Transcript
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    Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    Carsten Drebenstedt, Mahmut Kuyumcu und Thorsten Pietsch

    Inhalt2.1 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen der

    Braunkohlesanierung 7211 Braunkohlenbergbau in der

    DDR bis 1989 8212 Vernderung der Stellung der

    Braunkohlenindustrie im Osten Deutschlands nach 1989 11

    213 Herausbildung der Braunkohlesanierung 15

    214 Ziele, Umfang und Ausblick der Braunkohlesanierung 22

    2.2 Naturraum, Geologie, Bergbautechnologie und Eingriff in den Mitteldeutschen und Lausitzer Braunkohlenrevieren 31

    221 Allgemeine Kennzeichnung der Reviere 31

    222 Das Mitteldeutsche Braunkohlenrevier 57223 Das Lausitzer Braunkohlenrevier 66Literatur 71

    Das Kapitel gliedert sich in zwei AbschnitteZunchst wird ein Rckblick auf die Entwick-

    lung der Braunkohlenindustrie in Ostdeutschland und die Ausgangssituation fr die besonderen Herausforderungen der Braunkohlesanierung gegeben Ziele, Aufgaben, Umfang und Stand der Braunkohlesanierung werden definiert, noch offene Aufgaben benannt Im zweiten Abschnitt werden die natrlichen und technischen Rahmen-bedingungen der Braunkohlesanierung darge-stellt Dabei werden die Wechselwirkungen zwi-schen Naturraum, Geologie und Bergbautechnik zunchst allgemein beschrieben Es schliet sich eine spezifische Untersetzung fr die betrachte-ten Braunkohlenreviere in Mitteldeutschland und in der Lausitz an

    2.1 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    Bei der Sicherung der Energieversorgung der Bevlkerung stehen die Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und die Belange der Umwelt zunehmend im Fokus kontroverser ffentlicher Diskussionen Fr regelmige Schlagzeilen in den Medien sorgen der Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise, der Klimawandel, die Nutzung erneuerbarer Energien und nachwachsender Roh-stoffe, der Einsatz fossiler Brennstoffe, die Zu-kunft der Atomenergie, die Welternhrungskrise u a Die Ursachen und Wirkungen dieser Phno-mene sind naturgem komplex und vielfltig Es

    C Drebenstedt ()Fakultt fr Geowissenschaften, Geotechnik und Bergbau, Institut fr Bergbau und Spezialtiefbau,TU Bergakademie Freiberg, Gustav-Zeuner-Strae 1a,09596 Freiberg, DeutschlandE-Mail: CarstenDrebenstedt@mabbtu-freibergde

    M Kuyumcu T PietschLausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH, Knappenstrae 1,01968 Senftenberg, DeutschlandE-Mail: mahmutkuyumcu@lmbvde

    T PietschE-Mail: thorstenpietsch@lmbvde

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    C Drebenstedt, M Kuyumcu (Hrsg), Braunkohlesanierung, DOI 101007/978-3-642-16353-1_2, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

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    gilt, unter Beachtung der Versorgungssicherheit und der Belange der Umwelt, global und lokal, alle verfgbaren Ressourcen nach dem Stand der Technik im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaf-tens heranzuziehen und gleichzeitig fr die Ent-wicklung und Etablierung innovativer Techniken sowie erneuerbarer Energien zu sorgen.

    Die Geschichte des Braunkohlenbergbaus im stlichen Teil Deutschlands ist ein markan-tes Beispiel dafr, welche Folgen eine einseitige und vor allem extensive Nutzung eines einzelnen fossilen Energietrgers mit seiner gleichzeitig in-effizienten Verwertung entfalten kann. Bei den hinterlassenen Gefahren fr Menschen und Um-welt und den Dimensionen der Beeintrchtigun-gen gab es keine Alternative zu unverzglichem und wirkungsvollem Handeln. Die Politik gestal-tete fr dieses Handeln zeitnah, unmittelbar nach der Wiedervereinigung Deutschlands, die erfor-derlichen Rahmenbedingungen.

    In nunmehr zwei Jahrzehnten wurde unter dem Begriff Braunkohlesanierung ein einzig-artiges Umweltprojekt zur Heilung der schwer-wiegenden Folgen des groflchigen Braunkoh-lenabbaus durchgefhrt. Die inzwischen erreich-ten sichtbaren Erfolge bei der Verwandlung von Abbau- und Industrieflchen in neue, attraktive und wirtschaftlich chancenreiche Landschaften sind das Gemeinschaftswerk vieler Beteilig-ter, die das Aufwenden erheblicher finanzieller Mittel der ffentlichen Hand von Beginn an als lohnende Investition in die Zukunft betrachtet haben.

    Bei der Umsetzung dieses einzigartigen Pro-jektes auf der grten Landschaftsbaustelle Europas wurden eine Reihe von neuen Erfah-rungen und Erkenntnisse gewonnen, aus techni-scher, wissenschaftlicher, kologischer und so-zio-konomischer aber auch aus administrativer Sicht. Mit diesem Buch sollen diese Erfahrungen der Allgemeinheit zugnglich gemacht werden.

    2.1.1 Braunkohlenbergbau in der DDR bis 1989

    Die Suche nach jeweils effizienteren Lsungen fr die Energieversorgung ist so alt wie die Ge-schichte der Menschheit. Bereits im ausgehenden

    Mittelalter kam es in einigen Regionen Deutsch-lands zu einer Verknappung von Holz als dem damals dominierenden Energietrger. Ein alter-nativer Energietrger fr die Wrmeerzeugung schien in der Lausitz und in Mitteldeutschland nach schriftlichen berlieferungen mit der nahe der Erdoberflche lagernden Kohlerde bzw. Dorff bei Halle (Bilkenroth und Snyder 1998) und der brennenden Erde bei Olbersdorf ge-funden. Die einsetzende Industrialisierung und die Verbreitung von Dampfmaschinen erhhten den Kohlenbedarf schnell. Die individuellen, kleinen Fundgruben am Ausbiss der Braunkoh-lenflze an der Tagesoberflche entwickeln sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zu Tiefbaugru-ben. Zeitgleich werden mit Trocknung, Pressen und Paraffinlgewinnung die ersten Veredlungs-schritte unternommen. Nach 1900 wird durch die Elektroenergie der Braunkohlenabbau im Tage-bau trotz hoher Abraumbewegung und Wasser-hebung wirtschaftlich. Der Braunkohlenbergbau kann nun mit moderner Entwsserungstechnik und Tagebaugrogerten in Beckenlagersttten und Urstromtler vordringen (s. Abschn. 2.2). Immer grere Flchen werden vom Bergbau in Anspruch genommen und nach dem damaligen Wissensstand rekultiviert (Drebenstedt 2001).

    Die Weiterentwicklung der Braunkohlen-veredlungsverfahren steigert die Verwendungs-mglichkeiten und damit auch die Nachfrage der Kohle. Rhrentrockner revolutionieren die Braunkohlenbrikettierung. Aus Braunkohle wer-den Elektroenergie, Gas, Briketts, Koks, Teer, Kraftstoffe, Minerall, Phenol und Schwefel her-stellt. Die Karbochemie ist im 2. Weltkrieg ein wichtiger Bestandteil der deutschen Kriegswirt-schaft und demzufolge auch Ziel von Luftangrif-fen der Alliierten. Die durch Kriegseinwirkungen verursachten Schden fhrten oft zu zustzlichen Kontaminationen des Bodens. Nach Kriegsende wurde im Osten Deutschlands ein groer Teil der Tagebaugrogerte demontiert und als Repara-tionsleistung in die damalige Sowjetunion ge-bracht. Der Braunkohlenbergbau war vielerorts zum Erliegen gekommen. Viele Tagebaue waren abgesoffen. Die Wiederaufnahme der Frderung war trotz aller Schwierigkeiten jedoch wesent-liche Voraussetzung fr einen wirtschaftlichen Wiederaufbau. Deshalb wurde der verbliebene

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    Tagebaugertebestand nach damaligen Mglich-keiten ertchtigt und der Neubau von Tagebau-grogerten wieder aufgenommen.

    Der kalte Krieg hatte fr die DDR zur Folge, dass der Erwerb von Rohstoffen auf den inter-nationalen Mrkten entweder blockiert oder nur fr kaum verfgbare, frei konvertierbare Wh-rungen mglich war. Die Konsequenz war eine Konzentration auf den Abbau und die Veredlung der reichlich vorhandenen eigenen Braunkohlen-vorkommen. Die Braunkohlenfrderung entwi-ckelte sich bereits bis Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts wieder auf Vorkriegsniveau in Hhe von ca.160 Mio. t/a. Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts erreichte die Frderung 250 Mio. t/a und stagnierte dann fr kurze Zeit, da Erdlimporte aus der Sowjetunion die Braun-kohle langfristig ablsen sollten. Hierzu wurden auch Stilllegungen von Tagebauen und wirt-schaftliche Umstrukturierungsmanahmen vor-bereitet. Diese Entwicklung endete jedoch mit der ersten lkrise 1973. Infolgedessen hatte die DDR den Bezug von Erdl und Erdgas aus dem Ostblock nach Weltmarktpreisen zu finanzieren. Danach steigerte die DDR ihre Braunkohlenpro-duktion wieder kontinuierlich bis 1989 auf ber 300 Mio. t/a und wurde damit das Land mit der weltweit hchsten Frderung (Abb. 2.1).

    Fr das Land hatte dies schwerwiegende Fol-gen. Unter zunehmend ungnstigeren Abbau- und Verarbeitungsbedingungen (zunehmende Teufe, abnehmende Flzmchtigkeiten, geologische Strungszonen in Abraum und Kohle, schlechte-

    re Kohlenqualitt bezglich Asche-, Schwefel-, Wasser- und Salzgehalt, veraltete Kraftwerke und Veredlungsanlagen, zunehmende Transport-entfernungen) sollte die Braunkohlenindustrie den wachsenden Energiebedarf der ebenfalls mit Effizienzproblemen behafteten Volkswirtschaft decken.

    Die Inanspruchnahme von Flchen fr die Braunkohlengewinnung steigerte sich auf ber 3.000 ha/a und teilweise bis 4.000 ha/a. Ab Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden die vorhandenen Ressourcen immer strker im un-mittelbaren Produktionsprozess konzentriert und die Vor- und Nachsorge zunehmend vernachls-sigt. Infolgedessen wurde u. a. das Defizit der Wiedernutzbarmachung gegenber der Landin-anspruchnahme immer grer (Abb. 2.2; Stoll et al. 2009; Drebenstedt 1999; Beschow 2012). Weite Teile der Braunkohlenreviere verwandel-ten sich mehr und mehr zu Mondlandschaften.

    Abbildung 2.2 verdeutlicht am Beispiel des Lausitzer Braunkohlenreviers die Dynamik der Landinanspruchnahme und Wiedernutzbarma-chung im Zeitraum von 1945 bis 2010: Die ersten 20 Jahre standen im Zeichen des

    Aufbaus des kriegszerstrten Landes. Mit der Kohlenfrderung stieg die Landinanspruch-nahme bis auf 1.500 ha/a. Die Wiedernutzbar-machung blieb mit wenigen 100 ha/a deutlich zurck.

    Danach folgte eine stabile Phase der Land-inanspruchnahme von 15 Jahren. Die Wie-dernutzbarmachung erfolgte in etwa glei-

    Abb. 2.1 Braunkohlen-frderung in den ostdeut-schen Revieren von 1880 bis 2010. (DEBRIV 2004; Statistik der Kohlenwirt-schaft e. V. 2011)

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    cher Hhe und legte im Durchschnitt auf ca. 1.500 ha/a zu. Kippen sollten vor allem fr die Landwirtschaft nutzbar gemacht werden und die ersten Seen groer, stillgelegter Tagebaue nahmen Gestalt an.

    Dann, in den 80er Jahren des 20. Jahrhun-derts, die groe Schere. Die Landinanspruch-nahme stieg bis auf ca. 2.000 ha/a an, whrend die Wiedernutzbarmachung auf ca. 1.000 ha/a zurckfiel.

    In den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts redu-ziert sich die Landinanspruchnahme infolge des drastischen Rckgangs in der Kohlenfr-derung auf 30 %, auf ca. 500 ha/a. Die Wie-dernutzbarmachung blieb auf dem Niveau von ca. 1.000 ha/a. Die Trendwende nach 50 Jahren.

    Seit dem Jahr 2000 hat sich die Situation sta-bilisiert. Die Landinanspruchnahme durch den aktiven Bergbau betrgt ca. 700 ha/a, whrend vor allem die Braunkohlesanierung die wiedernutzbargemachten Flchen wieder in den Bereich von ca. 1.500 ha/a rckt.

