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Gemälde Alter Meister Lot 3001 – 3072 AUKTION Freitag, 1. Oktober 2021, 14.00 Uhr VORBESICHTIGUNG Freitag 24. bis Dienstag 28. September 2021, 10–18 Uhr English descriptions and additional photos: www.kollerauctions.com Stéphanie Egli Tel. +41 44 445 63 32 [email protected] Karoline Weser Head of Department T el. +41 44 445 63 35 [email protected] Laura Järmann Tel. +41 44 445 63 31 [email protected] Hannah Wepler Tel. +41 44 445 63 62 [email protected]

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Gemälde Alter MeisterLot 3001 – 3072

AUKTION Freitag, 1. Oktober 2021, 14.00 Uhr

VORBESICHTIGUNG Freitag 24. bis Dienstag 28. September 2021, 10–18 Uhr

English descriptions and additional photos:

www.kollerauctions.com

Stéphanie Egli Tel. +41 44 445 63 32 [email protected]

Karoline Weser Head of Department Tel. +41 44 445 63 35 [email protected]

Laura Järmann Tel. +41 44 445 63 31 [email protected]

Hannah Wepler Tel. +41 44 445 63 62 [email protected]

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3001*PERE LEMBRI(tätig in Morella und Tortosa um 1399–1421)Apostel Matthäus. Um 1410.Öl auf Holz. Auf Schriftrolle bezeichnet: Sanctam ecclesiam cato-licam santorum comunionem.111,7 × 48 cm.

Provenienz:- Dr. E. Tüscher, Nr. 43 (verso mit Etikett).- Privatsammlung Salzburg.- Europäischer Privatbesitz.

Mit einer ausführlichen kunsthistorischen Analyse von Prof. Dr. Gaudenz Freuler, August 2021.

Vorliegende auf Goldgrund gemalte Tafel zeigt einen in einen roten Mantel gekleideten heiligen Apostel mittleren Alters. Er erscheint auf einer Blumenwiese, die im Hintergrund von einem dunkeln Wald hinterfangen wird. In seiner Hand hält er als Zeichen seines Martyriums ein Messer, während er mit seiner rechten Hand eine Schriftrolle hält, die das neunte Glaubensbekenntnis ([Credo in] sanctam ecclesiam catolicam santorum comunio-nem) enthält. Ohne Kenntnis des zyklischen Zusammenhangs dieser bislang unveröffentlicht gebliebenen Tafel müsste uns die Identität des Apostels verschlossen bleiben. Es handelt sich um den Apostel Matthäus, der zuweilen, wie hier, nicht mit seinem Evangelisten Symbol, dem Engel, sondern mit einem Dolch oder Messer dargestellt wird. Dies begründet sich damit, dass Matthä-us mitunter mit Legenden in Zusammenhang gebracht wurde, laut denen er – im Gegensatz zu jenen, die ihm einen natürlichen Tod zuschreiben – erdolcht worden sei. Die grosse, nach den ele-ganten ästhetischen Prinzipien der internationalen Gotik gemalte, sich durch beschwingt fliessende Draperien und ein markantes, etwas kantiges, leicht mürrischen Antlitz auszeichnende Apos-telfigur des Matthäus kann schlüssig der Hand des spanischen Malers Pere Lembrí zugewiesen werden. Ursprünglich wurde sein Œuvre unter dem Notnamen des Meisters von Albocàsser ge-führt, dem Chandler Rathfon Post eine Werkgruppe zugewiesen hatte (siehe Chandler Rathfon Post: A History of Spanish Painting, Bd. III: The Italo-Gothic and International Style, Cambridge, Mass. 1930, S. 112 ff.). A. José i Pitarch gelang es 1987 und 2004 überzeugend den Künstler Pere Lembri zu identifizieren (zitiert in: Josep Guidiol und Santiago Alcolea i Blanch: Pintura Gotica Cat-lana, Barcelona 1987, S. 109–111 und Ausst.-Kat. Una memoria concreta, Pere Lembrí: Pintor de Morella y Tortosa (1399–1421), hrsg. von Antoni José I Pitarch, Morella 2004, S. 20 ff.)

Über Lembrís frühe Karriere ist wenig bekannt, obwohl traditionell angenommen wird, dass er in der Werkstatt von Lluís Borrassà (um 1360–um 1426), einem führenden katalanischen Maler des späten 14. und frühen 15. Jahrhunderts, ausgebildet wurde. Ab

1399 ist Lembrí durchwegs in der Region Maestrazgo dokumen-tiert, hauptsächlich in den Städten Morella und Tortosa, wo er als höchst produktiver und hoch bezahlter Maler großformatiger Retabel in Erscheinung trat (siehe Nicholas Herman, in: Late Me-dieval Panel Paintings, hrsg. von Susie Nash, Bd. II, London 2015, S. 15–16). Allerdings ist keiner seiner zahlreichen durch Archiv-dokumente überlieferten Grossaufträge sicher identifizierbar. Der jüngsten Ausstellung zu unserem Maler (siehe Pitarch, 2004) gelang es, einen Grossteil seines Œuvres auf aufgebrochene Altarwerke gigantischer Dimensionen zu verteilen.

Zu einem dieser riesigen hypothetisch, gleich wie arbiträr re-konstruierten Altarwerke (siehe Pitarch, 2004, S.187 ff.), nämlich zum grossen Altar des Credos, gehörte zweifellos auch das hier in Rede stehende Tafelbild mit dem Apostel Matthäus, dessen Schriftrolle sich auf das 9. Glaubensbekenntnis bezieht. Er fügt sich zyklisch, stilistisch, und was das Rahmenwerk und seine Dimensionen betrifft, nahtlos ein in die übrigen bisher bekannten Apostel Darstellungen, welche mit ihren Schriftrollen ebenfalls auf die Artikel des Credos hinweisen.

Diese vermutlich über die zwei untersten Geschosse des höchst-wahrscheinlich fünfgeschossigen Altarwerks verteilten Apostel dürften jeweils nach den ihnen zugeordneten Artikel des Credos angeordnet gewesen sein, genauso wie die in der oberen Hälfte figurierenden Bilder der zwölf Glaubensbekenntnisse. Der Altar setzte offenbar ausführlich Raimondo Martìs textliche Vorlage seiner im katalanischen Gebiet verfassten und dort besonders beliebten Schrift des Apostel-Credos, der Explanatio simboli apostolorum ad institutionem fidelium (1256–57) ins Bild (siehe Joseph M. March: “En Ramón Martí et la seva Explanatio simboli apostolorum”, in: Anuari de l’Institut d’Estudis Catalans 1908, S. 442–496). Mit der Wiederentdeckung unseres Apostels steht die Identifikation von nunmehr fünf weiteren Tafeln mit den restli-chen Aposteln aus. Nach Martìs Text müsste unser Apostel in der Apostelreihe an 9. Stelle figuriert haben. Dort verbindet Marti diesen mit Matthäus, sodass die Identität unserer Apostelfigur als Matthäus schlüssig gesichert ist. Dabei kann zyklisch wohl von 12 Aposteldarstellungen aber nicht von ebenso vielen Szenen für die zwölf Glaubensbekenntnisse ausgegangen werden. Diese Erkenntnisse müssten dereinst bei einem neuerlichen Versuch, dieses gigantische Altarwerk zu rekonstruieren, in die Überlegun-gen einfliessen. Die neu entdeckte, hier erstmals präsentierte Tafel mit dem Apostel Matthäus ist ein weiterer Schritt hin zu der Rekonstruktion eines der bedeutendsten Altarwerke Pere Lembrís und eines der Meisterwerke der spanischen Malerei der internationalen Gotik.

CHF 30 000 / 50 000(€ 27 780 / 46 300)

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3002*GIOVANNI DI SER GIOVANNI GENANNT LO SCHEGGIA(San Giovanni Valdarno 1406–1486 Florenz)Madonna mit Kind. 1430–35.Tempera auf Holz. 48,5 × 36,5 cm.

Gutachten:Angelo Tartuferi.

Provenienz:Europäischer Privatbesitz.

Das auf Goldgrund gemalte Andachtsbild in originalem Rahmen zeigt die Muttergottes und ihr Kind. Ihr Blick ist sanft auf ihr Kind gerichtet, das kindlich verspielt an seinem Daumen lutscht. Das hier erstmals gezeigte Tafelbild entstammt zweifellos der Kunst der florentinischen Frührenaissance und ist in der Bildwelt Masaccios (1401–1428) verankert. Dies überrascht kaum, denn der Autor dieser Tafel kann ohne Zweifel Masaccios um fünf Jahre jüngeren Bruder Giovanni di Ser Giovanni „detto Scheggia“ zugewiesen werden. Bevor er vermutlich mit der Werkstatt seines Bruders in Kontakt kam, dürfte „Scheggia“ im 2. Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts in der damals florierenden Werkstatt von Bicci di Lorenzo (1373–1452) ausgebildet worden sein. Noch 1421 ist er bei Bicci di Lorenzo erwähnt, doch 1426 reiste er nach Pisa, um im Auftrag seines Bruders Masaccio von Giuliano di Colino degli Scar-si einen Vorschuss zu empfangen, den dieser für ein bei Masaccio in Auftrag gegebenes Altarwerk für Santa Maria del Carmine in Florenz ausstehend hatte. Offenbar ist er zu diesem Zeitpunkt in die Werkstatt seines Bruders eingetreten. Masaccios Bildwelt ist sowohl in seinem Früh- als auch Spätwerk omnipräsent. Dies gilt für einzelne Bildmotive, die aus dem brüderlichen Bildrepertoire einflossen, gleich wie das in seinen Bildern erkennbare rationale Verhältnis zu perspektivisch durchdacht konstruierten Szenarien.

Im Verlaufe der 1430er-Jahre ist im Œuvre unseres Malers eine Wende zu beobachten, die versuchte, die verfeinerte Lichtma-lerei, wie sie von Fra Angelico (um 1395–1455) und Domenico Veneziano (um 1410–1461) vorgetragen wurde, umzusetzen. Vorliegendes Andachtsbild, das sich gegenüber den frühen Tafeln durch eine etwas verfeinerte und lichterfüllte Modellierung aus-zeichnet, erscheint uns so als Übergangswerk vom Frühwerk in die spätere Phase um 1440 und dürfte wohl zwischen 1430 und 1435 entstanden sein, womit wir das Werk etwas später ansetzen als Angelo Tartuferi, der in einer undatierten Expertise eine etwas frü-here Datierung zwischen 1425 und 1430 postulierte. Giovanni di Ser Giovanni, der später zum beliebten Cassone Maler avanciert, musste in Florenz als renommierter Künstler bis in die obersten sozialen Kreise vorgestossen sein, malte er doch 1449 für Piero di Cosimo de’ Medici (1416–1469) zur Geburt seines ältesten Sohns Lorenzo il Magnifico (1449–1492) einen Geburtsteller, der sich im Metropolitan Museum of Art in New York befindet.

Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Loses.

CHF 30 000 / 50 000(€ 27 780 / 46 300)

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3003ANTONIO MARINONI(tätig um 1470 Val Seriana 1542)Gegenstücke: Heiliger Hieronymus und Heilige Apollina. Um 1525–30.Öl auf Holz. Je 124,5 × 44 cm.

Provenienz:- Auktion Fischer, Luzern, 1943 (als B. Vivarini).- Schweizer Privatbesitz.

Literatur:Chiara Paratico: La bottega Marinoni, XV-XVI secolo, Albino 2008, S. 101.

Der heilige Hieronymus, einer der Kirchenväter, trägt hier den roten Mantel des Kardinalats und hält in seinen Händen das Modell einer Kirche. Die weibliche Figur hingegen stellt die heilige Apollina dar, die durch die Palme des Martyriums und der Jungfräulichkeit, das Gebetbuch und die große Zange gekennzeichnet ist, mit der ihr der Legende nach die Henker die Zähne gezogen haben (siehe G. Kaftal: Iconography of the Saints in the Painting of North West Italy, Florenz 1985, coll. 94–97).

Die beiden Heiligen, von denen der eine nach rechts und der andere nach links blickt, müssen den oberen Teil eines wohl zwei-stöckigen Altarwerks gebildet haben, wobei sich in der Mitte ein geschnitztes oder gemaltes Element befand. Die monumentale Struktur solcher Altarwerke war im Nordwesten Italiens zwischen dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts sehr beliebt: das grosse Polyptychon, das Vincenzo Foppa um 1490–1500 für die Kirche Santa Maria delle Grazie in Bergamo malte und das heute in der Pinacoteca di Brera in Mailand aufbewahrt wird, war das Vorbild für diese reiche regio-nale Produktion.

Unsere Tafeln lassen sich dabei stilistisch mit dem Altarwerk der Heiligen Petruskirche in Desenzano al Serio (Bergamo) verglei-

chen, das im frühen 16. Jahrhundert in der Werkstatt Marinonis entstanden ist (siehe C. Paratico: La bottega Marinoni, XV-XVI secolo, Albino 2008, S. 154–161).

Sechs weitere Tafeln könnten zu demselben Altarwerk gehört haben: eine Heilige Katharina von Alexandrien und eine Heilige Magdalena, die sich in der Sakristei der Kirche S. Alessandro della Croce in Bergamo befinden; ein Heiliger Sebastian (123 × 53 cm) und ein Heiliger Franz von Assisi (123 × 53 cm), die von Christie‘s in New York am 31.6.1989 (Los 111) als Schule von Bartolomeo Vivarini verkauft wurden; schliesslich ein Heiliger Rochus (110 × 54 cm) und ein Heiliger Bernhard von Siena (110 × 54 cm), die sich in einer Privatsammlung in Bergamo befinden (siehe F. Rossi: Pittura anonima bergamasca del primo Cinquecento, in: I pittori bergamaschi dal XIII al XIX secolo. Il Cinquecento, Bd. III, Bergamo 1979, S. 49, Abb. S. 69; C. Paratico, ebd. S. 193–197). Sollte diese Hypothese zutreffen, wäre der grösste Teil eines von den Marino-nis um 1525–1530 gemalten Polyptychons rekonstruiert, das laut Ikonographie für eine franziskanische Kirche bestimmt war; seine Zerstückelung wäre kurz nach 1798 erfolgt, dem Jahr, in dem die klösterlichen Orden und kirchlichen Besitztümer in den Gebieten der Cisalpinen Republik aufgehoben wurden.

Der aus Desenzano al Serio bei Albino (Bergamo) stammende Gi-ovanni Marinoni (urkundlich belegt ab 1455–gestorben vor 1508) war der eigentliche Gründer der Werkstatt, die er dann an seine beiden Söhne Bernardino (urkundlich belegt ab 1490–gestorben um 1530) und Antonio (um 1470–um 1542), der Maler unserer Tafel, weitergab. Dokumente belegen, dass letzterer in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts eine führende Rolle spielte, bevor er die Leitung an seine eigenen Söhne Ambrogio und Fran-cesco übergab.

Wir danken Prof. Mauro Natale für seine wissenschaftliche Unter-stützung bei der Katalogisierung dieses Loses.

CHF 20 000 / 30 000(€ 18 520 / 27 780)

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3004MEISTER DER TEMPERE FRANCESCANE(tätig in Neapel um 1320–1360)Heiliger Jakobus. Um 1355–60.Tempera und Goldgrund auf Holz. 25,6 × 19 cm.

Provenienz:- Europäische Privatsammlung.- Schweizer Privatsammlung.

Mit einer ausführlichen kunsthistorischen Analyse von Prof. Dr. Gaudenz Freuler, Februar 2021.

Das aus einem grösseren Zusammenhang stammende kleine Tafelbild zeigt in frontaler Ansicht die Figur des Apostels Jakobus des Älteren. In ein lila Kleid mit Goldbordüren gekleidet, über das ein in elegantem Faltenwurf fallender Mantel geschlungen ist, sucht der Heilige mit fixierendem Blick die Aufmerksamkeit des Betrachters. In seiner Linken hält er den Pilgerstab samt Tasche mit seinem traditionellen Emblem der Muschel, während er mit der anderen Hand die Bibel hält. Die Tafel lässt gemäss Prof. Gaudenz Freuler stilistische Eigenheiten erkennen, die sich aus einer früheren, aus Giotto (ca. 1265–1337) und später zusätzlich aus Simone Martini (1284–1344) entwickelten Kunst herleiten lassen und sich unverkennbar mit der neapolitanischen Malerei um 1350–60 verbinden.

Die höchst elegante Darstellung des etwas verträumt wirkenden Apostels Jakobus d. Ä. lässt stringente Anklänge an das spätere Œuvre eines in Neapel tätigen Malers, des sogenannten „Meis-ters der Tempere Francescane“, erkennen. Dieser gehörte um 1340 zu den Protagonisten der damals für den Hof der Anjou tätigen Künstler und seine Dienste waren auch im süditalieni-schen Umland sehr gefragt. In der Folge wurde dieser Maler mit Pietro Orimina (tätig um 1330–ca. 1360), dem Vater des damals berühmtesten neapolitanischen Buchmalers des Anjou Hofs, Cristoforo Orimina (1335–ca. 1370), identifiziert. Gleich wie andere Zeitgenossen unseres Malers, wandte er sich nach einer anfänglich eher von Giotto beeinflussten Phase zunehmend der gotischen Eleganz von Simone Martinis Kunst zu, welche die Erscheinungsbilder mit einer höfischen Eleganz verfeinerte. Simone Martinis Werke kannte unser Maler aus erster Hand, denn der grosse sienesische Maler stand bereits im zweiten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts am Anjou Hof in Neapel in hohem Ansehen. Simones Kunst sollte in der Folge am Hof der Anjou in Neapel und dem alliierten päpstlichen Hof in Avignon stilbildend werden (siehe Vergleichsbeispiele Analyse Freuler, 02.2021, fig. 13), was nun auch augenscheinlich für das hier in Rede stehende Gemälde mit dem Jakobus d. Ä. zutrifft.

Die elegante Heiligenfigur erscheint auf Goldgrund innerhalb ei-nes mit Sticheltechnik gemusterten Rahmenbandes, das Simone Martinis gegen 1340 gemalte punzierte Tafeln nachempfindet. Ähnlich gestaltete unser Maler auch für ein stilistisch verwand-tes in seiner dekorativen Pracht aber in etwas opulenterer Form vorgetragenes Madonnenbild, das anlässlich der Auktion in New York (Sotheby‘s, 31.1.2013, Los 16) Prof. Freuler dem Meister der Tempere Francescane zugewiesen hatte. Gleich wie bei der Madonna erkennen wir auch hier die für das Spätwerk unseres Malers typischen Verfeinerungen in der Körper- und Gesichtsbil-dung. Der Jakobus erscheint als schlanke gestreckte Gestalt, mit schmalen, etwas herabhängenden Schultern und dem typischen gelängten, mageren Gesicht, dessen Inkarnat mit feinsten tona-len Übergängen ausgearbeitet ist. Diese gelängten, elliptischen, sich durch eine hohe Stirnpartie auszeichnenden Gesichter, die auch in den Figuren seines berühmten, ca. 1345 gemalten Altar-werks von Ottana und im Freskofragment in Santa Lucia alle Malve in Matera ähnlich wiederkehren, lassen sich auf Typen herleiten, wie sie Simone Martini in seiner frühen Schaffensphase in der Unterkirche von San Francesco in Assisi und der imposanten Tafel des Ludwig von Toulouse in Neapel, also aus den Werken gegen 1315–1320, entwickelt hatte.

