the modular mml revision system in knee revision and tumor arthroplasty | einsatz eines modularen...

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Orthopäde 2006 · 35:975–981 DOI 10.1007/s00132-006-0982-2 Online publiziert: 3. August 2006 © Springer Medizin Verlag 2006 L. Gerdesmeyer 1 · A. Töpfer 2 · J. Kircher 3 · H. Grundei 1 · P. Diehl 2 1 Department Endoprothetik und Wirbelsäulenchirurgie der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Mare-Klinikum, Kiel-Kronshagen 2 Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Technische Universität München 3 Orthopädische Universitätsklinik Rostock Einsatz eines modularen Knierevisionssystems MML im Rahmen des Knie- prothesenwechsels und der Tumorendoprothetik Leitthema Revisionsendoprothetik und Tumor- chirurgie des Kniegelenkes stellen seit jeher die größten Anforderungen an Operateur und Patient, aber auch an die verwendeten Implantate und Materialien [3, 8, 9, 26]. Hier können v. a. ausgedehnte segmentale knö- cherne Defekte im Bereich des dis- talen Femurs und der proximalen Ti- bia zu erheblichen Rekonstruktions- schwierigkeiten führen [3, 8]. Mit der- artigen Defekten, die spezielle Re- konstruktionsverfahren zur Folge ha- ben, muss insbesondere in der Tumor- endoprothetik, v. a. nach wiederhol- ten Wechseloperationen aufgrund septischer oder aseptischer Lockerun- gen, gerechnet werden. Der Anteil der Revisionsoperationen an der Gesamtzahl der Endoprothesenein- griffe wird derzeit in Deutschland bei stei- gender Tendenz mit ca. 10% angegeben. Hauptursachen für Revisionen sind Lo- ckerungen mit 59% und Patellaprobleme mit 20% der Fälle [19]. Hohe Ansprü- che an die Mobilität bei gleichzeitig zu- nehmendem Alter sind die Ursache stei- gender Komplikationen bezüglich Locke- rungen und führen zu einer Zunahme der Endoprothesenwechsel [8]. Neben knöchernen Defekten erfordern auch Weichteildefekte spezielle Implantat- lösungen. Varus-Valgus-Instabilitäten so- wie der Verlust des hinteren Kreuzbandes lassen sich mit Prothesensystemen un- terschiedlicher Kopplungsgrade funktio- nell weitestgehend kompensieren. Im Ge- gensatz dazu stellt der Funktionsverlust des Streckapparates des Kniegelenkes ei- ne deutlich größere Herausforderung für den Operateur dar. Dieser kann nicht nur im Rahmen der Tumorendoprothe- tik nach Resektion der proximalen Ti- bia, sondern auch im Zuge der Revisions- und selten auch bei der Primärendopro- thetik auftreten. Allerdings ist hier die In- zidenz mit 0,17%–2,5% vergleichbar ge- ring [4, 25, 36]. Systematische Angaben über Diskonti- nuitäten des Streckapparates fehlen eben- so wie klare Behandlungsstrategien [12]. Eine Unterbrechung des Streckapparates tritt überwiegend im Bereich des Liga- mentum patellae auf, kann aber auch die Quadrizepssehne oder im Falle einer Frak- tur die Patella selbst betreffen [36]. Neben diesen „ungeplanten“ Komplikationen be- steht das Risiko eines Streckapparatverlus- tes aber v. a. bei (notwendiger) Resektion der proximalen Tibia unter Mitnahme der Tuberositas tibiae im Rahmen der Tumor- chirurgie [16, 28, 30, 31, 36, 40, 43]. Operationsplanung als entscheidendes Kriterium Modulare Revisionssysteme bieten die Möglichkeit, die Weichteil- und die Kno- chendefektsituation individuell zu lösen. Hiermit können standardisierte Implan- tate individualisiert kombiniert und im- plantiert werden [29]. Dies ersetzt aber nicht die sorgfältige präoperative Planung. Im Rahmen der Op.-Planung gilt es nicht nur, exakte Kenntnis über die einliegende Prothese zu bekommen, sondern auch die in Frage kommenden Wechselstrate- gien festzulegen und entsprechende Im- plantate bereitzuhalten. Im Zuge der prä- operativen klinischen und radiologischen Untersuchung sollten zudem der Kopp- lungsgrad des Revisionssystems und die Möglichkeiten der Weichteilrekonstrukti- on und Knochendefektüberbrückung be- stimmt und geplant werden, sodass letzt- lich eine sichere Fixation und Rekons- truktion gelingt [14, 17, 29]. Die Op.-Pla- nung ist entscheidend für das postopera- tive Ergebnis. Die mechanische Toleranz der Implan- tate ist variabel und abhängig von den ver- wendeten Materialien und Geometrien. Eine Schwachstelle modularer Systeme sind die Verbindungsstellen der Kompo- nenten [29, 41]. Der Effekt und die bio- mechanische Relevanz zyklischer Mikro- 975 Der Orthopäde 9 · 2006 |

