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Stand: November 2014 Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. Positionspapier Zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur Stand: Dezember 2014

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Page 1: GDV-Positionspapier zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur · Versicherer sind deshalb besonders an si-cheren, beständigen und lang laufenden Kapitalflüssen interessiert. Die

PositionspapierZur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur

Stand: November 2014

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.

Wilhelmstraße 43 / 43 G, 10117 BerlinPostfach 08 02 64, 10002 Berlin

Tel. 0 30/20 20-50 00, Fax 0 30/20 20-60 [email protected], www.gdv.de

PositionspapierZur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur

Stand: Dezember 2014

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Positionspapier

des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur

Einleitung

Das Verkehrsinfrastrukturnetz in Deutschland umfasst rund 730.000 km Straßen, Schienen, Wasserwege, Tunnel und Brücken.1 Es hat einen Vermögenswert von ca. 1,1 Billionen Euro und einen Erhaltungsbedarf von ca. 50 Millionen Euro pro Tag. Dieser Betrag wird seit Jahren nicht erbracht. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern haben auf ihrer Sonder-Verkehrsministerkonferenz am 2. Oktober 2013 in Berlin eine er-hebliche Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur und einen dringen-den Investitionsnachholbedarf ermittelt. Die jährliche Instandhaltungslücke für den Erhalt und den Nachholbedarf bei Bund, Ländern und Kommunen für Straßen, Schienen und Wasserwege beträgt insgesamt rund 7,2 Mrd. Euro. Ein zusätzlicher Nachholbedarf besteht bei den Brücken. Um den Erhalt des Verkehrsinfrastrukturnetzes und damit die Grundlage für Wirt-schaftswachstum, Wohlstand und Mobilität in Deutschland sicherzustel-len, bedarf es einer dauerhaften und verlässlichen, auskömmlichen und zukunftsfähigen Finanzierung für alle Verkehrsträger und alle staatlichen Ebenen. Versicherer mit ihrer auf langfristige nachhaltige Anlagen ausge-richteten Investmentstrategie sind verlässliche Partner für Infrastrukturfi-nanzierungen. Mit einem Kapitalanlagebestand von 1,4 Billionen Euro haben Versicherer grundsätzlich ein großes Interesse daran, ihre Investi-tionen in Verkehrsinfrastruktur auszuweiten. Für die Öffentliche Hand kann sich hierdurch eine weitere Form der Fi-nanzierung der Verkehrsinfrastruktur ergeben. Mit dem vorliegenden Posi-tionspapier möchten wir darstellen, welche Hindernisse aus Sicht eines langfristigen institutionellen Investors bei der Finanzierung von Verkehrs-infrastrukturprojekten bestehen und was geändert werden müsste, um diese Hindernisse zu überwinden.

1 Bericht der Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ vom 30. September 2013, S. 12.

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Wilhelmstraße 43 / 43 G, 10117 Berlin Postfach 08 02 64, 10002 Berlin Tel.: +49 30 2020-5440 Fax: +49 30 2020-6440 51, rue Montoyer B - 1000 Brüssel Tel.: +32 2 28247-30 Fax: +32 2 28247-39 ID-Nummer 6437280268-55 Ansprechpartner: Tim Ockenga Tel.: +49 30 2020-5440 Fax: +49 30 2020-6440 E-Mail: [email protected] Dr. Christian Kemter Tel.: +49 30 2020-5442 Fax: +49 30 2020-6440 E-Mail: [email protected] www.gdv.de

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Hypotheken; 3,8% Darlehen; 19,8%

Pfandbriefe; 17,6% Staatsanleihen;

4,9%

Unternehmens-anleihen; 6,2%

über Fonds gehaltene Renten;

21,2% Nachränge und Genussrechte;

1,8%

Tages, Termin- und Festgelder;