Aus der Werkstatt des Buchmalers Cristoforo Orimina ist in seiner letzten Schaffensphase der frühen 1360er-Jahre ein Missale (Avignon, Bibliothèque Municipale, Ms 138) hervorgegangen, dessen illuminierte Illustrationen ein stilistisch eng verwandtes Figurenrepertoire erkennen lassen, was sich beispielsweise am Vergleich unseres Jakobus mit der Figur der Heiligen Agnes einer Initiale N des erwähnten liturgischen Buches nachprüfen lässt. Dieser Stilvergleich mit einer Buchillustration der Werkstatt des Cristoforo Orimina bestätigt die Zuweisung unserer Tafel ins Milieu der Orimina, gleich wie auch die Identifikationsthese des Meisters der Tempere Francescane mit Cristoforo Oriminas Vater, Pietro Orimina, so zusätzlich bekräftigt wird. Unser subtil gemal-tes Tafelbild von bemerkenswerter künstlerischer Qualität reiht sich in das Spätwerk des Meisters der Tempere Francescane (alias Pietro Orimina) ein. Es dürfte ca. 1355–60 entstanden sein und präsentiert sich als seltene und zugleich bedeutende Erweite-rung des Werkkatalogs dieses erfolgreichen, am königlichen Hof der Anjou sehr gefragten Malers. Zugleich gewährt es uns einen neuen Einblick in das noch wenig erforschte Spätwerk unseres Künstlers.

CHF 28 000 / 35 000(€ 25 930 / 32 410)

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3005*SPANISCHER MEISTER, UM 1500–1520Beweinung Christi mit dem büssenden Heiligen Hieronymus.Öl auf Holz. 122,4 × 155 cm.

Mit kunsthistorischer Analyse von Dr. Michaela Schedl, 26.1.2021.

Provenienz:- Sammlung Professor Wedewer (1852–1922), Wiesbaden.- Auktion Lempertz, Köln, 25.11 1925, Los 233 (als Deutscher

Meister des 15. Jahrhunderts in Norditalien arbeitend).- Privatsammlung Süddeutschland, durch Erbschaft an die heuti-

gen Besitzer.

Dr. Michaela Schedl hebt in ihrer Untersuchung die eher seltene Darstellung der Beweinung Christi mit dem büssenden Heiligen Hieronymus hervor und vermutet im Austausch mit Dr. Sven Jakstat, dass die Tafel aus einem Hieronymitenkloster stammt. Hieronymiten sind Mitglieder eines iberischen Ordens, die vor allem in Spanien und Portugal seit dem 14. Jahrhundert Klöster gründeten mit dem Ziel, das Leben des Heiligen Hieronymus nachzuahmen. Stilistisch ist die Tafel in der Nachfolge von Juan de Borgona (um 1470–1536) um 1500–20 in Kastilien einzuordnen. Hierfür sprechen die hochdekorierten goldbrokatenen Gewänder der Figuren Josef von Arimathäa und Maria Magdalena. Der Maler arbeitete mit Gravierungen und Punzierungen in der grundierten Maloberfläche, die dem Brokatstoff mehr Plastizität verleihen.

CHF 10 000 / 15 000(€ 9 260 / 13 890)

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3006KASTILISCHE SCHULE, UM 1480Geburt Christi.Öl und Goldgrund auf Holz. 122 × 55,6 cm.

Provenienz:Schweizer Privatsammlung.

CHF 4 000 / 6 000(€ 3 700 / 5 560)

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3007*SCOLAIO DI GIOVANNI GENANNT MAESTRO DEL BORGO ALLA COLLINA(um 1370 Florenz 1434)Madonna mit Kind.Tempera und Goldgrund auf Holz. 101 × 54 cm.

Provenienz:Europäischer Privatbesitz.

Die Muttergottes und ihr Kind sitzen auf einem goldenen Kissen, das auf den von einem kostbaren Goldbrokat bedeckten Boden gelegt ist. Ihr Antlitz ist zärtlich dem auf ihren Knien sitzenden Je-susknaben zugewandt, der in seiner Linken eine Spruchrolle hält, in der die Worte des Johannes Evangeliums 14,6 EGO SUM VIA VERITAS (ET VITA – Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben) eingeschrieben sind. In der Predella des in Originalrahmung auf uns gekommenen Madonnenbildes ist in drei Medaillons der Pas-tiglia Dekoration die Darstellung einer Verkündigung zu erkennen.

Das anmutige, bisher noch nicht veröffentlichte Tafelbild ist ein typisches Produkt der spätgotischen florentinischen Malerei zu Beginn des 15. Jahrhunderts, die seit dem späteren 14. Jahrhun-dert zahlreiche vergleichbare Tafeln zur Privatandacht hervorge-bracht hatte. Der betont höfische Stil des Bildes entspricht einem ästhetischen Empfinden, das sich zu Beginn des 15. Jahrhunderts in Florenz einer grossen Beliebtheit erfreute und im Werk der damals führenden spätgotischen Maler Lorenzo Monaco (um 1370–1425) und Gherardo Starnina (um 1360–1413) einen kurzen Höhepunkt erreichte. Zweifellos steht das Tabernakel in engster künstlerischer Verbindung mit dem florentinischen Maler Starnina, der zu Beginn des 15. Jahrhunderts zusammen mit Lorenzo Mo-

naco in Florenz zum gefragtesten Maler avancierte. Unverkennbar liegt vorliegendem Madonnenbild die Bildwelt Starninas zugrunde, was schon allein am Madonnentypus und der gleichartig geläng-ten schlanken Figur des Jesusknaben leicht erkennbar ist.

In diesem Umfeld entstanden, weist Gaudenz Freuler dieses Andachtsbild mit Sicherheit Scolaio di Giovanni zu, dessen Kunst grundlegend aus Starnina schöpft. Unsere Madonna mit Kind hat Scolaio selbst ein weiters Mal – dort jedoch entrückt auf einer Wolke schwebend – eins zu eins für eine Tafel im National Muse-um katalanischer Kunst in Barcelona verbildlicht (Inv-Nr. 064969-000). Die schlank gestalteten Figuren, die lineare Dynamik des Faltenwurfs der Draperien, die ein höchst exquisit elegantes Erscheinungsbild erzielen, verbinden sich mit Scolaio di Giovan-nis Werken aus der späten Schaffensphase, die durch dessen datiertes Altarwerk (1423) in der Kirche von San Donato in Borgo alla Collina repräsentiert wird. Damit darf für unsere Tafel eine Datierung um ca. 1425 postuliert werden.

Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Loses.

CHF 40 000 / 60 000(€ 37 040 / 55 560)

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3008NERI DI BICCI(1418 Florenz 1492)Der Erzengel Gabriel. Um 1470–80.Öl auf Holz. 43 × 32,5 cm.

Provenienz:Schweizer Privatbesitz.

Mit einer ausführlichen kunsthistorischen Analyse von Prof. Dr. Gaudenz Freuler, August 2021.

Vorliegende noch unveröffentlichte Tafel der florentinischen Renaissance ist ein charakteristisches Werk des Florentiner Malers Neri di Bicci, des letzten Sprösslings einer berühmten flo-rentinischen Malerdynastie seit Lorenzo di Bicci (um 1350–1427). Der Malstil des Künstlers ist geprägt von der mittelalterlichen Goldgrundmalerei seiner Vorväter Lorenzo di Bicci und Bicci di Lorenzo (1373–1452). Gleichzeitig weist er auch eine Auseinan-dersetzung mit der Bildwelt der florentinischen Renaissance auf, insbesondere mit den künstlerischen Errungenschaften seiner moderneren Zeitgenossen, etwa eines Filippo Lippi (1457–1504) und Domenico Veneziano (1410–1461) – und am Ende seiner Karriere – des Andrea del Verrochio (1435–1488).

Das hier in Rede stehende Bild des Erzengels Gabriel – erkennbar am Lilienzweig – war einst Teil einer grösseren Altartafel, deren Szenario durch einen oben rechts noch sichtbaren hochgezo-genen Goldbrokat Vorhang illusionistisch enthüllt wurde. Solche Bildkonzepte wurden in der florentinischen Renaissance seit Filippo Lippi entwickelt. Demnach figurierte unser Engel Gabriel ursprünglich in der rechten Bildhälfte der vermutlich rechtecki-gen Tafel. Möglicherweise bildete unser Engel eine Einheit mit den beiden anderen Erzengeln Raphael und Michael, und liess ein Erscheinungsbild erkennen, wie es ähnlich von Neri di Bicci selbst auf seiner 1471 für Mariotto di Marco della Palla für Santo Spirito in Florenz gemalten Tafel (Detroit Institute of Arts, Inv.-Nr. 26.114) vorgebildet ist.

Das Bildthema der drei Erzengel erfreute sich im Laufe der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Florenz einer grösseren Beliebtheit. Die Entwicklung des florentinischen Erzengel Bildes im 15. Jahrhundert gipfelte um 1470 vermutlich in Verrocchios Werkstatt in einer höchst erfolgreichen Bilderfindung. Sie wurde in der Folge für die florentinischen Interpretationen dieses Bildt-hemas massgebend, was auch für Neri di Biccis Erzengel Bilder zutrifft. Daraus können wir schliessen, dass das vorliegende Bild im Verlaufe der 1470er-Jahre, also in einer späten Schaffenspha-se des 1491 verstorbenen Künstlers entstanden ist.

CHF 10 000 / 15 000(€ 9 260 / 13 890)

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3008A*GIOVANNI BATTISTA VOLPONI (tätig in Pistoia, frühes 16. Jh.) Madonna mit Jesuskind und Heiligem Franziskus und Bernhardin von Siena. Öl auf Holz. 125 x 124 cm.

Provenienz: Europäische Privatsammlung.

Das vorliegende Werk stammt von Giovanni Battista Volponi, genannt lo Scalabrino, wie Professor Mauro Lucco bestätigt. Lo Scalabrino war Schüler des Fra‘ Paolino da Pistoia (1488–1547), seinerseits Schüler des Fra‘ Bartolomeo (1472–1517). Des Weite-ren arbeitete Scalabrino mit Gerino da Pistoia (1480 – 1529), wes-halb seine Arbeiten auch den Einfluss romagnolischer Künstler, wie etwa den von Gasparo Sacchi da Imola (tätig um 1517–1536) aufweisen.

Weitere Arbeiten des Künstlers befinden sich beispielweise im Museo Civico in Pistoia (Fototeca Zeri, Nr. 37759), im Palazzo Arci-vescovile in Viterbo (Fototeca Zeri, Nr. 37763) und der Pinakothek in Parma (Inv.-Nr. 158, Kat.-Nr. 233).

Prof. Mauro Lucco bestätigt die Eigenhändigkeit dieses Gemäldes nach Untersuchung des Originals, wofür wir ihm danken.

CHF 20 000 / 30 000(€ 18 690 / 28 040)

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3009VINCENZO FOPPA (UMKREIS)(Bagnolo um 1430–1516 Brescia)Madonna mit Kind. Um 1500–1505.Öl auf Holz. 52,5 × 39,5 cm.

Provenienz:- Kunsthandel Luigi Grassi & Sons, Florenz (verso mit Etikett).- Privatsammlung Schweiz.- Auktion Dobiaschofsky, Bern, 6.–10.5.2015, Los 306.- Europäischer Privatbesitz.

Die als Halbfigur erscheinende Muttergottes steht vor einer Fens-teröffnung mit Ausblick in eine Hügellandschaft. Mit ihrer Rechten stützt sie den kleinen auf dem Gesims sitzenden Sohn, der in einem Buch blättert. Über Maria hängt als Zeichen ihrer Jungfräu-lichkeit eine Perlen Girlande, während auf dem Fenstersims eine Birne zu erkennen ist. Das aus Donatellos (1386 –1466) Madon-nenreliefs geschöpfte Konzept der an einem Fenster stehenden Madonna wurde von Vincenzo Foppa um ca. 1475 in die Malerei umgesetzt, als er seine berühmte Madonna del Libro (Museo d’ Arte Antica del Castel Sforzesco in Mailand, Inv-Nr. 305) malte. Sie diente offenbar als Modell für das hier in Rede stehende Madon-

nenbild, zumal hier auch die Perlengirlande – bei Foppa sind es Korallenperlen – mittradiert ist. Verändert ist hier auch das Motiv des Buchs, das nun nicht von Maria gehalten wird, sondern vom Jesusknaben durchblättert wird. Seine Pose, die im Unterschied zu Foppas Tafel nun nicht mehr in der klassischen aufrechten Hal-tung gezeigt ist, sondern lässig sitzend, ist ebenfalls mit Foppas Bildwelt verbunden.

Die Tafel lässt sich in der lombardischen Renaissance-Malerei ver-orten und wurde zu Beginn des 16. Jahrhunderts im Umkreis Vin-cenzo Foppas gemalt. Die Modellierung der Figuren lässt nichts mehr vom Charakter von Foppas Werken um 1470 erkennen und zeigt innerhalb des Inkarnats Anleihen an die Sfumatomalerei der späteren lombardischen Malergeneration.

CHF 10 000 / 15 000(€ 9 260 / 13 890)

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3010*LORENZO COSTA (ZUGESCHRIEBEN)(Ferrara 1460–1535 Mantua)Martyrium der Heiligen Katharina von Alexandrien.Tempera auf Holz. 39,5 × 28,8 cm.

Provenienz:Europäischer Privatbesitz.

CHF 15 000 / 20 000(€ 13 890 / 18 520)

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3013*JOHANN KREUZFELDER(1577 Nürnberg 1632)Bildnis einer Dame. 1626.Öl auf Leinwand. Oben rechts datiert und monogrammiert: 1626 JC (ligiert).79 × 63 cm.

Provenienz:Europäischer Privatbesitz.

Im ausgehenden 16. Jahrhundert war die Kunst der Niederlande das dominierende Vorbild der Nürnberger Porträtmaler. Mit Ni-colas Neufchâtel (1525/27–1573) und Nicolaus Juvenel d. Ä. (vor 1540–1597) hatten sich gleich zwei prominente, niederländische Künstler in der Reichsstadt niedergelassen. Unter ihrem Einfluss fand die hochentwickelte Antwerpener Bildnismalerei Eingang in die lokale Porträtmalerei und verhalf dieser zu einer neuen Blüte. Die Schüler Juvenels gehörten zu den erfolgreichsten und gefragtesten Porträtmalern der Stadt. Johann Kreuzfelder, Sohn eines Nürnberger Goldschmieds, absolvierte 1593 bis 1597 seine Lehrzeit bei Juvenel. 1603 schuf er die grossformatige Gedächt-nistafel der Familie Behaim in der Sebalduskirche. 1612 und 1617 porträtierte er die Nürnberger Ratsherren, danach war er u.a. für die Grafen von Oettingen und Hohenlohe-Langenburg als Porträtmaler tätig. Bereits seit Nagler (Monogrammisten, Bd. 2, 1860, S. 82) wird ihm von der Forschung das Monogramm „JC“ (für Johann Creutzfelder) zugewiesen.

Das 1626 datierte Gemälde zeigt eine Frau in mittlerem Alter im Brustbild vor grauem Grund. Ihr Oberkörper und Kopf sind leicht nach links gewandt, ihr aufmerksamer Blick ist zum Betrachter ge-richtet. Die Dame trägt ein schwarzes, mit zahlreichen Stickereien verziertes Gewand, ihr Haupt ziert ein entsprechendes Barett, unter dem die Haare zu einem Zopf geflochten auf den Rücken

fallen. Charakteristisch für Kreuzfelder ist die Zartheit seiner Malweise, besonders zu erkennen im weich modellierten Inkarnat der Porträtierten oder den feinmalerisch gestalteten weissen Spitzenbesätzen der üppigen Halskrause und der Ärmelaufschlä-ge. Eine prächtige, vielgliedrige Goldkette deutet auf den hohen sozialen Status der Porträtierten ebenso wie die mit Steinen besetzte, seitlich gegürtete Börse und die juwelenreichen Finger-ringe. Bemerkenswert ist der Ring am rechten Zeigefinger, der ein Allianzwappen präsentiert, das auf den verheirateten Status der Frau deutet. Da sich die Dame nach links wendet (und nicht, wie bei Einzelbildnissen üblich, nach rechts), existierte vielleicht ein zugehöriges Bildnis ihres Ehemannes. Das Wappen mit Helmzier in der rechten Bildecke konnte bisher nicht identifiziert werden.

Obwohl Kreuzfelder als Porträtist in den Quellen mehrfach be-zeugt ist, haben sich im Vergleich zu seinem Zeitgenossen und Kollegen Lorenz Strauch (1554–1630) nur sehr wenige Bildnisse mit Signatur erhalten. Ein monogrammiertes Herrenbildnis von 1623 befindet sich im Germanischen Nationalmuseum in Nürn-berg (Bildnis des Georg Volckamer von Kirchensittenbach, Inv.-Nr. Gm 715), ein weiteres signiertes Herrenporträt im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg (Bildnis eines Mannes von 1623, Inv.-Nr. G 112). Auf einem Gemälde der Kunstsammlung der Stadt Nürnberg (Fembohaus, Porträt des Bartholomäus Viatis, 1614), das stilistisch und malerisch dem Frauenporträt sehr nahesteht, konnte nach einer 2010 erfolgten Restaurierung erstmals auch die ausgeführte Signatur „Johanes Creutzfelder Nornberg Pinxit“ nachgewiesen werden.

Wir danken Judith Hentschel für die Bestätigung der Eigenhändig-keit anhand einer Fotografie und für diesen Katalogeintrag.

CHF 8 000 / 12 000(€ 7 410 / 11 110)

3013 (Detail)

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3014*BARTHOLOMÄUS BRUYN D. J.(um 1530 Köln um 1610)Bildnisse eines Kölner Patriziers und seiner Frau, wohl Mitglieder der Familie Pilgrum. 1563.Öl auf Holz. Je oben mittig bezeichnet und datiert: AETATIS SVE 56 AO.1563 (Ehemann). AETATIS SVE 54 AO.1563 (Ehefrau).Je 49 × 34 cm.

Provenienz:- Sammlung Graf Schaffgotsch.- Privatsammlung L., Hitzlisberg, Luzern.- Auktion Fischer, Luzern, 30.8.1933, Los 230.- Auktion Christie‘s, London, 9.7.1999, Los 140.- Europäische Sammlung.

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Mit einer dendrochronologischen Untersuchung durch Prof. Dr. Peter Klein (19.5.2021), wonach die Holztafel des Herrenbildnis-ses frühestens ab 1561 und diejenige der Ehefrau frühestens ab 1549 Verwendung fanden. Die Datierung der Gemälde ins Entstehungsjahr 1563, wie oben bezeichnet, erscheinen somit als überzeugend.

Dr. Roland Krischel, dem wir für seine Hilfe bei der Katalogisierung dieses Gemäldepaares danken, verweist auf die Ähnlichkeit der hier dargestellten Dame mit einem Bildnis Bartholomäus Bruyns d. J., welches eine Frau aus der Kölner Familie Pilgrum zeigt und sich in den Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique in Brüssel befindet (Inv.-Nr. 1379, siehe Didier Martens: Le prétendu Obiit de Lambert Lombard…, in: Annales d’Histoire de l’Art & d’Archéologie, 38, 2016, S. 93–113, Abb. 12, S. 110).