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Orthopäde 2006 · 35:975–981

DOI 10.1007/s00132-006-0982-2

Online publiziert: 3. August 2006

© Springer Medizin Verlag 2006

L. Gerdesmeyer1 · A. Töpfer2 · J. Kircher3 · H. Grundei1 · P. Diehl2

1 Department Endoprothetik und Wirbelsäulenchirurgie der Klinik für

Orthopädie und Unfallchirurgie, Mare-Klinikum, Kiel-Kronshagen2 Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Technische Universität München3 Orthopädische Universitätsklinik Rostock

Einsatz eines modularen Knierevisionssystems MML im Rahmen des Knie-prothesenwechsels und der Tumorendoprothetik

Leitthema

Revisionsendoprothetik und Tumor-

chirurgie des Kniegelenkes stellen

seit jeher die größten Anforderungen

an Operateur und Patient, aber auch

an die verwendeten Implantate und

Materialien [3, 8, 9, 26]. Hier können

v. a. ausgedehnte segmentale knö-

cherne Defekte im Bereich des dis-

talen Femurs und der proximalen Ti-

bia zu erheblichen Rekonstruktions-

schwierigkeiten führen [3, 8]. Mit der-

artigen Defekten, die spezielle Re-

konstruktionsverfahren zur Folge ha-

ben, muss insbesondere in der Tumor-

endoprothetik, v. a. nach wiederhol-

ten Wechseloperationen aufgrund

septischer oder aseptischer Lockerun-

gen, gerechnet werden.

Der Anteil der Revisionsoperationen an

der Gesamtzahl der Endoprothesenein-

griffe wird derzeit in Deutschland bei stei-

gender Tendenz mit ca. 10% angegeben.

Hauptursachen für Revisionen sind Lo-

ckerungen mit 59% und Patellaprobleme

mit 20% der Fälle [19]. Hohe Ansprü-

che an die Mobilität bei gleichzeitig zu-

nehmendem Alter sind die Ursache stei-

gender Komplikationen bezüglich Locke-

rungen und führen zu einer Zunahme der

Endoprothesenwechsel [8].

Neben knöchernen Defekten erfordern

auch Weichteildefekte spezielle Implantat-

lösungen. Varus-Valgus-Instabilitäten so-

wie der Verlust des hinteren Kreuzbandes

lassen sich mit Prothesensystemen un-

terschiedlicher Kopplungsgrade funktio-

nell weitestgehend kompensieren. Im Ge-

gensatz dazu stellt der Funktionsverlust

des Streckapparates des Kniegelenkes ei-

ne deutlich größere Herausforderung für

den Operateur dar. Dieser kann nicht

nur im Rahmen der Tumorendoprothe-

tik nach Resektion der proximalen Ti-

bia, sondern auch im Zuge der Revisions-

und selten auch bei der Primärendopro-

thetik auftreten. Allerdings ist hier die In-

zidenz mit 0,17%–2,5% vergleichbar ge-

ring [4, 25, 36].

Systematische Angaben über Diskonti-

nuitäten des Streckapparates fehlen eben-

so wie klare Behandlungsstrategien [12].

Eine Unterbrechung des Streckapparates

tritt überwiegend im Bereich des Liga-

mentum patellae auf, kann aber auch die

Quadrizepssehne oder im Falle einer Frak-

tur die Patella selbst betreffen [36]. Neben

diesen „ungeplanten“ Komplikationen be-

steht das Risiko eines Streckapparatverlus-

tes aber v. a. bei (notwendiger) Resektion

der proximalen Tibia unter Mitnahme der

Tuberositas tibiae im Rahmen der Tumor-

chirurgie [16, 28, 30, 31, 36, 40, 43].

Operationsplanung als entscheidendes Kriterium

Modulare Revisionssysteme bieten die

Möglichkeit, die Weichteil- und die Kno-

chendefektsituation individuell zu lösen.

Hiermit können standardisierte Implan-

tate individualisiert kombiniert und im-

plantiert werden [29]. Dies ersetzt aber

nicht die sorgfältige präoperative Planung.

Im Rahmen der Op.-Planung gilt es nicht

nur, exakte Kenntnis über die einliegende

Prothese zu bekommen, sondern auch

die in Frage kommenden Wechselstrate-

gien festzulegen und entsprechende Im-

plantate bereitzuhalten. Im Zuge der prä-

operativen klinischen und radiologischen

Untersuchung sollten zudem der Kopp-

lungsgrad des Revisionssystems und die

Möglichkeiten der Weichteilrekonstrukti-

on und Knochendefektüberbrückung be-

stimmt und geplant werden, sodass letzt-

lich eine sichere Fixation und Rekons-

truktion gelingt [14, 17, 29]. Die Op.-Pla-

nung ist entscheidend für das postopera-

tive Ergebnis.

Die mechanische Toleranz der Implan-

tate ist variabel und abhängig von den ver-

wendeten Materialien und Geometrien.

Eine Schwachstelle modularer Systeme

sind die Verbindungsstellen der Kompo-

nenten [29, 41]. Der Effekt und die bio-

mechanische Relevanz zyklischer Mikro-

975Der Orthopäde 9 · 2006 |

bewegungen sind bislang nicht vollstän-

dig aufgeklärt. Zudem können Effekte wie

Korrosion, Metallabrieb und Reibkorro-

sion sowohl theoretisch als auch real ein

Implantatversagen induzieren [2, 14, 32,

41, 42].