2,0%

Andere Renten; 3,7%

Erst- und Rückversicherer: Struktur der Rentenanlagen

I. Kapitalanlagen der Versicherer Versicherungsunternehmen haben aufgrund ihres auf die langfristige Ab-sicherung von Risiken ausgerichteten Geschäftsmodells seit jeher ein großes Interesse an ökonomisch nachhaltigen Kapitalanlagen. Mit einem Kapitalanlagebestand von rund 1.425 Milliarden Euro gehören Ver-sicherer zu den größten institutionellen Investoren in Deutschland. Ein besonderes Merkmal der Versicherer ist, dass sie ihre Kapitalanlagen oftmals bis zur Fälligkeit halten, um ihre ebenfalls lang laufenden Verbind-lichkeiten erfüllen zu können. Versicherer sind deshalb besonders an si-cheren, beständigen und lang laufenden Kapitalflüssen interessiert. Die Kapitalanlagen der Assekuranz gliedern sich folglich in einen sehr hohen Anteil risikoarmer und breit diversifizierter Renteninvestments bei gleichzeitig nur geringen Teilen risikoreicherer Anlagen. Die unten ste-hende Abbildung stellt die Portfoliostruktur sowie die Anlageklassen in-nerhalb der Rentenpapiere dar. Um der Verantwortung gegenüber ihren Kunden gerecht zu werden, unterliegen Versicherer einer Reihe aufsichtsrechtlicher Beschränkungen, so z. B. den allgemeinen Anlagegrundsätzen nach § 54 Abs. 1 VAG (Ge-setz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen) sowie den weiteren Anforderungen der Anlageverordnung. Unter Solvency II werden die bisherigen starren quantitativen Anlagebeschränkungen sowie der abschließende Anlagenkatalog der Anlageverordnung nicht beibehalten. Die neuen ökonomischen Bewertungsstandards und die sich daraus er-gebenden Offenlegungspflichten werden aber für eine gleichwertige Si-

Renten; 81,1%

Aktien; 3,5%

Beteiligungen; 9,9%

Immobilien; 3,3%

Andere; 2,2%

Erst- und Rückversicherer: Portfoliostruktur

Quelle: BaFin, GDV (30.06.2014); ohne Pensionskassen, -fonds

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cherheit sorgen. Die Grundsätze der Sicherheit, Rentabilität und Liquidität bei ausreichender Mischung und Streuung sind bei Kapitalanlageent-scheidungen weiterhin verpflichtend. Durch die Einhaltung dieser Anlage-grundsätze soll sichergestellt werden, dass fällige Ansprüche der Versi-cherungsnehmer jederzeit in vollem Umfang erfüllt werden können. Im Niedrigzinsumfeld kommt einer möglichst breit gestreuten und mit Blick auf Risiko-/Renditeaspekte optimierten Kapitalanlage eine große Bedeu-tung zu. Dies gilt insbesondere für die Kapitalanlagen von Lebensversi-cherern, da hier die Leistungsversprechen gegenüber den Versicherungs-kunden einen durchschnittlichen Garantiezins im Bestand von rund 3,1 % aufweisen. In diesem Zusammenhang können für die Versicherer unter bestimmten Umständen auch Investitionen in Infrastruktur interessant sein. Folgende positive Charakteristika machen Finanzierungen von Infra-struktur für institutionelle Investoren wie Versicherer besonders attraktiv:

• beständige und planbare Zahlungsflüsse; • tendenziell Inflationsschutz je nach Art des Investments; • Langlebigkeit der Projekte ausgehend von langfristigen Vertrags-

strukturen; • geringe Korrelation mit anderen Assetklassen; • monopolistisches Umfeld und unelastische Nachfrage; • reguliertes bzw. öffentlich-rechtliches Umfeld.