CHF 50 000 / 70 000(€ 46 300 / 64 810)

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3015*PIETER BRUEGHEL D. J.(Brüssel 1564–1638 Antwerpen)Die Predigt des Heiligen Johannes des Täufers.Öl auf Leinwand. 95 × 162,5 cm.

Gutachten:Dr. Klaus Ertz, 7.3.2020.

Provenienz:Europäischer Privatbesitz.

Die Predigten des Johannes des Täufers waren durch die rö-mische und die jüdische Obrigkeit verbotene Versammlungen christlicher Gläubiger, die im Verborgenen stattfinden muss-ten. Pieter Brueghel d. J. widerspiegelt diese Thematik in seiner „Guckkasten-Komposition“, die beidseitig von mächtigen Eichen flankiert ist und dank Repoussoir-Motiven den Blick in die Ferne leitet, wo der Betrachter einen Fluss, der allegorisch für die Taufen durch Johannes steht, und eine befestigte Stadt mit einer Kirche sehen kann. Johannes steht ganz im Hintergrund und trägt ein einfaches Gewand als Zeichen seiner Bedürfnislosigkeit. Unter den Zuhörern finden sich flämische Zeitgenossen des Malers und solche, die in fremder Mode gekleidet sind und aus den verschiedensten Bevölkerungsschichten stammen. Hier kann der Betrachter so viele Seherlebnisse geniessen, wie es bisher nur von den Gemälden des Vaters unseres Malers, Pieter Bruegel d. Ä. (um 1525 –1569), bekannt war.

Pieter Brueghel d. J. war innerhalb der Brueghel-Dynastie der-jenige, der die von Pieter d. Ä. begründete Kunst am treuesten weiterführte und in seiner Vermittlerfunktion eine zentrale Rolle für die bis heute anhaltende Popularität des väterlichen Œuvres spielte.

Eine „Predigt Johannes des Täufers“ von Pieter Bruegel d. Ä., die sich heute im Szepmüveszeti Muzeum in Budapest befindet (Inv.-Nr. 51.2829, siehe Klaus Ertz: Pieter Brueghel der Jüngere- Die Gemälde, Lingen 2000, Band I, Abb. 256, S. 361) war wohl in Besitz der Erzherzogin und Statthalterin der spanischen Niederlande in Brüssel Isabella Clara Eugenia von Spanien, sodass Pieter d. J. dieses Bild intensiv studieren konnte. So stimmen auch in unse-rem Gemälde die Farben im Wesentlichen mit dem Gemälde des Vaters überein.

Zusammen mit den „Anbetungen“ ist die Johannespredigt die er-folgreichste Darstellung des Malers Pieter Brueghel d. J. aus dem christlichen Themenbereich. Solche Darstellungen haben seit dem Mittelalter lange Tradition und erfreuen sich gerade in der Umbruchszeit um 1600 grosser Beliebtheit. Dementsprechend malte Pieter Brueghel d. J. diese Kompositionen mehrmals in der Zeit von 1601 bis 1636. Dr. Klaus Ertz datiert unsere Version nach 1616 und weist insbesondere auf die malerische Perfektion und die für den Künstler typischen, ein wenig maskenhaft wirkende Gesichter der Figuren hin, die von hoher Aussagekraft sind.

For the description and lot essay in English, please visit our website: www.kollerauctions.com.

CHF 380 000 / 500 000(€ 351 850 / 462 960)

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3016*JACOB SAVERY D. J.(1592 Amsterdam 1651)Adam und Eva in einer Paradieslandschaft.Öl auf Holz. 46 × 70,8 cm.

Gutachten:Dr. Klaus Ertz, 9.6.2021.

Provenienz:- Nachlass einer Apotheker-Familie, Wien.- Privatsammlung Wien.- Privatsammlung Salzburg.

Ausstellung:Salzburg 2015, Sinnesfreuden. Tanz, Musik, Spiel und Jagd, Residenzgalerie Salzburg, 20.11.2015–3.7.2016.

Diese belebte Paradieslandschaft mit der Erschaffung von Adam und Eva im Hinter-grund identifiziert Dr. Klaus Ertz nach Prüfung des Originals als eine charakteristische Arbeit des Amsterdamer Malers, Jacob Savery d. J., die er in die 1630er-Jahre datiert. Zuletzt war sie 2015 in der Residenzgalerie in Salzburg ausgestellt (Abb. 1) und wurde nun in einer Privatsammlung entdeckt.

Jacob Savery d. J. wurde als zweiter Sohn von Jacob Savery d. Ä. (um 1565–1603) in Amsterdam geboren. Er erhielt seine Ausbildung vom väterlichen Repertoire geprägt im Umfeld der durch Glaubensverfolgungen in den Niederlanden Zuflucht gefunde-nen flämischen Künstlerkreisen, die sich der brueghelschen Maltradition verbunden sahen und die grosse Nachfrage hierfür bedienten. Neben seinem Vater, der bei Hans Bol (1534–1593) gelernt hatte und bereits 1603 verstarb, war auch sein Onkel, Roelant Savery (1576–1639) prägend für seine künstlerische Entwicklung. Die hier dargestellten Tierkompositionen vermitteln zum Grossteil die Auseinandersetzung mit dem Œuvre Jan Brueghels d. Ä. (1568–1625) und seiner Nachfolge, während eini-ge Tiere sowie die Tonalität auch an die Arbeiten seines Onkels Roelant erinnern.

CHF 50 000 / 70 000(€ 46 300 / 64 810)

Abb. 1 Ausstellung „Sinnesfreuden. Tanz, Musik, Spiel und Jagd“, Residenzgalerie Salzburg, 2015.

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3017*HANS JORDAENS III(1595 Antwerpen 1643)Moses teilt das Rote Meer.Öl auf Kupfer. Unten links signiert: H. Iordaens ft.35,1 × 45,1 cm.

Provenienz:Europäische Sammlung.

CHF 8 000 / 12 000(€ 7 410 / 11 110)

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3018*JAN VAN KESSEL(Antwerpen um 1620–nach 1661 Amsterdam)Liegender Otter am Felsgestade.Öl auf Kupfer. 15,5 × 22,3 cm.

Gutachten:Dr. Klaus Ertz, 21.5.2021.

Provenienz:- Kunsthandel Hamburg, bis ca. 1958.- Von Obigem erworben, Privatsammlung, für mehrere Genera-

tionen.- Durch Erbfolge an heutige Besitzer, europäische Privatsamm-

lung.

Dieser naturgetreu wiedergegebene Otter an einem Flusslauf wurde kürzlich in einer deutschen Privatsammlung entdeckt. Dr. Klaus Ertz bestätigt nach Begutachtung des Originals die Autor-schaft Jan van Kessels und datiert die Arbeit in die 1650er-Jahre, die in Antwerpen gefertigt wurde. Ertz führt bislang 35 bekannte Werke von Jan van Kessel auf, in denen er sich auf Stillleben mit Gemüse und Früchten, Jagdtrophäen und Blumen spezialisier-te (Klaus Ertz und Christa Nitze-Ertz: Die Maler Jan van Kessel, Lingen 2012, S. 144). Diese eher seltene Darstellung eines Otters gilt als eine qualitätsvolle Bereicherung des bislang bekannten Œuvres. Geboren in Antwerpen, lernte er in den Jahren 1634–35 unter Simon de Vos (1603–1673) und wurde um 1645 als Meister der dortigen Malergilde aufgeführt, ebenso wie auch Jan van Kes-sel d. Ä. (1626–1679), mit dem er häufig verwechselt wurde. Im Anschluss siedelte er nach Amsterdam um, wo Jan Baptist Walvis (1622–1691) und Gerrit Cornelisz. seine Schüler waren.

CHF 25 000 / 35 000(€ 23 150 / 32 410)

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3019*JAN BRUEGHEL D. Ä.(Brüssel 1568–1625 Antwerpen)Dorfgracht mit Figuren, Booten und Anlegestelle. 1608.Öl auf Kupfer. Unten links signiert und datiert: BRVEGHEL 1608.14,7 × 19,6 cm.

Gutachten:Dr. Klaus Ertz, 10.7.2021.

Provenienz:- Sammlung Kaspar Ilg, Schweiz.- Durch Erbfolge, Schweizer Privatbesitz.

Voll signiert und datiert offenbart sich auf dieser kleinen Kupfer-tafel die künstlerische Virtuosität von Jan Brueghel d. Ä.. Mit stel-lenweise nur skizzierenden Pinselstrichen sind die Details gekonnt und präzise festgehalten (Abb. 1).

Die Komposition wird zwar noch von der Bildtradition des 16. Jahrhunderts, die Perspektive farblich in Braun-, Grün- und Blautönen zu gestalten, geprägt, aber entscheidend durch den Flussverlauf revolutioniert. Die Tiefe wird nicht mehr durch inein-ander geschobene Ebenen definiert, sondern durch die fluchten-den Perspektivlinien.

Diese Form der Landschaftsgestaltung entwickelte Brueghel ab 1602 (siehe Klaus Ertz und Christa Nitze-Ertz: Jan Brueghel der Ältere. Die Gemälde. Bd. 1, Lingen 2008, S. 296 ff., Kat.-Nr. 136–39) mit ähnlichen Kompositionen. Ein Fluss oder Kanal fliesst an einer Dorfschaft entlang oder hindurch, an den Bildrändern findet sich eine dichte Vegetation, die sich in der Wasseroberflä-che spiegelt. Die Szenerie wird belebt durch Bauern bei der Arbeit, dem Be- und Entladen ihrer Boote und Vögel im Wasser, an Land und auf den Bäumen sowie in der Luft.Während die späteren Landschaften von zahlreichen Personen und einem aktiven Miteinander bestimmt werden, scheint der Schwerpunkt hier in der individuellen Wahrnehmung von Natur, Mensch und Tier zu sein, wobei der Mensch den kleinsten Anteil einnimmt und der Einklang zwischen Natur und Tierwelt im Fokus steht.

Es darf davon ausgegangen werden, dass Jan Brueghel d. Ä. zu-nächst Zeichnungen entwarf, die er dann später für die Versionen in Öl verwendete. So könnte die Flusslandschaft heute im Vassar College, Poughkeepsie (Ertz, ebd., S. 298, Abb. 1) als Vorlage für diese Landschaft gedient haben.

CHF 70 000 / 120 000(€ 64 810 / 111 110)

Abb. 1 MikroskopaufnahmenHahn, Schwan, Signatur und Datierung.

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3020SPANIEN, 17. JAHRHUNDERTAnbetung der drei Könige.Öl auf Kupfer. 30 × 35,5 cm.

Provenienz:Schweizer Privatbesitz.

CHF 2 000 / 3 000(€ 1 850 / 2 780)

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3021ANTWERPEN, 1. HÄLFTE 17. JAHRHUNDERTAnbetung der Heiligen drei Könige.Öl auf Kupfer. 37 × 29,6 cm.

Provenienz:Schweizer Sammlung.

CHF 7 000 / 10 000(€ 6 480 / 9 260)

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3022*JAN BRUEGHEL D. J.(1601 Antwerpen 1678)Allegorie des Gehörs.Öl auf Kupfer. 59,3 × 91 cm.

Gutachten:Dr. Klaus Ertz, 12.6.2021.

Provenienz:- Sammlung Don Mariano Ordonez, Madrid, in dessen Familienbe-

sitz seit dem 19. Jahrhundert.- Europäische Privatsammlung.- Auktion Sotheby‘s, London, 9.7.2009, Los 110.- Kunsthandel David Koetser, Zürich.- Europäische Privatsammlung.

In einem offenen Raum, der von einem Wassergraben flanki-ert ist, sind zahlreiche Attribute des Gehörsinns zu sehen: eine musizierende Venus und Amor mit einem Rehbock – ein Tier, das im 17. Jahrhundert symbolisch für den Gehörsinn stand –, eine Ansammlung von Musikinstrumenten auf dem Fussboden, No-tenständer mit Notenblättern sowie Musikanten im Hintergrund, diverse singende Vögel und Pendulen, welche die vergehende Zeit hörbar machen. Im Wassergraben zur Linken ist der Berg Helikon dargestellt, der in der Antike als der Sitz der Musen galt. Dort sind auch musizierende Musen und der geflügelte Pegasus zu sehen, welcher der Legende nach die Quelle Hippokrene dem Berg Heli-kon entspringen liess.

Jan Brueghel d. J. beschäftigte sich im Laufe seines Schaffens immer wieder mit dem Thema der Allegorie, wofür es eine grosse Nachfrage gab. Zwei weitere Versionen dieser Allegorie des Gehörs sind bekannt, eine signierte auf Kupfer (Auktion Christie’s, London, 13.12.2000, Zuschlag 420‘000 £) und eine Version auf Eichenholz (Auktion Sotheby’s, London, 10.7.2002, Los 48).

Eine Allegorie des Gehörs, welche Jan Brueghel d. Ä. (1568–1625) mit Peter Paul Rubens (1577–1640) als Teil einer Serie der Dar-stellung der fünf Sinne malte und sich heute im Prado in Madrid befindet (Inv.-Nr. P01395; siehe Klaus Ertz: Jan Brueghel der Äl-tere (1568–1625), Köln 1979, S. 350–352, Kat.-Nr. 329, Abb. 420), diente wohl als Inspirationsquelle, insbesondere für die zentrale Figurengruppe mit dem Reh, den Musikinstrumenten und den Vögeln. Dr. Ertz, der unser Gemälde in die 1640er-Jahre datiert, hebt jedoch hervor, dass Brueghel d. J., der nach dem Tod seines Vaters dessen Werkstatt übernahm und seine gefragten Kom-positionen mehrfach wiederholte, in dieser Komposition völlig eigenständig agiert und sich hier deutlich von der ursprünglichen Komposition seines Vaters abhebt.

Die beiden Figuren von Venus und Amor in der Mitte des Vor-dergrundes identifiziert Dr. Klaus Ertz als von Frans Wouters (1612–1659), der nebst Peter Paul Rubens, Hendrick van Balen (1575–1632), Frans Francken d. J. (1581–1642) und Pieter van Avont (1600–1652) häufig Figuren in Gemälden von Jan Brueghel d. J. malte – ein für die flämische Malerei zu Beginn des 17. Jahr-hunderts typisches Künstler-Phänomen. Die Vorbilder für die Figuren Frans Wouters‘ im Vordergrund sind bei Peter Paul Rubens und Pieter van Avont (1600–1652) zu finden, bei denen er in die Lehre ging.

CHF 200 000 / 300 000(€ 185 190 / 277 780)

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3023JAN MIENSE MOLENAER(um 1610 Haarlem 1668)Fröhliche Gesellschaft in einem Wirtshaus.Öl auf Holz. 47,5 × 61,5 cm.

Provenienz:- Privatsammlung Jules Porgès, Paris, vor 1926.- Auktion Cassirer, Berlin, Sammlung Jules Porgès, 7.12.1926, Los

95.- Galerie Kitzinger, Luzern, 1944.- Durch Erbfolge an den heutigen Besitzer, Schweizer Privat-

sammlung.

Das Gemälde ist im RKD, Den Haag, als ein eigenhändiges Gemäl-de von Jan Miense Molenaer archiviert.

CHF 7 000 / 10 000(€ 6 480 / 9 260)

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3024*JAN VAN GOYEN(Leiden 1596–1656 Den Haag)Flusslandschaft. 1642.Öl auf Holz. Unten links monogrammiert und datiert: VG 1642.33,5 × 55 cm.

Provenienz:- Sammlung Comte de Camondo, Paris.- Auktion Galerie Georges Petit, Paris, Sammlung Comte de Ca-

mondo, 1.2.1893, Los 4.- Sammlung W. Gretor.- Unbekannte Auktion Den Haag, 1899, Los 17.- Sammlung C. Hoogendijk (1866–1911), Den Haag, ab 1899.- Auktion Frederik Muller & Cie., Amsterdam, Nachlass Hoogendi-

jk, 14.5.1912, Los 26.- Auktion Frederik Muller & Cie., Amsterdam, Sammlung H. et al.,

6.7.1915, Los 99.- Kunsthandel E. J. van Wisselingh & Co., Amsterdam, 1916.- Auktion Christie‘s, Amsterdam, 2.12.1987, Los 301.- Privatsammlung.- Durch Erbschaft, Sammlung Peter Baltzer.- Auktion Sotheby‘s, London, 29.7.2020, Los 126.- Europäische Sammlung.

Ausstellungen:- Rotterdam 1899, Tentoonstelling van Schilderijen van Oud-Hol-

landsche meesters: collectie C. Hoogendijk, Nr. 13.- Den Haag 1899, Tentoonstelling van Schilderijen van Oud-Hol-

landsche meesters: collectie C. Hoogendijk, Pulchri Studio, Nr. 17.

- Den Haag 1916, Tentoonstelling van schilderijen, Panorama Mesdag, Oktober–November 1916, Nr. 47.

- Amsterdam 1917, Tentoonstelling van schilderijen, aquarellen en etsen, E. J. van Wisselingh and Rotterdam, Rotterdamse Kunst-kring, März–April 1917, Nr. 53.

Literatur:- Cornelis Hofstede de Groot: A catalogue raisonné, London

1927, Bd. VIII, S. 201–201, Nr. 795 und S. 229, Nr. 916 (dort 1647 datiert).

- Hans-Ulrich Beck: Jan van Goyen 1596–1656, Bd. II, Amsterdam 1973, S. 334, Kat.-Nr. 739.

- Hans-Ulrich Beck: Jan van Goyen 1596–1656, Bd. III (Ergän-zungsband), Doornspijk 1987, S. 231, Kat.-Nr. 739 (mit Abb.).

Die hier angebotene Flusslandschaft mit einer Ruine ist ein charakteristisches Werk aus dem Reifewerk Jan van Goyens, der ab den 1640er-Jahren seine Palette zunehmend reduzierte, um in den frühen 1650er-Jahren beinahe nur noch kleinformatige monochrome Szenen zu malen. Eine vergleichbare etwas weitere Komposition, welche 1644 datiert ist, befindet sich im Rijksmuse-um in Amsterdam (Inv.-Nr. SK-A-3308, Öl auf Holz, 45,9 x 66,4 cm).

Als Sohn eines Schuhmachers in Leiden geboren, lernte der Künstler gemäss der Leidener Chronik von Jan Jansz. Or-lers (1570–1646) bei den Glasmalern der Stadt Coenraet van Schiperoort (1577–1636), Isaac van Swanenburgh (1537–1614), Cornelis Claesz. Clock (um 1561–1629) und Jan Arentsz de Man (um 1565–1625) und danach in Hoorn bei Willem Gerritsz. (um 1582–um 1628). Nach einem einjährigen Aufenthalt in Frankreich zwischen 1615–16 schloss van Goyen seine Ausbildung im Haar-lemer Atelier des Esaias van de Velde (1587–1630) ab. 1618 liess er sich in Leiden nieder und heiratete Anna Willemsdr. van Raelst. Im Jahre 1634 verlegte van Goyen seinen Wohnsitz dauerhaft nach Den Haag, wo er in die Lukasgilde aufgenommen und in den Jahren 1638 und 1640 zu deren Obmann ernannt wurde.