Systematische Analysen nach Implan-

tation modularer Revisions- und Tumor-

endoprothesensysteme fehlen, was insbe-

sondere durch die ausgeprägte Heteroge-

nität und die oftmals sehr geringen Fall-

zahlen der Patientenkollektive bedingt

ist.

In der vorliegenden Arbeit sollen die

Ergebnisse nach Implantation eines Tu-

mor- und Revisionsimplantates dargestellt

werden. Darüber hinaus wird über die Er-

gebnisse nach Rekonstruktion ausgedehn-

ter Streckapparatdefekte berichtet.

Material und Methode

Patientenkollektiv und Diagnosen

Vom 01. Januar 1993 bis zum 31. Dezember

2001 wurden in der Klinik für Orthopädie

und Sportorthopädie am Klinikum rechts

der Isar der TU München bei 70 Patienten

insgesamt 70 modulare MML-Knieendo-

prothesen (Modular-System München-

Lübeck) der Fa. ESKA Implants, Lübeck,

implantiert. Dabei erfolgte in 52 von 70

Fällen ein distaler Femurersatz, in 11 Fäl-

len ein proximaler Tibiaersatz und in

7 Fällen ein totaler Femurersatz.

Das Geschlechterverhältnis lag bei 41

Frauen und 29 Männern, das mittlere Al-

ter zum Zeitpunkt der Implantation be-

trug 50±22 Jahre. Die ausschließlich ein-

seitige Implantation wurde in 37 Fällen

rechts, in 33 Fällen links durchgeführt.

Von den 70 Implantationen erfolgten

42 infolge einer Tumorerkrankung (18-

mal Osteosarkom, 4-mal Chondrosar-

kom, 3-mal malignes fibröses Histiozy-

tom (MFH), 1-mal Ewing-Sarkom, 2-mal

Riesenzelltumor, 1-mal Plasmozytom, 12-

mal Metastase, 1-mal Enchondrom). Im

Rahmen von Prothesenwechseloperati-

onen infolge mechanischer Komplikati-

onen wurden 18 Implantationen durchge-

führt, 7-mal wurde das MML-System in-

folge periprothetischer Frakturen und 3-

mal im Rahmen eines septischen Knie-

prothesenwechsels implantiert.

Implantatsystem

Bei allen 70 erfolgten Implantationen

wurde das Modular-System München-Lü-

beck (MML) der Firma ESKA verwendet

(. Abb. 1). Das verwendete MML-Sys-

tem zeichnet sich durch einen modularen

Aufbau mit großer Variationsmöglichkeit

aus. Es besteht sowohl die Möglichkeit ei-

ner zementfreien als auch zementierten

bzw. teilzementierten diaphysären Ver-

ankerung. Konische Steckverbindungen

der modularen Elemente erleichtern die

Handhabung und ein Schraubensiche-

rungssystem gestattet die sichere Rekons-

truktion sowohl des proximalen und dis-

talen Femurs, der proximalen Tibia als

auch des gesamten Femurs.

Entsprechend der präoperativ mittels

moderner Bildgebung bestimmten Tu-

morausdehnung und der daraus ermit-

telten Resektionshöhe oder des zu über-

brückenden Knochendefektes kann so in-

traoperativ eine Prothese steril und nach

dem Baukastenprinzip individuell zusam-

mengesetzt und implantiert werden.

Streckapparatdefekte

Innerhalb dieses Kollektivs musste in 11

von 70 Fällen der Streckapparat rekons-

truiert werden. In sämtlichen Fällen be-

stand der Defekt in einem Verlust der pro-

ximalen Tibia und der Ansatzzone des Li-

gamentum patellae und konnte so als Typ

4C (nach [12]) klassifiziert werden. Die

Klassifikation der Streckapparatdefekte

ist in . Tab. 1 dargestellt.

Die Rekonstruktion der Patellarseh-

ne wurde mit einem 10 mm breiten und

1 mm dicken Trevira®-Band (Fa. Telos,

Hungen-Obbornhofen) durchgeführt, das

U-förmig um die Patella geschlungen und

an deren proximalen Bereich fixiert wur-

de. Die Enden des Kunstbandes wurden

doppelt in einem speziellen Klemmblock

an der tibialen Prothesenkomponente ge-

fasst und mit 2 das Band und den Block

durchdringenden Schrauben in der Tibia-

komponente fixiert (. Abb. 1). Die Fixa-

tion wurde dann unter leichter Vorspan-

nung in Streckstellung durchgeführt.

Evaluation und Scores

Um im Rahmen klinischer Studien auch

die subjektive Sicht des Patienten über

Ausgang und Erfolg einer durchgeführten

Therapie wiedergeben zu können, stehen

heutzutage eine Vielzahl an unterschied-

lichen Instrumenten in Form von Frage-

bögen zur Verfügung. Zur klinischen Be-

Abb. 1 9 Modulares Knie-Tumor-Revisi-onssystem MML zum Ersatz von Kniege-lenk und proximaler Tibia mit Refixations-möglichkeit für den Streckapparat

976 | Der Orthopäde 9 · 2006

Leitthema

urteilung des Ergebnisses nach Implanta-

tion einer Knieprothese wurden der funk-

tionelle Score der American Knee Society

(AKS-Score; [24]) sowie der Oxford Knee

Score [6] verwendet.