Das Erfordernis einer angemessenen Rendite zur Erwirtschaftung des Garantiezinses bringt es mit sich, dass Finanzierungen durch institutionel-le Investoren wie Versicherer nicht unbedingt günstiger als klassische Bankenfinanzierungen ausfallen. Entscheidend ist jedoch, dass Versiche-rer im Markt eine weitere und vor allem langfristige Form der Finanzierung anbieten. Vor dem Hintergrund, dass Kreditinstitute sich aufgrund der neuen Eigenkapitalvorschriften (Umsetzung von Basel III durch die Capital Requirements Regulation) häufig zum Abbau von langfristigen Invest-ments gezwungen sehen, bzw. derartige Finanzierungen nicht mehr in gewohntem Umfang anbieten, stehen Versicherungsunternehmen als al-ternative Kapitalgeber zur Verfügung. II. Stärkere Einbindung privaten Kapitals und Ausbau geeigneter

ÖPP-Projekte Deutschland als Wirtschaftsstandort und Transitland ist auf eine leistungs-fähige Verkehrsinfrastruktur angewiesen. Allerdings sind die finanziellen Ressourcen begrenzt und stellen die Öffentliche Hand sowohl beim Ver-kehrswegenetzausbau als auch deren Erhaltung vor Herausforderungen.

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Eine Zusammenarbeit von Öffentlicher Hand und Privatwirtschaft in sogenannten Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) kann bei geeig-neten Projekten zu Synergien führen und für eine schnellere Projektab-wicklung und überdurchschnittliche Qualität sorgen. Durch eine stärkere Beteiligung von privatem Kapital können Verkehrsinfrastrukturprojekte vielfach schneller und effizienter realisiert und betrieben sowie Quali-tätsverbesserungen erreicht werden. Positives Beispiel einer gelunge-nen Zusammenarbeit ist der Ausbau und Betrieb der A8 zwischen Mün-chen und Stuttgart. In Deutschland gibt es mit den sogenannten V-, A- und F-Modellen im Straßenverkehr Erfahrungen hinsichtlich Kosten- und Termintreue.

• Das V-Modell (Verfügbarkeitsmodell) Beim V-Modell plant, baut und betreibt der ÖPP-Partner einen be-stimmten Bundesfernstraßenabschnitt und erhält ein verkehrs-mengenunabhängiges „Verfügbarkeitsentgelt“. Das Verfügbar-keitsentgelt richtet sich nach dem Umfang und der Qualität der Verfügbarkeit des Streckenabschnitts.

• Das A-Modell (Ausbaumodell)

Beim A-Modell plant, baut und betreibt der ÖPP-Partner regelmä-ßig den sechsspurigen Ausbau einer bestehenden hochbelasteten Bundesautobahn. Als Gegenleistung erhält der ÖPP-Partner vom Staat eine verkehrsmengenabhängige Vergütung auf Basis der LKW-Maut.

• Das F-Modell (Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz-

Modell) Beim F-Modell plant, baut und betreibt der ÖPP-Partner einen be-stimmten Bundesfernstraßenabschnitt und erhebt dafür von allen Nutzern selbst eine Maut.

III. Mögliche Hindernisse für ein verstärktes Engagement der

Versicherer in Verkehrsinfrastruktur Einem verstärkten Engagement der Versicherer in Verkehrsinfrastruktur stehen momentan verschiedene aufsichtsrechtliche und praktische Hin-dernisse entgegen. Insbesondere aufsichtsrechtliche Beschränkungen auf nationaler und europäischer Ebene können ein Verkehrsinfrastrukturin-vestment für Versicherer unattraktiv machen. So verteuert die hohe Eigenmittelunterlegung für Eigenkapitalbeteiligungen in Infrastruktur unter Solvency II von 49 % (+/- 10 %) derartige Investitionen erheblich.

