Schreibung)

2)Syllabisches Prinzip• Richtet sich nach Silben der Wörter Sprechen

3)rhythmisch-intonatorisches Prinzip• Entscheidet über Interpunktion, Tonhöhenverlauf,

Zeichensetzung,…o Semantisches Prinzip (Erfassungsfkt.)

1) ---- 2) Morphematisches Prinzip

• Richtet sich nach Bau der Wörter (Trennung,..) Wortbildung entscheidend

3) Lexikalisches Prinzip• Wortklassen• Groß-/Kleinschreibung

o im Dunkeln tappen• Getrennt-/Zusammenschreibung

o alleinstehend, allein stehend

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Die Sprache im Nationalsozialismus: - ausgewählte Lexik

Organisationsstrukturen: SA, SS ,SD, Gestapo, BDM, HJ, Führer, Gauleiter,

Nationalismus: Volk, Nation, Deutschtum, Nationalsozialismus, Volksgemeinschaft

Verharmlosende Semantik: abholen, betreuen, sich melden müssen

Suggestion von Gemeinsamkeit: wir, unser, jeder, alle

Kollektiver Singular: der Jude, der Germane, der Deutsche (Stereotypisierung)

Biologische Metaphorisierung: Parasitenvolk, vegetieren, Rasse, Bazillus

Euphemisierung: Euthanasie, Desinfektion, Frontbegradigung, Endlösung

Religiosität: Vorsehung, Segnung, Opfer bringen, Heil

Archaisierung: Germanentum, Stämme, Herold

Bildhafte Diskriminierung: Schlitzaugen, polnische Wirtschaft, gelbe Gefahr

Antisemitismus: Blutjude, Rassenschande, Untermensch, Sozialparasit

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Material (LSF; G. Ros)

Zusammenfassung: Das Frühneuhochdeutsche (1350 – 1650)

(Zu den verschiedenen Periodisierungen: s. einzelne Sprachgeschichten u. a. im Handapparat)

Frnhd. hauptsächlich geprägt von den Sprachen der Städte, dem Einfluss der großen Kanzleien, der Erfindung des Buchdrucks,der Bibelübersetzung Luthers

Frhnd. ist eine Sprache der Übergangszeit (vom Mhd. zum Nhd.): keine einheitl. Orthographiekeine einhetliche Flexionkeine einheitl. Syntax

Latein fungiert als überdachende KulturspracheEs existieren heterogene Kommunikationsgemeinschaften

Wichtige hist. Ereignisse dieser Zeit:ReformationGegenreformationBauernkrieg30-jähriger Krieg

13./14. Jh.: - Aufschwung durch zahlreiche Städte- und Universitätsgründungen - Beginn eines sozialen, politischen und wirtschaftlichen Wandels - Ausweitung von Handel und Gewerbe - Gründung der Hanse etc.

Mitte des 14. Jhs: setzen Bestrebungen zur Entwicklung einer deutschen Standardsprache ein, Bemühungen um eine überlandschaftliche Schreibsprache bzw. eine gemeinsame Schriftsprache:erste sogen. überregionale Kanzleisprachen: z. B. Prag, Wien, Leipzig, Erfurt, Meißen,Ende des 14. Jhs Übergang vom Pergament zum Papier und Buchdruck lösen z. T. Handschriften ab – es entstehen verschiedene Druckersprachen, z. B. Augsburg, Nürnberg, Wittenberg.

Um 1500 existieren 5 größere Schreibsprachen auf deutschem Gebiet:die mittelniederdeutsche Schreibsprachedie Kölner S.die ostmitteldeutsche S. (das Meißnische)die südöstliche S. (das Gemeine Deutsch)die südwestliche S.

