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Fachhochschule Dortmund

Fachbereich 8: Angewandte Sozialwissenschaften

Diplomarbeit

zum Thema:

Engagement im Alter

- Darstellung am Beispiel der Stadt Arnsberg -

Studiengang:

Soziale Arbeit

mit Schwerpunkt:

Sozialarbeit

Vorgelegt von:

Janika Krutmann

7068776

Erstleser: Prof. Dr. Harald Rüßler

Zweitleserin: Dr. Gerhild Fliedner

Juni 2010

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Vorwort

Diese wissenschaftliche Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema „Engagement

im Alter“ und hat das Ziel am Beispiel der Stadt Arnsberg darzustellen, wel-

che Potenziale ältere Menschen haben und wie diese für die ganze Gesell-

schaft genutzt werden können. Es wird gezeigt, dass Menschen im höheren

Alter nicht nutzlos sind, sondern durchaus die Fähigkeit besitzen, eigene

Konzepte zu entwickeln und diese selbstständig umzusetzen. Ältere Men-

schen dürfen von ihren jüngeren Mitmenschen nicht belächelt oder gar ver-

stoßen, sondern sollten integriert werden, damit sie weiterhin bereit sind, am

gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und sich bürgerschaftlich zu engagie-

ren.

Außerdem habe ich die Hoffnung, dass meine Erläuterungen, dem einen

oder anderen Leser dazu verhelfen, ihre Vorurteile und ihre eventuellen

Ängste gegenüber dem Lebensabend im Alter abzubauen.

Für die Begleitung und Betreuung während der Erstellung meiner Diplomar-

beit möchte ich mich besonders bei meinem Prüfer Herrn Prof. Dr. Harald

Rüßler bedanken. Er hatte jederzeit ein offenes Ohr für meine Fragen und

Probleme. Ebenfalls geht ein herzlicher Dank an meine Zweitleserin Frau Dr.

Gerhild Fliedner.

Mein besonderer Dank gilt Marita Gerwin und Martin Polenz von der „Fach-

stelle Zukunft Alter“ der Stadt Arnsberg, die mich tatkräftig unterstützten, in-

dem sie mir jederzeit meine Fragen beantworteten, mir wichtige Literatur zur

Verfügung stellten und sich zu einem Interview bereit erklärten.

Danke auch an Anni und Uwe Künkenrenken und an Herbert Kramer, die

sich mit vielen anderen älteren Menschen in Arnsberg engagieren und bereit

waren, mir in einem Interview Frage und Antwort zu stehen.

Meiner Korrekturleserin Annika Wiegard möchte ich an dieser Stelle eben-

falls danken, denn auch dies ist keine leichte Aufgabe und zudem sehr Zeit-

intensiv.

Außerdem bin ich meinem Lebensgefährten Björn Rosenberg und meinen

Freunden für die moralische Unterstützung sehr dankbar, denn ich bin mir

durchaus bewusst, dass der Kontakt mit mir in dieser Zeit nicht immer ganz

einfach war.

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Zu guter Letzt bedanke ich mich herzlich bei meinen Eltern, ohne die diese

Arbeit und das gesamte Studium der Sozialen Arbeit nicht möglich gewesen

wären. Vielen Dank, dass ihr mich immer in jeder Hinsicht unterstützt.

Und nun wünsche ich allen Interessierten viel Spaß beim Lesen!

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„Alter ist eine herrliche Sache,

wenn man nicht verlernt hat,

was Anfangen heißt.“

Martin Buber

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Summary

The following thesis „Involvement of senior citizens – exemplified in the case

study of the city of Arnsberg” deals with the development of civil and social

involvement of senior citizens. The focus of this thesis is to show how the city

of Arnsberg deals with civil involvement of elder citizens and what can and

should be learned from it in general.

To show this in detail, a short description of the demographic change will be

given firstly. It also includes chances of an ageing society. Afterwards, the

development from voluntary work to civil involvement and its extend will be

described and elaborated. For this, some projects will be presented. More-

over, some interviews will be stated in which the interviewees explain their

motivation and their reasons for civil involvement. Positive and negative as-

pects of the cooperation between full-time workers and committed workers

will be shown. Finally, a conclusion will be drawn in which new ideas will be

exposed to improve social commitment and to adjust on changing conditions,

if it is necessary.

Inhaltliche Kurzbeschreibung

In dieser Diplomarbeit, zu dem Thema „Engagement im Alter - Darstellung

am Beispiel der Stadt Arnsberg -“, geht es um das bürgerschaftliche Enga-

gement älterer Menschen. Um dies detailliert aufzuzeigen, erfolgt zunächst

ein Abriss des demographischen Wandels, der auch die Chancen des Alters

thematisiert. Anschließend wird die Entwicklung des klassischen Ehrenamtes

zum bürgerschaftlichen Engagement beschrieben und erläutert, welches

Ausmaß dieses hat. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt darin, zu verdeutlichen,

wie die Stadt Arnsberg mit dem bürgerschaftlichen Engagement Älterer um-

geht, das heißt, dass die Arbeit Aufschlüsse darüber gibt, wie eine Kommune

das Potenzial dieser Menschen nutzen kann bzw. nutzen muss. Dazu wer-

den zunächst die demographischen Fakten Arnsbergs dargelegt und das

ganzheitliche Partizipationsprinzip vorgestellt, nach dem auch die „Fachstelle

Zukunft Alter“ der Stadt Arnsberg arbeitet. Des Weiteren werden Projekte, in

denen sich ältere Bürger engagieren, beschrieben und Experteninterviews

durchgeführt, um die Motive der Engagierten besser zu verstehen. Außer-

dem zeigt die Verfasserin dieser Arbeit die Gefahren und Probleme auf, die

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bei der Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen und bürgerschaftlich En-

gagierten auftreten können und entwickelt Ideen, wie die Sozialarbeit diese

weiter verbessern könnte und wie sie sich gegebenenfalls an die veränderten

Bedingungen anpassen muss.

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Engagement im Alter

- Darstellung am Beispiel der Stadt Arnsberg -

1. Einleitung

2. Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements

älterer Menschen

3. Bürgerschaftliches Engagement in der Stadt Arnsb erg

4. Bürgerschaftliches Engagement und/oder

professionelle Sozialarbeit

5. Ausblick für die Sozialarbeit

6. Resümee

7. Literaturanhang

8. Eidesstattliche Erklärung

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ........................................ ...................................................... 6

2 Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements älte rer

Menschen .......................................... .................................................. 11

2.1 Demographischer Wandel und aktives Altern ......... .................. 11

2.1.1 Bevölkerungsrückgang in Deutschland ..................................... 11

2.1.2 Alterung .................................................................................... 14

2.1.3 Heterogenität ............................................................................ 20

2.1.4 Zahlen aus Nordrhein-Westfalen .............................................. 21

2.1.5 Konsequenzen und Probleme ................................................... 25

2.1.6 Chancen des Alters ................................................................... 27

2.2 Vom Ehrenamt zum bürgerschaftlichen Engagement .... .......... 29

2.2.1 Bürgergesellschaft und Entwicklung des bürgerschaftlichen

Engagements ............................................................................. 29

2.2.2 Motive und Formen des bürgerschaftlichen Engagements ....... 30

2.2.3 Strukturwandel des bürgerschaftlichen Engagements .............. 34

2.2.4 Abbruch eines Engagements .................................................... 35

2.2.5 Kritik am bürgerschaftlichen Engagement ................................ 37

2.3 Statistiken - Ausmaß des bürgerschaftlichen Engagem ents

älterer Menschen .................................. ........................................ 38

2.3.1 Tatsächliche und mögliche Engagementquote ......................... 39

2.3.2 Engagementbereiche ................................................................ 41

2.3.3 Verlässlichkeit des Engagements ............................................. 42

2.3.4 Engagement älterer Menschen ................................................. 43

3 Bürgerschaftliches Engagement in der Stadt Arnsberg ................. 49

3.1 Demographische Situation der Stadt Arnsberg........ ................. 50

3.2 Ganzheitliches Partizipationsprinzip der Stadt Arns berg ........ 52

3.3 Die „Fachstelle Zukunft Alter“ der Stadt Arnsberg - Anlaufstelle

für Engagement im Alter ........................... .................................... 56

3.3.1 Projekte und Konzepte in der Stadt Arnsberg ........................... 59

3.3.1.1 Seniorenbeirat ................................................................. 59

3.3.1.2 Seniortrainer .................................................................... 61

3.3.1.3 Schwarzlichttheater - Die kleine Raupe Nimmersatt ....... 64

3.3.1.4 Kegeln im Altenheim ....................................................... 66

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3.3.1.5 Hausaufgabenhilfe/Lesepaten in der Grundschule .......... 71

3.3.1.6 Biologie für kleine Leute .................................................. 73

3.3.1.7 Tanzen im Altenheim ....................................................... 75

3.3.1.8 Kneipp-Aktionstag ........................................................... 76

3.3.2 Projekte „Opaparazzi“ und „Opapaparty“ .................................. 80

3.3.2.1 „Opaparazzi“ ................................................................... 81

3.3.2.2 „Opapaparty“ ................................................................... 83

3.4 Motive von Engagierten - Exemplarische Gespräche .. ............. 87

4 Bürgerschaftliches Engagement und/oder professionel le

Sozialarbeit ...................................... .................................................... 95

5 Ausblick für die Sozialarbeit ..................... ......................................... 98

6 Resümee ........................................... ................................................. 103

7 Literaturanhang ................................... ............................................. 106

7.1 Abbildungsverzeichnis ............................. ................................. 106

7.2 Tabellenverzeichnis ............................... .................................... 107

7.3 Literaturverzeichnis .............................. ..................................... 107

7.4 Internetverzeichnis ............................... ...................................... 111

7.5 Anlagen ........................................... ............................................ 112

7.5.1 Leitfaden der Experteninterviews (Bürgerschaftlich Engagierte) 112

7.5.2 Leitfaden der Experteninterviews (Hauptamtliche).................. 113

7.5.3 Experteninterviews (siehe CD) ................................................ 115

7.5.3.1 Interview Experte A ....................................................... 115

7.5.3.2 Interview Experten B und C ........................................... 115

7.5.3.3 Interview Experte D ....................................................... 115

7.5.3.4 Kategorien der Interviews .............................................. 115

8 Eidesstattliche Erklärung ......................... ........................................ 116

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1 Einleitung

Diese wissenschaftliche Arbeit trägt den Titel „Engagement im Alter - Darstel-

lung am Beispiel der Stadt Arnsberg -“ und macht es sich zur Aufgabe, be-

sonders die positiven Aspekte des Älterwerdens hervorzuheben. Oft wissen

junge Menschen nicht, über welches Potenzial unsere älteren Mitbürger ver-

fügen und wie viel sie von ihnen lernen können. Deshalb wird diese Arbeit

mit der Hoffnung verfasst, das eine oder andere Vorurteil beim Leser abzu-

bauen und vielleicht sogar die Angst vor dem Älterwerden - nicht mehr ge-

braucht werden - nehmen zu können.1

Bereits zu diesem Zeitpunkt fällt auf, dass der Begriff „Alter“ für den Verlauf

dieser Diplomarbeit eine zentrale Rolle einnimmt. Doch ab welchem Lebens-

jahr gilt man als alt? Das Alter lässt sich als Lebensphase nur noch schwer

von den vorherigen Lebensabschnitten abgrenzen und wird dadurch zuneh-

mend undurchsichtiger.2 Statistisch gesehen gehört ein Mensch zu der älte-

ren Bevölkerung, wenn er berentet wird. Da das in der Regel in einem Alter

von 65 Jahren der Fall ist, setzt man hier das kalendarische Alter3 an. Auf-

grund der zahlreichen Frühverrentungen und des Anstiegs der Arbeitslosig-

keit älterer Bürger, sank das kalendarische Alter in vielen Fällen auf das 60.

Lebensjahr, so dass es nicht mehr zutrifft, einen Menschen zu Beginn seines

Ruhestandes als alt zu bezeichnen.4 Wenn eine Person frühzeitig berentet

wird, kann diese Phase des Ruhestandes nämlich - aufgrund der steigenden

Lebenserwartung - durchaus 50 Jahre andauern.5 Und so unterschiedlich wie

die Lebensumstände und die Anlagen der Menschen sind, ist auch der Pro-

zess des Alterns, denn viele Rentner fühlen sich nicht alt und würden sich

selber nie als solches bezeichnen.6 Auch Krankheit oder Pflegebedürftigkeit

ist nicht einzig und allein ein Indiz für ein hohes Alter, denn die meisten Men-

1 Es sei darauf hingewiesen, dass in diesem Text nur die männliche Form verwendet wird, um die Lesbarkeit zu erleichtern. Dennoch sind selbstverständlich alle weiblichen Leser gleichermaßen angesprochen.

2 Backes/Clemens 2008: 11, 21 3 Das kalendarische Alter ist ein bestimmtes Alter, welches die Grenze zwischen der alten

und der nicht alten Bevölkerung zieht. Witterstätter 2008: 35 4 Backes/Clemens 2008: 12; Witterstätter 2008: 35 5 Backes/Clemens 2008: 21 6 Backes/Clemens 2008: 14, 21

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schen leben bis zu ihrem Tod selbstständig in ihren Wohnungen ohne frem-

de Hilfe zu benötigen.7 Es kommt vielmehr auf die noch vorhandenen Fähig-

keiten im körperlichen, sozialen, psychischen und gesellschaftlichen Bereich

an.8 Im körperlichen Bereich sind damit die biologisch-medizinischen Verän-

derungen gemeint, wie zum Beispiel das Auftreten von somatischen Erkran-

kungen. Besonders häufig leiden ältere Menschen unter Arthrose, Bluthoch-

druck, Schwerhörigkeit, Herz-Kreislauferkrankungen, Sehbeschwerden etc.

Psychologisch gesehen ist es wichtig, wie der älter werdende Mensch mit

dieser neuen Situation zurechtkommt. Im sozialen Bereich ist es von Bedeu-

tung, welche Vorurteile die anderen Generationen gegenüber den älteren

Menschen haben und äußern. Alter wird im soziologischen Bereich über die

Positionen charakterisiert, die die Älteren in der Gesellschaft einnehmen.

Dabei wird oft fälschlicherweise davon ausgegangen, dass Altern mit dem

Verlust von Positionen - sei es beruflich oder familiär gesehen - einhergeht.

Doch erst im Alter kann man aufgrund hoher Erfahrung einige Positionen

einnehmen, die zuvor nicht möglich waren.9 Die Fähigkeiten können in den

einzelnen Funktionsbereichen unterschiedlich ausgeprägt sein. Da es den-

noch schwierig bleibt, Alter zu definieren, versucht man sich mit unterschied-

lichen Altersbegriffen zu helfen. Man unterteilt in „junge Alte“, „Alte“ und „alte

Alte“. Zu der Gruppe der „jungen Alten“ gehört man, wenn man in der Lage

ist, seine Ressourcen zu nutzen und sich beispielsweise für andere Men-

schen engagiert. Wer nicht mehr in der Lage ist sich für andere zu engagie-

ren, aber trotzdem über genügend Selbstkompetenz verfügt, fällt in die Kate-

gorie „Alte“. Die „alten Alten“ haben ihre Selbstkompetenz bereits verloren

und sind in der Regel pflegebedürftig.10 Diese Arbeit wird sich mit den „jun-

gen Alten“ beschäftigen, die Ressourcen und Potenziale haben, von denen

jeder Bürger - egal, ob jung oder alt - profitieren kann.

Ältere Menschen verfügen häufig über ein hohes Maß an Wissen und Erfah-

rung und möchten ihr Wissen an andere Menschen weitergeben, damit diese

davon profitieren. Ihr Wunsch ist es, am gesellschaftlichen Leben teilzuneh-

7 Backes in Amann/Kolland 2008: 68 8 Backes/Clemens 2008: 22 9 Witterstätter 2008: 30 ff. 10 Backes/Clemens 2008: 22

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men und nicht – nur, weil sie „alt“ sind - verstoßen und ausgeschlossen zu

werden.11 Denn um im Alter nur noch seine Freizeit zu genießen, ist diese

Lebensphase in der Regel zu lang. Die älteren Menschen sind zu motiviert

am Leben teilzunehmen und dieses mit zu bestimmen.12

Aus diesem Grund und da die Fakten des demographischen Wandels bestä-

tigen, dass die Gesellschaft in Deutschland immer älter wird,13 ist es sehr

wichtig, dass die Sozialarbeit die Ressourcen der älteren Menschen heute

und auch in Zukunft erkennt und nutzt. Um die Bereitschaft zum Engagement

konstant zu halten oder besser noch zu verstärken, muss sich die Sozialar-

beit jedoch verändern und der gegebenen Situation anpassen. Sie sollte sich

zur Aufgabe machen, Ältere darin zu unterstützen, ein produktives Leben zu

führen. Das heißt, die Älteren sollten die Verantwortung für sich selbst und

für Andere übernehmen,14 denn sie verfügen über Kompetenzen, die die jün-

geren Menschen häufig nur in geringeren Maßen haben. Zum Beispiel Zeit,

hohe Gemeinwohlorientierung, günstige Einkommenssituation,15 Fähigkeit

mit Unsicherheiten und Ungewissheiten des Lebens zu Recht zu kommen,16

Kreativität,17 Gesundheit, Leistungsfähigkeit, Interesse, Erfahrungen und

Wissen.18 Auf Dauer kann sich ein Land mit einer alternden Bevölkerung

nicht erlauben, auf diese Ressourcen älterer Menschen zu verzichten.19

Wie eine Kommune das Potenzial der älteren Menschen nutzen kann, zeigt

diese Diplomarbeit am Beispiel der Stadt Arnsberg. Um herauszufinden, aus

welchen Gründen sich jemand engagiert und wie sich die Sozialarbeit in

Arnsberg, aber auch in Deutschland demnach verändern muss, führte die

Autorin einige Expertenbefragungen mit älteren Menschen, die sich bürger-

schaftlich engagieren. Denn diese Menschen sind sehr wichtig, weil sie nicht

nur einzelnen Menschen helfen und somit auch der Gesellschaft, sondern

11 Expertenkommission in Bertelsmann Stiftung 2008: 341 12 Meier/Schröder 2008: 294 13 Naegele in Kreuzer u.a. 2008: 14 14 Meier/Schröder 2007: 291 15 Witterstätter 2008: 170 16 Kruse/Wahl in Bertelsmann Stiftung 2008: 107 17 Kruse/Wahl in Bertelsmann Stiftung 2008: 111 18 Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland 2005:

28 19 Kruse/Süssmuth in Bertelsmann Stiftung 2008: 22

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auch sich selbst, denn sie haben eine Aufgabe und das Gefühl gebraucht zu

werden.

Dass die vorliegende Arbeit ihren Schwerpunkt in der Darstellung des bür-

gerschaftlichen Engagements in der Stadt Arnsberg hat, liegt zum einen da-

ran, dass die Verfasserin dieser wissenschaftlichen Arbeit eine große Ver-

bundenheit zu Arnsberg hat, da sie selbst in dieser Stadt lebt. Ferner ist es

sinnvoller über eine vertraute Stadt zu schreiben, in der man lebt und

sozialarbeiterisch tätig ist und demnach stärkeres Interesse daran hat, zu

erfahren, was in dieser Stadt angeboten wird. Ebenfalls ausschlaggebend ist,

dass die Autorin den Umgang mit älteren Menschen genießt und aus diesem

Grund ein freiwilliges Praktikum in der „Fachstelle Zukunft Alter“ der Stadt

Arnsberg absolvierte. Sie lernte dort sehr viele ältere Bürger kennen und be-

gleitete einige von deren Projekten. Sie war von der Nähe und Zuneigung

sehr gerührt und neugierig zu erfahren, warum die Menschen sich engagie-

ren und wie man noch mehr ältere Menschen motivieren könnte, selbst tätig

zu werden. Da die Stadt Arnsberg dafür bereits ein erfolgreiches Konzept

entwickelt hat, erschien es sinnvoll, diese Vorgehensweisen näher zu be-

trachten, um sie gegebenenfalls verbessern oder ausweiten zu können. Aus

diesen Gründen entstanden die Idee und die Motivation dieses Thema in der

ausstehenden Diplomarbeit zu bearbeiten.

Um dieses Thema in der wissenschaftlichen Arbeit strukturiert darzustellen,

wird sie in vier Teilbereiche untergliedert. Im ersten Teil durchleuchtet man

zunächst den demographischen Wandel und zeigt die aktuellen Zahlen auf,

wobei dabei ein Schwerpunkt auf die Chancen des Alters liegt. Um anschlie-

ßend auf das bürgerschaftliche Engagement überzuleiten, beschreibt man

die Entwicklung vom klassischen Ehrenamt zum bürgerschaftlichen Enga-

gement. Insbesondere werden die Formen, der Strukturwandel und die Kritik

am bürgerschaftlichen Engagement erläutert und thematisiert, welches Aus-

maß dieses hat. In diesem Unterpunkt werden unter anderem Fragen wie

„Wer engagiert sich überhaupt? Wie viele Menschen engagieren sich? Wel-

che Altersklasse ist vertreten?“ beantwortet. Wenn die theoretischen Grund-

lagen für diese Arbeit gelegt sind, erfolgt im zweiten Teil die Spezialisierung

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auf die Stadt Arnsberg. Zunächst werden die demographischen Fakten auf-

gezeigt und das ganzheitliche Partizipationsprinzip der Stadt Arnsberg be-

schrieben, auf dessen Grundlage die „Fachstelle Zukunft Alter“ der Stadt

Arnsberg arbeitet, die in diesem Teil ebenfalls dargestellt wird. Des Weiteren

hat die Autorin an Projekten, in denen sich die älteren Menschen engagieren,

teilgenommen um sie in dieser Arbeit vorstellen zu können. Ein Projekt soll

dabei besonders in den Vordergrund treten und detailliert beschrieben wer-

den. Um die Motive von Engagierten zu erfahren und um eine Idee zu be-

kommen, wie die Sozialarbeit sich in den nächsten Jahren verändern muss,

wurden einige Expertengespräche geführt, denn die Meinungen der Enga-

gierten sind unerlässlich, wenn es darum geht, Angebote zu entwickeln.

Dass die Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen und bürgerschaftlich

Engagierten nicht immer reibungslos verläuft, wird im dritten Kapitel themati-

siert. Um die Arbeit abzurunden, geht es im letzten Teil darum, die Verände-

rungen der Sozialarbeit aus den zuvor gewonnenen Erkenntnissen abzulei-

ten und darzustellen, um die Frage zu beantworten: „Wenn nur noch Ange-

bote für sozial Engagierte gemacht werden - Welche Funktion hat dann die

Sozialarbeit?“

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2 Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements älterer Menschen

In diesem Kapitel stellt die Verfasserin den demographischen Wandel in

Deutschland und speziell in Nordrhein-Westfalen dar und diskutiert, welche

Konsequenzen, aber auch Chancen diese Fakten haben können. Die Ent-

wicklung vom klassischen Ehrenamt zum bürgerschaftlichen Engagement

wird im nächsten Schritt aufgezeigt, jedoch erst nach Klärung des Begriffs

der Bürgergesellschaft, da die Veränderung des Engagements auf diese

Weise besser nachvollzogen werden kann. Des Weiteren werden die aktuel-

len Motive und Formen des heutigen bürgerschaftlichen Engagements auf-

gezeigt und mit Hilfe des Freiwilligen- und des Alterssurveys ausgewertet,

wer sich in welcher Form und in welchem Maße bürgerschaftlich engagiert.

2.1 Demographischer Wandel und aktives Altern

Die Wissenschaft beschäftigt sich schon seit 1970 mit dem demographischen

Wandel und seinen Konsequenzen, doch erst in den letzten Jahren gewann

dieses Thema in der gesamten Öffentlichkeit an besonderem Interesse.20 Da

die Auswirkungen des demographischen Wandels dazu führen, dass das

bürgerschaftliche Engagement sich ändern muss, werden zunächst einige

Fakten des demographischen Wandels dargestellt und erläutert.

Wie sich die Bevölkerungsstruktur in Zukunft entwickelt, hängt vor allem von

den Geburtenraten, von der Lebenserwartung bzw. Sterberate und von dem

Wanderungsverhalten ab.21

2.1.1 Bevölkerungsrückgang in Deutschland

Der Bevölkerungsrückgang ist insbesondere auf die rückläufige Geburtenrate

zurückzuführen, die im Jahr 2008 bei 1,3822 Geburten pro Frau liegt. Mit die-

20 Schmitz-Veltin in Löwer/Gottwald 2009: 13 21 Rüßler 2007: 27, Klein u.a. in Bertelsmann Stiftung 2008: 27 22 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 2009: 24

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sem Ergebnis steht Deutschland nur noch knapp vor Spanien und Italien, die

die geringste Geburtenrate in Europa aufweisen.23

Abbildung 1: Zusammengefasste Geburtenziffer der Kalenderjahre. Lebendgeborene je Frau. Statistisches Bundesamt 2009 Um 1900 war die Geburtenzahl in Deutschland relativ konstant und lag bei

drei bis vier Kindern pro Frau. Der Grund dafür könnte die soziale Sicherung

sein, die man durch Kinder bekam, denn diese konnten sich um ihre Eltern

kümmern, wenn sie alt, krank oder arbeitslos wurden. Des Weiteren war die

Säuglingssterblichkeit zu dieser Zeit sehr hoch, so dass man vorsorglich

mehr Kinder bekommen musste, um für die Zukunft abgesichert zu sein. Der

so genannte Babyboom von 1950-1960, der sich auch in Abbildung 1 erken-

nen lässt, sicherte weiterhin den Bestand der Bevölkerung. Doch seit 1970

lässt sich ein deutlicher Rückgang der Geburtenrate erkennen. Die Gründe

dafür sind sehr vielfältig. Mit Sicherheit spielt die Erfindung der Antibabypille

eine ausschlaggebende Rolle, aber auch die veränderten Lebensformen.