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Die Gleichbehandlung mit deutlich riskanteren Anlagen, wie Private Equity oder Hedge Fonds, ist unter Risikogesichtspunkten nicht gerechtfertigt und macht Investitionen in Infrastruktur unattraktiv. Auch bei Investitionen in Fremdkapital, die wie gewöhnliche Unternehmensanleihen behandelt werden, liegen die Eigenmittelanforderungen im Standardmodell für das Spreadrisiko bei den für Infrastrukturprojekte typischen langen Laufzeiten von 25 Jahren in Abhängigkeit vom Rating bei bis zu 38%. Dies verteuert die Investments erheblich. Positiv ist hingegen die Anerkennung von Ga-rantien als ein Schritt zur Senkung der hohen Eigenmittelanforderungen zu bewerten. Daneben sind bei Investitionen in Verkehrsinfrastruktur eine Reihe von besonderen Merkmalen zu beachten, welche die positiven Aspekte einer langfristigen Infrastrukturfinanzierung für institutionelle Investoren relativie-ren bzw. begrenzen können:

• Die Anzahl und der Umfang von privaten Finanzierungsmöglich-

keiten von Verkehrsprojekten schwanken und sind phasenweise sehr gering. Dies gilt insbesondere für den Bereich Autobahnbau mit Schwankungen zwischen 1 bis 5 Projekten pro Jahr.

• Die Genehmigungsprozesse insbesondere bei größeren Neu-

baumaßnahmen sind oftmals sehr langwierig und aufgrund der Vielzahl von Beteiligten hinsichtlich des Ergebnisses und des Rea-lisierungszeitplanes für Investoren kaum planbar. Des Weiteren stehen Verkehrsinfrastrukturprojekte vielfach unter einem Finan-zierungsvorbehalt. Zusätzlich führt die meist notwendige Aus-schreibung nach europäischem Recht zu einer sehr langen Vor-laufphase von bereits genehmigten öffentlichen Verkehrsinfrastruk-turprojekten.

• Die Haushaltssituation einzelner Baulastenträger kann die Be-reitschaft des Investors beeinflussen, entsprechende Finanzierun-gen zur Verfügung zu stellen, insbesondere wenn keine weiteren Sicherheiten wie z. B. Bürgschaften oder Garantien zur Verfügung gestellt werden können.

• Bei Verkehrsinfrastrukturfinanzierungen auf kommunaler und Lan-desebene handelt es sich zum Teil um ein kleinteiliges Geschäft. Aufgrund der geringen Finanzierungsvolumina rechtfertigen die durch den hohen Prüfungsaufwand entstehenden Kosten oft-mals kein Engagement der Versicherer. Aufgrund der Prioritäten-verlagerung in den letzten Jahren vom Neu- und Ausbau hin zur Bestandserhaltung wird das Problem eines ausreichenden Ange-

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bots an Investitionsmöglichkeiten in Verkehrsinfrastrukturfinanzie-rungen noch verschärft, da die Bestandserhaltung vielfach über kleinvolumige Projekte ausgeführt wird.

• Es besteht ein hoher Prüfungsaufwand insbesondere aufgrund

der unterschiedlichen Zuständigkeiten und Verfahrensweisen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Dies führt zu Komplexität in den Vergabe- und Genehmigungsverfahren sowie in den Verträgen zum Bau und der Finanzierung der Verkehrsin-frastrukturprojekte. Hierdurch bedingt sind der Arbeitsaufwand und die Kostenbelastungen im Vorfeld eines Infrastrukturinvestments erheblich. Die für eine Prüfung notwendigen Projektinformatio-nen werden zudem nicht immer in der erforderlichen Qualität von den öffentlichen Auftraggebern bereitgestellt. Neben dem hohen Prüfungsaufwand besteht ein zusätzliches Kostenrisiko, da die im Bieterverfahren nicht zum Zuge gekommenen Beteiligten ihre bis dahin aufgewandten Kosten nicht ersetzt bekommen.