Van Goyen spezialisierte sich auf die Darstellung von Landschaf-ten, wobei er seine Motive wie Dorfansichten, Flüsse, Kanäle, Strand- und Küstenlandschaften stets mit einfacher Landbevöl-kerung bei alltäglicher Handlung belebt. Dabei werden Boote – oft mit Passagieren besetzte und mit Fracht beladene Fährboote – platziert, wie auch in dem hier angebotenen Gemälde.

Siehe auch Katalogeintrag zu Los 3042.

CHF 60 000 / 80 000(€ 55 560 / 74 070)

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3025*GOVAERT FLINCK(Kleve 1615–1660 Amsterdam)Tronie eines bärtigen Mannes. 1650.Öl auf Leinwand. Oben rechts signiert und datiert: G. flinck. f. 1650.61,5 × 50,7 cm.

Provenienz:- Privatsammlung, England, ca. 1831–1857 (gemäss verso Stem-

pel auf dem Keilrahmen von Francis Leedham, einem zu dieser Zeit in London tätigen Restaurator).

- Auktion Sotheby‘s, London, 1.7.1953, Los 60.- Martin B. Asscher, London, vor 1970.- Schweizer Privatsammlung, bis 2012.- Auktion Dobiaschofsky, Bern, 11.5.2012, Los 307.- Europäischer Privatbesitz.

Ausstellung:Amsterdam 2018, Ferdinand Bol and Govaert Flinck: Rembrandt‘s Master Pupils, 13.10.2017–18.2.2018, Museum Het Rembrandt-huis, Nr. 28.

Literatur:- Helmut Börsch-Supan: Die Gemälde im Jagdschloss Grunewald,

Berlin 1964, S. 66, Nr. 82.- J. W. von Moltke: Govaert Flinck: 1615–1660, Amsterdam 1965,

S. 79, Nr. 67, Abb. 67.- Werner Sumowski: Gemälde der Rembrandt-Schüler, Landau

1983, Bd. II, S. 1030 und 1082, Nr. 650.- Norbert Middelkoop, L. van Sloten, Tom van der Molen: Ferdin-

and Bol and Govaert Flinck: Rembrandt‘s Master Pupils, Amster-dam 2017, Kat.-Nr. 28, Abb. 65, S. 56, Beschreibung S. 228.

- Tom van der Molen: Catalogue raisonné of the Paintings of Go-vaert Flinck (zu erscheinen).

Dieses eindrückliche Bildnis eines greisen Mannes mit Bart von Govaert Flinck wurde zuletzt 2018 in der Amsterdamer Ausstel-lung der Öffentlichkeit präsentiert. Es handelt sich hierbei um ein sogenanntes Tronie, eine für das 17. Jahrhundert typische Bildgattung, die eine porträtähnliche Charakterstudie in Phanta-sietracht oder mit interessanter Physiognomie zeigt. Der skiz-zenhafte Malstil unseres Gemäldes lässt dabei den Dargestellten besonders lebendig und lebensnah erscheinen, seine grauen Bart- und Haupthaare sind durch einzelne pastose Pinselstriche virtuos gestaltet.

Govaert Flinck war einer der bedeutendsten Schüler Rembrandts van Rijn (1606–1669). Er war zwischen 1635 und 1636 in der Amsterdamer Werkstatt des Meisters tätig und etablierte sich anschliessend als eigenständiger Maler (siehe Arnold Houbraken: De Groote Schouburgh de Nederlantsche kontschilders en schil-deressen…, Amsterdam 1718–1721, Bd. II, S. 18).

J. W. Von Moltke beschreibt den hier dargestellten Mann als Hei-ligen Petrus (siehe Literatur), während Werner Sumowski betont, dass die fehlenden Attribute eine wohl gewollte Zweideutigkeit entstehen lassen. Der nicht identifizierte weise Mann scheint ebenfalls Rembrandt Modell gestanden zu haben, so beispielswei-se in seinem berühmten 1636 entstandenen „Opfer Isaaks“, heute in der Eremitage in Sankt Petersburg (Inv.-Nr. ГЭ-727). Die Fein-heit des vorliegenden Tronies deutet darauf hin, dass es sicherlich nach dem lebenden Modell gemalt wurde, worauf der äusserst detailliert gemalte Bart und die tiefen Falten des Gesichts und der Hand sowie ein mögliches Pentimento im Scheitel hindeuten. Die gut erhaltene Maloberfläche ist durch eine energische, virtuose Farbgebung, eine flüssige Pinselführung in den Haaren und im Bart und eine feine Gesichtsmodellierung charakterisiert, die be-sonders typisch für das letzte Lebensjahrzehnt des Künstlers ist. Der weich verlaufende Farbauftrag unterscheidet sich stilistisch von Rembrandts Tronies und spiegelt Flincks Unabhängigkeit vom Meister in seinem Reifewerk wider.

Dr. van der Molen bestätigt die Eigenhändigkeit nach Prüfung des Originals und wird das Gemälde in dem zu erscheinenden Werk-verzeichnis des Künstlers publizieren. Er betont, dass es sich um ein charakteristisches und qualitatives Beispiel der späten Tronien von Govaert Flinck handelt.

CHF 700 000 / 900 000(€ 648 150 / 833 330)

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3025*GOVAERT FLINCK(Cleves 1615–1660 Amsterdam)Tronie of a bearded man. 1650.Oil on canvas.Signed and dated upper right: G. flinck. f. 1650.61.5 × 50.7 cm.

Provenance:- Private collection, England, ca. 1831–1857 (according to a stamp

verso on the stretcher by Francis Leedham, a restorer working in London at the time).

- Sale Sotheby‘s, London, 1.7.1953, Lot 60.- Martin B. Asscher, London, before 1970.- Swiss private collection, until 2012.- Sale Dobiaschofsky, Bern, 11.5.2012, Lot 307.- European private collection.

Exhibited:Amsterdam 2018, Ferdinand Bol and Govaert Flinck: Rembrandt‘s Master Pupils, 13.10.2017–18.2.2018, Museum Het Rembrandt-huis, no. 28.

Literature:- Helmut Börsch-Supan: Die Gemälde im Jagdschloss Grunewald,

Berlin 1964, p. 66, no. 82.- J. W. von Moltke: Govaert Flinck: 1615–1660, Amsterdam 1965,

p. 79, no. 67, ill. 67.- Werner Sumowski: Gemälde der Rembrandt-Schüler, Landau

1983, vol. II, pp. 1030 and 1082, no. 650.- Norbert Middelkoop, L. van Sloten, Tom van der Molen: Ferdin-

and Bol and Govaert Flinck: Rembrandt‘s Master Pupils, Amster-dam 2017, cat. no. 28, ill. 65, p. 56, description p. 228.

- Tom van der Molen: Catalogue raisonné of the Paintings of Go-vaert Flinck (to be published).

This impressive portrait of an old man with a beard by Govaert Flinck was last on public view in the Amsterdam exhibition of 2018. It is known as a ‘Tronie’, a pictorial genre typical of the 17th cen-tury, showing a portrait-like character study in fancy dress, or with an interesting physiognomy. The sketch-like painting style of our picture makes the sitter appear particularly lively and lifelike, his grey beard and head of hair are brilliantly rendered with individual impasto brushstrokes.

Govaert Flinck was one of the most important pupils of Rem-brandt van Rijn (1606–1669). He worked in the master‘s Amster-dam workshop between 1635 and 1636 and subsequently estab-lished himself as an independent painter (see Arnold Houbraken: De Groote Schouburgh de Nederlantsche kontschilders en schilderessen..., Amsterdam 1718–1721, vol. II, p. 18).

J. W. Von Moltke describes the man depicted here as Saint Peter (see Literature), while Werner Sumowski stresses that the lack of attributes creates a probably deliberate ambiguity. The unidenti-fied sage also seems to have served as a model for Rembrandt, for example in his famous 1636 ‚Sacrifice of Isaac‘, now in the Hermitage in Saint Petersburg (inv. no. ГЭ–727). The delicacy of the present Tronie points to the fact that it was certainly painted directly from the model, as indicated by the extremely detailed beard and the deep folds of the face and hand, as well as a pos-sible pentimento in the crown. The well-preserved paint surface is characterised by an energetic, virtuoso use of colour, fluid brushwork in the hair and beard and fine facial modelling, which is especially typical of the last decade of the artist‘s life. The softly flowing application of paint differs stylistically from Rembrandt‘s Tronies and reflects Flinck‘s independence from the master in his mature work.

After examining the original, Dr van der Molen has confirmed the authenticity of the work, and that he will include the painting in the catalogue raisonné of the artist, which is due to be published. He emphasises that it is a characteristic and high-quality example of the late Tronies by Govaert Flinck.

CHF 700 000 / 900 000(€ 648 150 / 833 330)

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3026*JOOS DE MOMPER D. J. UND JAN BRUEGHEL D. Ä.(1564 Antwerpen 1635) (Brüssel 1568–1625 Antwerpen)Weite Berglandschaft mit Reisenden.Öl auf Holz. 46,5 × 75,5 cm.

Gutachten:Dr. Klaus Ertz, 14.6.2021.

Provenienz:Europäische Privatsammlung.

Die hier angebotene weite Berglandschaft mit Reisenden ist ein charakteristisches Beispiel aus dem Spätwerk von Joos de Momper und zeigt exemplarisch die grosse Kunstfertigkeit des Meisters, die Perspektive farblich in einem braunen Vordergrund, einem grünen Mittelgrund und einem blauen Hintergrund zu gliedern, wodurch eine eindrückliche Atmosphäre entsteht, in die sich die Figuren harmo-nisch einfügen.

Dr. Klaus Ertz identifiziert dieses Gemälde nach Begutachtung des Originals als eine eigenhändige Arbeit von Jan Brueghel d. Ä., der die Figuren malte, und Joos de Momper d. J., für den landschaftli-chen Hintergrund. Sowohl die Staffage von Jan d. Ä. als auch die für Momper charakteristische Farbe Ochsenblutrot in den Felsbrocken im Vordergrund deuten auf eine Entstehung in den Zeitraum 1610–1620 hin, der besten Schaffensperiode beider Maler.

Das sehr gut erhaltene und von beiden Malern äusserst fein ausge-führte, qualitativ hochstehende Gemälde ist ein weiterer Beleg für die intensive Zusammenarbeit dieser Malerfreunde, die eine Vielzahl von wunderbar einheitlichen Gemälden geschaffen haben, die „wie aus ei-nem Guss“ erscheinen. Jan Brueghel d. Ä. war bis zu seinem Tod 1625 der wichtigster Mitarbeiter Joos de Mompers. Danach arbeitete er mit dem Sohn, Jan Brueghel d. J. (1601–1678), zusammen, mit dem er eng befreundet war.

CHF 70 000 / 120 000(€ 64 810 / 111 110)

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3027SAMUEL HOFMANN (NACHFOLGER DES 17. JAHRHUNDERTS)(Zürich um 1592–um 1648 Frankfurt am Main)Porträt einer Edeldame im Alter von 64 Jahren. 1652.Öl auf Leinwand. Oben rechts bezeichnet und datiert: AETATIS SUAE 64. ANNO. 1652.90,5 × 70,5 cm.

Provenienz:- Aristokratischer Familienbesitz, Zürich, mindestens seit der 1.

Hälfte des 20. Jahrhunderts.- Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Schweizer Privatsammlung.

CHF 6 000 / 8 000(€ 5 560 / 7 410)

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3028*HARMEN LOEDING(um 1637 Leiden um 1673)Stillleben mit Hummer und Rose.Öl auf Leinwand. 55,8 × 47,3 cm.

Provenienz:- Auktion Bonhams, London, 3.12.2014, Los 59.- Europäischer Privatbesitz.

Dieses Stillleben mit Hummer und Rose ist ein charakteristi-sches Werk des Leidener Malers Harmen Loeding und entstand wahrscheinlich in den 1660er-Jahren. Über Loedings Werdegang ist wenig überliefert. Geboren in Leiden, besuchte er die dortige Malergilde im Jahre 1664, war vermutlich jedoch schon zuvor als Maler tätig. Möglicherweise wurde er in der Werkstatt Pieter de Rings (tätig vor 1648–1660) ausgebildet, dessen Arbeit Loeding ohne Zweifel massgeblich beeinflusste. Auch der gleichaltrige Leidener Maler Nicolaes van Gelder (um 1636–1676) scheint auf Loeding gewirkt zu haben.

Loedings Arbeiten zeichnen sich durch eine detailreiche und gründlich ausgearbeitete Darstellungsweise aus. Einige Elemen-te der zur Auktion stehenden Arbeit – wie beispielsweise das kontrastreich schattierte Weinblatt, die transluzente Zitrone, die Wurmlöcher auf der Tischplatte – finden sich auch in anderen Stillleben des Malers, wie sie unter anderem im Frankfurter Städel oder in der Hamburger Kunsthalle vorhanden sind.

Dr. Fred G. Meijer bestätigt die Eigenhändigkeit nach Prüfung des Originals, wofür wir ihm danken.

CHF 18 000 / 25 000(€ 16 670 / 23 150)

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3029*CORNELIS PIETERSZ. BEGA(1631/32 Haarlem 1664)Junge Frau in einem Interieur, ein Glas haltend.Öl auf Leinwand. Unten links monogrammiert: CB.26,7 × 22,2 cm.

Provenienz:- Sammlung Marquis de Colbert, Château du Saussay (verso auf

Leinwand bezeichnet).- Durch Erbfolge an Familie Bourbon Busset, Château du Saussay.- Auktion Sotheby’s, Paris, 23.6.2011, Los 46.- Kunsthandel John Mitchell Fine Paintings, London.- Europäische Sammlung.

Ausstellung:Aachen / Berlin 2012, Cornelis Bega: Eleganz und raue Sitten, Suermondt Ludwig Museum, 15.3.–10.6.2012 und Staatliche Museen zu Berlin/Gemäldegalerie, 29.6.–30.9.2012, Nr. 73.

Literatur:Ausst.-Kat. Cornelis Bega. Eleganz und raue Sitten, hrsg. von Pe-ter van den Brink und Bernd Wolfgang Lindemann, Stuttgart 2012, S. 250–252, Kat.-Nr. 73 und abgebildet auf Buchrücken.

Im Ausstellungskatalog von 2012 widmet Peter van den Brink dem hier angebotenen Gemälde einen ausführlichen Eintrag und betont diesen hohen Stellenwert im Œuvre Begas sowie seine außerordentliche künstlerische Qualität:

„Nach langer Verborgenheit in französischem Adelsbesitz vermag uns dieses bisher unveröffentlichte Gemälde eine Vorstellung davon zu geben, was Cornelis Bega noch in seiner Malerkarriere hätte erreichen können, wäre er nicht am 27. August 1664 in der Blüte seiner Jahre von der Pest dahingerafft worden. Dieses wunderbare kleine Gemälde beweist, dass Bega bereits in die Fußstapfen von Zeitgenossen wie Gerard ter Borch (1617–1681), Gabriel Metsu (1629–1667), Frans van Mieris (1635–1681), Jan Steen (1626–1679) und auch Johannes Vermeer (1632–1675) getreten war. […]

Als überragender Kolorist mit einem sublimen, natürlichen Gefühl für die Wiedergabe der unterschiedlichen Stoffe gehörte er zur Gilde der Feinmaler. Verschwunden sind die notleidenden Ha-benichtse aus seinen Wirtshäusern; stattdessen malt Bega eine junge Dame, gehüllt in erlesenen Stoffen in raffinierten Farbtö-nen, von Goldgrün und Lachsgrau zu Rosa und dem tiefblauen Ultramarin der eleganten Haarbänder, die sorgfältig aufeinander abgestimmt sind. Die Mannigfaltigkeit der hinreißenden Stoffe bot Cornelis Bega Gelegenheit in Hülle und Fülle, seine virtuose Maltechnik zu beweisen, wie er es etwa auch in den Musikduetten in Stockholm und in Paris (siehe Ausst.-Kat. 2012, Kat.-Nr. 71 und 72) tat.

Nicht nur das ausgeklügelte Kolorit und das typische Arsenal parallel angeordneter, kurzen Schraffuren für die Höhungen in verschiedenen Nuancen zeigen die Handschrift unseres Malers. Überdies gehört die hier dargestellte junge Dame zu Cornelis Begas Modellschatz. Sie tritt beispielsweise als Laute spielende Frau in Stockholm (siehe Ausst.-Kat 2012, Kat.-Nr. 71) auf; als schlafendes Dienstmädchen und im Gebet vor der Mahlzeit in Amsterdam (siehe Ausst.-Kat. 2012, Kat.-Nr. 58) ist sie im Profil

zu sehen. Alle drei Gemälde tragen die Datierung 1663. Obwohl sich das Ambiente, verglichen mit den schäbigen Wirtshäusern, grundlegend geändert hat, bleibt das Motiv mehr oder weniger unverändert. Ihre geöffnete Jacke verrät die junge Frau, die sich gerade ein Glas Weißwein eingeschenkt hat, als Kurtisane. […]

Der Glanz auf Krug und Weinglas, viel leuchtender wiedergegeben als auf den Satinstoffen, ist eine wahre Augenweide, genau wie das Stillleben mit Brot und Käse neben der jungen Verführerin. Cornelis Bega hat sie in ein mit einer blauen Draperie abge-schlossenes Interieur versetzt, das in vielerlei Hinsicht an den unbestimmten Raum erinnert, in den er die Lautenspielerin und die Fiedler in Stockholm platzierte (siehe Ausst.-Kat 2012, Kat.-Nr. 71). Obwohl der Maler diesmal auf das verblüffende Stillleben aus Musikinstrumenten verzichtet hat, sind sowohl das Tischchen im Vordergrund als auch die italienische Majolikakanne im Hinter-grund links feste Atelierattribute, die auch in anderen Werken, darunter „Die Musikstunde“ in Stockholm, zu finden sind“ (frei zitiert aus Ausst.-Kat. 2012, S. 250–252).

Cornelis Bega war der Sohn des Bildhauers Pieter Jansz. Be-geyn (1600–1648) und von Maria van Haarlem, der Tochter des berühmten Haarlemer Manieristen Cornelis Cornelisz. van Haarlem (1562–1638). Sein künstlerisches Umfeld bildete einen fruchtbaren Boden für eine erfolgreiche Künstlerkarriere, doch seine Vorliebe für die Darstellung des bäuerlichen Lebens in all seinen Facetten sorgte für Konflikte mit seinem Vater. Der Biograf Arnold Houbraken berichtet, dass dies letztlich zur Namensän-derung Begas führte (Arnold Houbraken: De groote schouburgh der Nederlantsche kontschilders en schilderessen, Amsterdam 1718–1721, S. 349–350). Cornelis Bega studierte bei Adriaen van Ostade (1610–1685), der selber ein Schüler des grossen Porträtisten Frans Hals (1582–1666) war. Bega war etwa 4 Jahre lang in der Werkstatt Van Ostades tätig und reiste im Anschluss nach Deutschland und in die Schweiz. Ab 1654 ist er als Mitglied der Haarlemer Malergilde aufgeführt, wo er bis zu seinem frühen Ableben mit nur 33 Jahren tätig war. Die Pestepidemie, der er zum Opfer fiel, wütete seit 1663 in den Niederlanden und breitete sich von dort nach England aus, wo sie 1665 einen Fünftel der Bevölke-rung dezimierte.