Der AKS-Score ist ein für die Knieen-

doprothetik validiertes duales Scoring-

System mit 11 verschiedenen Items. Beim

Oxford-Score handelt es sich ebenfalls um

ein für die vorliegende Fragestellung va-

lidiertes Rating-System mit 12 Items, die

das klinische und funktionelle Ergebnis

nach Kniegelenkersatz erfassen (maxi-

mal 48 Punkte). Beide Teste zeichnen sich

durch eine hohe Interrater-, Intrarater-

und Test-retest-Reliabilität sowie durch

eine hohe interne Konsistenz und Validi-

tät aus [6, 23, 24].

Ergebnis

Das mittlere Alter im Gesamtkollek-

tiv betrug zum Zeitpunkt der Operati-

on 44±22 Jahre, das mittlere Körperge-

wicht betrug 77±14 kg, die mittlere Grö-

ße lag bei 171±10 cm. Die Patienten wa-

ren mit einem durchschnittlichen Bo-

dy-Mass-Index (BMI) von 26±3 entspre-

chend der WHO übergewichtig. Sieben

Jahre ±28 Monate nach Operation konn-

ten 38 von 70 Patienten nachuntersucht

werden.

Von diesen 38 Patienten wurde in 30

Fällen ein tibialer und femoraler Stiel im-

plantiert. In jeweils 4 Fällen wurde ent-

weder nur ein Tibia- oder nur ein Fe-

murstiel implantiert. Die Gründe hier-

für waren Wegfall der femoralen Implan-

tation im Rahmen eines totalen Femurer-

satzes oder der Wegfall der tibialen Kom-

ponente im Rahmen von Prothesenwech-

seloperationen, bei denen der Tibiastiel

belassen werden konnte. Insgesamt wur-

den 68 Stiele implantiert. Hiervon wur-

den wiederum 28 Stiele zementlos und

40 Stiele zementiert verankert. In 5 Fällen

wurde ein primärer Patellarückflächener-

satz durchgeführt.

Revisionsursachen

Bei 38 Patienten des nachuntersuchen

Kollektivs wurden bei 27 Patienten insge-

samt 30 Revisionen erforderlich, 11 Pati-

enten blieben innerhalb des Nachunter-

suchungszeitraums ohne Revision. Sämt-

Zusammenfassung · Abstract

Orthopäde 2006 · 35:975–981 DOI 10.1007/s00132-006-0982-2

© Springer Medizin Verlag 2006

L. Gerdesmeyer · A. Töpfer · J. Kircher · H. Grundei · P. Diehl

Einsatz eines modularen Knierevisionssystems MML im Rahmen des Knieprothesenwechsels und der Tumorendoprothetik

Zusammenfassung

Zunehmendes Alter und höhere Mobilität

der Patienten führen zu einer starken Zunah-

me der Wechseloperationen in der Kniege-

lenkendoprothetik. Modulare Prothesensys-

teme ermöglichen dabei immer komplexere

Rekonstruktionen von Knochen-, Weichteil-

und Streckapparatdefekten, wie sie bei Pro-

thesenwechseloperationen oder Tumorresek-

tionen auftreten können. Dabei stellt der Ver-

lust der tibialen Insertionsstelle ein erheb-

liches chirurgisch-technisches Problem für

den Streckapparat dar.

Die Verwendung des modularen Kniepro-

thesenrevisionssystems MML bietet hier flexi-

ble Rekonstruktionsmöglichkeiten und spezi-

elle technische Lösungen, sodass sichere Re-

fixationen an der tibialen Komponente mög-

lich sind. In der vorliegenden Studie wur-

den 70 Patienten nach Implantation des mo-

dularen Prothesensystems MML nachunter-

sucht. Mit dem MML-System konnten sehr

gute funktionelle Ergebnisse erreicht werden.

Bei einer Nachbeobachtungszeit von durch-

schnittlich 7 Jahren ±28 Monate konnten auf

dem Oxford Knee Score 32±13 Punkte er-

reicht werden. Ähnlich gute klinische Ergeb-

nisse zeigten sich bei der Analyse des funk-

tionellen Scores der American Knee Socie-

ty (AKS-Score) mit 71±25 Punkten. Nach Re-

konstruktion des Streckapparates zeigten

sich vergleichbar gute Ergebnisse wie im Ge-

samtkollektiv. Die relativ hohe Rate an Revi-

sionsoperationen war ausschließlich auf me-

chanische Komplikationen (Verschleiß, Lo-

ckerung) zurückzuführen.

Schlüsselwörter

Knie · Prothesen · Tumor · Revision ·

Modular · Score

The modular MML revision system in knee revision and tumor arthroplasty

Abstract

Increasing age and a higher level of mobility

lead to an increasing incidence in revision ar-

throplasty after total knee replacement and

tumor surgery. So far, the reconstruction of

large defects in bony and soft tissue environ-

ments can be accomplished by the modern

modular components of revision implants.