IV. Handlungsfelder für ein verstärktes Engagement der Versi-cherer in der Verkehrsinfrastruktur

Damit Versicherer verstärkt in Verkehrsinfrastrukturprojekte investieren können, müssen sowohl einige tatsächliche und ökonomische als auch regulatorische Voraussetzungen erfüllt sein. Bedingt durch die Besonder-heiten von Infrastrukturinvestments bedarf es zunächst des Aufbaus einer entsprechenden Expertise in den Unternehmen. Dies wiederum setzt vo-raus, dass Investitionsmöglichkeiten in Infrastruktur in ausreichendem Umfang vorliegen und diese die aufsichtsrechtlichen Qualitätsanforderun-gen für Versicherer erfüllen. Ein ausgeglichenes Risiko-Renditeverhältnis ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Unabhängig von diesen tatsächlichen und ökonomischen Voraussetzungen sollten die Infrastrukturinvestments der Versicherer nicht durch unnötige aufsichtsrechtliche Hürden auf natio-naler oder internationaler Ebene, wie z. B. zu hohe Eigenmittelanforde-rungen unter Solvency II, erschwert werden. Für Investitionen in Verkehrsinfrastruktur sind neben diesen grundsätzli-chen Voraussetzungen weitere spezifische Änderungen notwendig, um ein besseres Investitionsumfeld für private Investoren zu schaffen:

• Die langfristige nachhaltige Finanzierung der Bestandserhal-tung sowie des Aus- und Neubaus von Verkehrsinfrastruktur ist auf allen öffentlichen Ebenen (Bund, Länder, Kommunen) auf eine verlässliche breite Grundlage zu stellen. In diesem Zusam-

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menhang ist nicht nur die Bereitstellung von ausreichenden Mit-teln in den Haushalten maßgeblich. Es sollte auch die Durchfi-nanzierung der Projekte vor Baubeginn feststehen und Fragen zur möglichen Zweckbindung (geschlossene Finanzierungskreis-läufe) und der Überjährigkeit der Finanzmittel (Lösung vom Haushaltsjahr) sorgfältig abgewogen werden.

• Bei Verkehrsinfrastrukturprojekten ist auf eine effiziente Aus-

schreibung, Vergabe und Steuerung zu achten. Dies beinhaltet insbesondere eine professionelle Begleitung aller Projektphasen durch die öffentliche Hand. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern haben 2013 eine Kommission „Nachhaltige Verkehrsin-frastrukturfinanzierung“ zur Untersuchung der Unterfinanzierung und des Nachholbedarfs gegründet. Soweit die Kommission zu dem Ergebnis kommt, dass die Personalausstattung für die Planungs- und Bauaufgaben für die notwendigen Erhaltungs-maßnahmen in den Bundesländern nicht ausreicht,2 sollte ge-prüft werden, inwieweit Länder und Kommunen auch auf das pro-fessionelle Projektmanagement des Bundes, z. B. die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES), zugrei-fen können.

• Zu einer effizienten Ausschreibung und Vergabe gehört, dass

Ausschreibungen nicht als reiner Preiswettbewerb ausgestaltet werden, sondern auch qualitative Faktoren verstärkt berück-sichtigt werden.

• Im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung 2015 bis 2030 soll-

ten dringend notwendige Verkehrsprojekte ermittelt und die er-forderlichen planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Hierdurch könnte ein Projektkatalog im Sinne einer Finanzierungspipeline erstellt werden. In diesem Zusammen-hang wäre zu begrüßen, wenn auf Bundes- und Landesebene durch Vorratsplanungen die Baureife neuer Verkehrsinfrastruk-turvorhaben früher erreicht wird.

• Im Bereich der Fernstraßenverkehrsinfrastruktur wäre zu prü-

fen, inwieweit die DEGES oder eine vergleichbare Gesellschaft in öffentlicher Hand weitergehende Projektmanagementaufga-ben bei Planung und Realisierung von Neubau-, Ausbau- und Erhaltungsmaßnahmen einschließlich Brückenertüchtigungen