Frauen emanzipieren sich zunehmend, das heißt, dass sie häufig einer Er-

werbstätigkeit nachgehen und somit weniger Zeit für Kinder bleibt.24 Da es

auch heute noch schwierig ist, Beruf und Familie zu vereinbaren, bleiben vie-

le Frauen, besonders die gebildeten Frauen, kinderlos. Wenn sie dennoch

Nachwuchs bekommen, ist es meist zu einem sehr späten Zeitpunkt, da sie

zunächst eine Ausbildung absolvieren und einen beruflichen Einstieg realisie-

23 Naegele in Kreuzer u.a. 2008: 15 24 Stadt Arnsberg 2003: 5

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ren. Laut Gerhard Naegele hat die Familienpolitik zu spät auf die Wünsche

der Frauen reagiert und lediglich Geldleistungen, wie zum Beispiel Elterngeld

gewährt, ohne jedoch die Sachleistungen, wie Kinderkrippen, Ganztagsschu-

len, vorschulische Betreuung, Betriebs- und Universitätskindergärten weiter

auszubauen. Obwohl die vorschulischen Betreuungen in Deutschland gesell-

schaftlich negativ behaftet sind, zeigen Vergleiche, dass gerade in den Län-

dern, in denen Frauen diese Angebote kostenlos nutzen können, die Gebur-

tenraten höher sind.25 Gerhard Naegele’s Aussage ist zu zustimmen, denn

reine Geldleistungen sind keine Lösung für das Problem der niedrigen Ge-

burtenraten. Finanzielle Leistungen wirken zwar unterstützend, geben jedoch

nicht den nötigen Rückhalt, der zu einer Entscheidung für ein Kind führen

würde. Selbst das Anfang 2007 eingeführte Elterngeld bevorzugt Frauen, die

zuvor gearbeitet haben, da sich das Elterngeld am Durchschnittseinkommen,

ausgehend von einem Jahr, berechnet. Studierende bekommen daher pau-

schal 300 Euro, die mit Sicherheit nicht dazu ausreichen, das Kind zu ver-

sorgen und in Ruhe weiter studieren zu können. Wenn man sich dennoch für

ein Baby während des Studiums entschieden hat, braucht man Kinderkrip-

pen, die den Nachwuchs in der Vorlesungszeit betreuen. Diese Angebote

gibt es leider noch zu selten und müssen in der Regel bezahlt werden. Das

Elterngeld ist auch keine Motivation für einen früheren Kinderwunsch, denn,

wenn eine Frau erst einmal mindestens ein Jahr berufstätig war, bekommt

sie auch eine höhere Geldleistung.26 Ein weiterer Grund für die rückläufigen

Geburtenzahlen sind die steigenden Trennungs- und Scheidungsraten, aber

auch instabile Partnerschaften. Die Anzahl der Einpersonenhaushalte in

Deutschland ist seit 1970 angestiegen und steht im europäischen Vergleich

an oberster Stelle. Im Jahr 2000 lebten in Deutschland 1,77 Millionen Allein-

erziehende, wovon der größte Teil (85,5 %) Frauen waren. Man darf jedoch

nicht vergessen, dass auch allein erziehende Elternteile wieder in einer fes-

ten Partnerschaft leben können ohne sich einen Haushalt zu teilen. Hilfreich

für die Geburtenrate wäre es, wenn die neuen Partner noch weitere Kinder

zusammen bekommen würden.27 Da sich Vorhersagen zur Folge die Gebur-

25 Naegele in Kreuzer u.a. 2008: 15 26 Aussagen der Verfasserin 27 Klein u.a. in Bertelsmann Stiftung 2008: 30ff.

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tenrate in den nächsten Jahren nicht grundlegend verändert,28 rechnet man

bis zum Jahr 2030 mit einem Bevölkerungsrückgang von circa 5 Millionen

Menschen. Deutschland hat, laut Stand von 2008 rund 82 Millionen Einwoh-

ner, die sich 2030 auf circa 77 Millionen reduzieren (siehe Tabelle 1).29

Entwicklung der Bevölkerung Deutschlands bis 2060 1)

Variante 1 - W1: Untergrenze der "mittleren" Bevölkerung

Geburtenhäufigkeit: 1,4 Kinder je Frau, Lebenserwartung: Basisannahme, Wande-

rungssaldo: 100 000 ab 2014

Art der Nachweisung 31.12. des Jahres

2008 2020 2030 2040 2050 2060

Altenquotient mit Alters grenze 60 Jahre

Bevölkerungsstand 1000.... 82 002 79 914 77 350 73 829 69 412 64 651

2008 = 100.... 100 97,5 94,3 90,0 84,6 78,8

Tabelle 1: 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 2009

Dieser rapide Rückgang der Bevölkerungszahl ist jedoch nicht nur auf die

konstant niedrige Geburtenrate zurückzuführen, sondern vor allem auf die

Alterung der Gesellschaft. Denn die alten Menschen werden trotz steigender

Lebenserwartung sterben, ohne ausreichend junge Menschen als Nach-

kommen zu haben, die den Bevölkerungsstand halten könnten. Deshalb wird

nun die Alterung der Gesellschaft näher betrachtet.30

2.1.2 Alterung

Die Alterung der Bevölkerung ist in einen Prozess des „dreifachen Alterns“

eingebunden.31 Erstens altert die Gesellschaft absolut, das heißt, dass sich

28 Stadt Arnsberg 2003: 6 29 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 2009, Anmerkung: Es gibt verschiede-

ne Varianten, die am wahrscheinlichsten erschien, wurde gewählt. Basisannahme: An-stieg der Lebenserwartung um 7 bis 8 Jahre

30 Aussagen der Verfasserin 31 Naegele in Kreuzer u.a. 2008: 14, Rüßler 2007: 28, Bertelsmann Stiftung 2006: 8

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__________________________________________________________ 15

die Anzahl älterer Leute in den nächsten Jahren aufgrund der steigenden

Lebenserwartung erhöht. Zweitens nimmt der relative Anteil älterer Men-

schen zu, das heißt, dass sich der Anteil älterer Menschen gegenüber dem

Anteil der Kinder und Jugendlichen vergrößert. Grund dafür sind die gleich

bleibend niedrigen Geburtenraten. Drittens steigt die Zahl derer, die 80 Jahre

oder älter werden. Dieses Phänomen der Hochaltrigkeit lässt sich ebenfalls

durch die höhere Lebenserwartung erklären.32

Ausgehend von einer Gesamtbevölkerung von 82 Millionen Einwohnern in

Deutschland liegt die Zahl der Altersgruppe 65 bis 80 Jahre bei 12,7 Millio-

nen, welches 15 % der Bevölkerung sind. Bei den über 80-jährigen

(Hochaltrigen) sind es 4,1 Millionen Menschen, die einen prozentualen Anteil

von 5 % an der deutschen Gesamtbevölkerung ausmachen. Im Jahr 2060

sind 20 % der Bevölkerung zwischen 65 und 80 Jahre alt und 14 % der Men-

schen werden sogar über 80 Jahre alt sein (siehe Abbildung 2).33

Abbildung 2: Bevölkerung nach Altersgruppen. 12. koordinierte Bevölkerungsvoraus-berechnung 2009: 16

32 Rüßler 2007: 28 33 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 2009: 14ff., Anmerkung: Es gibt ver-

schiedene Varianten, die am wahrscheinlichsten erschien, wurde gewählt

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__________________________________________________________ 16

Der relative Anteil der älteren Menschen - 65 Jahre und älter - wird durch

den Altenquotient dargestellt. Dieser zeigt die Anzahl derer auf, die 65 Jahre

und älter sind, gemessen an 100 Personen, die zwischen 20 und 65 Jahren

alt sind. Dieser Anteil liegt, wie sich aus der Tabelle 2 entnehmen lässt, bei

circa 34 (pro 100 der 20- bis 60-jährigen) und wird sich bis 2060 mit 67 Men-

schen über 65 Jahre nahezu verdoppeln.34

Tabelle 2: Altenquotient 2008 und 2060. 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 2009: 21

Diese Resultate sind folglich Ergebnisse einer steigenden Lebenserwartung,

die im Jahr 2060 für einen neugeborenen Jungen bei 85,0 Jahren und bei

einem neugeborenen Mädchen bei 89,2 Jahren liegen wird. Ein Mann, der

bereits das 65. Lebensjahr erreicht hat, darf sich noch auf circa 22,3 weitere

Jahre freuen. Eine Frau in diesem Alter könnte sogar noch gut 25,5 Jahre

leben.35 Diese Zahlen werden in Tabelle 3 veranschaulicht.

34 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 2009: 20f., Anmerkung: Es gibt ver-schiedene Varianten, die am wahrscheinlichsten erschien, wurde gewählt

35 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 2009: 30, Anmerkung: Es gibt zwei Va-rianten, die am wahrscheinlichsten erschien, wurde gewählt. Basisannahme: Anstieg der Lebenserwartung um 7 bis 8 Jahre

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Tabelle 3: Übersicht der Annahmen zur künftigen Entwicklung der Lebenserwartung bis 2060. 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 2009: 31

Die Lebenserwartung hat sich damit in den letzten beiden Jahrzehnten mehr

als verdoppelt. Gründe dafür könnten der Rückgang der Säuglings- und Kin-

dersterblichkeit sein,36 bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen, aber auch

eine höhere medizinische Vorsorge und Versorgung.37 Diese Bedingungen

hören sich erstmal sehr positiv an, denn es wird sich niemand wünschen,

dass Menschen im Säuglings- oder Kindesalter, wie es noch 1870/80 der Fall

war, sterben müssen,38 denn zu dieser Zeit erreichten circa 35 % der Kinder

nicht das fünfte Lebensjahr.39 Des Weiteren ist es mit Sicherheit erfreulich zu

hören, dass die medizinische Versorgung und die Lebens- und Arbeitsbedin-

gungen stark verbessert sind, so dass die Menschen die Möglichkeit haben,

ein viel höheres Alter zu erreichen als noch vor 100 Jahren. Daraus lässt sich

schließen, dass die Medizin sich immer weiter entwickelt und jeder Mensch

eine realistische Chance hat, nicht sein ganzes Leben nur mit arbeiten zu

36 Wahl/Heyl 2004: 23 37 Stadt Arnsberg 2003: 5 38 Aussagen der Verfasserin 39 Backes/Clemens 2008: 33

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__________________________________________________________ 18

verbringen, sondern seine Zeit in der Rentenphase sinnvoll mit seinem Ehe-

gatten, seiner Familie und mit bürgerschaftlichem Engagement nutzen zu

können. Natürlich gibt es auch Schwierigkeiten, die heute und in Zukunft auf-

treten werden, denn aufgrund der hohen Lebenserwartung, erhöht sich auch

der Bedarf an Hilfe und Pflege.40 Dieser Bedarf steigt drastisch ab dem 85.

Lebensjahr, denn in dieser Altersklasse sind 35 % hilfebedürftig und 29,3 %

pflegebedürftig. Auffällig ist, dass in jedem Alter die Hilfebedürftigkeit höher

ist als die Pflegebedürftigkeit. Mit dem Hilfebedarf sind vorwiegend hauswirt-

schaftliche und technische Hilfen gemeint. Das Hauptproblem der Erhöhung

des Pflegebedarfs liegt darin, dass es zukünftig - aufgrund der niedrigen Ge-

burtenraten - nicht genug Pflegende geben wird. Außerdem sind nur noch

wenige Menschen bereit, Pflege zu leisten, da sie sich lieber beruflich enga-

gieren, auf Reisen oder ihren Hobbys nachgehen. Ein weiterer Grund für ei-

ne vorwiegend modern-singularisierte41 Pflegesituation ist auch an dieser

Stelle die hohe Scheidungsquote, denn die Partner-Pflege fällt in diesen Fäl-

len weg. Für die Zukunft wird dies einen Ausbau der professionellen Pflege-

kräfte und eine Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrages bedeuten.42

Von diesen Problemen sind zurzeit eher Frauen als Männer betroffen, da

Frauen eine höhere Lebenserwartung haben und dementsprechend häufiger

von Hilfe- oder Pflegebedürftigkeit betroffen sind. Noch vor etwa 100 Jahren

gab es gleich viele Männer und Frauen, doch in Folge der beiden Weltkriege

und der höheren Lebenserwartung gibt es seit Jahren einen Frauenüber-

schuss.43 Anhand der Abbildung 3 kann man erkennen, dass ab einem Alter

von 60 Jahren der Anteil der Frauen in jeder Altersklasse höher ist als der

der Männer.44 Die Autorin stellt fest, dass in der Altersklasse der 60- bis 64-

jährigen der Unterschied nur minimal ist, doch bei den Hochaltrigen ist der

Frauenanteil mehr als doppelt so hoch gegenüber den Männern.

40 Aussagen der Verfasserin 41 Professionelle Fremdpflege 42 Witterstätter 2008: 38ff. 43 Rüßler 2007: 31f., Backes/Clemens 2008: 36 44 Backes/Clemens 2008: 43

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Abbildung 3: Männer- und Frauenanteil der Bevölkerung in Altersgruppen - 2005 (%): Ba-ckes/Clemens 2008: 43

Bis 2030 nimmt die Zahl der Männer wieder zu, da die Wirkung der Kriegs-

ausfälle nachlässt.45 Nur die Zahl der über 80-jährigen Frauen bleibt auf-

grund der höheren Lebenserwartung übergewichtig.46 Im Moment jedoch

pflegen die Frauen ihre Männer, da sie bei der Heirat meist jünger sind als

ihre Partner,47 und leben danach alleine in ihrer Wohnung.48

Abschließend sei erwähnt, dass in den nächsten Jahrzehnten mit einer Stabi-

lisierung des Altenquotienten gerechnet wird, da die Baby-Boomer ab 2030

bis 2060 versterben. Allerdings erfolgt diese Stabilisierung mit einem stark

reduzierten Bevölkerungsumfang und nur unter der Voraussetzung, dass das

Fertilitätsverhalten gleich bleibt.49 Sollte die Anzahl der Geburten jedoch wei-

terhin zurückgehen, haben wir in Deutschland eine Entwicklung wie in Abbil-

dung 4 dargestellt, von der Pyramide (1910), über den Pilzkopf (1990) bis hin

zum Pilz (2030).

45 Naegele in Kreuzer u.a. 2008: 16, Backes/Clemens 2008: 44 46 Backes/Clemens 2008: 44 47 Kruse/Süssmuth in Bertelsmann Stiftung 2006: 12 48 Rüßler 2007: 32, Wahl/Heyl 2004: 25 49 Backes/Clemens 2008: 47, Hochstadt in Kreuzer u.a. 2008: 31

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__________________________________________________________ 20

Abbildung 4: Wandlungen im Altersaufbau der deutschen Bevölkerung. Witterstätter 2008: 41

2.1.3 Heterogenität

Unter Heterogenität versteht man die Vielfalt einer Bevölkerungsstruktur im

ethnischen, kulturellen und normativen Sinne. Im Zusammenhang mit dem

demographischen Wandel sind allerdings lediglich die Wanderungen ge-

meint.50 Die Zuwanderung war besonders in den 50er und 60er Jahren hoch,

weil sie bewusst durch das Anwerben von Gastarbeitern gesteuert wurde.

1973 verhängte die Regierung einen Anwerbestopp, woraufhin die Familien

der Gastarbeiter in die Bundesrepublik nachzogen um hier ihren Lebens-

abend zu verbringen.51 Diese ausländischen Arbeitskräfte gehören mittler-

weile zu der Altersgruppe der 60- bis 80-jährigen, die einen Anteil von 9,3 %

an der deutschen Bevölkerung ausmachen. Es ist jedoch davon auszugehen,

dass dieser Anteil in den nächsten Jahren steigen wird.52 Wie sich in der Ab-

bildung 5 erkennen lässt, geht man davon aus, dass sich die Anzahl der aus-

ländischen Mitbürger über 60 Jahren der Zahl der deutschen Bevölkerung

über 60 Jahren bis 2050 stark annähert.53

50 Schmitz-Veltin in Gottwald/Löwer 2009: 17 51 Rüßler 2007: 32, Stadt Arnsberg 2003: 6 52 Backes/Clemens 2008: 38 53 Backes/Clemens 2008: 49

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Abbildung 5: Anteil der 60-jährigen und Älteren an der deutschen bzw. ausländischen Bevöl-kerung in der Bundesrepublik 1999 bis 2050 (in %). Backes/Clemens 2008: 49

Um sich an den Kern dieser Arbeit anzunähern, werden im nächsten Schritt

einige Zahlen aus Nordrhein-Westfalen betrachtet, da im weiteren Verlauf

eine Kommune dieses Bundeslandes exemplarisch vorgestellt wird.

2.1.4 Zahlen aus Nordrhein-Westfalen

In den 50er und 60er Jahren stieg nicht nur die Bevölkerung in Deutschland

an, sondern auch in Nordrhein-Westfalen. Allerdings ging sie von 1970 bis

1980 stark zurück bevor sie 1990, besonders in den ländlichen Gebieten,

aufgrund von positiver Wanderungsbilanz, erneut zunahm. Seit circa 1998

hat sich das Wanderungsverhalten umgekehrt, denn seitdem haben die

Kernstädte einen Bevölkerungsanstieg durch Wanderungen erlebt. Weitere

Wanderungsgewinne in den ländlichen Gebieten bleiben bisher aus.54 Da

auch in Zukunft keine stark ansteigenden Wanderungen zu erwarten sind

und die Geburtenrate ebenfalls nicht weiter steigt, sinkt die Bevölkerungszahl

in Nordrhein-Westfalen bis 2025 voraussichtlich auf 17,6 Millionen und bis

zum Jahr 2050 sogar bis auf 16,2 Millionen (siehe Abbildung 6).

54 Grüber-Töpfer u.a. in ILS Schrift 203 2007: 9f.

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Abbildung 6: Bevölkerungsvorausberechnung 2005 bis 2050 für NRW. Grüber-Töpfer u.a. 2007: 11

Von dieser Schrumpfung werden vor allem das Ruhrgebiet, das Münsterland

und das Sauerland betroffen sein. Über einen Geburtenüberschuss verfügen

der Landkreis Paderborn, die Städte Münster, Köln, Aachen und Bielefeld. In

diesen Städten liegt die Geburtenrate über der Sterberate.55

Der Anteil der älteren Menschen in Nordrhein-Westfalen wird künftig zuneh-

men. Der Anteil der 75-jährigen ist bereits von 1950 bis 2002 von 2,5 % auf

7,4 % angestiegen und erhöht sich bis zum Jahr 2050 noch auf circa 18,5 %,

wie sich aus Abbildung 7 entnehmen lässt.

55 Grüber-Töpfer u.a. in ILS Schrift 203 2007: 12f.

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Abbildung 7: Anteile der Altersgruppen in NRW seit 1950. Grüber-Töpfer u.a. 2007: 16

Das Ruhrgebiet weist einen sehr hohen Alten- und Ausländeranteil auf. Für

die Städte Bielefeld, Aachen und Münster gilt dies ebenfalls. Grund dafür war

im Jahr 1960 die vorhandene Industrie bzw. die Chance auf einen Arbeitplatz

in diesen Städten. Heute können diese Städte vor allem aufgrund ihrer Uni-

versitäten Zuwanderungsgewinne verzeichnen, aber auch, weil viele Migran-

ten lieber in Gebiete ziehen, in denen sie Gleichgesinnte vorfinden.56 Die

tatsächliche Anzahl der Menschen mit Migrationshintergrund in Nordrhein-

Westfalen lässt sich schwer bestimmen, da in Deutschland geborene Kinder

in der Regel mit Vollendung des 18. Lebensjahres die deutsche Staatsange-

hörigkeit bekommen und sie somit in der Statistik als deutsche Bürger erfasst

werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass etwa ein Viertel der Men-

schen in Nordrhein-Westfalen einen Migrationshintergrund haben.57

56 Grüber-Töpfer u.a. in ILS Schrift 203 2007: 20f. 57 Grüber-Töpfer u.a. in ILS Schrift 203 2007: 17f.

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Tabelle 4: Anteilswerte der Einpersonenhaushalte nach Alter und Geschlecht der Bezugs-person in NRW 2004. Grüber-Töpfer u.a. 2007: 25

Stärker als die Bevölkerung sind jedoch die Haushalte in Nordrhein-

Westfalen gewachsen. Diese Zahl hat sich von 1991 bis 2004 nahezu ver-

doppelt, denn 3,083 Millionen Haushalte waren 2004 in Nordrhein-Westfalen

Einpersonenhaushalte, in denen zu 57,7 % Frauen alleine leben. Besonders

ab einem Alter von 55 Jahren nimmt der Anteil von allein lebenden Frauen

gegenüber den Männern zu. Insgesamt gesehen ist die Form des Einperso-

nenhaushaltes am häufigsten in der Altersklasse der über 65-jährigen vertre-

ten (34,8 %). Mit 21,8 % belegen die 25- bis 35-jährigen den zweiten Platz.

Die nächsten beiden Altersklassen weisen einen deutlich geringeren Anteil

an Einpersonenhaushalten auf, was sich auf den typischen Verlauf eines Le-

benszyklus beziehen lässt (siehe Tabelle 4).58 Die jungen Jahre sind geprägt

von Schule, Studium und Ausbildung, in denen man eventuell einen Partner

hat, doch meist noch nicht mit ihm zusammen in einem Haushalt lebt. In der

nächsten Lebensphase heiraten die Menschen in der Regel und bekommen

anschließend Kinder. In dieser Zeit leben die meisten Menschen mit ihrem

Partner oder Ehegatten und ihren Kindern in einem Haushalt, bis es häufig

nach der Kindererziehung zur Scheidung oder den Tod des Ehepartners

kommt. Dies ist auch der Grund dafür, dass die Altersgruppe der über 65-

jährigen wieder zunehmend alleine lebt.59 Aus diesem Grund wird sich die

58 Grüber-Töpfer u.a. in ILS Schrift 203 2007: 25 59 Aussagen der Verfasserin, Grüber-Töpfer u.a. in ILS Schrift 203 2007: 25

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Zahl der Einpersonenhaushalte bis 2025 im Landesdurchschnitt auf 40 %

erhöhen.60

Nachdem die Fakten des demographischen Wandels in Deutschland und

speziell in Bezug auf Nordrhein-Westfalen dargestellt wurden, erläutert die

Verfasserin nun die Konsequenzen und Probleme.

2.1.5 Konsequenzen und Probleme

Eines der Hauptprobleme ist mit Sicherheit das Aufrechterhalten der gesetz-

lichen Rentenversicherung, da es sich in Deutschland hierbei um ein Umla-

geverfahren handelt. Das heißt, dass die erwerbstätige Generation ihre Ren-

tenbeiträge sofort an die berenteten Senioren weiter geben.61 Im Jahr 1993

sind 100 Erwerbstätige für 48 Rentner aufgekommen, im Jahr 2040 werden

diese 83 Senioren finanzieren müssen. Die Zahlen sind nicht nur Folgen der

niedrigen Geburtenrate, der steigenden Lebenserwartung und der sinkenden

Bevölkerungszahl, sondern auch des niedrigen Erwerbspotenzials und der

Frühinvalidität, die sich dennoch gegenseitig beeinflussen. Das heißt, dass

als besonders problematisch die fehlenden Arbeitskräfte anzusehen sind, die

wiederum auf fehlende Nachkommen und die Alterung der Gesellschaft zu-

rück zu führen sind.62 Um die gesetzliche Rente zu sichern, beschloss die

Politik Rentenkürzungen und die Rente mit 67. Zusätzlich führte man 2002

die private und 2003 die betriebliche Alterssicherung ein. Da von diesen

Maßnahmen jedoch nicht alle Menschen profitieren, könnte es zu einer Spal-

tung der älteren Gesellschaft in arm und reich kommen.63 Die Menschen, die

sich keine private Altersvorsorge leisten können und von einer betrieblichen

Alterssicherung nicht betroffen sind, müssen in der Zeit nach der Erwerbstä-

tigkeit vielfach am Existenzminimum leben und beziehen teilweise eine zu-

sätzliche Grundsicherung, da ihre Rente unter dem Mindestsatz der Sozial-

leistungen liegt.64 Hiervon sind vor allem unqualifizierte und ausländische

Arbeiter betroffen, da sie kaum eine Chance haben, bis zum 67. Lebensjahr

60 Grüber-Töpfer u.a. in ILS Schrift 203 2007: 29 61 Kramer in Zippel/Kraus 2009: 31 62 Backes/Clemens 2008: 51 63 Naelgele in Kreuzer u.a. 2008: 20 64 Aussagen der Verfasserin

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an ihrem Arbeitsplatz zu bleiben.65 Die Verfasserin ist der Meinung, dass ei-

ne Aufstockung der monatlichen Rente aus anderen Mitteln jedoch wenig

Sinn macht, da dies nicht wirklich eine Lösung, sondern nur eine Verlagerung

des Problems ist.

Wie bereits erwähnt, erfordert auch der steigende Bedarf an Pflege und

hauswirtschaftlicher Hilfen einige Veränderungen, denn viele alte Menschen

wohnen in ihren eigenen Haushalten und haben niemanden, der sie pflegen

könnte. Vorwiegend sind Frauen betroffen, da sie ihre Ehemänner bereits

überlebt haben und nun auf das immer weniger werdende Pflegepotenzial

ihrer Kinder oder Professioneller angewiesen sind.66

Außerdem ist es wichtig, die Gesundheitspolitik, das heißt die vorhandenen

ambulanten und stationären Dienste, an eine alternde Gesellschaft mit ihren

chronischen Erkrankungen anzupassen, denn das jetzige Gesundheitssys-

tem ist lediglich darauf ausgelegt, Menschen zu kurieren. Dies ist bei einem

Großteil der alten Menschen nicht mehr möglich und deshalb überflüssig.

Viel sinnvoller wäre es, Prävention und Gesundheitsförderung zu betreiben.

Um dies zukünftig durchsetzen zu können, ist eine Erhöhung des Personals

von Nöten.67

Dass der Rückgang der Gesamtbevölkerung ein Problem ist, versteht sich

von selbst und sei hier deshalb nur noch kurz erwähnt. Die Auswirkungen

kann der Bürger teilweise am eigenen Leib spüren, zum Beispiel durch die

Schließung von Bankfilialen, Postämtern, Geschäften und Arztpraxen, aber

auch durch die Reduzierung des öffentlichen Personen-Nahverkehrs und der

Zusammenlegung von Schulen. „Man überlegt bereits ernsthaft, den

´Rückbau´ oder die ´Rückentwicklung´ ganzer Gegenden“ (Lehr 2009).

Nichtsdestotrotz hat der demographische Wandel, besonders die Alterung

der Bevölkerung, auch positive Aspekte und verbirgt Chancen, von denen die

gesamte Bevölkerung profitieren kann.

65 Naegele in Kreuzer u.a. 2008: 20 66 Backes/Clemens 2008: 52 67 Naegele in Kreuzer u.a. 2008: 21

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2.1.6 Chancen des Alters

Die steigende Lebenserwartung der Menschen verursacht nicht nur Proble-

me, sondern ermöglicht die Nutzung von Ressourcen, da sie einen Gewinn

an aktiven Jahren zur Folge hat. Da viele Menschen auch im hohen Alter

noch gesund, intelligent, lernfähig und finanziell gut gestellt sind, haben sie

das Potenzial Beiträge für die Gesellschaft zu leisten.68

In der Gesellschaft gibt es viele „junge Alte“, die nicht mehr erwerbstätig sind,

da die Mehrzahl bereits mit 60 Jahren in den Vorruhestand geht. Diese 60-

jährigen verfügen somit über ein hohes Maß an Zeit,69 die sich jedoch nur

schwer selbstständig gestalten lässt, da das ganze bisherige Leben er-

werbsarbeitszentriert strukturiert war. Sie sind es gewöhnt, Teil einer Be-

schleunigungs- bzw. Dienstleistungsgesellschaft zu sein, in der man jederzeit

mobil, flexibel und erreichbar sein muss. Mit der Verrentung verändern sich

das subjektive Zeitempfinden und die tatsächlich zur Verfügung stehende

Zeit enorm, denn die älteren Menschen haben zusätzlich circa 9,75 Stunden,

die vorher die Erwerbsarbeit einnahm, zu füllen.70 Die zur Verfügung stehen-

de Zeit lässt sich in drei verschiedene Funktionsbereiche einteilen. Zum Ei-

nen gibt es öffentliche Zeit, die Erwerbszeit, die Sozialkontakte, Schule und

Studium, aber auch ehrenamtliche Tätigkeiten in Institutionen oder Vereinen

umfasst, zum Anderen eine familiäre Zeit, die den Haushalt und die Betreu-

ung von Personen beschreibt. Mit der persönlichen Zeit sind die Freizeitge-

staltungen und die psychische Regeneration gemeint. Engagiert sich ein

Mensch und hilft somit der Gesellschaft, gehört dies gemäß dieser Aufteilung

zur öffentlichen Zeit und stellt demnach eine öffentliche Ressource dar.71

Man sollte ältere Menschen daher nicht dazu verpflichten, bürgerschaftliches

Engagement zu leisten, sondern ihnen günstige Rahmenbedingungen bieten,

in denen sie selbst bestimmen können, in welchem Maße sie ihre Kompeten-

zen zur Verfügung stellen.72 Hauptsache ist, sie engagieren sich überhaupt,

denn ansonsten besteht die Gefahr, dass sie ihre Sozialkontakte und ihre

Lebensfreude verlieren, da sie kaum Gründe haben, das Haus zu verlassen.