The consecutive reconstruction of the exten-

sor mechanism in extended revision has its

own drawbacks and is often associated with

significant functional limitations for the pa-

tient. Specially designed implants and meth-

ods are required to generate good function-

al results.

The modular knee revision system MML

provides specific modifications of the tibi-

al component for reconstruction of the ex-

tensor mechanism. Combined with artificial

strips, an excellent functional outcome could

be achieved. In this study, 70 patients were

operated with the MML endoprosthesis in

knee revision or tumor surgery. An excellent

functional outcome could be determined.

At 7 years after surgery, an average of 32±13

points was achieved on the Oxford Knee

Score. The outcome measurement using

the functional scoring system of the Ameri-

can Knee Society (AKS score) showed similar-

ly good results with 71±25 points out of 100.

A minor deficit of only 2° in active extension

could be observed after reconstruction of the

extensor mechanism. In conclusion, we have

demonstrated that the MML modular revi-

sion system is appropriate for reconstruction

of segmental bone defects.

Keywords

Knee · Prosthesis · Tumor · Revision ·

Modular · Score

977Der Orthopäde 9 · 2006 |

liche Revisionsfälle wurden aufgrund

mechanischer Komplikationen durchge-

führt. Aufgrund einer aseptischen Locke-

rung war in 3 Fällen ein kompletter Wech-

sel des MML-Systems notwendig. Wegen

einer periprothetischen Fraktur und 2

aseptischen Lockerungen der femoralen

Komponente nach Mehrfachwechsel-

operationen wurde in 3 weiteren Fällen ein

kompletter Femurersatz durchgeführt. In

10 Fällen kam es im Nachuntersuchungs-

zeitraum zu einer Lockerung entweder

der tibialen oder femoralen Komponen-

te. Bemerkenswerterweise zeigte sich hier

eine deutliche Unterlegenheit der zement-

losen Stielverankerung. Bei 8 von 10 Lo-

ckerungen war eine zementfreie Veran-

kerung des Stiels durchgeführt worden,

in lediglich 2 Fällen zeigte sich die Locke-

rung, wenn eine zementierte Verankerung

gewählt worden war.

Als weitere Revisionsursachen konn-

ten Konuslockerungen, Achsbrüche, PE-

Schäden, Patellarevisionen und andere

mechanische Komplikationen festgestellt

werden. Diese sind in der . Tab. 2 dar-

gestellt. Zudem kam es in 9 Fällen zu nicht

implantatspezifischen Komplikationen:

In 4 Fällen wurde eine Arthrofibrose, in

2 Fällen eine Peronäusläsion, in 2 Fällen

eine oberflächliche Wundheilungsstörung

und in einem Fall ein Kompartmentsyn-

drom beobachtet. In 3 Fällen einer MML-

Implantation im Rahmen des septischen

Prothesenwechsels kam es zu einem er-

neuten Wiederauftreten des Infektes, so-

dass in 2 Fällen eine Arthrodese und in

einem Fall eine Amputation durchgeführt

werden musste.

Funktionelle Ergebnisse

Auf dem Oxford Knee Score konnten zum

Nachuntersuchungszeitpunkt im Gesamt-

kollektiv 32±13 Punkte von 48 erreicht

werden. Ähnlich gute klinische Ergebnisse

zeigten sich bei der Analyse des funktio-

nellen Scores der American Knee Society

(AKS-Score). Sieben Jahre nach Implan-

tation der MML-Prothese wurden 71±25

von 100 möglichen Punkten erreicht. In

keinem Fall kam es zu einer klinisch re-

levanten Thrombose. In der globalen Be-

urteilung des klinisch-subjektiven Ergeb-

nisses durch den Patienten selbst berich-

teten lediglich 9 der 38 über eine parti-

elle Unzufriedenheit (. Tab. 3). Insge-

samt aber würde sich lediglich ein Pati-

ent nicht noch einmal für dasselbe chir-

urgische Vorgehen entscheiden.

Gründe für fehlende Nachuntersuchung

Einer Nachuntersuchung nicht zugäng-

lich waren 32 von 70 Patienten. In dieser

Gruppe waren 22 Patienten innerhalb des

Follow-up verstorben (11 Männer und 11

Frauen), davon 19 Patienten infolge ihres

Tumorleidens (6 von 18 mit Osteosarko-

men, 1 von 3 mit malignen fibrösen His-

tiozytomen, 11 von 12 mit Metastasen und

ein Patient an einem Plasmozytom). Drei

Patienten verstarben nicht an ihrer pri-

mären Tumorerkrankung (Herz-Kreis-

lauf-Stillstand, 2-mal Sekundärtumor). In

21 von 22 Fällen befand sich die Prothese

zum Zeitpunkt des Todes noch in situ.

Zehn von 32 Patienten konnten aus an-

deren Gründen nicht nachuntersucht wer-

den (2-mal Wohnortwechsel ins nichteu-

ropäische Ausland, 5-mal sekundäre Am-

putationen, die 1-mal auf einen Infekt und

4-mal auf ein Tumorrezidiv zurückzufüh-

ren waren, sowie 2-mal sekundäre Arthro-

dese nach Infekt und 1-mal präfinales Tu-

morleiden).