Eine rückseitige Bezeichnung auf der Leinwand weist auf die adelige französische Provenienz unseres Gemäldes hin. Bei dem Marquis de Colbert handelt es sich wohl um Pierre de Colbert (1834–1905), der das etwa 35 Kilometer südlich von Paris gele-gene Château du Saussay im 19. Jahrhundert vergrösserte. 1911 ging dessen Besitz über seine Tochter Guillemette an die Familie Bourbon Busset über. Das Schloss wird heute noch von den Nachfahren der Bourbon Busset bewohnt.

For the description and lot essay in English, please visit our website: www.kollerauctions.com.

CHF 150 000 / 200 000(€ 138 890 / 185 190)

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3030*MICHIEL SIMONS D. J.(tätig in Antwerpen um 1648–1673 Utrecht)Stillleben mit Römerglas und Pfirsichen mit Trauben in einer Schale.Öl auf Leinwand. Unten links signiert: M. Simons.67,5 × 90 cm.

Provenienz:Europäischer Privatbesitz.

Dr. Fred G. Meijer bestätigt die Eigenhändigkeit anhand einer Fotografie, wofür wir ihm danken, und datiert unser Stillleben in die 1650er-Jahre.

CHF 15 000 / 20 000(€ 13 890 / 18 520)

3031*HEINRICH DITTMERS(Hamburg um 1625–1677 Kopenhagen)Porträt einer dänischen Edeldame.Öl auf Leinwand. 105 × 89 cm.

Provenienz:- Kunsthandel F. Franke, Leipzig, bis 1933 (als Frans Hals).- Kunsthandel Scheuermann & Seifert, Berlin, 1942 (als Jacob

Jordaens).

- Sammlung Vieweg, Braunschweig.- Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Privatsammlung, Deutsch-

land.

Literatur:- Kurt E. Simon: Ein neues Bild von Jordaens, in: Weltkunst 16,

1942, Nr. 35/36, S. 3 (mit Abb.).- Sturla Gudlaugsson: Jacob Jordaens of Heinrich Dittmers?‘, in:

Oud Holland 60, 1943, S. 143–147, Abb. 1.

Sturla Gudlaugsson nahm dieses Porträt zum Anlass, eine kleine Werkgruppe des wenig bekannten Porträtmalers Heinrich Ditt-mers zu rekonstruieren und vergleicht unser Gemälde dabei mit mehreren Bildnissen dänischer Persönlichkeiten, die er in den 1660er- und 1670er-Jahren malte (siehe Literatur). Der ur-sprünglich aus Hamburg stammende Künstler Heinrich Dittmers studierte in den Niederlanden und ist ab 1663/64 in Dänemark dokumentiert, wo er als Hofmaler tätig war. Auch die Tracht der hier dargestellten Dame entspricht der dänischen Mode der 1670er-Jahre. Stilistisch lässt sich unser Bildnis mit demjenigen der Familie Johannes Lassenius vergleichen, das sich im Schloss Frederiksborg befindet (siehe Gudlaugsson 1943, Abb. 3).

Auch Dr. Bert Schepers vom Rubenianum, Antwerpen, bestätigt anhand von Abbildungen die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes an Heinrich Dittmers und vergleicht es mit Werken, die sich in der Sankt Olai Kirche und im Nationalmuseum für Geschichte in Helsingor befinden (basierend auf den verfügbaren Künstlerdaten in der RKD-Datenbank).

CHF 10 000 / 15 000(€ 9 260 / 13 890)

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3032PIETER SYMONSZ. POTTER(Enkhuizen 1597–1652 Amsterdam)Geograf in einem Interieur.Öl auf Holz. Unten links signiert und schwer leserlich datiert: P. Potter f. 163(?).40,8 × 35,4 cm.

Provenienz:- Sammlung Gräfin von Limburg-Stirum, Schloss Gross Peterwitz,

ab mindestens 1903 bis 1951.- Kunsthandel Fritz Nathan, St. Gallen, 1951.- Seither durch Erbfolge, Schweizer Privatbesitz.

In einem Interieur ist ein in Arbeit versunkener Geograf mit seinen Instrumenten dargestellt. Am Boden mittig liegt ein holländischer Zirkel, ein Instrument für die Landvermessung, das 1610 vom niederländischen Mathematiker Jan Pietersz. Dou (1572–1635) erfunden wurde.

Das Gemälde ist im RKD, Den Haag, als ein eigenhändiges Werk von Pieter Symonsz. Potter archiviert.

CHF 3 000 / 5 000(€ 2 780 / 4 630)

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3033JAN STEEN(1626 Leiden 1679)Flusslandschaft mit fröhlicher Gesellschaft.Öl auf Leinwand. 81 × 100 cm.

Provenienz:- Auktion Philippus van der Schley, Amsterdam, 14.–15.8.1793,

Los 116 (fl. 34 an Yver).- Auktion Christie‘s, ca. 1988.- Schweizer Privatbesitz.

Literatur:Cornelis Hofstede de Groot: Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler des 17. Jahrhunderts, Esslingen 1907, Addendum RKD Archiv, Nr. 882bb (als Jan Steen).

Dieses Gemälde wurde kürzlich in einer Schweizer Privatsamm-lung entdeckt und war Wouter Kloek bislang unbekannt. Willem van de Watering hatte sich bereits 1988 zu dem Gemälde ge-äussert und vermerkt, dass es im Frühwerk Jan Steens entstan-den ist und den Einfluss seines Schwiegervaters und wohl auch Lehrmeisters Jan van Goyen (1596–1656) aufweist. Wouter Kloek schliesst sich dieser Meinung nach Prüfung von Fotografien an und vermutet eine Datierung um 1653, wofür wir ihm danken. Der Bildaufbau mit der Figurenstaffage im Vordergrund vor der Land-

schaft findet sich in einem vergleichbaren Gemälde Jan Steens aus den frühen 1650er-Jahren wieder (siehe Ausst.-Kat. Jan Steen: Maler und Erzähler, hrsg. von H. Perry Chapman, Wouter Th. Kloek und Arthur K. Wheelock Jr., Stuttgart, Zürich 1996, S. 102, Abb. 2). Ferner vergleicht Ellis Dullaart, vom RKD, Den Haag die Vegetation mit dem um 1650 zu datierenden und von Jan Steen signierten Landschaftsgemälde, heute in einer Privat-sammlung (RKD 104886), wofür wir ihr danken.

Jan Steen, der 1648 als eingetragenes Mitglied der St. Lukasgil-de dokumentiert ist, genoss eine umfassende Ausbildung bei verschiedenen bedeutenden Künstlern seiner Zeit. Neben dem Handwerk des Brauers, welches er von seinem Vater und seinem Onkel erlernt hatte, setzte die Mitgliedschaft der St. Lukas Gilde voraus, dass der Künstler sein Handwerk bei anderen Meistern zu erlernen hatte. So zeugen seine frühen Winterlandschaften von Einflüssen aus dem Atelier Adrian und Isaac van Ostade (1610–1685 und 1621–1649). Ebenso zählte Jan van Goyen zu jenen Künstlern, mit denen Jan Steen eng zusammenarbeitete und dessen Tochter Margriet er im Jahr 1649 heiratete.

Das Gemälde ist im RKD, Den Haag, als ein eigenhändiges Werk von Jan Steen archiviert.

CHF 20 000 / 30 000(€ 18 520 / 27 780)

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3034JAN BRUEGHEL D. J. UND AMBROSIUS FRANCKEN D. J.(1601 Antwerpen 1678) (um 1590 Antwerpen 1632)Allegorie der Luft.Öl auf Holz. Verso mit Marke der Antwerpener Lukasgilde (Türme und zwei Hände) und wohl des Tafelmachers Hans van Herentals (Kreuz und Kreis).42,7 × 61,5 cm.

Gutachten:- Dr. Klaus Ertz, 23.7.2021.- Dr. Ursula Härting, 20.7.2021.

Provenienz:- Kunsthandel Belgien, 1970er-Jahre.- Privatsammlung, Belgien.- Durch Erbschaft, Schweizer Privatbesitz.

Diese wunderbar erhaltene Darstellung einer Allegorie der Luft wurde kürzlich in einer Schweizer Privatsammlung entdeckt. Sie zeigt Apoll, den Gott des Lichtes, auf seinem von vier Schimmeln geführten Wa-gen, hell erleuchtet über das Himmelsfeld ziehend. Auf einer aufge-wühlten Wolke vor grauen Gewitterwolken findet sich Urania, die Muse der Astronomie und Personifikation der Luft mit ihrem Astrolab. Im Vordergrund und im Himmel ist eine Vogelschar vor einer perspekti-visch durch Braun-, Grün-, und Blautönen definierten Überschauland-schaft versammelt, die sich durch eine eindrückliche Vielfalt charakte-risiert.

Diese Darstellung stand in Zusammenhang einer Serie der Vier Elemente, einer Motivwahl, die zu Beginn des 17. Jahr-hunderts äusserst beliebt war und greift eine Komposition von Jan Brueghel d. Ä. (1568–1625) auf, die sich heute eben-falls als Teil einer Serie in der Galleria Doria Pamphilij in Rom befindet (Klaus Ertz: Jan Brueghel der Ältere. Die Gemälde, Köln 1979, S. 599, Kat.-Nr. 249, Abb. S. 370, Abb. 440).

Nach Prüfung des Gemäldes im Original bestätigt Dr. Klaus Ertz die Entstehung in Zusammenarbeit von Jan Brueghel d. J. und Ambrosius Francken d. J., der die Figur der Urania fer-tigte und die auch Dr. Ursula Härting in ihrem Gutachten dem Künstler zuweist. Die Vogelschar stammt gemäss Dr. Ertz von der Hand Jan Brueghel d. J.. Als Datierung schlägt Dr. Ertz 1630 vor, Dr. Härting vermutet eine Entstehung zwischen 1626 und 1632.

CHF 60 000 / 80 000(€ 55 560 / 74 070)

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3035ADRIAEN VAN OSTADE(1610 Haarlem 1685)Bauern in einem Interieur. 1637.Öl auf Holz. Links mittig signiert und datiert: Av (ligiert) ostade 1637.28 × 38,7 cm.

Gutachten:Dr. Bernhard Schnackenburg, 14.11.2019.

Provenienz:- Kunsthandel J. Dik, Vevey, um 1950.- Schweizer Privatsammlung.

Dr. Schnackenburg bestätigt die Eigenhändig dieses Gemäldes anhand einer Fotografie, wofür wir ihm danken und bezeichnet die „Bauern in einem Interieur“ als typisches Werk des Adriaen van Ostade.

Das Gemälde entstammt einer Werkphase, in welcher der Künstler skizzenhaft und brauntonig arbeitete. So ist die Figurengruppe zen-tral im Bild mit ausgezeichneter Lebendigkeit treffsicher gefertigt, das Balkenwerk des Scheuneninterieurs skizziert. Dr. Schnackenburg verweist auf „die Wäscherin“ von 1637 als ein bekanntes Vergleichs-beispiel aus dieser Stilphase, die sich in der Hamburger Kunsthalle befindet (Inv.-Nr. HK–122).

Wie Dr. Schnackenburg in seinem Gutachten ausführt, hatte die Darstellung von Alltagsmotiven in der holländischen Malerei grund-sätzlich auch eine allegorische Bedeutung. Diese gehörten zur Allgemeinbildung und wurden auch ohne ausdrücklichen Hinweis verstanden. Die Bäuerin, die das Hemd des Knaben nach Flöhen durchsucht, sowie der Bauer, der in seinen leeren Bierkrug blickt, legen nahe, dass es sich hierbei um eine Darstellung der fünf Sinne, und zwar des Sehsinns (visus) handelt.

CHF 10 000 / 15 000(€ 9 260 / 13 890)

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3036*GILLIS CLAESZ. DE HONDECOETER(Antwerpen um 1575–1638 Amsterdam)Felsige Waldlandschaft mit Tieren an einer Tränke.Öl auf Holz. Unten rechts monogrammiert: G. DH.64,5 × 99,5 cm.

Provenienz:- Kunsthandel Schneeberger, Bern, 1946.- Europäische Sammlung.

Literatur:Ausst.-Kat. Masters of 17th Century Dutch Landscape Painting, hrsg. von Peter Sutton et al., Amsterdam / Boston / Philadelphia 1988, S. 278, Abb. 2.

Gillis Claesz. de Hondecoeter war ein holländischer Maler, der im flämischen Stil arbeitete und sich auf Landschaften und Vogeldarstellungen spezi-alisierte. Später malte de Hondecoeter in einem eher niederländischen, realistischen Stil. Gillis war der Vater von Gijsbert d‘Hondecoeter und Grossvater von Melchior d‘Hondecoeter (1636–1695) und Jan Weenix (um 1641–1719). Seine Tochter Josijntje heirate Jan Baptist Weenix (1621–1659).

Gillis malte flämische, hügelige Fantasielandschaften, meist in Verbindung mit einer biblischen Szene. Es heisst, dass er vom flämischen Maler Roelant Savery (1576–1639), der ebenfalls in Amsterdam lebte, beeinflusst wurde. Die Figuren auf seinen Gemälden überliess er meist seinem Kollegen David Vinckboons (1576–1632). Niederländische Maler der nachfolgen-den Generation, wie etwa Allart van Everdingen (1621–1675) und Jan Both (1610–1652), liessen sich von seinen Kompositionen inspirieren, was beispielsweise eine um 1647–50 entstandene bergige Waldlandschaft von Jan Both deutlich macht, die sich im Detroit Institute of Arts befindet (Inv.-Nr. 89.31, Ausst.-Kat. Masters of 17th Century Dutch Landscape Painting, hrsg. von Peter Sutton et al., Amsterdam / Boston / Philadelphia 1988, S. 277–278, Kat.-Nr. 14).

CHF 25 000 / 35 000(€ 23 150 / 32 410)

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3037BARENT AVERCAMP(1612 Kampen 1679)Winterlandschaft mit Eisläufern.Öl auf Holz. Unten rechts mit Monogramm: AV.DN. (ligiert).44,5 × 60,5 cm.

Provenienz:- Sammlung P. P. Volkoff, Leningrad.- Sammlung Mrs. N. Danzas, Leningrad, 1908–1909 (verso mit

Etikett).- Sammlung S.K.H. Grossfürst Kyrill Wladimirowitsch Romanov

(1876–1938), Leningrad.- Sammlung Romer Williams, Worcester 1925.- Kunsthandel Bachstitz, Den Haag.- E. Rössler, Berlin.- Kunsthandel Bachstitz, Den Haag, 1935.- Sammlung H. Maas, Den Haag.- Auktion Sotheby‘s, London, 3.12.1969, Los 19 (als Barent Aver-

camp).- Schweizer Privatbesitz.

Ausstellung:Sankt Petersburg 1908: Starye Gody, Imperial Society for the encouragement of art, 20.11.1908–12.1.1909, Nr. 425.

Literatur:- Cornelis Hofstede de Groot, in: Monatshefte für Kunstwissen-

schaft 3, 1910, S. 118.

- Cornelis Hofstede de Groot: Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten Holländischen Maler des XVII. Jahrhunderts, Bd. VII, 1918, S. 489–490, Nr. 527 (als vielleicht von Avercamp, datiert 1669 aber 30 bis 40 Jahre früher entstanden).

- Willem Rudolf Juynboll, in: Oudheikundig Jaarboek 2, 1934, S. 149 (als Barent Avercamp).

Dieses stimmungsvolle Gemälde mit Eisvergnügen wurde ursprünglich als Oval angelegt (32 × 43 cm) und später zu einem Rechteck ergänzt und mit dem Monogramm von Aert van der Neer (1603–1677) versehen. Hofstede de Groot zweifelte bereits in den 1910er-Jahren die Zuschreibung an Aert van der Neer an und wies das Gemälde Barent Avercamp zu ebenso wie Willem Rudolf Juynboll. Die Figuren und das Detailreichtum in den Kostü-men sind charakteristisch für Barent Avercamp, wie ein Vergleich mit der Winterlandschaft im Rijksmuseum, Amsterdam (Inv.-Nr. A3286) zeigt.

Das Gemälde befand sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in rus-sisch-aristokratischem Besitz, unter anderem in der Sammlung des Grossfürsten Kyrill Wladimirowitsch Romanov (Abb. 1), einem Enkel von Zar Alexander II.

CHF 25 000 / 35 000(€ 23 150 / 32 410)

Abb. 1 S.K.H. Grossfürst Kyrill Wladimirowitsch Romanov (1876–1938)

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3038*GILLIS NEYTS(Ghent 1618–1686 Antwerpen)Bewaldete Landschaft mit Schlossruine.Öl auf Holz. 29,3 × 44,7 cm.

Provenienz:Europäische Sammlung.

Stilistisch lässt sich diese Landschaft mit einer Schlossruine mit anderen Werken von Gillis Neyts vergleichen, wie beispielsweise der signierten Landschaft in einer Privatsammlung (siehe Pierre Gustot: Gillis Neyts-Un Paysagiste Brabançon en vallée au XVIIe siècle, Namur 2008, S. 87, P44).

CHF 5 000 / 7 000(€ 4 630 / 6 480)

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3039*JAN JANSZ. TRECK(um 1605 Amsterdam 1652)Stillleben mit einer silbernen Tasse und Krabbe.Öl auf Holz. 28 × 33,7 cm.

Provenienz:- Auktion Moos, Genf, 9.6.1934, Los 27.- Kunsthandel Walter Paech, Amsterdam, vor 1940.- Kunsthandel Nordest Gallery, Boston MA, 1980.- Auktion Sotheby‘s, New York, 18.5.2006, Los 112.- Auktion Hampel, München, 9.12.2011, Los 283.- Kunsthandel P. de Boer, Amsterdam, 2012.- Europäische Sammlung.

Literatur:Nico Vroom: A modest message as intimated by the painters of the ‚Monochrome Banketje‘, Schiedam 1980, Nr. 493 (als Jan Olis).

Dr. Fred G. Meijer bestätigt die Eigenhändigkeit nach Prüfung des Originals, wofür wir ihm danken. Er betont die stilistische Ähnlichkeit mit einem Gemälde (RKD Nr. 27607), das Jan Jansz. Treck zusammen mit Jan Jansz. den Uyl (1595–1639) malte und schliesst eine Zusammenarbeit beider Künstler im hier angebote-nen Gemälde nicht aus.

CHF 22 000 / 28 000(€ 20 370 / 25 930)

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3040*CORNELIS DUSART(1660 Haarlem 1704)Pfeife rauchender Mann vor einem Wirtshaus. 1684.Öl auf Leinwand. Unten mittig signiert und datiert: Cor. Dusart 1684 und oben rechts beschriftet: T NIUWE TROFFLE TYE.49 × 40,8 cm.

Provenienz:- Sammlung Cabinet of Baron Liedts, Brüssel.- Auktion G. Berré de Haen, Antwerpen, 1833.- Sammlung Charles Piérard, Valenciennes.- Auktion Hôtel Drouot, Paris, 20.3.1860, Los 19.- Sammlung J. B. Foucart (1823–1898), Valenciennes (verso mit

rotem Wachssiegel).- Auktion Gostieau, Valenciennes, 12.10.1898, Los 41 (verso mit

Etikett).- Privatsammlung Frankreich.- Auktion Drouot-Richelieu, Paris, 6.6.2014, Los 9.- Europäische Privatsammlung.