Ende des 16. Jhs setzt sich der Schreibgebrauch des Ostmitteldeutschen oder des Gemeinen Deutsch durch (Übersicht zu Sprachgebieten, Sprachlandschaften und Kanzlei- bzw. Druckorten – s. Wolff, S. 110), Ende der frnhd. Zeit gleichen sich beide Schreibsprachen anTextsorten dieser Zeit: s. Wolff, S. 104)

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Zum Einfluss Luthers auf die Sprachentwicklung:Bibelübersetzung: Neues Testament 1522, Altes Testament 1523, 1534 erscheint Gesamtausgabe in Wittenberg„Sendbrief vom Dolmetschen“ (1530)SprichwortsammlungL.s Vorbild war die gesprochene Volkssprache, bemühte sich um klaren, verständlichen Stil, bevorzugte Stilmittel der Rhetorik, besaß außergewöhnlich großen Wortschatz, bildete viele neue Wortkonstruktionen. Seine Sprache gewinnt an normativer Kraft, seine Übersetzung wird auch zur Norm für GrammatikerGroßer Einfluss der Reformation auf Geschichte der deutschen Sprache: Deutsch wird Sprache der Bibel und des theologischen Disputs neben einer erheblichen Zahl neuer Texte zur biblischen Wissensliteratur, Latein wird mehr und mehr zurück gedrängt als „Sprache der Päpste“, Deutsch wird auch nach und nach zur Sprache des Gottesdienstes

Einfluss des Humanismus auf die Sprachentwicklung:H. = geistige Strömung aus Italien zu Beginn der frnhd. Zeit, strebt neuen vom lateinischen Ideal beeinflussten Sprachstil an, festigt einerseits die Stellung des Lateinischen, bemüht sich andererseits um die Erneuerung der deutschen SpracheZiele: u. a. Anreicherung des deutschen Wortschatzes durch Synonyme, Erneuerung der Syntax3. lateinische Entlehnungswelle: Bereicherung des Wortschatzes durch Entlehnungen aus dem Lateinischen, z. T. auch aus dem Griechischen über das Lateinische (Näheres s. Stedje, S. 132 und Wolff, S. 117)Weitere Entlehnungen aus dem Italienischen (Handel, Bankwesen, Musik) (Näheres s. oben)

Leistung der Grammatiker zur Herausbildung einer deutschen Standardsprache:Erste Grammatiken vermittelten vorwiegend religiöse und national geprägte Inhalte und erst in zweiter Linie Wissen um grammatische Systeme; sie waren Lese- und Schreiblehren mit religiös-didaktischem Hintergrund.(vgl. z. B. Valentin Ickelsamers „Teutsche Grammatica“ (um 1537)

Erst in der 2. Hälfte des 16. Jhs bildete sich ein neuer Grammatiktypus heraus, z. B. von Laurentius Albertus (1573), Albert Ölinger (1573), Johannes Clajus (1578)Diese widmeten sich der deutschen Sprache als Gesamtkomplex, stellten aber dennoch einen Rückschritt in gramm.-theoret. Hinsicht dar.Die ersten Grammatiken sind in lateinischer Sprache verfasst und stehen somit in der Tradition des Humanismus, sie gehen vom Bau der lat. Grammatik aus und verwenden für die Beschreibung des deutschen Satzbaus lateinische Kategorien.Es wird zunächst keine Forderung nach einer deutschen Einheitssprache erhoben.Das ändert sich erst mit den Grammatiken der 1. Hälfte des 17. Jhs. Hier wären zu nennen:

Wolfgang Ratke (1571-1635), Georg Schottelius (1612-1676), Christian Gueintz (1592-1650)

Hier finden sich erste Bemühungen um eine Normierung der deutschen Sprache, wenngleich zunächst das Hochdeutsche noch als eine Art Fremdsprache angesehen wird.Hervorzuheben sind W. Ratkes (Didaktiker) Forderungen nach einer Bildungsreform, deren Gegenstand die Einführung des Deutschen als Unterrichtsprache sein sollte sowie auch die Beförderung des Deutschen als Muttersprache. Darüber hinaus forderte er eine Sprachregelung und -reinigung. Die Anregungen hierfür kamen aus den Niederlanden.