    Der Handlungsspielraum der Bergbaubetriebe wurde in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts in der DDR immer strker von zentralen Staats-organen bestimmt. So bekam die Wiedernutz-barmachung von Bergbauflchen aufgrund der angespannten konomischen Situation eine zu-nehmend nachgeordnete Bedeutung. Bei der extensiven Braunkohlenfrderung und gleich-zeitig abnehmender Flzmchtigkeit wurde der Planungsvorlauf fr zuknftige Braunkohlen-tagebaue immer krzer und konnte bestenfalls

    als gerade noch ausreichend bezeichnet werden, woraus neue Schwierigkeiten entstanden. Fr die vom Bergbau devastierten Infrastruktureinrich-tungen (Straen, Leitungstrassen, Wasserlufe) mussten oft langfristig unbefriedigende Ersatz-lsungen geschaffen werden. Die steigende berg-bauliche Wasserhebung und -ableitung machte die Erhhung der Durchlassfhigkeit vieler Vor-fluter erforderlich. Gleichzeitig wurden zahlrei-che kleinere Vorfluter infolge der grorumigen Grundwasserabsenkung auf einer Flche von ins-gesamt ber 300.000 ha trocken gelegt. Vielerorts wurden Flchen mit zuvor flurnahen Grundwas-serstnden bebaut, ohne dabei Vorkehrungen auf den spteren Wiederanstieg des Grundwassers zu treffen oder hinreichend Rechnung zu tragen.

    Des Weiteren fhrte die mit der Entwicklung der Braunkohlenindustrie verbundene Erh-hung der Beschftigtenzahl zu einer steigenden Zuwanderung. Durch die Umsiedlung immer grerer Ortschaften wurde die Bevlkerungs-verdichtung in Stdten wie Leipzig, Halle, Bit-terfeld, Cottbus, Hoyerswerda, Senftenberg und Spremberg zustzlich verstrkt, was wiederum Versorgungsprobleme mit sich brachte (Abb. 2.3; Tab. 2.13 und 2.14). Die Auswirkungen des Braunkohlenbergbaus auf Land-, Forst- und Wasserwirtschaft konnten regional kaum noch kompensiert werden.

    Darber hinaus hatten der extensive Abbau und die Nutzung der Braunkohle schwerwiegen-de Auswirkungen auf die Umwelt.

    Die Emissionen von Schwefeldioxid, Stick-oxiden und Staub sowie Schadstoffe aus Abfl-

    Abb. 2.2 Flchenent-zug und Wiedernutz-barmachung im Lausitzer Braunkohlenrevier. (Beschow 2012)

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    len und Leckagen der Braunkohlenverarbeitung beeintrchtigten die Schutzgter Luft, Boden und Wasser nachhaltig (Abb. 2.4). Dies ist neben dem extensiven Einsatz von Braunkohle auch auf die ab Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts zunehmend fehlende Modernisierung der techni-schen Anlagen wie Kraftwerke und Veredelungs-betriebe zurckzufhren. So lag der Wirkungs-grad der Kraftwerke im Bereich von nur 25 bis 32 %.

    Abbildung 2.4 zeigt die aus der Nutzung aller fossilen Energietrger resultierenden diesbezg-lichen Emissionen. Fr die alten Bundeslnder wurde bereits ab 1980 trotz steigender Strom-erzeugung durch die Umsetzung des Bundes-Im-missionsschutzgesetzes, der Grofeuerungsanla-gen-Verordnung und der Technischer Anleitung TA-Luft eine Reduzierung der Kraftwerksemis-

    sionen erreicht. Die sprunghafte Erhhung im Jahr 1990 ist auf die Hinzuziehung der Emissio-nen aus der Braunkohlenverstromung der neuen Bundeslnder zurckzufhren und veranschau-licht eindrucksvoll die Dimensionen der lang-jhrigen Umweltbelastung durch Luftschadstoffe (Schnherr und Drebenstedt 1993).

    2.1.2 Vernderung der Stellung der Braunkohlenindustrie im Osten Deutschlands nach 1989

    Fr die deutsche Braunkohlenindustrie bedeutet die Entwicklung zwischen den Jahren 1990 und 2000 wohl das bisher dynamischste Jahrzehnt ihrer Entwicklung (Drebenstedt et al. 2001). Es war durch einschneidende Produktions- und

    Abb. 2.3 Landschaft im Raum Senftenberg a vor Beginn des Braunkohlenbergbaus im Jahr 1850. b whrend des Braunkohlenbergbaus im Jahr 1963. (Hermann Haack Geographisch-Kartographische Anstalt 1980)

    Abb. 2.4 Emission von Schwefeldioxid (SO2) und Stickoxiden (NOx) 19802009 aus Kraft- und Fernheizwerken in der Bundesrepublik Deutsch-land. (19801990 alte Bundeslnder, 19902010 Gesamtdeutschland) (Borsch 2001; UBA 2011)

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    Strukturanpassungen sowie einen enormen Ratio-nalisierungsschub gekennzeichnet. Mit der Her-stellung der Einheit Deutschlands am 03.10.1990 durch den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland nderten sich die wirtschaftlichen, rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen fr die Entwicklung der Braunkohlenindustrie im Gebiet der DDR grundlegend.

    Die Wirtschaft der DDR war hauptschlich auf den Binnenmarkt und den Export nach Ost-europa ausgerichtet. Mit dem Staatsvertrag ber die Whrungs-, Wirtschafts- und Sozialunion beider deutscher Staaten bernahm die DDR ab dem 1.7.1990 die gesetzlichen Regeln des Wirt-schafts- und Sozialrechts der Bundesrepublik Deutschland. Alle damals ca. 15.000 Volkseige-nen Betriebe (VEB) mit etwa 4 Mio. Beschftig-ten gehrten von diesem Zeitpunkt an der Treu-handanstalt. Ihre Aufgabe war es, die VEB der DDR nach den Grundstzen der Marktwirtschaft zu privatisieren oder stillzulegen sowie die Effi-zienz und Wettbewerbsfhigkeit der Unterneh-men zu sichern ( 8 Treuhandgesetz).

    Im Zuge der Einfhrung der Deutschen Mark und der ffnung Ostdeutschlands fr den Welt-markt ging die Binnennachfrage nach DDR-Pro-dukten drastisch zurck. Gleiches gilt fr die Ex-porte in die Lnder des ehemaligen Ostblocks, in denen ein gleichartiger politischer und wirtschaft-licher Umbruch begann. Zudem lag die Produk-tivitt der ehemaligen VEB aufgrund der ver-alteten Technik bei etwa einem Drittel vergleich-barer westlicher Konkurrenten. Der Einbruch in der Industrieproduktion hatte u. a. einen starken Rckgang des Energiebedarfs der Wirtschaft zur Folge. Die beim Neuaufbau der Wirtschaft zum Einsatz kommenden modernsten, energieeffizi-enten Technologien trugen ebenfalls zur Senkung des Energiebedarfs bei. Zudem wurde Braun-kohle teilweise durch andere Energietrger wie Erdl und Erdgas ersetzt. Diese Vernderungen der wirtschaftlichen, kologischen und sozialen Rahmenbedingungen schlugen direkt bis in die Braunkohlenindustrie durch, die damit vor tief greifenden Vernderungen stand.

    Der Primrenergieverbrauch reduzierte sich in den neuen Lndern allein in den fnf Jahren von 1989 bis 1994 um 46 % und stieg in den darauf folgenden 15 Jahren nur geringfgig auf knapp

    60 % des Niveaus von 1989 an (Tab. 2.1). Der Anteil der Braunkohle an der Primrenergiebe-darfsdeckung verringerte sich bis 1998 mit knapp unter 30 % auf ca. 42 % des Niveaus von 1989 und liegt auch 10 Jahre spter bei knapp ber 30 %. Grund war die Anpassung der Braunkoh-lenfrderung an den Bedarf; sie fiel im gleichen Zeitraum auf unter ein Viertel des Niveaus von 1989 und legte in den darauffolgenden 10 Jahren wieder leicht auf ber ein Viertel zu. Verbunden mit der Reduzierung der Braunkohlenfrderung war ein Strukturwandel der Braunkohlennut-zung, die nun zu ber 90 % zur Stromerzeugung in Grokraftwerken in der Nhe der Tagebaue eingesetzt wurde und wird (Tab. 2.2).

    Neue Bedingungen ergaben sich insbeson-dere durch den freien Wettbewerb der Primr-energietrger auf dem dezentralen Strom- und Wrmemarkt, an dem nach 1990 verstrkt Erdl und -gas teilnehmen. Besonders betroffen waren

    Tab. 2.1 Primrenergieverbrauch der neuen Bundesln-der 1989 bis 2008Jahr Insgesamt davon

    BraunkohleAnteil der Braunkohle am Gesamt-verbrauch

    Mio. t SKE Mio. t SKE %1989a 127,80 87,70 68,601990b 106,03 73,41 69,241991 81,24 52,90 65,121992 71,27 40,54 56,881993 70,83 35,49 50,101994 68,84 30,74 44,651995 69,34 26,55 38,291996 69,83 23,90 34,221997 67,60 22,16 32,781998 68,47 19,44 28,391999 67,38 19,26 28,582000 69,04 21,83 31,622001 71,68 23,59 32,922002 72,48 24,13 33,292003 72,41 24,16 33,372004 72,07 24,01 33,312005 75,28 23,93 31,792006 76,86 23,81 30,982007 74,76 23,98 32,082008 75,52 23,51 31,13

    a Neue Bundeslnder inklusive Ostberlin nach DIW 1997b Neue Bundeslnder ohne Berlin nach Lnderarbeitskreis Energiebilanzen 2012

  • 132 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    Tab.

    2.2

    Her

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    Rhein-land

    Lausitz

    Mittel-deutschl.

    Summe

    Rhein-land

    Lausitz

    Mittel-deutschl.

    Summe

    Rhein-land

    Lausitz

    Mittel-deutschl.

    Summe

    Rhein-land

    Lausitz

    Mittel-deutschl.

    Insge-samt

    Rhein-land

    Lausitz

    Summe

    Rhein-land

    Lausitz

    Mittel-deutschl.

    Summe

    1989

    135

    2.47

    22.

    487

    5.09

    42.

    158

    24.6

    4022

    .596

    49.3

    942.

    509

    1.11

    172

    44.

    344

    172

    53

    370

    567

    67

    15.5

    6579

    .016

    59.8

    1515

    4.39

    619

    9017

    41.

    988

    1.19

    43.

    356

    2.39

    722

    .164

    15.4

    8440

    .045

    2.48

    271

    659

    43.

    791

    158

    3150

    669

    526

    5

    265

    15.3

    1665

    .478

    46.7

    9612

    7.59

    019

    9119

    766

    5

    862

    2.85

    112

    .233

    5.96

    521

    .049

    2.48

    125

    622

    32.

    960

    173

    1.

    161

    1.33

    534

    6

    346

    15.4

    1952

    .189

    27.5

    8895

    .196

    1992

    206

    73

    279

    2.32

    56.

    503

    3.24

    412

    .071

    2.39

    830

    222

    02.

    921

    170

    141.

    053

    1.23

    740

    6

    406

    14.9

    6639

    .258

    17.4

    3971

    .663

    1993

    186

    186

    2.21

    75.

    262

    2.45

    49.

    933

    2.17

    937

    815

    92.

    716

    127

    062

    975

    746

    8

    468

    14.4

    5427

    .249

    10.4

    7752

    .180

    1994

    172

    172

    1.82

    33.

    877

    1.14

    96.

    849

    2.13

    737

    722

    52.

    739

    140

    1376

    391

    645

    5

    455

    13.8

    4622

    .328

    8.14

    744

    .321

    1995

    192

    192

    1.61

    82.

    782

    611

    5.01

    12.

    110

    364

    226

    2.70

    078

    748

    557

    047

    1

    471

    13.0

    7219

    .248

    6.67

    538

    .995

    1996

    178

    178

    1.71

    72.

    693

    486

    4.89

    62.

    051

    328

    276

    2.65

    512

    33

    204

    330

    423

    42

    312

    .620

    13.8

    835.

    013

    31.5

    1619

    9718

    5

    18

    51.

    498

    1.72

    831

    33.

    539

    2.09

    134

    829

    52.

    734

    103

    4

    107

    388

    38

    811

    .906

    11.9

    794.

    449

    28.3

    3419

    9818

    5

    18

    51.

    215

    967

    163

    2.34

    51.

    984

    444

    240

    2.66

    7

    2

    239

    47

    401

    11.6

    909.

    517

    4.02

    025

    .227

    1999

    174

    174

    1.14

    681

    411

    12.

    072

    1.83

    948

    919

    82.

    525

    361

    104

    465

    11.4

    397.

    718

    3.52

    322

    .680

    2000

    179

    179

    1.06

    866

    389

    1.81

    92.

    025

    481

    173

    2.67

    9

    37

    218

    956

    110

    .430

    7.08

    12.

    996

    20.5

    0720

    0117

    7

    17

    71.

    016

    654

    701.

    740

    2.01

    049

    314

    92.

    652

    386

    184

    570

    9.61

    96.

