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Les expériences Niedrigqualifizierte in Bildungsstrukturen? 2001- 2010

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Les expériences

Niedrigqualifizierte in Bildungsstrukturen?

2001- 2010

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Les expériences

Niedrigqualifizierte in Bildungsstrukturen?

2001- 2010

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impressum

Confédération Caritas Luxembourg a.s.b.l. Recherche et Développement 29, rue Michel Welter L-2730 Luxembourg Tél.: +352 40 21 31 200 Fax : +352 40 21 31 209 www.caritas.lu/innovations/innovations

Tous droits réservés © Confédération Caritas Luxembourg

Toute communication ou publication fait dans le cadre de ce projet, sous quelque forme et sur quelque support que ce soit, n’engage que son auteur et la Commission ne peut être tenue comme responsable.

Rédaction : Danielle Schronen Photos : Sauf indication contraire, Caritas et images extraites du film « Childcare Stories » produit dans le cadre du projet Equal « Improving Childcare » Logos et dessins : Andy Genen, Happyantstudios Layout : Levygraphie

Imprimé sur du papier recyclé. Novembre 2010 ISBN 978 - 2 - 919974 - 09 - 2

„Es kann nicht früh genug darauf hingewiesen werden, dass man die Kinder nur dann vernünftig erziehen kann,

wenn man zuvor die ’Lehrer’ vernünftig erzieht.”(Erich Kästner, deutscher Schriftsteller, 1899 - 1974)

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sommaire

1 introduction .............................................................................................................. 9

Sackgasse „niedrig qualifiziert“? ............................................................................ 10Marco Deepen & Danielle Schronen

2 les expériences ...................................................................................................... 13

Rezente politische Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse aus Erziehung, Bildung und Betreuung ............................................ 14Danielle Schronen

Die Ausbildung erzieherischer Hilfskräfte – ein Paradoxon? ................................. 18Marco Deepen

Was wurde bisher erreicht? Nächste Schritte? ...................................................... 22Marco Deepen

3 les évaluations ....................................................................................................... 25

Evaluationen ...........................................................................................................26Marco Deepen

4 les propositions ......................................................................................................41

Variablen eines Lösungsansatzes ......................................................................... 42Danielle Schronen

Le professionnalisme dans les services destinés aux jeunes enfants en Europe .................................................................46Jan Peeters

Le projet de formation « Educateur de Jeunes Enfants » conduit par l’Ecole Santé Social Sud-Est (Lyon, F) ...............................................56Myriam Mony & Laëtitia Mousnier

Die Rolle der Mentoren in der Praxisausbildung von Vorschulerziehern und -erzieherinnen ............................................................ 70Beatrice Rutishauser Ramm

La reconnaissance et la validation des acquis de l'apprentissage ........................ 74Jos Noesen

Kompetenzbeschreibung und Selbstevaluation anhand des europäischen Portfolios für Jugendarbeiter ....................................... 82Claude Bodeving

Der individuelle Lebensweg als anerkannter Bildungsweg ....................................90Urs Hauenstein

5 conclusions ............................................................................................................ 99

Praxisausbildung – eingebettet in lernende Organisationen ............................... 100Marco Deepen & Danielle Schronen

les auteurs ...............................................................................................................102

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11 introduction

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Niedrigqualifizierte in Erziehung, Bildung und Betreuung

In luxemburgischen Bildungs- und Erziehungsstrukturen werden seit 2005 deutlich mehr niedrig qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt – verschiedene Gesetzes-texte erlauben dies. „Niedrig qualifiziert“ bedeutet in diesem Kontext, dass keine spezifische Qualifizierung für die komplexen pädagogischern Anforderungen des Alltags in Erziehungs- und Bildungsstrukturen besteht. Daher kann eine fachunspezifische CATP-Ausbildung mit einer 120-stündigen Zusatzausbildung nicht als „qualifiziert“ angesehen werden, wie dies der heutigen Praxis entspricht. Hilfskräfte können nicht als qualifiziertes Personal gelten.

Von wie vielen Niedrigqualifizierten sprechen wir? In den Maison Relais fallen bis zu 60 % des Personals unter diese Definition, in kommerziellen Foyers de Jour, Crèches und Garde-ries (Kindergärten, Krippen und Horten) bis zu 50 % und bei Tageseltern gar bis zu 100 %. In den Maison Relais und kommerziellen Kindertageseinrichtungen sind geschätzte 500 bis 1000 Personen betroffen.

Der Personalschlüssel des „Règlement grand-ducal“ betreffend die Maison Relais wurde seit 2005 auch kritisiert, nicht zuletzt von den Vertretern der Erziehungsberufe. Die Fra-ge, ob sich die angehende Bildungsgesellschaft überhaupt niedrig qualifiziertes Personal leisten kann, scheint nach wie vor berechtigt. Aus heutiger Sicht muss festgestellt werden, dass diese Entwicklung nicht ohne Herausforderungen ist – sowohl für die Organisationen wie auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Schaffung von „Hilfserziehern und Hilfserzieherinnen“ als Tätigkeit unterhalb des Berufs des Erziehers muss auf Grund der Ergebnisse, die hier vorgestellt werden, zumindest als unzureichend angesehen werden. Diese Publikation soll daher auf folgende Fragen eingehen:

Was bedeutet der Einsatz von niedrig qualifizierten Beschäftigten für die pädagogische •Qualität (und die betroffenen Organisationen)? Welche Konsequenzen erwachsen aus dieser Tätigkeit für die niedrig qualifizierten Mit-•arbeiterinnen und Mitarbeiter selbst?

Sackgasse „niedrig qualifiziert“?Marco Deepen & Danielle Schronen

Auf der Suche nach einem Modell für Luxemburg

Diese Publikation zieht einerseits Resultate aus Studien von anerkannten Experten heran. In der Fachliteratur wird die fachliche und persönliche Kompetenz der Beschäftigten von Kin-dertageseinrichtungen als ein fundamentales, wenngleich nicht ausreichendes Qualitätskri-terium genannt. Das fehlende Angebot von anerkannten Entwicklungsmöglichkeiten für nicht qualifiziertes Personal ist somit inakzeptabel.

Andererseits werden die Erfahrungen von Caritas Luxemburg aus den Projekten FOGAflex, QUALIflex und FORMAflex vorgestellt. Das Angebot reduzierte sich von einer 18-monatigen Praxisausbildung ohne Diplom hin zu einem 3-monatigen Einstiegskursus mit Praktikum. Eine Evaluation dieser Angebote soll Aufschluss über die Erfahrungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, aber auch über Sinn und Zweck dieser Bildungsangebote geben.

Diese Publikation stellt des Weiteren Pisten für ein Professionalisierungsmodell dar, welches Organisationen, Personal und das strukturelle und legislative Umfeld einbindet. Die Aufgabe eines Trägers besteht in der Gestaltung von Erziehungs- und Bildungsstrukturen, angelehnt an seine Werte und pädagogische Prinzipien. Dementsprechend wird Personal benötigt, wel-ches die Zielvorgaben der Organisation kompetent umsetzen kann. Im Gegenzug erwarten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gute Arbeitsbedingungen, eine angemessene Bezah-lung und eine vertragliche Absicherung. Es ist schließlich die Aufgabe des Staates, für die-ses Tätigkeitsfeld den geeigneten Rahmen festzulegen. Der Staat verfolgt dabei eigene Ziele: die Vereinbarung von Familie und Beruf, eine hochwertige Erziehung und Bildung und das Schaffen von Arbeitsplätzen. Wem kommen welche Aufgaben zu, sollte ein solches Modell in Luxemburg umgesetzt werden?

Die vorgestellten Pisten entstanden in Workshops, in denen Experten einen spezifischen Aus-schnitt dieser Fragestellung analysierten, gefolgt von einer Diskussion unter Fachleuten. Hier haben sich die Mitglieder der früheren QUALIflex-Entwicklungspartnerschaft, sowie weitere Interessierte getroffen. Herzlichen Dank an alle, die ihre Ideen vorgestellt oder mitdiskutiert haben, nicht zuletzt aber auch an die Autorinnen und Autoren, die diese Publikation ermög-licht haben!

“TARGET 26: A minimum of 60 % of staff working directly with children in collective services should have a grant eligible basic training of at least three years at a post-18 level, which incorporates both the

theory and practice of pedagogy and child development. All training should be modular. All staff in services (both collective and family day care) who are not trained to this level should have right of

access to such training including on an in-service basis.”

(European Commission Network on Childcare, Quality Targets in Services for Young Children, 1996)

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Eine europäische Entwicklung

Arbeitsmarktreformen waren ein wesentlicher Bestandteil der Lissabon-Strategie für eine bessere Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union. Um die Zahl der Beschäftigten zu erhöhen, sollte vor allem Frauen der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden: bis 2010 sollten 60 % der weiblichen Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren einer bezahlten Arbeit nachgehen. Dies setzte voraus, dass gleichzeitig das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen deutlich erweitert wurde. Laut EU (Barcelona Targets, 2002) sollten im gleichen Zeitraum genügend Betreuungsplätze für 90 % der Drei- bis Fünfjährigen und für 33 % der Kinder bis drei Jahre geschaffen werden.

Vor diesem Hintergrund hat die Luxemburger Regierung beschlossen, neue, integrative Modelle der Kinderbetreuung zu fördern – Modelle die helfen, das Leben in der Familie, im Beruf und in der Schule besser miteinander zu vereinbaren. Mit den „Maison Relais“ entsteht seit 2005 erstmals ein flächendeckendes Angebot. Laut Familienministerium ent-standen bisher 18.204 Plätze, darunter 1.538 Plätze für nicht eingeschulte Kinder (Situation Ende 2009). Gut 5.000 Plätze stehen noch aus.

Die Schaffung der Betreuungsplätze ermöglichte nicht nur Eltern und besonders Müttern berufstätig zu sein, sondern ließ auch viele Arbeitsplätze entstehen – Arbeitsplätze, die auch anderswo in Europa gerne an nicht qualifiziertes Personal übertragen wurden. Ein nur auf Fachpersonal gestütztes Angebot wäre zu gering ausgefallen. Es gab schlichtweg nicht ausrei-chend Fachkräfte. Viele Argumente zur Beschäftigung von niedrig qualifizierten Frauen (aber auch Männern), nicht zuletzt vorhandene Kompetenzen, erworben durch die Erziehung eige-ner Kinder, fanden hier schnell Beachtung. In Maison Relais können bis zu 60 % des Personals ohne fachspezifische Ausbildung arbeiten.

Diese massive Veränderung der Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungslandschaft in Luxem-burg verlangt nach einem pädagogischen Konzept, das der neuen Situation Rechnung trägt (z.B. Zahl der Kinder, Anforderungen der Wissensgesellschaft). Sollen hier mehr als Verwahr-anstalten entstehen, wird ein anspruchsvolles Mitarbeiterprofil, das sich u.a. durch ständige Weiterentwicklung und Qualifizierung auszeichnet, gebraucht.

Referenz

Règlement grand-ducal du 20 juillet 2005 concernant l’agrément

à accorder aux gestionnaires de maison relais pour enfants

www.legilux.public.lu

Nach Quantität auch Qualität

Der quantitativen Entwicklung von Betreuungs- und Arbeitsplätzen müsste nun der quali-tative Sprung folgen.

Mit der Einführung der Maison Relais soll nicht nur berufstätigen Eltern ermöglicht werden, Erwerbstätigkeit und Erziehung ihrer Kinder miteinander zu vereinbaren, sondern auch die Chance genutzt werden, die Kinder gezielt zu fördern. Neben den Gleichberechtigungs- und Beschäftigungszielen geht es auch darum, bildungspolitische Ziele zu erreichen, um so so-ziale Kohäsion zu fördern – alles Bestandteile der Empfehlungen der Europäischen Union. Um dies zu erreichen, werden ein aktuelles pädagogisches Konzept, adäquate Infrastruktu-ren, Organisationsstrukturen (zu beachten wären u.a. Personalschlüssel, Vorbereitungszeit, administrative Tätigkeiten) und nicht zuletzt Fachpersonal gebraucht.

Woher aber kommen die kompetenten pädagogischen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen? Die Europäische Union hat sich im Zuge der Arbeitsmarktreformen für lebenslanges Lernen und für die Anerkennung von Lebenserfahrung stark gemacht. Manche Niedrigqualifizier-ten haben Kompetenzen, nicht aber Diplome. Wie kompetent die Mitarbeiter und Mitar-beiterinnen der Maison Relais wirklich sind, ist somit schwer einzuschätzen. Instrumente zum Nachweis der Kompetenzen im Hinblick auf die Anerkennung von Lebenserfahrung sind deshalb dringend erforderlich. Kompetenzen sind aber nicht nur zu fordern, sondern auch zu fördern: von Seiten des Arbeitgebers (Coaching, Teamentwicklung) aber auch von staatlicher Seite (qualifizierende Weiterbildungsangebote). Kompetentes pädagogisches Personal entwickelt sich kaum auf Basis von Miniarbeitsverträgen (10-16 St/Woche), die weder eine adäquate finanzielle Lebensgrundlage darstellen, noch die nötige Zeit für Wei-terentwicklung beinhalten, so wie es in den luxemburgischen Maison Relais derzeit üblich ist. Diese Situation hat kaum noch Gemeinsamkeiten mit der Praxisausbildung des Projekts FOGAflex. Pädagogische Qualität lässt keine grenzenlose Flexibilität zu, weder im Sinne der Kinder, noch im Sinne der Beschäftigten.

Rezente politische Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse aus Erziehung, Bildung und BetreuungDanielle Schronen

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Empfehlungen aus der Forschung

Immer noch ist die obsolete Meinung, dass Kindertageseinrichtungen ein Substitut für ein Zuhause und pädagogisches Personal ein Substitut für die Mutter darstellen weit verbreitet. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, wenn dort vor allem Frauen mit und oft auch ohne Ausbildung arbeiten. Kinder werden als passive, von den Erwachsenen abhängige Wesen betrachtet. Experten zeichnen aber ein anderes Bild. Peter Moss fordert, dass die Einrichtungen als komplementär zur Familie angesehen werden sollten. (Erny Gillen spricht von „Familiensystemen“.) Das pädagogische Team braucht laut Moss nicht nur Zeit mit den Kindern, sondern auch Zeit, um seine Arbeit zu reflektieren, so dass hier neues Wissen entstehen kann (Praxisforschung). Schließlich ist das Kind als ein Bürger mit Rechten, ein eifriger kleiner Forscher, der aktiv mit seiner Umwelt, Kindern und Erwachsenen, den Dialog aufnimmt, zu sehen. Diese veränderte Sichtweise ist ausschlaggebend für ein neues Kom-petenzprofil für pädagogische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Wenn bisher Kinder im Babyalter eher von nicht qualifiziertem Personal betreut wurden, sprechen sich Forscher gerade hier für eine hohe Qualifikation aus. Die Neurowissenschaf-ten belegen, dass viele Basiskompetenzen im Alter von 0-3 Jahren ausgebildet werden. Da-her: je kleiner die Kinder, desto wichtiger ist qualifiziertes Personal! Leider weisen gerade Länder wie Luxemburg, die getrennte Bildungssysteme (schulisch und außerschulisch) ha-ben, eine weit niedrigere Qualifizierung des Personals im außerschulischen Bereich auf. Auch haben laut UNICEF europaweit private oder assoziative Anbieter oft nicht die finan-ziellen Mittel, um regelmäßige Weiterbildungen anzubieten oder kinderfreie Arbeitszeit zur Verfügung zu stellen, um die pädagogische Praxis zu verbessern. Die Zahlen aus un-terschiedlichen Ländern belegen, dass die Gehälter von Lehrpersonal und erzieherischen Fachkräften weit auseinander klaffen, da in den meisten Ländern das außerschulische Per-sonal weniger anerkannt und qualifiziert ist, den Mindestlohn verdient und häufiger den Arbeitsplatz wechselt. Strategien, um mehr Männer und auch Diversität in die Teamstruktur zu bekommen, werden diskutiert, aber bisher kaum umgesetzt.

Referenzen

Peter Moss (2005): Getting beyond childcare and the Barcelona

Targets. Paper presented at the Conference “Challenges and

Opportunities faced by European Welfare States: the Changing

Context for Child Welfare. Oxford, 7-8 Januar 2005.

Erny Gillen (2008) Vorwort. In: Danielle Schronen, Robert Urbé

(Hrsg., 2008): Sozialalmanach 2008. Schwerpunkt: Kinderarmut &

Bildung. Caritas Luxemburg.

Jan Peeters (ed., 2008): Profession-nels de la petite enfance. Enfants

d’Europe, N°15, novembre 2008. Le Furet, Bruxelles, Strasbourg.

UNICEF (2008): The child care transition. Innocenti Report Card

8. Innocenti Research Centre, Florence.

Die UNICEF (2008) besteht weiter darauf, dass nur eine hohe pädagogische Qualität die langfristigen Vorteile für die Gesellschaft (z.B. verbesserte Produktivität, höhere Löhne, bessere Renditen auf Bildungsinvestitionen) bringt. Benachteiligung wird in den ersten Le-bensjahren etabliert und nur hier – wenn überhaupt – könnte der Teufelskreis der sozialen Vererbung gebrochen werden. Die EU hat die Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert, mehr Mit-tel in die vorschulische Bildung zu investieren, um die Startchancen der Kinder in der Schu-le zu erhöhen. Dies ist auch im Sinne von James J. Heckman, der klar aufweist, dass Investi-tionen in die frühkindliche Bildung eine weit höhere volkswirtschaftliche Rendite bringen als andere Investitionen in Humanressourcen (Schule, Berufsausbildung). Laut OECD (2006) sollten Staaten in die Betreuungsangebote investieren. Dies ermögliche effektivere Steuerungsmöglichkeiten, Skaleneffekte, eine bessere nationale Qualität, mehr effektive Weiterbildung des Personals und gleichere Zugangschancen im Vergleich mit Modellen, die die Gelder den Eltern zukommen lassen. Heckman fordert eine kostenlose Betreuung so-wie Investitionen in deren Qualität, besonders durch eine hochwertige Aus- und Weiterbil-dung sowie durch gutes Management.

Investitionen sollten dazu dienen, hohe Qualitätsziele zu erreichen anstatt nur mehr Be-treuungsplätze zu schaffen. UNICEF warnt vor qualitativ schlechten Angeboten als „Geld-verschwendung“ und „unwiederbringlich verpassten Chancen“. Die OECD empfiehlt be-sonders auf die professionelle Ausbildung und die Arbeitsbedingungen zu achten. Als Qualitätsziele werden u.a. gefordert: mindestens 60 % des Personals mit Bachelor-Ausbil-dung und Anrecht auf ein Lehrergehalt; 20 % des Personals sollen Männer sein. Die UNICEF hat 2008 diese Empfehlungen größtenteils wiederholt. Mehr Anerkennung und ein besseres Gehalt durch Professionalisierung – damit würde dieses Betätigungsfeld auch attraktiver für Männer. Welche Maßnahmen aber bringen kompetente Kandidaten und Kandidatinnen, die den kulturellen Hintergrund der Kinder widerspiegeln, ins Spiel? Auch das Ziel Teams aufzustellen, die ihre Arbeit reflektieren und das Kind und sein Umfeld als Ganzes in die tägliche Arbeit integrieren, lässt vermuten, dass diese Ansätze notwendig, aber noch nicht ausreichend sind um die genannten Ziele zu erreichen. Die Erfahrungen von Caritas Luxem-burg sowie europäische Beispiele von Instrumenten, Methoden und Ausbildungen zeigen Lösungsansätze auf.

“The trend towards early childhood education and care has enormous potential for good (…). Poor quality care, on the other hand, has

the potential for both immediate and long-term harm.”(UNICEF, The child care transition, 2008)

Referenzen

James J. Heckman (2008): Schools, Skills and Synapses. UCD Geary Institute, Discussion Paper Series.

OECD (2006): Starting Strong II: Early Childhood Education and Care. Paris.

Caritas Luxemburg, Abteilung für Forschung & Entwicklung (2010): Kinderarmut in Luxemburg. Bildungsförderung in der frühen Kindheit gegen die soziale Verer-bung von Armut.

James J. Heckman (2006): Investing in Disadvantaged Young Children is an Economically Efficient Policy, Forum ”Building the Economic Case for Investments in Preschool“, New York, January 10, 2006.

EC Childcare Network (1996): Qua-lity Targets in Services for Young Children. Brussels: European Com-mission Equal Opportunities Unit.