1641 erscheint Schottelius’ Werk „Teutsche Sprachkunst“ – 2 Grundtendenzen:

- Verwendung deutscher Kategorien statt lateinischer - vereinheitlichende Normierungen

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1663 erscheint Schottelius’ Hauptwerk „Ausführliche Arbeit von der Teutschen HaubtSprache“ als die bekannteste und bedeutendste Grammatik des 17. Jhs.Sch. hält allerdings Dialekte und gesprochene Sprache für nicht angepasste Ausdrucksformen, da sein Ansatz streng normativ ist. ‚Haubtsprache’ wird gleichgesetzt mit ‚Sprachrichtigkeit’.Trotzdem bilden die Grammatiken dieser Zeit einen wesentlichen Beitrag für die Schaffung einer Einheitssprache und legen den Grundstein für Sprachpflege bzw. Sprachnormierungsbestrebungen

Wichtigste sprachliche Neuerungen im Frühneuhochdeutschen:

1. Frühneuhochdeutsche Diphthongierung: [i:] › ei (beginnt im frühen Mhd. – 12. Jh.) [y:] › eu [u:] › au 2. Mitteldeutsche Monophthongierung: ie › [i:] (beginnt im 11.-12 Jh.) uo › [u:] üe › [y:] 3. Vokaldehnung: Dehnung kurzer Vokale in offenen Silben: Dehnungszeichen sind variant: entweder keine Bezeichnung (Los) oder Dehnungszeichen h, i oder e

4. Rundung (helle › hölle) und Entrundung (küssen › nhd. Kissen)

5. Assimilation (kumber › kummer)

6. Flexion: - Umlaut wird häufiger zum Pluralmorphem - Ausbreitung de er- Plurals

- neue Pluralsuffixe: -e und -en - Herausbildung der gemischten Deklination - Vereinheitlichung von Personalendungen (Ausgleichstendenzen)

7. Orthographie: -Varianten in der Vokallänge (s. o.) - Konsonantenhäufung - Varianten in der Silbentrennung und bei Abkürzungen - allmähliche Großschreibung - ungeregelte Interpunktion

8. Syntax: angelehnt an lateinisches Vorbild (Lehnsyntax): (zunehmend hypotaktischer Satzbau, allmähliche Festigung der Wortstellung etc.)

(ausführlicher und weitere Beispiele: siehe Sprachgeschichten, auch im Handapparat)

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Zusammenfassung: Die neuhochdeutsche Zeit

1650 – 1920

politisch-soziale, wirtschaftliche, kulturelle Lage nach 1650:Folgen des 30-jährigen Krieges: Zerfall der religiösen Einheit, wirtschaftliche Stagnation,

Bevölkerungsschwund, Verschlechterung der Lebensumstände, Krisen im Denken,Hierarchisierung: Fundierung des Absolutismus → Festigung der Standesschranken, Adel

wird Führungselite,Zentralisierung: Streben nach Vergrößerung des Marktes bei gleichzeitiger Stärkung der

Territorialgewalt,Säkularisierung: politische Koexistenz der großen Religionen, Ende der Gegenreformation,Frankreich gewinnt Oberhand in Europa (Ludwig XIV),Alamodezeit (Orientierung in Mode, Kultur, Sprache am Französischen)

1650 – 1770

Barock: es regieren Pomp und Pathos, stilisierte Nachahmung der Natur, ausgeprägte Rhetorik,

Aufklärung: Orientierung an den Kategorien Vernunft und Moral, Bekämpfung des Aberglaubens, Dominanz der Ratio, Versuch, Empirismus und Rationalismus zu vereinen (Descartes, Locke, Bayle, die Enzyklopädisten Diderot und D’Alembert);Vorläufer der Aufklärung in Deutschland: Leibniz (will Sprache logisieren, strebt Universalsprache an, gegen Sprachmengerei; Wegbereiter: Thomasius (verkündet praktische Liebesethik und Sittenlehre, „moralische Wochenschriften“);Höhepunkt: Wolff (perfekte Ordnung der Begriffe, Urteile und Schlüsse nach dem Vorbild der Geometrie);Hochaufklärung: Lessing, Wieland, Klopstock)