68 Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland 2005: 29, NDV 2006: 530

69 Naegele in Kreuzer u.a. 2008: 22, Köller in Aner u.a. 2007: 129 70 Meyer 2008: 26f. 71 Köller in Aner u.a. 2007: 129 72 Köller in Aner u.a. 2007: 21

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Ferner wird es immer weniger Menschen geben, die einer Erwerbsarbeit

nachgehen, weil der Anteil an älteren Menschen gegenüber jüngeren Men-

schen stark ansteigen wird (von 34 65-jährigen im Jahr 2008 auf 67 65-

jährigen im Jahr 2060).73 Aus diesem Grund ist es, nach Auffassung der Au-

torin, unerlässlich, dass ältere Bürger sich für die Gesellschaft engagieren

und mit helfen, die vorhandenen Aufgaben zu bewältigen. Außerdem ist es

wichtig, dass die älteren Menschen ihre Kompetenzen einsetzen und weiter-

geben und selber durch bürgerschaftliches Engagement ihr Wissen erwei-

tern, da es sich hierbei um eine lebenslange Entwicklung handelt.74 Viele

Ältere wollen auch genau dies. Sie wollen aktiv am gesellschaftlichen Leben

teilnehmen, mitentscheiden und ihre Erfahrungen mit anderen Menschen

teilen, damit diese davon profitieren können.75 Besonders die jüngeren Ge-

nerationen erhalten durch das bürgerschaftliche Engagement Älterer Orien-

tierungshilfen, um in dieser stetig wandelnden Gesellschaft zu Recht zu

kommen.76 Die „aktiven Alten“ erhalten mit ihrem Engagement ihre körperli-

chen und geistigen Fähigkeiten und sorgen somit für eine höhere Lebens-

qualität. Zum Beispiel hatten über 90 % der Befragten das Gefühl etwas

Nützliches zu tun und einen engen Kontakt zu anderen Menschen zu ha-

ben.77

Die Sozialpolitik bzw. die Sozialarbeit hat nun die Aufgabe entsprechende

Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Vorstellungen der älteren Men-

schen entspricht, damit diese sich in großem Maße engagieren. Um Enga-

gement für die meisten Bürger attraktiver zu gestalten, entwickelte sich das

klassische Ehrenamt zum bürgerschaftlichen Engagement.

73 Meyer 2008: 30f. 74 Meyer 2008: 183,188 75 Expertenkommission in Bertelsmann Stiftung 2008: 341 76 NDV 2007: 484 77 Kruse/Wahl 2010: 375ff.

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2.2 Vom Ehrenamt zum bürgerschaftlichen Engagement

2.2.1 Bürgergesellschaft und Entwicklung des bürger schaftlichen En-gagements

Bevor die Entwicklung vom klassischen Ehrenamt zum bürgerschaftlichen

Engagement beschrieben wird, erläutert die Autorin zunächst den Begriff der

Bürgergesellschaft, da er für diese Entwicklung von großer Bedeutung ist.

Bürgerschaftliches Engagement kann nur in einer Bürgergesellschaft78 statt-

finden und eine Bürgergesellschaft kann nur existieren, wenn ihre Bürger

sich engagieren und aktiv mit arbeiten. Die Bürgergesellschaft ist laut Enque-

te-Kommission das Leitbild des bürgerschaftlichen Engagements.79 „Bürger-

gesellschaft beschreibt ein Gemeinwesen, in dem die Bürgerinnen und Bür-

ger auf der Basis gesicherter Grundrechte und im Rahmen einer politisch

verfassten Demokratie durch das Engagement in selbstorganisierten Verei-

nigungen und durch die Nutzung von Beteilungsmöglichkeiten die Geschicke

des Gemeinwesens wesentlich prägen können.“ (Enquete-Kommission 2002:

24)

Als diese Bürgergesellschaft entstanden ist,80 entwickelten sich zunächst

einige Genossenschaften und Vereine. Ab dem Jahr 1850 nahm die Anzahl

des privaten Engagements für Arme und Hilfebedürftige zu, die zu Gründun-

gen der verschiedensten Vereine führte, zum Beispiel Verein für Sozialpolitik

(1873), Deutscher Verein für Gesundheitspflege (1873) etc. Diese Entwick-

lung rief sowohl positive, als auch negative Konsequenzen hervor. Einerseits

gab es immer mehr Vereine, die Menschen unterstützten und in denen sich

Bürger engagieren konnten, andererseits wurde das private Engagement ein

Stück weit verdrängt und somit geriet das Subsidaritätsprinzip81 ins Wanken.

Dieses Prinzip wurde jedoch in der Krise des Wohlfahrtsstaates wieder ein-

gesetzt, so dass sich Begriffe wie der aktivierende, ermöglichende und er-

78 Die Begriffe Bürgergesellschaft und Zivilgesellschaft werden synonym genutzt 79 Embacher/Lang 2008: 19f. 80 Die Experten sind sich nicht darüber einig, ob es eine Bürgergesellschaft überhaupt

schon gibt; bestenfalls steht sie am Anfang und muss stetig weiter entwickelt werden. 81 Kleinere Einheiten haben gegenüber größeren Einheiten Vorrang, d.h. die kleinere Ein-

heit, z.B. die Kommune, sollte versuchen ihre Aufgaben und Probleme selbst zu bewälti-gen. Die größere Einheit, beispielsweise der Staat, hat hierbei jedoch die Aufgabe mög-lichst optimale Bedingungen zu schaffen, damit die Kommune in der Lage ist, ihre Aufga-ben zu erledigen. Wenn sie nicht leistungsfähig ist, müsste der Staat ihre Aufgabe über-nehmen.

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munternde Staat entwickelten, um die Verantwortungsteilung zwischen Staat

und Gesellschaft zu signalisieren. Der Staat ist kein reiner Versorgungsstaat

mehr, sondern überträgt seinen Bürgern mehr Verantwortung (aktivierender

Staat) und bietet ihnen demnach Gelegenheiten freiwillig tätig zu sein (er-

möglichender Staat).82 Das heißt, dass der aktivierende Staat Bereiche sei-

ner Zuständigkeit an die Bürger abgibt, um sie zu motivieren, bei der Befrie-

digung ihrer Bedürfnisse aktiv mit zu arbeiten. Dies soll sich auf freiwilliger

Basis mit Hilfe des Subsidaritätsprinzip ereignen.83 Erst mit dieser Trennung

von Staat und Familie, in die der Staat sich nur in Ausnahmefällen - zum Bei-

spiel bei Gewalt gegen Kinder innerhalb der Familie - einmischen darf, konn-

te sich die Bürgergesellschaft entwickeln.84 Die Aktivierung der Bürger bleibt

- zum Beispiel im Bereich Arbeit - nicht auf einer freiwilligen Ebene, denn

Menschen, die staatliche Leistungen beziehen, zwingt der Staat dazu, jegli-

che Arbeit die ihnen geboten wird, anzunehmen. Wenn sie sich dem Arbeits-

zwang verweigern, droht ihnen eine Kürzung der finanziellen Leistungen, so

dass sie gar keine andere Wahl haben, als jede (noch so schlecht bezahlte)

Arbeit anzutreten. Anstatt, dass der Staat seine Bürger aktiv bei der Arbeits-

platzsuche unterstützt, wird man nach der Ausbildung direkt in Hartz IV ein-

gestuft und mit Ein-Euro-Jobs oder Maßnahmen der „Bundesagentur für Ar-

beit“ beschäftigt. Diese zwanghafte Aktivierung des Staates hat mit der Moti-

vierung zum freiwilligen Engagement nichts mehr zu tun.85

Mit der Entwicklung der Bürgergesellschaft und des bürgerschaftlichen En-

gagements haben sich auch die Motive und Formen verändert. Auf diese

Veränderungen geht die Autorin im nächsten Unterpunkt ein.

2.2.2 Motive und Formen des bürgerschaftlichen Enga gements

In den letzten Jahrzehnten haben sich die Motive der Bürger für ein freiwilli-

ges Engagement verändert, so dass sich auch die Formen des Engagements

diesen Veränderungen anpassen mussten. Im klassischen oder traditionellen

Ehrenamt war der engagierte Bürger meistens in einer Einrichtung, Institution

oder einem Verein tätig, zu dem häufig schon ein sehr langer und intensiver

82 Schröter 2006: 7ff., Enquete-Kommission 2002: 25 83 Rüßler 2008: 1 84 Schröter 2006: 7 85 Aussagen der Verfasserin

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__________________________________________________________ 31

Kontakt bestand. Die Gründe dieses Engagements waren altruistisch, denn

es ging darum, hilfebedürftige Menschen zu unterstützen. Auf welche Art und

Weise diese Hilfe statt fand, war stark von der jeweiligen Organisation ab-

hängig. Die Bürger hatten in ihrem Engagement kein oder wenig Mitsprache-

recht.86 In Folge neuer Strukturen können die Bürger ihre Tätigkeit mit orga-

nisieren und entwickeln. Hierbei geht es ebenfalls, aber nicht ausschließlich

um Gemeinwohlorientierung. Wichtig ist auch das richtige Engagement für

sich zu finden, welches in den eigenen Lebenslauf passt und Möglichkeiten

der persönlichen und eigenen Entfaltung bietet. Da die meisten Bürger keine

oder nicht ausschließlich altruistische Beweggründe für die Übernahme einer

freiwilligen Tätigkeit haben, sind die neuen Formen häufig Projekte, die zeit-

lich begrenzt sind. Daher können die Freiwilligen ständig neue Aufgaben

entwickeln und mit verschiedenen Menschen arbeiten.87 Die neuen Formen

des bürgerschaftlichen Engagements sind vielfältig, so dass auch unter-

schiedliche Begrifflichkeiten verwendet werden. Es finden zum Beispiel Be-

griffe, wie freiwilliges Engagement, Ehrenamt und Selbsthilfe Anwendung,

die unter dem Oberbegriff „Bürgerschaftliches Engagement“, der aufgrund

der Enquete-Kommission im Jahr 2002 an Bedeutung gewonnen hat, zu-

sammengefasst sind.88 Der Begriff des freiwilligen Engagements ist vom

Freiwilligensurvey geprägt und beschreibt eine freiwillige Übernahme von

Aufgaben und Ämtern, die dem Wohl der Gemeinschaft dienen. Das Ehren-

amt umfasst dauerhafte Aufgaben, die meist stärker in eine Institution einge-

bunden und von ihr vorgegeben sind. Ehrenamtlich Tätige sind nach wie vor

immer noch sehr wichtig.89 Selbsthilfe findet in Gruppen statt, die durch ein

gemeinsames Problem gekennzeichnet sind. Die Mitglieder sprechen über

ihre Situation und sorgen somit dafür, dass das Thema enttabuisiert wird.90

Für alle Formen des bürgerschaftlichen Engagements gilt: Bürgerschaftliches

Engagement ist freiwillig, nicht auf materiellen Gewinn ausgerichtet, gemein-

wohlorientiert, findet im öffentlichen Raum statt und wird in der Regel ge-

86 Karl u.a. 2008: 15 87 Karl u.a. 2008: 15f., Rüßler 2008: 8 88 Embacher/Lang 2008: 22, Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bun-

desrepublik Deutschland 2005: 341, Rüßler 2008: 5 89 Stricker 2007: 35f.; An dieser Stelle sei erwähnt, dass diese Begrifflichkeiten in dieser

Arbeit gleichbedeutend mit dem Begriff „Bürgerschaftliches Engagement“ verwendet werden.

90 Rüßler 2008: 6f.

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__________________________________________________________ 32

meinschaftlich/kooperativ ausgeübt.91 Freiwillig ist das bürgerschaftliche En-

gagement insofern, da es keine Pflicht der Ausführung gegenüber dem Staat

gibt, wie beispielsweise beim Wehr- oder Zivildienst. Aus diesem Grund sind

die Motivation und die Qualität der Leistung der Engagierten oft besonders

groß. Bürgerschaftliches Engagement ist nicht auf materiellen Gewinn aus-

gerichtet, da das Engagement nicht mit finanziellen Mitteln bezahlt wird und

ist gemeinwohlorientiert, da die Tätigkeiten zu dem Wohl der Gesellschaft

beitragen sollen. Radikale Gruppen engagieren sich auch freiwillig, ohne auf

materiellen Gewinn aus zu sein und sind der Meinung, dass es dem Wohl

der Gemeinschaft dienen würde, wenn sie ihre Interessen durchsetzen. Die-

se Tätigkeiten sind jedoch kein bürgerschaftliches Engagement, da sie der

Bürgergesellschaft schaden und einzelne Gruppen ausschließen wollen.

Dass das bürgerschaftliches Engagement im öffentlichen Raum stattfindet,

heißt nicht, dass es auf dem Marktplatz oder in anderen staatlichen Berei-

chen stattfindet und auch nicht im familiären Bereich, sondern in einem

Raum, der transparent gemacht wird und daher für jedermann zugänglich ist.

Gemeinschaftlich und kooperativ ist es sowohl in seiner Orientierung als

auch in seiner Ausführung, denn es ist auf das Wohl einer Gruppe, die sich

aus Gesellschaftsmitgliedern zusammensetzt, gerichtet und wird in der Regel

mit anderen Engagierten getätigt.92 Die Organisationsformen für die diese

Charakteristika gelten, sind ebenfalls vielfältig.

Es gibt insgesamt sieben Formen. Das politische Engagement, das soziale

Engagement, das Engagement in Vereinen, Verbänden und Kirchen, das

Engagement in öffentlichen Funktionen, Formen der Gegenseitigkeit, die

Selbsthilfe und das bürgerschaftliche Engagement in und von Unternehmen.

Davon existieren einige traditionelle Formen bereits länger und andere sind

aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen neu dazu gekommen.

Das politische Engagement gehört eher zu den klassischen Formen des En-

gagements. Es beinhaltet die Beteiligung an der Kommunalpolitik beispiels-

weise in Gemeinderäten und die Mitarbeit in Parteien, Verbänden und Ge-

werkschaften, oder aktueller betrachtet, das Engagement in Bürgerinitiativen,

Kinder- und Jugendparlamenten, Ausländer- und Seniorenbeiräten. Die Tä-

91 Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland 2005: 341, Rüßler 2008: 3, Zippel/Kraus 2009: 201, Enquete-Kommission 2002: 38

92 Rüßler 2008: 3ff., Enquete-Kommission 2002: 38f.

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tigkeiten in Jugend- und Wohlfahrtsverbänden, in Kirchengemeinden und in

öffentlichen Einrichtungen fallen in den Bereich des sozialen Engagements.

Neuere Formen dieses Bereiches sind beispielsweise die Arbeiten im Hos-

piz, in den „Tafeln“, in AIDS-Initiativen und in den Gruppen für Asylbewerber.

Das Engagement in Vereinen, Verbänden und Kirchen umfasst Vorstandstä-

tigkeiten, Geschäftsführungs- und Leitungsaufgaben, zum Beispiel das Trai-

nieren eines Sportvereins, Leiten eines Kirchenchores etc. Diese Tätigkeiten

sind durch eine rechtliche Struktur gekennzeichnet und verlangen von ihren

Engagierten eine hohe organisatorische und betriebswirtschaftliche Qualifika-

tion. Zu den klassischen Formen gehört auch das Engagement in öffentli-

chen Funktionen - zum Beispiel Schöffen, Wahlhelfer und Richter. Dies ist

die einzige Engagementform, die man nicht unbedingt freiwillig ausübt, denn

es kann passieren, dass man schriftlich dazu aufgefordert wird, bei einer

Wahl zu helfen oder als Schöffe bei Gericht teilzunehmen. Hierzu gehören

aber auch Tätigkeiten im Rahmen des Betreuungsgesetzes, das Engage-

ment von Elternbeiräten und öffentliche Aufgaben, die von der freiwilligen

Feuerwehr, vom technischen Hilfswerk, von Rettungsdiensten, von Bürger-

vereinen und Zusammenschlüssen, die in Einrichtungen wie Museen, Biblio-

theken oder Schwimmbädern dazu beitragen, dass diese aufrecht erhalten

bleiben. Unter Formen der Gegenseitigkeit fallen die Nachbarschaftshilfe und

die Arbeit der Genossenschaften, die vor allem auf gegenseitiger Hilfe und

moralischen Grundsätzen beruhen. Die Form der Selbsthilfe beschäftigt sich

besonders mit den Bereichen Familie, Gesundheit, Arbeitslosigkeit, Migran-

ten und marginalisierten93 Gruppen und ist nicht nur Selbsthilfe, sondern

auch Unterstützung für andere Gruppenmitglieder. Das bürgerschaftliche

Engagement in und von Unternehmen beinhaltet die Mitarbeit in Interessen-

vertretungen und die Unterstützung der örtlichen Vereine und Einrichtungen

meist in Form von Geld- oder Sachspenden. Zum Beispiel spenden Firmen

häufig ihre Produkte, die ein Verein anschließend mit einer Tombola an seine

Mitglieder weitergibt und durch den Losverkauf Einnahmen erzielt. Aktueller

ist die direkte Kooperation zwischen einem Unternehmen und Projekten aus

dem Sozial-, Jugend- oder Kulturbereich.94

93 Gruppen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden 94 Embacher/Lang 2008: 23ff.

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2.2.3 Strukturwandel des bürgerschaftlichen Engagem ents

Durch die bisherigen Schilderungen des Veränderungs- und Entwick-

lungsprozesses des bürgerschaftlichen Engagements lassen sich drei Mo-

dernisierungstrends zusammenfassen: Pluralisierung, Individualisierung und

Motivwandel.95

Die Pluralisierung beschreibt die Vielfalt der Engagementformen, die sich in

den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Zu den alten, klassischen Formen

des Engagements beispielsweise in Vereinen, Parteien oder Verbänden sind

neue Formen vor allem in den Bereichen Ökologie, Kultur, Schule, Kinder-

garten, Gesundheit, Geschlechterfragen und im sozialen Bereich dazu ge-

kommen. Die alten Formen, wie zum Beispiel das klassische Ehrenamt, sind

jedoch weiterhin vertreten und werden häufig von älteren Bürgern bevorzugt.

Die „Engagementlandschaft“96 ist sehr groß und auch für diejenigen interes-

sant, die ihre Fähigkeiten weiter entwickeln wollen.

Der Prozess der Individualisierung entstand, als die Bürger aus den stän-

disch-feudalen Gesellschaftsformen entlassen und diese aufgelöst wurden.

Die selbstverständlichen Lebensformen fielen weg und jeder hatte die Auf-

gabe sein Leben eigenständig zu entwickeln. Die Lebensläufe der Menschen

waren nicht mehr determiniert, sondern im Rahmen der sozialstaatlichen Re-

gelungen individuell gestaltbar und beeinflussbar. Für ein bürgerschaftliches

Engagement werden soziale Herkunft, geschlechtsspezifische und familiäre

Rollen demnach immer unbedeutender.

Die Motive für ein bürgerschaftliches Engagement sind sehr vielfältig und

häufig eine Mischung aus Selbstbezug und Gemeinwohlorientierung. Ten-

denziell lässt sich aber zusammenfassen, dass sich ein Wandel von eher

altruistischen zu ereignis-, spaß- und selbstverwirklichungsbezogenen Moti-

ven vollzogen hat. Frauen haben den Wunsch etwas Neues zu lernen, wäh-

rend Männer lieber ihre vorhandenen Fähigkeiten nutzen möchten.97

Detaillierte Erläuterungen zu dem Motivwandel gibt es im dritten Teil dieser

Arbeit.

95 Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland 2005: 342

96 Enquete-Kommission 97 Embacher/Lang 2008: 26ff., Rüßler 2008: 8, Kruse/Wahl 2010: 386

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2.2.4 Abbruch eines Engagements

Die häufigsten Ursachen, die zu einem Abbruch des bürgerschaftlichen En-

gagements führen, sind Unstimmigkeiten über die Konzeption, Enttäuschung

von Erwartungen, Überlastung oder private Gründe, wie Veränderungen in

der Familie, Krankheit etc.

Unstimmigkeiten über die Konzeption treten meist bereits am Anfang einer

Tätigkeit auf. Das kann sich dadurch äußern, dass der Kooperationspartner

nicht auf einen Vorschlag vom engagierten Bürger eingeht, da er für dieses

Angebot keinen Bedarf sieht, aber auch darin, dass der Engagierte die An-

sprüche nicht erfüllen kann oder will. Solch eine Überforderung geschieht

häufig, wenn das freiwillige Engagement eine hauptberufliche Stelle ersetzen

soll, die eine hohe Qualifizierung voraussetzt. Auf der anderen Seite können

sich Ehrenamtliche sehr unflexibel verhalten, indem sie die Bitte, ihr Konzept

an einen besonderen Bedarf anzupassen, ablehnen. In diesen Fällen sollte

man versuchen miteinander zu reden und Lösungen zu finden. Wenn dies

nicht geschieht und man nur auf Ablehnung stößt oder unüberwindbare

Schwierigkeiten miteinander hat, macht das bürgerschaftliche Engagement

keinen Sinn. Engagierte wünschen sich von ihren Kooperationspartnern Un-

terstützung, zum Beispiel in Form von Kostenerstattungen oder der Finanzie-

rung einer Weiterbildung. Sollte dies rigoros ignoriert werden, haben die frei-

willig Tätigen oft das Gefühl, dass ihre Arbeit nicht ernst genommen und

nicht als wertvoll eingeschätzt wird. Auch die Nicht-Einhaltung von Terminen

oder anderen Verbindlichkeiten trägt dazu bei, dass die Enttäuschung größer

wird und schließlich zum Abbruch der Tätigkeit führt.

Ferner kann eine Überlastung der Engagierten Ursache des Abbruchs sein.

Die Aufgaben, die in einem Engagement anfallen, sind häufig umfangreicher

und vielfältiger als die Tätigen zuvor erwartet haben. Wenn die zur Verfügung

stehenden Kapazitäten und Kompetenzen nicht mehr ausreichen, entsteht

durch die Arbeitsbelastung ein Gefühl der Überforderung. Ein Abbruch kann

in diesem Moment nur noch vermieden werden, wenn die Überlastung durch

das Kompetenzteam98 aufgefangen wird.99

98 Gruppe von Engagierten, die an demselben Angebot mitwirken 99 Karl u.a. 2008: 52ff.

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__________________________________________________________ 36

Um die Gründe für einen Abbruch des Engagements genauer zu veran-

schaulichen, wird an dieser Stelle ein Beispiel gegeben: Herr R. ist gelernter

Schreiner und mit 60 Jahren in den Ruhestand gegangen. Da er sich noch

jung und fit fühlt und sein Wissen gerne an jüngere Menschen weitergeben

möchte, beschließt er sich für Jugendliche einzusetzen und mit ihnen einen

Schnitzkurs zu machen. Er stellt vor diesem Hintergrund sein Konzept in der

kommunalen Verwaltung vor und bekommt dort die Information, sich beim

örtlichen Kinder- und Jugendheim zu melden. Der Heimleiter ist von Herrn

R.’s Idee begeistert und verspricht, ihn zu unterstützen. Als Herr R. jedoch

erfährt, dass es sich um verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche handelt,

kommen ihm Zweifel, ob er dieser Aufgabe gewachsen ist. Auch die Anzahl

der Kinder und Jugendlichen macht Herrn R. Angst. Er hat sich einen Kurs

mit zehn Teilnehmern vorgestellt, doch der Heimleiter möchte 20 Kinder und

Jugendliche beteiligt wissen. Die Heimleitung überzeugt ihn schließlich und

verspricht nochmals ihre Unterstützung, wenn es Probleme gibt. Die Kom-

mune stellt Herrn R. kostenlos einen Werkraum zur Verfügung, ist jedoch

nach langen Verhandlungen nicht bereit, die vielen Holzmaterialien zu be-

zahlen. Herr R. greift demnach in die eigene Tasche um sein Konzept umzu-

setzen. In den ersten beiden Treffen fühlt sich Herr R. aufgrund der großen

Anzahl verhaltensauffälliger Kinder stark überfordert und bittet die Heimlei-

tung einen Angestellten mit zu schicken, der ihn unterstützen soll. Einen

Hauptberuflichen für diesen Kurs freizustellen ist jedoch nicht möglich, so

dass Herr R. sich weiterhin alleine behaupten muss. Nach einigen Wochen

kommen lediglich vier Teilnehmer zu dem Kurs, was Herrn R. das Gefühl

gibt, dass sein Kurs auf Desinteresse stößt. Herr R. merkt, dass dieses En-

gagement ihm von Anfang an keine Freude bereiten konnte, da er die Mate-

rialien selber zur Verfügung stellen muss, keine Unterstützung von der Heim-

leitung bekommt und ihm nicht genug Interesse entgegen gebracht wird.

Dies wächst zu einem Gefühl der Überforderung und Enttäuschung, so dass

Herr R. dieses Engagement schließlich aufgibt.100

Dem Ausscheiden aus einem Engagement sollte genauso Beachtung ge-

schenkt werden, wie dem Beginn der Tätigkeit. Wer ausscheidet, hat das

100 Beispiel der Verfasserin

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Recht ordentlich verabschiedet zu werden und einen Nachweis über seine

Tätigkeiten zu bekommen.101

Wie im Folgenden dargestellt wird, kann das bürgerschaftliche Engagement

in einigen Punkten auch kritisiert werden.

2.2.5 Kritik am bürgerschaftlichen Engagement

Bürgerschaftliches Engagement kann sich nicht jeder leisten, denn es wird in

der Regel nicht finanziell honoriert. Im Gegenteil, oft fallen zusätzliche Kos-

ten an, beispielsweise für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Telefon-

kosten etc. Wenn die Arbeit jedoch vergütet würde, bestünde die Gefahr,

dass das Engagement zu einem ungeschützten Beschäftigungsverhältnis

würde. Auch die eigenständige Gestaltung ist nicht immer so frei, wie sie

dargestellt wird, denn häufig grenzen die Träger oder die hauptberuflichen

Mitarbeiter sie ein. Wenn man die Ideen und Interessen der Freiwilligen nicht

ausreichend berücksichtigt, könnten diese sich ausgenutzt fühlen. Es ist

demnach wichtig darauf zu achten, dass die Wünsche der Engagierten Ge-

hör finden und das Engagement Platz für Selbsthilfe zulässt und nicht aus-

schließlich auf die Interessen der Organisation oder der Klienten ausgelegt

sind. Kritikwürdig ist ebenfalls, dass nicht alle älteren Menschen aufgrund

ihrer Bildung, Herkunft etc. einen Zugang zu einem bürgerschaftlichen Enga-

gement haben.102 Wie bereits erwähnt, hat die Sozialarbeit die Aufgabe diese

Chancenungleichheit auszugleichen.

Da nun die Entwicklung vom klassischen Ehrenamt zum bürgerschaftlichen

Engagement, der aktuelle Begriff der Bürgergesellschaft und des bürger-

schaftlichen Engagements mit seinen vielfältigen Formen, der Strukturwan-

del, die Gründe für einen Abbruch des Engagements und die Kritik am bür-

gerschaftlichen Engagement beschrieben wurden, stellt die Verfasserin im

nächsten Teil Zahlen vor, die aufzeigen, wer sich in welchem Ausmaß und in

welcher Form engagiert und wie sich diese Statistiken im Laufe der letzten

Jahre entwickelt haben. Dies soll Aufschlüsse darüber geben, ob die Ent-

wicklung vom klassischen Ehrenamt zum bürgerschaftlichen Engagement

101 Rüßler 2008: 14 102 Backes in Schroeter 2006: 86f.

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bereits dazu beigetragen hat, dass sich mehr, vor allem ältere Menschen,

engagieren und an welchen Stellen noch weiterer Entwicklungsbedarf be-

steht.

2.3 Statistiken - Ausmaß des bürgerschaftlichen Eng age-ments älterer Menschen

Grundlage für die Vorstellung der Statistiken sind die drei Freiwilligensurveys

bzw. ein Engagementmonitor des dritten Freiwilligensurveys, da der umfas-

sende Gesamtbericht erst im Sommer 2010 veröffentlicht wird. Überlegun-

gen, den Alterssurvey ebenfalls in das Kapitel einzubeziehen, verwarf die

Verfasserin, da auch dieser noch nicht veröffentlicht ist und es keinen vorläu-

figen Bericht gibt. Die Zahlen des Freiwilligensurveys sind daher aktueller

und geben, laut Auffassung der Autorin, ausreichende Informationen über

das Ausmaß des bürgerschaftlichen Engagements älterer Menschen.