Ergebnisse nach Strecksehnenersatz

Bei 11 der 70 Patienten musste ein Defekt

des Streckapparates vom Typ 4C rekons-

truiert werden [12]. Davon wurden 7 Pati-

enten im Rahmen der Nachuntersuchung

erfasst. Hier betrug das mittlere Follow-

up 98±20 Monate. Das mittlere Alter lag

mit 37±23 Jahren etwas unter dem des Ge-

samtkollektivs.

Tab. 1 Anatomisch-funktionelle „Defekt-Klassifikation Streckapparat Kniegelenk“.

(Nach [12])

Defekttyp Lokalisation Funktion

1 Quadrizepssehne/Muskel A: ohne Funktionsverlust

B: mit Funktionsminderung

C: mit Funktionsverlust

2 Patella A: ohne Funktionsverlust

B: mit Funktionsminderung

C: mit Funktionsverlust

3 Ligamentum patellae A: ohne Funktionsverlust

B: mit Funktionsminderung

C: mit Funktionsverlust

4 Proximale Tibia A: ohne Funktionsverlust

B: mit Funktionsminderung

C: mit Funktionsverlust

5 Ursachen außerhalb des Streckapparatesa A: ohne Funktionsverlust

B: mit Funktionsminderung

C: mit Funktionsverlusta Zum Beispiel neurologische Defizite, systemische Erkrankungen.

Tab. 2 Revisionsoperationen nach

Implantation der MML-Knieprothese

Operation Fallzahl [n]

Kompletter Wechsel auf

totalen Femurersatz

3

Kompletter Wechsel auf

MML

3

Achswechsel 3

Konusrevision bei Lockerung 2

Wechsel von Gelenkteilen 4

Tibiaplateauwechsel 1

Wechsel des femoralen Stiels 7

Wechsel des tibialen Stiels 3

Einbau eines Verlängerungs-

moduls

1

Patella-TEP-Revision 1

Inlaywechsel 2

Tab. 3 Globale Beurteilung des Ergeb-

nisses durch den Patienten

Globale Zufriedenheit Patienten [n]

Sehr zufrieden 17

Mäßig zufrieden 6

Eher zufrieden 4

Neutral 1

Eher unzufrieden 5

Mäßig unzufrieden 1

Sehr unzufrieden 3

Nicht beurteilt 1

978 | Der Orthopäde 9 · 2006

Leitthema

Das mittlere Körpergewicht in der

Gruppe mit Streckapparatrekonstruk-

tion betrug zum Zeitpunkt der Opera-

tion 74±11 kg, die mittlere Größe lag bei

173±10 cm, der BMI konnte mit 25±2 be-

stimmt werden. Damit war diese Gruppe

bezüglich der Baseline-Daten vergleich-

bar mit dem Gesamtkollektiv.

In der Gruppe mit Strecksehnenre-

konstruktion konnte im Vergleich zum

Gesamtkollektiv ein geringeres Bewe-

gungsausmaß festgestellt werden. Wäh-

rend im Gesamtkollektiv ein Ausmaß von

90±23° gemessen werden konnte, erreich-

ten die Patienten nach Rekonstruktion des

Streckapparates 71±40° (. Abb. 2). Be-

trachtet man aber speziell die aktive Stre-

ckung, so konnten fast sämtliche Patienten

die volle Streckung erreichen. Das mittlere

Streckdefizit betrug hier lediglich 2°.

Auf dem Oxford Knee Score konnten

35 ±11 Punkte erreicht werden. Vergleich-

bar gut waren die klinischen Ergebnisse

des funktionellen Scores der American

Knee Society. Acht Jahre nach Implan-

tation der MML-Prothese wurden 81±9

Punkte erreicht (. Abb. 3).

Diskussion

Endoprothetische Rekonstruktionen nach

Tumorresektion oder im Rahmen ausge-

dehnter Prothesenwechseloperationen

stellen heute höchste Anforderungen an

Material und Operateur. Technische Ent-

wicklungen ermöglichen immer größere

Rekonstruktionen im Rahmen kniegelenk-

naher Tumorresektionen [12, 17, 29, 41].

Im Zuge dieser ausgedehnten Eingriffe

kommt es fast regelhaft zu Weichteil- und

Knochendefekten mit der Folge eines Sta-

bilitätsverlusts [3, 8, 9, 11, 15]. Dieser die

Funktion limitierende Stabilitätsverlust

muss endoprothetisch kompensiert wer-

den. Das gelingt durch eine der Instabili-

tät des Kniegelenks entsprechende inne-

re Kopplung der Implantate. So kann es

notwendig sein, Implantate auszuwählen,

deren Bewegungsumfang auf einen oder

2 Freiheitsgrade reduziert sind [15, 21, 35].

Entsprechend handelt es sich hierbei um

voll gekoppelte bzw. teilgekoppelte Syste-

me.