Sprachentwicklung:

im 18. Jh. Ausgleichsprozess zwischen Sprachlandschaften fast abgeschlossen,1750 Wende zum neueren Hochdeutsch,Deutsch verdrängt Latein, wird zur Vorlesungssprache,Syntax: Parataxe, Hypotaxe als gängige Satzverbindungen,Wortschatz: Entlehnungen v. a. aus dem Französischen, Italienischen,

daneben lat. und griech. Wortgut, Entw. des Fachwortschatzes,noch keine einheitliche Schreibung, Komma verdrängt die Virgel,keine normierte Aussprache,Stilbesonderheiten.: Bildlichkeit, z. B. Metaphorik, Allegorien, Hyperbolik, Antithesen,

Wortspielviele Funktionsverbgefüge entstehen,neue Komposita, auch Ableitungen und Präfigierungen, Bildung zahlreicher Abstrakta, Abbau morphologischer Varianten,Vereinfachung der Konjugation

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Sprachnormierung: Grammatiken, Sprachlehren und Wörterbücher: u. a.J. G. Gottsched: „Grundlegung einer deutschen Sprachkunst...“J. Ch. Adelung: „Umständliches Lehrgebäude der deutschen Sprache“, „Deutsche

Sprachlehre, zum Gebrauch...“, „Grammatisch=kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger ...“ u. a. m.

Sprachpurismus, Sprachpflege, Sprachkritik

Beweggründe: - Wunsch nach sprachlich-kultureller EmanzipationHerausbildung eines NationalbewusstseinsReinheitsidealismusWider fremde Sitten und Wörter, v. a. aus dem Lat., Griech., Ital., Franz.Legitimation der Muttersprache

1630 – 1679 = aktivste Phase: Neben Fremdwortablehnung auch Stellung gegen Archaismen, Vulgarismen, Neologismen, Forderung nach Normierung der Muttersprache, Kodifizierung einer Standardsprache;Entstehung zahlreicher Sprachgesellschaften: bekannteste: Fruchtbringende Gesellschaft (später Palmenorden) (Mitglieder u. a. L. von Anhalt-Köthen, C. v. Teutleben, K. Stieler, J. G. Schottelius, M. Opitz, Ph. v. Zesen, G. Ph. Harsdörffer, A. Gryphius),weitere: Teutschgesinnte Genossenschaft (gegr. von Ph. v. Zesen), Peginesischer Blumenorden (gegr. von Harsdörffer) – weitere. s. Literatur;Leistungen: neben verunglückten Eindeutschungen auch zahlreiche heute gebräuchliche Wörter eingeführt Übersetzungen und Lehrbücher zur Dichtkunst, Grammatiken, WörterbücherSpätere Sprachkritiker bzw. um Sprachnormierung bemüht: Leibniz, Thomasius, Wolff, Gottsched, Adelung, Hamann, Herder, Lichtenberg, Campe, Jochmann, Wustmann, Karl Kraus, nicht zu vergessen die Dichter Goethe und Schiller

in Verbindung mit einem aufkommenden Nationalismus: F. L. Jahn, G. Fichte, E. M. Arndt; 1885 Gründung des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins (Riegel, Sarrazin, Dunger): (geht gegen alles Nichtdeutsche vor, fördert auch Militarisierung der Sprache)

wichtiges Ereignis für Herausbildung der deutschen Nationalsprache: 1871 Reichseinigung

1947 Gründung der Gesellschaft für deutsche Sprache“ mit neuen Programmen und Zielen

1770 –1830Klassik:Politische, wirtschaftliche, kulturelle Hintergründe:1800 frühe Industrialisierung: neue technische Erfindungen ( Dampfmaschine, Webstuhl,

Entstehung des Manufakturwesens,Einfluss der Französischen Revolutuion (begünstigt Reformpolitik in Preußen): neue

Bildungswege, neues Nationalbewusstsein,

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stärkeres Lesebedürfnis,Ausbildung eines humanistischen Bildungsideals (federführend: W. v. Humboldt)Vorstellungen von einer deutschen Kulturnation

Sprachentwicklung

dichterischer Sprachstil (vgl. Goethe, Schiller),klare Formen, klarer Stil, reicher Wortschatz,Wortschatz geprägt u. a. von Politik, Industrialisierung, Sport, Gesellschaftsleben (v. a.