Auftraggeber: BMFSFJ

Erhebungszeit: April–Juli 1999/2004/2009

Methode: Telefonische Befragung (CATI)

Befragte: 1999 und 2004 je N=15.000, 2009 N=20.000 deutschsprachige Wohnbevölkerung in Privathaushalten (ab 14 Jahren), geschich-tete Zufallsstichprobe nach ADMStandard

Ziele: Umfragegestützte Dauerberichterstattung durch repräsentative Erfassung der öffentlichen Beteiligung und des freiwilligen En-gagements in seinen verschiedenen Bereichen, Formen und Prob-lemlagen

Tabelle 5: Steckbrief. Monitor Engagement 2010: 8

Der Freiwilligensurvey ist die größte aktuelle Untersuchung, die landesweite

Informationen zum bürgerschaftlichen Engagement zur Verfügung stellt. Um

diese Informationen repräsentativ darstellen zu können, wird er seit 1999 alle

fünf Jahre vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

mit einer telefonischen Befragung der deutschen Bevölkerung im Alter ab 14

Jahre beauftragt. Bei der Umfrage in diesem Jahr befragte man mehr als

20.000 Personen zu ihren Motiven, Verbesserungsvorschlägen, zu der Be-

endigung des Engagements und zum Engagementpotenzial. Diese Ergeb-

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nisse sind für die Politik sehr wichtig, denn sie können die Strategien ihrer

Engagementförderung danach richten und wissen somit besser, wie sie sich

verhalten müssen, um möglichst viele Bürger zu erreichen.

Bei der Betrachtung der Ergebnisse ist zu beachten, dass laut Freiwilligen-

survey auch Tätigkeiten in selbstorganisierten Gruppen, Initiativen und Pro-

jekten zum bürgerschaftlichen Engagement zählen, jedoch nicht die private

Unterstützung in der Familie oder im Freundeskreis, da dies nicht in der Öf-

fentlichkeit stattfindet.103

2.3.1 Tatsächliche und mögliche Engagementquote

Die Engagementquote wird ermittelt, indem man die Teilnehmer befragt, ob

sie eine freiwillige Tätigkeit ausüben. Auch wenn diese Person zwei oder

mehrere Tätigkeiten ausführt, wird sie nur einmal berücksichtigt. So kam es,

wie in Abbildung 8 zu sehen, im Jahr 1999 zu dem Ergebnis, dass sich 34 %

der Befragten engagierten. Bei den nächsten beiden Datenerhebungen 2004

und 2009 waren jeweils 36 % der in Deutschland lebenden Bevölkerung eh-

renamtlich tätig.

Abbildung 8: Freiwillig Engagierte. Monitor Engagement 2010: 16

Mit diesen Ergebnissen liegt der Freiwilligensurvey im mittleren Bereich der

unterschiedlichsten Datenerhebungen. Ausschlaggebend für die verschiede-

nen Ergebnisse sind die Untersuchungsmethoden. Denn je mehr man eine

Definition der freiwilligen Tätigkeit vorgibt, desto kleiner fällt die

103 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Monitor Engagement 2010: 5ff.

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Engagementquote aus. Je größer das Feld des bürgerschaftlichen Engage-

ments ist, desto höher auch die Engagementquote. Im Freiwilligensurvey

werden demnach nicht nur die klassischen Ehrenämter, die häufig von Män-

nern ausgeführt werden, sondern auch weniger formelle Tätigkeiten berück-

sichtigt, die überwiegend Frauen durchführen.

Außerdem könnten sich, laut Abbildung 9, zusätzlich zu den 34 % der Enga-

gierten, 37 % der Bevölkerung vorstellen, eine freiwillige Tätigkeit zu über-

nehmen. Diese Anzahl wuchs seit 1999 stetig. Im Jahr 1999 zogen lediglich

26 % in Erwägung ein bürgerschaftliches Engagement zu übernehmen und

32 % im Jahr 2004. Jedoch weiß man nicht, ob sich diese Menschen auch

tatsächlich irgendwann engagieren, da der Anteil derjenigen, die bestimmt

bereit sind eine freiwillige Tätigkeit zu übernehmen, von 1999 bis 2009 nur

um einen Prozentpunkt gestiegen ist, nämlich von 10 % auf 11 %. Positiv zu

betrachten ist die gesunkene Zahl derjenigen, die sich auf keinen Fall enga-

gieren möchten. Addiert man die Zahl der bereits Engagierten mit der Zahl

der bestimmt und der eventuell Bereiten, erfährt man, dass 1999 noch 40 %

der Bevölkerung nicht zum Engagement bereit war, im Jahr 2009 jedoch nur

noch 27 %.104

Abbildung 9: Freiwilliges Engagement und Bereitschaft. Monitor Engagement 2010: 22

104 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Monitor Engagement 2010: 16f.

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2.3.2 Engagementbereiche

Die Engagierten üben ihre Tätigkeiten in sehr vielen unterschiedlichen Berei-

chen aus. Der Bereich des Sports und der Bewegung bleibt dabei in allen

drei Erhebungen der Größte. Seit 2009 engagieren sich freiwillig Tätige auch

zunehmend in Kindergärten und Schulen sowie in dem Bereich Religion und

Kirche. Des Weiteren sind sie in den Bereichen Freizeit und Geselligkeit, Kul-

tur, Kunst und Musik, Soziales, berufliche Interessenvertretung, Natur- und

Umweltschutz, Jugendarbeit und Erwachsenenbildung, lokales Bürgerenga-

gement, Freiwillige Feuerwehr und Rettungsdienste, politische Interessenver-

tretung, Gesundheit und Kriminalitätsprobleme tätig. Von der ersten bis zur

dritten Datenerhebung hat besonders das Engagement in den sozialen Be-

reichen (4,1 % auf 5,2 %), im gesundheitlichen Bereich (1,2 % auf 2,2 %), in

Kindergärten und Schulen (5,9 % auf 6,9 %) und in der Jugendarbeit und

Erwachsenenbildung (1,6 % auf 2,6 %) zugenommen. Verantwortlich für den

Anstieg dieser Zahlen sind die Familien und älteren Bürger, denn Menschen

engagieren sich in den Bereichen, die sie interessieren und die etwas mit

ihrer derzeitigen Lebenssituation zu tun haben. Durch den demographischen

Wandel wird es zunehmend mehr ältere und weniger junge Menschen ge-

ben, so dass den Engagementbereichen, die vorwiegend von Jüngeren ab-

gedeckt werden, wie zum Beispiel die Freiwillige Feuerwehr und Rettungs-

dienste, im Laufe der Jahre der Nachwuchs fehlt.105

105 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Monitor Engagement 2010: 17ff.

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2.3.3 Verlässlichkeit des Engagements

Abbildung 10: Dauer der freiwilligen Tätigkeit. Monitor Engagement 2010: 20

Positiv ist jedoch, dass die Menschen, die sich engagieren, ihre Aufgabe

sehr gewissenhaft mit einer hohen Verbindlichkeit absolvieren. In Abbildung

10 lässt sich erkennen, dass die Engagierten ihre freiwilligen Tätigkeiten im

Durchschnitt seit 10 Jahren ausführen. Die Altersgruppe 66 Jahre und älter

übernehmen ihre Aufgaben im Durchschnitt bereits seit 17,8 Jahren. Laut der

neuesten Datenerhebung führen 30 % aller Befragten ihre Tätigkeiten mehr-

mals die Woche aus, das heißt, dass ihr Engagement sehr zeitaufwendig ist,

jedoch trotzdem sehr regelmäßig und verlässlich durchgeführt wird (siehe

Abbildung 11).

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Abbildung 11: Häufigkeit der freiwilligen Tätigkeit. Monitor Engagement 2010: 20

Hinzu kommt, dass das Aufnehmen eines Engagements für Jugendliche oder

junge Frauen sehr schwierig ist, denn die Jugendlichen sind häufig in ihrer

Ausbildungs- und Berufseinmündungsphase hohem Druck ausgesetzt und

die Frauen meist mit ihrem Beruf und der Versorgung der Familie ausgelas-

tet. Umso beeindruckender ist, dass sich die Anzahl der Engagierten von

2004 nicht negativ verändert hat.106

2.3.4 Engagement älterer Menschen

Eine Erklärung für die unveränderte Zahl der freiwillig Tätigen (36 % im Jahr

2004 und 2009) ist, laut Meinung der Verfasserin, die wachsende Zahl der

älteren Engagierten. Besonders in der Altersklasse ab 60 Jahre ist das En-

gagement von 1999 bis 2009 deutlich gestiegen. 31 % der 60- bis 69-

jährigen waren bereits im Jahr 1999 bürgerschaftlich engagiert. Diese Zahl

stieg bis 2009 um 6 % auf 37 % an. Auch in der Altersklasse der über 70-

jährigen gab es einen Anstieg um 5 %, nämlich von 20 % im Jahr 1999 auf

25 % im Jahr 2009 (siehe Abbildung 12). Dies zeigt, dass immer mehr Ältere

dazu bereit sind, sich bis ins hohe Alter - etwa bis 75 Jahre - zu engagieren

und sich in die Bürgergesellschaft einzubringen. Gründe dafür sind nicht nur

die zunehmende körperliche und geistige Gesundheit älterer Menschen,

106 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Monitor Engagement 2010: 19ff.

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__________________________________________________________ 44

sondern auch der Wunsch nach Anerkennung, Partizipation und Herausfor-

derung.107

Abbildung 12: Engagierte nach Altersgruppen. Monitor Engagement 2010: 32

Interessant ist es zu erfahren, ob die ältere Generation sich einige Jahre

nach der ersten Datenerhebung weiterhin engagiert. Da zwischen dem ers-

ten und dem dritten Freiwilligensurvey bereits 10 Jahre liegen, beschäftigt

sich die aktuelle Datenerhebung auch mit diesem Thema.

107 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Monitor Engagement 2010: 32f.

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Abbildung 13: Freiwilliges Engagement nach Altersgruppen. Monitor Engagement 2010: 34

Verglichen wurde dazu die Altersgruppe der 55- bis 59-jährigen, die im Jahr

2009 zu der Altersklasse der 65- bis 69-jährigen gehört. Wie in Abbildung 13

zu sehen ist, bleibt das bürgerschaftliche Engagement in dieser Altersklasse

unverändert auf 37 %. Das Engagement der nächsten Altersgruppe, der im

Jahr 2009 70- bis 74-jährigen nimmt leicht ab, von 32 % auf 30 %. Erst in der

Gruppe der über 75-jährigen, die 1999 zu der Gruppe der 65- bis 69-jährigen

gehörten, nimmt das Engagement um 9 % deutlich ab. Das hängt häufig da-

mit zusammen, dass die körperliche und geistige Fitness langsam nachlässt

und man die übrige Zeit lieber für sich und seine Familie nutzen möchte.108

Die Gründe für die Beendigung eines bürgerschaftlichen Engagements kön-

nen jedoch auch anderer Natur sein. 34 % der westlichen Befragten im Alter

ab 60 Jahre gaben im Jahr 2004 an, dass bezogen auf die persönlichen

Gründe, gesundheitliche Probleme ausschlaggebend sind, ein Engagement

abzubrechen. Weitere Gründe sind die familiäre Situation, die berufliche Si-

tuation, Umzug oder die zeitliche Begrenzung der Tätigkeit (siehe Abbildung

14).

108 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Monitor Engagement 2010: 34f.

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Abbildung 14: Persönliche Gründe des freiwilligen Engagements. Gensicke u.a. 2006: 278

Verbunden mit der Tätigkeit sind die Gründe eines Abbruchs vielfältig. Die

westlichen Befragten geben mit 27 % als Hauptgrund an, dass die Aufgabe

zu zeitaufwendig sei, für die im Osten lebenden Bürger ist der Hauptgrund

die Auflösung der Gruppe bzw. Organisation. Weitere Gründe sind, wie in

Abbildung 15 zu sehen, zu wenig Engagierte, Überforderung, Probleme mit

Hauptamtlichen, Probleme in der Gruppe, eigene Vorstellungen nicht um-

setzbar, Gefühl der Ausnutzung, Finanzierungsstopp und zu hohe Kosten für

die Tätigkeit.109

Abbildung 15: Gründe bezogen auf freiwillige Tätigkeit. Gensicke u.a. 2006: 279

Sinnvoll ist es die Gründe für die Beendigung eines Engagements zu unter-

suchen, denn nur so können die Kommunen und ihre Mitarbeiter erfahren,

109 Gensicke in Gensecke u.a. 2006: 278f.

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__________________________________________________________ 47

welche Situationen sie besonders verbessern müssen. Auffällig ist, dass je-

weils 11 % angaben, sich überfordert zu fühlen und Probleme mit den

Hauptamtlichen zu haben. Diese beiden Gründe hängen vermutlich zusam-

men, denn wenn die Zusammenarbeit mit den Hauptamtlichen nicht funktio-

niert, fühlen sich die Engagierten häufig alleine gelassen, wodurch schnell

ein Überforderungsgefühl entsteht. Ein Engagement kann demnach nur funk-

tionieren, wenn die Hauptamtlichen mit den freiwillig Engagierten zusammen

arbeiten und ihnen jederzeit Unterstützung bieten.

Die demographischen und gesellschaftlichen Entwicklungen haben zur Fol-

ge, dass die deutschen Bürger immer bunter, älter und weniger werden. Die-

se Tatsache verursacht einige Probleme, zum Beispiel die weitere Aufrecht-

erhaltung des deutschen Rentensystems. Allerdings bietet der demographi-

sche Wandel auch Chancen, denn die steigende absolute Zahl der älteren

Menschen bedeutet gleichermaßen eine Erhöhung des Potenzials und der

Engagementbereitschaft, denn die Älteren engagieren sich häufiger als die

jüngere Generation. Senioren sind geprägt durch viele unterschiedliche Er-

fahrungen, sind intelligent, lernfähig und haben Zeit freiwillig tätig zu sein. Sie

möchten in der Gesellschaft integriert sein und freuen sich, wenn sie die

Möglichkeit bekommen, ihr Wissen weiter zu geben.

Um diese Ressourcen optimal nutzen zu können, muss sich das klassische

Ehrenamt zum modernen bürgerschaftlichen Engagement entwickeln, denn

die Motive und Ansprüche der heute älteren Menschen, haben sich verän-

dert. Nur noch Wenige sind bereit, sich für ihr Engagement aufzuopfern ohne

selber einen positiven Nutzen davon zu haben. Um die Anzahl der engagier-

ten Senioren zu halten bzw. zu erhöhen, müssen sich die Formen des bür-

gerschaftlichen Engagements den Bedürfnissen der Senioren anpassen.

Damit die kommunale Politik jedoch möglichst optimale Rahmenbedingungen

schaffen kann, bieten die Untersuchungen des Freiwilligensurveys sinnvolle

Unterstützung, denn er gibt Aufschluss darüber, dass sich vor allem ältere

Menschen bis circa zum 75ten Lebensjahr engagieren. Über die Verlässlich-

keit der Senioren braucht sich die Kommune keine Gedanken zu machen,

denn die älteren Bürger sind sehr zuverlässig, wenn ihnen geeignete Rah-

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menbedingungen zur Verfügung stehen. Zum Abbruch eines Engagements

kommt es jedoch auch, wenn Hauptamtliche die Engagierten nicht ausrei-

chend unterstützen.

Wer diese theoretischen Grundlagen ernst nimmt und sich und seine Rah-

menbedingungen immer wieder hinterfragt, dem gelingt es, die Potenziale

der Älteren für die Gesellschaft sinnvoll zu nutzen und den Akteuren dabei

viel Freude zu bereiten. Wie eine Kommune dies umsetzen kann, wird am

Beispiel der Stadt Arnsberg nachfolgend dargestellt.

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__________________________________________________________ 49

3 Bürgerschaftliches Engagement in der Stadt Arnsberg

Das folgende Kapitel ist auf die Stadt Arnsberg fokussiert, da die Verfasserin

dieser Arbeit selbst dort lebt und diese Stadt bereits gute Konzepte und Me-

thoden erarbeitet hat, sich mit Hilfe des Engagements älterer Menschen dem

demographischen Wandel anzupassen.

Für dieses kommunale Konzept zeichnete man die Stadt in den letzten Jah-

ren bereits mehrfach aus. Unter anderem erhielt sie im Januar 2005 den Titel

„Soziale Stadt 2004“ durch den Bundesverband für Wohneigentum und

Stadtentwicklung e.V. Berlin für das Arnsberger Senioren-Netzwerk, errang

im Mai 2006 den zweiten Platz des Landespräventionspreises des Innenmi-

nisteriums und der Polizei NRW zum Thema „Schutz älterer Menschen vor

Kriminalität“, die Publikation des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-

Westfalen im Juni 2006 zum Thema „Das gute Gefühl im Alter gebraucht zu

werden“ und bekam im Oktober 2006 den Otto-Mühlschlegel-Preis der Ro-

bert-Bosch-Stiftung für das Netzwerkkonzept „Zukunft Alter - Leben, Woh-

nen, Altern“.110

Um in die Verhältnisse der Stadt Arnsberg einzuführen, wird zunächst die

demographische Situation dargestellt, um dem Leser einen Eindruck davon

zu vermitteln, wo Arnsberg liegt, wie diese Stadt aufgebaut ist, wie viele Ein-

wohner sie hat und wie sie sich in Zukunft voraussichtlich entwickelt. Im

nächsten Punkt wird die Veränderung der Dienste bzw. der Angebote thema-

tisiert, mit welchen Konzepten und Methoden die Stadt momentan arbeitet

und welche Ziele sie damit verfolgt. Die Arbeit der „Fachstelle Zukunft Alter“

der Stadt Arnsberg wird ebenfalls in diesem Kapitel erläutert, denn diese ist

die Hauptanlaufstelle für ältere Menschen, die sich in Form von Projekten

bürgerschaftlich engagieren möchten. An einigen dieser Projekte hat auch

die Verfasserin teilgenommen, so dass sie ihre Erfahrungen in diesem Teil

der Diplomarbeit aufzeigt und ein besonders gelungenes Projekt hervorhebt,

indem sie es intensiver beschreibt. Zum Abschluss dieses Kapitels führt die

Verfasserin Interviews zum Thema „Motivation des bürgerschaftlichen Enga-

110 Polenz in Gottwald/Löwer 2009: 166

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gements“ mit den älteren Engagierten und einem Mitarbeiter der „Fachstelle

Zukunft Alter“ der Stadt Arnsberg durch um die Ergebnisse mit fachliterari-

scher Unterstützung aufzuzeigen.

3.1 Demographische Situation der Stadt Arnsberg

Die Stadt Arnsberg entstand vor 35 Jahren aufgrund einer Gebietsreform, die

die bis dahin selbstständigen Städte Arnsberg und Neheim-Hüsten zusam-

menfügte. Jeder dieser beiden Stadtteile hatte vor der Zusammenlegung ein

eigenes Krankenhaus, eine eigene Schützenhalle, seine Schulen und Kin-

dergärten, Sportstätten, Kirchen, Alten- und Jugendeinrichtungen, Bäder und

Einkaufszentren. Leider lagen diese Städte in einem Wettstreit, so dass mög-

lichst viele Angebote geschaffen wurden, dabei jedoch nicht auf Qualität ge-

achtet wurde. Ab dem Jahr 1975 gab es, im Zuge der kommunalen Neuglie-

derung, den Stadtteil Neheim im Nordwesten, Alt-Arnsberg im Südosten und

zwölf umliegende kleinere Ortsteile (siehe Abbildung 16). Ab diesem Zeit-

punkt achtete man darauf, das Konkurrenzdenken dieser beiden Teile zu

beenden, indem man sich die Aufgaben gemäß den jeweiligen Stärken auf-

teilte. Auf diese Weise ließ sich die Lebensqualität der gesamten Stadt ver-

bessern.111 Arnsberg gehört zum Hochsauerlandkreis und besteht zu 60 %

aus ökologisch wertvollen Waldgebieten, die zur Erholung einladen.112

Abbildung 16: Die Stadt Arnsberg und ihre Stadtteile. Stadt Arnsberg 2003: 8

111 Gerwin u.a. in Kreuzer u.a. 2008: 203 112 Polenz in Gottwald/Löwer 2009: 165f.

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Insgesamt hat die Stadt Arnsberg 79.665 Einwohner (Stand 2009), die sich

auf 15 Stadtteile verteilen.113 Jedoch schwankte diese Einwohnerzahl in den

letzten 40 Jahren deutlich. Nach einem Absinken der Bevölkerungszahl stieg

sie in der ersten Hälfte der 90er Jahre stark an. Dies ist vor allem auf die Zu-

wanderungen aus Ostdeutschland nach der Öffnung der Grenze, aber auch

auf die Zuwanderungen aus dem ehemaligen Jugoslawien im Zusammen-

hang mit dem dortigen Bürgerkrieg zurück zu führen. Seit Mitte der 90er Jah-

re ist die Einwohnerzahl rückläufig, da die Anzahl der Menschen im fortge-

schrittenen Alter in der Stadt deutlich zunimmt, diese jedoch ausscheiden

und nicht genug junge Menschen nachkommen.114 Das Durchschnittsalter

lag im Jahr 2007 bei 42,9 Jahre und erhöht sich bis 2025 auf 46,9 Jahre.

Dementsprechend steigt der Altenquotient um 9 % auf 48,2 % und der Ju-

gendquotient sinkt bis zum Jahr 2025 um 5 % auf rund 32 %. Auch die An-

zahl der Hochaltrigen (80 Jahre und älter) nimmt stark zu. Von 5,2 % im Jahr

2007 auf 8,2 % im Jahr 2025.115

Weiterhin hat Arnsberg mit der Stadt-Umland-Problematik zu kämpfen, die

sonst eher für Großstädte typisch ist. Das bedeutet, dass rund ein Viertel der

Abwanderungen Umzüge ins Umland von Arnsberg sind, zum Beispiel Rich-

tung Ense, Möhnesee, Sundern und Meschede. Diese Entwicklung hat in

den vergangenen Jahren ebenfalls zu Einwohnerverlusten geführt. Progno-

sen zufolge beläuft sich der Verlust bis 2025 auf 9,4 %, jedoch ist anzuneh-

men, dass dieser Verlust in den umliegenden Ortsteilen wie Bachum, Bruch-

hausen und Herdringen nicht so stark ausfallen wird, wie in den größeren

Stadtteilen Hüsten, Neheim, Alt-Arnsberg und Oeventrop. Dies liegt an der

politischen Entscheidung, in den oben genannten Ortsteilen, Baugebiete zu

entwickeln.116

Auch in Arnsberg gibt es einen hohen Anteil an Einpersonenhaushalten (37,9

%), der sogar höher ist als die Zahl der Haushalte mit Kindern (29 %).117

Diese Entwicklungen stellen die Stadt Arnsberg vor eine große Herausforde-

rung, die nur bewältigt werden kann, wenn Arnsberg sich durch eine verbes-

serte Familien-, Schul- und Bildungspolitik, sowie einer intensiven Kulturar-

113 Stadt Arnsberg Einwohnerstatistik 2009 114 Stadt Arnsberg 2003: 8 115 Bertelsmann-Stiftung Demographiebericht 2007: 3f. 116 Stadt Arnsberg 2003: 9ff. 117 Bertelsmann-Stiftung Demographiebericht 2007: 5

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beit profiliert und ihre Dienste, Angebote und Rahmenbedingungen an den

demographischen Wandel anpasst.118 Dabei ist sie auf die Mithilfe ihrer Se-

nioren angewiesen, da sie Erfahrung, ein hohes Bedürfnis an Mitsprache und

vor allem Zeit haben, denn lediglich 35,3 % der 55- bis 64-jährigen119 sind

erwerbstätig.

Die Stadt Arnsberg hat die wertvollen Ressourcen dieser Altersgruppe er-

kannt und gibt sich daher große Mühe, den älteren Teil ihrer Bevölkerung in

die Arbeit der Kommune zu integrieren. Dies setzt sie auf der Grundlage des

ganzheitlichen Partizipationsprinzips um, welches im nächsten Schritt vorge-

stellt wird.

3.2 Ganzheitliches Partizipationsprinzip der Stadt Arnsberg

Unter dem ganzheitlichen Partizipationsprinzip der Stadt Arnsberg ist ein ge-

samtstrategisches Konzept zu verstehen, welches auf Dauer angelegt, ge-

samtstädtisch ausgerichtet ist und einen partizipatorischen, unterstützenden

und Generationen verbindenden Ansatz verfolgt. Mit diesem Konzept verfolgt

die Stadt Arnsberg das Ziel, die Potenziale der Älteren für die Kommune und

für alle, die in ihr leben zu nutzen, den älteren Menschen Verantwortung zu

übergeben und ihnen die Möglichkeit zu bieten, in Bereichen des städtischen

Lebens teilnehmen zu können. Außerdem möchte Arnsberg ausreichend

Versorgungs- und Unterstützungsmöglichkeiten für ältere Menschen und de-

ren Familien einrichten, damit jeder Mensch möglichst lange ein selbststän-

diges und selbstbestimmtes Leben führen kann.120 Die Erreichung dieser

Ziele bedeutet viel Arbeit und beinhaltet einige Voraussetzungen bevor das

Konzept optimal umgesetzt werden kann.121 Die erste Voraussetzung ist die

frühzeitige Einbeziehung der Bürger in eine offene Kommunikation zwischen

ihnen, der Verwaltung und der Politik. Entscheidungen, die die Bürger direkt

betreffen, sollten nicht allein in politischen Gremien geklärt werden, sondern

unter Einbezug aller Betroffenen, denn nur so können neue und bessere Lö-

118 Stadt Arnsberg 2003: 21 119 Bertelsmann-Stiftung Demographiebericht 2007: 4 120 Stadt Arnsberg - „Fachstelle Zukunft Alter“ Gerwin/Polenz 2010: 1 121 Aussagen der Verfasserin

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sungsansätze entstehen. Außerdem werden Bürger neue Projekte, an deren

Entscheidungsfindung sie selbst beteiligt waren, besser akzeptieren und viel-

leicht sogar an ihrer Umsetzung mitwirken. Diese Teilnahme erreicht man

zum Beispiel durch Umfragen. Anfang der 90er Jahre gründete man den

„Seniorenbeirat der Stadt Arnsberg“, der die Interessen der älteren Men-

schen vertritt und viele Projekte auf der Grundlage des partizipatorischen

Ansatzes begleitet und entwickelt. Gleichzeitig wurden alle Arnsberger ab

dem 50sten Lebensjahr zu der Gestaltung ihres Lebens im Alter befragt. Die-

se Befragung führte zu einer öffentlichen, teilweise auch kritischen Diskussi-

on über die Auswirkungen des demographischen Wandels und trug dazu bei,

dass die Bürgergesellschaft sich ab diesem Zeitpunkt mit dem Thema inten-

siv in Form von Zeitungsberichten, Leserbriefen, Diskussionsrunden, Reden,

Vorträgen und Projekten befasste. Des Weiteren ergaben sich aus dieser

Befragung viele Erwartungen, die die Menschen an ihr Leben im Alter haben.

Beispielsweise möchten sie im Alter nicht alleine leben, bis zum Lebensende

für die Gesellschaft wichtig sein und „dazu gehören“. Sie wünschen sich

Respekt und Anerkennung, einen guten Umgang zwischen den Generatio-

nen und das ihnen ihre Offenheit und Neugier erhalten bleibt. Diese Erkennt-

nisse werden in regelmäßigen Abständen überprüft und für die Entwicklung

eines ganzheitlichen Konzepts verwendet. Da Menschen sich verändern,

entwickeln sich auch ihre Wünsche und Ideen weiter. Dies bedeutet, dass die

Kommune ihr Konzept immer wieder neu gestalten und anpassen muss. Eine

Weiterentwicklung erfolgt auch in diesem Jahr.