    755

    2.85

    919

    .233

    2002

    a18

    4

    18

    489

    559

    760

    1.55

    32.

    027

    432

    198

    2.65

    7

    32

    921

    954

    89.

    121

    6.53

    22.

    745

    18.3

    9820

    03b

    165

    165

    807

    585

    731.

    466

    1.98

    345

    621

    42.

    653

    327

    232

    559

    11.8

    769.

    632

    3.00

    224

    .510

    2004

    187

    187

    890

    545

    1.

    435

    2.24

    553

    022

    83.

    002

    396

    235

    632

    11.1

    589.

    300

    2.84

    723

    .305

    2005

    173

    173

    964

    526

    1.

    490

    2.23

    849

    319

    22.

    924

    408

    252

    660

    11.1

    058.

    881

    2.64

    222

    .628

    2006

    181

    181

    1.05

    660

    6

    1.66

    22.

    331

    597

    228

    3.15

    7

    41

    320

    661

    911

    .161

    8.45

    62.

    610

    22.2

    2720

    0717

    3

    17

    397

    735

    1

    1.32

    82.

    312

    690

    272

    3.27

    4

    38

    622

    160

    711

    .404

    8.33

    42.

    553

    22.2

    9120

    08c

    177

    177

    1.16

    346

    8

    1.63

    12.

    442

    829

    259

    3.53

    0

    36

    422

    559

    011

    .542

    7.86

    22.

    525

    21.9

    2920

    0915

    3

    15

    31.

    187

    772

    1.

    959

    2.30

    770

    518

    33.

    194

    315

    125

    440

    11.5

    627.

    982

    2.51

    322

    .057

    2010

    176

    176

    1.16

    685

    8

    2.02

    42.

    610

    817

    205

    3.63

    2

    29

    412

    141

    511

    .606

    8.04

    92.

    508

    22.1

    6320

    1117

    1

    17

    61.

    202

    893

    402.

    136

    2.98

    589

    721

    04.

    093

    360

    158

    518

    11.5

    918.

    126

    2.53

    122

    .248

    a Bel

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    jahr

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    bar

  • 14 C. Drebenstedt et al.

    davon die Brikett-, Koks- und Gaserzeugung auf Braunkohlenbasis, wobei die Produktion von Koks und Gas bereits 1992 eingestellt wurde. Letzte Trockenkohle wird 1996/1997 erzeugt und die Briketterzeugung verringert sich von fast 50 Mio. t im Jahr 1989 auf weniger als 1 Mio. t im Jahr 2000. Zum Ende des darauffolgenden Jahrzehnts steigt das Interesse an Brikett wieder, nicht zuletzt wegen hoher Brennstoffpreise fr Alternativen und Lieferengpssen. Einzig Braun-kohlenstaub konnte sich nach 20 Jahren mit ca. 60 % der Erzeugung von 1989 behaupten, nach-dem zwischenzeitlich auch hier die Produktion auf gut ein Drittel schrumpfte. Als neues Produkt kam 1998/1999 Lausitzer Wirbelschichtkohle auf den Markt (Tab. 2.2).

    Fr einige jahrzehntelang mit hohen Kos-ten aus Braunkohle gewonnenen Produkte wie Schwefel, Benzin und weitere Rohstoffe der Kar-bochemie war der Markt grtenteils entfallen. Die Stilllegung dieser Produktionsanlagen war zwangslufig die Folge. Schlielich erfllten die technisch veralteten Braunkohlenkraftwerke und Veredlungsanlagen nicht die Forderungen der bundesdeutschen Umweltstandards. Investitio-nen fr die Ertchtigung der oft bauflligen Ge-bude und Betriebseinrichtungen sowie die Mo-dernisierung der technisch verschlissenen Anla-gen und Technologien erschienen wirtschaftlich

    nicht vertretbar. So fhrte die Schlieung nicht mehr bentigter Anlagen zu einer deutlichen Ver-ringerung der Umweltbelastungen. Weiter be-ntigte Kapazitten mussten durch umwelttech-nische Aufrstung erhalten oder durch Neubau geschaffen werden.

    Infolge des Produktionsrckgangs in den Lau-sitzer und Mitteldeutschen Braunkohlenrevieren verringerte sich auch die Belegschaft, die 1989 immerhin ca. 150.000 Personen ausmachte, nach zehn Jahren auf noch gut 10.000, d. h. ca. 13 %. Dabei ist zu beachten, dass die Strukturen in den VEB zahlreiche Funktionen umfassten, die heute nicht mehr den Unternehmen zugeordnet sind und durch private oder kommunale Dienstleister erbracht werden.

    Tabelle 2.3 enthlt eine detaillierte Arbeits-krfteverteilung in der ostdeutschen Braunkoh-lenindustrie 1989.

    Der Tagebaubetrieb konnte vielerorts den neuen kologischen und sozialvertrglichen An-sprchen nicht gengen. Im Herbst 1989 richte-ten sich die Proteste der DDR-Bevlkerung in den Braunkohlenrevieren insbesondere gegen den groflchigen Raubbau an Kohle, Natur und Heimat. Neben den kologischen Schden und Risiken sowie den unzureichend beachteten so-zialen Folgen waren die Proteste vor allem in der mangelnden Transparenz der diesbezglichen

    Tab. 2.3 Arbeitskrfteverteilung in der ostdeutschen Braunkohlenindustrie 19891989 Braunkohlen-

    kombinatBitterfeld

    Braun-kohlen-veredlung Espenhain

    Braunkohlen-kombinat Senftenberg

    Gas-kombinat Schwarze Pumpe

    Braunkohlen-veredlung Lauchhammer

    Kombinat Anlagenbau Braunkohle

    Summe

    Gewinnung 20.133 22.234 42.367Brikettierung 4.228 820 3.065 1.613 1.528 11.2542. Veredlungsstufe 396 887 0 2.522 862 4.667Kraftwerke 2.066 546 940 4.165 410 8.127Instandhaltung 13.701 2.056 13.374 2.220 1.309 4.215 36.875Sozialkonomie 3.566 318 3.339 884 445 428 8.980Kombinatsleitung/Stabsorgane

    6.713 774 8.478 2.467 1.000 1.385 20.817

    Sonstige 1.288 489 3.259 1.318 99 2.460 8.913Personal ohne Lehrlinge

    52.091 5.890 54.689 15.189 5.653 8.488 142.000

    Lehrlinge 1.533 301 2.232 853 400 692 6.011Personal einschl. Lehrlinge

    53.624 6.191 56.921 16.042 6.053 9.180 148.011

    Enthalten: Projektierung Braunkohlenbohrungen und Schachtbau Welzow: 594

  • 152 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    Entscheidungsprozesse begrndet. Der darauf-hin vom Ministerrat der DDR noch 1989 gefasste Beschluss zur Erarbeitung einer neuen Energie-konzeption, die Aufhebung von Entscheidun-gen zu Bergbauschutzgebieten, die Bildung von Arbeitsgruppen der Bezirke und schlielich der Einsatz von Expertengruppen wurden durch die sich rasant vollziehende politisch-gesellschaft-liche Entwicklung berholt. Ungeachtet dessen war es notwendig, in sehr kurzer Zeit Entschei-dungen vorzubereiten und zu treffen, um die negativen Folgen der bisherigen Braun-

    kohlengewinnung zu berwinden den Demokratisierungsprozess in den Verwal-

    tungsentscheidungen weiter voran zu bringen den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen

    bei der Planung zu gengen.Im Land Brandenburg z. B. wurde deshalb be-reits 1990 vorgeschlagen, zur Organisation raum-planerischer Aufgaben zur Bergbauentwicklung nach dem Vorbild des Landes Nordrhein-West-falen einen Braunkohlenausschuss zu schaffen, der einen schnellen bergang von den Planungs-anstzen der DDR zu einer kologisch und sozial vertrglichen Braunkohlen- und Sanierungspla-nung vollziehen sollte. Braunkohlenplanung und bergrechtliche Betriebsplanung waren in beson-derer Weise gefordert, um einerseits Planungs-sicherheit fr den Braunkohlenbergbau und die alternativlose Braunkohlesanierung zu schaffen und andererseits das Vertrauen der Menschen in eine zukunftsweisende, wirtschaftlich chancen-reiche und kologisch nachhaltige Umstrukturie-rung der Landschaften in den Revieren herzustel-len (Drebenstedt et al. 1998).

    2.1.3 Herausbildung der Braunkohle-sanierung

    Strukturelle Vernderungen in der Braun-kohlenindustrie nach 1989 Mit den politischen Umbrchen der Jahre 1989 und 1990 begann auch in vielen osteuropischen Lndern ein ana-loger tiefgreifender wirtschaftlicher Umstruk-turierungsprozess. Die neuen Bundeslnder des wiedervereinigten Deutschlands hatten trotz aller Schwierigkeiten jedoch gegenber den anderen

    Staaten Osteuropas wesentlich gnstigere Vo-raussetzungen fr den dringend erforderlichen marktwirtschaftlichen und kologischen Umbau der monostrukturierten Energiewirtschaft. Hinter dem politischen Willen, die Herausforderungen zu meistern, stand die Finanz- und Wirtschafts-kraft des gesamten Landes. Im Wesentlichen ging es um die Bewltigung von drei Aufgaben: die marktwirtschaftliche Umstrukturierung

    der Energiewirtschaft die Reduzierung von Umweltbelastungen und

    die Beseitigung von Umweltaltlasten die Abfederung der sozialen Auswirkungen

    des Umstrukturierungsprozesses.Die braunkohlenbasierte DDR-Energiewirtschaft bestand aus drei Kombinaten: dem Braunkohlenkombinat Senftenberg dem Braunkohlenkombinat Bitterfeld dem Gaskombinat Schwarze Pumpeund den diesen Kombinaten zugehrigen 39 Ta-gebauen, 45 mittleren und kleinen Braunkohlen-kraftwerken und 49 Veredlungsanlagen.

    Die wenigen Grokraftwerke der Braunkoh-lenverstromung gehrten zum Kombinat Braun-kohlenkraftwerke und wurden im Zuge der Um-strukturierung gesondert privatisiert (VEAG) bzw. stillgelegt, so dass sie hier nicht nher be-trachtet werden. Am 1. Juli 1990 wurden die drei Kombinate gem den Bestimmungen des Kapi-talumwandlungsgesetzes in vier Kapitalgesell-schaften des Bundes umgewandelt (Abb. 2.5).

    Diese Gesellschaften hatten 1990 etwa 135.000 Beschftigte. Es war klar, dass auch bei einer opti-mistischen Einschtzung der wirtschaftlichen Ent-wicklung nur wenige der darin enthaltenen Betrie-be eine langfristige wettbewerbsfhige Perspekti-ve haben wrden. Daher stand zunchst die Auf-gabe, fr die von sofortiger Betriebsteilstilllegung betroffenen Arbeitnehmer andere Beschftigungs-mglichkeiten zu schaffen. In kurzer Zeit wurden im Zusammenwirken mit den Arbeitsmtern, vor-nehmlich fr in jedem Fall notwendige Aufrum- sowie Abbruch- und Demontagearbeiten, Arbeits-beschaffungsmanahmen (ABM) organisiert und durchgefhrt, die keine lange Vorbereitungsphase erforderten und eine hohe Beschftigungswirkung hatten. Diese Sofortmanahmen in den Jahren 1991 und 1992 knnen als die erste Phase der

  • 16 C. Drebenstedt et al.

    Braunkohlesanierung in Ostdeutschland bezeich-net werden. Insgesamt wurden dafr 768 Mio. DM (386 Mio. ) aufgewendet.

    Des Weiteren haben die vorgenannten Kapi-talgesellschaften neben der rcklufigen aber bedarfsgerechten Weiterfhrung der Energie-versorgung mit Braunkohle in umfangreichen Variantenuntersuchungen zusammen mit der Treuhandanstalt (THA) den knftigen Bedarf an Braunkohle und ihren Veredlungsprodukten prognostiziert sowie ausgearbeitet, mit welchen privatisierungsfhigen Betrieben dieser Bedarf gedeckt werden knnte. Zu nennen sind z. B. die Studie der Beratungsgesellschaft McKinsey & Company, Inc. Erarbeitung eines Konzeptes zur Restrukturierung der Braunkohle in den neuen Bundeslndern (1991) und im Anschluss die T-tigkeit der Lausitzer und Mitteldeutschen Braun-kohlen-Beratungsgesellschaft mbH (LMBB) mit dem Ziel der inhaltlichen Konkretisierung der privatisierungswrdigen Betriebssttten und Anlagen, weitestgehend nach dem Vorbild der Rheinbraun AG. Bereits 1990 wurden in Vorbe-reitung der Privatisierung der Grundlastkraftwer-ke (VEAG) die Stromvertrge unterzeichnet.