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Kurzer Rückblick

Seit 2001 engagieren sich Caritas mit Projektpartnern in EQUAL und weiteren Projekten des Europäischen Sozialfonds (ESF), finanziert je zur Hälfte durch die EU und das Luxembur-ger Arbeitsministerium. Ziel der Projekte FOGAflex (2001-2004), QUALIflex (2005-2008) und FORMAflex (2009-2010) war und ist die Vereinbarung von Familie und Beruf, aber auch die Schaffung von Arbeitsplätzen für niedrigqualifizierte Frauen und Männer im Rahmen der Ent-wicklung flexibler und hochwertiger Kindertageseinrichtungen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde mit FOGAflex ein neues Modell in der Kindertagesbetreuung entwickelt, aus dem sich die heutigen Maison Relais ableiten lassen. Innovationen in Personalstruktur und Ausbil-dung wurden getestet: 2003 wurde eine Praxisausbildung für Niedrigqualifizierte erprobt. Im Laufe der Jahre wurde die Ausbildung den Projektrahmenbedingungen angepasst. Die ersten Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer konnten dabei noch von einer Einstellung und somit einer ca. eineinhalbjährigen Praxisausbildung profitieren: 240 Stunden Theorie-unterricht wurde in 2-Wochen-Blöcken über mehrere Monate verteilt, so dass die Theorie sich optimal durch die Praxis ergänzen konnte. Das Personal der beiden Projekteinrichtun-gen wurde dabei leicht überbesetzt, um den Ausfall während der Theoriekurse auszugleichen. Das Fachpersonal übernahm des Weiteren eine Coachingfunktion und gab ein Feedback auf die praktische Arbeit der Auszubildenden. In den Theoriekursen wurde eine wöchentliche Lernbegleitung eingerichtet, in der organisatorische und vor allem inhaltliche Fragen the-matisiert wurden – ein Coaching zu den theoretischen Aspekten. Diese bewährte Metho-de der Lernbegleitung während der Theorieausbildung wurde für alle Ausbildungen beibe-halten und ist gerade im Hinblick auf die Zielgruppe eine bewährte Einrichtung geworden. In den Projekten QUALIflex und FORMAflex wurde die Praxiskomponente auf einen Monat beschränkt. Praxisfeedback wurde durch externe Praktikumsbegleiter gewährleistet. Die The-oriekurse dauerten noch 140 Stunden. Die Zielgruppe verschob sich von anfangs lebenserfah-renen Frauen (und Männer) in Richtung aller Arbeitsuchenden.

Ideen und Hypothesen

Wenn mit Hilfe der Projekte FOGAflex, QUALIflex und FORMAflex eine Ausbildung angeboten wurde, die schlussendlich Niedrigqualifizierte zu Niedrigqualifizierten macht − wo bleibt der Mehrwert?

Die QUALIflex oder FORMAflex Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden informiert, dass die Ausbildung weder obligatorisch, noch anerkannt ist. Sie sollten herausfinden, ob der Kindertagesbereich für eine zukünftige Tätigkeit für sie in Frage kommt. Während des Prak-tikums konnten sie erste Kompetenzen bei einem möglichen Arbeitgeber unter Beweis stel-len. Es ging somit darum, sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.

Die Idee, Niedrigqualifizierte im Bereich der Erziehung, Bildung und Betreuung einzusetzen hatte aber ursprünglich – zu FOGAflex-Zeiten – einen pädagogischen Hintergrund. Zuneh-mend wurden die diplomierten Beschäftigten jünger und die Teams bestanden vorwie-gend aus Frauen. Hier sollten Frauen (nach Möglichkeit auch Männer) mit Lebens- und Erziehungserfahrung die Teams verstärken. Auf diesem Wege hoffte man auch Personen aus dem Kulturkreis der Kinder anzusprechen. Die Hypothese war, dass sie bereits viel Erfahrung einbringen könnten. Eine Praxisausbildung hatte u.a. den Vorteil, sie sofort in Arbeit zu bringen, und sowohl theoretisches wie praktisches Wissen optimal kombiniert aufzubauen und vor allem praxisnah aufbereitet darzubieten (Erwachsenenbildung).

Über die berufliche Laufbahn dieses als „Hilfserzieher und -erzieherinnen“ eingestellten Personals wurde zu dem Zeitpunkt (soweit heute ersichtlich) noch nicht nachgedacht. Aus heutiger Sicht besteht der Mangel der erprobten Praxisausbildung vor allem in der fehlen-den offiziellen Anerkennung – vielleicht war die Zeit dafür noch nicht reif. So wurde auch die Frage der erworbenen und noch zu erwerbenden Kompetenzen nicht eingehend beant-wortet: das Profil wurde nicht „geschärft“.

Die Beschäftigung von Niedrigqualifizierten ohne einen vorgegebenen Weiterbildungsweg wurde jedoch mit der großherzoglichen Verordnung betreffend die Maison Relais instituti-onalisiert, aufgebaut auf der Hypothese, dass es unterschiedliche Tätigkeitsprofile für Hilfs-kräfte und Fachpersonal gibt.

Die Ausbildung erzieherischer Hilfskräfte – ein Paradoxon?Marco Deepen

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Wiedereinstieg ins Berufsleben

Die Gruppe der Berufsrückkehrenden war die primäre Zielgruppe der vorgenannten Projekte. Berufsrückkehrende streben nach einer längeren Pause zurück auf den Arbeitsmarkt. Oft ist der Grund für ihre Arbeitsunterbrechung die Erziehung der eigenen Kinder oder die Pflege der Eltern. Auch Quereinsteiger gehören dazu. Häufig fehlt dieser heterogenen Zielgruppe auch ein Schulabschluss und sie haben es schwer, einen adäquaten Arbeitsplatz oder eine Ausbildungsmöglichkeit zu finden. Hier setzt das Projekt an: der Zielgruppe Möglichkeiten bieten, eine Ausbildungskarriere zu beginnen oder fortzusetzen oder einen Arbeitsplatz zu finden. Durch die Aneignung von Basiswissen im Bereich Erziehung und Bildung soll ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden. Die Eingliederungsquote der Ausbildun-gen seit 2003 beträgt 67-77 %. Die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer konnten sich somit größtenteils erfolgreich für die neu geschaffenen Arbeitsplätze bewerben.

Indirekte Zielgruppe sind arbeitsuchende Eltern, die auf der Suche nach einer guten Kin-dertageseinrichtung für ihr Kind sind. Ihnen kann der Wiedereinstieg ins Berufsleben durch eine Maison Relais erleichtert werden, deren Ansatz auf lokaler Verfügbarkeit und Bezahl-barkeit (Einsatz einkommensabhängiger Dienstleistungsschecks) aufbaut. Gemeinden und Staat haben seit 2005 ein flächendeckendes Angebot für Schulkinder geschaffen; das Ange-bot für unter 3-Jährige entwickelt sich langsamer. Der Andrang in den Maison Relais weist auf, dass hier einem dringenden Bedarf Rechnung getragen wurde. Manche Häuser müssen bereits ausbauen!

Arbeitspolitisch ist die Schaffung der Maison Relais ein doppelter Erfolg. Die ESF-Projekte haben sowohl Ideen zum Modell geliefert als auch die Orientierung und den Wiedereinstieg ins Berufsleben vereinfacht.

Lebenslanges Lernen

Was passiert nach dem Eintritt ins Berufsleben? Ausdrücklich wird die Aneignung von Ba-siswissen als ein erster Schritt betrachtet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der QUA-LIflex und FORMAflex Projekte wurden in der Lernbegleitung motiviert, sich auf den Weg des lebenslangen Lernens zu begeben. Sie erhielten auch konkrete Informationen, wie ein zweiter Schritt gestaltet werden kann, z.B. durch eine Erwachsenenausbildung.

Lebenslanges Lernen ist ein Konzept, Menschen zu befähigen, eigenständig über ihre Le-bensspanne hinweg zu lernen. Die Zielgruppe der ESF-Projekte ist dazu oft nicht in der Lage. Ihnen fehlt häufig die nötige Motivation zum Lernen. Sie sind oft nicht oder schlecht ausgebildet. Manche haben schlechte schulische Erfahrungen gesammelt und eine psy-chologische Hemmschwelle, sich auf den Ausbildungsweg zu begeben. Auch finanzielle Barrieren sind für ihre Immobilität auf dem Bildungsmarkt verantwortlich: Alleinerziehende Mütter beispielsweise, aber auch Frauen und Männer aus Haushalten mit niedrigem Ein-kommen, können es sich ganz einfach nicht leisten, aufgrund einer Ausbildungsteilnahme auf ein Einkommen zu verzichten. Auch formal begegnet ihnen so manche Hürde: Zugangs-bedingungen für Schulen oder Ausbildungsgänge sind zu hoch oder Ausbildungen werden nicht für Erwachsene angeboten (einige Motivierte belegen Kurse im Ausland, wo nicht die Schulabschlussnote sondern eine Eingangsprüfung über die Aufnahme entscheidet). Nicht zuletzt fehlt diesen Menschen auch oft einfach nur die Zeit, sich neben Familie und Beruf auch noch in einer Aus- oder Weiterbildung zu engagieren.

Der FORMAflex-Ansatz bietet der Zielgruppe eine Chance, Basiswissen aufzubauen und schnell eine bezahlte Beschäftigung zu finden. Jedoch wird im Erziehungsalltag eine enge Begleitung dieser Personen notwendig, damit es ihnen gelingt ein den komplexen päd-agogischen Anforderungen des Alltags entsprechendes pädagogisches Kompetenzprofil aufzubauen. Es werden praxistaugliche Ausbildungs- und Qualifizierungsmodelle benötigt, die dieser Problematik Rechnung tragen. Lebenslanges Lernen gilt natürlich auch für quali-fiziertes Personal – auch hier stellen Diplome lediglich ein gutes Startkapital dar. Die Schaf-fung guter Bildungsangebote können Staat und Träger somit nicht einfach dem „Markt“ überlassen!

learning organizations

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Was wurde bisher erreicht? Nächste Schritte?Marco Deepen

Ein innovatives Modell der Kinderbetreuung mit bildungs- politischem Nachholbedarf

Aus struktureller Sicht war die modellhafte Implementierung der beiden ersten Maison Relais sicher ein herausragender Erfolg. Sie waren Vorbild in Bezug auf Flexibilität, regionale Verfüg-barkeit und eine neue Personalstruktur. Nach ihrem Vorbild gibt es im Jahr 2010 weit mehr als 200 solcher Einrichtungen. Auch die modellhafte Entwicklung einer Praxisausbildung kann als Erfolg bewertet werden (leider wurde diese in der großherzoglichen Verordnung nicht berück-sichtigt). Berufsrückkehrerinnen und Berufsrückkehrern wurde es durch die Praxisausbildung ermöglicht in Kindertageseinrichtungen beschäftigt zu werden. Sie belegten theoretische Kur-se und erhielten erste Einblicke in den Erziehungs- und Bildungsalltag in Kindertageseinrich-tungen. Diese neu erworbenen fachlichen Kompetenzen bauen bei den Berufsrückkehrerinnen und -rückkehrern oft auf persönliche Kompetenzen auf, welche aus privater Tätigkeit (zum Bei-spiel die Erziehung der eigenen Kinder, Pflege der Eltern oder Vereinsarbeit) entstanden sind. Diesem Erfolg steht eine weniger erfreuliche Tatsache gegenüber: dem richtigen ersten Schritt, welcher im Rahmen der Projekte stattfand, konnte aufgrund fehlender Konzepte und Struk-turen in der Berufs- und Bildungspraxis kein notwendiger zweiter Schritt folgen. Eine weitere Professionalisierung fand und findet nicht bzw. kaum statt, stattdessen sehen die gültigen Betriebsbestimmungen für Maison Relais vor, dauerhaft niedrig qualifizierte Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter zu beschäftigen. Diese Tatsachen widersprechen den bereits angeführ-ten Expertenempfehlungen von UNICEF, OECD und anderen.

In Erziehungs-, Bildungs-, und Betreuungsstrukturen – hauptsächlich in Maison Relais – ist ein Professionalisierungsprozess notwendig. Einerseits im Hinblick auf eine erhöhte päda-gogische Qualität zugunsten der Kinder, andererseits im Hinblick auf den Status der niedrig qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Arbeitsverträge als prekär zu bezeich-nen sind: Sie arbeiten in der Regel auf Mindestlohnbasis zwischen 10 und 20 Wochenstun-den – hauptsächlich in der Mittagsstunde. Mehrere Arbeitsverträge lassen sich aufgrund der Arbeitszeiten schlecht kombinieren.

Referenz

OECD (2006): Starting Strong II: Early Childhood Education and

Care. Paris.

Von der Eintrittskarte für Beschäftigung zum Kick-off für anerkannte Ausbildungen

Aus Sicht der Nutznießer war das Projekt ein Erfolg: Ergebnisse einer Evaluation (2003-2008) zeigen, dass 67 % der ehemaligen Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer wieder in Be-schäftigung sind, bei FORMAflex (2009-2010) betrug dieses Quote gar 77 % – ein schöner arbeitspolitischer Erfolg. Des Weiteren äußern sich die Befragten zu den Auswirkungen der Ausbildung größtenteils sehr positiv: sowohl auf fachlicher als auch auf persönlicher Ebene habe die Ausbildung ihnen etwas gebracht. Sie fühlten sich beruflich sicherer und spürten ein verbessertes Selbstbewusstsein. Einige der Ehemaligen haben auch an weiterführenden Aus-bildungen teilgenommen – ihre Motivation für das lebenslange Lernen ist gestiegen. Dieses reicht von der Teilnahme an der Aide Socio-Familiale Ausbildung über eine berufsbegleiten-de Erzieherausbildung im Ausland – meist in Belgien – bis hin zur Einschreibung in einen Ba-chelor-Studiengang in Deutschland. Wenngleich dieser letzte Fall die Ausnahme bleibt, so ist dieser doch im Einzelfall bemerkenswert und stellt für die betreffenden Personen eine höchst positive Lebenswendung dar. Denn diese weiterführenden Ausbildungen sind – anders als die Kurse für Hilfskräfte oder die Aide Socio-Familiale Ausbildung – im nationalen Bildungs-system verankert, was bessere Löhne und bessere vertragliche Bedingungen zur Folge hat. In der Regel gilt die Aussage: Je höher die Ausbildung, desto besser das Gehalt und desto besser die arbeitsvertragliche Situation. Ausbildungen, die mit einem staatlich anerkannten Diplom enden, sind einfach „wertvoller“.

Was muss sich ändern, damit die Dynamik, die die ESF-Maßnahmen in Gang setzen auch nachhaltig am Laufen bleibt und der Erwerb von anerkannten Diplomen zum Regelfall wird? Die Qualifizierungsmöglichkeiten für Berufsrückkehrende, Quereinsteiger und bereits ar-beitendes niedrig qualifiziertes Personal müssen strukturell verbessert werden. Die formalen Zugangsbedingungen für staatlich anerkannte Ausbildungen im Erwachsenenbereich müs-sen auf Kompetenzen und nicht nur auf Diplome aufgebaut werden. Nur durch Qualifizierung werden die vertikale und horizontale Mobilität der Beschäftigten garantiert und damit die Chancen auf einen guten Arbeitsplatz erhöht.

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33 les évaluations

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EvaluationenMarco Deepen

FORMAflex – eine Ausbildung mit hoher Anschlussbeschäftigung

Auf den folgenden Seiten werden die Ergebnisse verschiedener Evaluationen dargestellt, beginnend mit der Darstellung einer internen quantitativen Analyse (September 2010) zur Situation der ehemaligen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, anschließend zunächst eine Tätigkeitsanalyse (Vergleich Fachpersonal – Hilfspersonal) von Prof. Dr. Manfred Schenk aus dem Jahr 2004, eine Dokumentenanalyse (Analyse der Praktikumsberichte, September 2010) sowie eine Befragung von Leitungskräften (September 2010), beide von Peter Kappenstein.

FORMAflex stellt einen erfolgreichen strukturellen Beitrag zur Arbeitsmarktintegration niedrig qualifizierter Frauen und Männer dar. In den Jahren 2009 und 2010 nahmen 60 Män-ner und Frauen teil – 40 davon im Jahr 2009. In den Vorgängerprojekten FOGAflex und QUALIflex wurden über 100 Personen ausgebildet. Eine Analyse der ADEM im September 2010 ergab, dass im Anschluss an die FORMAflex-Ausbildung fast 77 % der Teilnehmer und Teilnehmerinnen eine Beschäftigung aufnehmen konnten. QUALIflex und FOGAflex zeigen insgesamt vergleichbar gute Ergebnisse der Eingliederungsbilanz.

Das FORMAflex-Projekteam führte zusätzlich eine weitere quantitative Analyse durch aus der im Folgenden die interessantesten Ergebnisse präsentiert werden. Von 60 verschickten Frage-bögen sind 35 ausgefüllt zurückgeschickt worden, die Rücklaufquote beträgt somit 58 %. Das Durchschnittsalter der Befragten ist 38 Jahre. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sechs unterschiedliche Nationalitäten, wobei die große Mehrheit Luxemburger sind (74 %).

Zunächst einige Angaben zur Situation auf dem Arbeitsmarkt:

9 von 35 Befragten waren seit der Ausbildung noch nicht beschäftigt.•26 von 35 Befragten haben eine Beschäftigung im sozialen Bereich (74 %).•14 von 35 Befragten haben einen unbefristeten Vertrag (CDI).•

25 der Befragten äußerten sich zudem zur wöchentlichen Arbeitszeit: 12 von ihnen arbeiten mehr als 20 Stunden pro Woche, 11 von ihnen arbeiten zwischen 10 und 20 Stunden pro Woche und 2 arbeiten weniger als 10 Stunden pro Woche.

Persönliche Entwicklung durch die FORMAflex-Ausbildung

In sozialen Berufen spielen die sozialen bzw. überfachlichen Kompetenzen eine wichtige Rolle. Selbstbewusstsein, eine eigene Meinung haben und Neugier sind im Kontakt mit der Zielgruppe – ob das nun Kinder, alte Menschen oder behinderte Menschen sind – von gro-ßer Bedeutung. Gerade aber bei den Kindern ist die Vorbildfunktion der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr wichtig. Dass diese Kompetenzen durch die FORMAflex-Ausbildung entwickelt werden, ist daher kein Zufallsprodukt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ei-genen sich in den Theoriekursen Fachkompetenzen an, welche sie im Praktikum auspro-bieren können. Dort planen sie eigenständig mindestens eine Aktivität und sind für deren Durchführung und Nachbereitung verantwortlich. Das Fachpersonal gibt im Anschluss ein kritisches Feedback. Eine gelungene Aktivität gibt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Selbstbewusstsein und motiviert, sich weiter zu entwickeln.

Frage: Wenn ich auf die Ausbildung zurückblicke…

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Lifelong Learning

In den Vorgängerprojekten wurde beobachtet, dass die Motivation der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, an weiterführenden Ausbildungen teilzunehmen, durch die Ausbildung in Gang gesetzt wird. Einerseits die Erkenntnis, dass die Arbeitsbedingungen in Sachen Gehalt und Wochenarbeitszeit oft nicht den Erwartungen entsprechen, aber auch der Wunsch, sich fachlich weiter zu qualifizieren, treiben diese Personen an.

Mögliche Anschlussausbildungen sind:

Aide Socio-Familiale Ausbildung (2-jährige berufsbegleitende Ausbildung in den Berei-•chen Kindheit und Familie, alte Menschen oder Menschen mit Behinderung),Erzieher-Ausbildung im Ausland (zum Beispiel in Belgien, homologiertes Diplom, Zu-•gang kann auch durch Lebenserfahrung/ Eignung gewährt werden),DAP Auxiliaire de Vie (Berufsausbildung in Luxemburg, auch als Erwachsenenausbil-•dung möglich),Erzieher-Diplom oder DAP Auxiliaire de Vie über Anerkennung von Lebenserfahrung •(VAE) in Luxemburg.

Mehr als die Hälfte der Befragten haben nach der FORMAflex-Ausbildung an einer weiter-führenden Ausbildung teilgenommen. Die Forderung, dass die 120-stündige Basisausbil-dung, wie sie Caritas und auch andere Träger in Luxemburg anbieten, nur eine erste Stufe der Qualifizierung ist, ist also nicht nur eine Forderung der Experten sondern auch ein konkreter Bedarf von Seiten der Auszubildenden.

FORMAflex: ein sinnvoller Start!

Seit 2001 hat Caritas mehr als 160 Personen eine Basisausbildung ermöglicht. Viele von ih-nen arbeiten heute als „Hilfserzieherinnen“ und „Hilfserzieher“ in Maison Relais oder anderen Bildungseinrichtungen. Seitens der Arbeitspolitik werden diese Zahlen positiv aufgenommen, seitens einiger Träger von Kindertageseinrichtungen und auch von Fachverbänden wird diese Entwicklung eher mit Skepsis betrachtet. Und in der Tat: Wissenschaftliche Erkenntnisse bele-gen, dass qualifizierte Fachkräfte die pädagogische Qualität in Bildungseinrichtungen erhöhen. Aber bedeutet das konsequenterweise auch, dass die FORMAflex-Ausbildung keine Existens-berechtigung hat?

Nein, denn die Evaluationsergebnisse zeigen: FORMAflex bietet ein nützliches Startkapital.

Was kommt danach? Wichtige Variablen für das lebenslange Lernen und das Erreichen einer an-erkannten Qualifizierung sind das Potential, die Vorerfahrung und vor Allem die Motivation der Betroffenen sowie die Unterstützung des Arbeitgebers, an weiterführenden berufsbegleitenden Ausbildungen teil zu nehmen. Dies scheint der entscheidende Punkt für eine erfolgreiche In-tegration von Berufsrückkehrenden und Quereinsteigenden in den Bereich der Kinderbetreu-ung zu sein. Darüber hinaus zeigen die Erfahrungen aus QUALIflex und FORMAflex, dass eine Lernbegleitung (Coaching) für den Theorieunterricht und eine systematische Begleitung inkl. kritischem Feedback in der Praxis maßgeblich zum Erfolg der Ausbildung beitragen.