Ebenfalls ist ein Umdenken des Selbstverständnisses innerhalb der Verwal-

tung erforderlich. Arnsberg muss zur Bürgerkommune werden, das heißt,

wenn Arnsberg eine attraktive Stadt mit Zukunft sein möchte, muss sich die

Verwaltung darauf einlassen, die Interessen der Bürger mit einzubeziehen

und gemeinsam mit ihnen die Stadt zu gestalten. Um diese Ideen umsetzen

zu können, sollte jeder Einwohner die Möglichkeit haben, Probleme oder An-

regungen zeitnah mit dem zuständigen Verwaltungsmitarbeiter zu bespre-

chen. Alle Verwaltungsmitarbeiter von der Notwendigkeit des Umdenkens zu

überzeugen ist ein schwieriges Unterfangen, denn viele Menschen halten,

aus den verschiedensten Gründen, lieber an ihren Strukturen fest. Jedoch

stellte die Stadtverwaltung schnell fest, dass eine Weiterentwicklung des

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Selbstverständnisses allein nicht ausreichend ist, um den Ansprüchen der

Bürger gerecht zu werden. Die Idee, einen Mitarbeiter aus einem bestimmten

Fachbereich mit den Auswirkungen des demographischen Wandels zu be-

auftragen, wurde abgelehnt. Stattdessen entschloss man sich dazu, die

„Fachstelle Zukunft Alter“ zu gründen und sie dem Bürgermeisteramt zuzu-

ordnen. Das heißt, dass die „Fachstelle Zukunft Alter“, die der „Zukunfts-

agentur“ angegliedert ist, aus der Fachbereichsstruktur herausgenommen

und den anderen Fachbereichen übergeordnet wurde. Daraus wird deutlich,

wie wichtig das Thema des demographischen Wandels ist. Ferner wird hier-

mit symbolisiert, dass die Gestaltung einer Stadt zu Zeiten des demographi-

schen Wandels niemals nur einen Fachbereich betrifft, sondern immer meh-

rere. Mit dieser übergeordneten Rolle hat die „Fachstelle Zukunft Alter“ die

Chance, auf die einzelnen Fachbereiche einzuwirken.122 Mit dieser Verwal-

tungsaufstellung ist Arnsberg ein Exot. Kaum eine andere Kommune hat ihre

Verwaltung auf diese Art und Weise aufgestellt, sondern wie üblich in Fach-

bereiche aufgeteilt, die sich ausschließlich mit ihrem Aufgabengebiet be-

schäftigen. Dabei ist es aufgrund des demographischen Wandels sehr wich-

tig zu kommunizieren, denn er betrifft jeden, egal ob Jung oder Alt.123

Ziel ist es, die Bürger zu aktivieren, das heißt, sie zu motivieren, ihre Ideen,

Wünsche und Bedürfnisse zu äußern und zur Umsetzung dieser beizutragen.

Mit der Aktivierung der Bürger sollte auch das Mitspracherecht erweitert wer-

den, denn wer aktiv ist, möchte auch viele Entscheidungen selber treffen

oder zumindest an der Entscheidung beteiligt sein. Dieses Engagement

muss angeregt, unterstützt und entsprechend gewürdigt werden, denn die

Bewohner einer Stadt haben Ressourcen, über die eine politische Kommune

nicht verfügt. Die Verwaltung kann nur dazu beitragen, dass die Strukturen

offen für Kommunikation und für die Umsetzung guter Ideen sind und ver-

steht sich demnach immer mehr als Agentur der Bürgergesellschaft. Auf der

einen Seite gehört die Unterstützung der bürgerschaftlich engagierten Men-

schen zu ihren Aufgaben und auf der anderen Seite möchte sie Institutionen

dazu bewegen, sich für deren Engagement zu öffnen. Die kommunale Politik

aktiviert ihre Gesellschaft statt ihr zu dienen. Nur auf diese Weise kann die

122 Polenz in Gottwald/Löwer 2009: 167ff. 123 Gerwin in Newsletter „Erfahrung ist Zukunft“ 2009: 1

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Stadt in Zeiten des demographischen Wandels gestaltet werden. Aufgrund

irreführender Altersbilder, grenzte die Gesellschaft besonders die älteren

Menschen aus und nahm dessen Potenziale nicht wahr.124 Diese irreführen-

den Altersbilder gilt es zu verändern bzw. zu korrigieren. Um realisieren zu

können, dass Alter nicht nur Verluste mit sich bringt, sondern auch sehr viele

Gewinne und neue Potenziale, bedarf es Projekten, in denen Jung und Alt

aufeinander treffen, um sich kennen und verstehen zu lernen. Nur wenn

Arnsberg dies gelingt, kann die Beziehung zwischen den Generationen wei-

ter verbessert und die gegenseitige Solidarität gesteigert werden. Ältere

Menschen haben viele Ressourcen, die der Gesellschaft zu Gute kommen;

vor allem haben sie Zeit und Lust etwas Neues zu lernen, ihre Erfahrungen

und ihr Wissen weiter zu geben und sich in der Wirtschaft und Gesellschaft

zum Wohle von Jung und Alt einzubringen. Dazu müssen jedoch die Struktu-

ren stimmen. Die Älteren wollen von Anfang an mit in Konzeptentwicklungen

einbezogen werden, denn sie möchten ihre Ideen einbringen und können

sich demzufolge besser mit ihrem Projekt identifizieren. Ebenfalls ist es wich-

tig, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen, sie ernst zu nehmen und ihr Enga-

gement zu schätzen. Man sollte ihnen die Möglichkeit zur Qualifizierung und

Weiterbildung geben, so dass sie ihr Leben lang lernen können, wenn sie

dies möchten. Des Weiteren ist für die Engagierten ein regelmäßiger Aus-

tausch unverzichtbar.125 Dieser Austausch findet in Arnsberg in Form eines

freiwilligen wöchentlichen Projektgruppentreffens statt, das auch häufig als

Einstiegsmöglichkeit genutzt wird.126 Diese Voraussetzungen sollte die Ver-

waltung einer Kommune schaffen, denn sie braucht heute und in Zukunft

Menschen, die bereit sind sich für Kinder und Jugendliche einzusetzen, die

Familien aber auch Alleinerziehende unterstützen, die helfen ausländische

Menschen zu integrieren, die in den Beruf begleiten und die helfen Generati-

onen zu verbinden. Außerdem sind ältere Menschen, die Verantwortung

übernehmen und gebraucht werden, in der Gesellschaft integriert und wer-

den von ihr akzeptiert. Dieses Gefühl ist für sie sehr wichtig und nur so ge-

124 Gerwin u.a. in Kreuzer u.a. 2008: 198ff. 125 Gerwin/Vogel in Städte- und Gemeinderat 2006: 8ff. 126 Leider findet ein wöchentliches Treffen nur in der Engagiertengruppe „Patenschaft von

Mensch zu Mensch“ statt, die der Zukunftsagentur angegliedert ist. Ältere Menschen, die sich in einem anderen Zusammenhang engagieren haben diese Möglichkeit nicht.

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lingt es, aktiv am Leben teil zu nehmen und auch länger für sich selbst zu

sorgen.127

Dieses gesamtstrategische Konzept ist die Antwort auf die Herausforderung

des demographischen Wandels. Denn nur in einer Stadt, in der etwas für die

Bürger getan wird, fühlen sie sich wohl. Und in einer Stadt, in der man sich

wohl fühlt, will man weiterhin leben und sichert somit die Einwohnerzahlen

der Stadt. Der demographische Wandel bietet demnach auch Möglichkeiten

der Veränderung und ist nicht nur, wie häufig in den Medien dargestellt, eine

Gefahr für die Gesellschaft.

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden einige Projekte aufgezeigt, in denen

sich die älteren Menschen engagieren. Zuvor möchte die Verfasserin die

„Fachstelle Zukunft Alter“ vorstellen, die auf der Grundlage des ganzheitli-

chen Partizipationsprinzips arbeitet und eine Anlaufstelle für Engagement im

Alter bietet.

3.3 Die „Fachstelle Zukunft Alter“ der Stadt Arnsbe rg - An-laufstelle für Engagement im Alter

Die „Fachstelle Zukunft Alter“ der Stadt Arnsberg ist dem Bürgermeisteramt

zugeordnet. Das heißt, dass sie der Fachbereichsstruktur übergeordnet ist

und somit die Grenzen der einzelnen Fachbereiche überbrücken kann und

soll.

Man könnte sagen, dass die „Fachstelle Zukunft Alter“ der Koordinator der

verschiedensten Angebote und Unterstützungssysteme für ältere Menschen

ist. Ihre Aufgabenschwerpunkte liegen darin, die Pflege und Versorgung von

hilfebedürftigen älteren Menschen zu organisieren und die Partizipation von

ihnen in der Gesellschaft zu fördern. Um beide Ziele gleichermaßen verfol-

gen zu können, muss man sich jedoch erst einmal bewusst machen, dass es

immer auch hilfebedürftige Menschen gibt, für die die Kommune eine Da-

seinsfürsorge hat, das heißt, dass sie dafür Sorge zu tragen hat, dass diese

Menschen mit ausreichenden Unterstützungsmöglichkeiten versorgt sind. Auf

der anderen Seite muss eine Kommune sehen, dass der größte Teil der Al-

127 Gerwin/Vogel in Städte- und Gemeinderat 2006: 8ff.

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ten ohne Hilfe selbstständig im eigenen Haushalt lebt und so lange wie mög-

lich in die Gesellschaft integriert werden möchte. Für diese Menschen gab es

lange Zeit keine Angebote, da man Alter nur mit Hilfebedürftigkeit in Verbin-

dung gebracht hat. Mittlerweile weiß man in Arnsberg, dass auch diese Men-

schen Angebote und Unterstützung brauchen, nur eben auf eine andere Art

und Weise.128 Deshalb macht es sich die Koordinationsstelle zum Ziel, Kon-

zepte und Projekte zu entwickeln, die die Bilder vom Alter positiv verändern

und eine Solidarität zwischen den Generationen fördert.129 Für diese Projekte

muss die Stadt Arnsberg möglichst viele Menschen jeder Generation dazu

motivieren, sich zu engagieren. Dafür gibt es drei Kontaktstellen: Die

Engagementförderung Arnsberg, die Arnsberger Kontakt- und Informations-

stelle für Selbsthilfegruppen (AKIS) und die „Fachstelle Zukunft Alter“. Die

Engagementförderung Arnsberg entwickelt Angebote, in denen sich Men-

schen jeden Alters engagieren können, die Arnsberger Kontakt- und Informa-

tionsstelle für Selbsthilfegruppen unterstützt hauptsächlich die Arbeit, die in

Selbsthilfegruppen geleistet wird und die „Fachstelle Zukunft Alter“ ist die

Anlaufstelle für Engagement im Alter. Sie bezieht die jungen Alten, die bereit

sind, sich bürgerschaftlich zu engagieren, von Anfang an in die Entwicklung

neuer möglicher Projekte mit ein.130 Denn die Verfasserin ist der Meinung, je

mehr Ideen, Wünsche und Ängste in eine Projektentwicklung einfließen, des-

to mehr Menschen wird dieses Angebot ansprechen und erreichen. Eine lo-

gische Schlussfolgerung ist außerdem, dass Menschen, die ihr durchgeführ-

tes Projekt zuvor selber mit gestaltet haben, sich stärker damit identifizieren

können als Engagierte, die man damit beauftragt, ein bereits fertiges Konzept

durchzuführen. Ebenfalls hat die „Fachstelle Zukunft Alter“ die Aufgabe, den

von den älteren Freiwilligen vorgegebenen Zeitplan zu akzeptieren. Die meis-

ten Menschen möchten sich nicht auf Monate oder gar Jahre verbindlich auf

ein Engagement einlassen, so dass es gelegentlich vorkommt, dass ein An-

gebot pausiert, vor allem, wenn die Engagierten nicht genügend Anerken-

nung bekommen oder mit dem Projekt, in welcher Form auch immer, über-

fordert sind. Der persönliche positive Nutzen eines bürgerschaftlichen Enga-

gements, wie zum Beispiel Anerkennung, das Gefühl gebraucht zu werden,

128 Polenz in Gottwald/Löwer 2009: 169f. 129 Stadt Arnsberg - „Fachstelle Zukunft Alter“ Gerwin/Polenz 2010: 1 130 Polenz in Gottwald/Löwer 2009: 172

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Austausch mit Gleichaltrigen, Zusammentreffen mit anderen Generationen,

Entwicklung neuer Freundschaften, Weiterbildung, Integration in die Gesell-

schaft ist mindestens genauso wichtig, wie der positive Nutzen, den die Ge-

sellschaft aus dem Engagement der Älteren zieht.131 Die „Fachstelle Zukunft

Alter“ vertritt die Ansicht, dass man die Ressourcen der älteren Menschen

nutzen muss, um die jüngeren Generationen, aber auch die Generation der

Hochbetagten zu unterstützen, denn in einer Gesellschaft des langen Lebens

kann eine Kommune es sich nicht mehr erlauben, die gesamte Verantwor-

tung auf die jüngere Generation zu übertragen. Ältere könnten zum Beispiel

bei der Pflege und Versorgung von hilfebedürftigen, älteren Menschen er-

gänzend tätig sein, in dem sie den pflegenden Angehörigen helfen und sie

ein Stück weit entlasten. Des Weiteren können sie sich bei der Konzeptent-

wicklung alternativer Wohnformen einbringen und anschließend mithelfen,

diese umzusetzen. Weiterhin besteht die Möglichkeit sich im „Seniorenbeirat

Arnsberg“ zu engagieren, der immer mehr die Arbeit der „Fachstelle Zukunft

Alter“ aktiv begleitet.132 Auch in jungen Familien werden aktive Alte zum Bei-

spiel in Form von Ersatzomas und Ersatzopas gebraucht, denn viele Kinder

haben berufstätige Eltern und ihre Großeltern nicht in der Nähe, so dass älte-

re Engagierte wunderbar die Kindererziehung und Versorgung unterstützen

können. Die Umsetzung dieser Ideen ist nur möglich, wenn eine große An-

zahl älterer Menschen sich dazu bereit erklärt, ein bürgerschaftliches Enga-

gement zu übernehmen und die Institutionen, Vereine, Verbände, Jugendein-

richtungen, Schulen etc. auch bereit sind, ihre Türen für bürgerschaftlich En-

gagierte zu öffnen.133

Damit freiwillig Tätige einen Raum haben, in dem sie über Erfolge, Misserfol-

ge und Erlebtes sprechen können, findet einmal die Woche ein Treffen statt,

welches nicht nur zum Austausch dient, sondern auch eine niederschwellige

Zugangsmöglichkeit für Interessierte bietet.134

Um einen näheren Einblick von der Arbeit der Freiwilligen zu bekommen und

darüber, wie die Umsetzung des ganzheitlichen Partizipationsprinzips kon-

kret aussieht, werden im folgenden Punkt einige Projekte, in denen sich älte-

131 Polenz in Gottwald/Löwer 2009: 172 132 Stadt Arnsberg - „Fachstelle Zukunft Alter“ Gerwin/Polenz 2010: 1f. 133 Wissen-Können-Handeln Generationen verbinden: 4f. 134 Polenz in Gottwald/Löwer 2009: 172

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re Menschen für Kinder, Jugendliche und hilfebedürftige, ältere Menschen

engagieren, dargestellt.

3.3.1 Projekte und Konzepte in der Stadt Arnsberg

3.3.1.1 Seniorenbeirat

Der „Seniorenbeirat der Stadt Arnsberg“ wurde im Jahr 1990 gegründet, um

die Interessen der älteren Menschen parteiunabhängig gegenüber der Ver-

waltung, den Parteien, den Ratsfraktionen und anderen Akteuren zu vertre-

ten. Er ist in der Hauptsatzung der Stadt Arnsberg verankert, berät den

Stadtrat bei wichtigen Entscheidungen und wirkt somit aktiv bei der Stadt-

entwicklung mit. Seine Mitgliederzahlen weisen 19 Personen (sowie 13 Stell-

vertreter) auf und setzen sich aus mindestens jeweils einem Vertreter pro

Bezirk zusammen. Die Bezirke sind dabei in Arnsberg, Wennigloh, Neheim,

Hüsten, Mitte (Niedereimer, Bruchhausen, Breitenbruch), Ost (Oeventrop,

Rumbeck, Uentrop) und West (Holzen, Herdringen, Müschede, Voßwinkel,

Bachum) eingeteilt.

Mit ihrem Handeln verfolgen die Mitglieder des Seniorenbeirates das Ziel,

den Dialog zwischen den Generationen zu verbessern und eine lebenslange

politische und solidarische Partizipation auch von älteren Menschen in der

Gesellschaft zu sichern. Dabei sollten sie alle Phasen des Alters berücksich-

tigen, das heißt, sowohl die jungen Alten als auch die pflege- und hilfebedürf-

tigen Alten. Da sich die Aufgabenbereiche des Seniorenbeirats stark mit den

Aufgaben der „Fachstelle Zukunft Alter“ überschneiden, gibt es zwischen ih-

nen eine enge Zusammenarbeit, bei der beide Partner auf gleicher Augen-

höhe sind. Nur in Einzelfragen sollte der Seniorenbeirat nicht beraten, son-

dern auf die Angebote vor Ort verweisen oder Neue entwickeln und diese

umsetzen.

Seit diesem Jahr nehmen Vertreter des Seniorenbeirates an drei Fachaus-

schüssen der Stadt Arnsberg teil um ihre Erfahrungen als sachkundige Ein-

wohner einzubringen. Dies zeigt, dass die Kommune die Meinung der bür-

gerschaftlich Engagierten schätzt und auf sie angewiesen ist, wenn sie die

Qualität des Zusammenlebens in der Gemeinde verbessern will.135

135 Arbeit des Seniorenbeirats

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Seniorenbeirat der Stadt Arnsberg; Foto: Uwe Künkenrenken

Um zu zeigen, wie eine Interessensvertretung der älteren Bürger, aber auch

der Versuch, die Generationensolidarität zu steigern, aussehen kann, wird an

dieser Stelle ein Beispiel genannt. Der Seniorenbeirat hat am Montag, den

03. Mai 2010 zu einer Podiumsdiskussion unter dem Motto „Jung & Alt - Wir

meistern die Zukunft“ eingeladen. Diese Veranstaltung diente dazu, die Di-

rektkandidaten von der CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und den

Linken kurz vor den Landtagswahlen zu befragen, welche Pläne und Ideen

sie haben, um die Renten zu sichern, die Solidarität zwischen den Generati-

onen zu verbessern und die steigende Hilfe- und Pflegebedürftigkeit zu ge-

währleisten. Kurz gesagt: Wie wollen die Politiker mit dem Ausmaß des de-

mographischen Wandels umgehen? Die circa 100 „Zuschauer“, von denen

lediglich fünf jüngere Bürger waren, hatten jederzeit die Chance, solche und

ähnliche Fragen an die Politiker zu stellen.

Alle Politiker waren sich einig, dass der demographische Wandel das Spit-

zenthema ist und dass es in Arnsberg sehr gute Projekte gibt, in denen sich

ältere Bürger engagieren und mit der jüngeren Generation zusammenarbei-

ten. Die Direktkandidaten waren sich darüber einig, dass noch mehr für die

Solidarität zwischen den Generationen getan werden muss. Bezüglich der

Umsetzung herrschte jedoch Unstimmigkeit, so dass gegen Ende der Veran-

staltung die zunächst zivilisierte Diskussion in einem hitzigen Wahlkampf en-

dete.

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Ein Seniorenbeirat ist eine sinnvolle Organisation, denn als einzelner Mensch

wird man mit seinem Anliegen in der kommunalen Verwaltung nicht unbe-

dingt angehört. Eine Interessenvertretung, wie der Seniorenbeirat, der in der

Verwaltung bereits fest integriert ist, kann die Anliegen der älteren Bürger

besser anregen und durchsetzen. Wichtig wäre auch, einen Jugendbeirat zu

gründen, denn die Auswirkungen des demographischen Wandels betreffen

nicht nur die älteren Menschen, sondern auch die Jüngeren. Zwei Beiräte

wären eine Bereicherung, denn so würde jeder von den Interessen, Ängsten

und Wünschen des Anderen erfahren, was wiederum das Verständnis für die

andere Generation steigern könnte. Für ältere Menschen ist es beispielswei-

se interessanter zu wissen, ob sie im hohen Alter noch in ihrem Haus oder

Dorf bleiben können, ob sie nicht alleine leben und ob sie Teil der Gesell-

schaft bleiben. Jüngere Menschen fragen sich, ob sie einen Arbeitsplatz fin-

den, wie sie ihre Familie finanzieren sollen, wenn sie nur noch Zeitverträge

bekommen und sie nicht planen können, ob sie weiter beschäftigt werden

oder wer die Kinderbetreuung übernimmt, während sie arbeiten gehen müs-

sen. Diese Faktoren von Jung und Alt sollten in Zusammenarbeit beider Bei-

räte gleichermaßen berücksichtigt werden, denn nur, wenn man auch die

Jugend an kommunalen Entscheidungen teilnehmen lässt, zeigt sie Interesse

an der Politik und bringt ihre Meinung mit ein.136

3.3.1.2 Seniortrainer

Seniortrainer nennt man die Teilnehmer des Bundesmodells „Erfahrungswis-

sen für Initiativen“ (EFI). An diesem Projekt nehmen ältere Menschen teil, die

aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und über ein hohes Maß an

Qualifikation und Erfahrung verfügen, welches sie an die Gesellschaft wei-

tergeben möchten. Einmalig an diesem Projekt ist, dass man den Titel des

Seniortrainers erst nach Abschluss einer Weiterbildung im Bundesministeri-

um für Familie, Senioren, Frauen und Jugend oder durch den Bürgermeister

erhält. Dies ist nicht die einzige Fortbildung im Laufe des Projekts, denn das

Bundesmodell „Erfahrungswissen für Initiativen“ hat den Anspruch, dass die

Arbeit der engagierten Senioren eine hohe Qualität und Professionalität auf-

weist, die ständig weiter entwickelt wird. Jedoch sollte der Seniortrainer auch

136 Die Verfasserin hat selber an dieser Veranstaltung teilgenommen und keine schriftlichen Quellen genutzt.

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Spaß an seiner Aufgabe haben und sich in seinem Kompetenzteam wohl

fühlen. Das Arnsberger Kompetenzteam trägt den Namen W.I.R., welcher

eine Zweideutigkeit verbirgt. Zum einen steht die Abkürzung für Wissen - Ini-

tiative - Rat, die die Potenziale der Senioren verdeutlichen soll. Zum anderen

stehen die Buchstaben für das „WIR“ und zeigen somit die gegenseitige Ver-

bundenheit und Unterstützung.

Die Seniortrainer führen sehr viele verschiedene Projekte durch, die an die

unterschiedlichsten Zielgruppen gerichtet sind. Dafür unterteilen sie ihre An-

gebote in Kategorien, wie zum Beispiel Kinder und Jugendliche, Generation

50+, Kultur, Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Öffentlichkeitsarbeit,

Kunst und Natur. Für Kinder und Jugendliche bieten die Seniortrainer bei-

spielsweise PC-Arbeit in der Grundschule, Hilfe für allein erziehende junge

Mütter, Bewerbungstraining für ausbildungs-/arbeitsplatzsuchende Jugendli-

che, Nachmittagsbetreuung an offenen Ganztagsschulen u.v.m. an. Der Ge-

neration 50+ werden Gedächtnistrainingskurse, ein Wohnberatungsservice,

ein Computerlerntreff, ein Beratungskurs für die Ernährung im Alter, Seelsor-

ge und weitere Projekte geboten. Zum Thema „Kultur“ gibt es ein Projekt, in

dem interessierte Menschen über Kultur diskutieren und gemeinsame Aus-

flüge ins Theater, Kino, Konzerte und in Museen erleben können. PC-Arbeit

mit Menschen nach einem Schlaganfall und die Beratung für Menschen mit

geringem Einkommen sind Beispiele für Projekte in der Kategorie „Menschen

mit besonderen Bedürfnissen“. Öffentlichkeitsarbeit beinhaltet die Dokumen-

tation der einzelnen Projekte und die Verfassung der Artikel für die regionale

Zeitung. Experimentelles Malen gehört zu der Kategorie der Kunst und bein-

haltet kreatives Gestalten in gemeinsamer Atmosphäre. In die Kategorie „Na-

tur“ fällt das Projekt „Tag der offenen Gartenpforte“, welches an ausgewähl-

ten Tagen im Sommer stattfindet. Hierbei öffnen einige Bürger der Stadt

Arnsberg ihre Gärten für interessierte Naturliebhaber.

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Abbildung 17: Erfahrungswissen für Initiativen. Broschüre „Zukunft braucht Erfahrung“. Titel-blatt So wundert es nicht, dass auch das Symbol der Seniortrainer in Arnsberg

aus der Natur ist. Es handelt sich dabei um einen Baum, der mitten auf einer

Wiese steht. Die Wurzeln und der Stamm des Baumes stehen für das Bun-

desmodell des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Ju-

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gend, Erfahrungswissen für Initiativen und der Geschäftsstelle

Engagementförderung. Die Äste symbolisieren die aktiven Arnsberger Senio-

ren, die an diesem Projekt teilnehmen und die Blätter, die aus den Ästen

sprießen, stehen für die Vielfalt der abgeschlossenen, laufenden und der

noch kommenden Projekte (siehe Abbildung 17).

Leider ist zu erwähnen, dass das Modell „Erfahrungswissen für Initiativen“

lediglich bis zum Jahr 2006 lief. Die Qualifizierungsmaßnahmen werden seit-

dem von kommunalen Trägern übernommen, damit das Projekt in seiner ur-

sprünglichen Form weitergeführt werden kann.137

Die Beendigung dieses Projektes wäre eine Schande gewesen, denn die

Seniortrainer machen vielen Menschen eine Freude mit ihren Projekten. Au-

ßerdem helfen sie auch Bürgern in Notlagen und erreichen mit ihrer Arbeit

unterschiedliche Altersgruppen, da sie Angebote für Kinder und Jugendliche,

aber auch für ältere Menschen bieten. In Arnsberg sind die Seniorentrainer

ein fester Bestandteil der Gesellschaft und nicht so schnell zu ersetzen.

3.3.1.3 Schwarzlichttheater - Die kleine Raupe Nimmersatt

„Die kleine Raupe Nimmersatt“, so lautet der Name eines Gemeinschaftspro-

jekts zwischen einer städtischen Kindertagesstätte, der Projektgruppe „Pa-

tenschaften von Mensch zu Mensch“ (bürgerschaftlich engagierte Senioren)

und der „Fachstelle Zukunft Alter“ der Stadt Arnsberg. In diesem Projekt ar-

beiten die Teilnehmer daran, dass Jung und Alt gemeinsam das Stück „Die

kleine Raupe Nimmersatt“ von Eric Carle in Form eines Schwarzlichttheaters

inszenieren. Damit dies gelingt, müssen die rund 50 Schauspieler im Alter

zwischen 3 und 84 Jahren hart arbeiten, denn sie müssen nicht nur den Text

auswendig lernen - die Kleinen können noch nicht lesen - sondern auch die

Kostüme und Kulissen gemeinsam in Eigenleistung basteln (siehe Foto).

137 Stadt Arnsberg-Informationsbroschüre „Zukunft braucht Erfahrung“

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„Die kleine Raupe Nimmersatt“; Foto: Uwe Künkenrenken

In dieser Zeit des Erprobens und Erarbeitens sind die verschiedenen Gene-

rationen in einen Dialog getreten, der dafür sorgt, dass sie sich einander nä-

hern. Auch die gemeinsame Freude während der Proben hat dazu beigetra-

gen. Für ihre Bemühungen bekamen Jung und Alt schließlich ihren verdien-

ten Lohn, nämlich den Applaus des Publikums. Die Zuschauer waren begeis-

tert von der Kreativität und dem Mut der rund 50 großen und kleinen Schau-

spieler.