2 Bericht der Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ vom 30. September 2013, S. 26.

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übernehmen kann. In Deutschland werden die Bundesfernstra-ßen im Rahmen der sog. Bundesauftragsverwaltung realisiert, d. h. jedes Land verwaltet die auf seinem Gebiet verlaufenden Bundestraßen und Autobahnen im Auftrag des Bundes. Durch eine Zentralisierung könnten unterschiedliche Verfahrensweisen und der dadurch verursachte höhere Prüfungsaufwand für private Partner sowie Verzögerungen durch die Vielzahl an Beteiligten vermieden werden. Zudem könnten die entsprechend notwendi-gen Personalressourcen und Planungskapazitäten effizienter ge-nutzt und Kapazitätsengpässe bei der Planung und Durchführung auf Länderebene vermieden werden. Auch für Verkehrsinfra-strukturvorhaben auf Länder- und kommunaler Ebene sollte eine Zentralisierung bzw. professionelle Begleitung durch eine zentrale öffentliche Gesellschaft angestrebt werden. Mit einer Zentralisierung könnte eine verbesserte Transparenz über die Vergabeprozedere und eine Professionalisierung bei der Planung und Umsetzung von Verkehrsinfrastrukturprojekten er-reicht werden. Als positiver Effekt einer Zentralisierung und Pro-fessionalisierung ergäben sich einfachere und klarere Entschei-dungsprozesse. Dadurch würde auch die Einhaltung von Zeitplä-nen oder die rechtzeitige Kommunikation über zeitliche Verzöge-rungen erleichtert werden.

• Die Projektgrößen, d. h. insbesondere auch die einzelnen

Losgrößen eines Projektes sollten sich an die optimale ÖPP-Projektgröße annähern, um Investitionsmöglichkeiten für private Investoren zu schaffen. Für Investoren sind aufgrund des um-fangreichen Prüfungs- und Dokumentationsaufwandes Finanzie-rungen erst ab einer bestimmten Größenordnung wirtschaftlich vertretbar. Je nach Größe des Versicherers und Komplexität der Projekte bewegt sich die Bandbreite der Mindestvolumen je Fi-nanzierungsanteil zwischen 10 und 100 Millionen Euro.

• Es ist eine faire Vergleichbarkeit der ÖPP mit den konventio-

nellen Beschaffungsvarianten sicherzustellen und die Methodik der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen nach ausreichender Eva-luierung zu standardisieren. Insbesondere sind die Vorteile einer schnelleren termintreuen Fertigstellung der ÖPP-Projekte mit ho-her Qualität sowie die tatsächliche Beschaffungsrealität der öf-fentlichen Hand vollumfänglich zu berücksichtigen.

• Private Finanzierungsmöglichkeiten sollten zukünftig nicht nur

für den Neubau größerer Verkehrsinfrastrukturprojekte genutzt, sondern auch auf die Erhaltung und die Instandsetzung der

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bestehenden Verkehrsnetze bei Bund, Ländern und Kommunen ausgeweitet werden.

• Es sollte eine möglichst weitgehende Standardisierung bei der

Vertragsgestaltung und Finanzierung angestrebt werden. Eine Standardisierung sollte jeweils für die einzelnen Verkehrsinfra-strukturarten (Straße, Schiene, Wasserweg) erreicht werden und könnte z. B. folgende Vertragsbestandteile umfassen:

o grundlegende Vertragsbestandteile; o Finanzierungsstrukturen; o Sicherheiten; o Vertragsdokumentation.

Die für Versicherer bestehenden aufsichtsrechtlichen Anforde-rungen sollten durch eine enge Einbeziehung der Versiche-rungswirtschaft in diesen Prozess berücksichtigt werden.

• Insbesondere auf Landes- und kommunaler Ebene sollte eine Bündelung kleinteiliger Verkehrsinfrastrukturprojekte erreicht werden, um für institutionelle Investoren größere Investitionsvo-lumina zu generieren. Maßgeblich für eine damit verbundene Senkung der Transaktionskosten ist, dass die kleineren Projekte zusammengeführt werden und ein Generalunternehmer für die termingerechte Fertigstellung zu den vereinbarten Kosten bürgt. Denkbar ist die Zusammenfassung von Erhaltungsmaßnahmen z. B. für Straßen und Brücken in einzelnen Gemeinden, Landkrei-sen und Regionen zu größeren Einheiten.

• Die Kreditqualität der Investitionen sollte grundsätzlich im In-vestment Grade-Bereich oder vereinzelt im oberen High Yield-Bereich liegen. Bei nicht ausreichender Finanzkraft des Vertrags-partners müssen ggf. weitere Besicherungen bereitgestellt wer-den (Bürgschaften oder Garantien). Vollumfängliche Garantien des Bundes oder der Länder sind aus Sicht der Versicherungs-wirtschaft hingegen nicht zielführend, da sie zu Renditen nur knapp oberhalb derjenigen von Bundesanleihen führen. Zur Er-wirtschaftung des Garantiezinses von 3,1 % in der Lebensversi-cherung ist dies nicht ausreichend.

• Die Vergütungsmodelle für Verkehrsinfrastrukturfinanzierungen

sollten sich nach Möglichkeit an dem Verfügbarkeitsmodell orien-tieren. In diesem Zusammenhang gilt es, die Erfahrungen mit den

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verschiedenen Modellen genau zu analysieren und die positiven Elemente weiterzuentwickeln.

V. Fazit und Ausblick Durch die Einbindung von institutionellen Investoren wie Versicherern könnte die Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur reduziert und drin-gend notwendige Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen kurzfristig ermöglicht werden. Die Einbindung von privatem Kapital soll dabei nicht Haushaltsmittel ersetzen, sondern diese vielmehr als zusätzliche Finan-zierungsquelle sinnvoll ergänzen. Versicherer sind bei ihren Kapitalanlagen nicht nur an strenge aufsichts-rechtliche Vorgaben gebunden, sondern auch den Versicherten gegen-über verpflichtet, bei ihren Investitionen auf größtmögliche Sicherheit bei ausreichender Rentabilität und Liquidität der Anlagen zu achten. Diese Verantwortung gegenüber den Versicherungskunden bringt es mit sich, dass die ökonomischen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit In-vestitionen in Verkehrsinfrastruktur durch Versicherer möglich werden. Berlin, den 01.12.2014

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Linkliste zu weiteren Stellungnahmen und Veröffentlichungen des GDV Positionspapier zur Verbesserung der Bedingungen für Investitionen in Infrastruk-tur, veröffentlicht am 25. August 2014 http://www.gdv.de/wp-content/uploads/2014/08/GDV-Positionspapier-Infrastruktur-Investments-2014.pdf Internationale Leitlinie zum Risikomanagementprozess von Offshore-Windparks – Offshore Code of Practice –, veröffentlicht am 13. Oktober 2014 http://vds.de/fileadmin/vds_publikationen/vds_3549_web.pdf Vorschlag für eine angemessene Solvenzkapitalanforderung für langfristige Investitionen in Infrastruktur oder Erneuerbare Energien, veröffentlicht am 8. Ja-nuar 2014 http://www.gdv.de/2014/01/angemessene-eigenmittelanforderung-unter-solvency-ii-notwendig/ Positionspapier „Energiewende und Klimaschutz“, veröffentlicht am 30. Mai 2013 http://www.gdv.de/2013/05/energiewende-und-klimaschutz/ Stellungnahme „zum 2. überarbeiteten Entwurf des „Offshore-Netzplan Nordsee“, veröffentlicht vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) am 1.10.2012“ http://www.gdv.de/2012/11/offshore-netzplan-vorgaben-zur-risikominderung-reichen-nicht-aus/ Positionspapier „Risikobeurteilung der deutschen Versicherer zum Ausbau der Windenergieerzeugung auf See“, veröffentlicht am 16. Mai 2012 http://www.gdv.de/wp-content/uploads/2012/05/05_2012_GDV_Positionspapier_ Offshore_Anlagen.pdf

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PositionspapierZur Verbesserung der Bedingungen für Investitionen in Infrastruktur und Erneuerbare Energien

Stand: August 2014