Mit dem Motiv einer Wirtshausszene mit fröhlicher Gesellschaft greift das hier angebotene Gemälde von Cornelis Dusart eine seiner beliebtesten Kompositionen auf und zeigt die Ausei-nandersetzung mit seinem Lehrmeister Adriaen van Ostade (1610–1685).

Geboren 1660 in Haarlem als Sohn eines Organisten, lernte Cor-nelis Dusart bei Adriaen van Ostade, dessen Kompositionen sich in seinen frühen Gemälden widerspiegeln. Am 10. Januar 1680 trat er der Haarlemer Lukasgilde bei. Der Tod des Lehrmeisters im Jahr 1685 brachte für Dusart eine massgebende Wendung

mit sich. Neben der Übernahme seines Ateliers ging auch das Œuvre Adriaen van Ostades sowie jenes seines Bruders Isaac (1621–1649) in seinen Besitz über. Während er sich bei dem Motiv am Repertoire der Ostades bediente, entwickelte Dusart einen persönlicheren und eleganteren Malstil. Begleitend dazu erwiesen sich auch die Ölgemälde von Jan Steen (1626–1679) als Inspira-tion, insbesondere im Hinblick auf die Mimik und Gestik sowie die Bekleidung seiner Figurendarstellungen. Nach seinem Tod 1704 wurde Dusarts Sammlung am 31. Juli 1708 in Den Haag verstei-gert, die nicht nur den Nachlass der Brüder Ostade, sondern auch andere niederländische und italienische Künstler, darunter Cornelis Bega (1620–1664), Gerrit Berckheyde (1638–1698) und Adriaen van de Velde (1636–1672), beinhaltete.

Mit dem wiederkehrenden Motiv von trinkenden, musizierenden und rauchenden Bauern im Œuvre Dusarts, versuchte er seinem Publikum weniger eine moralische Lektion zu erteilen, als vielmehr eine satirische Note zu vermitteln. Entsprechend waren seine Gemälde als eine Art Komödie zu verstehen, die der Unterhaltung beitrugen.

CHF 20 000 / 30 000(€ 18 520 / 27 780)

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3041PIETER SYMONSZ. POTTER(Enkhuizen 1597–1652 Amsterdam)Soldaten, ein Offizier und eine junge Frau in einem Wachlokal. 1632.Öl auf Holz. Unten links signiert und datiert: P. Potter. f. 1632.32 × 42,5 cm.

Provenienz:- Auktion Christie‘s, London, 19.12.1938, Los 92.- Schweizer Privatbesitz, seit den 1950er-Jahren.- Durch Erbfolge an heute Besitzer, Privatsammlung Schweiz.

Das Gemälde ist im RKD, Den Haag, als ein eigenhändiges Werk von Pieter Symonsz. Potter registriert.

CHF 7 000 / 10 000(€ 6 480 / 9 260)

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3042JAN VAN GOYEN(Leiden 1596–1656 Den Haag)Reiter und Fischersleute in einer weiten Dünenlandschaft mit einer Kirche im Hintergrund. 1640.Öl auf Holz. Unten rechts signiert und datiert: VGOYEN 1640.42,2 × 66,2 cm.

Provenienz:Schweizer Privatbesitz, seit mehreren Generationen.

Literatur:Hans-Ulrich Beck: Jan van Goyen 1596-1656. Ein Œuvrever-zeichnis, Bd. III, Doornspijk 1987, S. 253, Kat.-Nr. 932 (mit Abb.).

Charakteristisch für die 1640er-Jahre im Œuvre Jan van Goyens sind die panoramahaften Landschaften in grossem Breitformat, bei denen er die Horizontlinie auf das untere Drittel herabsetzt und die Szene mit einer belebten Szenerie im Vordergrund und einer topographischen Ansicht im Hintergrund strukturiert. Dies zeigt sich in eindrücklicher Weise bei dieser 1640 datierten hol-ländischen Dünenlandschaft, an der sich zahlreiche Fischer und Händler tummeln. Viele Gemeinden entlang der holländischen Nordseeküste hatten aufgrund ihres langen flachen Ufers keinen Hafen. Der Fischfang wurde auf hoher See in kleinere Segel-

schiffe, sogenannte Bomschuit, umgeladen, welche die Fracht bis ans Ufer bringen konnten, wie in unserem Gemälde links im Hintergrund zu sehen ist. Zur Rechten ist die Ruine einer Kirche zu sehen, die wohl im Achtzigjährigen Krieg zerstört wurde, wie viele in dieser Zeit.

Dieses charakteristische Gemälde Jan van Goyens verkörpert auf eindrückliche Weise die Fähigkeit des Künstlers, wunderbar stimmungsvolle Effekte zu kreieren und zeigt die Vollendung der Entwicklung seines eigenen Stils, nachdem sich Jan van Goyen in den 1630er-Jahre vom Einfluss seines Lehrers Esaias van de Velde (1587–1630) gelöst hatte.

Jan van Goyen, der 1632 mit seiner Frau und seinen Töchtern von seiner Geburtsstadt Leiden nach Den Haag gezogen war, stellte mehrere vergleichbare Szenen dar, so beispielsweise den Strand von Egmond aan Zee in einem 1634 datierten Gemälde im Indianapolis Museum of Art (Inv.-Nr. 1983.67) und in zwei weiteren Kompositionen, bei denen er auf das Motiv der Kirchenruine und eines von zahlreichen Figuren belebten Strandufers zurückgriff (siehe Beck 1973, Kat.-Nr. 933 und 935, S. 418).

Siehe auch Katalogeintrag zu Los 3024.

CHF 60 000 / 80 000(€ 55 560 / 74 070)

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3043MATTHIJS SCHOEVAERDTS(Brüssel um 1665–nach 1702)Belebte Hafenszene mit Fischmarkt.Öl auf Leinwand. Unten links schwer leserlich signiert: M. SCHOEVAERDTS. F.41,3 × 60,3 cm.

Provenienz:Schweizer Privatbesitz.

Das Gemälde ist im RKD, Den Haag, als ein eigenhändiges Werk von Matthijs Schoevaerdts archiviert.

CHF 5 000 / 7 000(€ 4 630 / 6 480)

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3044JORIS VAN DER HAAGEN(um 1615 Den Haag 1669)Italianisierende Waldlandschaft mit Jägern.Öl auf Leinwand. 132,5 × 150,5 cm.

Provenienz:Schweizer Privatsammlung.

Dieses Gemälde zeichnet sich durch eine für Joris van der Haagen typische Komposition aus. Die detaillierte Ausführung des Blatt-werks, der Baumstämme und des Waldbodens im Vordergrund legen Zeugnis ab von der gekonnten Pinselführung des Künst-lers. Eine vergleichbare Darstellung mit Wasserfall findet sich im Statens Museum for Kunst in Kopenhagen (Öl auf Leinwand, 178 × 210 cm).

Das Gemälde ist im RKD, Den Haag, als ein eigenhändiges Werk von Joris van der Haagen archiviert.

CHF 10 000 / 15 000(€ 9 260 / 13 890)

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3045*BERGAMO SCHULE, UM 1560Porträt eines Herren mit einem weissen Kragen.Öl auf Leinwand. 42,8 × 34,3 cm.

Provenienz:Europäischer Privatbesitz.

CHF 4 000 / 6 000(€ 3 700 / 5 560)

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3046*PIETER CORNELISZ. VERBEECK(um 1610 Haarlem um 1654)Orientalischer Reiter in einer Grotte mit Schimmel. 1642.Öl auf Holz. Unten links monogrammiert und datiert: P. VB. f. 1642.38,5 × 30,5 cm.

Provenienz:- Sammlung Familie Moltke, Dänemark.- Auktion Winkel & Magnussen, 1.–2.6.1931, Los 136 (verso mit

Etikett).- Sammlung Eric Cervin, Haneberg Manor, Schweden (verso mit

Etikett).- Sammlung Anna Trellens (verso mit Etikett).- Privatsammlung, Schweden.- Auktion Stockholms Auktionsverk, Stockholm, 5.6.2013, Los

1942.- Kunsthandel Daxer & Marschall, München.- Europäische Sammlung.

Pieter Cornelis Verbeeck trat 1635 der Malergilde in Alkmaar bei und heiratete Agnes Groenvelt im selben Jahr. 1638 siedelten sie nach Utrecht um, wo allerdings seine Frau nur vier Jahre später verstarb und woraufhin Verbeeck nach Haarlem zurückkehrte.

1645 trat er in die Haarlemer Gilde ein und heiratete Elisabeth van Beresteijn, die Schwester seines Freundes und Landschaftsmaler Claes van Beeresteijn (1627–1684).

Der niederländische Biograf Arnold Houbracken (1660–1719) er-wähnt, dass Verbeeck der Lehrer von Gillis Schagen (1616–1668) war. Es ist unklar, ob Verbeeck Philips Wouwerman (1619–1668), Haarlems prominentesten Maler von Landschaften und Pferden seiner Zeit, kannte, aber es ist wahrscheinlich, dass sie vonei-nander wussten und dass Wouwerman in gewisser Weise von seinem älteren Malerkollegen beeinflusst wurde. Diese Annahme bestätigt sich auch beim Betrachten dieses Gemäldes, das einen äusserst realistischen und versiert gemalten Schimmel zeigt, der mit diversen Farberhöhungen äusserst lebendig wiedergegeben ist. Der pastose Farbauftrag findet sich auch in der Gesteins-formation der Grotte, der Vegetation und der Gewandung des Reiters und wird durch gezielte Lichtführung verstärkt akzentuiert.

Das Gemälde ist im RKD, Den Haag, als ein eigenhändiges Werk von Pieter Cornelisz. Verbeeck archiviert.

CHF 25 000 / 35 000(€ 23 150 / 32 410)

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3047*ARY DE VOIS(Utrecht um 1632–1680 Leiden)Porträt eines Edelmannes im orangefarbenen seidenen „japonse rok“.Öl auf Holz.Mittig auf dem Blatt signiert: ADVois f.36,5 × 30 cm.

Provenienz:- Auktion Stockholms Auktionsverket, Stockholm, 29.5.2008, Los

2454.- Privatsammlung.- Auktion Hampel, München, 23.3.2012, Los 187.- Europäische Sammlung.

1641 erlaubte das Shogunat den Niederlanden als einziges europäisches Land, mit Japan Handel zu betreiben. Der hier dar-gestellte sogenannte „Japonse rok“ war ein in Japan speziell für niederländische Händler hergestelltes Kleidungsstück, welches häufig von hochrangigen Persönlichkeiten der Niederländischen Ostindien-Kompanie erworben wurde.

CHF 6 000 / 8 000(€ 5 560 / 7 410)

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3048ALBRECHT KAUW(Strassburg 1616–1681 Bern)Seeschlacht wohl bei Fehmarn. 1670.Öl auf Leinwand. Verso signiert und datiert: A. Kauw fe 1670.82 × 105 cm.

Provenienz:- Schweizer Privatbesitz, seit über 70 Jahren.- Durch Erbschaft an heutige Besitzer.

Dr. Georges Herzog, dem wir für die Hilfe bei der Katalogisierung dieses Gemäldes danken und dessen Eintrag wir nachfolgend zitieren, bestätigt die Autorschaft Albrecht Kauws nach Besich-tigung des Originals. Bei der dargestellten Seeschlacht dürfte es sich um diejenige bei Fehmarn handeln, bei der während des Dreissigjährigen Krieges am 13. Oktober 1644 die Schweden in Verbrüderung mit den Niederländern die dänische Flotte besieg-ten und somit die bislang anhaltende Vorherrschaft der Dänen in der Ostsee beendeten.

„Der ursprünglich aus Strassburg stammende Albrecht Kauw, der sich nach seiner Ankunft in Bern um 1640 in den ersten 25 Jahren seiner Berner Tätigkeit vor allem als Kopist und somit Bewah-rer des Manuelschen Totentanzes, als begabter Vedutist in Öl, Aquarell und Gouache sowie als hochorigineller Stilllebenmaler einen Namen gemacht hatte, beantragte 1666 für sich und einen seiner Söhne bei der Berner Obrigkeit ein Privileg zum Verkauf von „Kupferstuck und Gmähl“, also von Druckgrafik und Gemälden. Beim erwähnten Sohn handelte es sich höchstwahrscheinlich um seinen damals zwanzigjährigen Malersohn Gabriel, der eben von

seiner Wanderschaft, die ihn in süddeutsche Kunstzentren wie Strassburg, Frankfurt und Nürnberg geführt hatte, nach Bern zu-rückgekommen war, nachdem er sich zuvor auf dem Kunstmarkt dieser Städte reichlich mit internationaler Grafik eingedeckt hatte. Von diesem Zeitpunkt an eröffnete sich Vater Albrecht Kauw eine neue Welt. Das Komponieren von Bildern aus Elementen mehr oder weniger aktueller Stichvorlagen aus dem internationalen An-gebot bestimmte in der Folge einen wichtigen Teil der raumdeko-rativen Arbeiten Kauws in seinem letzten Schaffensjahrzehnt. Mit den Grossaufträgen für die bildkünstlerischen Ausstattungen der Schlösser Utzigen und Oberdiessbach konnte Kauw nun diese für ihn offensichtlich neuen und scheinbar nahezu unerschöpflichen Quellen für sich nutzen (siehe hierzu Georges Herzog: Albrecht Kauw (1616–1681). Der Berner Maler aus Strassburg, Bern 1999, S. 310 ff., Nr 175–177 und S. 330, Nr. 190/91).

Die hier angebotene Seeschlacht zwischen holländischen und dänischen Galeonen steht in der Tradition der holländischen Marinemalerei, wie sie durch grafische Arbeiten von Stechern wie Reinier Nooms, genannt Zeeman (um 1623–1664) in ganz Europa verbreitet wurde. Sie ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie Alb-recht Kauw es verstand, für die Ausstattungen der Landsitze und Schlösser seiner zumeist patrizischen Auftraggeber, die häufig durch fremde Dienste zu Ansehen, Geld und auf den Geschmack für solche militärisch geprägten Darstellungen gekommen waren, diese gefragten Themen als leuchtende, farbenfrohe Suprapor-ten und Cheminéebilder zu inszenieren. Einmal mehr kommt hier auch zum Ausdruck mit welcher anekdotischen Fertigkeit es Kauw gelang, mit ein paar Strichen und Tupfer, die Stimmung der kleinfi-gurigen Personenstaffage einzufangen.“

CHF 12 000 / 18 000(€ 11 110 / 16 670)

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3049*PIETER DE BLOOT(1601 Rotterdam 1658)Fährenübergang an einem Fluss.Öl auf Holz. 46,3 × 83,5 cm.

Provenienz:- Kunsthandel X. Scheidwimmer, München, 1994.- Süddeutsche Privatsammlung.- Auktion Hargesheimer Kunstauktionen, Düsseldorf, 15.3.2018,

Los 2119.- Europäische Sammlung.

Das hier angebotene Gemälde lässt sich stilistisch wie auch kompositorisch mit der „Fähre am Fluss“ von Pieter de Bloot ver-gleichen, ehemals aus der Sammlung Jacob Fischer, Mainz (siehe Hans-Ulrich Beck: Künstler um Jan van Goyen, Augsburg 1991, S. 48, Kat.-Nr. 72).

Das Gemälde ist im RKD, Den Haag, als ein eigenhändiges Werk von Pieter de Bloot archiviert.

CHF 7 000 / 10 000(€ 6 480 / 9 260)

3050MAARTEN VAN HEEMSKERCK (NACHFOLGER DES 17. JAHRHUNDERTS)(Heemskerck 1498–1574 Haarlem)Gegenstücke: Allegorie des Neids (Invidia) und Allegorie der Armut (Inopia).Öl auf Leinwand. Je 60 × 72 cm.

Provenienz:Schweizer Privatbesitz, seit den 1970er-Jahren.

Jedes Jahr fand am 1. Juli in Antwerpen anlässlich der Be-schneidung Christi eine Prozession statt. Im Jahre 1561 war das Thema der Kreislauf des menschlichen Daseins. Maarten van Heemskerck fertigte hierzu einen Stichzyklus mit den sieben Wagen des Umzugs an, mit dem Jüngsten Gericht als Schlussbild. Die hier angebotenen Gemälde gehen auf zwei Kupferstiche aus dieser Serie zurück.

CHF 5 000 / 7 000(€ 4 630 / 6 480)

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3051*JAN WYNANTS(Haarlem um 1630–1684 Amsterdam)Bewaldete Landschaft mit Hirte. 1661.Öl auf Holz. Unten links signiert und datiert: J wynants 1661.30,1 × 37,1 cm.

Provenienz:Europäische Sammlung.

Das hier angebotene Gemälde ist ein qualitätsvolles Werk Jan Wynants und entstand 1661 in Amsterdam, etwa ein Jahr nach der Übersiedelung des Malers von Haarlem. Die Verbindung eines markanten Waldstücks mit Disteln im Vordergrund und Figuren in einer Landschaft im Mittelgrund ist ein charakteristisches Merkmal für das Spätwerk Wynants und findet sich beispielswei-se in der 1669 entstandenen „Bewaldete Landschaft mit einem Baumstamm, Disteln und Figuren auf einem Weg“, das sich im Staatlichen Museum in Schwerin befindet (Inv.-Nr. G 3950, siehe Klaus Eisele: Jan Wijnants (1631/32-1684). Ein Niederländischer Maler der Ideallandschaft im Goldenen Jahrhundert, Stuttgart 2000, Kat.-Nr. 115).

Der Landschaftsmaler Jan Wynants ist vor allem für seine italienisch anmutenden Landschaften und Gemälde mit topog-rafischen Motiven bekannt. Er wurde in Haarlem als Sohn eines katholischen Kunsthändlers geboren. Nach dem Tod seiner Mutter heiratete sein Vater Maria Jans van Stralen, die Witwe von Jasper Jaspersz van Heemskerck und Mutter des Malers Egbert Jaspersz van Heemskerck (1634–1704), wodurch Wynants und Van Heemskerck Stiefbrüder wurden. Wynants war bis 1660 in Haarlem tätig, und siedelte dann nach Amsterdam über. Er war der Lehrer von Willem Schellinks (1623–1678) und Nicolaes de Vree (1645–1702).

CHF 5 000 / 7 000(€ 4 630 / 6 480)

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3052*JOHANNES HANNOT(1633 Leiden 1684)Stillleben mit Zitrusfrüchten, Austern und Hummer.Öl auf Leinwand. Rechts auf der Steinplinthe schwer leserlich monogrammiert: J. (H).86 × 71 cm.

Provenienz:- Privatsammlung Niederlande bis 2003.- Kunsthandel Peter de Boer, Amsterdam (verso mit Etikett).- Europäischer Privatbesitz.

Johannes Hannot spezialisierte sich auf Stillleben, vorwiegend mit Früchten, und arbeitete zeit seines Le-bens in Leiden. Er war auch als Weinhändler tätig. Seine Stillleben erinnern stark an Jan Davidsz. de Heem (1606–1683). Sein erstes datiertes Stillleben stammt von 1654.