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„Die kleine Raupe Nimmersatt“; Foto: Bericht Marita Gerwin

Das Stück lief bereits zweimal vor ausverkauftem Haus (600 Zuschauer), so

dass man sich dazu entschloss „Die kleine Raupe Nimmersatt“ nochmals im

Oktober dieses Jahres aufzuführen.138

Wenn man in die strahlenden Gesichter auf den Fotos schaut, hat man be-

reits den Beweis dafür, dass die gemeinsame Aufführung eines Theater-

stücks für Jung und Alt eine wunderbare Idee ist. Für viele Kinder war das

gemeinsame Proben der erste enge Kontakt mit mehreren älteren Menschen

und bei den Senioren war der letzte Kontakt zu Kindern wahrscheinlich auch

schon länger her. Demnach ist dieses Projekt ein gutes Beispiel dafür, wie

man die Generationen, mit viel Freude, einander näher bringen kann.

3.3.1.4 Kegeln im Altenheim

Die Arnsberger Senioren der „Patenschaft von Mensch zu Mensch“ kommen

14-tägig in ein Altenheim, um mit den älteren Herrschaften zu kegeln. Auf

dieses Ereignis freuen sich viele Heimbewohner immer sehr, denn sie haben

dann eine Stunde lang eine sinnvolle Beschäftigung und kommen, wie sie

selbst sagen, ein bisschen in Bewegung.

138 Stadt Arnsberg–Die kleine Raupe Nimmersatt 2009

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Bevor das Kegeln im Speiseraum stattfinden kann, müssen die Senioren die

Heimbewohner von den unterschiedlichen Stationen zusammen bringen.

Dies nimmt einige Zeit in Anspruch, da viele der älteren Menschen im Roll-

stuhl sitzen. Wer auf den Stationen zuerst gesehen wird, hat Glück, denn

häufig wollen so viele Heimbewohner mit kegeln, dass der Raum schnell voll

ist und die Engagierten keinen mehr hinzulassen können. Wenn alle Teil-

nehmer in einem Halbkreis sitzen, werden die Kegel aufgestellt. Der Erste

wird zum Stuhl begleitet und bekommt die Kugel (weicher Ball) in die Hand,

um die Kegel abzuräumen. Meistens spielen die Bewohner drei oder vier

Runden und jeder darf dreimal pro Runde werfen. Die Ergebnisse halten die

Senioren genau fest, um am Ende den Tagessieger bekannt geben zu kön-

nen. Wenn eine ältere Dame, die im Rollstuhl sitzt, an der Reihe ist, wird der

Stuhl zur Seite gestellt und der Rollstuhl an der Stelle positioniert (siehe Fo-

to).

Kegeln

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Nach zwei Runden verteilt einer der freiwilligen Senioren Getränke an die

Teilnehmer und der Andere schreibt genau auf, wer, was und wie viel ge-

trunken und am Kegeln teilgenommen hat (siehe Foto). Diesen Zettel bringt

sie einer Pflegekraft im Heim, damit diese wissen, welcher Heimbewohner

abends noch besonders viel trinken sollte.

Getränkeausteilung

Nachdem das Kegeln beendet ist, lesen die Seniorinnen vor, wer an diesem

Tag, wie viele Kegel getroffen hat und loben sehr, was den Bewohnern viel

Freude macht.

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Punktevergabe

Der Tagessieger erhält einen Pokal, der beim nächsten Kegeln wieder mit-

zubringen ist. Anschließend bringen die Seniorinnen die Heimbewohner wie-

der auf ihre Station und räumen den Speiseraum auf.

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Pokalübergabe

In diesem Heim findet sehr wenig Austausch zwischen der Heimleitung oder

einer Pflegekraft mit den Seniorinnen statt. Sie schreiben zwar ihre Beobach-

tungen für das Pflegeteam auf, haben aber nicht die Möglichkeit ein gemein-

sames Gespräch zu führen. Außerdem bekommen sie wenig Unterstützung

und müssen sich ihre Gruppe zum Kegeln selber zusammen suchen und

holen.

Trotzdem macht es den Seniorinnen Spaß in dieses Heim zu kommen und

mit den älteren Herrschaften zu kegeln, denn wenn man sieht, wie die Be-

wohner sich freuen, gibt einem das sehr viel zurück. Dieses Projekt macht

allen Beteiligten große Freude und sollte deshalb auch beibehalten werden.

Eine demenzkranke Bewohnerin konnte sich beispielsweise beim Kegeln

doppelt freuen und rührte damit alle Anwesenden. Sie hat bei ihrem Wurf

„alle Neune“ getroffen und war völlig euphorisch, als sie dies verstand. Sie

freute sich noch bis sie auf ihrem Platz war, beobachtete dann aber zunächst

wie ein anderer Spieler warf. Dieser kam anschließend auf sie zu und sagte:

„Heh, du hast gewonnen, weil du gerade ´alle Neune´ getroffen hast“. Sie

schaute ihn nur fragend an und sagte: „Wie, ich hab ´alle Neune´ getroffen?“

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und alle bestätigten ihr, dass sie das mit ihrem Wurf geschafft hatte. Darauf-

hin freute sie sich aufs Neue. An dieser kurzen Geschichte, lässt sich erken-

nen, wie wertvoll dieses Kegeln ist, denn man schafft es, anderen Menschen

eine Freude zu machen, die in ihrem Alltag mittlerweile weniger zu lachen

haben. Außerdem zeigt es, dass auch demenzkranke Menschen gegenüber

gesunden Menschen einige Vorteile haben, denn sie können sich viel realis-

tischer über dieselbe Sache zwei - oder auch dreimal freuen.139

3.3.1.5 Hausaufgabenhilfe/Lesepaten in der Grundschule

Einmal in der Woche kommen die Seniorinnen in die Grundschule und helfen

der Lehrerin der ersten Klasse bei der individuellen Förderung ihrer Schüler.

Dazu teilt die Lehrerin die Klasse in Gruppen auf. Ein Schüler, der besonders

intensive und individuelle Förderung braucht, geht mit einer Seniorin in einen

Einzelraum. Drei weitere Schüler verlassen den Raum mit einer anderen Se-

niorin. Die Lehrerin begleitet etwa die Hälfte der noch verbleibenden Schüler

in den Computerraum, der schon bei den Erstklässlern sehr beliebt ist. Die

andere Hälfte der Gruppe bleibt mit einer Seniorin im Klassenraum und löst

in Zweiergruppen oder in Einzelarbeit Aufgaben. Die Seniorin beaufsichtigt

und hilft ihnen in dieser Zeit. Nach einer dreiviertel Stunde gibt es eine

zehnminütige Pause, in der die Computergruppe mit der Gruppe im Klassen-

raum tauscht. Die Gruppe ist bei der Lösung ihrer Aufgaben sehr friedlich

und man erkennt durch reges Aufzeigen, die Akzeptanz der Engagierten.

Nachdem die eineinhalb Stunden in dieser Klasse vorbei sind, geht eine Se-

niorin in die zweite Klasse und hilft den Kindern zusammen mit der Lehrerin

eine Stunde bei den Hausaufgaben. Auch hier stellen die Kinder viele Fragen

an die Seniorin.

Im Anschluss daran übt sie mit zwei bis drei Kindern aus dieser Klasse das

Lesen. Es handelt sich dabei um Schüler, die aufgrund ihres Migrationshin-

tergrundes noch nicht so gut lesen können wie ihre Mitschüler. Diese Kinder

haben trotz ihrer Schwäche sehr viel Spaß am gemeinsamen Lesen mit der

älteren Dame, was sich dadurch erkennen lässt, dass sie sich sogar darüber

streiten, wer den nächsten Satz lesen darf. Auffälligkeiten, die die engagier-

139 Die Verfasserin hat an dem Projekt selbst teilgenommen und keine schriftlichen Quellen genutzt.

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ten Frauen an einem Tag bei einzelnen Kindern bemerkt haben, teilen sie

den Lehrern immer direkt mit. Dafür nimmt man sich an dieser Grundschule

immer genügend Zeit.

Auch wenn dieses Projekt für Außenstehende vielleicht nicht besonders

spannend klingen mag, ist es eine wichtige Aufgabe, die die Seniorinnen in

dieser Grundschule übernehmen. Die Klassen sind oft viel zu groß, so dass

es den Lehrern schwer fällt, sich um einzelne Kinder individuell zu kümmern.

Gerade im ersten Schuljahr ist der Redebedarf der Kinder hoch und bei 30

Kindern in einer Klasse hat jedes Kind in einer Schulstunde lediglich eine

Redezeit von etwa einer Minute. Das ist sehr wenig und lässt kaum Zeit auf

ein Kind mit Schwierigkeiten/Auffälligkeiten ausreichend einzugehen. Außer-

dem haben viele Eltern aufgrund ihrer Berufstätigkeit wenig Zeit mit ihren

Kindern Hausaufgaben zu machen oder das Lesen zu üben. Auch hier sind

die Engagierten eine große Unterstützung. Bei den Kindern mit Migrations-

hintergrund ist häufig nicht die mangelnde Zeit der Eltern ein Problem, son-

dern die Tatsache, dass die Eltern häufig selber zu wenig deutsch können,

um dies mit ihren Kindern zu üben.140

140 Die Verfasserin hat an dem Projekt selbst teilgenommen und keine schriftlichen Quellen genutzt.

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Hausaufgabenhilfe/Lesepaten; Foto: Uwe Künkenrenken

3.3.1.6 Biologie für kleine Leute

Biologie für kleine Leute, so heißt das Projekt, welches ein älterer Bürger

einmal in der Woche in einer Kindertagesstätte anbietet. Dieser Herr lebt in

demselben Dorf, in dem die Kindertagesstätte ihren Sitz hat und war früher

als Biologielehrer an einer Realschule tätig. Er züchtet Bienen, hält Hühner

und arbeitet viel in seinem Wald. Dieses Interesse möchte er den Kindern

weitergeben, damit diese spielerisch etwas über die Natur erfahren. Aber

auch dass die Kinder etwas lernen, ist ihm sehr wichtig, denn er fragt bei je-

dem Treffen ab, was sie letzte Woche gemacht und verstanden haben. Die

Veranstaltungen finden überwiegend im Freien statt, da die Kinder lieber

draußen sind, wo sie die „Materialien“ direkt sehen und anfassen können.

Des Weiteren bietet ein Ausflug zusätzliche Bewegungsmöglichkeiten für die

Kinder. Wenn das Wetter nicht mitspielt, findet das Treffen in der Kinderta-

gesstätte statt, denn auch hier gelingt dem ehemaligen Lehrer eine kindge-

rechte, spannende Unterrichtsstunde.

Beispielsweise ging der letzte Ausflug beim Zusammentreffen zwischen Jung

und Alt zum Ententeich. Als die Kinder die Enten und Gänse aufmerksam

beobachteten, fragte er die Kinder: „Wisst ihr denn, woran man bei Enten

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und Gänsen das Männchen vom Weibchen unterscheiden kann? Schaut

euch mal genau den Schwanz vom Männchen an? Wie sieht der aus?“ Die

Kinder lernten, dass der Schwanz des Männchen nach oben gebogen ist und

der des Weibchen gerade.

Biologie für Kleine Leute; Foto: Uwe Künkenrenken

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Außerdem hat der ehemalige Biologielehrer den Kindern ein Bienenhotel ge-

baut, welches sie immer sehen können, wenn sie draußen spielen (siehe

Foto).

Dieses Projekt bildet einen passenden Rahmen, in dem Kinder optimal spie-

lerisch lernen können und auch der ehemalige Lehrer hat weiterhin die Mög-

lichkeit, seine Fähigkeiten und Interessen sinnvoll zu nutzen.141

3.3.1.7 Tanzen im Altenheim

In einem Altenheim der Stadt Arnsberg findet einmal im Monat ein Tanz-

nachmittag mit den Heimbewohnern statt. Dazu kommen die bürgerschaftlich

Engagierten ins Heim und bereiten den Raum für das Tanzen vor. Das heißt,

dass sie die Tische an den Rand rücken, Getränke und kleinere Knabbereien

aufstellen. Einer der Senioren spielt auf einem Keyboard alte Lieder, zu de-

nen die Bewohner tanzen können. Die meisten Bewohner haben zwar Spaß

an diesem Nachmittag und sind auch immer dabei, trauen sich aber nicht,

alleine zu tanzen. Aus diesem Grund fordern die freiwillig Tätigen einen Be-

wohner auf und tanzen eine Weile mit ihm, bis sie den nächsten fragen. Mit

Menschen im Rollstuhl tanzen sie ebenfalls, indem sie den Rollstuhl im Takt

wild hin und her schieben. Dabei bewegt man den Rollstuhl natürlich nicht,

wie sonst üblich von hinten, sondern fasst von vorne an die Lehnen. Auch für

Ehepaare, die zusammen im Heim sind, ist es eine schöne Gelegenheit wie-

der einmal gemeinsam zu tanzen, wie sie es vielleicht früher getan haben.

Bewohner, die lediglich teilnehmen wollen um die Musik zu hören und mit zu

singen, sind ebenfalls willkommen.

141 Die Verfasserin hat an dem Projekt selbst teilgenommen und keine schriftlichen Quellen genutzt.

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Tanzen im Altenheim; Foto: Uwe Künkenrenken

Die Freude und Dankbarkeit, die man an diesen Nachmittagen in den Ge-

sichtern der Heimbewohner sieht, belohnt einen für jede Mühe und hilft ei-

nem den Sinn der Veranstaltung zu begreifen, vor allem in einer Phase, in

der man selber einmal daran zweifelt.142

3.3.1.8 Kneipp-Aktionstag

Am Montag, den 17. Mai 2010 fand ein Kneipp-Aktionstag in einer Kinderta-

gesstätte in Arnsberg statt, der von der „Fachstelle Zukunft Alter“, dem

Kneipp-Verein Neheim-Hüsten und der Kindertagesstätte organisiert wurde.

Grundlage für diesen Aktionstag sind die Methoden von Pfarrer Sebastian

Kneipp, die Krankheiten heilen, Widerstandskräfte entfalten und Gesundheit

aufrechterhalten sollen.143 Um den Aktionstag für die Kinder, die Senioren

und die Eltern interessant und abwechslungsreich zu gestalten, gab es fünf

verschiedene Bereiche, die besucht werden konnten. Den Bereich Bewe-

gungsspiel, Rund um gesund, Traumwelt und Entspannung, Wasseranwen-

dungen und den Kräutergarten.

142 Die Verfasserin hat an dem Projekt selbst teilgenommen und keine schriftlichen Quellen genutzt.

143 Kloster Arenberg - Sebastian Kneipp

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Für die Bewegungsspiele legten die Erzieherinnen ein großes, buntes, run-

des Tuch auf den Boden, um das sich Jung und Alt in einen Kreis stellten.

Jeder nahm das Tuch in seine Hand und lief erst links herum und anschlie-

ßend rechts herum. Dabei lief Musik. Als die Musik etwas schneller wurde,

warf eine der Erzieherinnen drei Bälle auf das Tuch und die Kinder und Seni-

oren mussten gemeinsam aufpassen, dass kein Ball verloren ging. In der

nächsten Übung setzte sich ein Kind in die Mitte, während die Kinder und

Senioren im Kreis liefen um das Kind in der Mitte einzuwickeln. Auf Kom-

mando zog jeder gleichzeitig an dem Tuch, so dass das Kind wieder befreit

wurde (siehe Foto).

Bewegungsspiele; Kneipp-Aktionstag

In dem Bereich „Rund um gesund“ konnte man sich mit Dinkelbrot mit Nüs-

sen, Körner-Dinkel-Brot, Kräuterbutter, Kräuterquark, Salate mit Kräutern,

Rhabarberkuchen, Apfelkuchen, Wohlfühltee, Pfefferminztee, Dinkelkaffee

u.v.m. verwöhnen lassen. Die benötigten Kräuter wurden aus dem eigenen

Kräutergarten genommen.

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Rund um Gesund; Kneipp-Aktionstag

Ein progressives Muskelentspannungstraining bot man im Bereich „Traum-

welt und Entspannung“ an. Dafür gingen die Kinder und Senioren in einen

abgedunkelten Raum, in dem Matten auf dem Boden lagen, auf denen sie es

sich richtig gemütlich machen konnten. Wenn alle Teilnehmer eine bequeme

Position gefunden, die Augen geschlossen hatten und zur Ruhe gekommen

waren, wurde eine CD abgespielt, die im Hintergrund für eine ruhige Musik

sorgte. Die Stimme auf der CD gab Anweisungen, wie welche Muskeln an-

gespannt und entspannt werden sollten. Zum Ende hörte man nur noch die

besinnliche Musik und jeder sollte sich so entspannen, wie es für ihn am bes-

ten ist. Bevor die Kinder und Senioren die Augen wieder öffnen durften, soll-

ten sie sich recken und strecken um sich wieder fit und wach zu fühlen.

Die Wasseranwendungen wurden von der ersten Vorsitzenden des Kneipp-

Vereins Neheim-Hüsten sowohl an den Füßen als auch an den Armen

durchgeführt. Dafür hatte sie jeweils zwei Schüsseln mit warmem und kaltem

Wasser aufgestellt. In den beiden Schüsseln mit warmem Wasser waren

Rosmarinenkräuter, da diese durch ihren angenehmen Duft zur Entspannung

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beitragen. Zuerst legte man seine Füße bzw. Arme für etwa zwei Minuten in

die Schüssel mit warmem Wasser. Danach ging man mit ihnen circa 20 Se-

kunden in das kalte und wieder in das warme Wasser. Zum Schluss noch

wenige Sekunden in das kalte Wasser und anschließend die Arme oder Bei-

ne von selbst trocknen lassen und dabei gut bewegen. Wichtig ist, die Arme

und Beine nicht mit dem Handtuch abzutrocknen, sondern durch abwech-

selndes Anspannen und Entspannen die Durchblutung anzuregen. Wenn die

Durchblutung funktioniert, kommt der Kreislauf schneller in Schwung und

unangenehme kalte Füße bleiben aus. Außerdem stärkt diese Anwendung

die Abwehrkräfte und lindert den Stress, was nicht nur für Erwachsene wich-

tig und gesund ist, sondern auch für die Kinder.

Wasseranwendungen; Kneipp-Aktionstag

Der Kräutergarten wurde von den Kindern des Kindergartens angelegt und

beinhaltet viele Kräuter, die für die Köstlichkeiten am Aktionstag genutzt wur-

den. Außerdem sammelten die Kinder im Laufe des Tages Gänseblumen-

köpfe, Löwenzahnblätter und Sauerampfer, die sie zu einem Salat vermeng-

ten und den Gästen anboten.

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Der Kneipp-Aktionstag war ein Tag, an dem Jung und Alt gemeinsam lernen

und mit ihren eigenen Sinnen erfahren konnten, dass viele Kräuter zur Ent-

spannung, Stärkung und Heilung beitragen können. Weiterhin konnten sie

feststellen, dass Kräuter, Gänseblumenköpfe, Sauerampfer, Löwenzahnblät-

ter etc. gesund sind und gut schmecken. Kindern, Eltern und den älteren

Bürgern dieses mit auf den Weg zu geben, ist sehr wichtig, denn gesunde

Ernährung und der richtige Umgang mit Stresssituationen können einigen

Krankheiten vorbeugen. Ebenfalls war dieser Tag ein weiteres gelungenes

Beispiel, wie sich Jung und Alt auch in Zukunft näher kommen können.144

3.3.2 Projekte „Opaparazzi“ und „Opapaparty“

„Opaparazzi“ und „Opapaparty“ sind Projekte, die im Rahmen der Landesini-

tiative „Junge Bilder vom Alter“ entstanden sind.

Die Kreativwerkstatt der Landesinitiative wurde im Mai 2007 durch den ers-

ten Generationsminister Armin Laschet eröffnet und hat das Ziel, realistische

Altersbilder in der Gesellschaft zu stärken. Die Projekte haben die Aufgabe,

Jung und Alt mit künstlerischen Methoden in einen Dialog zu bringen und

klischeehafte Altersbilder aufzudecken. Dabei kann man die Differenziertheit

des Alters nutzen und die unterschiedlichsten Altersgruppen in sein Projekt

einbinden. Auch geschlechtsspezifische Zusammenhänge können themati-

siert werden. Dieser Entdeckungsreise stellten sich, seit dem Start im Mai

2007, 400 Schulen, Kindertageseinrichtungen und Kommunen.145

Das Projekt „Opaparazzi“ wurde bereits am ersten „Tag der Generationen“,

am 17. Oktober 2008, in der Kulturhauptstadt Essen vorgestellt. Am zweiten

„Tag der Generationen“, am 19. November dieses Jahres, folgt das Projekt

„Opapaparty“, welches momentan in seiner Erarbeitungsphase steckt.146

Beide Projekte sind eine Kooperation zwischen den Arnsberger Senioren,

der „Fachstelle Zukunft Alter“ und der jeweiligen schulischen Institution und

sind in die Philosophie des Gesamtkonzeptes der „Fachstelle Zukunft Alter“

144 Die Verfasserin hat an dem Projekt selbst teilgenommen und keine schriftlichen Quellen genutzt.

145 Städte-Netzwerk NRW-Landesinitiative „Junge Bilder vom Alter“ 2010 146 Aussagen der Verfasserin

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eingebunden, die den Dialog der Generation als größte Herausforderung des

demographischen Wandels sieht.147

Die Verfasserin stellt die Projekte an dieser Stelle dar, da sie sich von den

vorher beschriebenen Projekten in der Hinsicht unterscheiden, dass sie nicht

direkt von den bürgerschaftlich engagierten Senioren selber geleitet und

entwickelt werden, sondern von zwei Theaterwissenschaftlerinnen, die ihre

Konzepte gemeinsam mit den Senioren und Schülern erarbeiten. Trotzdem

sind sie erwähnenswert, da es sich um zwei einmalige Vorzeigeprojekte

handelt, in denen Jung und Alt ihrer Phantasie freien Lauf lassen können.

3.3.2.1 „Opaparazzi“

Das erste der beiden Projekte der Theaterwissenschaftlerinnen Karen Brandl

und Simone Wrede trägt den Titel „Opaparazzi“ und soll dazu beitragen,

dass ein Kontakt zwischen der jüngeren und der älteren Generation entsteht.

Ein Kontakt kann nur entstehen, wenn man sich über persönliche Gedanken,

Erfahrungen und Vorstellungen vom Leben, Tod, Glauben, von der Liebe und

vom Glück austauscht.148 Dieser Austausch fand zwischen den Schülern der

Jahrgangsstufe 13 eines Arnsberger Gymnasiums und den Senioren der

Stadt Arnsberg in Form von Interviews statt. Nach langer Vorbereitungszeit

für die Schüler, die sich teilweise sehr mutige Fragen für die Senioren über-

legt hatten, trafen die beiden ausgewählten Generationengruppen am 02.

April 2008 das erste Mal aufeinander. Die Jugendlichen stellten alle Fragen,

die sie schon immer von älteren Menschen beantwortet haben wollten, denn

so eine Gelegenheit hatten sie noch nie und werden sie so schnell auch nicht

wieder bekommen. Die Schüler haben zwar zum größten Teil ihre Großeltern

noch, sagten jedoch einstimmig, dass sie sich nie trauen würden, ihren eige-

nen Großeltern solche Fragen zu stellen. Sie wollten wissen, wie ältere Men-

schen flirten, ob sie noch Sex haben, ob sie Sport treiben, welche Ängste sie

haben, wie sie sich die Zukunft wünschen, wohin sie reisen, welche Meinung

sie über Jugendliche haben, welche Kommunikationsmedien sie nutzen

147 Stadt Arnsberg-Zukunftsagentur Landesinitiative NRW 2008: 1 148 Tag der Generation in Essen-Programmheft Opaparazzi 2008: 1f.

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u.v.m. Über einige Antworten waren die Schüler sehr überrascht, was sich an

ihren Reaktionen erkennen ließ.149

Hierzu ein Gesprächsausschnitt:

„Sind Sie früher überhaupt verreist?“

„Als Jugendliche war ich für ein Jahr in Paris, das hat mich verändert und

geprägt. Dadurch bin ich ein freier Mensch geworden. Jetzt bin ich fast 70 -

und denke noch gern an diese Zeit zurück.“

„Wo waren Sie? In Paris? Ich dachte, Sie sind höchsten mal nach Holland,

Dänemark oder in die Berge zum Wandern gereist. Nach Paris? Ein ganzes

Jahr - wie wir heute in der Klasse 11? Als Austauschschülerin?“

„Ja so war das, ob ihr es glaubt oder nicht.“ (Tag der Generation in Essen-

Programmheft Opaparazzi 2008: 12)

Opaparazzi; Foto: Uwe Künkenrenken

An der Reaktion der Schülerin lässt sich deutlich erkennen, wie fassungslos

und ungläubig sie darüber ist, dass die älteren Menschen in ihrer Jugendzeit,

genauso wie die jüngeren Menschen in der heutigen Zeit, gereist sind und

149 Aussagen der Verfasserin

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zwar in die Länder, die auch für die heutige Jugend attraktiv sind und nicht

nur „zum Wandern in die Berge“.

Insgesamt lässt sich aus den geführten Interviews erkennen, dass die älteren

Menschen nicht viel anders leben als die Jüngeren.150 Sofern sie noch fit

sind, gestalten sie ihren Alltag abwechslungsreich und treiben viel Sport. Ei-

nige der Senioren gehen auch ins Fitnessstudio um ihr körperliches Wohlbe-

finden zu steigern. Auch bei dem Thema Kommunikationstechnik sind die

Senioren auf dem neuesten Stand. Sie haben teilweise einen „iPod“ und hal-

ten über E-Mail Kontakt mit Freunden und Verwandten. Auch Lexika werden

nicht mehr genutzt. Stattdessen wird das gewünschte Wort einfach in die

Suchmaschine im Internet eingegeben.

Viele ältere Menschen genießen den Kontakt mit Jugendlichen und haben

sogar Angst davor, diesen zu verlieren. Das Vorurteil, dass ältere Menschen

häufig schlecht über die Jugendlichen von heute denken, lässt sich damit

ausräumen.151 Außerdem stellten sie fest, dass sie den Jugendlichen mehr

anvertraut haben, als sie ihrer eigenen Familie jemals erzählt haben und

dass die beiden Generationen sich ähnlicher sind als sie es für möglich ge-

halten haben.152

Im Herbst 2008 wurde das Projekt „Opaparazzi“ weitergeführt, jedoch mit

dem Unterschied, dass diesmal die Senioren die Jugendlichen interviewen

durften. Die Älteren fragten die jüngere Generation nach ihren Vorstellungen,

Perspektiven, Einstellungen, Ängsten, nach ihrer ersten Liebe u.v.m.

Das Projekt wurde bei dem ersten „Tag der Generationen“ am 17. Oktober

2008 im Grillo Theater Essen gleich dreimal vorgestellt, worüber sich Jung

und Alt sehr freuten.

3.3.2.2 „Opapaparty“

„Opapaparty“ nennt sich das zweite Projekt von Karen Brandl und Simone

Wrede, welches am 23. April 2010 startete und zum zweiten „Tag der Gene-

rationen“ am 19. November im Schauspielhaus Bochum vorgestellt und

durchgeführt wird. Dieses Projekt ist eine Zusammenarbeit zwischen den

150 Aussagen der Verfasserin 151 Tag der Generation in Essen-Programmheft Opaparazzi 2008: 3ff. 152 Arnsberger Rundschau 2008

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Schülern der Jahrgangstufe 11 eines Berufskollegs, der „Fachstelle Zukunft

Alter“ und den Senioren der Stadt Arnsberg und befasst sich damit, wie die

verschiedenen Generationen feiern. Ziel ist es, eine neue Partyform zu ent-

wickeln, mit der Jung und Alt zusammen feiern können. Dies soll erreicht

werden, indem man typisch junge und alte Feiermerkmale mischt, aber auch

neu entdeckt, so dass am Ende eine Partyform erschaffen wird, die es so

noch nie gab.