Als Einstieg hat FORMAflex sich bewährt – als Basisausbildung allein aber reicht die Ausbil-dung nicht aus. Vor allem dann nicht, wenn die so genannten „Hilfserzieherinnen“ und „Hilfser-zieher“ in verschiedenen pädagogischen Situationen tätig, also flexibel einsetzbar sein sollen, wie es bei Erzieherinnen und Erziehern der Fall ist.

„Die Qualität institutioneller Pädagogik wird in entscheidendem Maße von den Kompetenzen des erzieherischen Personals bestimmt.“

(Carla Rinaldi, in: Annette Dreier, Was tut der Wind, wenn er nicht weht?, 2006)

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Hilfserzieherinnen und Hilfserzieher in der Praxis – Wo liegt der Unterschied?

FOREG, unter der Leitung von Prof. Dr. Manfred Schenk, hat im Jahr 2004 eine schriftliche Befragung von so genannten Hilfserziehern und Hilfserzieherinnen sowie von Erziehern und Erzieherinnen zu ihren jeweiligen Tätigkeiten durchgeführt. Die Untersuchungsergebnisse der Tätigkeitsanalyse seien hier auszugsweise zitiert, weil sich wegen der deutlichen Paral-lelität im Ansatz und in der Durchführung von FOGAflex (2004) und FORMAflex (2009/2010) mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf ähnliche Ergebnisse schließen lässt.

Tätigkeitsprofile

Die Ergebnisse der FOGAflex-Analyse weisen in einigen Bereichen eine deutliche Überein-stimmung in den Tätigkeiten von beiden Profilen aus. Sie bestätigen für 2004, dass Hilfser-zieherinnen (2004 noch FOGAflex-Erzieherinnen genannt, nur Frauen zu dem Zeitpunkt) mit 25 % ihrer Tätigkeit in der Pflege von Kindern stehen, während die Erzieher oder Erzieherin-nen mit 21 % pflegende Tätigkeiten ausüben (Körperpflege/Hygiene; Hilfe beim Aus- und Anziehen, beim Toilettengang, beim Essen und Gesundheitsmaßnahmen). Die Kategorie „Pädagogisches Handeln“ belegen Erzieher und Erzieherinnen mit 47 %, Hilfserzieherinnen dagegen mit 36 %, hier ist der Unterscheid vielleicht am deutlichsten sichtbar, aber nicht fundamental. „Kindkontakte“ sind in beiden Gruppen ähnlich stark und zwar mit 14 % bei den Erzieher/innen und mit 15 % bei den Hilfserzieherinnen. „Elternkontakte“ machen in beiden Gruppen 5 % der Tätigkeiten aus. Versorgende Tätigkeiten (Essensvorbereitung, Putz- und Reinigungsarbeiten, Leibwäsche u. a.) werden mit 17 % doppelt so oft von Hilfs-erzieher/innen genannt als von Erzieher/innen (8 %).

In der von FOREG vorgelegten Analyse kann letztlich kein signifikanter Unterschied fest-gestellt werden. Darüber hinaus muss davon ausgegangen werden, dass alle Situationen einen pädagogischen Kontext haben. So bietet z.B. die Pflegezeit meist wichtige pädagogi-sche Gelegenheiten. Ein klares Hilfskraftprofil lässt sich also nicht erkennen!

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Zielsetzung des ESF-Projektes FORMAflex

Im Folgenden wird der Rahmen für die Dokumentenanalyse und die Befragung der Fachkräfte darge-stellt. Diese Evaluation wurde von Peter Kappenstein (Büro für Sozialplanung, Trier) durchgeführt.

In den Jahren 2009 und 2010 hat Caritas Luxemburg im Rahmen des ESF-Projektes FORMAflex 60 Frauen und Männer ausgebildet. Ihre in FORMAflex erworbene „Qualifikation“ befähigt – so die An-nahme – zum Einsatz bei privaten oder kommerziellen Tageseinrichtungen der Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern, vorzugsweise in den seit 2005 entstandenen „Maison Relais pour En-fants“ (MRE).

Wie die Vorläuferprojekte FOGAflex und QUALIflex soll auch FORMAflex zur Verbesserung der Beschäftigungschancen der Teilnehmer und Teilnehmerinnen beitragen. Mit FORMAflex soll aber insbesondere „erforscht werden, unter welchen Bedingungen der Einsatz von niedrig qualifiziertem Personal zu einer höchstmöglichen Betreuungsqualität führen kann“..

Das Projekt FORMAflex begegnet der Frage nach Professionalität mit einem multiplen Ansatz. Es soll beispielhaft nachweisen, dass

eine wichtige personelle Ressource des Arbeitsmarktes, die beachtliche Zahl nicht ausrei-•chend qualifizierter Frauen und Männer, durch eine Basisausbildung Zugang zu dauerhafter Beschäftigung finden kann;die Ressource lebenserfahrener Berufsrückkehrender, aber auch fachfremder Quereinsteigen-•der kann besondere Kompetenzen zu Bildungsthemen wie auch kulturelle Diversität (Integra-tion von Kindern ausländischer Herkunft) einbringen;eine Basisausbildung im anspruchsvollen Bereich der Bildung, Betreuung und Erziehung eine •realistische und ausreichende Ausgangsposition für die Beschäftigung in Kindertagesstätten ist;der gezielte Einstieg fachfremder Personen in Bildung, Betreuung und Erziehung und seine •systematische Fortführung durch Weiterbildung zu einer größeren Diversität beruflicher Kom-petenz und der Teams in Einrichtungen der Bildung, Betreuung und Erziehung beiträgt.

Referenz

Deepen, Marco (2008): QUALIflex - Qualität und Flexibilität

in der Kinderbetreuung – Ausbildungskonzept für erziehe-

rische Hilfskräfte, Confédération Caritas Luxembourg, S. 36.

Die FORMAflex-Ausbildung

Im Laufe der Jahre änderte sich die Weiterbildung zum Hilfserzieher oder zur Hilfserzieherin mehrfach. Sie musste einerseits an die legislativen und finanziellen Rahmenbedingungen an-gepasst werden. Andererseits empfahlen die Erfahrungen mit „FOGAflex“ und „QUALIflex“ cur-riculare und didaktische Veränderungen für FORMAflex.

Übersicht FORMAflex-Ausbildung 2010

Modules de formation théorique Std.Les droits de l’enfant 9

Introduction en psychologie 21

Introduction en pédagogie 42

Accidents et maladies infantiles 16

Alimentation saine 9

Hygiène et sécurité 6

Module Maison Relais 9

Module assistants parentaux 4,5

Module Nanny 1,5

Accompagnement pédagogique 15

TOTAL cours théoriques 133Orientation et Conseil 3

Autoévaluation (travail sur le dossier de formation, 24j à 2h) 48

Stage (19j à 7h, dont une heure pour le rapport de stage) 133

TOTAL 317

“Support for the view that early childhood education and care should be seen as a public good is growing, and has received a strong impetus from

the research of education economists.”(OECD, Starting Strong II, 2006)

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Gegenstand der Evaluation

In den oben genannten Fragen wird der Gegenstand der Evaluation konkretisiert. Es geht:

um den Verbleib der Teilnehmer und Teilnehmerinnen im Anschluss an die Ausbildung •und um einen möglichen kausalen Zusammenhang zwischen der erfolgreichen Teilnah-me und einer Anschlussbeschäftigung;um eine Bewertung der Kompetenzen der Teilnehmer und Teilnehmerinnen in den ob-•ligatorischen Praktika und um den Zusammenhang von beobachteter Kompetenz und der Qualifizierung durch FORMAflex.

Die Erwartungen an eine Evaluation lassen sich im Anschluss durch folgende Fragen ope-rationalisieren:

Wie viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen haben nach ihrer Ausbildung eine (dauer-•hafte) Beschäftigung aufgenommen?Wie schätzen Leitungskräfte in Maison Relais den Einsatz der Hilfskräfte unter Quali-•tätsaspekten ein?Stimmen die Bewertungen des Einsatzes mit den Zielen von „FORMAflex“ überein? •Schließlich wird erwartet, dass der mögliche Erkenntnisgewinn der Evaluation Hinweise •für eine zu verändernde Praxis gibt.

Die qualitativen Aspekte der Ausbildung durch „FORMAflex“ haben für die Evaluation ein größeres inhaltliches Gewicht als quantitative Ergebnisse. Die Eingliederungsbilanz von

„FORMAflex“ ist in wenigen Zahlen quantitativ darzustellen (siehe weiter vorn in diesem Kapitel). Die Frage nach der Qualität der Arbeit der „Hilfserzieher“ und „Hilfserzieherinnen“ will aber qualitativ beantwortet werden. Diese Überlegungen führen zur Wahl qualitativer Methoden, der Dokumentenanalyse (Durchsicht von Praktikumsberichten) und qualitative Interviews (acht Leitungskräfte von Maison Relais).

Ziel der Evaluation

Ziel der Evaluation ist es, die Wirkung von FORMAflex auf die berufliche Integration niedrig qualifizierter Personen und den professionellen Kontext der Betreuung, Bildung und Erzie-hung in Kindertageseinrichtungen festzustellen. Das Projekt FORMAflex ist darauf hin zu untersuchen,

ob durch FORMAflex ausgebildete Frauen und Männer tatsächlich Zugang zu dauerhaf-•ter Beschäftigung im Bereich der Betreuung, Bildung und Erziehung finden;ob der angesprochene Personenkreis für die Betreuung, Bildung und Erziehung in Kin-•dertagesstätten ausreichend qualifiziert wird;ob die Weiterbildung fachfremder Personen durch FORMAflex zu einer größeren Diver-•sität beruflicher Kompetenz in Einrichtungen der Betreuung, Bildung und Erziehung beiträgt undin welchem Ausmaß die Kriterien des Operationellen Programms des Europäischen So-•zialfonds erfüllt werden.

Weiterbildung ist hier verstanden als eine formale, abschlussbezogene Form der Professi-onalisierung, während Fortbildung eine Einzelmaßnahme der beruflichen Weiterqualifizie-rung meint. In diesem Verständnis ist FORMAflex eine Maßnahme beruflicher Weiterbil-dung.

Die Erwartungen an eine Evaluation lassen sich durch folgende Fragen operationalisieren:

Wie viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen haben nach ihrer Ausbildung eine (daue-•rhafte) Beschäftigung aufgenommen?Wie schätzen Leitungskräfte in MRE den Einsatz der „Hilfserzieher“ und „Hilfserziehe-•rinnen“ unter Qualitätsaspekten ein?Stimmen die Bewertungen des Einsatzes mit den Zielen von „FORMAflex“ überein? •

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Erste Schritte in der pädagogischen Praxis

Die Dokumentenanalyse (Praktikumsberichte) aus dem Jahr 2010 (Peter Kappenstein) ergibt, dass sich die Tätigkeit der FORMAflex-Praktikantinnen und -Praktikanten aus dem Blick eines Beobachters vom Handeln der Fachkräfte in vielen Alltagssituationen wenig unterscheiden lässt. Dies gilt vor allem für die selbstständig geplanten und durchgeführten Aktivitäten, die obligatorisch zum Praktikum zählen. Sie bestehen im Basteln, Malen, im Einsatz von neuen Medien oder in sportlichen Übungen. Sie sind am Alter ausgerichtet und beziehen die Kinder in der Regel mit ein. Fast alle Aktivitäten sind durch Fotos gut dokumentiert.

Einige ausgewählte Zitate von FORMAflex-Praktikantinnen und -Praktikanten:

zur pädagogischen Begründung einer Aktivität: „Malen mit Fingerfarben soll der Förde-•rung der Sinneswahrnehmung dienen, der Förderung der Feinmotorik, der Augen-Hand-Koordination, der Fantasie und der Kreativität.“zu Reflexionen zur Autonomie des Kindes: "Zu den wichtigen Aufgaben gehören die För-•derung der Sprache und Autonomie des Kindes. Die Autonomie des Kindes wird geför-dert, in dem die Kinder sich selbst an- und ausziehen, die Hände waschen, Zähneputzen und selbstständig auf die Toilette gehen.“zur Beschreibung eines Spiels: "Die Kinder haben sich gegenseitig angefeuert und be-•wiesen, dass sie über ausgeprägte soziale Kompetenzen verfügen."zu Kritik: „Leider habe ich von Seiten des Personals den Respekt gegenüber Kindern •und den Kollegen vermisst.“

Vor allem für Standardsituationen gilt: Das Handeln qualifizierter Fachkräfte und das von Hilfs-erzieherinnen und Hilfserziehern dürfte im Alltag einer Einrichtung oft ähnlich oder sehr ähn-lich sein. Standardsituationen und ihr Ablauf sind unter normalen Umständen wissens- und erfahrungsgesichert.

Auch diese Dokumentenanalyse kann einen Unterschied nicht präzise herausschälen.

Hilfserzieher und Hilfserzieherinnen aus der Sicht des Fachpersonals

Die Protokolle der mit acht Leitungskräften geführten Interviews (drei Einzelinterviews, ein Gruppeninterview) machen den Einfluss der institutionellen Rahmenbedingungen der Trä-gerorganisation auf das Verhalten der Hilfskräfte und ihr erzieherisches Handeln deutlich. So kann beispielsweise die mit FORMAflex erworbene Ausbildung unter den Bedingungen einer Einrichtung X einen angemessenen Beitrag zur Bildung, Betreuung und Erziehung darstellen, unter den anderen Bedingungen der Einrichtung Y kann der Einsatz unter Qua-litätsaspekten sich als nicht ausreichend erweisen.

Beispiel 1: In einer großen MRE werden die Hilfskräfte hauptsächlich zur Essensausgabe in der Mittagszeit eingesetzt, um die pädagogischen Kräfte zu entlasten. Sie übernehmen Aufgaben, die einer Assistenzfunktion entsprechen. Das gilt darüber hinaus für die Betreuung, Bildung und Erziehung. Sie werden bewusst mit Tätigkeiten beauftragt, die im Verhältnis zu ihrer praktischen und theoretischen Ausbildung stehen. Viele von ihnen arbeiten nur 8-12 Wochenstunden in der Maison Relais, eine Kindbindung ist schwer möglich. Zu ihren Aufgaben zählen deshalb beispiels-weise nicht die professionell-systematische Beobachtung von Kindern oder Elterngespräche.

Beispiel 2: In einer vergleichsweise kleinen MRE sind die Hilfskräfte eingebunden in die pädagogische Arbeit, in Betreuung, Bildung und Erziehung. Hier wird eine Hilfskraft, die ausgebildete Köchin mit mehreren Jahren Berufserfahrung ist, in Projekten mit Kindern eingesetzt. Sie plant kulinarische Vorhaben wie gemeinsames Kochen und Backen, gemein-same Mahlzeiten mit anderen Gruppen, Mahlzeiten aus anderen Kulturen. Ihre fachliche Kompetenz kommt den Kindern dabei zweifelsfrei zugute. Das ergänzende pädagogische Wissen, beispielsweise die Vermittlung in einer altersgemäßen Sprache konnte sie nach Aussagen des Interviewpartners in FORMAflex erwerben.

Hier wird der Unterschied deutlich: In Situationen, die nicht dem Standard entsprechen, die fachspezifische und fachfremde Kompetenzen erfordern, ist eine Basisausbildung von 120 Stunden allein nicht ausreichend. Im Beispiel 2 konnte eine Hilfserzieherin aber durch ihre pädagogische Praxiserfahrung und Kompetenzen aus ihrem vorherigen Beruf eine erfolg-reiche pädagogische Situation schaffen.

involvement

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Einige Schlussfolgerungen

FORMAflex stellt einen erfolgreichen strukturellen Beitrag zur Arbeitsmarktintegration ge-ring qualifizierter Frauen und Männer dar. Laut Peter Kappenstein ist allerdings aus bil-dungspolitischer Perspektive zu fragen, ob mit FORMAflex nicht einer Verstetigung und Institutionalisierung von niedrig qualifizierten Hilfskrafttätigkeiten Vorschub geleistet wird, was der notwendigen Tendenz zur Professionalisierung im Bereich der frühen Bildung, Be-treuung und Erziehung entgegen stehen würde.

FORMAflex macht exemplarisch ein Dilemma deutlich. Die „Qualifizierung“ zur Hilfskraft führt zu einer „Gratwanderung“ zwischen zwei gegensätzlichen Ansprüchen, die aber gleich-zeitig zu berücksichtigen sind – dem Anspruch an höchste Betreuungsqualität und dem enormen Personalbedarf in der Ausbauphase der Betreuungsstrukturen in Luxemburg.

Das Ausbildungskonzept sieht den Erwerb von Kompetenzen vor, die sich vor allem auf pädagogische Standardsituationen in Einrichtungen beziehen. Situationen im professio-nellen Erziehungsalltag verlangen vom Personal aber häufig mehr als eine einzige Hand-lungsoption und möglicherweise eine diffizile pädagogische Entscheidung (Beispiel Kon-fliktsituation).

Die Ergebnisse von Peter Kappenstein, FOREG und Caritas lassen den Schluss zu: im Prin-zip gibt es keinen deutlichen Unterschied bei den Tätigkeiten, wohl aber bei den Kompe-tenzen.

Der Einsatz von Hilfskräften ist ein Fakt, mit dem sich Träger auseinandersetzen müssen. Sie werden vor Allem in der Mittagsstunde eingesetzt (große Anzahl Kinder, viele Standard-situationen) und eher nicht im Kleinkindbereich. Die Hilfskräfte nur in Standardsituationen einzusetzen ist evidenterweise nicht möglich.

Empfehlungen

Folgende Empfehlungen sind aus Sicht von Peter Kappenstein von besonderem Gewicht.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass eine berufliche Qualifizierung so angelegt sein sollte, dass das erworbene Wissen und die Kompetenzen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mern in unterschiedlichen Organisationen zum Einsatz kommen können. Die Unabhän-gigkeit von betriebs- und organisationsspezifischen Kontexten sichert die Flexibilität im Einsatz der Fachkräfte einerseits und die Unabhängigkeit von berufsbildenden Maßnahmen von betrieblichen und organisatorischen Einzelinteressen andererseits.

Das breite Aufgabenspektrum der Fachkräfte in Einrichtungen wie den Maison Relais reicht von der regelmäßigen Beobachtung und Dokumentation kindlichen Verhaltens einzelner Kinder über die gezielte Bildungs- und Entwicklungsförderung, die Gestaltung der Bezie-hungen zu Eltern und anderen Institutionen der Familienbildung, zu Schulen bis hin zur kontinuierlichen Qualitätssicherung und -entwicklung. Diese wachsenden und sich verän-dernden Aufgaben müssen durch eine systematische Weiterbildung flankiert werden, um Qualitätsansprüchen zu genügen. Dies gilt in besonderem Maße für die Qualifizierung Niedrigqualifizierter. Eine einmalige Ausbildung reicht dazu allerdings nicht aus, sie muss durch eine permanente Weiterbildung flankiert werden. Diese könnte über „Lernen im Pro-zess der Arbeit“ (formation en cours d’emploi) erfolgen.

Die Weiterbildung der Hilfserzieher und Hilfserzieherinnen sollte systematisch in die Perso-nalentwicklung der Einrichtungen integriert werden. Die Personalentwicklung nimmt nicht einzelne Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Blick, sie zielt die „Formierung einer um-fassenden Lernkultur“ in der Kindertageseinrichtung an. Sie ermöglicht und fördert die Lernprozesse der Teams in den Kindertagesstätten und der Organisation selbst.

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44 les propositions

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Professionalisierung und Organisationsentwicklung: Zwei Seiten derselben Medaille?

Eine kindzentrierte Perspektive, die die gesunde Entwicklung von Kindern verfolgt, hebt zunächst zwei Leistungskriterien für Kindertageseinrichtungen hervor. Erstens ist eine gute Bindung zu einem oder zwei Erwachsenen die Voraussetzung für jegliche Interaktion des kleinen Kindes mit seiner Umwelt. Das bedingt, dass diese Erwachsenen für die Kinder während ihres Aufenthalts in der Einrichtung jederzeit erreichbar sind. Für größere Kinder sind andere Kinder zunehmend wichtig, aber auch hier bleibt die gute Beziehung zu einigen wenigen Erwachsenen ein Thema. Diese Stabilität in der Präsenz des Personals muss also gewährleistet sein. Andererseits brauchen Kinder eine vorbereitete Umgebung und gezielte Anregungen, um ihre Selbstbildungspotentiale zu entfalten. Sowohl theoretisches Wissen als auch Erfahrungswerte werden gebraucht, um dies leisten zu können.