    Der nicht privatisierungsfhige Teil der Braunkohlenindustrie mit einer mittelfristig still-zulegenden Produktion wurde im Ergebnis dieser Untersuchungen als so genannter Auslaufbergbau eingestuft. Zusammen mit den bereits stillgeleg-ten Betrieben des Braunkohlenbergbaus wurde

    dieser Teil bereits der Braunkohlesanierung zu-geordnet. Des Weiteren wurden fr die gesamte Braunkohlenindustrie Altlastenkataster aufge-stellt, in denen auf der Grundlage bestehender rechtlicher Verpflichtungen fr Bergbauunterneh-men der Sanierungsbedarf erfasst und einer ers-ten Bewertung unterzogen wurde. Die Daten der Altlastenkataster fanden auch bei der Beurteilung der Privatisierungsaussichten Bercksichtigung. Mit dieser Vorbereitung und unter der Begleitung der Treuhandanstalt wurden zum 1.1.1993 die Energiewerke Schwarze Pumpe AG (ESPAG) und die Lausitzer Braunkohle AG (LAUBAG) verschmolzen und zum 1.1.1994 rckwirkend die wirtschaftlich berlebensfhigen Betriebe der LAUBAG unter gleichem Namen an ein Konsortium der westdeutschen Energieversorger privatisiert (PreussenElektra AG (30 %), Bayern-werk AG (15 %), Rheinbraun AG (39,5 %), RWE Energie AG (5,5 %), N-3-Unternehmen (10 %)). Zur LAUBAG wurden fnf von 17 Tagebauen, die 1989 in der Lausitz betrieben wurden sowie eine Brikettfabrik am Standort Schwarze Pumpe als so genannte A-Betriebe zugeordnet. Aus dem abgespaltenen, nicht privatisierungsfhigen Teil der LAUBAG und der Braunkohlenveredlung Lauchhammer (BVL) entstand die Lausitzer Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LBV) mit der Aufgabe, den Auslaufbergbau (B-Betrie-be) und den Sanierungsbergbau (C-Betriebe) zu organisieren.

    Abb. 2.5 Umstrukturie-rung der Braunkohlen-industrie 1989 bis 1990

  • 172 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    Ebenso zum 1.1.1994 entstand als erste Pri-vatisierung durch ein anglo-amerikanisches Konsortium (zu je 1/3: NRG Energy Inc., USA, Power Gen plc., UK, Morrison Knudsen Corp., USA) aus der MIBRAG die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG). Am 9.12.1994 wurde aus der MIBRAG der Tagebau Amsdorf mit seiner bitumenreichen Kohle vor-nehmlich zur Herstellung von Montanwachs zur ROMONTA GmbH privatisiert. Zur privatisier-ten MIBRAG wurden zwei der vormals 18 Tage-baue (Profen, Vereinigtes Schleenhain, Zwenkau wurde bis 1999 gepachtet), zwei Brikettfabriken (Deuben, Phnix) und drei Industriekraftwerke sowie Beteiligungen an Kraftwerken zugeordnet.

    Aus der MIBRAG abgespalten wurde die Mit-teldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (MBV), die analog der LBV fr das mittel-deutsche Braunkohlenrevier die Trgerschaft fr den Auslauf- und Sanierungsbergbau wahrneh-men sollte.

    Die Abgrenzung der Verantwortungsbereiche der privatisierten von den weiterhin bei der THA bzw. beim Bund verbleibenden Unternehmen er-folgte in umfangreichen Spaltungsvertrgen. In Schnittstellenvertrgen wurde dabei die Durch-fhrung von Manahmen im jeweiligen Verant-wortungsbereich geregelt.

    Im Anschluss an die Umstrukturierung der Braunkohlesanierung in privatisierte (LAUBAG, MIBRAG und ROMONTA) und nicht privatisie-rungsfhige Teile (LBV, MBV) und Gesellschaf-ten wurde seitens der Treuhandanstalt festgelegt, wie der Auslauf- und Sanierungsbergbau organi-siert und umgesetzt werden soll.

    Da der Inhalt und Umfang der Verpflichtun-gen des Sanierungsbergbaus gem den ein-schlgigen gesetzlichen Bestimmungen z. B. Bundesberggesetz (BBergG) und Umweltgesetze des Bundes und der Lnder zu diesem Zeitpunkt nicht hinreichend genau definiert und monetr determiniert werden konnten, wurde entschie-den, diese Aufgaben, die mit ffentlichen Mitteln zu finanzieren waren, ber eine Bundesgesell-schaft umzusetzen. Gleichzeitig wurde festge-legt, dass diese Bundesgesellschaft als Rechts-nachfolger der Kombinate der DDR und damit

    als bergrechtlich verantwortliches Unternehmen, dabei im Wesentlichen das Projektmanagement bernimmt und die physische Umsetzung der Sa-nierungsmanahmen ber wettbewerbliche Ver-gabe realisiert wird.

    Zu diesem Zweck erfolgte zum 1.1.1995 aus LBV und MBV heraus die Privatisierung von Sanierungsgesellschaften, die in der Folgezeit im Wettbewerb zunchst vor allem bergbautypische Sanierungsleistungen durchfhrten, sich in den Folgejahren aber auch erfolgreich auf dem freien Markt z. B. der Umweltschutz- und Landschafts-bauleistungen etabliert haben. Schlielich wurde mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1.9.1995 die belegschaftsseitig verkleinerten LBV und MBV auf die Holding Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) als Projekttrger des Auslaufbergbaus und der Braunkohlesanierung verschmolzen (Abb. 2.6), um die anstehenden Aufgaben revierbergrei-fend, einheitlich organisatorisch und straff um-zusetzen.

    Die Umstrukturierung der Braunkohlenindus-trie in Ostdeutschland ist aufgrund des Umfanges dieser einzigartigen Aufgabe und der kurzfristi-gen Umsetzung beispielgebend fr hnliche an-stehende und zu erwartende Umstrukturierungs-prozesse weltweit.

    Notwendigkeit der Etablierung der Braun-kohlesanierung Nach der Umstrukturierung der Braunkohlen- und Energiewirtschaft im Osten Deutschlands wurde die schnelle und wirtschaft-liche Sanierung bzw. Auslaufgestaltung der nicht privatisierten 32 Tagebaue sowie 88 Brikettfabri-ken, Kraftwerke, Schwelereien und Kokereien zu einem wesentlichen Arbeitsfeld. Bei der Planung und Abarbeitung der Verpflichtungen, vor allem der berg-, wasser-, abfall- und umweltrechtlich notwendigen Verpflichtungen und Manahmen zur Beseitigung der Hinterlassenschaften des Braunkohlenbergbaus der DDR in der Zeit von 1949 bis 1990, mussten auch die sozio-ko-nomischen Wirkungen des unvermeidlichen Strukturwandels in den Revieren Lausitz und Mitteldeutschland in Betracht gezogen werden. Eine bersichtskarte (Abb. 2.7) veranschaulicht

  • 18 C. Drebenstedt et al.

    Abb. 2.6 Umstrukturierung der Braunkohlenindustrie bis 1998

    Abb. 2.7 Lage der Braun-kohlenreviere in Ost-deutschland

  • 192 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    die groe rumliche Dimension der Braunkohle-sanierung.

    Zu den Aufgaben der Braunkohlesanierung gehren u. a.: ber 100.000 ha bergbaulich beanspruchtes

    Land wieder nutzbar zu machen ber 200 Tagebaurestlcher neu zu gestalten ca. 1.200 km Tagebaurestlochbschungen zu

    sichern ber 1.200 Altlastverdachtsflchen zu unter-

    suchen und zu sanieren mehr als 110 industrielle Altstandorte zu

    sanieren ca. 13 Mrd. m3 Grundwasserdefizit auszuglei-

    chen auf ca. 300.000 ha Flche Gefahren im Zusam-

    menhang mit dem Grundwasserwiederanstieg zu besorgen

    mehr als 95.000 ha Grundeigentum nach der Sanierung zu verwerten.

    Dazu sind folgende Leistungen zu bewltigen: Massenbewegung und -verdichtung im

    Umfang von jeweils mehr als 1 Mrd. m Abbruch von Industrieanlagen und Demon-

    tage/Verschrottung von Gerten Sanierung von Altlastverdachtsflchen Rekultivierung von sauren Kippenbden fr

    Forst- und Landwirtschaft Sicherung von Flchen fr den Naturschutz

    und eine naturnahe Entwicklung Flutung von Tagebaurestlchern und Gewhr-

    leistung einer akzeptablen Wasserqualitt.Weitere Arbeiten betreffen z. B. das Verfllen von unterirdischen Grubenbauen (s. Kap. 6), den Wegebau und die Errichtung von Flutungs- und Auslaufbauwerken sowie von Zu-, ber- und Ableitern fr die Bergbaufolgeseen.

    Es wurde deutlich, dass fr die nachhaltige Lsung dieser Aufgaben erhebliche finanziel-le Mittel bereitzustellen sind. Nachdem in den Jahren 1990 bis 1992 erste Sofortmanahmen als Arbeitsbeschaffungsmanahmen der Bundes-anstalt fr Arbeit durchgefhrt wurden, schlos-sen der Bund und die vom Braunkohlenbergbau der ehemaligen DDR betroffenen Bundeslnder Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thringen 1992 das Verwaltungsabkommen fr die Finanzierung der Sanierung kologischer

    Altlasten (VA, s. Kap. 3). Dieses Abkommen wurde seither fr Zeitrume von jeweils fnf Jahren durch Ergnzungen konkretisiert. Diese Finanzierungsvereinbarung beinhaltet auch eine arbeitsmarktpolitische Komponente, die eine be-fristete Beschftigung von Arbeitslosen frdert. Die LMBV wurde als bergrechtlich verantwort-liches Unternehmen Projekttrger fr die Durch-fhrung der Sanierungsmanahmen. Whrend die vor dem 1.7.1990 entstandenen Rechtsver-pflichtungen als Altlasten vom Bund zu 75 % und von den Lndern zu 25 % finanziert werden, wendet die LMBV fr die nach dem 1.7.1990 entstandenen Verpflichtungen Eigenmittel auf.

    Darber hinaus haben seit 1998 die ostdeut-schen Braunkohlenlnder zustzlich erhebliche finanzielle Mittel bereitgestellt, um den Nutzungsstandard der neu entstehenden

    Bergbaufolgelandschaften zu erhhen Gefhrdungen aus dem Altbergbau ohne

    Rechtsnachfolge vor 1949 zu beseitigen damit zustzlich Beschftigung zu schaffen

    und den Umstrukturierungsprozess zu fr-dern.

    Auerdem finanzieren Bund und Lnder seit 2003 zu gleichen Teilen Manahmen zur Abwehr von Gefhrdungen, die aus dem natrlichen Wie-deranstieg des Grundwassers auf sein vorberg-bauliches Niveau resultieren.

    Die 4. Ergnzung des Verwaltungsabkom-mens (VA V) wurde im Jahr 2012 unterzeich-net und sieht die Bereitstellung finanzieller Mittel fr das Gemeinschaftswerk Braunkoh-lesanierung von 2013 bis zum Jahr 2017 vor (Abb. 2.8).

    Da die Finanzierung der Braunkohlesanierung mit ffentlichen Mitteln erfolgt, sind dabei die haushaltrechtlichen Bestimmungen des Bundes und der Lnder zu beachten. Die Haushaltsmittel sind zweckentsprechend, wirtschaftlich und spar-sam einzusetzen. Weitere Kriterien fr die Nach-weisfhrung des Mitteleinsatzes sind Lckenlo-sigkeit und Nachvollziehbarkeit.

    Bund und Braunkohlenlnder haben zur in-ternen Genehmigung der Braunkohlesanierungs-projekte und -manahmen einen Steuerungs- und Budgetausschuss konstituiert, der aus Vertretern der zustndigen Bundes- und Landesministe-

  • 20 C. Drebenstedt et al.

    rien besteht. Die Durchfhrung der Antragspr-fung, der Genehmigungsvorbereitung und des Controllings obliegt der Geschftsstelle dieses Ausschusses. Die Kosten fr die Braunkohle-sanierung betrugen bis 2012 ca. 9,5 Mrd. . Der Sanierungsbergbau sichert mit einem jhrlichen Budget von mehreren hundert Mio. tausende Arbeitspltze in den Revieren und trgt mageb-lich zur Strukturanpassung bei. Im Sanierungs-bergbau ist es beispielhaft gelungen, Mittel der Arbeitsfrderung strukturpolitisch wirksam ein-zusetzen.

    Mit dem Sanierungsbergbau als grtes Um-weltprojekt Deutschlands wurde vielfach tech-nisch, kologisch und administrativ Neuland be-schritten. Um fr die anspruchsvolle Arbeit der Schaffung einer neuen Lebenswelt fr knftige Generationen aktuelles wissenschaftliches und technologisches Wissen schnell und gezielt fr die Sanierungspraxis verfgbar zu machen, hat das Bundesministerium fr Bildung, Wissen-schaft, Forschung und Technologie 1995 einen Forschungsschwerpunkt Sanierung und kolo-gische Gestaltung der Landschaften des Braun-kohlenbergbaus in den neuen Bundeslndern erffnet (s. Kap. 3). Weitere Forschungsprojekte wurden durch die Bundesstiftung Umwelt und andere Einrichtungen untersttzt. Insgesamt wur-den ca. 50 Mio. in 32 Forschungsprojekte in-vestiert. Die Ergebnisse tragen zur Entwicklung und Einfhrung effizienter Sanierungstechnolo-gien bei.