Bei dem in dieser Studie verwendetem

Prothesentyp handelt es sich um ein voll

gekoppeltes System mit Limitation auf ei-

nen Freiheitsgrad, sodass ein vollstän-

diger Verlust der intrinsischen Stabilität

des Kniegelenkes kompensiert werden

kann. Mit zunehmendem Kopplungsgrad

kommt es zu einer Zunahme der biome-

chanischen Belastung am Ort der Kraft-

einleitung. Dies führt zu einer vermehrten

Beanspruchung an den Kopplungsstellen

der Systeme und an den knöchernen Kraft-

einleitungsstellen, der Implantat-Kno-

chen-Grenze [37, 38, 41].

Durch verbesserte Materialien und

Prothesendesigns sowie eine Reduktion

des Operationstraumas wird die Indikati-

on zur endoprothetischen Versorgung im-

mer früher gestellt [10, 15, 26]. Dieses be-

dingt ein immer geringeres Alter und eine

zunehmende Inzidenz der Revisionsein-

griffe. Entsprechend der höheren Mobi-

lität jüngerer Patienten kommt es zu ei-

ner Zunahme der aseptischen Lockerun-

gen. Hier sind insbesondere voll gekop-

pelte Prothesensysteme betroffen, da die

äußere mechanische Belastung vom in-

trinsischen gekoppelten System des Im-

plantates zu tragen ist [26, 41]. Entspre-

chend den Beobachtungen anderer Auto-

ren konnten auch wir feststellen, dass es

zu einem erhöhten Verschleiß innerhalb

der von uns verwendeten MML-Prothese

kommt, was sich in der hohen Zahl von

Revisionseingriffen widerspiegelt [10, 22,

26]. Bei 27 der 38 nachuntersuchten Pa-

tienten wurden insgesamt 30 Revisionen

erforderlich.

Die notwendigen Revisionsoperati-

onen sind in . Tab. 2 dargestellt und

zeigen sehr deutlich, wie es insbeson-

dere bei jüngeren Patienten zu mecha-

nischen Komplikationen kommen kann,

wenn die Verwendung eines voll gekop-

pelten Prothesensystems mit entspre-

chender Lasteinleitung erforderlich wird.

So lag das mittlere Alter zum Zeitpunkt

der Operation bei 44±22 Jahre und war

damit deutlich unter dem typischen Alter

bei Prothesenwechseloperationen [10, 26].

Sämtliche Revisionsoperationen wurden

aufgrund mechanischer Komplikationen

durchgeführt. Dies spiegelt die vermehrte

Abb. 2 8 Klinische Funktion nach Verlust der proximalen Tibia mit Ligamentum patellae und Rekons-truktion nach Tumorresektion

Abb. 3 7 Funktio-nelles Ergebnis auf

dem Oxford Knee Score und dem funk-

tionellen Score der American Knee Society

nach Implantation einer MML-Tumorrevi-

sionsprothese

979Der Orthopäde 9 · 2006 |

mechanische Belastung bei jüngeren Pati-

enten wider [41].

Bemerkenswerterweise zeigte die spe-

zielle Betrachtung der aseptischen Stiello-

ckerungen eine deutliche Verteilung zu-

ungunsten der zementlosen Stielveranke-

rungen. 80% dieser Lockerungen des fe-

moralen oder tibialen Stiels betrafen die

zementlose Verankerung. Diese Beobach-

tung hat inzwischen zu einer deutlichen

Designveränderung der zementlosen Stie-

le geführt, die nun anatomisch geformt

verfügbar sind. Die relativ hohe Revisi-

onsrate im eigenen Kollektiv wird auch

von anderen Autoren bei vergleichbaren

Endoprothesensystemen dargestellt. In

Arbeiten von Plötz et al. [34], Kawai et al.

[20] und Shih et al. [39] wird über Überle-

bensraten der Prothesen zwischen 25 und

67% in einem vergleichbaren Nachunter-

suchungszeitraum berichtet, ohne das ei-

ne detaillierte Darstellung der einzelnen

Revisionsursachen erfolgte. Basierend auf

den beschriebenen Erfahrungen wurde

das modulare Revisionssystem weiterent-

wickelt. Die Ergebnisse dieser Modifikati-

onen bleiben abzuwarten.

Im Rahmen der Tumor- und Revisions-

chirurgie kann es zu ausgedehnten Kno-

chen- und Weichteildefekten mit Schädi-

gung des Streckapparates kommen, wenn

onkologische Kriterien die Resektion der

proximalen Tibia erfordern oder Prothe-

senexplantationen große knöcherne De-

fekte zur Folge haben [12, 41]. Die dar-

aus entstehenden Defekte entsprechen

meist dem Typ 3C und 4C, also einem

Defekt im Bereich des Ligamentum pa-

tellae und/oder der proximalen Tibia mit

Verlust der Streckfunktion [12]. Beiden ist

gemeinsam, dass eine primäre Reinserti-

on des Streckapparates nicht möglich ist,

insbesondere wenn es nicht nur zum Ver-

lust der Tuberositas tibiae gekommen ist,

sondern eine Resektion des Ligamentum

patellae durchgeführt wurde [7, 25, 27, 34,

43].