Am ersten Tag des Projekts trafen die beiden Theaterwissenschaftlerinnen

zunächst auf die Schüler der Jahrgangstufe 11 und fragten sie nach ihren

Vorstellungen von einer richtigen Party. „Was darf auf einer Party auf keinen

Fall fehlen? Mit welchen Wünschen und Träumen gehe ich auf eine Party?

Und warum gehe ich überhaupt feiern?“ Dabei wurden auch alle Bereiche

thematisiert, die den Teilnehmern für eine Party wichtig sind, wie zum Bei-

spiel Musik, Tanz, Outfit, Licht, Ton, der Raum u.v.m.

Am Nachmittag, als die Schüler schulfrei hatten, stellten Simone Wrede und

Karen Brandl dieselben Fragen an die Senioren um auch sie in das Thema

„Party“ einzuführen.

Am zweiten Tag des Projekts begegneten sich die Schüler und die Senioren

zum ersten Mal. Die Schüler hatten diesen Moment vorbereitet und begrüß-

ten jeden Einzelnen mit Händedruck und einer Tasse Kaffee. Die Senioren

waren über das große Interesse der Schüler überrascht und freuten sich

sehr, dass sie so freundlich begrüßt wurden. Anschließend fand ein lockerer

Austausch über die am Vortag gesammelten, relevanten Merkmale einer

Party statt. Die Senioren berichteten darüber, wie sie früher und heute feiern

und die Schüler erzählten, welche Elemente für ihre Party wichtig sind. Die-

ser Austausch führte dazu, dass man eine Idee für die eigene, aber auch für

die Feierkultur des Anderen bekam. Vor allem entstand bereits an dieser

Stelle ein neuer Blick auf die Bilder des Alters. Abschließend wurde Musik

aufgelegt und die Schüler zeigten den Senioren spontan die Figuren, die sie

heute in der Diskothek tanzen. An dem Grinsen in den Gesichtern ließ sich

erkennen, dass die Senioren, trotz ungewohnter Bewegungen, großen Spaß

hatten und auch die Schüler hatten nicht mehr den Eindruck, dass alte Men-

schen langweilig und unbeweglich sind.

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Überlegungen, an welchen Themenbereichen gearbeitet werden muss, damit

die Party mit Jung und Alt funktionieren kann, wurden am dritten Tag ge-

sammelt. Aus vielen Ideen wurden schließlich fünf Kategorien gebildet, die

für eine Party besonders wichtig sind. Die Klasse und die Senioren teilten

sich in Expertenteams zu den Themen Musik, Styling, Location, Tanz und

Video bzw. Foto auf und arbeiteten in Kleingruppen an ihrem Aufgabenbe-

reich. Zum Abschluss dieses Tages wurden die ersten Ergebnisse jeder

Gruppe präsentiert.

Am vierten Tag erläuterten Simone Wrede und Karen Brandl einige theoreti-

sche Grundlagen und gaben den einzelnen Gruppen eine genaue Aufgaben-

stellung bzw. Zielvorgabe. Die Tanzgruppe hatte die Aufgabe, junge und alte

Tanzstile zu mischen, aber auch daraus ganz neue Tanzelemente zu entwi-

ckeln. Eine Liste mit möglichen jungen und alten Liedern zu erstellen war die

Aufgabe der Musikgruppe. Aus dieser Auswahl an Liedern, sollten drei oder

vier Lieder ausgesucht und miteinander gemischt werden, so dass ein ganz

neuer Hit entstand, der sowohl junge als auch ältere Menschen anspricht.

Auch ein selbst gesprochener Satz, in dem der Titel „Opapaparty“ vorkommt,

könnte in den Hit mit einfließen. Auch die Styling Gruppe versuchte junge

und alte Elemente zu mischen, zum Beispiel eine Frisur aus den 50er Jahren

und das Make-up, wie junge Menschen es heute auf einer Party tragen wür-

den. Daraus wiederum sollte ein neuer Style entstehen, wie er von allen Al-

tersklassen getragen werden kann. Das Locationteam war für die Raumge-

staltung verantwortlich und konnte dabei mit jungen und alten Materialien

arbeiten. Beispielsweise wird der Raum mit antiken Stühlen, jedoch mit bun-

ten modernen Bildern geschmückt. Die Gruppe Video bzw. Foto konnte bei

diesem Treffen noch nicht arbeiten, da noch nicht feststeht, ob es im Schau-

spielhaus Bochum möglich ist, eine Leinwand zu stellen. Diese Gruppenmit-

glieder waren solange anderen Gruppen zugeordnet. Dieser Tag war für alle

Beteiligten sehr anstrengend und machte Einige sehr unzufrieden, da sie

lieber kreativ tätig sein wollten, statt den Theaterwissenschaftlerinnen zuzu-

hören. Am vorerst letzten Tag des Projektes arbeiteten die Schüler und Se-

nioren direkt in ihren Gruppen. Die Tanzgruppe erhielt dabei Unterstützung

von ihrer Sportlehrerin und die Musikgruppe von ihrer Musiklehrerin. Die

Stylinggruppe traf sich mit einer Klasse der Kosmetikerinnen und zeigte ih-

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nen die mitgebrachten Stylingvorschläge aus gesammelten Zeitschriften. Die

Kosmetikerinnen entschieden schnell, welche Frisur und welches Make-up

zu welchem Gesicht passen würden und probierten es an ihren Modellen

aus. Dabei stellte sich heraus, dass einige der jungen Kosmetikerinnen Angst

hatten, die älteren Menschen zu stylen, weil sie sich schämen würden, wenn

den Älteren ihr neues Aussehen nicht gefallen würde. Die Klasse machte

sogar den Vorschlag, die Projektgruppe ins Schauspielhaus zu begleiten und

sie vor Ort zu stylen. Am Ende des Tages wurden die Ergebnisse der einzel-

nen Gruppen präsentiert, wobei Jung und Alt sehr viel gemeinsam gelacht

haben.

„Opapaparty“; Foto: Uwe Künkenrenken

Weitere Treffen finden nach den Sommerferien und im November statt, bevor

die gemeinsame Party von Jung und Alt schließlich zum Tag der Generatio-

nen am 19. November, nach der Vorstellung aller Projekte, im Schauspiel-

haus Bochum startet. Die Schüler und die Senioren aus Arnsberg möchten

möglichst alle Menschen, die am „Tag der Generationen“ teilnehmen, bei der

Feier von Jung und Alt begrüßen. Wie man die Menschen dazu bringen kann

an der Party aller Generationen teilzunehmen, überlegen sich die Schüler

und Senioren im weiteren Verlauf des Projektes.153

153 Die Verfasserin hat an dem Projekt selbst teilgenommen und keine schriftlichen Quellen genutzt. Leider sind die weiteren Termine und das Ende des Projektes erst nach Abga-

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Die beiden Projekte „Opaparazzi“ und „Opapaparty“ sind sehr gute Beispiele

für generationsübergreifende Projekte. Die Jugendlichen und die älteren

Menschen haben die Chance eng miteinander zusammen zu arbeiten und

sich intensiv kennen zu lernen. Sie haben sich ausgetauscht und Dinge ge-

tan, die sie niemals mit ihren Familienmitgliedern besprochen oder gemacht

hätten. Dies führt zu einem gegenseitigen Verständnis und hat die Bilder in

den Köpfen der Jugendlichen über die älteren Menschen, aber auch die Bil-

der der Alten gegenüber den Jugendlichen positiv verändert. Es wäre sehr

wünschenswert, wenn mehrere Schulen solche Projekte in ihren Lehrplan

bzw. Unterricht integrieren würden.

Durch die Beschreibung einiger Projekte154 soll deutlich werden, dass in

Arnsberg eine Vielzahl unterschiedlichster Projekte laufen, die alle das Ziel

haben, Menschen zu helfen. Sei es den kranken, pflegebedürftigen Men-

schen im Altenheim, den Kindern im Kindergarten, den Grundschulkindern,

den Jugendlichen oder sogar den Engagierten selbst. Denn die Motive der

Engagierten, ein Projekt zu entwickeln oder daran teilzunehmen, sind vielfäl-

tig und nie ganz uneigennützig.

3.4 Motive von Engagierten - Exemplarische Gespräch e

In diesem Kapitel geht es um die Motive, die die Engagierten dazu veranlas-

sen, ein bürgerschaftliches Engagement zu übernehmen. Der Schwerpunkt

liegt dabei in der Motivation der Älteren. Aus diesem Grund führte die Ver-

fasserin mit drei älteren Engagierten und einem Mitarbeiter der „Fachstelle

Zukunft Alter“ der Stadt Arnsberg ein Experteninterview zum Thema „Motive“

durch. Diese Interviews dienen dazu, die Aussagen, die sich auf Fachliteratur

stützen, beispielhaft anzureichern.

be der Diplomarbeit, so dass das Projekt „Opapaparty“ nur bis zu diesem Zeitpunkt be-schrieben werden kann.

154 Dies ist nur eine kleine Auswahl an Projekten. Es gibt viele weitere, die aus Zeit- und Platzgründen nicht alle berücksichtigt werden können.

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Um die Anonymität zu wahren, bezeichnete die Autorin die vier Interview-

partner als Experte A, B, C und D. Experte A ist Mitarbeiter der „Fachstelle

Zukunft Alter“ in Arnsberg, männlich, von Beruf Diplom-Geograph und 30

Jahre alt. Experte B engagiert sich freiwillig in den verschiedensten Projekten

für Jung und Alt, ist weiblich, ehemalige Personalsachbearbeiterin und 66

Jahre alt. Bürgerschaftlich engagiert ist auch Experte C, indem er Projekte

hauptsächlich in Bild und Ton begleitet. Er ist männlich, ehemaliger Einzel-

handelskaufmann im Bereich Radio- und Fernsehtechnik und 70 Jahre alt.

Experte D engagiert sich hauptsächlich für Kinder, ist ebenfalls männlich,

ehemaliger Mustergürtler155 und 81 Jahre alt (siehe Tabelle 6). Die Interviews

wurden mit einem Diktiergerät aufgezeichnet und anschließend in Schriftform

gebracht. Die Verfasserin bildete anschließend aus dem Interviewmaterial

die folgenden Kategorien: Tätigkeitsbereiche, Motive, Ziele und Wünsche,

Merkmale der Engagierten, Einsatz beruflicher Fähigkeiten, Werben/Wege

von bürgerschaftlich Engagierten, Zusammenarbeit zwischen Hauptamtli-

chen und bürgerschaftlich Engagierten, Abbruch eines bürgerschaftlichen

Engagements sowie Gefahren und Probleme und ordnete die jeweiligen

Kernaussagen aus den Interviews diesen Kategorien zu. Im Anschluss daran

paraphrasierte sie die Aussagen, um sie in diesem Kapitel verwenden zu

können.

Geschlecht Beruf Alter

Experte A männlich Dipl.-Geograph 30 Jahre

Experte B weiblich Personalsachbearbeiterin 66 Jahre

Experte C männlich Radio- und Fernsehtechni-ker

70 Jahre

Experte D männlich Mustergürtler 81 Jahre

Tabelle 6: Merkmale der Experten

Damit die Motive der älteren Freiwilligen beschrieben werden können, wer-

den zunächst die Begriffe „Motive“ und „Motivation“ von einander abgegrenzt.

155 Mustergürtler ist ein handwerklicher Beruf, der nur noch sehr selten ausgeübt wird.

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Auf die einzelnen Motivationsmodelle156 wird an dieser Stelle jedoch nicht

eingegangen, da die Darstellung dieser zu umfangreich wäre und dieses Ka-

pitel sich hauptsächlich auf die Ergebnisse des Freiwilligensurveys und der

Experteninterviews stützt.

Motivation lässt sich ebenfalls mit dem Begriff Verhaltenbereitschaft bezeich-

nen und beschreibt einen Zustand, der das Verhalten und Handeln zur Errei-

chung bestimmter Ziele beeinflusst. Grundlage für jede Motivation sind die

unterschiedlichsten Motive.157

Wenn man von den Motiven der bürgerschaftlich Engagierten spricht, geht es

immer um ein Motivbündel, denn niemand hat nur ein einziges Motivfreiwillig

tätig zu sein. Häufig bewegen den Bürger mehrere Motive aus den verschie-

denen Motivgruppen zum bürgerschaftlichen Engagement. Laut dem Modell

von Böhle gibt es fünf Motivgruppen, die Gründe beinhalten, sich zu engagie-

ren, nämlich die altruistischen, gemeinschaftsbezogenen, gestaltungsorien-

tierten, problemorientierten und die entwicklungsbezogenen Gründe. Unter

den altruistischen Gründen versteht man das Handeln für andere Menschen.

Die Bürger, die sich aus altruistischen Motiven engagieren, sehen ihr Enga-

gement als Pflicht gegenüber der Gesellschaft und haben das Ziel, zum Ge-

meinwohl beizutragen. In der Gesellschaft integriert zu sein und soziale Kon-

takte zu haben, wünschen sich die Engagierten, die aus gemeinschaftsbezo-

genen Motiven handeln. Gestaltungsorientierte Gründe geben diejenigen als

Motiv an, die die Gesellschaft aktiv mit gestalten wollen. Sie möchten nicht

nur ihre Meinung äußern, sondern bei der Umsetzung der Ideen beteiligt

sein. Auch eigene Probleme können ein Motiv für bürgerschaftliches Enga-

gement sein. Dieses Motiv überschneidet sich mit dem gemeinwohlorientier-

ten Engagement, denn die Auseinandersetzung mit den eigenen Problemen

führt dazu, gesellschaftliche Missstände verbessern zu wollen. Die freiwilli-

gen Tätigkeiten können außerdem zur Selbstverwirklichung dienen, das

heißt, dass es sowohl um den Neuerwerb von Fähigkeiten, als auch um die

Erreichung spezieller Zielsetzungen geht.

156 Zum Beispiel die „Maslowsche Bedürfnispyramide“, das „Fünf-Grundmotivationen-Mo-dell“, das „Zwei-Faktoren-Modell“, das „Reiss-Modell“ und das Modell von Anheier und Toepler.

157 Sommer-Loeffen in Forum Seniorenarbeit NRW 2007: 57

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Fakt ist, dass zunehmend selbstbezogene Motive, wie die Bereicherung der

Lebenserfahrung, der Fähigkeiten und der Wunsch nach Partizipation, aus-

schlaggebend für die Aufnahme eines bürgerschaftlichen Engagements sind.

Zwar geht es den meisten Engagierten auch weiterhin darum, etwas für das

Gemeinwohl zu tun, jedoch ohne sich auf Jahre für eine Aufgabe zu ver-

pflichten.158

Dies zeigen auch die Ergebnisse des zweiten Freiwilligensurveys und des

Engagementmonitors des dritten Freiwilligensurveys. 61 % der Befragten ab

14 Jahren möchten mit ihrem Engagement die Gesellschaft mit gestalten.159

Bei den älteren Bürgern (ab 60 Jahre) liegt diese Zahl sogar bei 70 %.160 Des

Weiteren ist den Engagierten sehr wichtig mit anderen Menschen zusam-

menzukommen, denn 61 % der Befragten stimmen dieser Aussage voll und

ganz zu.161 65 % der älteren Freiwilligen halten ein Zusammenkommen mit

anderen Menschen ebenfalls für wichtig.162

Auch Experten B und D üben ihre Tätigkeit aus, um Kontakt mit anderen

Menschen zu haben. Experte B ist dabei der Kontakt zu jungen sowie auch

zu alten Menschen wichtig. Experte D zieht Projekte mit Kindern vor, da er

mit ihnen gut handwerklich arbeiten kann.163 An diesen hohen Prozentzahlen

und durch die Experteninterviews lässt sich erkennen, dass der soziale As-

pekt bei einem bürgerschaftlichen Engagement nach wie vor der Wichtigste

ist. Der Erwerb von Qualifikationen und beruflichen Chancen und der

Wunsch nach Ansehen und Einfluss ist zwar existent, spielt aber gerade für

die Älteren nur eine Nebenrolle.164 Bei älteren Menschen sind jedoch außer-

dem Motive, wie Pflichterfüllung, Wertorientierungen und Politik vordergrün-

dig, während es jüngeren Menschen vorwiegend um ihre Selbstverwirkli-

chung geht.165 Das hohe Maß der Pflichterfüllung bei den älteren Engagier-

ten bestätigen auch Experten C und D. Experte C würde selbst eine Tätig-

158 Enquete-Kommission 2002: 51ff. 159 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Monitor Engagement

2010: 24 160 Die Zahlen der Altersgruppe über 60 Jahre sind vom zweiten Freiwilligensurvey, da es

noch keine aktuelleren gibt; Gensicke in Gensecke u.a. 2006: 288 161 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Monitor Engagement

2010: 24 162 Gensicke in Gensecke u.a. 2006: 288 163 siehe Kategorien der Interviews 164 Aussagen der Verfasserin 165 Gensicke in Gensecke u.a. 2006: 287

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keit, die ihm keinen Spaß macht, aus Liebe zu den Hilfebedürftigen nicht ab-

brechen. Seine Projekte mit Kindern würde auch Experte D nicht beenden,

da er sich ihnen gegenüber verpflichtet fühlt. Wenn er sich jedoch in einem

Projekt ungerecht behandelt fühlt, geht für ihn sein eigenes Interesse der

Pflichterfüllung vor. Auch Experte A ist der Meinung, zuerst an die eigene

Zufriedenheit zu denken und nicht aus Pflichtgefühl ein Engagement weiter

auszuführen, das einem keine Freude bereitet.166 Ein weiteres Motiv für en-

gagierte Ältere ist ein großer Freundes- und Bekanntenkreis, denn je größer

dieser ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit sich bürgerschaftlich zu en-

gagieren, da die Anstöße häufiger sind.167 Auch die Experten B, C und D

würden an dieser Stelle den Ergebnissen des zweiten Freiwilligensurveys

zustimmen, denn alle drei sind der Meinung, dass ein großer Freundes- und

Bekanntenkreis zum Engagement motiviert, denn sie sind ebenfalls über

Freunde und/oder Bekannte zu ihrer Tätigkeit gekommen. Außerdem haben

auch sie bereits Freunde und/oder Bekannte dazu bewegt, selbst tätig zu

werden.168 Ein weiterer Grund sich zu engagieren, ist die Ausscheidung aus

dem Berufsleben. Viele Ältere suchen sich nach einer Zeit des Genießens

ohne Verpflichtungen eine freiwillige Tätigkeit.169 Dies bestätigen auch Ex-

perten B und C. Jedoch stand für den Experten B bereits vor der Aufgabe

des Berufes fest, dass sie sich für Andere engagieren wird. Sie hat sogar

während ihrer Arbeitszeit begonnen, ein solches Ehrenamt zu suchen. Bei

dem Experten C war es wie oben beschrieben. Er genoss vorerst seine freie

Zeit, bis er merkte, dass ihn das nicht ausfüllte und er eine freiwillige Tätig-

keit aufnahm.170 Auch der Verlust des Ehepartners führt häufig zur Aufnahme

eines Engagements,171 was durch die Aussage des Experten D bestätigt

wird.

Jeder, der sich bürgerschaftlich engagiert, hat, wie die Abbildung 18 zeigt,

bestimmte Erwartungen, die er an die ausgewählte Tätigkeit stellt. Die obers-

te Position nimmt dabei, in allen Altersklassen, der Spaß an der Tätigkeit

166 siehe Kategorien der Interviews 167 Gensicke in Gensecke u.a. 2006: 286 168 siehe Kategorien der Interviews 169 Forum Seniorenarbeit NRW: 8, 35, 59 170 siehe Kategorien der Interviews 171 Appel in Forum Seniorenarbeit NRW: 59

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ein.172 Dies bestätigen auch Experten B und C.173 Ebenfalls sehr wichtig ist

der Gedanke, anderen Menschen zu helfen, mit ihnen zusammen zu kom-

men und zum Gemeinwohl beizutragen. Diese Punkte sind für ältere Enga-

gierte minimal wichtiger als für die jüngere Generation.174 Experten B und C

engagieren sich ebenfalls aus den Gründen mit anderen Menschen zusam-

men zu sein und etwas für sie zu tun.175 Wichtige Punkte sind für die Befrag-

ten des Freiwilligensurveys außerdem, dass man die eigenen Kenntnisse

und Erfahrungen einbringen und erweitern kann, mit Menschen anderer Ge-

nerationen zusammen kommt, eigene Verantwortung und Entscheidungs-

möglichkeiten hat, Anerkennung für seine Tätigkeit bekommt und seine eige-

nen Interessen vertreten kann.

Abbildung 18: Erwartungen an die Tätigkeit. Gensicke u.a. 2006: 289

Diesen Aussagen stimmen alle Altersklassen zu, allerdings ist der Anteil der

jüngeren Freiwilligen dabei minimal höher.176 Experten B, C und D bestätigen

das Ergebnis, dass es den Engagierten wichtig ist, ihre Kenntnisse und Er-

fahrungen weiterzugeben und zu erweitern, denn die Experten B und C wün-

schen sich, dass sie in ihrem Engagement Fortbildungen ermöglicht bekom-

172 Gensicke in Gensecke u.a. 2006: 289 173 siehe Kategorien der Interviews 174 Gensicke in Gensecke u.a. 2006: 289 175 siehe Kategorien der Interviews 176 Gensicke in Gensecke u.a. 2006: 289

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men. Dem Experten C ist es aber auch wichtig, dass er seine beruflichen

Fähigkeiten einsetzen kann. Experte D stimmt ihm an dieser Stelle zu. Dass

man mit anderen Generationen zusammen kommt, ist den Experten B und D

wichtig, denn Experte B möchte sowohl mit jüngeren als auch mit älteren

Menschen in Kontakt stehen. Experte D zieht den Kontakt mit der jüngeren

Generation vor.177 In diesem Fall ist Experte D (81 Jahre) eine Ausnahme in

seiner Altersklasse, denn die Engagierten im Alter ab 70 Jahren sind haupt-

sächlich für ältere Menschen und nur in Einzelfällen für Kinder tätig.178 Exper-

te C erwartet von seiner freiwilligen Tätigkeit, dass die Hauptberuflichen ihm

Anerkennung und ein ausreichendes Feedback bezüglich seiner Arbeit ge-

ben. Auch Experte A weist daraufhin, dass die Hauptamtlichen die Engagier-

ten anerkennen, wertschätzen, respektieren und ihnen eine Rückmeldung zu

ihrer Arbeit geben sollen. Die Experten sind sich darüber einig, dass der ge-

genseitige Respekt zwischen Engagierten und Hauptamtlichen nicht immer

gegeben ist und dass sie sich teilweise mehr Unterstützung und Anerken-

nung von Seiten der Hauptamtlichen wünschen.179 Die Zusammenarbeit zwi-

schen den Hauptamtlichen und den Engagierten zu verbessern, ist Aufgabe

der Sozialarbeit. Die Möglichkeiten, die die Sozialarbeit dafür hat, werden in

dem letzten Kapitel dieser Arbeit aufgezeigt.

Auch die Stadt Arnsberg ist vom demographischen Wandel und seinen Fol-

gen betroffen. Da die Auswirkungen nicht verhindert werden können, macht

es sich Arnsberg zur Aufgabe, die positiven Aspekte des demographischen

Wandels, vor allem die Ressourcen des Alters, zu nutzen. Um die Potenziale

der älteren Bürger einsetzen zu können, muss sich das Denken in einer

kommunalen Stadtverwaltung ändern, denn der demographische Wandel ist

ein sehr wichtiges Thema, womit sich nicht nur ein Fachbereich beschäftigen

kann. Die Folgen wirken sich auf jeden Bereich einer Stadtverwaltung aus,

so dass es einen Fachbereich geben sollte, der über den Anderen steht, um

mit allen Anderen besser kooperieren zu können. Außerdem müssen die äl-

teren Bürger in Form von eigenen Projekten mehr in die Gesellschaft einbe-

177 siehe Kategorien der Interviews 178 Gensicke in Gensecke u.a. 2006: 292f. 179 siehe Kategorien der Interviews

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zogen werden, was in Arnsberg bereits gut funktioniert. Die steigende Zahl

von bürgerschaftlich Engagierten erhöht jedoch bei den Hauptamtlichen die

Angst, nicht mehr gebraucht zu werden und die Arbeitsstelle zu verlieren.

Auch Auszubildende oder Studierende können Zweifel an ihrer Professionali-

tät bekommen, wenn sie das Gefühl haben, dass freiwillig Tätige für dieselbe

Arbeit eingesetzt werden. Diese eventuellen Gefahren und Probleme des

bürgerschaftlichen Engagements werden im nächsten Kapitel diskutiert.

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4 Bürgerschaftliches Engagement und/oder profes-sionelle Sozialarbeit

In diesem Kapitel geht es um die Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen

und bürgerschaftlich Engagierten und um die Gefahren und Probleme, die

ein bürgerschaftliches Engagement zur Folge haben können. Die Expertenin-

terviews finden an dieser Stelle ebenfalls Verwendung.

Der Experte C ist der Meinung, dass einige Einrichtungen auf bürgerschaft-

lich Engagierte verzichten, weil die Mitarbeiter Angst haben, durch diese er-

setzt zu werden.180 Es gibt in der Tat Situationen, in denen eine freiwillige

Tätigkeit zuvor als bezahlte Arbeit geleistet wurde, Überlegungen ob und

welche Arbeitsstellen jedoch entstanden wären, wenn es keine freiwilligen

Tätigkeiten gäbe, sind Spekulationen. Fakt ist, dass bürgerschaftliches En-

gagement, nach Auffassung der Autorin, lediglich unterstützend und ergän-

zend sein kann und kein Teil einer bewussten Strategie des Arbeitgebers

werden darf, indem er Stellen streicht und sich vorher nach Engagierten um-

sieht, die diese Aufgaben übernehmen könnten.181 In diesem Zusammen-

hang kommt es, laut Meinung der Verfasserin, bei den Hauptamtlichen häufig

zu Konkurrenzgedanken. Dieses Konkurrenzdenken wirkt sich negativ auf

die Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen und bürgerschaftlich Enga-

gierten aus.182

Ferner müssen sich die Einrichtungen bewusst machen, dass es bürger-

schaftliches Engagement nicht umsonst gibt, sondern es Qualifizierung und

Investition benötigt. Die Hauptamtlichen müssen sich, neben ihrer normalen

Arbeit, auch um die Unterstützung der Freiwilligen kümmern. Dies führt häu-

fig zu Schwierigkeiten, denn Fragen und Probleme kommen meist zu unpas-

senden Zeiten für die Mitarbeiter auf. Außerdem kommt die Mehrheit der En-

gagierten aus anderen beruflichen Zusammenhängen, hat jedoch hohe An-

sprüche an eine selbstständige Aufgabenerfüllung, welches das Anleiten die-

180 siehe Kategorien der Interviews 181 Evers in Forum Seniorenarbeit NRW: 29 182 Polenz in Forum Seniorenarbeit NRW: 42

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ser Gruppe nicht einfach macht. Die zusätzliche Belastung der Hauptamtli-

chen ist demnach sehr hoch und der Gewinn nicht unmittelbar zu sehen.183

Die Überlastung der Hauptamtlichen könnte auch ein Indiz für die mangelnde

Beachtung der Engagierten sein, die Experte C in einigen Einrichtungen be-

obachtet. Er erklärt, dass es Einrichtungen gibt, die nicht mit den freiwillig

Tätigen kommunizieren. Dort gibt es keine Rückmeldung über die geleistete

Arbeit und auch sonst werden sie nicht beachtet. Auch Experte D kritisiert die

Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen und bürgerschaftlich Engagier-

ten, denn sie beziehen ihn in die Projekte, die er durchführen soll, nicht von

Anfang an mit ein, obwohl er sein Wissen und seine Erfahrungen gerne ein-

bringen würde. Des Weiteren bemängelt er, in speziellen Situationen, zum

Beispiel im Umgang mit emotional schwachen Kindern, nicht ausreichend

vorbereitet zu sein, da er in dieser Hinsicht keine Unterstützung von den

Hauptamtlichen erfährt. Auch Kritik nehmen sie, laut Experte D nicht an,

sondern in ihrem alten Muster verbleiben.184 Da die Verbesserungsvorschlä-

ge der Befragten des dritten Freiwilligensurveys im Jahr 2009 jedoch insge-

samt zurückgegangen sind,185 lässt dies auf eine Verbesserung der Zusam-

menarbeit zwischen Hauptamtlichen und Engagierten in den letzten zehn

Jahren schließen. Um die Zusammenarbeit weiter zu verbessern, gibt es

dennoch viel zu tun.