    Die Ergebnisse der Braunkohlesanierung sind in den Revieren Lausitz und Mitteldeutschland erkennbar. Die aus Kippenflchen und Industrie-brachen neu geschaffenen Landschaften werden bereits vielfltig wirtschaftlich genutzt. Insge-samt sind bis Ende 2010 bereits ca. 5.900 neue Arbeitspltze auf sanierten Bergbauflchen ent-standen.

    Auslaufbergbau Unter den als nicht privatisie-rungsfhig bewerteten Teilen der ostdeutschen Braunkohlenindustrie, die der LMBV bzw. ihren Vorgngergesellschaften zur Stilllegung und Sanierung bertragen wurden, befanden sich auch Produktionssttten, die teilweise noch bis 1999 weiter Rohkohle frderten, Brikett und Staub erzeugten sowie Strom produzierten die so genannten B Betriebe.

    Da die Produkte aus dem Auslaufbergbau auf den gleichen Markt geliefert wurden, den sich bereits der privatisierte Braunkohlenbergbau ge-sichert hatte, wurden Mengen und Preise in (Al-lein)Vertriebsvertrgen mit der MIBRAG und LAUBAG vereinbart. Die Tabellen 2.4, 2.5, 2.6, 2.7 und 2.8 geben die im Rahmen des Auslauf-bergbaus durch die LMBV realisierten Leistun-gen und Produkte wieder. Diese umfassen u. a. 76,6 Mio. t Kohlenfrderung, 2,2 Mio. t Brikett und 8,3 GWh Strom. Neben den dadurch erziel-ten Ertrgen kam der LMBV durch den Auslauf-bergbau zu Gute, dass in den betroffenen Be-trieben wertvolle Zeit gewonnen wurde, um den

    Abb. 2.8 Finanzierung der Braunkohlesanierung

  • 212 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    Tab. 2.4 Rohkohlenfrderung im Rahmen des AuslaufbergbausRohkohlenfrde-rung (kt)

    1994 1995 1996 1997 1998 1999 Summe Auslaufbergbau

    Espenhain 3.795 364 486 4.645Zwenkau bis 30.09.1999 an

    MIBRAG verpachtetDelitzsch-SW 38 15 53 7 113Grbern 430 62 15 24 531Mcheln 8 10 5 23Schadeleben 65 65Summe Mitteldeutsche

    4.336 451 559 31 5.377

    Greifenhain 1 936 1.936Seese-Ost 3.946 3.296 919 8.161Meuro 5.313 4.785 5.109 4.807 5.924 5.693 31.631Scheibe 3.989 4.093 3.052 11.134Berzdorf 4.495 4.696 4.719 4.457 18.367Summe Lausitz 19.679 16.870 13.799 9.264 5.924 5.693 71.229Summe LMBV 24.015 17.321 14.358 9.295 5.924 5.693 76.606

    Tab. 2.5 Abraumgewinnung im Rahmen des AuslaufbergbausAbraumgewinnung (Tm3)- ohne Abraum zur Vorbereitungder Sanierung -

    1994 1995 1996 1997 1998 1999 Summe Auslaufbergbau

    Espenhain 8.752 70 8 822Zwenkau bis 30.09.1999 an MIBRAG verpachtetDelitzsch-SW 0Grbern 0Mcheln 0Schadeleben 0Summe MitteIdeutschld. 8.752 70 8.822Greifenhain 112 112Seese-Ost 16.347 10.733 181 27.261Meuro 26.160 22.755 21.285 13.683 83.883Scheibe 13.459 11.895 4.360 29.714Berzdorf 9.244 5.402 5.620 2.255 22.521Summe Lausitz 65.322 50.785 31.446 15.938 163.491Summe LMBV 74.074 50.855 31.446 15.938 0 0 172.313

    Tab. 2.6 Briketterzeugung im Rahmen des AuslaufbergbausBriketterzeugung (kt) 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Summe Auslaufbergbau

    Grozssen 222 222Summe Mitteldeutschld. 222 222Fortschritt 335 39 374Meurostolln 429 65 494Sonne II 591 270 164 126 1.151Summe Lausitz 1.354 374 164 126 2.018Summe LMBV 1.576 374 164 126 0 0 2.240

  • 22 C. Drebenstedt et al.

    Stilllegungsprozess mehr oder weniger geordnet (sanierungsoptimiert) durchfhren zu knnen, whrend dies bei den sofort stillgelegten (C- Be-trieben) nicht mglich war.

    Auf der anderen Seite profitierte auch der pri-vatisierte Bergbau vom Auslaufbergbau, da auch hier Neu- und Reorganisationsmanahmen des Betriebsablaufes notwendig waren, die durch die befristete Weiterproduktion in den B-Betrieben berbrckt werden konnten.

    Die Tabellen 2.9, 2.10, 2.11 und 2.12 geben eine bersicht ber alle 1989 noch in Betrieb befindlichen Tagebaue, Brikettfabriken, Kraft-werke und Veredlungsanlagen mit Angabe des Datums der Stilllegung bzw. der Privatisierung durch Romonta, MIBRAG und LAUBAG.

    2.1.4 Ziele, Umfang und Ausblick der Braunkohlesanierung

    Technische Ziele Die Braunkohlesanierung im Osten Deutschlands zielt primr auf die Er-fllung der rechtlichen Verpflichtungen, die fr Bergbauunternehmen in Deutschland allgemein Gltigkeit besitzen. Die technischen Ziele erge-ben sich im Wesentlichen aus den Bestimmungen

    des Bundesberggesetzes. Dies gilt insbesonde-re fr die Betriebsplanpflicht. So waren fr die Restlaufzeit der Tagebaue, Kraftwerke und Ver-edlungsbetriebe des Auslaufbergbaus der LMBV gem Bundesberggesetz Rahmen-, Haupt- und Sonderbetriebsplne aufzustellen. Im Idealfall konnte der Auslaufbetrieb dieser Tagebaue hin-sichtlich der Gewinnungs- und Verkippungs-technologie die vorgesehene Stilllegung bereits bercksichtigen.

    Fr die bereits stillgelegten bzw. noch stillzu-legenden Betriebe waren Abschlussbetriebsplne zu erstellen. Fr diese Plne war dabei die Ab-grenzung von Bergbaubetrieben, die bereits vor 1949 still-

    gelegt wurden nach 1990 privatisierten Betrieben des Berg-

    baus bereits gem Berggesetz der DDR nachweis-

    lich und endgltig wieder nutzbar gemachten Bergbaubetriebsflchen

    notwendig.Whrend die Abgrenzung der Verpflichtun-

    gen zu den aktiven privatisierten Bergbaubetrie-ben bereits in den Spaltungsvertrgen erfolgte, waren fr die anderen beiden Punkte historische Recherchen und Abstimmungen mit den Berg-

    Tab. 2.7 Stauberzeugung im Rahmen des AuslaufbergbausStauberzeugung (kt) 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Summe AuslaufbergbauGrozssen 1 1Sonne 234 156 142 200 300 81 1.113Summe LMBV 235 156 142 200 300 81 1.114

    Tab. 2.8 Stromerzeugung im Rahmen des AuslaufbergbausStromerzeugung (MWh)

    1994 1995 1996 1997 1998 1999 Summe Auslaufbergbau

    Grozssen 49.185 49.185Borna 429.441 79.597 509.038Espenhain 1.362.080 905.262 358.218 2.625.560Summe Mitteldeutschld.

    1.840.706 984.859 358.218 0 0 0 3.183.783

    Brieske 302.654 247.439 235.017 233.431 228.279 233.052 1.479.872Sonne 207.118 168.055 140.462 147.482 663.117Trattendorf 1.336.598 1.215.130 300.820 2.852.548Lauchhammer 64 68.073 68.073Knappenrode 14.126 14.126Summe Lausitz 1.928.569 1.630.624 676.299 380.913 228.279 233.052 5.077.736Summe LMBV 3.769.275 2.615.483 1.034.517 380.913 228.279 233.052 8.261.519

  • 232 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    behrden erforderlich. Insgesamt hat die LMBV bis 2010 fr die Manahmen, mit denen die An-forderungen des Bundesberggesetzes erfllt wer-den, 177 Abschlussbetriebsplne zur Sicherstellung des Schutzes Dritter vor

    durch den Bergbaubetrieb verursachten Gefahren auch nach Einstellung des Betriebes

    zur Wiedernutzbarmachung der vom Bergbau-betrieb in Anspruch genommenen Oberflche unter Beachtung des ffentlichen Interesses

    zu Angaben ber Beseitigung oder anderwei-tigen Verwendung betrieblicher Anlagen,

    zur genauen Darstellung der technischen Durchfhrung und

    zum Schutz der Oberflche im Interesse der persnlichen Sicherheit und des ffentlichen Verkehrs

    erstellt. In diesen Planunterlagen sind die tech-nischen Zielstellungen formuliert und eine um-fassende Beschreibung ihrer sicheren Umsetzung

    Tab. 2.9 Tagebaulaufzeiten in Ostdeutschland

  • 24 C. Drebenstedt et al.

    Tab. 2.10 Brikettfabrik-Laufzeiten in Ostdeutschland

  • 252 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    enthalten. Im Rahmen des Betriebsplanverfah-rens verankert die Bergbehrde bei Notwendig-keit weitergehende Forderungen in Nebenbe-stimmungen ihres Zulassungsbescheides. Nach der Durchfhrung der Abschlussbetriebsplne

    endet die Bergaufsicht zu dem Zeitpunkt, in dem nach allgemeiner Erfahrung nicht mehr mit Ge-fahren oder gemeinschdlichen Einwirkungen fr Schutzgter zu rechnen ist.

    Tab. 2.11 Kraftwerkslaufzeiten-Laufzeiten in Ostdeutschland

  • 26 C. Drebenstedt et al.

    Da der LMBV auch die Aufgabe obliegt, ihr Eigentum an Liegenschaften und Anlagever-mgen zu verwerten, hat sie ein vitales Interes-se, diese Vermgensgegenstnde zgig in eine vermarktungsfhige Qualitt zu versetzen (s. Kap. 9).

    Die durch den Braunkohlenbergbau der DDR entstandenen Gefahrenquellen werden auch als Bergbaualtlasten bezeichnet. Sie lassen sich grob einteilen in geotechnisch nicht dauerhaft standsichere

    Bereiche Strungen des natrlichen Wasserhaushalts

    hinsichtlich Menge und Qualitt nicht verwertbare Gerte, Gebude und Anla-

    gen Schadstoffablagerungen bzw. kontaminatio-

    nen Wiedernutzbarmachungs- und Rekultivie-

    rungsrckstnde.Fr die Festlegung der Reihenfolge der Besei-tigung von Gefahrenquellen ist aufgrund der Komplexitt der Zusammenhnge zwischen den stillgelegten Tagebauen und Veredlungsanlagen sowie unter Bercksichtigung der technologisch bedingten Sanierungszeitrume ein durchgehen-des Projektmanagement erforderlich (s. Kap. 7).

    Die Wiedernutzbarmachung als ordnungsge-me Gestaltung der vom Bergbau in Anspruch genommenen Oberflche hat unter Beachtung des ffentlichen Interesses zu erfolgen. Dieses ffentliche Interesse ist normalerweise bereits in den Dokumenten der Landes-, Regional-, Raum-ordnungs- und Flchennutzungsplanung fest-geschrieben. Die zugehrigen Planverfahren fr den Auslaufbergbau in Form von Braunkohlen-plnen, fr den Sanierungsbergbau in Form von Sanierungsplnen (Brandenburg), Sanierungs-

    rahmenplnen (Sachsen), Teilgebietsentwick-lungsprogrammen (Sachsen-Anhalt) und Regio-nalen Raumordnungsplnen (Thringen) wurden aufgrund der besonderen Situation im Beitritts-gebiet teilweise parallel zu den bergrechtlichen Betriebsplanverfahren gefhrt. Aufgrund dessen erfolgten im Rahmen der Aufstellung der Plne vielfltige Abstimmungen zwischen den Be-hrden, den Kommunen und der LMBV. Unter Beachtung der technischen Machbarkeit, Wirt-schaftlichkeit und Nachhaltigkeit wurden mg-lichst konfliktarme und vielfltige Nutzungsziele fr die Wiedernutzbarmachung der vom Bergbau beanspruchten Flchen formuliert und festgelegt. Die ausgewogenen und tragfhigen Lsungen bercksichtigen die Interessen von Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, Naturschutz, Industrie, Gewerbe und Tourismus sowie kommunaler Ent-wicklung (s. Kap. 8). Inzwischen sind bereits viele dieser insgesamt 52 Raumordnungsplne zu einem hohen Anteil realisiert. Andere wurden aufgrund neuer Erkenntnisse und Entwicklungen in den letzten Jahren fortgeschrieben, przisiert, gendert bzw. ergnzt.