Daraus erfolgt, dass die Qualifikation der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und die orga-nisatorische Ausrichtung miteinander verwoben sind: ohne praktische Arbeit keine Erfah-rung! Die Qualität der Einrichtungen hängt also neben der Qualifikation des Teams auch von der Organisationsstruktur und ihrer Fähigkeit zur Weiterentwicklung ab. Die Praxis zu reflektieren ist keine Aufgabe die der Einzelne im stillen Kämmerlein absolviert, sondern eine Teamaufgabe, die Dokumentation und regelmäßigen Austausch voraussetzt. Es geht letztendlich weniger um die Präsenz nicht qualifizierter, auszubildender Personen in päda-gogischen Teams, sondern um die Frage wie Einrichtungen diese in praktische Qualifizie-rungsmaßnahmen einbinden können. Welches System wird hierfür gebraucht? Wie muss sich die Luxemburger Bildungslandschaft verändern, um geeignete Lerninhalte zur Verfü-gung zu stellen? Wie müssen Kindertageseinrichtungen als Organisationen aufgestellt sein, um Praxisausbildung zu ermöglichen?

Nachfolgend werden die Inhalte der FORMAflex-Workshops kurz in ihrem Zusammenhang gezeigt, als Auftakt zu detaillierteren Darstellungen durch die verschiedenen Experten.

Referenz

Gerd E. Schäfer (2008): Bildung in der frühen Kindheit. In: Danielle

Schronen, Robert Urbé (Hrsg., 2008): Sozialalmanach 2008.

Schwerpunkt: Kinderarmut & Bildung. Caritas Luxemburg.

Variablen eines LösungsansatzesDanielle Schronen

Kompetenzen erwerben in Theorie und Praxis: Die Forderung einer Praxisausbildung für erzieherische Berufe

Der Erwerb von Kompetenzen braucht einen institutionellen Rahmen, lernende Organi-sationen und die Motivation des Einzelnen. Der Grad an Professionalisierung lässt sich laut Jan Peeters von der Universität Gent (B) am Berufsprofil erkennen. Hierzu gehören die Kapazität, die Arbeit zu reflektieren (reflective practitioner), ein hoher Grad an Auto-nomie, Offenheit zum Dialog und die Fähigkeit, mit komplexen Situationen umgehen zu können. Aber auch eine eigene Meinung zu haben und eine engagierte Position beziehen zu können, die Perspektive wechseln und die eigene Einstellung weiterentwickeln zu können, eine berufliche Neugierde zu pflegen, sowie ein pädagogischer Forschungsdrang, um das pädagogische Wissen zu erweitern sind grundlegende Kompetenzen für eine erzieherische Tätigkeit in Kindertageseinrichtungen.

In Frankreich wurden die Kompetenzen, die diese Fähigkeiten beschreiben im Gesetzestext, betreffend die Ausbildung zum „Educateur pour jeunes enfants“ festgehalten. Die Ecole santé social sud-est (ESSSE) belegt auch, dass es durchaus möglich ist, ein praktikables System aufzubauen, das die Ausbildung sowohl auf direktem schulischem Weg wie auf dem Umweg beruflicher Erfahrung ermöglicht (Anerkennung von Lebenserfahrung). Die Direkto-rin Myriam Mony legt größten Wert auf eine Methodik der Intervention und der Einführung in die Forschung. Die Kompetenzen entstehen nicht nur durch individuelle Arbeit, sondern auch durch die Entwicklung der Gruppe. Der praktische Teil der Ausbildung ist also weit mehr als nur ein Umsetzen theoretischen Wissens.

Das Mentoring-Prinzip – wie es z.B. von der ESSSE zusammen mit der Stadt Lyon umge-setzt wurde – ist für Beatrice Rutishauser Ramm (Caritas Schweiz) eine adäquate Bildungs-methode, die sich als Brücke zwischen Theorie und Praxis bewährt hat.

Eine solche Praxisausbildung entspricht laut Peeters auch dem Rat der Experten ein Modell zu privilegieren, das die Praxis mit einbezieht anstatt eine immer höhere theoretische Ausbildung anzustreben. Damit sind die Träger der Kindertageseinrichtungen gefordert, entsprechende Ausbildungsplätze zu schaffen und mit den Bildungseinrichtungen Hand in Hand zu arbeiten.

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Neue Instrumente zur Qualifizierung: Dokumentierung und Anerkennung von Kompetenzen

Insbesondere die Festlegung von beruflichen Kompetenzen, ihre Feststellung und damit ihre Dokumentierung werden die Berufsausbildung verändern. Diplome können dann nicht nur über Initialausbildung erworben werden, sondern auch durch Validierung anderweitig erworbener Kompetenzen. Damit eröffnet sich auch gerade im sozialen Sektor für viele Beschäftigten ein neuer Weg der Qualifizierung und der Karriere.

Seit 2009 spielt in Luxemburg die Anerkennung von Lebenserfahrung (VAE) in der Berufs-ausbildung eine Rolle; ein entsprechendes Gesetz wurde im Dezember 2008 verabschiedet. Die VAE ist eine neue Methode, die es erlaubt, berufliche und außerberufliche Kompe-tenzen zu zertifizieren. Jede Person, die mindestens drei Jahre Praxiserfahrung in einem bestimmten Bereich gesammelt hat, kann diese durch eine formale Prozedur validieren lassen. Diese ist anspruchsvoll, so dass besonders für Niedrigqualifizierte eine Begleitung notwendig ist. Das Portfolio ist ein Instrument, das die Dokumentierung von Kompetenzen sowohl durch Selbst- als auch durch Fremdeinschätzung erlaubt. Diese Instrumente wer-den im Detail von Jos Noesen (VAE) und Claude Bodeving (Portfolio) vorgestellt.

Urs Hauenstein (IPF, Soloturn) dokumentiert auf eindrucksvolle Weise, dass die Anerken-nung von Lebenserfahrung ihren Platz neben dem direkten Weg der Ausbildung hat und zeigt anhand eines Projektes im Kosovo, wie eine Praxisausbildung auf die lokalen Bedürf-nisse aufbauen und internationalen Hochschulnormen Rechnung tragen kann.

In diesem Zusammenhang wäre noch der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) zu er-wähnen. Dieser fungiert als Übersetzungsinstrument, das nationale Qualifikationen euro-paweit verständlich macht und so die grenzüberschreitende Mobilität von Beschäftigten und Lernenden fördert. Die Einbettung der sozialen Berufe in einen solchen Rahmen, auch unterhalb von Hochschulstudien, macht besonders für Luxemburg Sinn, da sowohl luxem-burgische Studenten ausländische Bildungsangebote in Anspruch nehmen als auch die luxemburgische Wirtschaft ausländische Fachkräfte braucht.

Referenz

Règlement grand-ducal du 11 janvier 2010 portant organisation

de la validation des acquis de l’expérience.

www.legilux.public.lu.

Ein Modell für Luxemburg?

Jan Peeters hat weltweit Bildungs- und Erziehungssysteme untersucht und schlägt vor, die Professionalisierung (mit besonderem Augenmerk auf die Einrichtungen für Kinder von 0-6 Jahren) über einen Personalschlüssel zu steuern, der jeweils ein Drittel Bachelor-Abschlüsse (bis 2004 „éducateur gradué“), ein Drittel Sekundar-Abschlüsse („éducateur diplomé“) und ein Drittel Auszubildende vorsieht. Dies würde eine weitgehende Verbesserung des derzeit möglichen Personalschlüssels darstellen (60 % des Personals ohne Abschluss). Auch wenn die Realität vielleicht besser aussieht (30 % in Maison Relais Caritas, 2009), bleibt akuter Handlungsbedarf.

Das auszubildende Drittel soll laut Peeters in den Einrichtungen eine Praxisausbildung erhalten, die mit komplementären theoretischen Kursen zu einem anerkannten Abschluss führt. Das „European Commission Network on Childcare“ hatte bereits 1996 gefordert, dass es Bachelor-Abschlüsse sein sollten. Von den genannten Fähigkeiten her betrachtet, wird es schwierig sein, diesen Abschluss unterhalb des Sekundarlevels anzusiedeln. Was wird hier-für gebraucht? Ein legaler Rahmen muss die Kompetenzen des Berufsprofils festlegen. Die bereits geschaffene Anerkennung von Lebenserfahrung (VAE) ermöglicht, Kompetenzen im Rahmen eines Diploms zu dokumentieren und deckt gegebenenfalls Lücken auf. Bildungs-einrichtungen müssten deshalb Erwachsenenbildung anbieten, modular passend, damit VAE-Kandidaten zusätzlich zur Praxis ihre theoretischen Lücken ausbessern können.

Das 1/3-Modell ermöglicht die zeitnahe Einstellung des dringend gebrauchten Personals, ohne sich negativ auf die pädagogische Qualität auszuwirken. Des Weiteren würde ein sol-ches Modell den Beschäftigten bessere Arbeitsbedingungen und Karrieremöglichkeiten in Aussicht stellen. Dies bedeutet auch, dass die Einrichtungen selbst zur Professionalisie-rung beitragen müssten. In der Praxisausbildung brauchen die Auszubildenden Unterstüt-zung von den Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Bachelor-Abschluss und durch externe Begleitung. Diese sind in ihrer eigenen Ausbildung darauf vorzubereiten und benötigen in der Praxis ausreichend Zeit für diese Begleitung. Eine Professionalisierung verlangt sowohl vom Gesetzgeber als auch vom Arbeitgeber, dass die Grundlagen einer Organisationsent-wicklung geschaffen werden.

sustainable employment

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Le professionnalisme dans les services destinés aux jeunes enfants en EuropeJan Peeters

L’Union Européenne s’est engagée à combattre les effets d’une population vieillissante en créant le plein emploi. Dans ce but, il importe de concilier au mieux les impératifs du travail avec les contraintes familiales. Cependant, pour l’UE, l’accueil des jeunes enfants n’est pas seulement considéré comme un moyen d’accéder à l’emploi, mais aussi comme une source d’emploi. Ne se contentant pas de créer des emplois supplémentaires, l’UE insiste pour que ces emplois soient de bonne qualité. Il s’agit aussi de rendre le travail plus attractif pour davantage de personnes. En d’autres termes, l’Europe souhaite créer non seulement davantage d’emplois, mais aussi de meilleurs emplois dans le secteur de la petite enfance. La qualité de l’emploi devient ainsi un objectif central de l’UE soucieuse de fonder l’écono-mie sur la connaissance.

La communauté scientifique, s’accorde sur le fait que la qualité des services éducatifs pour la prime enfance exerce un effet positif sur le développement des enfants (Fukkink, et., al., 2007). Afin de rendre possible un accueil de qualité, il importe donc de « créer une main-d’œuvre possédant les compétences et les connaissances à la hauteur de services de haute qualité ». D’où un consensus grandissant en Europe quant à la nécessité d’améliorer la pro-fessionnalisation dans le secteur de la petite enfance. Cependant les positions divergent quant aux moyens d’atteindre ce but… Cette étude se propose de mieux cerner le concept de professionnalisation et de professionnalisme dans les métiers concernés par l’accueil des jeunes enfants.

référence

Fukkink, R. G. and Lont, A. (2007). Does training matter? A meta-

analysis and review of caregiver training studies. Early Childhood

Research Quarterly, 22, 294-311.

De quel genre de professionnalisation avons-nous besoin ?

Une vue d’ensemble de la littérature scientifique (Peeters, 2008) montre que la profession-nalisation des individus est un processus d’apprentissage dans lequel la représentation que l’on se fait de la profession reste centrale et que celle-ci se construit en interaction avec les autres : collègues, parents, enfants.

A la lumière de ce constat, le processus de professionnalisation peut être vu comme une pratique sociale résultant d’une interaction entre, d’une part les évolutions sociales, les mesures de politique générale et les nouvelles perspectives scientifiques et, d’autre part, les chercheurs, le personnel en charge des structures d’accueil de la petite enfance, les parents et les enfants.

Dans de nombreux Etats membres de l’UE, l’accueil des jeunes enfants est toujours consi-déré comme un « travail de femme ». La recherche établit un lien clair entre l’idée d’un professionnalisme basé sur un parti pris sexiste avec des salaires et des qualifications peu valorisés. Il s’agit donc de fonder une nouvelle conception de la professionnalisation sur « l’absence de parti pris sexiste ». La présence de membres du personnel de sexe masculin et l’implication active des pères dans les centres sont des conditions essentielles pour arriver à une conception du professionnalisme sans parti pris sexiste. Après tout, un pro-fessionnalisme sans préjugé sexiste ne peut se développer que par une approche critique et des discussions entre les membres du personnel de sexe masculin et féminin, et avec les pères et les mères.

référence

Peeters, J. (2008). The construction of a new profession. A European perspective on professionalism in early childhood education and care. Amsterdam: SWP.

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Notre étude présente une vue d’ensemble des conceptions de la professionnalisation dans les différents pays de l’UE et la Nouvelle Zélande. Cette analyse inclut les résultats d’un projet européen transnational qui portait sur le sujet du professionnalisme dans les pro-fessions ayant affaire avec la petite enfance.

Elle s’inscrit dans le cadre d’une coopération transfrontalière au sein du projet « EQUAL » (EGAL) appelé « Improving Childcare » (Amélioration de l’accueil des jeunes enfants) – financé par le Fonds Social Européen en provenance des communautés française et fla-mande de Belgique, du Luxembourg, d’Italie, d’Allemagne et de Lithuanie. Ces pays sont actuellement engagés dans un processus de professionnalisation, mais à ce jour les gou-vernements concernés n’ont pas encore défini de politique cohérente quant à la manière de construire ce professionnalisme.

En conclusion, nous dirons que devenir un praticien réflexif présuppose un niveau élevé d’autonomie d’agir envers les enfants et les parents. En ce domaine, précisément, nous constatons de grandes différences entre les pays qui ont fait l’objet de notre étude. Le Danemark fournit certainement à ses « pedagogs » l’autonomie la plus grande ; le système anglais permet une autonomie limitée et reste fortement sous contrôle gouvernemental ; le système néo-zélandais, enfin, se révèle extrêmement prometteur grâce au programme « Te Whaariki » qui crée un cadre général susceptible d’être librement interprété par chaque éducateur, éducatrice ou enseignant(e).

Opportunités de professionnalisation dans des systèmes intégrés

Une étude plus détaillée de la politique d’accueil des jeunes enfants a été initiée dans quatre pays, sélectionnés pour avoir (selon les rapports internationales) développé « une pratique et une politique intéressantes » quant à la professionnalisation. L’analyse de ces « pratiques et politiques intéressantes » dans des pays faisant partie de l’UE et de l’OCDE montre que l’intégration des crèches et d’autres formes d’accueil (de 0 à 3-4 ans) dans un ensemble plus large de jardins d’enfants relevant de l’Education (Nouvelle Zélande) ou dans un dispositif pédagogique relevant du Social (Danemark) a donné naissance à un processus de professionnalisation caractérisé par une exigence de formation et de salaires plus élevés. La professionnalisation des personnes travaillant dans les lieux d’accueil à caractère familial demeure pourtant un problème, même dans les systèmes intégrés : le ni-veau de formation et les conditions de travail de ces personnes sont moins bons que ceux des personnels travaillant en équipe dans des structures d’accueil de la petite enfance.

Un faible niveau de qualification des professionnels s’occupant de jeunes enfants (0 à 3-4 ans) est inhérent aux ‘split systems’, systèmes dits « séparés » dans lesquels la responsabi-lité politique pour les services d’accueil (crèches, assistance parentale) et les jardins d’en-fants (école) est séparée en différents départements (OECD, 2006). La France fait exception à la règle : l’exemple français de « l’éducateur de jeunes enfants » montre qu’il est en fait possible de développer un degré élevé de professionnalisme au sein d’un système séparé.La plupart des problèmes concernant le professionnalisme dans un modèle de système séparé se rencontrent dans le développement de services d’accueil privés commerciaux (Moss, 2009). Cependant, lorsque les garderies de type commercial bénéficient de l’aide du gouvernement et/ou de la communauté des affaires, il semble qu’il soit possible de revaloriser le professionnalisme dans ce secteur « à but lucratif », comme le montrent les exemples de la Nouvelle Zélande et des Pays Bas (Mitchell, 2002).

“Societies and organisations (…) are confronted by ethical and political choices in how they understand and structure services for young children.”

(Peter Moss, Getting beyond Childcare and the Barcelona Targets, 2005)

références

OECD (2006). Starting Strong II, Early Childhood Education and Care. Paris: OECD Publications.

Moss, P. (2009). There are alterna-tives! Markets and democratic ex-perimentalism in early childhood education and care. The Hague: Bernard van Leer Foundation.

Mitchell, L. (2002). Differences between community owned and privately owned early childhood education and care centres: a re-view of evidence. NZCER Occasio-nal Paper 2002/2.

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La professionnalisation des organisations est bien vivace dans ce qu’on appelle les « es-paces communicatifs » où chercheurs, décideurs et personnels travaillent ensemble pour développer de nouvelles connaissances. Dans tous les pays que nous avons étudiés et où une politique cohérente a été développée dans ce sens, il existe incontestablement une tradition dans le secteur, où chercheurs et décideurs travaillent main dans la main sur de longues périodes et de façon démocratique pour développer un nouveau type de profes-sionnalisme. L’OCDE a établi que, dans des pays confrontés à un paradoxe politique vis-à-vis du professionnalisme, il existait une tendance à mettre sur pied des cours de formation de niveau bachelor (OECD, 1997). Dans tous les pays d’Europe Occidentale que nous avons étudiés – à l’exception de la Belgique et des Pays Bas – les personnels qui travaillent avec de jeunes enfants (0 à 4 ans) sont titulaires d’un bachelor, ou bien des initiatives sont en cours pour que cela devienne le cas dans un avenir proche. Ces bachelors sont assistés par des personnels moins diplômés qui ont, en général, une formation secondaire. Dans tous les pays étudiés, un processus de professionnalisation était en cours, souvent avec des procédures de revalorisation des qualifications en vue d’assurer de meilleures conditions de travail.

référence

OECD (1997). The future of female dominated professions. Paris:

OECD.

La nécessité d’un diplôme de bachelor commun en éducation

Les pays ayant l’intention d’introduire un professionnel titulaire d’une licence doivent faire leur choix entre une interprétation générale et une interprétation spécialisée de la profes-sionnalisation (ou bien : faire un choix entre un bachelor professionnalisant général ou spécialisé). Dans les pays à modèle général – tels que le Danemark – les assistants effec-tuent les mêmes tâches que les diplômés ; dans les pays à vision spécialisée de la profes-sionnalisation, ce sont surtout les personnels moins diplômés qui prennent en charge les jeunes enfants.

Dans beaucoup de pays européens et de l’OCDE le personnel est constitué d’environ un tiers de titulaires d’un bachelor, un tiers de diplômés du secondaire et un tiers sans niveau scolaire reconnu. Le projet de recherche « Care Work in Europe » (Travailleurs Sociaux en Europe) a fait apparaître une tendance à donner aux employés sans niveau scolaire reconnu (étudiants avec emploi rémunéré, reconnaissance de compétences acquises pour les personnels non diplômés en fonction), la possibilité de participer à des stages courts de formation pour adultes en vue d’obtenir une qualification, manifestant ainsi une évo-lution du système actuel à trois niveaux dans lequel le niveau le plus bas (peu ou pas de formation) est graduellement éliminé. Ce qui exclurait la possibilité d’employer, au titre de travailleurs sociaux, des personnes sans qualification dans le seul but de réduire, par le biais de mesures à court terme, le nombre de chômeurs, sauf si, bien entendu, des dis-positifs de formation étaient mis en place pour atteindre le niveau de qualification requis (Cameron, Moss, 2007 : 145).

référence

Cameron, C. & Moss, P. (2007). Care Work in Europe. Current un-derstandings and future directions. London: Routledge.

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Les stages de formation pendant la formation au niveau bachelor en France, Danemark et Nouvelle Zélande (et en Angleterre en ce qui concerne un certain nombre de « Early years Foundation Degrees » – cours d’initiation à la prime enfance) forment les étudiants à de-venir des praticiens réflexifs, capables d’élaborer des connaissances nouvelles et de faire face aux problèmes rencontrés dans la pratique. Au cours des stages de formation pour les « éducateurs de jeunes enfants », la méthode « d’analyse des pratiques » est particu-lièrement adaptée puisqu’elle se fonde sur l’expérience pour développer de nouvelles per-spectives pédagogiques théoriques (Favre, 2004). Dans les pays que nous avons étudiés, le stage de formation est toujours basé sur la représentation d’un enfant « compétent ». Qu’il s’agisse de la formation du « pedagog » au Danemark, de celle des maîtres en Nouvelle Zélande ou du stage destiné aux « éducateurs de jeunes enfants » en France, celles-ci s’ap-puient toutes sur le concept de « Bildung », selon lequel chaque enfant fournit sa propre interprétation du monde qui l’entoure et est à même de piloter lui-même son processus d’apprentissage.