Die hier dargestellte MML-Prothe-

se trägt diesen Defekten Rechnung, in-

dem spezielle Refixationsmöglichkeiten

konstruiert wurden. Die Ergebnisse zei-

gen sehr deutlich, dass die technische Lö-

sung, wie sie bei der MML-Prothese re-

alisiert wurde, eine funktionell sehr gute

Rekonstruktion des Defektes unter Ver-

wendung des Trevira-Bandes möglich

macht. So konnten wir feststellen, dass

nach 8 Jahren zum einen das mittlere Be-

wegungsausmaß vergleichbar dem nach

MML-Implantation ohne Streckapparat-

defekt war und zum anderen kein klinisch

relevantes aktives Streckdefizit (2°) beob-

achtet werden konnte. Diese Ergebnisse

sind klinisch besser, als sie nach rein bio-

logischen Rekonstruktionsmöglichkeiten

beschrieben wurden [5, 13, 18, 27, 33].

Über die Möglichkeiten der biologisch

augmentierten Streckapparatrekonstruk-

tion unter Verwendung von Kunstbän-

dern berichteten Bickels et al. [1]. Die Au-

toren führten eine biologisch augmen-

tierte Rekonstruktion durch, indem sie

die Patellarsehne periprothetisch refi-

xierten und eine autogene Spongiosaplas-

tik kombiniert mit Dacron-Bändern und

einem M.-gastrocnemius-Lappentrans-

fer durchführten, dies allerdings mit ei-

ner sehr hohen Komplikationsrate [1]. So

berichteten die Autoren bei einem mitt-

leren Follow-up von 2 Jahren über tran-

siente N.-peroneus-Schäden in 11%, über

Nekrosen in 7,2% und über tiefe Wundin-

fekte in 3% der Fälle. Über gute klinische

Ergebnisse berichteten hingegen Domin-

kus et al. [7] nach tumorbedingter Resek-

tion der proximalen Tibia unter Verwen-

dung eines Kunstbandes mit nichtresor-

bierbaren longitudinalen Polyesterfasern.

Die Rekonstruktion der 3C- und 4C-

Defekte in unserem eigenen Kollektiv

wurde unter Verwendung eines 10 mm

breiten und 1 mm dicken Trevira-Bandes

(Fa. Telos, Hungen-Obbornhofen) durch-

geführt, welches eine sehr hohe primäre

Belastbarkeit ermöglicht. Eigene biome-

chanische Untersuchungen konnten zei-

gen, dass eine Zugkraft von 2558 N mög-

lich ist, bevor es zum Versagen des Bandes

kommt.

Die von uns erreichten klinischen

Ergebnisse sind vergleichbar mit de-

nen früherer Studien mit gleichem Re-

konstruktionsprinzip, wobei dass aktive

Streckdefizit im eigenen Kollektiv (2° vs

7,7°) geringer war [34]. Diese guten funk-

tionellen Ergebnisse rechtfertigen den

Einsatz von Kunstbändern in Verbindung

mit dem speziellen Refixationsmechanis-

mus der MML-Prothese zur Rekonstruk-

tion des Streckapparates. Die guten kli-

nischen Ergebnisse insgesamt zeigen das

funktionelle Potenzial dieses modularen

Systems. Allerdings offenbaren die relativ

hohen Revisionsraten aufgrund mecha-

nischer Komplikationen, dass technische

Lösungen und Verbesserungen auch wei-

terhin notwendig bleiben.

Fazit für die Praxis

Im Rahmen der Tumor- und Revisions-

chirurgie kommt es zu z. T. erheblichen

Weichteil- und Knochendefekten. In ein-

zelnen Fällen führen ausgedehnte Wech-

seloperationen und Tumorresektionen

zu Streckapparatdefekten. Dem ist bei

der Operationsplanung und Implantat-

auswahl Rechnung zu tragen, um funkti-

onell gute Ergebnisse erreichen zu kön-

nen. Für die knöcherne Rekonstrukti-

on stehen modulare Endoprothesensys-

teme zur Verfügung. Rekonstruktionen

des Streckapparates können über biolo-

gische oder – funktionell besser – über

spezielle endoprothetische Lösungen

durchgeführt werden. Mit der hier dar-

gestellten Rekonstruktionsmöglich-

keit mittels Trevira-Band in Kombinati-

on mit speziellen technischen endopro-

thetischen Lösungen können sehr gu-

te funktionelle Ergebnisse erreicht wer-

den. Auch wenn voll gekoppelte Prothe-

sensysteme ausgedehnte Rekonstrukti-

onen mit guten funktionellen Resultaten

ermöglichen, ist mit deutlich vermehrten

mechanischen Komplikationen und ent-

sprechenden Revisionseingriffen zu rech-

nen. Technische Weiterentwicklungen

sind hier notwendig, um die nach wie vor

hohe Inzidenz mechanischer Komplikati-

onen weiter zu reduzieren.

Korrespondierender AutorPD Dr. L. GerdesmeyerDepartment Endoprothetik und Wirbelsäulenchirurgie der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Mare-KlinikumEckernförder Straße 219, 24119 [email protected]

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkon-

flikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass kei-

ne Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in

dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Kon-

kurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation

des Themas ist unabhängig und die Darstellung der In-

halte produktneutral.

980 | Der Orthopäde 9 · 2006

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