    Die grten Vernderungen zwischen dem Zustand der Landschaft vor und nach dem Braun-kohlenbergbau ber Tage sind auf die umfangrei-chen Abraumbewegungen und die Gewinnung der Kohle zurckzufhren. Die entstandenen Ta-gebaurestlcher mit einem Gesamtvolumen von ca. 5 Mrd. m lassen sich nicht kologisch ver-tretbar mit Erdmassen auffllen, die weitgehend neue Eingriffe in die Umwelt nach sich gezogen htten und unwirtschaftlich gewesen wren.

    Zwangslufig nimmt nach der Einstellung der bergbaulichen Smpfungsmanahmen das Wasser die Tagebaurestlcher durch den natr-lichen Zustrom in Besitz (s. Kap. 5). Fr die neu entstehenden Gewsser sind vom Bergbauunter-nehmen die Bschungssysteme fr die geplanten Folgenutzungen dauerhaft stabil zu gestalten und durch eine mehrjhrige Nachsorge so zu unter-halten, dass ihrer knstlichen Entstehung Rech-nung getragen wird (s. Kap. 4). Auerdem sind fr herzustellende Gewsser Planverfahren nach dem Wasserhaushaltsgesetz zu beantragen. Mit Stand Dezember 2010 sind fr die Herstellung der Bergbaufolgegewsser der LMBV mehr als

    Tab. 2.12 Stilllegungstermine 2. Veredlungsstufe in Ostdeutschland

  • 272 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    50 wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren und 11 Plangenehmigungsverfahren erforderlich gewesen (Abb. 2.9).

    Im unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewsserherstellung steht eine weitere bergbau-verursachte technische Herausforderung. Die entwsserungsbedingte Belftung tiefer Boden-schichten in den Grundwasserabsenkungsbe-reichen des Bergbaus fhrt durch Oxydations- und Lsungsprozesse zur erheblichen Senkung des pH-Wertes sowie zur Erhhung von Stoff-konzentrationen im Grund- und Oberflchen-wasser. Der natrliche, langsame Anstieg des Grundwassers wrde nach hydrogeologischen Modellrechnungen in den meisten Fllen lang anhaltend zu einer saureren Wasserqualitt mit pH-Werten zwischen 3 und 5 im See fhren, so dass die Integration dieser Gewsser in das Ober-flchengewssersystem ohne Behandlung nicht mglich wre. Eine wirksame Gegenmanah-me ist die schnelle Einleitung mglichst groer Mengen neutralen Wassers aus den Vorflutern in die Tagebaurestlcher. Daher hat die LMBV gemeinsam mit den betreffenden Bundeslndern und aktiven Bergbaubetrieben vielfltige organi-satorische und technische Manahmen zur Um-setzung dieser Zielstellung vereinbart (s. Kap. 5).

    In der niederschlagsarmen Lausitz sorgt eine Flutungszentrale mit einer Vielzahl von Daten-anbindungen fr krzeste Reaktionszeiten bei der Steuerung der Wasserzufhrung aus den Ein-zugsgebieten von Spree, Schwarzer Elster und Lausitzer Neie. In Mitteldeutschland wird das

    ausreichende Wasserdargebot der Vorfluter er-gnzt durch die Bereitstellung von Smpfungs-wasser aus den Tagebauen der MIBRAG mbH.

    Insgesamt werden aus etwa einem Viertel der Gesamtflche des stillgelegten Braunkohlen-bergbaus Wasserflchen von ca. 28.000 ha ent-stehen und die Landschaft um Bitterfeld, Leip-zig, Senftenberg und Hoyerswerda neu prgen (Mckel und Drebenstedt 1998). Fr die nach-haltige Entwicklung der Wasserbeschaffenheit in den Bergbaufolgegewssern entsprechend den Vorgaben der Europischen Wasserrahmen-richtlinie werden gegenwrtig Forschungspro-jekte durchgefhrt. Die LMBV kooperiert dabei erfolgreich mit einer Vielzahl von Partnern aus Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft. Zur Wiederherstellung eines ausgeglichenen, sich weitgehend selbst regulierenden Wasserhaushal-tes gehrt es auch, Fliegewsser, die durch oder fr den Braunkohlenbergbau direkt verndert oder indirekt in ihrer Funktionsfhigkeit beein-trchtigt wurden, so zu renaturieren, dass sie den Anforderungen des nachbergbaulichen Land-schaftswasserhaushalts gerecht werden.

    Die planmige Umsetzung der technischen Ziele erfolgt im Einklang mit den im Folgenden beschriebenen kologischen und sozialpoliti-schen Zielen und unter Beachtung der gegensei-tigen Wechselwirkungen.

    kologische Ziele In den Jahren 1989/1990 wurden ffentlich Forderungen erhoben, die laufenden Bergbauaktivitten schnellstmglich

    Abb. 2.9 Genehmigungs-verfahren der Braunkohle-sanierung. (Stand 2010)

  • 28 C. Drebenstedt et al.

    und umfassend einzustellen, um dadurch wei-tere Beeintrchtigungen von Natur und Umwelt zu stoppen. In sachlichen und offenen Diskus-sionen zwischen den Bergbauunternehmen, den zustndigen Behrden, Forschungseinrichtungen und den Naturschutzverbnden wurde schnell klar, dass man die anstehenden technischen und kologischen Probleme nicht allein den Selbst-heilungskrften der Natur berlassen konnte. Durch die konstruktive Mitwirkung von Natur-schutzverbnden an den Planungen zur Braun-kohlesanierung im Rahmen der ffentlichen Beteiligung sowie in den Gremien der Braun-kohlen- und Sanierungsplanung wurde aber auch deutlich gemacht, dass sich auf den Jahrzehnte alten Hinterlassenschaften des DDR-Bergbaus, insbesondere den ausgedehnten, unzugngli-chen Kippenflchen, selten gewordene Tier- und Pflanzenarten ungestrt entwickeln konnten. Bei der Festlegung der Wiedernutzbarmachungsziele wurden kologisch interessante Flchen identi-fiziert, bewertet und so in die Sanierungspla-nung integriert, dass sowohl den Forderungen des Naturschutzes als auch der Herstellung der ffentlichen Sicherheit auf Bergbaufolgeland-schaften Rechnung getragen wird (Drebenstedt 1996). ber 15 % der bergbaulich beanspruchten Flchen in Verantwortung der LMBV wurden auf diese Weise langfristig fr den Naturschutz gesi-chert. Inzwischen wurde der grte Teil dieser Flchen an Naturschutzorganisationen und -stif-tungen veruert.

    Auch bei der konventionellen landwirtschaft-lichen und forstlichen Rekultivierung wurden kologische Aspekte in hohem Mae bercksich-tigt. Wo die Bodenqualitt und andere uere Be-dingungen es zulieen, wurden abwechslungsrei-che Mischwlder, Gehlzstreifen, Benjeshecken, Findlingsanordnungen und temporre Feuchtge-biete geschaffen.

    Auch bei der Gestaltung der Uferzonen von im Entstehen begriffenen Bergbaufolgeseen spielten kologische Gesichtspunkte eine wichtige Rolle. Gezielt wurden Flachwasserzonen hergestellt, in denen sich bei Schilfbewuchs Vogelbrutmglich-keiten und Lebensrume fr Wassertiere und Am-phibien entwickeln knnen. Die fischereiwirt-

    schaftliche Nutzbarkeit der Bergbaufolgeseen ist ebenfalls ein Ziel der Braunkohlesanierung.

    Die Einbeziehung kologischer Ziele in die Braunkohlesanierung und die sichtbaren Erfol-ge in den letzten Jahren haben dazu beigetragen, Naturschutz als Wirtschaftsfaktor zu verstehen.

    Sozialpolitische Ziele Bergbau ist aufgrund der begrenzten Lagersttteninhalte immer endlich. Die unplanmige und gleichzeitige Einstellung einer so groen Zahl von Tagebauen und Ver-edlungsanlagen in den Jahren nach 1990 war jedoch ein radikaler struktureller Umbruch, der Bund und Lnder vor eine besondere Herausfor-derung stellte. Viele der rund 135.000 Beschf-tigten der Braunkohlenindustrie wurden, sofern sie nicht in den Vorruhestand gehen konnten, arbeitslos und hatten anfangs keine alternativen Beschftigungsmglichkeiten. Daher wurde bei der Planung und Realisierung der Arbeitsbe-schaffungsmanahmen bis 1992 und der weite-ren Manahmen der Bergbausanierung eine hohe Beschftigungswirkung angestrebt und durch Zuschsse der Bundesanstalt fr Arbeit aktiv gefrdert. Bei der wettbewerblichen Vergabe der Auftrge fr Braunkohlesanierungsmanahmen wurden die Auftragnehmer zur Beschftigung von frderfhigen Arbeitnehmern verpflichtet. In der ersten Phase der Sanierung bis 1995 stieg die Zahl der Arbeitnehmer auf gefrderten Arbeits-pltzen auf ber 17.000. Weitere 7.000 Arbeits-pltze wurden bei Nachauftragnehmern, durch Kaufkrafterhalt in den Revieren und beim Trger der Bergbausanierung gesichert. Damit wurde ein erheblicher Beitrag zur Abfederung des Rck-gangs von Industriearbeitspltzen in den ost-deutschen Braunkohlenlndern geleistet. Auf den Altstandorten der Braunkohlenveredlung, der Verwaltung und in ehemaligen Werkstattkomple-xen siedelten sich Klein- und Mittelstndische Unternehmen an und sorgten fr die Erhaltung und Entwicklung von Know-how in der Region. Diese hoffnungsvolle Entwicklung veranlasste die LMBV, ab 1999 gemeinsam mit Kommunen ausgewhlte Altstandorte ber eine dafr gegrn-dete Tochtergesellschaft infrastrukturell neu zu erschlieen. Unter Einbeziehung von Frdermit-

  • 292 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    teln fr die Bund-Lnder-Gemeinschaftsaufgabe entstanden ohne zustzlichen Flchenverbrauch moderne Industrie- und Gewerbeflchen fr Investitionen. Allein auf diesen 7 Standorten befinden sich 2010 ca. 150 Unternehmen mit fast 5.900 Arbeitspltzen.

    Des Weiteren wurde der LMBV von ihren Fi-nanziers bereits ber viele Jahre die Mglichkeit eingerumt, junge Menschen fr nachgefragte, zukunftsorientierte Berufe auszubilden. Die Zahl von ber 1.500 erfolgreich abgeschlossenen Aus-bildungen zum Facharbeiter seit 1994 spricht fr sich. Dies ist eine weitere Investition in die Zu-kunft der Regionen. Sie fhrt zu einer Erhhung der Attraktivitt fr Investoren und wirkt damit der Abwanderung entgegen. Mit dem bergang von ca. 75 % der Ausgebildeten in eine Beschf-tigung wurde eine gute Quote erreicht.

    Die Auswirkungen der vernderten wirtschaft-lichen Rahmenbedingungen in den ostdeutschen Braunkohlenlndern seit 1990 lsst sich an der Bevlkerungsentwicklung verfolgen (Tab. 2.13).

    Demnach sind die Braunkohlenlnder Sach-sen-Anhalt und Sachsen insbesondere vom Be-vlkerungsrckgang betroffen. Ausgewhlte Stdte in den Braunkohlenrevieren verzeichnen eine differenzierte Bevlkerungsentwicklung (Tab. 2.14).

    Die Abwanderung im Zeitraum 1990 bis 2010 aus den Kohlen-Energie-Chemie Regionen in der Lausitz und in Mitteldeutschland spiegelt die schrumpfenden Produktions- und Beschf-tigungsmglichkeiten, die in den monostruktu-rieren Industrieregionen nicht gepuffert werden konnten. So weisen mit dem Bergbau gewachse-

    ne Stdte in Sachsen und Sachsen-Anhalt einen 2 bis 3 fach hheren Rckgang der Bevlkerung auf als der Landesdurchschnitt; im Land Bran-denburg liegt der Faktor zwischen 3 und 10.

    Tabelle 2.14 verdeutlicht, dass Stdte, die mit der Entwicklung der Braunkohlenwirtschaft zu-nchst einen starken Bevlkerungsanstieg ver-zeichneten, ebenso schnell die Bevlkerung wie-der verloren. Die Motive sind dieselben: arbeits-fhige, mobile Menschen ziehen der Arbeit nach. Da die Standorte der Braunkohlengewinnung standortgebunden sind, entsteht zu deren Er-schlieung neue Infrastruktur und die Menschen werden mit guter Bezahlung und weiteren Ver-gnstigungen an diese Standorte gelockt. Endet der Abbau wegen Lagerstttenerschpfung oder vorfristiger Stilllegung, wie im Fall der Braun-kohlenindustrie im Osten Deutschlands, gibt es in der Regel keine wirtschaftlichen Alternativen und die Menschen ziehen weiter. Zahlreiche Geisterstdte zeugen weltweit von diesem Ph-nomen.