Das hier angebotene Stillleben ist im RKD, Den Haag, als ein eigenhändiges Werk von Johannes Hannot archiviert.

CHF 30 000 / 40 000(€ 27 780 / 37 040)

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3053THEOBALD MICHAU(Tournai 1676–1765 Antwerpen)Belebte Dorfszene mit Markttreiben.Öl auf Holz. Unten links signiert: T. Michau.53 × 70,5 cm.

Provenienz:- Sammlung Madame Danièle Marie Charlotte Plancher.- Durch Erbschaft, Schweizer Privatbesitz.

Dieses charakteristische Werk von Theobald Michau zeigt eine weite flämische Landschaft mit reicher Figurenstaffage. Links im Vordergrund zeigt sich eine belebte Marktszene mit Ver-kaufsständen und Passanten. Weiter rechts erstreckt sich die Landschaft über einen Fluss zu einer Stadt am anderen Ufer. Im Mittelgrund dient eine dunkle Baumgruppe als Repoussoir-Motiv für die sich im Blickfeld des Betrachters weit entfaltende Land-schaft in sanften grünen und blauen Tönen. Bis zum Horizont sind zahlreiche Details zu erkennen.

Der Bildaufbau unseres Gemäldes sowie die atmosphärische Per-spektive in blau und grün machen den Einfluss der Antwerpener Meister Jan Brueghels d. Ä. (1568–1625) sowie Joos de Momper (1564–1636) im Werk Theobald Michaus ersichtlich. Michau lernte in Tournai im Atelier des flämischen Landschaftsmalers Lucas Achtschellinck (1626–1699) und war schon zu Lebzeiten ein gefragter Landschaftsmaler. Seine populären Festszenen in der Nachfolge David Teniers d. J. (1610–1690) waren ebenfalls sehr beliebt.

CHF 40 000 / 60 000(€ 37 040 / 55 560)

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3054*JACOB ROOTIUS(1644 Hoorn 1681/82)Früchtestillleben vor einer Landschaft.Öl auf Leinwand. Unten rechts am Rand eines Blattes mit Monogramm: JCB.66 × 53,2 cm.

Provenienz:- Auktion Sotheby‘s, London, 4.11.1982, Los 44 (als in der Art

Jacob van Walscapelle).- Auktion Paleis voor Schone Kunsten, Brüssel, 18.11.1992, Los

85.- Auktion Christie‘s, London, 29.10.1997, Los 272 (als zugeschrie-

ben Christiaen van Dielaert).- Gallerie Luigi Caretto, Turin, 1999.- Europäischer Privatbesitz.

Ausstellung:Turin 1999, 40a Mostra Fiamminghi ed Olandesei del XVI-XVII secolo, Galleria Luigi Caretto, Turin, 1999, Nr. 13.

Dr. Fred G. Meijer bestätigt die Eigenhändigkeit anhand einer Fo-tografie, wofür wir ihm danken. Er vergleicht unser Gemälde dabei mit einem signierten und 1681 datierten Stillleben von Jacob Rootius, das im Februar 1969 in Brüssel versteigert wurde (davor bei Christie‘s, London, 19.3.1954, Los 87, fälschlicherweise als Jan Albertsz. Rotius).

CHF 7 000 / 10 000(€ 6 480 / 9 260)

3055JACOB VAN HAL(1672 Antwerpen 1750)Bad der Diana.Öl auf Leinwand. Unten rechts signiert: J. v. Hal.66,8 × 85,5 cm.

Provenienz:Schweizer Privatbesitz.

Dieses kürzlich in einer Schweizer Privatsammlung entdeckte Gemälde von Jacob van Hal mit dem Bad der Diana kann stilistisch mit dem Werk „Esther vor Ahasuerus“ von Jacob van Hal vergli-chen werden, das sich im Schloss Gaibach in Volkach befindet. Dabei ist die Detailvielfalt vor allem in den Gesichtern unserer Darstellung ausgeprägter und qualitätsvoller.

1672 in Antwerpen geboren, lernte Jacob van Hal zunächst als Lehrling in der dortigen Sankt Lukas Gilde von 1681 bis 1682. Von 1691 bis 1692 ist er als Meister aufgeführt und von 1705 bis 1706 als Dekan.

Das Gemälde ist im RKD, Den Haag, als ein eigenhändiges Werk von Jacob van Hal archiviert.

CHF 10 000 / 15 000(€ 9 260 / 13 890)

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3056JAN VAN HUCHTENBURG(Haarlem 1647–1733 Amsterdam)Reisende bei der Rast.Öl auf Leinwand. Unten rechts signiert: Huchtenburg P.53 × 67 cm.

Provenienz:- Galerie Kitzinger, Luzern, 1944.- Durch Erbfolge an den heutigen Besitzer, Schweizer Privat-

sammlung.

CHF 6 000 / 8 000(€ 5 560 / 7 410)

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3057ANTOINE MONNOYER(Paris 1677–1745 Saint-Germain-en-Laye)Blumenstillleben.Öl auf Leinwand. Unten links signiert: JBaptiste.81 × 104,5 cm.

Gutachten:Dr. Claudia Salvi, 6.5.2021.

Provenienz:- Ehemal Sammlung Frey, Bürgenstock.- Schweizer Privatbesitz.

Literatur:Fritz Frey: Der Bürgenstock: Kunst - Geschichte - Tradition - Hoteldorf, Zürich 1967, S. 142, Abb. S. 143 (als Jean-Baptiste Monnoyer).

Antoine Monnoyer, der als grosser Meister des Blumenstilllebens zusammen mit Charles Le Brun (1619–1690) in Versailles tätig war, wurde grösstenteils von seinem Vater, Jean-Baptiste Monno-yer (1636–1699) ausgebildet. Er reiste mit ihm nach England, wo er für den dortigen französischen Botschafter, Sir Ralph Monta-gu, das Burlington House zusammen mit Charles de La Fosse (1636–1716) ausschmückte. Blumenstillleben erfreuten sich zu dieser Zeit ausserordentlich grosser Beliebtheit.

Nach dem Tod seines Vaters reiste Antoine Monnoyer durch ganz Europa, unter anderem nach Rom, England, Dänemark und

Schweden. Dr. Salvi betont, dass der „Monnoyer-Stil“ hauptsäch-lich dank dieser Reisen so grosse Beliebtheit erlangte und zahlrei-che Künstler, wie beispielsweise Jan Frans van Son (1658–1718), beeinflusste.

Charakteristisch für Antoine Monnoyer ist der sehr dekorative Charakter seiner Kompositionen. Während Jean-Baptiste seine Blumenkompositionen direkt nach der Natur malte, wandte Anto-ine die Technik von Jacob Bogdani (1658–1724) an, der ebenfalls in England tätig war: Dieser schnitt zuerst Blumenformen aus und platzierte diese auf eine grüne Leinwand. Erst wenn er seine Komposition festgelegt hatte, malte er die Blumen nach natür-lichen Vorbildern. Ausserdem war seine Farbwahl vielmehr von dekorativen Bedürfnissen geleitet als durch die natürlichen Farben der Blumen.

Dr. Claudia Salvi datiert das hier angebotene Gemälde zwischen 1734 und 1745 und betont, dass Antoine seine Werke oft mit JBaptiste signierte, in Anlehnung an die Werke seines Vaters. Sie deutet zudem darauf hin, dass die perfekt ausbalancierte Entfaltung der Blumen auf einer ebenen Fläche, wie ein kost-barer Wandteppich, charakteristisch für die Produktion dieses wichtigen Meisters ist. Die akribische Wiedergabe der im Wasser schwimmende Stiele in unserem Gemälde ist dabei eine be-wusste archaisierende Wahl des Künstlers und als Hommage an die grossen Meister des Genres wie Ambrosius Bosschaert d. Ä. (1573–1621), Jan Brueghel d. Ä. (1568–1625) oder Balthasar van der Ast (1593–1657) zu verstehen.

CHF 15 000 / 25 000(€ 13 890 / 23 150)

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3058*LUIGI MIRADORI GENANNT IL GENOVESINO (UMKREIS)(Genua 1605–1656 Cremona)Heraklit.Öl auf Leinwand. 34,7 × 30,7 cm.

Provenienz:Europäischer Privatbesitz.

CHF 7 000 / 12 000(€ 6 480 / 11 110)

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3059*LUCA GIORDANO UND CARLO GAROFALO(1634 Neapel 1705) (1688 Neapel 1705)Esther und Ahasuerus.Hinterglasmalerei. 59,5 × 47 cm.

Provenienz:Europäischer Privatbesitz.

Dieses Hinterglasgemälde identifiziert Prof. Nicola Spinosa anhand von Fotografien als eine Gemein-schaftsarbeit Luca Giordanos und seinem besten Schüler, Carlo Garofalo, wofür wir ihm danken. Er geht dabei von einer Entstehung zwischen 1680 und 1690 aus. Die Produktion von Hinterglasmalerei-en im Atelier von Luca Giordano erfreute sich grosser Beliebtheit und die Tafeln dienten vorwiegend als Ausschmückung von Kabinettschränken (siehe auch Frieder Ryser: Luca Giordano/Neapel und Spanien 17. und 18. Jahrhundert, in: Ausst.-Kat. Glas–Glanz–Farbe: Vielfalt barocker Hinterglaskunst im Europa des 17. und 18. Jahrhunderts, hrsg. von Brigitte Salmen, Murnau 1997, S. 26ff.). Bei diesem hier ange-botenen Bildnis von Esther und Ahasuerus dürfte es sich allerdings aufgrund der Grösse um ein eigen-ständiges Werk handeln. Bemerkenswert ist dabei der gute Erhaltungszustand und die Detailvielfalt.

CHF 20 000 / 30 000(€ 18 520 / 27 780)

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3060*GUIDO RENI UND WERKSTATT(Calvenzano 1575–1642 Bologna)Heilige Katharina von Alexandrien.Öl auf Leinwand. 106 × 85 cm.

Provenienz:Europäischer Privatbesitz.

Prof. Raffaella Morselli geht nach Prüfung des Gemäldes im Original davon aus, dass es während Renis Aufenthalt in Rom um 1613–14 unter Beteiligung seiner Schüler entstanden ist. Sie betont die Qualität der Ausführung, insbesondere im Gewand der Figur.

CHF 25 000 / 35 000(€ 23 150 / 32 410)

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3061GIOVANNI ODAZZI(1663 Rom 1731)Heilige Familie mit Putti in einer Landschaft.Öl auf Leinwand. 68,8 × 53,3 cm.

Provenienz:Schweizer Privatsammlung.

Francesco Petrucci, der die Autorschaft Giovanni Odazzis anhand einer Fotografie bestätigt und dem wir für seine Hilfe bei der Katalogisierung danken, erkennt in dieser Heiligen Familie mit Putti in einer Landschaft ein bedeutendes Spätwerk des Künstlers. Es weist die künstlerische Nähe zu seinem Lehrmeister Baciccio (1639–1709) sowie den Einfluss Carlo Marattas (1625–1713) auf, der eine prominente Rolle in der spätbarocken römischen Malerei des frühen 18. Jahrhunderts innehatte. Als stilistischer Vergleich ist das Gemälde „Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ von Giovanni Odazzi zu nennen, welches sich im Walters Art Museum in Baltimore befindet (Inv.-Nr. 37.1122).

CHF 10 000 / 15 000(€ 9 260 / 13 890)

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3062*BERNARDO BELLOTTO GENANNT CANALETTO UND LORENZO BELLOTTO(Venedig 1721–1780 Warschau) (Venedig 1742–1770 Warschau)Blick auf München von Osten. Um 1762–1767.Öl auf Leinwand. 69 × 119,5 cm.

Provenienz:- Sammlung des österreichischen Generalkonsuls Wünsch (gebo-

ren um 1780).- Sammlung seiner Tocher, Mrs. Jiricek-Wünsch (1818–1859).- Durch Erbschaft Sammlung ihres Ehemannes, Leopold Zde-

borsky (1815–1887), Prag (verso mit Wachssiegel).- Sammlung seiner Tochter, Sofie-Johanna Honsig von Jägerhain,

Österreich (Tochter von Leopold und Johanna Zdeborsky, mit Julius Anton Honsig von Jägerhain verheiratet).

- Sammlung Julius Anton Honsig von Jägerhain (1849–1924).- Sammlung Ing. Heinrich Honsig, Bruder von Julius Anton Honsig

von Jägerhain.- Kunsthandel Sabin, London (über Karl Honsig, Neffe und Erbe

von Heinrich Honsig).- Kunsthandel Karl Haberstock, Berlin, 1928.- Sammlung Maser, Zürich, 1936.- Sammlung Heinrich Abel, München, 1997.- Europäischer Privatbesitz, seit 2000.

Ausstellung:Wien 2005, Bernardo Bellotto genannt Canaletto. Europäische Veduten, Kunsthistorisches Museum Wien, 16.3.–19.6.2005, Nr. 30.

Literatur:- Wohl Ausst.-Kat. Bernardo Bellotto genannt Canaletto, Wien

1965, S. 69.- Andrzej Rottermund: Bernardo Bellotto’s Unknown View of Mu-

nich, in: Artibus et Historiae, Nr. 38, 1998, S. 9–20.- Bernardo Bellotto and the Capitals of Europe, Ausst.-Kat., hrsg.

von Edgar Peters Bowron, New Haven / London 2001, S. 214.- Karl Schütz: Bernardo Belotto, gen. Canaletto – Leben und Werk,

Vernissage, Nr. 2/2005, S. 6–23 (S. 13, ill.).- Ausst.-Kat. Bernardo Bellotto genannt Canaletto. Europäische

Veduten, hrsg. von W. Seipel, Wien 2005, Kat.-Nr. 30, S. 152–153.- Charles Beddington: Munich from Gasteig Hill, in: Selected Old

Master Paintings, London 2011, S. 54–55 (mit Abb.).- Ausst.-Kat. Canaletto – Bernardo Bellotto malt Europa, hrsg. von

Andreas Schumacher, München 2014, S. 254.

Diese seltene Ansicht von München vom Gasteig aus gesehen wurde vor einigen Jahren in einer Privatsammlung entdeckt und von A. Rottermund als dritte eigenhändige Version der berühmten Komposition von Bernardo Bellotto publiziert (siehe Literatur). Die Erstfassung befindet sich in den Bayerischen Staatsgemäldes-ammlungen, Münchner Residenz (Inv.-Nr. 111, 1761 datiert, Öl auf Leinwand, 125 x 220 cm) und eine Replik, bei der angenommen wird, dass sein Sohn, Lorenzo Bellotto (1742–1770), mitbeteiligt war, befindet sich heute in der National Gallery of Art in Washing-ton (Inv.-Nr. 1961.9.64, Samuel H. Kress Foundation).

Bernardo Bellotto reiste 1761 von Wien nach München und traf dort am 14. Januar mit einem Empfehlungsbrief Maria The-resias von Österreich an Prinzessin Maria Antonia Walpurgis

Symphorosa von Bayern ein (siehe H. A. Fritzsche: Bernardo Bellotto genannt Canaletto, Burg b. Magdeburg 1936, S. 68–70). Die Prinzessin Maria Antonia von Bayern war die Schwester des bayerischen Kurfürsten und mit Friedrich Christian Kurfürst von Sachsen, dem ältesten Sohn und Thronfolger Friedrich August II., verheiratet. Das Paar hielt sich aufgrund des Siebenjährigen Krieges am Münchner Hof auf. Bellotto malte für Maximilian III. Josef Kurfürst von Bayern eine grosse Ansicht von München und zwei von der Sommerresidenz Nymphenburg, die sich heute noch in der kurfürstlichen Residenz in München befinden. Gisela Barche vermutet aufgrund des gemeinsamen bayerischen und sächsi-schen Wappens auf den Originalrahmen der drei Gemälde, dass es sich dabei nicht um einen Auftrag des bayerischen Kurfürsten, sondern vielmehr um ein Geschenk des sächsischen Fürsten-paares an seine Gastgeber gehandelt habe (siehe Gisela Barche: Bernardo Bellotto, Verona e le citta europee, Verona 1990, S. 156–161).

Bellotto hat von diesen drei Ansichten etwa halb so grosse Repli-ken angefertigt, von denen sich zwei (Ansicht von München und eine Ansicht von Nymphenburg) heute in der National Gallery of Art in Washington befinden. Die hier angebotene, dritte bekannte Version der Ansicht von München, dürfte laut Rottermund zwi-schen 1762 und 1767, also nach der Rückkehr des Künstlers nach Dresden, entstanden sein und ist in der Grösse vergleichbar mit der Version in der National Gallery of Art. In dieser Zeit nahmen die Aufträge aus dem königlichen Hofe aufgrund des Todes des Königs August III. in Dresden ab, sodass Bellotto zusätzliche Auf-träge annehmen musste. Zudem ist bekannt, dass Bellotto, der bereits als 14-Jähriger in der Werkstatt seines Onkels, dem be-rühmten venezianischen Vedutenmaler Giovanni Antonio Canale genannt Canaletto (1697–1768), tätig war, zahlreiche detaillierte Zeichnungen als Vorbereitung für seine grossen Kompositionen anfertigte. So konnte er für spätere Aufträge auf diese vorberei-tenden Zeichnungen zurückgreifen und Repliken anfertigen. In unserer Version halten Andrzej Rottermund und Charles Bed-dington eine Beteilung des Sohnes Bellottos, Lorenzo, an der Stadtansicht im Hintergrund für möglich, während Karl Schütz das Werk als ausschliessliche Arbeit Bernardo Bellottos sieht (siehe Literatur). Ein 1766 von Franz Xaver Jungwirth (1720–1790) angefertigter grossformatiger Kupferstich scheint der Staffage nach eher auf eine der beiden Repliken als auf die Erstfassung in der Münchner Residenz zurückzugehen.

Auf der Rückseite unseres Gemäldes deuten ein Etikett und ein Wachssiegel mit der Aufschrift „Prag“ und dem Namen „Leopold Zdeborsky“ auf den ehemaligen Besitzer Leopold Zdeborsky (1815–1887) hin, welcher in Prag lebte. Um 1840 heiratete er Jiricek-Wünsch (1818–1859), welche die Tochter des Generalkon-suls Wünsch (geboren 1780) war.

Schätzung auf Anfrage

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3062*BERNARDO BELLOTTO CALLED CANALETTOAND LORENZO BELLOTTO(Venice 1721–1780 Warsaw) (Venice 1742–1770 Warsaw)View of Munich seen from the east. Circa 1762–1767.Oil on canvas.69 × 119.5 cm.

Provenance:- Collection of the Austrian Consul General Wünsch (born circa

1780).- Collection of his daughter, Mrs. Jiricek-Wünsch (1818–1859).- By inheritance, collection of her husband, Leopold Zdeborsky

(1815–1887), Prague (wax seal verso).- Collection of his daughter, Sofie-Johanna Honsig von Jägerhain,

Austria (daughter of Leopold and Johanna Zdeborsky, married to Julius Anton Honsig von Jägerhain).

- Collection of Julius Anton Honsig von Jägerhain (1849–1924).- Collection of Ing. Heinrich Honsig, brother of Julius Anton Hon-

sig von Jägerhain.- With Sabin, London (via Karl Honsig, nephew and heir of Heinrich

Honsig).- With Karl Haberstock, Berlin, 1928.- Maser Collection, Zurich, 1936.- Heinrich Abel Collection, Munich, 1997.- European private collection, since 2000.