Mobilité horizontale et verticale

Dans tous ces pays nous voyons se développer des méthodes dans lesquelles c’est la ré-flexion sur la pratique qui guide le processus d’apprentissage (cycles de pratique réflexive, analyses des pratiques). Dans les stages de formation organisés en France et au Danemark, on va plus loin encore : on fait intervenir un « mentor » (maître de stage, tuteur) qui suit les stagiaires de faible niveau scolaire initial dans le programme même du stage de formation (licence). La formation professionnalisante du « pedagog » (ou de « l’éducateur de jeunes enfants ») – englobe le soutien apporté aux assistants à faible niveau scolaire durant le programme d’études avec emploi rémunéré. Dans les quatre pays qui mettent en oeuvre un modèle cohérent de professionnalisation, des dispositifs spéciaux ont été créés pour revaloriser le professionnalisme des membres de groupes défavorisés. Un tel dispositif fonctionne en Angleterre sous la forme de la reconnaissance des compétences acquises (validation des acquis) au sein du « National Vocational Qualifications system » (système national de formation professionnelle) ou par le biais des « Early Years Sector Endorsed Foundation Degrees » (diplômes d’initiation à la petite enfance sanctionnés par le secteur). En France, au Danemark et en Nouvelle Zélande, les personnels sans niveau scolaire re-connu et faisant partie des groupes défavorisés sont dispensés de stage pratique s’ils se lancent dans des études plus poussées.

Parallèlement aux stages de formation initiale, on accorde une grande importance, aux stages de formation à l’interne et aux démarches personnelles de revalorisation des com-pétences professionnelles (Cameron, Moss, 2007 :145). L’inconvénient du système français est que le secteur d’action des éducateurs de jeunes enfants est limité.

empowerment

référence

Cameron, C. & Moss, P. (2007). Care Work in Europe. Current un-derstandings and future directions. London: Routledge.

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Les pays à système de professionnalisation développé de manière cohérente ont beaucoup investi dans l’élargissement des possibilités de mobilité verticale et horizontale pour tou-tes les professions liées à l’accueil des jeunes enfants. Le modèle le plus largement déve-loppé dans ce domaine est le « Integrated Qualifications Framework » (cadre national de qualification) qui, en Angleterre, offre théoriquement la possibilité de démarrer au niveau le plus bas d’un emploi, sans niveau scolaire reconnu, pour atteindre un emploi hautement qualifié dans l’Education de la Petite Enfance. Cependant la mobilité horizontale est égale-ment essentielle en ce qu’elle rend le métier attractif et évite l’écueil du manque de person-nel sur le marché du travail dans l’avenir. Le modèle anglais de la professionnalisation, qui s’oriente vers un « tronc commun » pour tout personnel s’occupant d’enfants (aussi ceux qui travaillent dans les écoles) est un des moyens de rendre la profession plus attractive dans l’avenir.

Pour approfondir

Bennett, J. (2003). Starting Strong, the persistent division between care and education. Journal of early childhood research, 1(1), 21-48.

BUPL (2006). The work of the Pedagogue: roles and tasks. Copenhagen: BUPL.

Carr, M. and Rameka, L. (2005). Weaving an early childhood curriculum. Children in Europe. 5(2), 8-9.

CWDC (2006). Clear Progression towards an Integrated Qualifications Framework. Leeds: CWDC.

Dalli, C. (2008). Early childhood teachers in New Zealand. Children in Europe. 15(2), 16-17.

Miller, L. (2008). Developing New Professional Roles in the Early Years. In L. Miller & C. Cable (ed.), Professionalism in the Early Years. London: Hodder, Arnold.

Oberhuemer, P., Schreyer, I. and Neuman, M. (2010). Professionals in early childhood educa-tion and care systems. Opladen & Farmington Hills: Barbara Budrich Publishers.

Schön, D. (1983). The reflective practitioner. How professionals think in action. London: Temple Smith.

Unicef Innocenti Research Centre. (2008). Report Card 8. The child care transition. Florence: Unicef.

Verba, D. (2006). Le métier d’éducateur de jeunes enfants. Paris: La Découverte.

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Les textes réglementaires

Décret n° 2005-1375 du 3 novembre 2005 relatif au diplôme d’Etat d’éducateur de jeunes enfants ;

Arrêté du 16 novembre 2005 relatif au diplôme d’Etat d’éducateur de jeunes enfants (EJE).

Ils sont communs à tous les centres de formation et leur servent de point d’appui pour éla-borer leurs projets spécifiques. Chacun soumet à la Direction Régionale de la Jeunesse, des Sports et de la Cohésion Sociale Rhône-Alpes (DRJSCS) sa proposition de mise en œuvre qui est validée et est sous le contrôle de cette autorité ; celle-ci par ailleurs organise les épreuves du diplôme d’Etat et le délivre.

Finalités de la formation liées à l’évolution du champ d’intervention

1. Une conception de l’accueil de l’enfance

Reconnaître le statut et les droits des enfants ;•Penser l’accueil de l’enfant à partir de ses attachements familiaux, sociaux et culturels :•

Penser l’accueil de l’enfant et de sa famille dans un environnement social, écono-•mique et culturel territorialement situé ;Penser l’accueil de l’enfant sur un territoire avec ce qu’il est et d’où il vient ;•

Penser l'accueil de l'enfant par un service et dans un lieu d’accueil situé sur un territoire •donné ;Concevoir l’accueil du jeune enfant, avec les conditions spécifiques de l’accompagne-•ment du fait de son âge :

Accompagnement du développement du jeune enfant ;•Accompagnement par la prise en compte de la singularité des situations d’enfance ;•Approche multiple et unifiée des enfants ;•Accompagnement de l’éveil quotidien du jeune enfant par la création des condi-•tions de cet éveil et de la créativité (aménagement de son environnement et mise en place des modalités psychopédagogiques adaptées).

2. Une conception constructive de la prévention

Concevoir la prévention comme une attention portée à l’enfant en vue de son bien-être •physique, corporel, psychologique, social, et de son épanouissement en prenant en compte sa situation et son histoire ;Concevoir la prévention comme la résultante d'une démarche d'accueil de qualité ;•Ajuster les projets d’accueil et d’accompagnement des enfants en lien avec leurs parents •en prenant en compte les situations des enfants telles qu’elles se présentent avec leurs diversités de ressources et de difficultés.

Le projet de formation « Educateur de Jeunes Enfants » conduit par l’Ecole Santé Social Sud-Est (Lyon, F)Myriam Mony & Laëtitia Mousnier

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3. Une conception citoyenne de l’éducation

Accompagner une socialisation constructive de l’enfant qui ouvre à l’altérité, à la coopé-•ration et au respect d’autrui ;Accompagner l’expression des singularités dans l'espace collectif, et le respect de celui-ci ;•Accompagner l’éveil à la vie en collectivité.•

4. Une conception sociale et sociétale de l’éducation

Permettre à l'enfant de s'inscrire dans l’environnement social et culturel et dans le monde ;•Concilier la question de la personne, de son éducation et la question sociale. Savoir •passer du niveau individuel du traitement d’une situation au niveau collectif de l’inter-vention éducative et sociale, et de ce fait, s’inscrire dans les questions sociales perti-nentes éventuellement en partenariat ou/et en réseau ;Savoir travailler sur un territoire commun (quartier, municipalité – avec des individus •et des collectifs), afin de créer et gérer les conditions d’accessibilité aux lieux d’accueil pour tous ;Savoir favoriser ou réactiver l’accès aux dispositifs d’accueil de droit commun pour tous •(lutte contre les exclusions et les discriminations….), accès aux services d’éducation et de soin ;Savoir soutenir et accompagner les projets qui favorisent la mixité sociale et cultu-•relle ;Savoir accueillir les parents et les familles, assurer une continuité éducative entre fa-•milles et lieux d’accueil, établir des relations avec les familles et travailler en collabora-tion avec les parents. Reconnaître et valoriser les compétences parentales ; Etre en résonance avec l’évolution des problématiques de la population, des parents, •des enfants, et des réalités socio économiques. Participer à la démarche de conciliation entre vie professionnelle et vie familiale…

5. Une conception coopérative du travail

Savoir travailler et se positionner dans une équipe pluri professionnelle, tant au niveau •du quotidien, que dans l’animation et le positionnement institutionnel ;Savoir prendre appui sur les compétences des membres d’une équipe pour conduire et •développer des projets éducatifs, sociaux et d’établissement ;Savoir articuler la prise en compte des situations individuelles singulières avec une •pensée collective de l’intervention.

“If there is a single critical component of quality, it rests in the relationship between the child and the teacher/ caregiver,

and in the ability of the adult to be responsive to the child.”(US National Research Council, Eager to learn: Educating our preschoolers, 2001)

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Profession et contextes d’intervention

L'Educateur de Jeunes Enfants (EJE) exerce une fonction d'accueil des jeunes enfants et de leurs familles dans les différents établissements et services pouvant les recevoir. Les missions qui lui sont confiées sont en constante mutation, du fait des évolutions sociales, mais aussi du fait des politiques nationales et locales qui jouent un rôle fondamental dans la mise en place des modes d'accueil Petite Enfance.

L'Educateur de Jeunes Enfants est un travailleur social spécialiste de la Petite Enfance. Ses fonctions se situent à trois niveaux : éducation, prévention, coordination. Il s'attache à favoriser le développement global et harmonieux des enfants en stimulant leurs potentiali-tés intellectuelles, affectives, artistiques. En créant un environnement riche et motivant, il contribue à leur éveil et à leur apprentissage à la vie sociale.

Le rôle d’un EJE est défini par :

la prise en charge du jeune enfant dans sa globalité en lien avec sa famille :• ce qui suppose une éthique, des connaissances et des techniques spécifiques. Cela entraîne, en outre, un travail en équipe, l'élaboration, la mise en œuvre, l'évaluation des projets éducatifs et sociaux et la contribution au projet d'établissement et de service.un positionnement particulier dans le champ du travail social :• spécialiste de la Petite Enfance, il a pour mission d'adapter ses interventions aux différentes populations, de lutter contre les risques d'exclusion, de prévenir les inadaptations socio-médico-psychologiques. Il crée un environnement permettant la construction de liens sociaux et un accompagne-ment de la fonction parentale. Pour accomplir ses missions, il est amené à développer des partenariats avec les professionnels du champ sanitaire, social et de l'éducation nationale.une fonction d'expertise éducative et sociale de la Petite Enfance :• il est acteur des politiques so-ciales territoriales. Il formule et recense les besoins en modes d'accueil, développe concertation et partenariats locaux, favorise et veille à l'adéquation entre les politiques sociales et leur mise en œuvre dans l'environnement où il évolue.

On recense environ 10 000 EJE employés par les collectivités territoriales (communes, dé-partements) et des associations et structures privées.

Leurs secteurs d'intervention sont :

Le dispositif d’Accueil des Jeunes Enfants : établissements et services d'accueil des •enfants de moins de sept ans (89% des emplois), établissements et services sociaux, services d’aide à domicile…le secteur sanitaire ;•le secteur médico-social ;•le secteur de l'assistance éducative ;•le secteur du loisir, de la culture et de l'animation ;•et tout endroit accueillant potentiellement des jeunes enfants. •

“Care and education cannot be thought of as separate entities in dealing with young children. …Neither loving children nor teaching them is,

in and of itself, sufficient for optimal development.”(US National Research Council, Eager to learn: Educating our preschoolers, 2001)

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Les différentes voies d’accès au diplôme d’Etat d’Educateur de Jeunes Enfants

Le diplôme d’Educateur de Jeunes Enfants peut être acquis désormais par deux voies d’accès :

1. La formation

1.1. L’ESSSE propose deux dispositifs distincts :

La formation en Voie Directe, qui se déroule sur 3 ans en continu et s’adresse à des per-sonnes en continuité de scolarité (statut étudiant) ou à des personnes en reconversion professionnelle.

La formation en Situation d’Emploi, qui se déroule sur 3 ans ou 3 ans et demi, et s’adresse à des salariés travaillant auprès de jeunes enfants, et porteurs d’un projet de promotion socio-professionnelle, et ayant obtenu l’accord de leur employeur.

1.2. La durée de formation peut être réduite dans plusieurs cas :

Pour les personnes possédant déjà un diplôme de niveau 3 en Travail Social.

Pour les personnes titulaires de diplômes universitaires en sciences sociales et humaines, ou de diplômes professionnels du secteur sanitaire et social : des allégements spécifiques peuvent être accordés.

Pour les personnes titulaires d’un diplôme professionnel d’auxiliaire de puériculture, la formation si elle s’effectue en situation d’emploi peut être raccourcie de 6 mois (3 ans au lieu de 3 ans et demi).

Pour les personnes ayant obtenu une validation partielle dans le cadre de la VAE EJE, elles sont dispensées des épreuves de sélection et peuvent bénéficier, sous conditions, d’un complément de formation.

2. La Validation des Acquis de l’Expérience (VAE)

L’ESSSE est impliquée dans les dispositifs VAE à travers l’AVAETS (Association Rhône-Alpes d’accompagnement pour la validation des acquis de l’expérience en travail social)

La VAE s'adresse principalement à des personnes ayant acquis une expérience significative dans le domaine de la Petite Enfance (au moins trois ans d’expériences) et notamment celles qui ont fait fonction d'Educateur de Jeunes Enfants. Le taux d’obtention du Diplôme d’Etat par la VAE est de 26% pour 2007. En cas d’obtention partielle, l’ESSSE propose un complé-ment de formation. Attention, cette formation post VAE nécessite de réunir des conditions particulières en matière de disponibilité dans l’emploi ou de montage financier.

Dans le cadre de la VAE, il s'agit de témoigner de compétences équivalentes à celles tra-vaillées dans la formation et mobilisées dans le travail, notamment à travers la prise de res-ponsabilité, l'animation de l'équipe, la réflexion psychopédagogique, le développement de projets éducatifs individuel et collectif, etc.

La VAE n’a pas vocation à se substituer à la formation en situation d'emploi, car cette der-nière permet d'accompagner un projet de changement de positionnement professionnel et à la construction de compétences non encore mobilisées dans l'exercice professionnel quo-tidien.

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Sélection des candidats pour l’entrée en formation d’EJE

1. Niveau

Le baccalauréat (fin de l'enseignement secondaire) ou équivalent ;•Le diplôme professionnel d’Auxiliaire de Puériculture ou équivalent.•

2. Déroulement des épreuves d'admission

2.1. Une épreuve écrite sur table en temps limité à jour fixe commun à tous les candidats

Le niveau de culture et de connaissances de base étant déjà attesté par la possession d'un des diplômes requis, l'épreuve vise essentiellement à mettre en évidence les capacités de compréhension, d'analyse, d'engagement à penser sur une réalité donnée et à restituer cette pensée dans un écrit organisé et clair.

2.2. Deux épreuves orales sous forme d'entretiens individuels successifs avec un(e) psycho-logue et un(e) professionnel(le) éducateur de jeunes enfants

2.2.1. Epreuve évaluée par un(e) psychologue (entretien de face à face) qui doit permettre de repérer la capacité du candidat :

A se positionner en situation d'entretien ;•A écouter, à se distancier par rapport à son histoire personnelle ;•A se mettre en position de réflexion par rapport à son parcours personnel et éventuel-•lement professionnel ;A pouvoir s'engager dans un travail relationnel auprès de jeunes enfants, de parents, et •en équipe.

Il est nécessaire de repérer des éléments de rigidité, de fragilité ou de confusion au plan de la personnalité qui entraîneraient de réelles difficultés à bénéficier de la formation.

2.2.2. Epreuve évaluée par un(e) professionnel(le) Éducateur de Jeunes Enfants (entretien de face à face) qui doit permettre de repérer la capacité du candidat à :

Exprimer son intérêt, sa motivation, pour la formation et la profession ;•Rendre compte des démarches entreprises pour connaître le métier d'Educateur de •Jeunes Enfants et le différencier des métiers connexes ;Utiliser ses ressources intellectuelles et personnelles en matières d'action et de socia-•bilité ;Analyser ses expériences personnelles et professionnelles ;•Mettre en valeur son dynamisme, ses potentialités intellectuelles et relationnelles ;•Gérer l'organisation matérielle d'une formation.•

accessibility

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La formation

La formation se déroule en alternance, et avec la collaboration des terrains professionnels.

L’accompagnement pédagogique, central dans les orientations du Département, est fondé sur la coopération et s’appuie sur différents axes :

La reconnaissance d’un public adulte en formation, responsable de son parcours ;•Le travail en petits groupes ;•La synergie entre les contenus de formation ; •Le double tutorat des étudiants, sur le terrain et dans le centre de formation ;•La reconnaissance des choix de terrain d’apprentissage professionnel de chacun ;•Une démarche de formation qui valorise la diversité des approches théoriques et pratiques.•

Ce processus de professionnalisation s’effectue au travers de petits groupes, espaces per-manents et différenciés d’élaboration de l’expérience :

Groupes d’analyse de la pratique ;•Ateliers de pratiques pédagogiques ;•Groupes de suivi de la formation ;•Un groupe dit de journal de bord accompagne la question de l’observation de sa place •dans une équipe.

Organisation de la formation

La formation repose sur :

Un programme structuré autour de domaines de formation construits à partir des do-•maines de compétences ;Un travail d’articulation entre des enseignements théoriques et des stages, dans le cadre •d’une pédagogie de l’alternance fondamentale dans une formation à visée professionnelle.

Orientations générales de la formation théorique : Elle organise les Domaines de Formation (DF) en lien avec les finalités professionnelles (Domaines de Compétences : DC). L’architecture de la formation s’inscrit dans un cadre général d’harmonisation des principaux cursus de forma-tion en travail social qui permet de favoriser la mobilité professionnelle par l’instauration de passerelles et d’allègements de formation réciproques entre les différents diplômes.

Orientations générales de la formation terrain : Les stages réaffirment de façon concrète la dimen-sion professionnelle du dispositif de formation. Ils contribuent à la professionnalisation des étudiants par l’acquisition de compétences construites en référence aux réalités du terrain. Les situations pratiques participent au même titre que la formation théorique à l’apprentissage de l’exercice du métier. En conséquence, l’EJE en formation doit être mis en situation préprofessionnelle pendant les stages.

FORMATION PRATIQUE - 15 moisUn stage de 28 semaines à l’ESSSE (un stage règlementairement d’une durée de 24 à 32 semaines)

Deux stages de 8 semaines chacun

Un stage de 10 semaines

Un stage de 6 semaines

experience

FORMATION THÉORIQUE - 1500 heures

DF 1 : Accueil et accompagnement du jeune enfant et de sa famille - 400 heures

DF 2 : Action éducative en direction du jeune enfant - 600 heures

DF 3 : Communication professionnelle - 250 heures

DF 4 : Dynamiques institutionnelles, inter institutionnelles et partenariales - 250 heures

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Domaines de compétences Intitulé de l’épreuve Type d’épreuve

DC1 : Accueil et accom-pagnement du jeune enfant et de sa famille

Développer des pratiques •adaptées d'accueil et d'ac-compagnement du jeune enfant et de sa famille ;Reconnaître et faciliter •au quotidien la fonction parentale ;Contribuer à une démar-•che de prévention précoce autour des premiers liens d'attachement.

Epreuve : Mémoire profes-sionnel et soutenance

Oral : A partir du stage référé au domaine de formation 1 : soutenance d’un mémoire entre 40 et 50 pages (annexes non comprises)

Contrôle continu : Dossier sur l’ac-cueil du jeune enfant et de sa famille

Ecrit : Dossier d’une quinzaine de pages (à élaborer au cours de la formation) validé par le centre de for-mation selon les modalités figurant dans la décla-ration préalable de l’établissement de formation

DC2 : Action éducative en direction du jeune enfant

Favoriser le développe-•ment global de l'enfant et viser son inscription sociale dans ses différents milieux de vie (famille, école, loisirs…) ;Concevoir et mettre en •oeuvre des actions de pré-vention sur les questions d’éducation, de santé et d'exclusion sociale.

Epreuve : Démarche éducative

Oral prenant appui sur le livret de stage avec, pour chacun des stages, l’évaluation du centre de forma-tion, du formateur de terrain et du candidat. Trois travaux, de 5 à 10 pages chacun, à finalité éducative et pédagogique en relation avec les stages sont de-mandés, représentatifs de compétences et d’outils diversifiés.

Contrôle continu : Démarche de Santé et de Prévention

Le dossier d’une quinzaine de pages (à élaborer au cours de la formation), portant sur des ques-tions de santé, d’hygiène et de prévention, + un questionnaire (10 questions courtes) + un travail sur les conduites à tenir, sont validés par le centre de formation selon des modalités figurant dans la déclaration préalable de l’établis-sement de formation.

DC3 : Communication professionnelle

Contribuer à l'élaboration •et à la conduite du pro-jet socio-éducatif au sein d’une équipe pluriprofes-sionnelle de l’établisse-ment ou du service ;Assurer en l'équipe la co-•hérence de l'action so-cio-éducative auprès des jeunes enfants en coopé-ration avec les parents.

Epreuve : Ecrit portant sur la communication professionnelle et les cadres de l’in-tervention socio-éducative.

Ecrit : Sujet national Une situation de communication dans l’équipe ou avec les parents. L’épreuve porte sur la compré-hension de la situation et comprend deux ques-tions courtes à traiter, sur quatre proposées, en lien avec les cadres organisationnels, juridiques, et budgétaires.

Contrôle continu : Journal d’observa-tions relatives à la vie d’un groupe sur un terrain de stage.

Journal de 10 à 15 pages.

DC4 : Dynamiques insti-tutionnelles, inter-institutionnelles et partenariales

Inscrire les projets et inter-•ventions socio-éducatives dans les réalités propres aux institutions et aux politiques de la petite en-fance ;Participer à l'action sociale •territorialisée et à la syner-gie des compétences des différents acteurs.