    Die Braunkohlesanierung ist eine wichtige Manahme zum teilweisen Erhalt von Arbeits-pltzen in der Region und erweitert das Zeitfens-ter fr eine wirtschaftliche Umstrukturierung. Da die Standorte der Kohlen- und assoziierten Energie- und Chemiewirtschaft dabei im freien Wettbewerb mit anderen Standorten stehen und zudem monostrukturiert sind und ber kein gutes Image und geringe Lebensqualitt verfgen, ist der Umstrukturierungsprozess besonders kom-pliziert. Deshalb verlassen trotz vielfltiger Be-mhungen vor allem gut ausgebildete und junge Menschen die Bergbauregion. Die Politik kann

    Bundesland Bevlkerung1950

    Bevlkerung1990

    Bevlkerung2010

    Vernderung seit 1990%

    Brandenburg 2.579.675a 2.578.312b 2.507.100c 2,76Sachsen-Anhalt 4.071.856a 2.873.957d 2.343.000c 18,47Sachsen 5.682.802a 4.913.000e 4.152.500f 15,48

    a Staatliche Zentralverwaltung fr Statistik (1958)b www.statistik.brandenburg.dec Statistische mter des Bundes und der Lnder, Stand 07.2010d www.sachsen-anhalt.de, Stand 31.12.1990e www.demographie.sachsen.de, 01.01.1990f www.statistik.sachsen.de, Stand 07.2010

    Tab. 2.13 Bevlkerungs-entwicklung in den Braunkohlenlndern

    www.statistik.brandenburg.dewww.sachsen-anhalt.dewww.demographie.sachsen.dewww.statistik.sachsen.de

  • 30 C. Drebenstedt et al.

    zwar grundstzlich mit speziellen Frderpro-grammen die Ansiedlung von neuen Firmen len-ken und untersttzen, muss jedoch aufgrund be-grenzter Mittel die Manahmen priorisieren. Die Gebiete der Braunkohlesanierung erhalten dabei nicht immer die erhoffte Bercksichtigung.

    Unabhngig davon erhht sich mit der Braun-kohlesanierung die Lebensqualitt in der Region und werden neue Mglichkeiten wirtschaftlicher Ttigkeit erffnet.

    Umfang und Stand der Braunkohlesanie-rung Die bisher dargestellten Ausfhrungen zu den Aufgaben der Braunkohlesanierung haben bereits einen berblick ber die besonderen Her-ausforderungen gegeben. Aufgrund der rum-lichen Ausdehnung, der komplexen Vernetzung einer Vielzahl von Problemen und der Umset-zung der Braunkohlesanierungsvorhaben ber einen relativ langen Zeitraum war es unerlss-lich, eine klare Strukturierung vorzunehmen.

    Die Inhalte der Braunkohlesanierung wurden in Projekte eingeteilt, die wiederum in Teilobjek-te gegliedert sind. In Abhngigkeit von den Leis-tungsinhalten wurden regelmig Projektstruk-turanpassungen vorgenommen. 2011 befinden sich noch mehr als 100 Projekte fr die Braun-kohlesanierung gem Rechtsverpflichtung der LMBV, fr die Abwehr von Gefhrdungen aus dem Wiederanstieg des Grundwassers und fr die

    Durchfhrung von Manahmen zur Erhhung des Folgenutzungsstandards in der Umsetzung.

    Die Planung der notwendigen Leistungen er-folgt nach Hauptgewerken.

    Die insgesamt mit Stand Ende 2009 fr die Erfllung der Rechtsverpflichtungen der LMBV erforderlichen Leistungen umfassen die Haupt-gewerkegruppen (Tab. 2.15):

    1,7 Mrd. m3 Massenbewegung23.400 ha Rekultivierung forst- und landwirt-

    schaftlicher Nutzflchen (Abb. 2.10)11,8 Mio. m3 Abbruch baulicher Anlagen, umbauter

    Raum12,7 Mrd. m3 Wiederherstellung Wasserhaushalt

    (Abb. 2.11)1,1 Mrd. m3 Massenverdichtung (Abb. 2.12)28,9 Mio. m3 Altlastensanierung (inkl.

    Wasserreingung)

    Die Abbildung 2.13 spiegelt die in der Tabelle 2.15 enthaltenen Daten grafisch wider und gibt zu-stzlich einen Ausblick auf die bis zum Ende der Sanierung geplanten Leistungen. Die zugrunde liegende detaillierte Projektplanung der LMBV wird jhrlich aktualisiert.

    Insgesamt wird eingeschtzt, dass die Pro-jekte der Braunkohlesanierung bezogen auf die Rechtsverpflichtungen der LMBV finanziell Ende 2010 zu rund 90 % realisiert wurden.

    Tab. 2.14 Bevlkerungsentwicklung in ausgewhlten Stdten in den BraunkohlenrevierenRevier Bundesland Stadt Bevlke-

    rung 1950Bevlke-rung 1990

    Bevlke-rung 2010

    nderung seit 1990 %

    Lausitz Brandenburg Cottbus 60.874a 134.781 102.091 24,25Lausitz Brandenburg Senftenberg 18.260a 29.451 26.530 9,92Lausitz Brandenburg Lauchhammer 27.524a 23.882 16.956 29,00Lausitz Sachsen Grlitz 100.147a 76.603b 55.596c 27,4Lausitz Sachsen Hoyerswerda 7.365a 68.982b 37.379c 45,8Lausitz Sachsen Weiwasser 13.844a 35.515b 19.055c 46,3Mitteldeutschland Sachsen Borna 17.807a 27.620b 20.680c 25,1Mitteldeutschland Sachsen-Anhalt Halle 289.119 311.396d 232.963e 25,19Mitteldeutschland Sachsen-Anhalt Bitterfeld-Wolfen 44.564 72.218d 45.171e 37,45Mitteldeutschland Sachsen-Anhalt Zeitz 46.762 48.153d 31.556e 34,47

    a Staatliche Zentralverwaltung fr Statistik (1958)b Statistisches Landesamt Sachsen,Stand 31.12.1990c Statistisches Landesamt Sachsen, Stand 31.12.2010d Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, Stand 31.12.1990e Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt,Stand 31.12.2010

  • 312 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    Der Schwerpunkt der knftige Arbeiten liegt in der Herstellung der Tagebaufolgeseen, in der Beseitigung von Gefahren im Zusammenhang mit dem Grundwasserwiederanstieg, in den Manah-men zur nachhaltigen Gewhrleistung einer ko-logisch vertretbaren Wasserqualitt in den neuen Seen sowie in der weiteren Beseitigung von lo-kalen Grundwasserkontaminationen. Die erst genannten zwei Aufgabenkomplexe werden um 2020 im Wesentlichen umgesetzt sein, whrend die zuletzt genannten zwei Aufgabenbereiche langfristig anfallende, teilweise bis zum vierten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts andauernde Ma-nahmen ausmachen. Zeitlich immer strker wer-den sie jedoch in Monitoringaufgaben bergehen.

    2.2 Naturraum, Geologie, Bergbautechnologie und Eingriff in den Mitteldeutschen und Lausitzer Braunkohlenrevieren

    2.2.1 Allgemeine Kennzeichnung der Reviere

    Grundstze Die geographische Lage und der geologische Aufbau eines Gebietes prgen we-sentlich seinen landschaftlichen Charakter, sowie die Naturausstattung und natrliche Leistungs-fhigkeit. Gelnderelief sowie Klima, Wasser, Bden u. a. abiotische Standortfaktoren sind fr das Landschaftsbild, die Landnutzung und das

    Tab. 2.15 Mengenbersicht ausgewhlter Hauptgewerke 1990 bis 2009Hauptgewerk ABM

    1990-1993VAI 1993-1997

    VA II 1998-2002

    VA III 2003-2007

    VA IV Sanierung 1990-20092008 2009 Summe

    Massenbewe-gung

    Mio. m3 140 669 641 201 29 15 44 1.695

    Herstellung FN/LN-Flchen

    ha 0 5.708 5.554 3.493 722 505 1.227 15.982

    Herstellung sonstiger Nutzflchen

    ha 27.480 10.660 5.681 2.648 220 149 369 46.838

    Pflege und Bewirtschaftung

    ha 0 28.715 31.802 13.153 2,875 5.782 8.657 82.327

    Demontage und Verschrottung

    Tt 1.510 2.127 2.489 465 42 0,41 43 6.634

    Abbruch von baulichen Anlagen

    Tm3 1.396 5.731 3.449 997 21 66 87 11.660

    Wasserhebung, Reinigung, Ableitung, Pegelkonrolle

    Mio. m3 511 2.105 1.883 1.065 135 86 221 5.785

    Fremdwasser-zufhrung zur Flutung

    Mio. m3 0 168 639 1.100 137 185 322 2.229

    Massenverdich-tung

    Mio. m3 5 365 525 174 18 12 31 1.100

    Sanierung schadstoff-belasteter Bereiche

    Tm3 485 5.925 6.590 4.300 832 762 1.595 18.895

    Beseitigung und Verwertung von Abfllen

    Tt 827 598 4.129 3.433 191 304 495 9.482

    Verfllen von Grubenrumen

    Tm3 105 457 550 417 14 41 55 1.584

  • 32 C. Drebenstedt et al.

    Leben in der Landschaft bestimmend. Aber auch die Entstehung von Bodenschtzen ist an geoge-ne Prozesse gebunden und stellt den natrlichen Reichtum einer Region dar.

    Durch die Nutzung der natrlichen Ressour-cen, insbesondere durch den Tagebaubetrieb, wird erheblich in die relativ stabilen, natrlichen Systeme eingegriffen. Es werden Berge versetzt, Flsse verlegt, Grundwasserleiter zerstrt, Deck-gebirgsschichten umgelagert. Doch an den Abbau der Braunkohle schlieen sich Rekultivierungs-manahmen an. Dabei werden die Topographie und auch die Geologie der Bergbaufolgeland-schaft bewusst gestaltet. Fr die Planung der neu

    zu gestaltenden Landschaft ist es daher bedeu-tend, die Zusammenhnge zwischen der geologi-schen Situation und den sich auf dieser Basis ein-stellenden natrlichen Gegebenheiten zu kennen, um sie bewusst einzusetzen. Nur so knnen sich wieder stabile landschaftliche Systeme entwi-ckeln. Fehler bei der Landschaftsgestaltung kor-rigiert die Natur selbst, wobei erhebliche Schden entstehen knnen. Um diese zu vermeiden ist ein stndiger Lernprozess von der Natur notwendig. Rutschungen, wie am 18.7.2009 in Nachterstedt, mit Verlusten an Menschenleben, materiellen und kulturellen Gtern lehren uns z. B. bis heute, dass die Wechselwirkungen zwischen Mensch und

    Abb. 2.10 Rekultivierung im Tagebau Greifenhain

  • 332 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    Natur weiter untersucht werden mssen, um sie vollends zu verstehen und negative Auswirkun-gen zu vermeiden. Abbildung 2.14 verdeutlicht, dass neben dem Faktor Natur und dem Stand der Technik und des Wissens auch die gesell-schaftlichen Rahmenbedingungen zu beachten sind (Drebenstedt 2003). Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen sind einzuhalten, und wie werden sie hinsichtlich der betrieblichen und f-fentlichen Sicherheit sowie des Umweltschutzes einschlielich der Anforderungen an die Rekulti-vierung umgesetzt? Da sich die Einflussfaktoren Gesellschaft und Technik/Wissen im stndigen Wandel befinden und unterschiedlich ausgeprgt

    sind, ist das Ergebnis der Rekultivierung nicht nur durch den Naturraum bestimmt, sondern auch durch die Entwicklung der Gesellschaft. Bei der Planung und Umsetzung der Rekultivierung ist deshalb eine zeitlich und rumlich differenzierte Betrachtungsweise notwendig.

    In den Abschnitten 2.2.2 und 2.2.3 wird die Geologie des Mitteldeutschen- bzw. Lausitzer Braunkohlenreviers vorgestellt; im Abschnitt 4.8 wird die Geologie ausgewhlter Tagebaue nher beschrieben. Im Abschnitt 5.2 werden die hydro-geologischen Besonderheiten der Reviere nher erlutert.

    Abb. 2.11 Blick ber das Lausitzer Seenland nach Nordwesten

  • 34 C. Drebenstedt et al.