Die sozialen Einrichtungen, die Hauptamtlichen und die bürgerschaftlich En-

gagierten haben unterschiedliche Bedürfnisse, Vorstellungen und Anliegen,

wenn sie aufeinander treffen. Da die Wenigsten eine Tätigkeit nur aus reiner

Nächstenliebe übernehmen, müssen sich die Hauptamtlichen darauf einstel-

len, dass die Engagierten ihre eigenen Ideen umsetzen und ihre Aufgaben

zum größten Teil selbstständig durchführen möchten. Die Einrichtung und

ihre Mitarbeiter haben eventuell andere Vorstellungen, in welchen Aufgaben-

bereichen sie die Freiwilligen einsetzen wollen, so dass es häufig zu Proble-

men in der Zusammenarbeit kommt. Um diese Missverständnisse zu verhin-

dern oder bearbeiten zu können, ist ein regelmäßiger Austausch von Nöten.

183 Karl u.a. 2008: 16ff. 184 siehe Kategorien der Interviews 185 Monitor Engagement 2010: 42

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Diesen Austausch zu begleiten oder zu unterstützen, wenn es Schwierigkei-

ten gibt, ist Aufgabe der Sozialarbeit. In erster Linie sollten dies die Sozialar-

beiter der Einrichtung klären. Wenn die Einrichtungen niemanden haben, der

dies übernehmen kann oder aus anderen Gründen ein Außenstehender be-

nötigt wird, besteht auch die Möglichkeit einen Sozialarbeiter der „Fachstelle

Zukunft Alter“ der Stadt Arnsberg zu beauftragen, zwischen den Parteien zu

vermitteln. Welche weiteren Möglichkeiten die Sozialarbeit hat, die Zusam-

menarbeit zwischen Hauptamtlichen und den Engagierten zu verbessern,

wird in Kapitel fünf dargestellt.

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__________________________________________________________ 98

5 Ausblick für die Sozialarbeit

In diesem Kapitel wird beschrieben, welche Kriterien einen guten Umgang

zwischen Hauptamtlichen (eventuell Sozialarbeitern) und Engagierten er-

möglichen können, damit die Zusammenarbeit zwischen ihnen gut funktio-

niert und für beide Seiten zufrieden stellend ist. Wenn es trotz der Regeln

Schwierigkeiten im Umgang gibt, könnte die Sozialarbeit von außen Einfluss

auf die Zusammenarbeit zwischen den Hauptamtlichen und den Engagierten

nehmen. Außerdem sollte sich die Sozialarbeit überlegen, wie sie dafür

sorgt, dass die Freiwilligen ihr bürgerschaftliches Engagement nicht abbre-

chen und wie sie noch mehr Menschen motivieren kann, eine ehrenamtliche

Tätigkeit zu übernehmen.

Die Ressourcen der älteren Bürger müssen als unverzichtbar akzeptiert wer-

den, bevor man sie für ein Engagement anspricht. Denn nur, wenn sie dem-

entsprechend behandelt werden, merken sie, dass ihr Alter auch Vorteile hat,

was die Bereitschaft zur Übernahme einer freiwilligen Tätigkeit erhöht.186

Dieser Aussage stimmt Experte A zu, denn er ist der Meinung, dass man den

Bürgern die Auswirkungen des demographischen Wandels in Form einer Of-

fensive bewusst machen muss und dabei ihre Fähigkeiten in den Mittelpunkt

stellen sollte, da sich auf diese Weise die Grundbereitschaft zum Engage-

ment verbessert. Die Verfasserin ist derselben Meinung.

Wenn ein Bürger sich schließlich zu der Übernahme eines bürgerschaftlichen

Engagements bereit erklärt, sollte vor Projektbeginn geklärt werden, welche

Vorstellungen, Wünsche und Bedingungen der Engagierte, aber auch die

Einrichtungen haben. Dies entspricht auch der Aussage des Experten A.

Außerdem legen engagierte Bürger hohen Wert auf persönliche Kontakte

und Kooperationspartner, die sie jederzeit unbürokratisch ansprechen kön-

nen, wenn es Probleme gibt oder sie Fragen stellen möchten. Sie wollen zum

Beispiel wissen, ob ihre Arbeit erfolgreich ist oder ob Verbesserungen sinn-

voll wären.187 Weiterhin ist die Verfasserin der Meinung, dass die Hauptamt-

lichen den Engagierten zuhören sollten um ihre Interessen herauszufinden,

186 Kruse/Wahl 2010: 388 187 Zippel/Kraus 2009: 211ff.

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__________________________________________________________ 99

damit sie sie in entsprechenden Projekten einsetzen können. Denn nur wer

Freude an seiner Tätigkeit hat, ist bereit sich weiter zu engagieren. Beson-

ders wichtig ist dabei der Beginn des Engagements. In dieser Zeit müssen

häufiger Rücksprachen gehalten und die Freiwilligen in ihre Aufgaben einge-

führt werden. Die Förderung von bürgerschaftlich Engagierten ist jedoch eine

dauerhafte Aufgabe, denn sie möchten Verantwortung übernehmen, neue

Erfahrungen machen und ihr Wissen erweitern.188 Dies ist auch für Experte B

besonders wichtig, denn er hat den Wunsch, im Rahmen seines bürger-

schaftlichen Engagements an Weiterbildungen teilnehmen zu können, damit

er sein Leben lang lernt und weiß, wie er in bestimmten Situationen agieren

kann.189

Außerdem sollte man versuchen, die Vorschläge und Anliegen, die die En-

gagierten haben, umzusetzen, da es ansonsten passieren könnte, dass die-

se Bürger ihre Aufgabe abbrechen.190 Diese Meinung vertritt auch die Ver-

fasserin. Die Experten B und D weisen jedoch daraufhin, dass sie trotz „nicht

umsetzen“ ihrer Kritik, ihr Engagement aus Liebe zu den Hilfebedürftigen

nicht beenden würden. Man muss ebenfalls bedenken, dass die Einrichtun-

gen keine bürgerschaftlich Engagierten aufnehmen würden, wenn sie keinen

eigenen Nutzen daraus ziehen könnten. Aus diesem Grund muss die Einrich-

tung darauf achten, dass ihre Mitarbeiter die Unterstützung der Engagierten

leisten kann und die Ziele der Einrichtung verfolgen, um ihre Existenz zu si-

chern.191 Allerdings muss sie ihre Rahmenbedingungen zum Teil an die Be-

dürfnisse der Freiwilligen anpassen, damit eine Balance zwischen den Be-

dürfnissen der Hauptamtlichen bzw. der Einrichtung und den bürgerschaftlich

Engagierten entsteht. Damit man ausreichend von den Bedürfnissen des An-

deren erfährt, sollte die Einrichtung einige Engagierte zu ihren Teamsitzun-

gen einladen und wechselnde Hauptamtliche an den Treffen der freiwillig

Tätigen teilnehmen.192

Bürgerschaftlich Engagierte wollen Unterstützung von den Hauptamtlichen

und eine regelmäßige Anerkennung für ihre Dienste. Anerkennung kann ein

Mensch nur erfahren, wenn seine Leistungen und Meinungen ernst genom-

188 Zippel/Kraus 2009: 211ff. 189 siehe Kategorien der Interviews 190 Enquete-Kommission 2002: 45 191 Karl u.a. 2008: 16f. 192 Appel in Forum Seniorenarbeit NRW: 59ff.

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men werden.193 Ihre Anerkennung kann eine Einrichtung auf unterschiedliche

Weise zeigen. Entweder über emotionale Zuwendung in der zwischen-

menschlichen Beziehung, über öffentliche und soziale Wertschätzung, zum

Beispiel durch „Dankeschön-Veranstaltungen“, Ehrungen oder andere Aus-

zeichnungen oder durch die Zuerkennung von Rechten, das heißt, durch die

Möglichkeit der Mitentscheidung.194 Die Mitbestimmung und die Übernahme

von Verantwortung ist sehr wichtig, denn sie beugen einer Ausgrenzung und

demnach einen Abbruch des Engagements vor.195 Ebenfalls gehören Infor-

mations- und Betreuungsangebote zum Beispiel in Seniorenbüros, die Quali-

fizierung und Begleitung, der Versicherungsschutz und der Ausgleich von

Aufwendungen dazu.196 Das Einhalten von Verbindlichkeiten ist eine Regel

an die sich die Engagierten, aber auch die Kooperationspartner halten müs-

sen, denn nur so kann Anerkennung und Respekt vermittelt werden.

Die Sozialarbeit sollte zusätzlich beachten, dass es für die Freiwilligen be-

sonders wichtig ist, gemeinschaftlich tätig zu sein und die Aufgabe befristen

zu können, denn langfristige Verantwortung schreckt einige Bürger ab, ein

Engagement anzunehmen. Aus diesen Gründen muss die Sozialarbeit An-

gebote schaffen, die sich den Bedürfnissen und Motiven der Engagierten

anpassen und die gegebenenfalls zeitlich befristet sind, damit sie im Erfolgs-

fall verlängert werden können.197 Neben der zeitlichen Befristung sollten die

Engagementzeiten relativ flexibel gestaltet sein. Dabei sei zu beachten, dass

ältere Bürger ihre Tätigkeiten bevorzugt in der Woche ausüben und zwar

vormittags und nachmittags, aber nicht vor 10 Uhr morgens. Des Weiteren ist

die Bereitschaft zum Engagement von saisonalen Einflüssen, wie frühe Dun-

kelheit im Herbst und Winter, abhängig.198

Ebenfalls ist darauf zu achten, dass die Engagierten keine günstigen Ersatz-

kräfte für Hauptberufliche sind und das Verhältnis zwischen ihnen klar gere-

gelt ist.199 Die Einrichtungen dürfen nicht erwarten, dass die bürgerschaftlich

193 Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland 2005: 344

194 Sommer-Loeffen in Forum Seniorenarbeit NRW: 63 195 Scholl in Forum Seniorenarbeit NRW: 77 196 NDV 2007: 484 197 Zippel/Kraus 2009: 211ff. 198 Meyer 2008: 35ff. 199 Rüßler 2008: 13

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Engagierten hoch qualifizierte Arbeit ohne Bezahlung leisten, denn für solche

Tätigkeiten muss man entsprechend entlohnt werden.200

Die Sozialarbeit sollte sich bewusst machen, dass sich die Bedürfnisse und

Vorstellungen von Männern und Frauen nach wie vor unterscheiden. Wäh-

rend Frauen sich meist lieber weiterbilden und etwas Neues lernen, möchten

viele Männer lieber erworbene Kompetenzen aus ihrem Berufsleben weiter-

geben.201

Auffällig ist, dass sozialschwache Familien, die aufgrund ihrer schlechten

Bildung und ihrem geringen Einkommen benachteiligt sind, nur sehr schwach

oder gar nicht im bürgerschaftlichen Engagement vertreten sind.202 Die Sozi-

alarbeit sollte sich zur Aufgabe machen, dieses Phänomen zu durchbrechen,

zum Beispiel indem sie gezielt diese Familien anspricht und ihnen ein Enga-

gement anbietet, welches sie interessiert, wo sie beispielsweise ihre Kinder

mitnehmen können, was in der Nähe ist und wo keine Kosten entstehen.

Bürger mit einem Migrationshintergrund könnten sich in Projekten engagie-

ren, in denen viele Teilnehmer ebenfalls einen Migrationshintergrund haben,

denn diese Beziehung ist meist intensiver, da sie sich und ihre Kultur besser

verstanden fühlen.

Eine weitere Aufgabe der Sozialarbeit wäre die Entwicklung von weiteren

generationsübergreifenden Projekten, denn 91 % der Gesellschaft ist der

Meinung, dass solche Projekte die Beziehung zwischen Jung und Alt fördern.

Die Mehrheit der Befragten gibt dem Verhältnis zwischen den Generationen

die Schulnote „befriedigend“. Dies ist kein erschreckendes Ergebnis, es ist

jedoch durchaus verbesserungswürdig.203

Wenn die in diesem Kapitel aufgeführten Erfolgskriterien nicht eingehalten

werden, kann es schnell zum Abbruch eines Engagements kommen. Selbst-

verständlich könnten auch andere Gründe hierbei eine Rolle spielen, denn

ein bürgerschaftliches Engagement wird meist nicht aus einem Grund been-

det, sondern wegen der Häufung der Missstände.204

200 Evers in Forum Seniorenarbeit NRW: 32 201 Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland

2005: 344 202 Enquete-Kommission 2002: 48 203 Stiftungsreport Umfrage „Engagement“: 133ff. 204 Aussagen der Verfasserin

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Unerlässlich für eine geordnete Beziehung zwischen Hauptamtlichen und

den freiwillig Tätigen ist in jedem Fall die Qualität des Engagements anzuer-

kennen und die Arbeit der Engagierten, der beruflichen Arbeit nicht nachzu-

ordnen. Zudem darf eine Einrichtung nicht vergessen, dass die freiwillige Ar-

beit weitere Angebote schaffen soll, jedoch nicht dazu dient, die Hauptamtli-

chen zu ersetzen.

Zum Abschluss dieser Arbeit erfolgt ein zusammenfassendes Resümee.

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6 Resümee

Abschließend lässt sich sagen, dass jede Kommune in Deutschland von den

Auswirkungen des demographischen Wandels betroffen ist und es lediglich

Unterschiede in der Stärke der Betroffenheit gibt. Aufgrund der Zuwanderun-

gen, der steigenden Lebenserwartung und der niedrigen Geburtenrate wird

die Bevölkerung auch zukünftig bunter, älter und weniger werden. Um mit

diesen Herausforderungen umzugehen, muss eine Kommune das Potenzial

der älteren Menschen erkennen und nutzen. Denn viele „junge Alte“ haben

ein hohes Kapital an Zeit, Wissen und Erfahrung, das sie gerne an andere

Menschen weitergeben möchten.

Um dies für die jüngere, arbeitende Generation erkennbar zu machen, muss

sich die altersdifferenzierte zu einer altersintegrierten Lebenslaufstruktur

entwickeln. Das heißt, dass die Bereiche Ausbildung, Arbeit und Freizeit

nicht altersspezifisch aufgeteilt werden, sondern in jedem Lebensalter jeder

der drei Bereiche Platz finden sollte. Denn ältere Menschen können ebenfalls

arbeiten, das heißt auch, sich bürgerschaftlich engagieren und sich weiterbil-

den lassen, um auch im Alter neues Wissen zu erlangen.205 Eine Befragung

mit 4.110 Personen im Alter von 20 bis 65 Jahren, hat ergeben, dass die

Ressourcen der älteren Menschen durchaus erkannt werden, denn 90,1 %

sind der Meinung, dass jüngere Generationen von der Anwesenheit, dem

Wissen und der Erfahrung Älterer profitieren können. Außerdem stimmen

89,5 % der Aussage zu: Ältere Menschen sind Dank ihrer Erfahrung ein

wertvoller Bestandteil für die Gesellschaft.206 Diese Erkenntnis ist ein großer

Schritt, den die Generation aufeinander zu gehen und somit den Generatio-

nenkonflikt entschärfen.

Dass die Ressourcen der älteren Bürger wertvoll sind, hat auch die Stadt

Arnsberg erkannt und versucht aus diesem Grund seit Jahren, diese mit in

kommunale Planungen und soziale Projekte einzubeziehen. Dies gelingt ihr

durch geeignete Rahmenbedingungen, die die „Fachstelle Zukunft Alter“ als

Anlaufstelle für aktive ältere Bürger bietet. Außerdem holt sich die Stadt

Arnsberg durch regelmäßige Befragungen die Meinungen ihrer Einwohner

205 Meier 2007: 293 206 Meier 2007: 292

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__________________________________________________________ 104

ein und versucht ihre Interessen umzusetzen. In einer Stadt, in der man als

Bürger beachtet und angehört wird, fühlt man sich wohl, wird aktiv und sess-

haft. Das gilt nicht nur für ältere Menschen, sondern auch für die jüngere Ge-

neration. Ziel muss ebenfalls sein, die jungen Menschen an ihre Kommune

zu binden, denn sie können den Nachwuchs einer Stadt sichern und die

Auswirkungen des demographischen Wandels reduzieren.

Das Schöne an den sozialen Projekten der Älteren ist, dass sie allen Beteilig-

ten große Freude macht, denn nicht nur den hilfebedürftigen Kindern, Ju-

gendlichen oder Alten ist geholfen, sondern auch der Helfende fühlt sich an-

erkannt, gebraucht und gibt seinem Leben einen neuen Sinn.

Hierzu ein Beispiel:

Opa Jäksch dachte nach dem Tod seiner Frau, dass auch sein Leben vorbei

wäre, da er sehr einsam war. Eines Tages lief er durch sein Dorf und wurde

von einem kleinen Mädchen gefragt, warum er immer so traurig gucken wür-

de. Opa Jäksch erzählte dem Kind von seiner Frau und erklärte ihr, dass sei-

ne Frau nicht mehr bei ihm sein könnte. Daraufhin nickte das Mädchen und

sagte, er solle einfach mit ihr in den Kindergarten kommen, was er auch tat.

Dank der Offenheit der Mitarbeiter des Kindergartens war es möglich, dass

Opa Jäksch über Jahre jeden Tag dorthin kommen konnte und mithelfen

durfte. Leider musste er aus gesundheitlichen Gründen zur Familie seiner

Tochter nach Dortmund ziehen. Er ließ es sich jedoch nicht nehmen weiter-

hin in den Kindergarten zu gehen, so dass er beschloss zweimal im Jahr für

vier Wochen in sein Heimatdorf zurück zu kehren, um in der Zeit in dem Kin-

dergarten aus zu helfen.

An diesem Beispiel lässt sich erkennen, dass eine neue Aufgabe - ein wie-

dergegebener Sinn - ein Leben von einem auf den anderen Tag verändern

kann. Für jeden Menschen ist es sehr wichtig, dass er gebraucht und aner-

kannt wird. Aus dem Grund darf eine Kommune ihre älteren Bürger nicht sich

selbst überlassen, sondern muss ihnen Möglichkeiten bieten, eine freiwillige

Aufgabe zu übernehmen. Denn dies ist zum Wohle aller - der hilfebedürfti-

gen, des Engagierten und der Gesellschaft.

Dabei ist es ganz egal wie alt man ist, denn wir können immer etwas für uns

und Andere tun und das Alter können wir sowieso nicht beeinflussen. Prof.

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__________________________________________________________ 105

Dr. Leopold Rosenmayr sagte sehr treffend: „Wir sind das und wir werden

das, was wir sind, und es ist auch nicht notwendig jung zu bleiben. Es ist

notwendig gesund und handlungsfähig zu bleiben und denkfähig zu bleiben“

(Rosenmayr)

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7 Literaturanhang

7.1 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Zusammengefasste Geburtenziffer der Kalenderjahre.

Lebendgeborene je Frau. Statistisches Bundesamt 2009 ... 12

Abbildung 2: Bevölkerung nach Altersgruppen. 12. koordinierte

Bevölkerungsvorausberechnung 2009 ............................... 15

Abbildung 3: Männer- und Frauenanteil der Bevölkerung in Altersgruppen -

2005 (%): Backes/Clemens 2008 ....................................... 19

Abbildung 4: Wandlungen im Altersaufbau der deutschen Bevölkerung.

Witterstätter 2008 ................................................................ 20

Abbildung 5: Anteil der 60-jährigen und Älteren an der deutschen bzw.

ausländischen Bevölkerung in der Bundesrepublik 1999 bis

2050 (in %). Backes/Clemens 2008 .................................... 21

Abbildung 6: Bevölkerungsvorausberechnung 2005 bis 2050 für NRW.

Grüber-Töpfer u.a. 2007 ...................................................... 22

Abbildung 7: Anteile der Altersgruppen in NRW seit 1950. Grüber-Töpfer

u.a. 2007 ............................................................................. 23

Abbildung 8: Freiwillig Engagierte. Monitor Engagement 2010 ............... 39

Abbildung 9: Freiwilliges Engagement und Bereitschaft. Monitor

Engagement 2010 ............................................................... 40

Abbildung 10: Dauer der freiwilligen Tätigkeit. Monitor Engagement 2010. 42

Abbildung 11: Häufigkeit der freiwilligen Tätigkeit. Monitor Engagement

2010.................................................................................... 43

Abbildung 12: Engagierte nach Altersgruppen. Monitor Engagement 2010 . 44

Abbildung 13: Freiwilliges Engagement nach Altersgruppen. Monitor

Engagement 2010 ............................................................... 45

Abbildung 14: Persönliche Gründe des freiwilligen Engagements. Gensicke

u.a. 2006 ............................................................................. 46

Abbildung 15: Gründe bezogen auf freiwillige Tätigkeit. Gensicke u.a. 2006 46

Abbildung 16: Die Stadt Arnsberg und ihre Stadtteile. Stadt Arnsberg 2003 .. 50

Abbildung 17: Erfahrungswissen für Initiativen. Broschüre „Zukunft braucht

Erfahrung“ ........................................................................... 63

Abbildung 18: Erwartungen an die Tätigkeit. Gensicke u.a. 2006 .............. 92

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__________________________________________________________ 107

7.2 Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 2009.............. 14

Tabelle 2: Altenquotient 2008 und 2060. 12. koordinierte

Bevölkerungsvorausberechnung 2009 ....................................... 16

Tabelle 3: Übersicht der Annahmen zur künftigen Entwicklung der

Lebenserwartung bis 2060. 12. koordinierte

Bevölkerungsvorausberechnung 2009 ....................................... 17

Tabelle 4: Anteilswerte der Einpersonenhaushalte nach Alter und

Geschlecht der Bezugsperson in NRW 2004. Grüber-Töpfer u.a.

2007 ........................................................................................... 24

Tabelle 5: Steckbrief. Monitor Engagement 2010 ....................................... 38

Tabelle 6: Merkmale der Experten .............................................................. 88

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www.wegweiser-kommune.de/datenprognosen/demographiebericht/

Demographiebericht.action (10.04.2010)

Berufskolleg am Eichholz: Wissen-Können-Handeln. Generationen verbin-

den. Eine Bildungsoffensive des Berufskollegs am Eichholz als Antwort auf

den demographischen Wandel der Gesellschaft.

www.arnsberg.de/senioren/projekte/generationen-verbinden.pdf (04.05.2010)

Page 118: Fachhochschule Dortmund€¦ · Fachhochschule Dortmund Fachbereich 8: Angewandte Sozialwissenschaften Diplomarbeit zum Thema: Engagement im Alter - Darstellung am Beispiel der Stadt

__________________________________________________________ 112

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Fünfter

Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland

2005.

www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Abteilung3/Pdf-Anlagen/fuenfter-

altenbericht,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf

(23.02.2010)

Stadt Arnsberg: Einwohnerstatistik 2009.

www.arnsberg.de/informationen/einwohnerstatistik.pdf (11.04.2010)

Stadt Arnsberg - „Fachstelle Zukunft Alter“: Arbeit des Seniorenbeirats

2010.

www.arnsberg.de/seniorenbeirat/Arbeit_des_Seniorenbeirats.pdf

(05.05.2010)

Stadt Arnsberg: Die kleine Raupe Nimmersatt 2009.

bildungsstadt.arnsberg.de/bildung/fruehe

bildung/bildungspartnerschaften/generationsuebergreifende-

kooperation/schwarzlichttheater-kita.php (07.05.2010)

Statistisches Bundesamt Deutschland: 12. koordinierte Bevölkerungsvo-

rausberechnung 2009.

http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/

pk/2009/Bevoelkerung/pressebroschuere_bevoelkerungsentwicklung2009,pr

operty=file.pdf (01.03.2010)

Deutscher Bundestag: Bericht der Enquete-Kommission „Zukunft des Bür-

gerschaftlichen Engagements“ 2002

www.dipbt.bundestag.de/dip21/btd/14/089/1408900.pdf (05.03.2010)

7.5 Anlagen

7.5.1 Leitfaden der Experteninterviews (Bürgerschaf tlich Engagierte)

- Vorstellung der Person und Beschreibung der Tätig keitsbereiche bzw.

der Engagementbereiche

- Bitte stellen Sie sich und die Bereiche in denen Sie tätig sind kurz vor

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- Motive

- Was motivierte Sie ein bürgerschaftliches Engagement zu über-

nehmen?

- Welche Erwartungen haben Sie an Ihr bürgerschaftliches Enga-

gement?

- Verfolgen Sie mit Ihrem bürgerschaftlichen Engagement bestimmte

Ziele?

- Weg zum bürgerschaftlichen Engagement

- Wie haben Sie erfahren, wo Sie sich bürgerschaftlich engagieren

können?

- Wurden Sie geworben oder haben Sie Eigeninitiative ergriffen?

- Ungleiche Chancen

- Welche Menschen engagieren sich Ihrer Meinung nach besonders?

- Soziale Arbeit und bürgerschaftliches Engagement

- Erleben Sie eine gute Zusammenarbeit mit Sozialarbeitern und

Hautamtlichen oder sehen Sie eher ein Konkurrenzverhalten?

- Welche Unterstützung würden Sie sich von Sozialarbeitern

(Hauptamtlichen) wünschen?

- Was sollte sich in Zukunft noch verändern?

- Resümee

- Welche positiven und negativen Aspekte gibt es in Ihrem Engage-

ment?

- Haben Sie schon einmal überlegt Ihr bürgerschaftliches Engage-

ment wieder aufzugeben?

7.5.2 Leitfaden der Experteninterviews (Hauptamtlic he)

- Vorstellung der Person und Beschreibung der Tätig keitsbereiche bzw.

der Engagementbereiche

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- Bitte stellen Sie sich und die Bereiche in denen Sie tätig sind kurz vor

- Motive

- Was motivierte Sie, sich mit dem bürgerschaftlichen Engagement

von älteren Menschen und mit generationsübergreifenden Projek-

ten zu beschäftigen?

- Welche Ziele verfolgen Sie mit diesen Projekten?

- Ungleiche Chancen

- Welche Menschen engagieren sich Ihrer Meinung nach beson-

ders?

- Haben Sie Ideen, wie Soziale Arbeit dazu beitragen könnte, auch

sozialschwache Menschen in bürgerschaftliches Engagement ein-

zubinden?

- Soziale Arbeit und bürgerschaftliches Engagement

- Erleben Sie eine gute Zusammenarbeit mit Sozialarbeitern und

Hautamtlichen oder sehen Sie eher ein Konkurrenzverhalten?

- Welche Unterstützungsmöglichkeiten können Sozialarbeiter

(Hauptamtliche) bieten?

- Was könnten Sie tun, um noch mehr Menschen zu motivieren sich

zu engagieren?

- Was sollte sich in Zukunft noch verändern?

- Resümee

- Welche positiven und negativen Aspekte gibt es in Ihrem Engage-

ment bzw. in Ihrer beruflichen Tätigkeit?

- Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen jemand ein bürgerschaftliches

Engagement abgebrochen hat?

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7.5.3 Experteninterviews (siehe CD)

7.5.3.1 Interview Experte A

7.5.3.2 Interview Experten B und C

7.5.3.3 Interview Experte D

7.5.3.4 Kategorien der Interviews

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__________________________________________________________ 116

8 Eidesstattliche Erklärung

Hiermit versichere ich, dass alle Inhalte dieser Diplomarbeit von mir selbst-

ständig verfasst wurden und ich keine anderen Hilfsmittel und Quellen ver-

wendet habe, als die, die in der vorliegenden Arbeit kenntlich gemacht sind.

Arnsberg, den ….

Janika Krutmann