Epreuve : note de synthèse.

Ecrit : Sujet national A partir d’un dossier décrivant un contexte institu-tionnel et organisationnel, fournissant des points de repères réglementaires et/ou les cadres de l’in-tervention, ainsi que les éléments de discussion sur le thème, le candidat construit une synthèse puis des propositions professionnelles.

Contrôle continu : dossier d’analyse d’un environne-ment institutionnel

Ecrit Dossier d’une quinzaine de pages ayant pour sup-port le stage référé au domaine de formation 4 va-lidé par le centre de formation selon des modalités figurant dans la déclaration préalable de l’établisse-ment de formation.

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Mentoring als Brücke zwischen Theorie und Praxis

Die Mentoren und Mentorinnen unterstützen die Auszubildenden im konkreten Praxisalltag in verschiedenen Vorschulklassen im Kosovo und übernehmen deshalb eine zentrale Rolle in der akkreditierten Vorschulausbildung des „Dielli Programm für Nachhaltige- und Frie-denserziehung“ an der Universität Prishtina das Caritas Schweiz, Luxemburg und Ipf Multi-versity gemeinsam aufgebaut haben. Diesen Vorschulalltag kennen die Mentoren und Men-torinnen bestens, denn sie führen ihre Mentorenaufgabe nur als Halbtagstelle durch. In der zweiten Hälfte ihres Pensums arbeiten sie als reguläre Vorschulerzieher- und erzieherinnen und betreuen eine Klasse. Diese Aufteilung bringt Vorteile, denn jeder kennt den aktuellen Unterrichtsinhalt. Dadurch können sie während eines Unterrichtsbesuches jederzeit Se-quenzen im Unterricht der besuchten Studierenden übernehmen und so die methodisch-didaktische Umsetzung demonstrieren, wenn sie dies für notwendig erachten. An diesem Vorgehen wird deutlich, wie das Mentoring in der Vorschulausbildung verstanden wird: Der Mentor oder die Mentorin leitet geistig an und berät einen jüngeren oder weniger erfahre-nen Kollegen oder Kollegin, welche(r) sich in Ausbildung befindet.

Mentor ist ein griechischer Held aus Homers Odyssee und wurde Odysseus’ Sohn Telema-chos als geistiger Anleiter auf seinem Lebensweg mitgegeben, um ihn als Ratgeber in ei-nem Reifungsprozess zu begleiten. Mit diesem Bild wurden die Mentoren auf ihre Aufgabe vorbereitet, um sie auf den feinen Unterschied zwischen Mentoring und Kontrollbesuchen hinzuweisen. Da sie als erfahrene Vorschulerzieher und -erzieherinnen gewohnt sind, Ent-wicklungsprozesse zu beobachten, kann diese Schwierigkeit ihrer Aufgabe in der Reflektion der Mentorenbesuche angesprochen werden.

Die Mentoren und Mentorinnen sind wie die Ausbildenden im Rahmen des Lehramts Teil des Systems „Praxisausbildung“. Ihre Funktion ist gerade bei der Zielgruppe – zu der neben

„normalen“ Studierenden auch erwachsene Frauen und Männer aus ländlichen Gegenden Ko-sovos, teilweise mit verschiedenem ethnischen Hintergrund gehören – kaum wegzudenken.

Die Rolle der Mentoren in der Praxisausbildung von Vorschulerziehern und -erzieherinnenBeatrice Rutishauser Ramm

Gesichtspunkte beim Mentoringbesuch

Im ersten Jahr der Ausbildung liegt der Hauptschwerpunkt der theoretischen Unterrichts-inhalte darin, den Studierenden die Entwicklung des Kindes so näher zu bringen, dass sie die Entwicklungsschritte beim Kind beobachten und erkennen lernen. Im nächsten Schritt werden die unterschiedlichen Aktivitäten, die den Kindern in der Vorschule zur Verfügung gestellt werden, in Zusammenhang gebracht mit der Entwicklung des Kindes. Damit soll den Studierenden sichtbar gemacht werden, wie die Entwicklungsprozesse beim Kind be-obachtet und individuell unterstützt werden können.

Im ersten Ausbildungsjahr konzentrieren sich viele Studierende auf den Unterrichtsinhalt, um diesen korrekt im pädagogischen Alltag zu vermitteln. Es ist für sie wie ein Wunder, wenn sie nach einem Dreivierteljahr konkret die Entwicklungsprozesse erkennen. Mento-ren und Mentorinnen, die Erstjahrstudierende betreuen, haben deshalb die Aufgabe, da-rauf zu achten, dass diese prozessanregend unterrichten, Rhythmen und Rituale pflegen und im Unterricht eine bildhafte Sprache anwenden. Ferner wird darauf geachtet, dass die Vorschulerzieher und -erzieherinnen den Kindern die Unterrichtsinhalte methodisch-didaktisch sorgfältig und gut vorbereitet vermitteln. Der Mentor oder die Mentorin spürt die Atmosphäre im Klassenzimmer und achtet darauf, wie der Unterrichtsraum gestaltet ist, damit er die Jahreszeit oder den Unterrichtsinhalt zu vertiefen hilft. So wird auch der Unterrichtsraum zu einem Lernförderer. Diesem Umstand wurde im Kosovo bis anhin we-nig Beachtung geschenkt, zumal auch die Sauberkeit in vielen Schulhäusern noch immer mangelhaft ist.

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Die Reflektion wird im zweiten Jahr der Ausbildung geübt. Dabei treten die Auszubildenden im Geiste neben sich, um sich selbst im Unterricht zu beobachten. Diese Gabe wird benö-tigt, um im dritten Ausbildungsjahr immer selbstständiger in der Unterrichtsgestaltung zu werden. Der Mentor oder die Mentorin beobachtet die Studierenden in ihrer Klasse exakt und notiert sich die Beobachtungen, ohne diese zu werten, um danach viele Fragen zum Unterricht zu stellen. Die Rückschau auf den Unterricht wird real und mündet in ein päda-gogisches Gespräch, in dem Hinweise für die Vorbereitung auf nächste Tage ausgesprochen werden. So wird der erstellte Wochenplan, den alle Studierenden in ihrer wöchentlichen Studienzeit gemeinsam erarbeiten, auf die Klasse individualisiert.

Im dritten Ausbildungsjahr erledigen die Studierenden ihre Unterrichtsgestaltung selbst-ständig und üben weiter, den Unterrichtsrückblick gewinnbringend für Unterrichtsprozesse zu nutzen. Somit haben Mentoren und Mentorinnen, die im dritten Jahr Studierende be-treuen, deren Unterrichtsvorbereitungen vor sich und analysieren diese am Schluss des Besuches gemeinsam mit der Studierenden. In dieser Phase dreht das pädagogische Ge-spräch häufig nicht um Unterrichtsinhalte, sondern darum, wie welches Kind auf welchen Unterrichtsinhalt reagiert hat.

Im Laufe der Unterrichtsjahre werden die Mentoringbesuche seltener. Gemeinsam werden der nächste Besuch und das Thema abgemacht, auf das der Mentor oder die Mentorin speziell achten soll. Diese Vorbereitung mit konkreten Zielsetzungen steuert dem entgegen, dass Mentoringbesuche zu Kontrollbesuchen werden. Kurze prozessorientierte Protokolle schließen jeden Besuch ab. So werden nicht Fehler der Lehrkraft protokolliert, sondern es wird auf positive Fortschritte geachtet, diese werden notiert, und es werden gemeinsam neue Ziele formuliert.

Besondere Herausforderungen und Erfahrungen

Besondere Herausforderungen bestehen, wenn Mentoren oder Mentorinnen Lehrkräfte begleiten, die jahrelang in der Vor- oder Primarschule im Frontalunterricht unterrichtet haben. Diese Lehrkräfte haben große Schwierigkeiten, ihre dozierende, dominante Stel-lung aufzugeben. Der freie Raum animiert die Kinder zur Eigenaktivität und überfordert diese Lehrkräfte, die sich nicht mehr als Lehrer oder Lehrerin fühlen. Diese Äußerung ist ebenso nachvollziehbar wie das anfängliche Stöhnen, den Unterricht wirklich vorbereiten zu müssen. Lehrer und Lehrerinnen in Krisengebieten sind es gewohnt, vorgefertigte Un-terrichtsinhalte zu übermitteln, die auf erfolgreiches Repetieren ausgerichtet sind. Die pä-dagogische Haltung, dass Kinder besser wissen, was für ihre Entwicklung gut ist, und dass unterstützende Aktivitäten zur Verfügung zu stellen sind, ist in vielen ländlichen Gebieten im Kosovo sowohl für Schulleitung als auch für Eltern noch immer neu. Die Zeit für die wichtige Aufklärungsarbeit fehlt den Mentoren und Mentorinnen häufig, da die Reise in die unterschiedlichen Dörfer im ländlichen Kosovo oft sehr lange dauert.

Mit lustigen Reisegeschichten und fröhlichen Kinderanekdoten werden oftmals die gemein-samen Meetings begonnen, die Mentoren oder Mentorinnen und Lehramtausbildende re-gelmäßig abhalten, um sich über die Studierenden und die theoretischen Unterrichtsin-halte auszutauschen. Hier wird besprochen, welche Mentoringbeauftragten sich für welche Studierenden eignen, sodass eine positive Energie zwischen beiden entstehen kann. Auf diese positive Energie achten zudem die internationalen Dozenten, die versuchen, wenigs-tens einmal im Jahr alle Kindergärten zu besuchen. Die Mentoren oder Mentorinnen kön-nen aber auch Besuche von internationalen Dozenten vorschlagen, wenn sie sich über die Fortschritte der Studierenden nicht sicher sind.

Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen, dass dieses positive Begleiten, das sich nicht an Fehlern orientiert, sondern das Erreichte vermerkt, eine motivierende Kraft ausstrahlt, die unmittelbar in die Praxisforschung mündet.

mentoring

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La reconnaissance et la validation des acquis de l'apprentissageJos Noesen

Une nouvelle conception de l’apprentissage

Au courant des dernières décennies, nous vivons des changements significatifs au niveau de la conception des pratiques de formation. En effet, l’économie basée sur le savoir ainsi que les changements rapides des environnements demandent une adaptation constante des savoirs, aptitudes et compétences de la population.

Les responsables des politiques en Europe se sont rendu compte de cette situation depuis plusieurs années. Le concept de l’apprentissage tout au long de la vie en est une des arti-culations concrètes de cette conscience qui vise à augmenter la compétitivité économique, l’employabilité et le développement personnel de la personne.

Si on se réfère à cette notion d’éducation et de formation tout au long de la vie, il est évi-dent que l’apprentissage devra non seulement couvrir l’éducation et la formation initiale et continue mais également les apprentissages non formels et informels.

En effet, il y a consensus sur le fait que la personne apprend partout et tout le temps. Pen-dant ces apprentissages, elle accumule des savoirs et savoir-faire.

Ce constat a généré une nouvelle conception de l’apprentissage. Ce dernier ne se fait plus uniquement dans des contextes institutionnels. Le processus d’accumulation et d’appro-priation des savoirs et savoir faire n’est plus au centre mais ce que la personne sait, com-prend et est capable de faire au terme d’un apprentissage. Ce changement de paradigme se concrétise par le terme acquis de l’apprentissage qui selon certains auteurs « se prête à une utilisation plus claire et moins ambiguë que des concepts tels que « compétence », qui ont des significations différentes selon les contextes culturels ».

référence

Offices des publications de l’Union européenne (2010) : La transition vers les acquis de l’apprentissage. Cedefop Reference series Luxem-

bourg. p.11.

Les acquis de l’apprentissage

À l’échelle européenne, le cadre européen des certifications (EQF) ainsi que le système européen de crédits d’apprentissage pour l’enseignement et la formation professionnels (ECVET) reflètent l’importance des acquis de l’apprentissage. Au niveau des Etats membres, les acquis de l’apprentissage, outre la transposition des instruments ci-dessus, gagnent en importance dans les réformes de l’enseignement et de la formation dans le contexte de la mise en place d’un système d’apprentissage tout au long de la vie (Voir ouvrage cité).

Un autre aspect de ce concept touche le monde du travail. La transparence créée par la dé-clination des formations et des certifications résultantes en acquis d’apprentissage permet d’avoir une meilleure compréhension de ce que la personne sait, comprend et est capable de faire au terme d’un apprentissage. La plus-value pour l’entreprise au niveau de la gestion du personnel, du recrutement à l‘organisation du travail est évidente puisqu’il y a meilleure correspondance entre les exigences de l’entreprise et le savoir et savoir-faire.

Si le système initial d’éducation et de formation prépare à s’insérer dans le marché d’em-ploi, à faire un premier pas vers la vie socioprofessionnelle, qu’il délivre une certification pour prouver qu’on a les acquis pour satisfaire, dans un premier temps, aux exigences de ce monde socioprofessionnel, c’est l’expérience, les nouveaux acquis résultant d’appren-tissages non formels et informels, qui permettent de rester un individu compétent. Et en restant cohérant avec la notion d’apprentissages tout au long de la vie, il faut entendre par acquis tous ceux qui sont développés dans des domaines du monde du travail, la société civile et le secteur bénévole.

C’est sur cet aspect, les acquis résultant d’apprentissages non formels et informels, que la validation des acquis de l’expérience trouve sa raison d’être.

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Comment valider les acquis ?

La validation peut servir aussi bien aux personnes qui, ayant obtenu une certification à l’issue d’un parcours d’éducation et de formation initiale qu’à celles qui, pour des raisons diverses, ont abandonné ce premier chemin. La validation des acquis peut soit, suivant le niveau des acquis de la personne, résulter dans l’attribution d’une certification complète soit réduire la longueur du parcours d’éducation et de formation, menant à cette certifica-tion, par des dispenses ou encore en élargissant les modalités d’admission à ce parcours.

Or, la validation des acquis non formels et informels constitue un défi de taille pour les systèmes nationaux d’éducation et de formation, notamment pour les modes traditionnels de délivrance et de reconnaissance de l’apprentissage.

En effet, même si un système est conçu suivant la logique « acquis d’apprentissage » et qu’un concept d’apprentissage tout au long de la vie est mis en place, la validation des acquis de l’expérience remplace les références traditionnelles (comme l’évaluation, etc.). Il faut instaurer la confiance en ce système.

Les méthodes par lesquelles les acquis non formels et informels sont définis, évalués, vali-dés et certifiés doivent être soumises à des procédures d’assurance qualité pour renforcer la confiance. Les deux mots clés dans ce contexte sont : validité et fiabilité.

Mettre en rapport l’expérience et la formation

La validité rend compte de la correspondance entre la validation des acquis et les certifica-tions en place. En d’autres termes, jusqu’à quel point les preuves apportées par le candidat et l’évaluation de ces dernières mènent à un résultat qui est pertinent par rapport au certi-ficat respectif ? Ceci veut dire, jusqu’à quel point les acquis de la personne coïncident avec les requis d’une certification ? Cet élément n’est pas sans soulever certaines questions qui touchent à la formulation de l’un et de l’autre ! Les programmes de formation scolaires qui mènent au diplôme sont exprimés en termes « généraux », c'est-à-dire en savoirs et savoir-faire qu’on peut caractériser par les mots « dénominateur commun ». Or les acquis, qui sont individuels et relatifs à une carrière professionnelle unique, en relation avec ces « dénomi-nateurs communs », relèvent d’une compréhension des dires de la personne demandant une validation des acquis de l’expérience. Cette compréhension dépendra d’une explicitation fine de l’expérience, explicitation qui devra se faire dans une première phase lors de la reconnais-sance des acquis.

Ainsi, l’étape de la validation pourra se concentrer sur la mise en rapport entre les acquis reconnus et les savoirs et savoir-faire requis par la formation menant au diplôme, exercice qui ne sera d’autant pas plus facile.

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Une méthode fiable

La fiabilité, de son côté, est l’élément qui confirme cette validation. La fiabilité dit en fait que le résultat de la validation est reproductible quelque soit la situation et l’évaluateur. Ce point semble, vu les problèmes qui devraient se poser quant à la reproductivité, relever plutôt de l’acceptation. Ce constat ne veut néanmoins en aucun cas minimiser la portée de la question, mais seulement mettre en avant les difficultés de réalisation pratique. En effet, qui ferait passer une seconde fois un examen classique réussi, tout en reproduisant des conditions similaires, pour vérifier le premier résultat? Or, personne ne met en doute que le résultat soit vérifiable et accepte le résultat. En effet, il ne faut pas oublier que la valida-tion des acquis est un élément d’une démarche de certification, et qu’en conséquence, une concordance avec le système de formation professionnelle formel, qui lui possède cette acceptation et cette crédibilité, doit exister.

Mais comme mentionné ci-dessus, la validation des acquis professionnels soulève non seulement un certain nombre de questions qui concernent la méthodologie, mais suscite des interrogations en matière d’incidences sur les systèmes sociaux et scolaires existants.

On peut qualifier ceci d’enjeux qu’une validation des acquis sous-entend. Ces enjeux sont engendrés par le nombre d’acteurs impliqués dans le processus. Il importe en conséquence que tous ces acteurs supportent un système de validation des acquis. Il est en effet impor-tant qu’un consensus entre les différents acteurs soit à la base de toute mise en place d’un tel système. Ce n’est qu’à partir de ce moment que l'on peut parler de légitimité.

La validation des acquis peut être considérée comme légitime lorsque ses principes, sa méthodologie et sa forme institutionnelle apparaissent conformes aux intérêts des acteurs socio-économiques, des acteurs de la formation, du pouvoir politique et du grand public, et lorsqu’ils l’acceptent et la reconnaissent comme la leur.

La validation des acquis au Luxembourg ?

On peut dire que nous avons actuellement au Luxembourg la validation des acquis de l’ex-périence pour presque tout le système d’éducation et de formation. En effet, nous avons la validation dans le secteur de l’enseignement supérieur ainsi que pour l’enseignement secondaire technique, le brevet de maitrise de l’artisanat compris. Le seul secteur qui ne permet pour l’instant pas la validation est l’enseignement secondaire général. Sans rentrer dans les différences entre les démarches du supérieur et de l’enseignement secondaire technique, on peut retenir que le choix luxembourgeois retient que l'évaluateur est le ga-rant de la validation des acquis comme il est le garant de l'évaluation dans le cadre de la formation formelle.

C'est lui qui aura en charge de comparer la preuve apportée par le demandeur de la vali-dation par rapport à un standard défini. La confiance que l'on accordera à cet évaluateur constituera la confiance que l'on accordera à son évaluation. Cette confiance ne pourra revenir qu'à celui qui se situe dans la logique de tout ce qui a trait à l’enseignement et la formation au Luxembourg.

Pour la validation qui se déroule sous la responsabilité du MENFP cette dernière prévoit même une représentation paritaire des acteurs impliqués c'est-à-dire les partenaires so-ciaux et le Ministère de l'Éducation nationale et de la Formation professionnelle.

La validation des acquis de l’expérience est prévue par la loi du 19 décembre 2008 portant réforme de la formation professionnelle et les éléments de la démarche se retrouvent dans le règlement grand-ducal du 11 janvier 2010. Le concept résulte de discussions initiées dès 2000 entre les différents partenaires. Il s'inscrit également dans la continuité « des principes européens communs pour l'identification et la validation de l'éducation et de la formation non formelles et informelles » adoptés en 2004 par le Conseil européen.

accreditation of prior learning

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Les méthodes

La démarche se réfère principalement à ce qu’on appelle le déclaratif et ceci au vu des considérations suivantes. D'un côté, nous avons les observations, telles que l'observation directe dans les situations professionnelles, l'observation dans une situation de test, type examen, et de l'autre côté existent des méthodes se basant sur les déclarations de la per-sonne ou des informations de la part des responsables hiérarchiques. Toutes ces démar-ches sont susceptibles de vérifier les expériences de la personne en vue d'une validation. Or, c'est dans cette pluralité d'expériences que réside la question principale de la méthode.

Ainsi, certaines des méthodes, comme l'observation en situation de travail, se réfèrent à une activité du moment qui ne prend pas en compte les expériences antérieures. Il en est de même des informations d'entreprise, auxquelles s'ajoute l'élément de subjectivité comme le souligne la Fédération des Artisans, en pointant l'élément de complaisance. La situation d'examen peut provoquer auprès de certains adultes des blocages, d'autant plus que leur carrière scolaire a été marquée par des échecs. Bref, la plupart des méthodes ap-portent outre des côtés positifs des côtés qui incitent à les relativiser. Tout en considérant ces éléments, les partenaires sociaux ont d'une façon générale opté pour une solution combinatoire qui prend en compte la personne adulte.

Pour ce qui est maintenant de la population visée, la validation des acquis concerne tous les publics, quels que soient l'âge, le niveau d'études ou la situation professionnelle. La seule condition est d'avoir au moins trois années d’activité rémunérée ou bénévole. Cette activité doit être en lien direct avec la certification demandée.