    Abb. 2.12 Rtteldruckverdichtung im Tagebau Schlabendorf-Sd

    Abb. 2.13 Leistungen der Braunkohlesanierung, Stand 2009 und Ausblick

  • 352 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    Naturraum Das Mitteldeutsche und das Lau-sitzer Braunkohlenrevier befinden sich am sd-lichen Rand des Mitteleuropischen Tieflandes, an der Grenze zur Mitteleuropischen Mittelge-birgsschwelle. Gem der naturrumlichen Glie-derung nach Riecken et al. (1994) liegen beide Reviere hauptschlich im Sden der Groland-schaft Nordostdeutsches Tiefland (Abb. 2.15). Sie erstrecken sich ber die naturrumlichen Haupteinheiten Elbe-Mulde-Tiefland (D10), Schsisches Hgelland und Erzgebirgsvorland (D19) und stliches Harzvorland und Brden (D20), sowie ber das Lausitzer Becken und Spreewald (D08) und Oberlausitzer Heide-land (D13). Der sdliche Teil des Lausitzer Reviers befindet sich mit den Tagebauen Berz-dorf und Olbersdorf in der Grolandschaft st-liche Mittelgebirge in der naturrumlichen Haupteinheit Oberlausitz (D14).

    Die naturrumlichen Verhltnisse in diesem Betrachtungsgebiet sind sehr unterschiedlich. Der Naturraum wird dabei mageblich durch die standortbedingt typische Vegetation gekenn-zeichnet. Fr die naturrumliche Charakteristik sind ursprnglich die vier abiotischen Stand-ortfaktoren Morphologie, Boden, Klima sowie Oberflchen- und Grundwasser entscheidend, die fr die Art der Vegetation verantwortlich sind. Da diese Standortfaktoren darber hinaus die Nut-zungsinteressen der Menschen berhren, kommt der Mensch als wichtiger Einflussfaktor hinzu, der auf das System einwirkt und es in Mittel- und Osteuropa nachhaltig weitestgehend in eine Kul-turlandschaft gewandelt hat (Drebenstedt 2003).

    Die Standortfaktoren stehen in einer engen Wechselwirkung (Abb. 2.16) und sind sowohl in ihrer Menge und Gte als auch in ihrer Hufig-keit und Dauer bestimmt. So ist z. B. der Boden das Entwicklungsprodukt aus dem anstehenden geologischen Material unter Einwirkung von Klima, Grundwasser und Vegetation sowie der Reliefenergie (Erosion). Die Art der Vegetation wiederum wird bestimmt durch den Boden, das Klima und die Wassersituation. Grund- und Ober-flchenwasser bilden sich unter dem Einfluss von Klima (Niederschlge), Vegetation (Verbrauch, Verdunstung, Oberflchenabfluss) und Boden-beschaffenheit (Versickerung) sowie der Aus-

    Abb. 2.14 Einflussfaktoren auf die Rekultivierung. (Dre-benstedt 2003)

    Abb. 2.15 Naturrumliche Lage der Braunkohlenreviere Lausitz und Mitteldeutschland. (nach BfN 2006)

  • 36 C. Drebenstedt et al.

    bildung der Gelndeoberflche (Abflussbahnen, flurnahe oder -ferne Grundwasserstnde) usw.

    Das Klima spielt eine entscheidende Rolle fr den Naturraum. Zu den Klimafaktoren gehren insbesondere Temperatur, Niederschlge und Wind, die ebenfalls in Menge, Gte, Hufigkeit und Dauer variieren und dadurch ein komplizier-tes Beziehungsgeflecht in der Wechselwirkung mit den anderen Standortfaktoren bilden, das zur Ausprgung des Naturraumes fhrt. Starke Nie-derschlge knnen z. B. bei fehlender Vegetation ebenso zur Bodenerosion beitragen, wie starker Wind.

    Klimatische Kennzeichnung Das Mitteldeut-sche und das Lausitzer Braunkohlenrevier werden berwiegend durch die khlgemigte Klimazone der Waldklimate geprgt. In Mitteldeutschland und in der Lausitz bestimmen dabei die nieder-schlagsrmeren und trockeneren subozeanischen Waldklimate die Situation. Der Ostrand der Lau-sitz, insbesondere die Niederlausitz, wird teil-

    weise durch subkontinentale Klimate beeinflusst (Abb. 2.17 und 2.18).

    Fr die Niederschlagsverteilung sind in Mit-teldeutschland und in der Lausitz mittlere Jahres-niederschlge von 500 bis 600 mm typisch. In der Oberlausitz werden auch Jahresniederschlge um 650 mm gemessen. Beide Reviere sind den immer feuchten Klimaten zuzuordnen.

    Die langjhrigen Jahresmitteltemperaturen des Januars betragen zwischen 0 und 5 C, die langjhrigen mittleren Julitemperaturen stellen sich auf bis 20 C ein.

    Die Klimadiagramme von Leipzig in Mittel-deutschland und von Cottbus und Grlitz in der Lausitz vermitteln einen Eindruck von den dif-ferenzierten Temperatur- und Niederschlagsver-hltnissen im Betrachtungsgebiet (Abb. 2.19; DWD 2010).

    Aus den Diagrammen wird deutlich, dass Temperaturen und Niederschlagsmengen im Verlauf des Jahres in der Lausitz und in Mittel-deutschland recht hnlich sind. Die durchschnitt-

    Abb. 2.16 Wechsel-wirkung der abiotischen Standortfaktoren und die Einwirkung des Menschen. (Drebenstedt 2003)

  • 372 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    lichen Monatstemperaturen unterscheiden sich kaum. Die jhrliche Niederschlagsmenge ist im Mitteldeutschen Revier am geringsten. Das ist u. a. auf die geographische Lage im Regen-schatten des Harzes zurckzufhren. In der Oberlausitz ist die jhrliche Niederschlagsmenge mit ber 650 mm am hchsten. Hier wirkt sich u. a. die geographische Lage im Nordwesten des Lausitzer und Zittauer Gebirges aus. Auch fh-

    ren Unterschiede des Gelndereliefs, der vor-handenen Bodensubstrate und der Landnutzung zu lokal verschiedenen Wasserabflussverhalten, wodurch das jeweilige Mikroklima beeinflusst ist. Zustzlich wird die Lausitz von dem weiter stlich vorherrschenden subkontinentalen Klima beeinflusst. Dieses nur lokal ausgeprgte klima-tische Phnomen fhrt zu einer greren Vielfalt der Flora und Fauna im Gebiet der Lausitz.

    Abb. 2.17 Klimazonen Europas nach Troll und Pfaffen. (Friese et al. 1996)

    Abb. 2.18 Klimazonen Europas nach Kppen. (Friese et al. 1996)

  • 38 C. Drebenstedt et al.

    Bden Bedingt durch die geologisch vorhan-denen Bodensubstrate dominieren in der Lau-sitz Parabraunerden und in Mitteldeutschland auch saure Braunerden, die durch Podsole und Schwarzerde ergnzt werden (Abb. 2.20). Wei-tere vorkommende Bodentypen sind an groe Flussniederungen gebundene Auenbden.

    Braunerden verdanken ihren Namen der Braunfrbung durch die Eisenfreisetzung bei der Verwitterung des Ausgangsgesteins. Dies kann zum einen in den Mittelgebirgen Schiefer, Grauwacke, Granit oder Basalt sein, aber auch

    zum anderen fluviatiler oder glazialer Sand der Tiefebenen. Liegt Ton als Ausgangsmaterial vor, bilden sich Pelosole. Mit Abnahme des Basenge-haltes und der Eutrophie verschiebt sich auf den Standorten der Anteil des hufig anzutreffenden Rotbuchenwaldes in Richtung Laub-Mischwl-der. Die Eignung der Braunerden fr den Acker-bau ist ohne Dngung und Bewsserung weniger gut (Hofmeister 1997).

    Parabraunerden hneln den Braunerden, unter-scheiden sich aber durch eine Tonanreicherung durch Verlagerung aus dem Oberboden (A-Hori-

    Abb. 2.19 Klimadiagramme ausgewhlter Orte im Lausitzer und Mitteldeutschen Braunkohlenrevier. (DWD 2010)

  • 392 Gesellschaftliche, natrliche und technische Rahmenbedingungen der Braunkohlesanierung

    zont) in den Unterboden (B-Horizont). Ausgangs-material sind Lockersedimente der L- und Mo-rnengebiete sowie eiszeitlicher Schotterflchen. Auf Lssbasis kann es auch zur Entwicklung von Schwarzerden (Tschernosem) kommen. Fr den Ackerbau sind diese Bden gut geeignet. Wald-gesellschaften sind hufig verarmt.

    Podsole entstehen vorwiegend aus sandigen (wasserdurchlssigen), basenarmen Sedimenten des Tieflandes sowie in geringerem Mae aus Verwitterungsmaterial in den Mittelgebirgen bei hohen Niederschlgen und niedrigen mittle-ren Jahrestemperaturen. Der Name steht fr den typischen aschfarbenen ausgebleichten (ausge-waschenen) Oberboden. Die Standorte werden durch bodensaure Laub-Mischwlder bevorzugt. Leistungsfhige Ackerstandorte sind durch Dn-gung und Bewsserung mglich.

    Nhrstoff- und basenreiche Auenbden ent-stehen aus Sedimenten in Tlern von Flssen und Strmen. Neben einem Waldsaum werden sie als Grnland oder fr Ackerbau genutzt.

    Die Karte (Abb. 2.21) gibt Aufschluss ber den geologischen Ursprung der Bodensubstrate, die die Grundlage der entstandenen Bden bilden.

    Vegetation Die Floren der nrdlichen Hemi-sphre, einschlielich der Gebietes Mittel-deutschland und Lausitz, werden aufgrund ihrer vielfachen Beziehungen und aufflligen flo-ristischen Einheitlichkeit dem Florenreich der

    Holarktis, in der weiteren Untergliederung der mitteleuropischen Florenregion und dort der nrdlichen temporaten Florenzone zugeordnet. Weitere Unterscheidungen der Flora ergeben sich aus der Ozeanitt, d. h. dem Einfluss der Ozeane auf Feuchtigkeit und Temperatur. Analog den Kli-mazonen befinden sich die betrachteten Reviere unter subozeanischem Einfluss (subatlantische Provinz), im Osten teilweise unter kontinentalem Einfluss (zentraleuropische Provinz). Ein drit-tes, das Vegetationsareal bestimmendes Merkmal neben dem Breitengrad und der Ozeanitt ist die Hhenstufe, die im Betrachtungsgebiet als planar (bis 300 m) einzustufen ist.

    Die Biodiversitt, d. h. die Artenzahl der Grogefpflanzen, entspricht im Betrachtungs-gebiet der mittleren Diversittszone 5, d. h. zwi-schen 1.000 und 1.500 auf 10.000 km (Strasbur-ger 1998).

    Entsprechend der Standortmerkmale las-sen sich typische Vegetationszonen aushalten (Abb. 2.22). Demnach sind fr das Betrachtungs-gebiet sommergrne Laubwlder dominierend.

    Der sommergrne Laubwald ist standortbe-dingt weiter differenziert und lsst sich verein-facht wie folgt darstellen: Im Mitteleuropischen Tiefland dominieren westlich der Elbe in den re-levanten tieferen Lagen Buchenmischwaldgebie-te und stlich der Elbe Kiefernwaldgebiete mit Eiche auf Sandbden (Abb. 2.23).

    Abb. 2.20 Bodenkarte Lausitz und Mitteldeutsch-land (Diercke 2007)

  • 40 C. Drebenstedt et al.

    Im Mitteldeutschen Revier werden im Regen-schatten des Harzes zudem Trockengebiete mit aufgelockerten Eichenmischwaldbestnden ohne Buche ausgewiesen.

    Ursprnglich war die mitteleuropische Flo-renregion nur dort lokal waldfrei, wo extreme Standortbedingungen vorherrschten (Trocken-heit, Nsse, Salz). Durch Ackerbau ist heute nur noch ein Viertel Europas mit Wald bedeckt und dies vielfach als intensiv bewirtschafteter Forst, berwiegend im Bereich der Mittelgebirge. Bei der Beschreibung der Bodentypen wurde bereits auf die Nutzung der Standorte verwiesen. Abbil-dung 2.24 zeigt, wie sich aufgrund der vorherr-schenden Bodentypen naturbedingte Agrarrume ausbilden.

    Kohlenbildung Die Kohlenbildung ist ein komplexer Prozess auf den die rtliche Lage, die Sedimentationsbedingungen, die Geotekto-nik und die klimabedingte Biomasseproduktion erheblichen Einfluss ausben. Die Braunkohlen-bildungen in den Mitteldeutschen und Lausitzer Braunkohlenrevieren sind stratigraphisch dem Tertir, in der Lausitz berwiegend dem Miozn, in Mitteldeutschland auch dem Eozn zu zuord-nen (Abb. 2.25 und 2.62).

    Die Braunkohlenlagersttten Mittel- und Ost-europas knnen palogeographisch generell in zwei Bereiche unterteilt werden:

    paralische Lagersttten, die aus Kstenrand-mooren entstanden sind (Abb. 2.26)

    terrestrische Lagersttten die aus limnischen (Swasser) Mooren


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