Entlehnungen aus dem Englischen),Internationalismen (durch das Englische und Französische entstanden)

Romantik: - Sprache: gefühlsbetont, bildhaft, Vorliebe für das Geheimnisvolle,Losungs- und Schlüsselwörter (Näheres s. nächstes Handout)

1830 – 1920

Beginn der jüngeren Neuzeit – Entstehung einer Bürgerkultur,Weg zur Herausbildung der neuhochdtsch. Standardsprache im Wesentlichen abgeschlossen,für die Sprachentwicklung prägende politische Ziele und Ereignisse:Überwindung der nationalen Zersplitterung DeutschlandsKampf gegen die FremdherrschaftReformbewegungen (Freiheitskriege)Oppositionsbewegung im Vormärz (1838-1848)

Stärkung des Bürgertums, begünstigt durch die von England ausgehende Industrialisierung,in der Folge: Verstädterung, veränderte kommunikative Bedingungen (Herausbildung eines politischen Wortschatzes (Parteien, Gewerkschaften), Technisierung (Fachsprachen),die Zeit kennzeichnende Schlüsselwörter: Industrialisierung, Modernisierung, Urbanisierung, Demokratisierung, Ideologisierung

Bildungsbestrebungen: Ausbau des Schulsystems, Lesebedürfnisse steigen,Literaturverbreitung: Massenpresse (Unterhaltungspresse, Familienblätter), satirische Schriften, Gründung des Ph. Reclam Verlags

1871 Einheit Deutschlands als wichtigster Einschnitt für die nationale, wirtschaftliche und sprachliche Entwicklung – erfordert reichseinheitliche Normen in Aussprache, Schreibung, Grammatik und Wortschatz)

mit der Gründung des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins flammt Purismus erneut auf

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Zusammenfassung: Die neuhochdeutsche Zeit

1920 - 1933

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts: 3 Existenzformen der Sprache

Schrift- bzw. Hoch- bzw. StandardspracheMundarten (älteste Existenzform): großräumige Dialekte und OrtsmundartenÜberregionale Umgangssprachen

Mit Durchsetzung der Standardsprache verlieren Mundarten und Umgangssprache(n) ihre Bedeutung als vorrangige Kommunikationsmittel

Standardsprache hat höchstes gesellschaftliches Prestige – setzt sich zuerst in den Städten durch, gilt als Vorbild für Sprachrichtigkeit

Umgangssprache zwischen Mundart und Standardsprache angesiedeltSprache niederer sozialer Schichten – gilt als Soziolekt, um 1900 das am häufigsten gebrauchte Kommunikationsmittel, regionale Umgangssprachen – in Nähe zu den Dialekten

Situation nach 1920:

Schwankungen zwischen Krisen und Konjunkturen, negative Folgen des II. Weltkriegs:Instabilität der pol., wirtschaft. und sozialen EntwicklungAbwanderung vom Land in die Städte – Veränderung der sozialen SchichtungenIndustrielle Revolution befördert Veränderungen in sozialen und damit kommunikativen Verhältnissen

Sprachliche Veränderungen:

Ausbau des Wortschatzes vor allem auf den Gebieten der Technik und PolitikDurch Varietätenverschiebung verändert sich auch Syntax (beeinflusst durch Mündlichkeit):Dominanz einfacher Sätze, Ellipsen, parataktischer Satzverknüpfungen, Zunahme substantivischer Wortgruppen, verstärkter Gebrauch von Funktionsverbgefügen (z. B. ‚unter Beweis stellen’)Wortbildung: Zunahme der Kompositionskonstruktionen, u. a. Mehrfachkomposita, als Folge: Wortkürzungen (Silben-, Initialwörter etc.)Morphologie: weiterer Formenausbau: zunehmend s-Plural, im Zuge der Entwicklung vom synthetischen zum analytischen Sprachbau vermehrt präpositionale Fügungen anstelle der reinen Kasus (‚sich erinnern an jmdn’, ‚das Buch von jmdm.’)