Exhibited:Vienna 2005, Bernardo Bellotto genannt Canaletto. Europäische Veduten, Kunsthistorisches Museum Vienna, 16.3.–19.6.2005, no. 30.

Literature:- Most likely exh. cat. Bernardo Bellotto genannt Canaletto, Vien-

na 1965, p. 69.- Andrzej Rottermund: Bernardo Bellotto‘s Unknown View of

Munich, Artibus et Historiae, no. 38, 1998, pp. 9–20.- Bernardo Bellotto and the Capitals of Europe, exh. cat. Edgar

Peters Bowron (ed.), New Haven / London 2001, p. 214.- Karl Schütz: Bernardo Belotto, gen. Canaletto - Leben und Werk,

Vernissage, no. 2/2005, pp. 6–23 (p. 13, ill.).- Exh. cat. Bernardo Bellotto genannt Canaletto. Europäische

Veduten, (ed.) W. Seipel, Vienna 2005, cat. no. 30, pp. 152–153.- Charles Beddington: Munich from Gasteig Hill, in: Selected Old

Master Paintings, London 2011, pp. 54–55 (with ill.).- Exh. cat. Canaletto – Bernardo Bellotto malt Europa, (ed.)

Andreas Schumacher, Munich 2014, p. 254.

This rare view of Munich as seen from Gasteig Hill was discovered recently in a private collection and published by A. Rottermund as the third version of Bernardo Bellotto‘s famous composition in the artist’s own hand (see Literature). The first version is in the Bayeri-sche Staatsgemäldesammlungen, Munich Residenz (inv. no. 111, dated 1761, oil on canvas, 125 x 220 cm) and a replica, on which it is assumed his son Lorenzo Bellotto (1742–1770) also worked, is now in the National Gallery of Art in Washington (Samuel H. Kress Foundation).

Bernardo Bellotto travelled from Vienna to Munich in 1761 and arrived there on 14 January with a letter of recommendation from Maria Theresa of Austria to Princess Maria Antonia Walpurgis Symphorosa of Bavaria (see H. A. Fritzsche: Bernardo Bellotto genannt Canaletto, Burg b. Magdeburg 1936, pp. 68–70). Princess Maria Antonia of Bavaria was the sister of the Bavarian Elector and married to Frederick Christian Elector of Saxony, the eldest son and heir to the throne of Frederick August II. The couple were resi-ding at the Munich court because of the Seven Years War. Bellotto painted for Maximilian III. Joseph Elector of Bavaria a large view of Munich and two of the summer residence at Nymphenburg, which are still in the Electoral Residence in Munich today. Gisela Barche surmises on the basis of the Bavarian and Saxon coat of arms, common to the original frames of the three paintings, that this was not a commission from the Bavarian Elector, but rather a gift from the Saxon princely couple to their hosts (see Gisela Barche: Bernardo Bellotto, Verona e le citta europee, Verona 1990, pp. 156–161).

Bellotto made replicas of these three views of about half the ori-ginal size, two of which (View of Munich and a View of Nymphen-burg) are now in the National Gallery of Art in Washington. According to Rottermund, the third known version of the View of Munich offered here, was probably made between 1762 and 1767, that is, after the artist‘s return to Dresden, and is compa-rable in size to the version in the National Gallery of Art. During this period, commissions from the royal court decreased due to the death of King August III in Dresden, so Bellotto had to accept additional commissions. In addition, it is known that Bellotto, who was already working as a 14-year-old in the workshop of his uncle, the famous Venetian painter of vedute, Giovanni Antonio Canale called Canaletto (1697–1768), made numerous detailed drawings as preparation for his large compositions. He was thus able to have recourse to these preparatory drawings for later commissions and make replicas. In our version, Andrzej Rotter-mund and Charles Beddington consider it possible that Bellotto‘s son Lorenzo contributed to the city view in the background, while Karl Schütz sees this as the exclusive work of Bernardo Bellotto (see Literature). The large-format copperplate engraving made in 1766 by Franz Xaver Jungwirth (1720–1790) seems, judging by the staffage, to be based on one of the two replicas, rather than on the first version in the Munich Residenz.

On the reverse of our painting, a label and a wax seal with the inscription „Prague“ and the name „Leopold Zdeborsky“ refer to the former owner Leopold Zdeborsky (1815–1887), who lived in Prague. Around 1840 he married Jiricek-Wünsch (1818–1859), who was the daughter of Consul General Wünsch (born 1780).

Estimate on request

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3063*JEAN-BAPTISTE GREUZE(Tournus 1725–1805 Paris)Bildnis eines Kindes, wohl Prinz Octavius von Grossbritannien.Öl auf Holz. Unten links monogrammiert: JBG.17,5 × 14,5 cm.

Gutachten:Edgar Munhall, 12.11.2014.

Provenienz:- Sammlung Königin Charlotte Mathilde von Württemberg

(1766–1828) (verso mit Etikett).- Sammlung Henry M. Shepherd, um 1859.- Durch Erbschaft, Sammlung Perry M. und Eleanor Shepherd,

Geneva NY, 1940er-Jahre (verso mit Etikett).- Durch Erbschaft, Sammlung Deborah Shepherd Petri, Framing-

ham MA.- Auktion Skinner, Boston MA, 23.1.2015, Los 311.- Kunsthandel Maier und Co., Stuttgart.- Europäischer Besitz.

Das hier angebotene Kinderbildnis von Jean-Baptiste Greuze besticht sowohl durch intime Aura als auch durch königliche Provenienz. Tatsächlich weist ein altes Sammlungsetikett auf der Rückseite der Holztafel, welches aus konservatorischen Grün-den separat aufgehoben wird, auf den ehemaligen „Eigenthum Ihrer Majestät der Königin Mathilde von Württemberg“ hin. Dabei handelt es sich um Charlotte Mathilde (1766–1828), der ältesten Tochter des britischen Königs Georg III. (1738–1820) und der zweiten Ehefrau des Königs Friedrich von Württemberg (Abb.1). Mathilde heiratete mit 33 Jahren den König von Württemberg, um sich „vor der Bedrohung einer lebenslangen Jungfernschaft zu befreien“, wie sie selbst schrieb. Für den König kam mit der Heirat eine politische Stärkung des kleinen Württemberg gegen Frankreich und eine bedeutende finanzielle Mitgift einher. Das

Paar sorgte in England für zahlreiche Karikaturen, insbesonde-re da sowohl Charlotte Mathilde als auch Friedrich körperlich sehr kräftig waren und somit eine intime Annäherung schwierig gewesen sein dürfte (Abb. 2). Tatsächlich blieb die Ehe kinderlos, eine Tochter wurde 1798 tot geboren. Die kunstsinnige Mathilde, die auch selbst malte, kümmerte sich liebevoll um die drei Kinder aus Friedrichs erster Ehe: Wilhelm (1781–1864), der spätere König Wilhelm I. von Württemberg, Katharina (1783–1835), die den Bruder Napoleons, Jérôme Bonaparte (König von Westphalen) heiratete, und Paul (1785–1852).

Wie auch der Archivar des Hauses Württemberg, Dr. Eberhard Fritz, vermutet, ist wahrscheinlich ein Kind aus der nahen engli-schen Verwandtschaft der Geschwister der Königin dargestellt. Insbesondere die Augenpartie ist jenen der Kinderbilder aus der englischen Königsfamilie sehr ähnlich, so beispielsweise bei den Kinderbildern ihres Bruders, dem Prinzen Octavius von Gross-britannien (1779–1783), oder anderer Geschwister der Königin. Prinz Octavius, der mit vier Jahren an Pocken verstarb, wurde unter anderem 1782 von Thomas Gainsborough porträtiert (Royal Collection, Inv.-Nr. RCIN 401018, Öl auf Leinwand, 56,4 x 42 cm).

Das Gemälde dürfte viele Jahre im Stuttgarter Schloss gehangen haben, bevor es Königin Charlotte Mathilde nach Friedrichs Tod 1816 in ihrem Witwensitz nach Schloss Ludwigsburg übernahm. Der üppige, vergoldete Barockrahmen (Abb. 3) entspricht ganz dem Stil dieses Palastes aus dem frühen 18. Jahrhundert.

Edgar Munhall betont in seinem Gutachten die qualitätsvolle Mal-weise des intimen Bildnisses, welches alle bekannten malerischen Eigenschaften von Greuzes Porträts zeigt, vor allem denen, die er von Kindern gemalt hat. Dabei besitzt diese miniaturcharakterli-che Darstellung all die Kraft eines grossformatigen Porträts.

CHF 12 000 / 18 000(€ 11 110 / 16 670)

Abb. 1 William Beechey (1753-1839), Bildnis der Königin von Württemberg (1766-1828), um 1797, Royal Collection Trust, Inv. Nr. RCIN 403413

Abb. 2 James Gillray, Le Baiser à la Wirtem-bourg, Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. A 32325.

Abb. 3 Mit Rahmen

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3064GIACOMO FRANCESCO CIPPER GENANNT IL TODESCHINI(Feldkirch 1664–1736 Mailand)Gegenstücke: Konzert in der Sakristei (Allegorie der Musik) und Maler in sei-nem Atelier (Allegorie der Malerei).Öl auf Leinwand. 116 × 147,9 cm.

Provenienz:- Sammlung Giroldi, Locarno, 1976.- Schweizer Privatbesitz.

Literatur:Luisa Tognoli: G.F. Cipper, il „Todeschini“ e la pittura di genere, Bergamo 1976, Kat.-Nr. 38 und 39, S. 148, Abb. 52 und 53.

In Österreich geboren, etablierte sich Giacomo Francesco Cipper, genannt Todeschini Ende des 17. Jahrhunderts in der Lombardei und spezialisierte sich auf Genreszenen, die aus dem Alltag seiner Zeitgenossen angeregt sind.

Tognoli datiert die Allegorie der Malerei in das Frühwerk des Künstlers und hebt hervor, dass es sich hier um ein Selbstbildnis Todeschinis handelt.

CHF 20 000 / 30 000(€ 18 520 / 27 780)

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3065*JEAN PILLEMENT(1728 Lyon 1808)Hirten in einer weiten Flusslandschaft. 1787.Öl auf Leinwand. Unten links signiert und datiert (eingeritzt): Jean Pillement 1787.48,5 × 64 cm.

Provenienz:- Sammlung der Tochter des Ratsherren Oberried, Basel, bis

1800.- Sammlung Martin Bachofen-Heitz (1727–1814), Basel, ab 1800

(in den Nachträgen des Sammlungs-Inventars von 1772 aufge-führt: Pillement J., 3 Landschaften, 1800 gekauft von Ratsherr Oberrieds Tochter).

- Auktion Auctiones AG, Basel, 26.–27.4.1990, Los 36 A.- Schweizer Sammlung.

Alastair Laing bestätigt die Eigenhändigkeit anhand einer Foto-grafie, wofür wir ihm danken. Er vergleicht diese Arbeit mit einer signierten und 1784 datierten Pastellarbeit von Jean Pillement mit ähnlicher Komposition, die sich im Musée du Louvre in Paris befindet (Inv.-Nr. RF 29.472).

CHF 6 000 / 8 000(€ 5 560 / 7 410)

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3066*HUBERT ROBERT(1733 Paris 1808)Landschaft mit Hirtin.Öl auf Leinwand. 43 × 62,5 cm.

Provenienz:- Sammlung Bartholoni.- Wildenstein, Paris.- Während seiner Aufbewahrung im Château de Sourches, Bor-

deaux, vom Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg beschlagnahmt (ERR Inv.-Nr. W89) und anschliessend in das Museum Jeu de Paume, Paris, überführt.

- In der Einlagerungsstätte „Lager Peter“ im Salzbergwerk Altaus-see geborgen und nach München zum Munich Central Collec-ting Point gebracht (MCCP Inv.-Nr. 218/10).

- Nach Frankreich zurückgeführt, 31.7.1946.- Wildenstein, Paris, 1949.- Auktion Sotheby‘s, New York, 14.1.1988, Los 203.- Auktion Christie‘s, New York, 26.1.2012, Los 280.- Europäischer Privatbesitz.

Alastair Laing bestätigt die Eigenhändigkeit anhand einer Foto-grafie, wofür wir ihm danken. Er weist darauf hin, dass sich Hubert Robert in mehreren Gemälden von Figuren François Bouchers (1703–1770) inspirieren liess, so auch bei der Frauenfigur in unse-rem Gemälde, die auf eine Zeichnung Bouchers zurückgeht.

CHF 40 000 / 60 000(€ 37 040 / 55 560)

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3067*FRANCESCO GUARDI(1712 Venedig 1796)Venezianisches Capriccio mit einem Turm, Hirten und Schafe.Öl auf Leinwand. 94,2 × 137 cm.

Provenienz:- Sammlung Canonico Adami, Treviso.- Sammlung Carlo Donati, Lonigo.- Sammlung Manuel Falco y Escandon, 9. Herzog von Montellano

(1892–1975), Madrid, 1958.- Europäischer Privatbesitz.

Ausstellung:München 1958, Europäisches Rokoko: Kunst und Kultur des 18. Jahrhunderts, Residenz, München, 15.6.–15.9.1958, Nr. 83a (dort als Teil einer Serie von vier ausgestellt, Leihgabe vom Herzog von Montellano).

Literatur:- George A. Simonson: Francesco Guardi (1712–1793), London

1904, S. 91, Nr. 140.- Giuseppe Fiocco: Francesco Guardi, Florenz 1923, S. 74, Nr. 100.- Max Goering: Francesco Guardi, Wien 1944, S. 38, Nr. 65.- Vittorio Meschini: Francesco Guardi, Mailand 1952, S. 32, Abb.

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- Rodolfo Pallucchini: La pittura veneziana del Settecento, Venedig / Rom 1960, S. 243.

- Antonio Morassi: Guardi. L‘opera completa di Antonio e Frances-co Guardi, Venedig 1973, Bd. I, Kat.-Nr. 826, S. 463, Text S. 272, Abb. 751.

Das von Pallucchini (siehe Literatur) auf die frühen 1760er-Jah-re datierte Gemälde gehört zu einer Serie von vier Capriccios, die heute verstreut sind. Als sie 1958 zusammen in München ausgestellt wurden, bewunderte Morassi ihren perfekten Erhal-tungszustand und die meisterhafte, aber schnelle Abfolge der Pinselstriche, die es dem Betrachter ermöglicht, der Hand des Malers während der Ausführung des Werks praktisch zu folgen: „le quattro splendide tele sono paradigmatiche per sintetizzare l‘arte di Francesco nel fantasioso genere del „grande capriccio“ (siehe Morassi 1973, S. 272). Auch die im Hintergrund durchscheinende Grundierung (oder Malgrund) und das goldene Licht, welches die Szene in ein weiches Licht umhüllt, sind charakteristisch für diese „grande capriccio“. Die drei weiteren Gemälde der Serie sind: Ein Capriccio mit ländlichen Gebäuden an einer Lagune, Ein Capriccio mit einem Obelisken und einer Seekiefer in der Nähe einer Lagune und Ein Capriccio mit Fischern bei ihrem Zelt und einem Dorf an der Lagune in der Ferne (siehe Morassi, ebd., Band I, Kat.-Nr. 877 und 911 und 917).

CHF 400 000 / 500 000(€ 370 370 / 462 960)

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3068NICOLA MALINCONICO(1663 Neapel 1727)Heilige Elisabeth mit Johannes dem Täufer.Öl auf Leinwand. 90 × 117,5 cm.

Provenienz:Schweizer Privatbesitz.

Prof. Riccardo Lattuada identifiziert dieses Gemälde anhand einer Fotografie als ein Werk des neapolitanischen Malers Nicola Malinconico, welcher einer der besten Schüler Luca Giordanos (1634–1705) war, wofür wir ihm danken.

CHF 4 000 / 6 000(€ 3 700 / 5 560)

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3069*JEAN-MICHEL PICART (UMKREIS)(Antwerpen 1600–1682 Paris)Blumenstillleben in einem Korb auf einer Stein-platte.Öl auf Leinwand. 53,3 × 41,5 cm.

Gutachten:Dr. Claudia Salvi, 16.6.2021.

Provenienz:- Privatsammlung München.- Privatsammlung Salzburg.- Europäischer Privatbesitz.

Dr. Claudia Salvi weist das Gemälde in ihrem Gutachten dem Umkreis des Antwerpener Malers Jean-Michel Picart zu, der in Paris tätig war. Ins-besondere erinnern die Modellierung der Tulpen,

welche in voller Blüte dargestellt sind, und die fröhliche Farbgebung der Frühlingsblu-men an Picarts Werk. Auch die Ornamentik des Tisches ist von Picart inspiriert. Der Korbtypus sowie die Weichheit der Kompo-sition erinnern wiederum an den franzö-sischen Blumenmaler Nicolas Baudesson (1611–1680).

Aufgrund der nebeneinander platzierten Blüten, wodurch die Lesbarkeit, ganz im Stile der in der Mitte des 17. Jahrhun-derts in Mode gekommenen botanischen Darstellungen, erhöht wird, datiert Dr. Salvi unser Gemälde in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts.

CHF 8 000 / 12 000(€ 7 410 / 11 110)

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3070ANDREA DEL SARTO (KOPIE DES 19. JAHRHUNDERTS)(1486 Florenz 1530)Maria mit Kind und dem Heiligen Matthäus und einem Engel.Öl auf Leinwand. 180,5 × 140,5 cm.

Provenienz:Schweizer Privatbesitz.

Das Gemälde geht auf eine Komposition aus dem Jahr 1522 von Andrea del Sarto zurück, die sich im Museo Nacional del Prado in Mad-rid befindet (Inv.-Nr. P000334, Öl auf Holz, 177 × 135 cm).

CHF 7 000 / 10 000(€ 6 480 / 9 260)

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3071ANDREA DEL SARTO (NACHFOLGER DES 19. JAHRHUNDERTS)(1486 Florenz 1530)Madonna delle Arpie.Öl auf Leinwand. 107,2 × 77,6 cm.

Provenienz:Schweizer Privatsammlung.

Das Gemälde greift den oberen Teil der Komposition von Andrea del Sarto auf, die sich in der Gallerie degli Uffizi in Florenz befindet (Inv.-Nr. 1890 n.1577).

CHF 5 000 / 7 000(€ 4 630 / 6 480)

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3072LUCAS CRANACH D. Ä. (NACHFOLGER)(Kronach 1472–1553 Weimar)Maria mit Kind.Öl auf Holz. Oben rechts mit geflügelter Schlange und Datum: 1532.73,2 × 52,7 cm.

Provenienz:- Auf der Lenzburg in der ersten Hälfte des 20. Jh.- Alter Schweizer Privatbesitz.

Das hier angebotene Gemälde geht auf „Die Madonna unter Tannen“ von Lucas Cranach zurück, dich sich bis 1932 in der Kathedrale von Breslau befand und heute als verschollen gilt (um 1510, Öl auf Holz, 71 × 51 cm). In der Originalkomposition ist im Hintergrund eine Waldlandschaft dargestellt.

CHF 10 000 / 15 000(€ 9 260 / 13 890)