La démarche

Le candidat introduit dans un premier temps une demande de recevabilité auprès de la cel-lule VAE du MENFP. Cette étape permet de vérifier d’un côté que le candidat possède bien l'expérience requise et de l’autre de préciser le brevet, diplôme ou certificat correspondant à cette expérience. Si la demande de recevabilité est acceptée, le candidat doit compléter un dossier de validation sur le fond qui décrit en détail les connaissances, aptitudes et compétences en rapport direct avec le diplôme demandé.

La commission de validation, composée de représentants patronaux, salariaux et du mi-lieu scolaire, examine ce dossier. Elle peut, pour des besoins de clarification, convoquer le candidat à un entretien ou le soumettre à une mise en situation professionnelle, réelle ou reconstituée. Suite à cette évaluation elle peut décider d’attribuer le diplôme postulé dans son intégralité, si la personne possède les savoir et savoir-faire requis. Si les compétences sont jugées incomplètes, elle peut n'attribuer qu'une partie du diplôme. Le candidat dis-pose alors de trois ans pour acquérir les compétences manquantes, par une formation ou un complément d’expérience.

Pour que tout ce parcours puisse se faire dans les meilleures conditions, la démarche pré-voit un accompagnement de la personne, c'est-à-dire renseigner la personne quant à la démarche à prendre, informer la personne quant à la relation entre ses expériences pro-fessionnelles et le diplôme final, aider, conseiller la personne à établir son dossier pour la commission de validation.

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Anerkennung nicht formaler Bildung

Die Frage nach der Beschreibung erforderlicher beruflicher Kompetenzen ist vorerst eine Frage nach der Festlegung oder Kategorisierung und der Feststellung im Sinne von Mess-barkeit dieser Kompetenzen. Gewusst ist dass neben den fachlichen und den sekundär-en Kompetenzen (Arbeitstugenden) eine wichtige individuelle Anforderung an Mitarbeiter die der sozialen Kompetenzen ist. Bei dem Begriff der sozialen Kompetenzen wird jedoch schnell klar, dass wir es mit Oberbegriffen zu tun haben welche mehrere Dimensionen bein-halten und eine Zuordnung zu speziellem Wissen, bestimmten Fertigkeiten und Fähigkeiten nicht nur schwer zu erstellen (zu definieren) sondern danach noch schwerer zu messen ist.

Generell wird bei den Kompetenzfeststellungsverfahren unterschieden zwischen standar-disierten Testverfahren (Anspruch einer objektiven, reliablen und validen Messbarkeit z.B. verschiedenen Schulleistungstests), Fremdeinschätzungsverfahren (z.B. Assessment Cen-ter) und Selbsteinschätzungsverfahren. Die Frage, welches Messverfahren angewendet wer-den soll, hängt immer auch davon ab, was der Sinn und Zweck der Kompetenzfeststellung sein soll.

In Bereich der Jugendarbeit wurde bereits 1998 vom Europarat eine Expertengruppe zu-sammengestellt deren Hauptmandat darin lag die Anerkennung nicht formaler Bildung vo-ranzutreiben (« reconnaître l’éducation non formelle en tant que partenaire de fait dans le processus de l’éducation permanente et dans la politique de jeunesse, et élaborer des systèmes d’évaluation efficaces »).

Der Begriff der nicht formalen Bildung („Unter nicht-formeller Bildung ist jede Form organisierter Bildung und Erziehung zu verstehen, die generell freiwilliger Natur ist und Angebotscharakter hat.”) ist für den Jugendbereich und im speziellen der Jugendarbeit von grundlegender Bedeutung: Es wird angestrebt den jugendlichen Teilnehmern persönliche und soziale Kompetenzen und Fähigkeiten zu vermitteln mit Methoden und Zielsetzungen die sich von der formalen Bildung unterscheiden und sich besonders durch das Prinzip der aktiven Partizipation aus-zeichnen.

Referenzen

Conseil de l’Europe: Recomman-dation 1437(2000)1, Education non

formelle, Assemblée parlementaire du Conseil de l’Europe.

Münchmeier, Richard/ Otto, Hans-Uwe/ Rabe-Kleberg, Ursula (Hrsg., 2002): Bildungs- und Lebenskom-

petenz. Kinder- und Jugendhilfe vor neuen Aufgaben. Opladen.

Kompetenzbeschreibung und Selbstevaluation anhand des europäischen Portfolios für JugendarbeiterClaude Bodeving

Auf dem Weg

War das Ziel der Expertengruppe also die Anerkennung nicht formaler Bildung, so wurde schnell klar:

Anerkennung heißt auch (und vor allem) die Leistungen der Jugendarbeit(er) und die •bestehenden Kompetenzen klar zu benennen.Jugendarbeit findet an unterschiedlichen Orten, unter unterschiedlichen Bedingungen, •zu unterschiedlichen Gründen statt: es gilt auch deshalb Anerkennung spezifischer zu betrachten.Traditionsgemäß findet man in den verschiedenen Mitgliedsländern des Europarates •sowohl professionelle Jugendarbeit (Hauptamtliche Jugendarbeiter) als auch freiwillige Jugendarbeiter (ehrenamtliche Jugendleiter).Eine zu starke Formalisierung der nicht formalen Bildung (u.a. durch formalisierte Test-•verfahren) sollte vermieden werden (die Kennzeichen und Vorteile der nicht formalen Bildung stehen im Vordergrund).

Es wurde daraufhin ein europäisches Portfolio erstellt welches die Kompetenzen der Jugend-arbeiter beschreibt und ein Instrument zu deren Erfassung, basierend auf Selbstevaluation, zur Verfügung stellt. (Aufgabe nach einer Empfehlung des Europarates war die « création et utilisation d’un portfolio européen comme outil de description destiné à recenser les expériences, les compétences et les connaissances acquises dans le cadre de l’éducation non formelle, en ayant à l’esprit l’exemple du Portfolio des langues européennes »).

Referenzen

Bodeving, Claude (2007): Le port-folio européen pour travailleurs et animateurs de jeunesse: un exemple de la reconnaissance de l’éducation non formelle. In: Forum, 21 (9), Revue Européenne de politique de jeunesse. Berlin, London, Paris.

Conseil de l’Europe: Recomman-dation (2003)8 du Comité des Ministres aux Etats membres sur la promotion et la reconnaissance de l’éducation non formelle des jeunes.

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Konzipierung des Portfolios

Betreffend die Konzipierung des Portfolios sind folgende Punkte nicht nur für die Jugendar-beit, sondern allgemein für den Bereich der nicht formalen Bildung beachtenswert:

nicht formale Bildung als Tätigkeitsbereich: sowohl bei Jugendlichen als auch bei Kin-•dern als Adressaten besteht ein vielleicht noch weiter zu präzisierender aber gesicherter Bildungsauftrag ;die Aneignung der Kompetenzen der Jugendarbeiter sind nur zum Teil auf formalem •Bildungsweg erlangt: auch hier sind informelle und nicht formale Bildungsprozesse von wesentlicher Bedeutung ;die Aufgaben der Jugendarbeit beruhen auf einem Geflecht von Beziehungen und eine •präzise, auf den Punkt genaue Beschreibung ist schwierig und auch zum Teil wenig wün-schenswert und kontraproduktiv. Dennoch: eine Analyse (siehe Funktionsanalyse beim Portfolio) der Aufgabenstellung ist für eine spätere Kompetenzbeschreibung grund- legend ;das vorgestellte Selbstevaluationsverfahren beinhaltet ein positives Konzept von Aus- •und Weiterbildung: die Kompetenzmessung ist somit lediglich eine Momentaufnahme und, keineswegs als Selbstzweck konzipiert, geht es vorrangig um die Förderung und Weiterentwicklung der Mitarbeiter.

Funktionsanalyse

Das europäische Portfolio für Jugendleiter und Jugendbetreuer stellte zuerst eine Funkti-onsanalyse der Jugendarbeit dar: Was tun Jugendleiter/Jugendbetreuer? Welche Funktionen erfüllen sie? Die folgenden Funktionen der Jugendarbeiter, mit Absicht allgemein gehalten, haben sich nach der Verbreitung des Portfolios (die erste offizielle Präsentation fand April 2007 in Schengen statt) bewährt und wurden als stimmig empfunden. Der Jugendleiter/betreuer sollte in der Lage sein:

Funktion 1: Junge Menschen für autonome Lebensformen, Selbstbestimmung und Selbst- •verantwortung zu befähigen (Empowerment) ;Funktion 2: Angemessene Lernmöglichkeiten zu entwickeln ;•Funktion 3: Jugendliche durch ihre interkulturellen Lernprozesse zu begleiten ;•Funktion 4: Zur Entwicklung von Jugendorganisationen und Jugendpolitik beizutragen ;•Funktion 5: Evaluationsverfahren zu nutzen.•

Die jeweiligen Funktionen werden im Portfolio genauer erläutert, so gilt z.B. für die Funktion des Empowerments, dass der Jugendleiter/betreuer unter anderem in der Lage sein sollte:

Jugendliche durch die Entwicklung kollektiver Aktionen und gemeinsamer Lernerfah-•rung zur aktiven Teilhabe zu befähigen (Partizipation);Jugendliche in der Planung, Umsetzung und Evaluierung der Aktivitäten einzubeziehen;•Jugendliche in die Lage versetzen, an der Verwirklichung ihrer Zielsetzungen zu arbei-•ten.

Schritte zur Erstellung des Portfolios

Funktionsanalyse KompetenzlistenPersönlicher

Entwicklungsplan

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Kernkompetenzen

Mit dem Hintergrund, dass der Kompetenzbegriff in 3 Komponenten (savoir, savoir-faire und savoir-être) unterteilt werden kann, werden aufbauend auf dieser Funktionsanalyse die Kernkompetenzen für die jeweiligen Funktionen erläutert. Der Benutzer des Portfolios wird dazu ermuntert diese zu reflektieren und selbst einzuschätzen, so finden sich u.a. folgen-den Kompetenzen für die Funktion „Angemessene Lernmöglichkeiten zu entwickeln“:

„Ich achte auf Situationen, die Lernerfahrungen vermitteln können“ ;•„Ich kann unterschiedliche Lernbedürfnisse und Lernstile von Jugendlichen analysieren“ ;•„Ich arbeite mit dem Ziel eines positiven Lernklimas, das auf aktiver Teilnahme, Kreati-•vität und Freude beruht“.

Der Benutzer hat die Möglichkeit die Kompetenzen einzuschätzen (von zutreffend bis nicht-zutreffend) und in der Folge die Nachweise der jeweiligen Kompetenz aufzulisten (Wann habe ich diese Kompetenz gezeigt? Wo? Gibt es Belege, Zeugnisse dazu? etc.).

Nicht unerheblich für die Methodik ist, dass der Benutzer dazu aufgefordert wird sich „feed-back“ von anderen zu suchen und im Sinne einer Fremdeinschätzung die Kompetenztabel-len von einer geeigneten Bezugsperson in einem offenen Dialog durchgesprochen werden sollten.

Die Kompetenzen und Funktionen wie sie nun im Portfolio aufgelistet sind, sind das Ergeb-nis einer längeren Beratungsphase mit unzähligen Jugendorganisationen und Strukturen in Europa, sowie einer zweijährigen Testphase mit anschließender Evaluation.

Der Weg zum „bewussten Praktiker“

Der pädagogische Ansatz der Kompetenzfeststellung d.h. der Weg zum „bewussten Prakti-ker“ ist nur dann gewährleistet, wenn die Benutzer dauerhaft bestrebt sind ihre Fähigkeiten zu erweitern und ihr Konzept von Bildung und Ausbildung positiv geprägt ist: Die Kom-petenzevaluation sollte nicht eine Art „Auffindung von Schwächen oder gar Fehlern“ sein sondern vielmehr eine Hilfe darstellen, die eigenen Fähigkeiten zu verbalisieren, zu begrei-fen und zu erweitern. Als letzter Schritt des Portfolios wird deshalb die Entwicklung eines Plans der persönlichen Entwicklung und erworbenen Lernerfahrungen vorgeschlagen.

Wenn auch ausgehend von einer Funktionsanalyse und beruhend auf einer Festschreibung von Kompetenzen so sollte doch besonders die Offenheit der Methodik beachtet werden: Organisationen welche mit dem Portfolio arbeiten werden dazu aufgefordert die Kompeten-zen und auch den Funktionsrahmen auf die jeweiligen lokalen Bedingungen und struktu-rellen Gegebenheiten anzupassen („Je nachdem, in welcher Art von Jugendarbeit Sie tätig sind, oder zukünftig tätig sein wollen, möchten Sie ihrer eigenen Analyse vielleicht noch Funktionen hinzufügen.“).

So ist denn auch ein politisches Ziel des Portfolios als „Beispiel für andere Organisatio-nen zu dienen, sich eigene Portfolios mit Anerkennung des Europarates auszudenken“. Die Kompetenzbenennung bleibt damit offen, aber nicht beliebig: Die Vielfältigkeit und Ausdif-ferenzierung der Jugendarbeit beruht auf unterschiedlichen Lebenslagen der Jugendlichen, auf unterschiedlichen Beziehungsmustern und unterschiedlichen Bildungsprozessen und

-aufgaben.

“It amazes me that most people spend more time planning next summer's vacation than they do planning the rest of their lives.”

(Patricia Fripp, President, National Speakers Association, Northern California chapter)

Referenzen

Conseil de l’Europe (2006): Port-folio européen pour animateurs et travailleurs de jeunesse. www.coe.int/youthportfolio

Schröder, Achim (2002): Beziehun-gen in der Jugendarbeit − wie sie gestaltet und reflektiert werden. In: Deutsche Jugend, Heft 2002 (2), Juventa Verlag, Weinheim:59-69.

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Bewertung, Anerkennung und Förderung von Kompetenzen

Abschließend folgen einige wesentliche Elemente des Portfolios aus der Sicht der Frage-stellung Bewertung, Anerkennung und Förderung von Kompetenzen:

Gerade im Bereich der nicht-formalen Bildung kann die Methodik der Selbstbewertung •als geeignete Methode angesehen werden: der Einzelne evaluiert die erworbenen Lernerfahrungen aufgrund der Reflexion des eigenen Erfahrungsprozesses. Praxisnahe Entwicklung: Definitionen und Funktionsanalysen sollten gemeinsam mit •den Adressaten und Strukturen (hier Jugendorganisationen und Jugendstrukturen) entwickelt werden.Dialog: die Selbstevaluation beruht auf dem permanenten Dialog mit den Kollegen.•Freiwilligkeit: die Evaluierung erfolgt auf freiwilliger Basis und soll Anreiz zum „Weiter-•lernen“ sein und nicht als Selektions- oder externes Bewertungsinstrument eingesetzt werden.Anspruch der Förderung der Kompetenzen: genaue Beschreibung der Kompetenzen und •Funktionen als Hilfestellung zur Planung der persönlichen Weiterentwicklung.

Ausblick

In mehreren Sprachen übersetzt (darunter deutsch, französisch und englisch) findet das Portfolio vermehrt Anklang: besonders die Funktionsanalyse lädt ein zur Reflexion und ak-tiven Auseinandersetzung mit den Aufgabenstellungen und Zielsetzungen der Jugendarbeit und scheint damit ein positiver Anreiz zur Selbstbeobachtung und Konzeptualisierung der eigenen Arbeit darzustellen. Auch wird beim Aufbau von Ausbildungen und Weiterbildungen vermehrt auf den Kompetenzrahmen des Portfolios zurückgegriffen, dies als Anwendungs-beispiel oder bei der Konzipierung der Zielsetzungen der Ausbildung(en).

In einem Feld wie dem der nicht formalen Bildung, in welchem sich nur schwer einheitli-che Definitionen festlegen lassen, ist eine Hilfestellung zur Benennung von Kompetenzen sowohl der Jugendarbeit allgemein als auch der Kompetenzen der Jugendarbeiter im spezi-ellen sinnvoll. Auch wenn eine Weiterentwicklung sicherlich notwendig ist so kann, sowohl auf der strukturellen-organisatorischen Ebenen (z.B. pädagogische Konzepte von Struktu-ren/Organisationen/Ausbildungen) als auf der fachlich-pädagogischen Ebenen (Selbstbe-wertung der pädagogischen Fähigkeiten und Fertigkeiten), das Verfahren der Kompetenz-beschreibung und -evaluierung, wie es vom europäischen Portfolio für Jugendleiter und Jugendarbeiter des Europarates vorgeschlagen wird, als Hilfestellung angesehen werden.

Andere Bereiche der nicht formalen Bildung können gerade hierzu beim Aufbau und der Methodik des Portfolios Anregungen finden.

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IPF – die Kunst im Leben zu lernen!

Die Anrechnung von Lebenskompetenzen mit einem Kompetenz-Portfolio und der Ansatz von „Accreditation of Prior Learning (APL)“ ermöglicht den Einbezug von formellem und in-formellem Lernen. Anhand eines multi-ethnischen Best Practice Projektes der Validierung von Lebenskompetenzen mit ergänzender Durchführung von Nachhol-Bildung im Kosovo wird ersichtlich, dass dies auch in einem schwierigen Lebensumfeld möglich ist.

Der Mensch lernt ein Leben lang. Seit 10 Jahren ist die Initiative für Praxisforschung IPF für die Begleitung, Entwicklung, Gestaltung, Dokumentierung und Anerkennung des Poten-tials von Menschen, Gruppen und Organisationen zuständig. Dabei steht der Mensch mit all seinen Facetten und jeglicher ethnischer Herkunft im Zentrum. Mit nachhaltiger Ent-wicklung und sozialer Dreigliederung steht IPF ein für Frieden und eine von gemeinsamen Werten geprägte globale Zusammenarbeit in dieser Welt.

Die Idee „Multiversity“ gibt es seit über 40 Jahren. Die Wirklichkeit wird seit den letzten Jahren durch die IPF realisiert. In Gegensatz zu einer „University“, versteht sich die IPF-Multiversity als eine Lernplattform (internationaler Campus), welche Studiengänge von verschiedenen internationalen Ausbildungsstätten, Hochschulen und Universitäten sowie Äquivalenzqualifikationen interessierten Menschen aus allen Altersschichten zugänglich macht und formelles sowie informelles (non-formales und inzidentelles) Lernen, also auch Lebenslernen und Lernen im beruflichen und freizeitlichen Kontext validiert. Die Multi-versity bietet digitale Dienstleistungen („blended learning") für Studierende an, legt aber besonderen Wert auf persönliche Begleitung der Studierenden (oft auch „mature students") durch „University approved tutors". Unter anderem bietet die IPF-Multiversity den Men-schen Abschlüsse auf der Basis des IPF-Q Kompetenz Portfolios sowie Zusatzmodule im Bereich Biographie / Potentialanalyse, aber auch B.A., M.A. und Ph.D.-Äquivalenzen an.

Der individuelle Lebensweg als anerkannter BildungswegUrs Hauenstein

IPF ist derzeit insbesondere in Europa und im Balkan tätig. Eine vermehrte internationale Ausweitung der Tätigkeit wird derzeit vorbereitet. Zielgruppen sind:

Individuen: Schülerinnen und Schüler, Lernende der Berufsbildung, Studentinnen und •Studenten, Berufstätige und Führungskräfte, Mature Students Institutionen: Ministerien, Munizipalitäten, Kommunen, Berufsverbände, Institutionen •der Berufsbildung, der Höheren Berufsbildung, der Fortbildung sowie der Hochschul- und Universitätsbildung.

IPF legt großen Wert auf die professionelle Validierung von Kompetenzen und Qualifikatio-nen. Seit über 10 Jahren hat IPF als Experten-Organisation den Europäischen Kompetenz-Begriff mitgeprägt. Die entwickelten IPF-Q Verfahren (admission sur dossier) wurden bisher in über 1000 Fällen erfolgreich eingesetzt. Die Validierung von formellen und informel-len (non-formalen und inzidentiellen) Kompetenzen im Sinne von „Validation des Acquis“ (VDA) / Accreditation of Prior Learning (APL) haben bislang vielen jungen und älteren Men-schen ermöglicht über Quereinstiege in anerkannte Berufs- und Fortbildungs- aber auch Hochschulausbildungs-Studiengänge einzutreten und sich so erfolgreich und mit aner-kanntem Abschluss zu qualifizieren.

Der Mensch steht im Zentrum. IPF will dabei helfen, dass sein Potential anerkannt wird. IPF ist überzeugt vom Konzept des lebenslangen Lernens. Politisch und konfessionell neutral, setzt IPF sich für Integration ein. IPF will nachhaltige Entwicklungsprozesse unterstützen. Von der Methodik her wird bewusst praxisforschend gearbeitet. Dabei steht das Bemü-hen um kritische Reflexion an vorderster Stelle. Die Berücksichtigung des „ethical code“ ist in der täglichen Arbeit ein zentrales Anliegen. Werte wie Transparenz, Rollenklärung, 360°-Feedback, aber auch das Bemühen nach Deskription (ständiges Festhalten und Be-schreiben der Erfahrungen und Beobachtungen) sind grundlegende Arbeitsversprechen.

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Das IPF-Q Kompetenz Portfolio und sein Bezug zu „Accreditation of Prior Learning“ (APCL / APEL)

In einer sich schnell verändernden global orientierten Welt zählen immer mehr Fähigkeiten, Erfahrungen, Kompetenzen und persönliche Qualitäten. Diese werden in verschiedensten Situationen entwickelt: Schule, berufliche Erfahrung, Freizeit, Familie, besondere Augen-blicke. Jede Erfahrung bereichert den Prozess des lebenslangen Lernens. Es ist eine He-rausforderung und die Chance, ganzheitlich Fähigkeiten und Kompetenzen von Menschen darzustellen und ihnen zu ermöglichen, über Anerkennungen diese auch einzusetzen. Zehn Jahre kontinuierliche Entwicklung, Anwendung und Verbesserung führten zum neuen IPF-Q Kompetenz Portfolio (IPF-Q), welches mittlerweile anerkannt und in sechs Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Albanisch) übersetzt ist. Das IPF-Q führt ein in den Prozess des kontinuierlichen, individuellen Erfassens, Gestaltens und Darstellens von Kompetenzen.

IPF-Q ist ein einzigartiges Instrument, um Schlüssel- und Kernkompetenzen zu validieren. Dieses Instrument wird durch UK NARIC (National Recognition Information Center of the United Kingdom) ständig auf der Basis Europäischer Standards gebenchmarkt. IPF-Q wird als anerkannter Weg für die Darstellung von APL (Accreditation of Prior Learning – Anerkennung von Kompetenzen aus dem Leben) / APCL (Accreditation of Prior Certifica-ted Learning – Anerkennung von Kompetenzen aus bestätigten Bildungsleistungen) / APEL (Accreditation of Prior Experienced Learning – Anerkennung von Kompetenzen aus dem beruflichen Leben) eingesetzt. IPF-Q ist kompatibel mit dem Europass und ermöglicht eine Anerkennung von Kompetenzen unter Berücksichtigung des Europäischen Qualifikations-rahmens EQR. IPF-Q kann mit ECTS Credits bewertet werden. Das IPF-Q eignet sich für alle Menschen, die mehr über sich erfahren wollen und ihre erworbenen Kompetenzen aus der Gesamtheit ihrer Erfahrungen für ihre Ausbildung / Weiterbildung anrechnen lassen wollen.

Die verschiedenen IPF-Q Kompetenz Portfolio Arten

IPF-Q Basic / Biographie und Potential•

Die Basis eines IPF-Q Kompetenz Portfolios ist das Sammeln und Dokumentieren der er-worbenen Kompetenzen in Bildung, Beruf, Freizeit und besonderen Lebenssituationen. In einem zweiten Schritt erfolgt eine vertiefte Reflexion über die gemachte Zusammen- stellung und die Herausarbeitung eines persönlichen Profils der Kompetenzen. In einem dritten Schritt schält sich aus der Vision und dem eigenen Profil ein Aktionsplan heraus, der Schritte aufzeigt, die Vision zu realisieren.

Aus der vielfältigen Erfahrung mit diesem Prozess hat sich gezeigt, wie intensiv und dynamisch die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie sein kann. Die Arbeit mit der eigenen Biografie ermöglicht es, Altes abzuschließen und neue Potentiale zu erkennen und umzusetzen.

A-Level Äquivalenz•

Dieses Zusatz-Modul ermöglicht es, Zulassungen an Fachhochschulen und Universitäten über den Weg der „admission sur dossier” zu erreichen. Dazu erforderlich sind ausführliche Doku-mentationen aus schulischen und beruflichen Erfahrungen, die dieses Level bestätigen.

B.A., M.A. und Ph.D. Äquivalenz•

Angesprochen sind hier insbesondere Fachkräfte, die Tätigkeiten und Aufgaben ausführen sollen, die über ihre formal erworbenen Qualifikationen hinausgehen. Oft entsteht dann der Wunsch, einen Abschluss zu erwerben, der diesen Kompetenzen entspricht und das berufli-che Niveau korrekt darstellt. Mit diesem Zusatz-Modul wird ermöglicht, dass zwei Drittel der zu erwerbenden Kompetenzen zur B.A., M.A. oder Ph.D. Äquivalenz über die Validierung der vorangegangenen formellen Bildung und Berufserfahrungen ermöglicht werden. Zusätzlich erforderlich sind evtl. fehlende Teilbereiche und eine B.A., M.A. oder Ph.D. Abschlussarbeit auf dem angestrebten Niveau. Diese Äquivalenz kann berufsbegleitend erworben werden.

lifelong learning

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Was bringt das IPF-Q Kompetenz Portfolio?

Das IPF-Q Kompetenz Portfolio ermöglicht Menschen ihre schulischen, beruflichen und informellen Kompetenzen zu dokumentieren und anerkennen zu lassen.

Die Arbeit mit der eigenen Biografie ermöglicht es, neue Potentiale zu erkennen und umzu-setzen sowie Zulassungen an Fachhochschulen und Universitäten über den Weg der „ad-mission sur dossier“ zu erreichen. Das eigene Leben wird zum „Studium“. B.A.-, M.A.- und Ph.D.-Äquivalenz-Abschlüsse können auf Grund validierter Kompetenzen aus schulischen und beruflichen Erfahrungen und der Feststellung des erreichten Niveaus über eine Arbeit gemacht werden.

Das Verhältnis von formellen zu informellen Lernleistungen ist frappant. Es werden dreimal mehr informelle Lernleistungen im Leben erworben als formelle. Zur Validierung von Kom-petenzen haben wir ein spezielles IPF-Q „Accreditation of Prior Learning (APL)“ Verfahren entwickelt. Dieses Verfahren ermöglicht dem Menschen durch den Einbezug der informellen Kompetenzen zu einer 300% Steigerung der Kompetenzen. Genauer gesagt: Die informellen Kompetenzen sind beim Menschen schon bestehend, das IPF-Q Verfahren ermöglicht die Anerkennung dieser bereits vorhandenen Ressourcen. Somit werden die Chancen, dass das Kompetenzpotential optimiert im Leben eingesetzt werden kann, deutlich erhöht.

Das Projekt „Dielli“ (Kosovo): Validierung von Lebenskompetenzen und ihre Ergänzung durch Nachhol-Bildung

Caritas Schweiz (unter der Projektleitung von Beatrice Rutishauser-Ramm) und die Initia-tive für Praxisforschung IPF (IPF-Multiversity, unter der Projektleitung von Urs Hauenstein) bieten im Kosovo einen akademischen Studiengang für KindergärtnerInnen auf europäi-schem Bachelor-Niveau an. Er wurde am 7. Juli 2010 offiziell unter dem Dach der Universität Prishtina akkreditiert.

Der Studiengang „B.A. Sustainable Pre-School and Peace Education“ wurde vom nationa-len Akkreditierungsrat im Kosovo, der aus Hochschulexperten und Akkreditierungsverant-wortlichen aus der ganzen Welt besteht, für drei Jahre akkreditiert. Das bedeutet, dass er ab dem 1. Oktober 2010 als staatlicher Studiengang unter dem Dach der Pädagogischen Fakultät der Universität Prishtina angeboten wird. Der berufsbegleitende sechsjährige Stu-diengang (mit 240 ECTS-Credits, d.h. äquivalent zu einem vierjährigen Ganztagesstudium) ist praxisorientiert. Er vermittelt eine innovative Kindergartenpädagogik, die der speziellen Nachkriegs- und gesellschaftlichen Umbruchssituation im Kosovo Rechnung trägt. Die na-tionale Akkreditierungsagentur Kosovo (KAA Kosovan Accreditation Agency) hat diesen Entscheid gefällt, nachdem eine externe Überprüfung durch die Pädagogische Hochschule des Kantons St. Gallen vorgenommen wurde. In einem detaillierten Benchmarking Bericht wurde die vorgefundene Qualität des Studienganges mit analogen restriktiven Schweizer Pädagogischen Hochschulkritierien verglichen. Der vorliegende Expertenbericht hat dann nicht nur die unbedingte Akkreditierung empfohlen, sondern auch zugleich angeraten, die-ses Programm als nationales Pilotprogramm für die akademische und praktische Ausbil-dung von Erziehern und Erzieherinnen im Bereich Kindergarten zu benutzen.

Im Frühling und Sommer 2010 wurden insgesamt 201 Akkreditierungsanträge an das KAA gestellt. Davon wurden rund 150 dann bewilligt, jedoch die meisten mit Auflagen versehen. Ausschliesslich 3 Studiengänge wurden dann unbedingt (d.h. ohne Auflagen) für 3 Jahre akkreditiert, u.a. auch der vorliegende „B.A. Sustainable Pre-School and Peace Education“.

“Investment should be directed towards achieving high quality pedagogical goals, rather than the simple creation of places.”

(OECD, Starting Strong II, 2006)

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Kosovo hat eine sehr junge Bevölkerung (rund 33% unter 15 J.). Das Bildungssystem leidet immer noch unter den Folgen des Krieges. Vorschuleinrichtungen sind selten und eher in Städten zu finden. Gemäss Schätzungen kann nur jedes vierte Kind einen öffentlichen Kin-dergarten besuchen. Ein neues Vorschulgesetz sieht jedoch eine Kindergarten-Pflicht ab dem Jahr 2011 vor. Vor diesem Hintergrund ist die neue Ausbildungsmöglichkeit von großer Bedeutung für das Land.

Der Akkreditierung des Studiengangs ging eine mehrjährige intensive Vorarbeit voraus. Caritas Schweiz und IPF-Multiversity realisieren zusammen mit Caritas Luxemburg bereits seit 2002 Vorschulprojekte im Kosovo. Seit acht Jahren läuft als Pilotprojekt der „Kinder-garten Dielli“ in Drenas, den 150 Kinder besuchen. Wegen des großen Interesses wurde das Projekt laufend auf jetzt 13 umliegende Dörfer ausgedehnt. Auch in 2 anderen Gemeinden (Prizren, Gjakova) wurden 11 Klassen eingerichtet. Im Rahmen dieser Pilotprojekte wurde ein praxisorientiertes, berufsbegleitendes Ausbildungskonzept entwickelt. Dieses stellt die Interessen des Kindes ins Zentrum, insbesondere auch dessen soziale und persönliche Fähigkeiten. Auch Elternarbeit, gewaltfreie Konfliktlösung und multiethnischer Unterricht gehören zum Ausbildungskonzept.

Die Kooperation zwischen Caritas und der IPF besteht seit 2002 und wurden im Januar 2010 bis Ende 2011 vertraglich verlängert. Die IPF zeichnete beim Aufbau des Bachelor-Stu-diengangs verantwortlich für die akademische Leitung (Pädagogik, Qualitätsmanagement, Praxisforschung sowie Benchmarking) und erstellte die umfangreichen Studien- und Akkre-ditierungsunterlagen. Den neuen Bachelor-Studiengang tragen neben Caritas Schweiz und der IPF auch Caritas Luxemburg sowie die örtliche kosovarische Gemeinde Drenas. Part-nerschaftsprojekte im Forschungsbereich sind mit Schweizer, Britischen, Deutschen und Amerikanischen Universitäten aufgebaut worden. Im September 2010 ist eine Kosovarische Delegation bestehend aus Akkreditierungsexperten und Regierungsverantwortlichen des Erziehungswesens Kosovo in die Schweiz gereist und haben in Gesprächen mit den Schwei-zer Pädagogischen Hochschulen / Caritas und IPF neue Zusammenarbeitsmöglichkeiten für Studentenaustausch und Forschung besprochen.

Literaturhinweise

Brater, Michael; Hasselbach, Dieter & Hauenstein, Urs (2005): Individueller Hochschulzu-gang auf der Grundlage von Kompetenzfeststellungsverfahren – eine Skizze für ein interna-tionales Forschungsprojekt. Solothurn: Initiative für Praxisforschung ipf.

Calonder Gerster, A.; Borter, A.; Brugger-Schmied, E.; Hauenstein, U.; Schaller, G. (2004) Kompetenz-Bilanz. Qualifizierungs-Pass. Zwei Sammelmappen zum Stand und zur Weiter-entwicklung des beruflichen und persönlichen Potenzials. Meilen: CH-Q Eigenverlag.

Calonder Gerster, A.; Borter, A.; Brugger-Schmied, E.; Hauenstein, U. & Weibel, A. (Hrsg.,2004): Persönliches Kompetenz-Management. Meilen: CH- Q Eigenverlag.

Hauenstein, Urs: Perspektiven für zeitgemäße Masterstudiengänge. In: Stöckli, Thomas (Hrsg.); Taylor, Gordon & Hauenstein, Urs (2006a): Perspektiven für zeitgemäße Masterstu-diengänge, Solothurn / Norderstedt: International Campus Bridge / BoD.

Hauenstein, Urs (Hrsg.); Hemmerle, Angela (2006b): ipf-Q - Neue Wege im Qualitätsma-nagement. Solothurn/Norderstedt: International Campus Bridge/BoD.

Hauenstein, Urs (2006c): Wie erfahren Schüler/Schülerinnen selbstständiges Lernen in Langzeit-Berufsbildungspraktika. Solothurn: ipf Eigenverlag.

Hauenstein, Urs (2006d): Portfolio in Bildung und Berufsbildung. Solothurn/Norderstedt: International Campus Bridge/BoD.

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Lebenslanges Lernen – Qualifizierung ernst nehmen

Zurzeit gilt, nur wer seine Bildungskarriere direkt und ohne Unterbrechung durchläuft, profi-tiert. Die vertikale und horizontale Mobilität des vorgeschlagenen Modells (S. 45) erlaubt hin-gegen nicht nur in jedem Lebensalter eine Qualifikation anzustreben, sie ermöglicht eben-falls den Karrierewechsel. Die Möglichkeit, Quereinsteigende (Männer und Frauen, besonders mit für die Bildungsthemen relevanter Erfahrung oder Migrationshintergrund) ins System einzubeziehen, bietet viele Vorteile. Dabei kommt der VAE und der Erwachsenenbildung eine Schlüsselrolle zu. Die Begleitung von VAE-Kandidaten und Kandidatinnen durch die neu ge-schaffene Prozedur wird ein wichtiger Erfolgsfaktor dieses Instruments sein.

Eine ansteigende Professionalisierung im System der Bildung, Betreuung und Erziehung ist notwendig, gerade auch, um auf die Anforderungen der Problematik „Kinderarmut und Bil-dung“ oder der Integration von ausländischen Kindern reagieren zu können. Eine größere Diversität der Teams verbessert die Interaktion mit Eltern unterschiedlicher Herkunft (so-zialer Zusammenhalt). Das vorgeschlagene Modell kann auch hier zeitnah Verbesserungen bringen.

Auch in Luxemburg arbeiten unterschiedliche soziale und edukative Berufe vermehrt zu-sammen, ob in Institutionen oder über Institutionen hinweg. Ob dies gelingt, hängt auch davon ab, ob die Unterschiede in Status, Arbeitsbedingungen und Gehalt abgebaut werden können. Die Professionalisierung aller Arbeiten der Erziehung, Bildung und Betreuung ist nicht nur per se eine Garantie für mehr Qualität. Die verschiedenen Berufe mit je eigenen Kompetenzprofilen zu versehen, macht sie auch vergleichbar und vermittelt so ein präzise-res Bild der Leistungen, die erbracht werden. Dieses Bild lässt auf Dauer die bestehenden Unterschiede nicht zu. Verbesserungen sind eine conditio sine qua non, will man positiv auf den dringend geforderten Männeranteil in den pädagogischen Teams einwirken.

Als erster Schritt müssten das Ministère de l’Education nationale et de la Formation profes-sionnelle, das LTPES (päd. Lerninhalte) sowie die Universität Luxemburg (Leitungsaufgaben, Begleitung) zusammen mit den Arbeitgebern des sozialen Sektors eine Praxisausbildung ent-wickeln.

Forschung & Entwicklung in Erziehung, Bildung und Betreuung fördern

In dieser Perspektive beschränken sich die Aufgaben der Ministerien, Schulen und Arbeit-geber nicht auf die eigentliche Ausbildung. Die Aus- und Weiterbildung muss als Teil der Personal- und Organisationsentwicklung im System ihren Platz erhalten.

Qualitätsentwicklung in den Einrichtungen wird bestimmt von der Beziehung zwischen Theorie und Praxis – der notwendige Austausch zwischen Praktikern und Forschern braucht einen institutionellen Rahmen. Einerseits muss Forschung in der Praxis gefördert werden: die Schaffung von Wissen sollte konsequent als Teamaufgabe integriert sein, so dass es mitgeteilt wird und nicht nur in den Köpfen Einzelner besteht, die es bei einem Arbeits-wechsel einfach mitnehmen. Diese anspruchsvolle Aufgabe werden Teams nicht allein lösen können. Andererseits sollte dieses Wissen dem gesamten Sektor, sowie der Forschungs-gemeinschaft zugänglich gemacht und diskutiert werden: eine Aufgabe für die Universität Luxemburg.

Das Ministère de la Famille et de l’Intégration hat die Möglichkeit, einen gesetzlichen Rah-men zu schaffen, der minimale Qualitätsstandards für die außerschulische Erziehung und Bildung festgelegt. Hier gehören neben Bildungsthemen und pädagogischen Grundsätzen auch organisatorischen Fragen wie Personalschlüssel, Aus- und Weiterbildungen, Team-arbeits- und Vorbereitungszeit, Fachberatung sowie die Zusammenarbeit mit Forschungs-instituten im Rahmen der pädagogischen Weiterentwicklung definiert.

Fazit: Es darf im Bereich der Erziehung, Bildung und Betreuung keine Niedrigqualifizierten, sondern nur noch Auszubildende geben! Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Niedrigquali-fizierte, Träger und Gesetzgeber sich bewegen. Ziel für Arbeitgeber und Gesetzgeber müss-te es sein, ein System zu entwickeln, in dem alle Beschäftigten (über die Niedrigqualifizier-ten hinaus) kontinuierlich qualifiziert werden. Für die Beschäftigten sollte gelten: wer sich nicht auf den Weg des lebenslangen Lernens begibt, muss die Einrichtung verlassen. Gut ausgebildetes Personal ist noch keine Garantie für Qualität in den Einrichtungen, wohl aber eine wichtige Voraussetzung!

“Organizations learn only through individuals who learn. Individual learning does not guarantee organizational learning. But without it no organizational learning occurs.”

(Peter M. Senge, The Fifth Discipline: The Art and Practice of The Learning Organization, 1990)

Praxisausbildung – eingebettet in lernende OrganisationenMarco Deepen & Danielle Schronen

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Claude Bodeving

Dipl.Psychologe, Conseiller de direction adj. beim Service National de la Jeunesse, Mitglied der vom Europarat bestellten Expertengruppe zu Erarbeitung des europäischen Portfolios im Jugendbereich.

Marco Deepen

Diplom-Pädagoge, Leiter der Abteilung Forschung & Entwicklung, des Luxemburger Caritas- verbandes.

Urs Hauenstein

Präsident der IPF-Multiversity und Internationaler Bildungskoordinator der Sinn-Stiftung: Individuelle Studiengänge mit APL (Accreditation of Prior Learning) / Validierung von for-mellen, non-formalen und informellen Kompetenzen / IPF-Q Kompetenz Portfolio / Praxis-forschung / Potentialanalyse und Nachqualifikation.

Myriam Mony

Directrice du département « Educateur de Jeunes Enfants » à l’Ecole santé social sud-est (ESSSE) à Lyon (F).

Laëtitia Mousnier

Assistante, département « Educateur de Jeunes Enfants » à l’Ecole santé social sud-est (ESSSE) à Lyon (F).

Jos Noesen

Pédagogue, responsable au Ministère de l’Education Nationale et de la Formation Profes-sionnelle pour le domaine de la Validation des Acquis de l’Expérience (VAE).

Jan Peeters

Directeur du VBJK (Centre de Recherche et de ressources pour l’éducation et l’accueil de la pe-tite enfance) relié à l’Université de Gand (B), co-fondateur du réseau européen DECET (Diversité dans l’éducation de la petite enfance) et éditeur de « Children in Europe » (version NL).

Beatrice Rutishauser Ramm

Waldorfpädagogin, arbeitet für Caritas Schweiz im Kosovo und in Tschetschenien; Projekt-leiterin des „Dielli“-Programms für Nachhaltige- und Friedenserziehung (Kosovo).

Danielle Schronen

Organisationswissenschaftlerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Forschung & Entwicklung des Luxemburger Caritasverbandes.

les auteurs

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FORMAflex

Projet cofinancé par le Fonds social européen et le Ministère du Travail et de l’Emploi luxembourgeois

Der Europäische Sozialfonds hat seit 2001 die Entwicklung in der außerschuli-schen Erziehung, Bildung und Betreuung in Luxemburg maßgeblich gefördert u.a. durch Bereitstellung von Basisausbildungen für Niedrigqualifizierte, um den Fachkräftemangel abzufedern (FOGAflex, QUALIflex, FORMAflex). Die vorliegen-de Veröffentlichung gibt Aufschluss über die Situation des sogenannten „hilfs-erzieherischen“ Personals, legt Argumente dar, wieso dieses sich (auch) auf den Weg des lebenslangen Lernens begeben muss und wie ein solches Modell der Qualifizierung aussehen könnte. Die angestrebte Professionalisierung hebt nicht nur die Qualität im Sinne der Kinder, sondern eröffnet auch dem betroffenen Per-sonal neue Perspektiven.