Die deutsche Orthographie und ihre Geschichte

vor 1500 erhebliche Schwankungen in der Schreibung, u. a. durch territoriale Varianten(vgl. Sprachentwicklung vor 1500)

Im Frühneuhochdeutschen: Vielfalt an Schreibvarianten (z. B. Dehnungszeichen, Buchstabenverdreifachung)nach W. Fleischer: 4 Variantengruppen:

fakultativ: geben-gebenn, kombinatorisch: vnnd (Initialstellung), dagegen hunt (Medialstellung)wort- und formgebunden: th vor Vokal (Thür, Thor)stilistische varianten

Frühneuhochdeutsche Schreibung ist stark vom phonematischen Prinzip geprägt, Grund:

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Verdeutlichung von Diphthongierung, Monophthongierung, Vokaldehnung und –kürzung, Rundung und EntrundungNach phonematischem Prinzip greift allmählich auch das morphematische Prinzip, insbesondere zur graphischen Fixierung des Umlauts, der grammatische Funktion erhältZeichensetzung erfolgte zunächst nach dem rhythmisch-intonatorischen Prinzip, später dem syntaktischen Prinzip Punkt als Satzzeichen wird Anfang des 16. Jahrhunderts üblich, ebenso die Majuskelschreibung am Satzanfang, darüber hinaus galt das Prinzip: Schreib wie du sprichst

Ausgewählte orthographische Abhandlungen: Grammatik von Ickelsamer, 1531 Frangk „Orthographia deutsch“, Abhandlungen von Opitz, weiteren Mitgliedern der Sprachgesellschaften, von Ratke, Gueintz, Schottelius u.a.

Im 17. Jahrhundert wurde auch etymologisches Prinzip berücksichtigt: Ursprung und Stämme der Wörter, d. h. Vermischung diachroner und synchroner Aspekte der Schreibung

18. Jahrhundert war geprägt von der Aufklärungsbewegung:Deutsch hatte sich als Unterrichtssprache weitgehend etabliertSchreibgebrauch orientierte sich teilweise an SchriftstellernBedeutendster Vertreter der Orthographietheoretiker war Hieronymus Freyer „Anweisung zur Teutschen Orthographie“ (1722): forderte u. a. generelle Majuskelsetzung am Satzanfang, ersetzte Virgel durch Komma, Worttrennung sollte nach dem syllabischen Prinzip erfolgenWeiterer Höhepunkt in der Entwicklung: Schriften Adelungs: Orthographie wurde zum Bestandteil seiner Grammatiken, 1788 „Vollständige Anweisung zur Teutschen Orthographie“,trat für traditionelle Schreibung ein, wurde Vorbild für Dichter

19. Jahrhundert war entscheidende Etappe in der Orthographieentwicklung:Schulgrammatik orientierte sich im Wesentlichen an Adelungs Schreibung, K. F. Becker räumte der Lautung den Vorrang ein (Orthographie war ein Bestandteil seiner Grammatik zur Satzgliedlehre), begründete die Interpunktion syntaktischIn der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft begann grundsätzliche Auseinandersetzung mit Adelungs Orthographie1822 trug J. Grimm seine Positionen zur Schreibung vor: Einfachheit, unabhängig von Mundarten, kein Eingriff in die natürliche Sprachentwicklung, damit Ablehnung von Schreibprinzipien und RegelapparatenDevise der historischen Richtung: „Schreib, wie es die geschichtliche Fortentwicklung des Neuhochdeutschen verlangt“, das bedeutete Orientierung am Mittelhochdeutschen1855 widersprach Rudolf Raumer den historischen Ansichten und entwickelte theoretische Positionen für eine phonetische Ausrichtung – sein Prinzip: „Bringe deine Schrift und deine Aussprache in Übereinstimmung“ – dies wurde allgemein anerkannt und führte zu zwei Strömungen:1. die radikale: ausschließlich synchron orientiert: Angleichung von Lautung und Schreibung (u.a Fricke)2. die gemäßigte: Vereinfachung der Phonem-Graphem-Beziehung, etymologisches Prinzip nicht ganz unberücksichtigt lassen (u. a. Wilmanns, Raumer, Duden)

1872 Tagung zur Orthographie in Dresden: Raumer wurde mit der Ausarbeitung eines Regelwerkentwurfs beauftragt1876 I. Orthographische Konferenz: Vorschläge Raumers wurden mit geringfügigen Änderungen angenommen, ihre Einführung in die Schule wurde jedoch abgelehnt1879 erschien die erste Schulorthographie in Bayern1880 erarbeitete Wilmanns eine preußische Schulorthographie und auf Vorschlag Wilmanns’ auch Konrad Duden „Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache“1901 eine weitere Konferenz über Maßnahmen zur Kodifizierung einer einheitlichen Schreibung, Regeln wurden festgelegt1920/21 Vorlage eines neuen Reformprogramms auf der Grundlage der 1876 unterbreiteten Vorschläge zu Großschreibung und Dehnungszeichen

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1931 Vorlage des Erfurter Rechtschreibprogramms (u. a. Forderung nach gemäßigter Kleinschreibung)1933 ff. keine Orthographiedebatten, Thematik galt als kriegsunwichtig1945 Neubeginn der Orthographiedebatte (zu Kleinschreibung und Abschaffung redundanter Dehnungszeichen) – die Pläne scheitertenWeitere Sitzungen: 1952 in Konstanz, 1953 in Salzburg und Schaffhausen, 1954 in Stuttgart(Debatten u. a. um Phonem-Graphem-Beziehung und Kleinschreibung), Verhandlungsteilnehmer aus Bundesrepublik, DDR, Schweiz Österreich)Aufgrund des Kalten Krieges wurde keine Einigung erzielt1996 Rechtschreibreform, der zwei Wiener Konferenzen voraus gingenUnterzeichnung der „Gemeinsamen Absichtserklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“, geplante Umsetzung bis 2005, viele Proteste folgten, es kam darauf hin zu Nachbesserungen und die Übergangszeit wurde von 2005 auf 2007 verschoben2006 weitere Änderungen zur Getrennt- und Zusammenschreibung und Fremdwortschreibung

Aussprache und ihre Normierung

17. Jahrhundert: nach Schottelius sollte Hochsprache über Mundarten stehen Ratke wollte das Meißnische als Vorbild18. Jahrhundert: Sachsens Macht geht Ende des Jhs. zurück und verliert zu Gunsten Preußens seine Vormachstellung und somit ist das Sächsische auch nicht mehr VorbildJahrhundertwende: Bühnensprache soll nach Seume Norm für die Aussprache werden1898 unter Leitung von Siebs Beratung mit Bühnenvertretern über mögliche Aussprachenor- men1912 Vietor: „mustergültig gearbeitetes Deutsches Aussprachewörterbuch“ (fand Beachtung in Rundfunk und Tonfilm1964 „Wörterbuch der deutschen Aussprache“ (Duden Leipzig)1969 erschien letzte Auflage von Siebs’ „Deutsche Aussprache“Neue Etappe beginnt mit der Gründung der Rundfunkgesellschaft 1925 und dem Fernsehen (1952 - 1955): Vermittlung der Standardsprache durch ausgebildete Sprecher

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Sprachtypen:

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Universalsprache

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Wortschatz 17./18. Jahrhundert

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Wortschatz im 19. Jahrhundert

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Wortschatzerweiterung

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Sprachlandschaften: