stille wasser sind kalt. winde, wellen und suprafluide gewässer nahe null
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sebastian vehlken
stille wasser sind kalt winde, wellen und suprafluide gewässer nahe null
Der Physiker Wolfgang Ketterle wurde nicht nur im Jahre 2001 mit dem Nobelpreis für die experimentelle Erzeugung eines Bose-Einstein-Kondensats ausgezeichnet1 – er ist auch passionierter Langstreckenläufer. Vielleicht deswegen vergleicht er das Erreichen der bislang tiefsten Temperatur euphorisch mit dem erstmaligen Durchbrechen der Vier-Minuten-Marke für die Ein-Meilen-Distanz in der Leichtathletik.2 Diese Analogie ist adäquat gewählt, wird doch die »Suche nach dem absoluten Nullpunkt der Temperatur« historiographisch je schon als Wettlauf erzählt.3 Ende 2003 erzeugte Ketterle mit seiner Forschergruppe am MIT eine Temperatur von nur 500 Billionstel Kelvin über dem so genannten Absoluten Nullpunkt. Und doch erinnert auch dieser Rekord im Rennen der Ky-rogeniker an das zenonsche Paradox von Achill und der Schildkröte. Die Wett-läufer können sich dem absoluten Nullpunkt zwar beliebig annähern, ihn aber niemals erreichen. Sie laufen um der größten Langsamkeit willen um die Wette. Ihr Ziel ist ein Punkt, in dessen Nähe sich Fragen schneiden, die in einer Diskus-sion stehender Gewässer interessieren: einerseits nach dynamischen Prozessen des Übergangs, die Stagnation erzeugen, und andererseits nach einem Stillstehen, das außergewöhnliche Dynamiken erzeugt.
Naturphilosophische Überlegungen zum Wesen von Wärme und zu einem Konzept von universell messbarer Temperatur problematisieren bereits ab etwa 1700 verschiedentlich den Zusammenhang von Wärme und Bewegung. Die wechselnden Vorstellungen verweisen gleichzeitig auf Schwellen und Brüche zwischen unterschiedlich ›temperierten‹ Wissensformen und ihren jeweiligen medialen Bedingungen.4 Sie fragen jeweils anders nach der Möglichkeit einer völligen Abwesenheit oder Stillstellung der Parameter Wärme und Bewegung im »Ultrakalten«:5 nach der Möglichkeit, so könnte man formulieren, eines absoluten Nullpunktes der Welt.
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i primum frigidum: gone with the wind
Vom 17. bis weit ins 19. Jahrhundert hinein ist die Frage, was Temperatur und wie sie messbar sei, Gegenstand leidenschaftlicher Debatten. Als eine Art De-rivat seiner Forschungen zum »Dehnungsvermögen der Luft«6 formulierte etwa Robert Boyle im Jahr 1662 ein Gesetz, das später grundlegend für die Kältefor-schung werden sollte: Es besagt, dass das Volumen einer gegebenen Gasmenge bei konstanter Temperatur umgekehrt proportional zum Druck ist, dem das Gas unterliegt.7 Boyle beschäftigte sich explizit und systematisch mit dem Phänomen der Kälte. In Hunderten Experimenten zum Gefrierverhalten verschiedenster Substanzen ging er daran, nach dem aristotelischen Postulat des horror vacui der Natur, dem er mit seinen Vakuum-Experimenten zu Leibe gerückt war, auch ein weiteres zu widerlegen: jenes von der Existenz eines primum frigidum, einer Urkälte-Substanz. Denn während es seit Aristoteles keinen Zweifel gab, dass der Sitz der Wärme im Element »Feuer« zu verorten war, blieb das Element der Kälte ungewiss – und dies sollte sich bis zum Verschwinden der gesamten aristotelischen Temperaturtheorie auch nicht ändern.8 Boyles Versuche im Winter 1662 spielten dabei eine wichtige Rolle. Ihre Protokolle lesen sich z. B. wie folgt:
»A beer-glass was filled with stinking Sea-water full of salt, which within 26 hours acquired at the top a plate of ice of the thickness of an 1/2-a-Crown piece, with few bubbles in it. This tasted salt [sic.] and stinking as before, but being dissolved at the fire, or thaw’d of its self, the stinking taste was gone, but the saltish continued.«9
Mit solcherart – meist aber eingängigeren – Experimenten wies Boyle nach, dass die seinerzeit populären Kandidaten für die »Urkälte«, Wasser, Erde, Salpeter oder Luft, als kälteerzeugende Substanzen unhaltbar waren. Und weder die kar-tesianische Erklärung von Erkaltungsprozessen als pure ›Abwesenheit von Hitze‹, erzeugt durch das Zurückweichen einer ätherischen Substanz, »die ansonsten die aalähnlichen, kleinen Wasserteilchen in Bewegung hält«,10 noch die komplemen-täre Erklärung der Epikureer von »Kältekörperchen«, die sich »klammheimlich in die Flüssigkeiten […] hineinschleichen, ohne das geringste Anzeichen von Un-gestüm oder Gewalt«, ließ Boyle gelten.11 Besonders intensiv erwehrte er sich der epistemologisch motivierten Angriffe von Thomas Hobbes auf seine experi-mentellen Methoden.12 Kälte – und letzthin Eisbildung – erklärte Hobbes durch zunehmend heftigere Winde zwischen den »Tropicks« und den »Poles« einer sich nach dorthin ›zuspitzenden‹ Erde:
»[T]he velocity of this expansion of the Air grows greater and greater, as the superficies of the Earth comes more and more to be strainted; that is
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to say, as the Circles which are parallel to the Æquator come to be less and less. Wherefore this expansive motion of the air, drives before it the parts of the air, which are in its way continually towards the Poles more and more strongly […]. In those places therefore which are nearer the Poles, there is greater cold.«13
Diese Winde pressten, so Hobbes, die oberen Wasserschichten gegen die unteren, wodurch die polaren Eisschichten entstünden – »the most unsatisfactory [account] I have ever met with«,14 wie Boyle kategorisch kritisiert. Schließlich gab es längst einen experimentellen Gegenbeweis: In seiner Vakuumpumpe hatte Boyle (bei diesem Vorgang allerdings aus dem Leben scheidende) Tiere auch nach Abpumpen der Luft gefroren. Er ging davon aus, dass es sich bei dem Phä-nomen der Kälte um einen Mangel an irgendeiner Art von Bewegung handeln müsse, jedoch in den kalten Objekten selbst und eben nicht hervorgerufen durch Diffusionsprozesse von Schwärmen frosterzeugender Atome,15 eines ätherischen Wärmestoffs, oder von Winden.16
Überlegungen zum Wesen der Kälte fragen also erstens nach dem Verhältnis von Wärme und Kälte: nach den Dynamiken, den Entzugs- oder Zugabepro-zessen geheimnisvoller Stoffe und nach den Medien, die zu Stagnationsphäno-menen führen. Zweitens verweisen sie auf Eigendynamiken in den erkaltenden Objekten, auf intrinsische ›mechanische‹ Prozesse, die zum Stillstand zu kommen scheinen. Und drittens fallen, etwa in Boyles Bierglasexperimenten, stets Phasen-übergänge, also radikale Aggregatszustandswechsel eines Stoffes, mit Stillstellung ineins: dynamische Konzepte rufen hier ›kristalline‹ Stagnationsformen hervor.
Einige Jahre später schloss Guillaume Amontons an Boyles Überlegungen zum Verhältnis von Druck und Volumen an. Im Zuge von Versuchen an Ther-mometern stellte sich heraus, dass Temperaturverminderungen analoge Luftdruck-abnahmen bewirken. Ausgehend von dieser Beobachtung formulierte Amontons 1702 wohl als erster die Idee eines absoluten Nullpunktes, nämlich als den Punkt, an dem der Druck des Gases gleich Null würde. Da der Druck eines Gases nichtDa der Druck eines Gases nicht negativ werden könne, müsse es eine tiefste Temperatur geben, unter die man Luft oder auch jede andere Substanz nicht abkühlen könne,17 »d’où il paroît que l’extrême froid de ce Thermométre [sic.] seroit celui qui réduiroit l’air à ne sou-tenir aucun charge par son ressort, ce qui seroit un degré de froid beaucoup plus considérable que celui que nous tenons pour très-froid«.18 An dieser werde einAn dieser werde ein »Zustand vollkommener Ruhe« erreicht – und zwar unter jenen kleinsten, ato-maren Teilchen, aus denen, wie Daniel Bernoulli 1738 in seiner Hydrodynamica schreiben wird, alle »elastischen Fluida« wie Luft oder Wasser bestehen.19
Amontons schätzte diese Temperatur auf heutige -240°C. Etwa einhundert Jahre später reformulierten Joseph Louis Gay-Lussac und Jacques Charles diese Annahmen in ihrem Gesetz zur Wärmeausdehnung von Gasen. Nun wurde der
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Druck konstant gehalten, so dass sich die Temperatur proportional zum Volumen verhielt. Genauere Messinstrumente verorteten den Ausdehnungskoeffizienten, also die Volumenzunahme pro Grad Celsius, bei 1/273stel des Volumens bei 0°C. Der absolute Nullpunkt konnte folglich extrapolatorisch bei -273°C festgelegt werden.
Im Vorfeld der Thermodynamik blieben jedoch Theorien einflussreich, die von der Existenz eines flottierenden »Wärmestoffs« ausgingen. Der absolute Nullpunkt wurde als dessen völlige Abwesenheit definiert.20 Das Universum von »Newtons Motor«, wie Michel Serres schreibt, war eine Welt des Transports von Materieteilchen zwischen Orten, deren Kräfteverhältnisse Wirkungen wie etwa Temperaturänderungen hervorriefen.21 Diese substanzielle »Kalorik« stand unver-einbar neben dynamisch-kinetischen Theorien im Anschluss an Boyle, Amontons und Bernoulli, wie der von Lord Rumford. Letztere ließen den »Transformati-onsmotor« der Thermodynamik22 erahnen, ohne ihn jedoch theoretisch herleiten zu können. Rumford, der u. a. auch als Erfinder der Thermounterwäsche bekannt wurde, entwickelte ein Temperaturkonzept, das auf der Annahme basierte, die Frequenz der Vibrationen von Materiemolekülen erzeuge die jeweilige Tem-peratur eines Stoffes.23 Doch bleibt er – mit Michel Foucault – dem Zeitalter des »Mechanismus« und dessen reversiblem, newtonschen Zeitmodell verhaftet.24 Auch beschreibe Temperatur keine Quantität, sondern eine Eigenschaft von Wär-me – die Konzepte fusionieren und installieren ein Außen:
»Hot and cold, like fast and slow, are mere relative terms; and, as there is no relation or proportion between motion and a state of rest, so there can be no relation between any degree of heat and absolute cold […]; hence it is evident that all attempts to determine the place of absolute cold […] must be nugatory.«25
Zenons Paradox findet hier direkten Eingang in die Kältelehre: Zwischen Rumfords kontinuierlichem Konzept der Wärme und einem diskret gedachten Nullpunkt der Temperatur konnte es keine Verbindung geben.
ii ›absoluter nullpunkt von danzig‹ und absolute temperatur
»Die Null irritiert, weil sie dort ein Nichts markiert, wo auch ein Etwas stehen könnte. Und sie fasziniert, weil sie dieses Etwas bezeichnet, ohne zu be-stimmen, worin es besteht«, notiert Dirk Baecker. Die Null sei als problematisches »Zeichen für die Abwesenheit von Zeichen« Markierung von Phänomenen der Diskontinuität.26 Auf Thermometern soll die Null hingegen seit Galilei einen Fixpunkt repräsentieren, von dem aus eine kontinuierliche Mess-Skala abgetragen
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wird. Diese Null fasziniert, weil das Etwas, das sie möglichst genau bezeichnen will, veränderlich und schwer festzustellen ist.
Isaac Newton legte den Nullpunkt seines Thermometers bereits auf den Gefrierpunkt von Wasser, doch diesen wirklich genau anzugeben führte zu se-mantischen Verrenkungen: Der Punkt sei definiert durch »die Lufttemperatur im Winter, wenn das Wasser anfängt zu frieren; und man erhält den Punkt, indem man das Thermometer genau dann in zusammengepressten Schnee steckt, wenn dieser zu tauen beginnt«. Solch komplexe Beschreibungen ziehen sich durch Newtons gesamte Skala. Siebzehn Grad etwa entsprechen der »höchstmögliche[n] Temperatur eines Bades, die ein Mensch für einige Zeit aushalten kann, ohne die Hand darin zu bewegen«.27 Nullpunkte sind hier Übergangsmarken auf Skalen, die zunächst in beide Richtungen offen sind. Um Skalenwerte zu erzeugen, muss der Nullpunkt mit einem weiteren Fixpunkt korrespondieren. Anders Celsius entwickelte seine Skaleneinteilung zwischen dem Gefrier- und dem Siedepunkt von Wasser. Doch erst deren Invertierung durch seinen Schüler Carl von Linné im Jahr 1745 machte den Gefrierpunkt auch zum Nullpunkt der Celsius-Skala. Und Daniel Fahrenheit bestimmte einen völlig kontingenten Wert als Nullpunkt. Ganz pragmatisch nahm er einfach die tiefste Temperatur, die er im Winter 1708 in seinem Wohnort Danzig messen konnte – sie entspricht minus 17,8°C.28 Re-ferenzpunkt war die menschliche Körperwärme, die er der Einfachheit halber bei sich selbst maß.29
Diese Nullpunkte markieren Bezugspunkte und Durchgangsphänomene. Sie produzieren eine kontinuierliche Skala, die zugleich recht ungenau auf Diskonti-nuitäten bei ihren Bezugsereignissen und deren physikalischen Bedingungen ver-weist. Nullpunkte auf dem Thermometer können lange Zeit als dynamische, sich selbst ungleiche Werte bezeichnet werden. Zum einen, wie seit Boyle-Mariotte und Gay-Lussac bekannt, sind sie abhängig vom Luftdruck und damit schwer exakt reproduzierbar. Zum anderen war – nicht nur für Rumford – fraglich, wie denn Temperatur und Wärme in Beziehung zueinander stehen, stellte sich doch heraus, dass sich die Wärmekapazität verschiedener Substanzen signifikant voneinander unterscheidet. Selbst bei ein und demselben Stoff führt die Zugabe einer bestimmten Wärmemenge je nach Temperatur zu größeren oder kleineren Temperaturerhöhungen.
William Thomson, der spätere Lord Kelvin, unternahm 1848 den Versuch, eine theoretisch fundierte absolute Temperatur zu definieren, denn »we cannot con-sider that we have arrived at an absolute scale, and we can only regard […] the scale actually adopted as an arbitrary series of numbered points of reference sufficiently close for the requirements of practical thermometry«.30
Thomson abstrahierte dabei von den Eigenschaften thermometrischer Mess-Substanzen. Absolut meinte also zunächst eine Skala, die unabhängig war von den flottierenden Fixpunkten dieser Stoffe und die schließlich mit einem Fixpunkt
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auskommen sollte: Amontons’ absolutem Nullpunkt. Thomson näherte sich dem Problem, indem er auf die Theorie der Wärmekraftmaschinen von Sadi Car-not zurückgriff. Seine absolute Temperatur bezog sich auf Carnots Feststellung, eine bestimmte Wärmemenge könne zwischen zwei Temperaturen nur eine be-stimmte Menge an Arbeit leisten:
»The relation […] is such that quantities of heat, and intervals of temperature, are involved as the sole elements in the expression for the amount of mechani-cal effect to be obtained through the agency of heat; and since we have, in-dependently, a definite system for the measurement of quantities of heat, we are thus furnished with a measure for intervals according to which absolute differences of temperature may be estimated.«31
Entscheidend für die Bestimmung der Temperatur waren in Thompsons thermodynamischer Definition die drei Faktoren Wärme, Temperatur und Ar-beit. Jede Grad-Einheit entsprach nun einer jeweils identischen Arbeitsmenge eines Carnot-Zyklus. Thomsons Kollaboration mit John Prescott Joule trans-ferierte die absolute Temperatur aus dem Kontext von Carnots substanziellen »Wärmestoff«-Vorstellungen in den einer kinetischen Theorie: ›Arbeit‹ wurde von einem Nebenprodukt der Bewegung von ›Wärme-Atomen‹ zur Umwandlung eines Teils der Wärme, welche als Form von Energie erkannt wurde. Bewegung bekam dabei eine ganz neue Qualität, da sie nicht mehr mechanisch-dynamisch wie bei Rumford, sondern thermodynamisch beschrieben wurde – als »Transfor-mationsmotor« im Sinne Michel Serres’: »Das Wesentliche (an der Funktionsweise des Motors) ist der Umstand. Das ist völlig neu und wird für einen Umsturz in den Philosophien sorgen. Die ersten Gesetze der Thermodynamik sind Gesetze des ›Umstands‹. Und das wird schon bald heißen: Gesetze der Geschichte und nicht mehr des Seins.«32 Umstand, »circonstance«, meint hier den ständigen, sich gegenseitig bedingenden Wechsel von Gleichgewichtszuständen und Differenzen im carnotschen Kreisprozess, bei dem Wärme durch den Übergang von einem Körper höherer zu einem Körper niedrigerer Temperatur in Arbeit transformiert wird. Die Transformation von Materie zerstört die Konstanz und Reversibilität des newtonschen Weltbildes:33 »Daher dieser unwiderlegliche Schluß: Im Jahre 1824 entdeckt Carnot die Richtung der Geschichte«,34 eine irreversible Zeit, an die Mitte des 19. Jahrhunderts Clausius seine Definition des Zweiten Hauptsatzes und das Konzept der Entropie und gegen Ende des Jahrhunderts Maxwell und Boltzmann ihre Statistische Thermodynamik anschlossen.
Der »Transformationsmotor« erzeugt damit mindestens dreierlei: Erstens stellt er die Eigengeschichtlichkeit dynamischer Prozesse vor,35 die auf das Käl-tere gerichtet sind und letzthin einen ›Wärmetod‹ ahnen lassen, in dem Stillstel-lung und Stillstand zusammenfallen. Zweitens adressiert er mit Maxwells und
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Boltzmanns Mikrotheorie der Entropie ein stochastisches anstelle eines kausal-mechanisch begründbaren Wissens. Und drittens sorgt er für eine »Wiederkehr des Ursprungs«,36 als Thompson und Joule 1854 gemeinsam den Fluchtpunkt ihres absoluten Temperaturbegriffs formulieren: »Carnot’s function is equal to the mechanical equivalent of the thermal unit divided by the temperature by the air thermometer from its zero of expansion.«37 Die Absolutheit von thermodyna-mischer Temperaturdefinition und Nullpunkt fällt fortan ineins.
iii über-flüssigkeiten und macroscopic quantum phenomena
Der Zusammenhang von Kälte und Vakuum faszinierte bereits Robert Bo-yle. Im Kontext eines quantenphysikalischen Verständnisses von Vorgängen im Ultrakalten erscheinen die mechanisch-kinetischen und klassisch-thermodyna-mischen Vorstellungen in neuem Licht. Auch das Nichts und der Wärmetod als Nullpunkt der Welt werden dynamisch, denn ein »fluctuating quantum vacuum« ersetzt jenes der »tranquil nothingness«: »The modern view […] is closely related to zero-point energy, the energy associated with motion persisting even at the absolute zero of temperature, where classically all motion ceases.«38
Anfang des 20. Jahrhunderts, als Kälteforscher wie James Dewar und Heike Kamerlingh-Onnes mit Experimenten zur Wasserstoff- und Heliumverflüssigung auf den Grundlagen der klassischen Physik noch zum absoluten Nullpunkt vor-zustoßen beabsichtigten, definierten quantenphysikalische Theoreme endgültig dessen Unerreichbarkeit.39 Zudem relativierte der neue Begriff der »Nullpunkts-energie« die Vorstellung eines ›Stillstehens von Welt‹, den die klassische Physik formulieren konnte. Flüssiges Helium-4 etwa besitzt eine so hohe Nullpunkts-energie, dass es selbst bei ultrakalten Temperaturen nicht kristallisiert. Nahe dem absoluten Nullpunkt zeigten sich Phänomene, die sich signifikant von den thermodynamischen Gesetzen bei ›normalen‹ Temperaturen unterschieden. Ka-merlingh-Onnes wies 1911 in Leiden bei auf 4.2 Kelvin verflüssigtem Helium-4 experimentell ein abruptes Verschwinden des elektrischen Widerstands nach; ein Phänomen, das er ein Jahr später »Superconductivity« nennen sollte.
Auch wurde ein eigenartiges Verhalten beobachtet, wenn Helium-4 beim Abkühlen seinen Lambda-Punkt40 von 2.17 K durchschritt: Aus einer zuvor bro-delnden Flüssigkeit wurde ein ›stehendes Gewässer‹ ganz besonderer Art. In denIn den Worten Piotr Kapitzas: »[B]elow the λ-point the liquid helium flowed quite easily, and the level in the tube settled down in a few seconds.« Seine ganz besonderenSeine ganz besonderen Zusatzeigenschaft: Es besitzt keine Viskosität, d. h. keinerlei Flüssigkeitsreibung. Es ist so flüssig, dass es als Ganzes vollkommen still scheint. »[B]y analogy with superconductors, […] the helium below the λ-point enters a special state which might be called superfluid.«41 Dieses ›stehende Gewässer‹ schien etwas anderes zuDieses ›stehende Gewässer‹ schien etwas anderes zu
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sein als alle bis dahin bekannten Flüssigkeiten. Nahe dem absoluten Nullpunkt führte hier die Verlangsamung atomarer Bewegung zu Phänomenen extremer Beschleunigung und potenziell unendlicher, verlustfreier Bewegung im ›Gewäs-ser‹. Die einzigen Wellen, die in dieser absolut ruhigen Über-Flüssigkeit noch existieren, sind quantenphysikalische De-Broglie-Wellen.42 Fritz London postu-lierte für die »macroscopic liquid matter wave«, die sie in jenem Fall bilden, einen Zusammenhang mit einem seinerzeit wenig beachteten Phänomen, das seit Mitte der 1920er Jahre als Bose-Einstein-Kondensation (BEC) bekannt war.43
1924 erhielt Albert Einstein einen Brief des Physikers Satyendra Nath Bose, in dem dieser eine neue Ableitung einer Statistik für Photonen und des Planck-schen Strahlungsgesetzes beschrieb. Einstein erweiterte diese Theorie von masse-losen Photonen auf Teilchen mit Masse:
»Einstein developed a very strange concept of a gas of identical molecules, which were assumed to be indistinguishable […]. [T]his […] would imply a statistical preference of the molecules for having the same velocity, even if any interaction between them were disregarded, and this preference would lead, at a well-defined temperature, to a kind of change of state aggregation; the molecules would ›condense‹ into the lowest quantum state, the state of momentum zero.«44
abb. 1: de-broglie-wellenlängen überlappen sich und bilden ein bec als »giant matter wave«. aus: ketterle, wolfgang; durfee, d. s.; stamper-kurn, d. m.: making, probing and understan-ding bose-einstein condensates. 5. april 1999, s. 2. url: http://arxiv.org/pdf/condmat/9904034v2 (11.02.2007).
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Ein solches Verhalten galt nur für Teilchen, die später Bosonen genannt wer-den – sie sind ›gesellig‹, d. h. sie können denselben Energiezustand einnehmen. Wenn ein bosonischer Stoff auf eine kritische Temperatur abgekühlt wird, nehmen die allermeisten seiner Teilchen den niedrigsten Energiezustand ein. Sie verlang-samen sich dabei derart, dass ihre De-Broglie-Wellenlängen sich überlagern und zu einer »giant matter wave« verbinden, groß genug, um Quantenphänomene sichtbar werden zu lassen: Ein BEC entsteht, in dem alle Atome dieselben physikalischen Eigenschaften haben, insbesondere identische Orte und Geschwindigkeiten.45
Als 1995 zuerst in Boulder, Colorado, und wenig später am MIT mithil-fe neuer kombinierter Kühlungsverfahren die experimentelle Erzeugung von BECs gelang, war das Aufsehen entsprechend groß. Denn die Verkopplung vieler Atome zu einer »coherent cloud of atoms«46 im Ultrakalten birgt laut Ian Hacking die epistemologische Chance einer exakten quantenmechanischen Manipulier-barkeit, und ihre Visualisierung stellt einen bild-wörtlich zu verstehenden Be-zug zum Thema des Bandes her: Die dreidimensionale Darstellung der atomaren Impulsverteilung des BEC erhebt sich zum aufrecht ›stehenden Gewässer‹ – ein »trademark«,47 dessen Bildhaftigkeit puzzling genannt werden muss.
Eine quantenphysikalische Epistemologie digitaler Bilder fokussiert »niemals das ›Zeichen‹ eines Dinges, sondern nur sein Maß, […] eine Zahl«, schreibt Wolf-gang Hagen.48 Durchleuchtet man eine ›Atomwolke‹ per Laser, erhält man in einem kombinatorischen Prozess ein »transmission image« – ihren Schattenwurf. Doch dabei zerstört der Laser das BEC, seine Photonen wechselwirken mit des-sen Teilchen.49 Es ist unmöglich, ein weiteres Bild derselben Wolke zu erzeugen, wenn man diese sich ausdehnen lässt, um anhand des zurückgelegten Weges der Teilchen ihre Geschwindigkeit und damit ihren Ausgangs-Energiezustand fest-zustellen. Somit werden viele BECs unter möglichst identischen Bedingungen erzeugt, die dann vor und an verschiedenen Zeitpunkten nach der Expansion zerschossen werden. Zusätzlich zu den schon aus drei frames zusammengesetzten
abb. 2: ›stehendes gewässer‹: ge-schwindigkeitsverteilung von rubidi-um-atomen kurz vor der entstehung, bei der entstehung und als fast reines bec. aus url: http://www.colorado.edu/physics/2000/bec/three_peaks.html (10.02.2007).
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»transmission images« ist das Messbild der Impulsverteilung also auch ein Durch-schnittsbild verschiedener BECs zu verschiedenen Ausdehnungszeitpunkten.50
Im Umgang mit BECs, ein Milliardstel Grad über Absolut Null, kehren sich somit die eingangs aufgeworfenen Fragen um. Denn hier erscheint das Stillstehen erst durch Beschleunigung: Das visualisierte ›stehende Gewässer‹ BEC ist immer ein wieder dynamisiertes. Die Relevanz des mehrfachen Puzzle-›Bildes‹ des BEC ergibt sich aus der Beweiskraft seines Maßes: Es bildet seine Grundzustands-Wel-lenfunktion ab.51
In diesem Prozess geht zusätzlich zum Medium, das stets dahin tendiert, im Zuge der Übertragung unwahrnehmbar zu werden,52 in einer doppelten Lö-schung auch das Objekt seiner Übertragung verloren. Das BEC hat bloß transi-torischen Charakter – was sichtbar wird, sind nurmehr Schatten des Nichts: Die gegenwärtige und zukünftige Beobachtung dieser makroskopischen Quantenphä-nomene gehört damit je schon der Vergangenheit an.
abb. 3: erzeugung eines »transmission image« (d) aus drei einzelbildern: shadow frame (a), dark frame (b), und bright frame (c) (vgl. hacking, ultracold, s. 26f.) aus: ketterle, wolfgang; dur-fee, d. s.; stamper-kurn, d. m.: making, probing and understanding bose-einstein condensates. 5. april 1999, s. 75. url: http://arxiv.org/pdf/condmat/9904034v2 (11.02.2007).
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anmerkungen
1 Gemeinsam mit Eric Cornell und Carl
Wiemann von der University of Colora-
do. Im Folgenden wird die Abk. BEC für
Bose-Einstein-Kondensat und -Kondensation
benutzt.2 Vgl. MIT News Office: »MIT team
achieves coldest temperature ever«,
11. 9. 2003, URL: http://web.mit.edu/news-
office/2003/cooling.html, gesehen am 11. 2.
2007.3 Vgl. z. B. Mendelssohn, Kurt: Die Suche
nach dem absoluten Nullpunkt, München 1966.
Shachtman, Tom: Minusgrade – Die Suche
nach dem absoluten Nullpunkt. Reinbek b.
Hamburg 2001.4 »Geschichte selbst läuft über Energiedif-
ferenzen, über Schmelz- und Siedepunkte
[…], jeder Kulturtyp, jede Veränderung
ist demnach durch Energieumsätze, durch
Wirkungsgrade […] charakterisiert.« Schäfer,
Armin/Vogl, Joseph: »Feuer und Flamme.
Über ein Ereignis im 19. Jahrhundert«, in:
Schmidgen, Henning u. a. (Hg.): Kultur im
Experiment, Berlin 2004, S. 198f. 5 Der Begriff ist maßgeblich geprägt durch
Hacking, Ian: Another New World Is Being
Constructed Right Now: The Ultracold, Berlin:
Max-Planck-Institut für Wissenschafts-
geschichte, Preprint 316. Er zielt auf die
Beschreibung eines Temperaturbereichs <1
Nanokelvin.6 Boyle, Robert: »Spring of the Air«, in:
The Works of Robert Boyle, hg. von Michael
Hunter u. Edward B. Davis, Bd. 1, London
1999.7 Dieses Gesetz wird später das Boyle-Mari-
ottesche Gesetz genannt: pV = const.8 Vgl. Mares, J. J.: »On the Development of
the Temperature Concept«, in: Journal of
Thermal Analysis and Caliometry 60 (2000),
S. 1081–1091.9 Boyle, Robert: »An Account of Freezing
by Christopher Merret«, in: The Works of
Robert Boyle, a. a. O. Bd. 4: Colours and Cold,
1664–1665, S. 519–542, hier S. 522.10 Vgl. auch den Beitrag von Christina Vagt
zu Kants Ätherprinzip in diesem Band. 11 Shachtman, Minusgrade, a. a. O., S. 44f.,
mit Verweis auf eine Darstellung bei Boyle.
Zum primum frigidum vgl. ebd., S. 40–44.12 Vgl. hierzu die einschlägige Arbeit von
Shapin, Steven/Schaffer, Simon: Leviathan
and the Air-Pump. Hobbes, Boyle, and the Expe-
rimental Life, Princeton 1985.13 Hobbes, Thomas: Elements of Philosophy,
1656, § 3 [Hervorheb. i. Orig.].14 Boyle, Robert: »An Examen of Mr Hobs’s
Doctrine, touching Cold«, in: The Works of
Robert Boyle, a. a. O., Bd. 4, S. 499–516, hier
S. 507.15 Vgl. Thomson, Thomas: A System of
Chemistry, Edinburgh 1802, Bd. 1, S. 339:
»According to […][the general opinion of
philosophers about the commence of the
eighteenth century], cold is a substance of a
saline nature, very much ressembling nitre,
constantly floating in the air, and wafted
about by the wind in very minute corpuscles,
to which they gave the name of frigorific
particles.«16 Vgl. Boyle, Robert: »An Examen of
Antiperistasis«, in: The Works of Robert Boyle,
a. a. O., Bd. 4, S. 459–497. 17 Vgl. Mendelssohn, Suche nach dem
absoluten Nullpunkt, a. a. O., S. 10f. Vgl.
Amontons, Guillaume: »Discours sur quel-
ques propriétés de l’air, & le moyen d’en
connoître la temperature dans tous les climats
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de la terre«, in: Histoire de l’Académie Royale
des Sciences (1702), S. 155–174.18 Amontons, Guillaume: »Le thermomètre
réduit à une mesure fixe & certaine, & le
moyen d’y rapporter les observations faites
avec les anciens thermomètres«, in: Histo-
ire de l’Académie Royale des Sciences (1703),
S. 50–56, hier S. 52.19 Mendelssohn, Suche nach dem absoluten
Nullpunkt, a. a. O., S. 11ff.20 Vgl. Chang, Hasok: Inventing Temperature.
Measurement and Scientific Progress, Oxford
2004, S. 65.21 Serres, Michel: Hermes IV. Verteilung,
Berlin 1993, S. 46f.22 Ebd., S. 48ff.23 Chang, Inventing Temperature, a. a. O.,
S. 172. 24 Vgl. Foucault, Michel: Die Ordnung der
Dinge. Eine Archäologie der Humanwissen-
schaften. Frankfurt a. M. 1971, S. 89f. Bei
Rumford gibt es weder ein nurmehr stati-
stisch bestimmbares Verhalten der Moleküle
noch irreversible, weil entropieabhängige
Energietransformationsprozesse.25 Rumford, Benjamin Thompson: »An
Inquiry Concerning the Nature of Heat,
and the Mode of its Communication«, in:
Philosophical Transactions of the Royal Society of
London 94 (1804), S. 77–182, hier S. 77.26 Vgl. Baecker, Dirk: »Das Nullelement.
Vorwort«, in: Rotman, Brian: Die Null und
das Nichts. Eine Semiotik des Nullpunkts, Berlin
2000, S. 7–17, hier S. 7ff.27 Shachtman, Minusgrade, a. a. O., S. 60. Ed-
mund Halley vertrat – Hobbes windiger Käl-
tetheorie entsprechend – zur selben Zeit die
Ansicht, der Gefrierpunkt von Wasser könne
in London nicht derselbe sein wie in Paris.
Daher sei die Temperatur tiefer (und wind-
geschützter!) Keller geeigneter als Fixpunkt
einer Skala, da ihre Temperatur sommers
wie winters gleich sei. Vgl. Halley, Edmond:
»An Account of Several Experiments Made
to Examine the Nature of the Expansion and
Contraction of Fluids by Heat and Cold, in
order to ascertain the Divisions of the Ther-
mometer, and to Make that Instrument, in all
Places without Adjusting by a Standard«, in:
Philosophical Transactions of the Royal Society of
London 17 (1693), S. 650–656.28 Ein Gemisch aus Eis, Salz und Salmiak
wurde zusammengepanscht, dessen Schmelz-
punkt als Referenz für diese Temperatur
diente.29 Fahrenheit legte diese als 100°F auf einen
Wert fest, der 37,8° C entspricht. Entweder
hatte er also in jenem Winter eine erhöhte
Temperatur oder er maß sie bewusst ungenau
– vielleicht, um auf eine Skala von 180
Schritten zu kommen. Heute werden als
Wert für die menschliche Körpertemperatur
denn auch 98,6° F angegeben. 30 Thomson, William: »On an Absolute
Thermometric Scale Founded on Carnot’s
Theory of the Motive Power of Heat, and
Calculated from Regnault’s Observations«,
in: ders.: Mathematical and Physical Papers,
Bd. 1, Cambridge 1882, S. 100–106, hier
S. 102. [Hervorheb. i. Orig.]31 Ebd.32 Serres, Hermes IV, a. a. O., S. 51 [Hervor-
heb. i. Orig.].33 Vgl. ebd., S. 49f.34 Ebd., S. 51.35 Vgl. Foucault, Die Ordnung der Dinge,
a. a. O., S. 307ff.36 Ebd., S. 396.37 Thomson, William: »Thermo-Electric
Currents«, in: ders.: Mathematical and Physical
Papers. a. a. O., S. 232–291, hier S. 233 (Fuß-
note).
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38 Milonni, Peter W.: The Quantum Vacuum:
An Introduction to Quantum Electrodynamics,
Boston 1997, S. XIII.39 Der von Walter Nernst formulierte
Dritte Thermodynamische Hauptsatz (1906)
führt den quantenphysikalisch begründeten
Beweis, dass eine Abkühlung zum absoluten
Nullpunkt nicht in einer endlichen Anzahl
von Abkühlungsschritten möglich ist. In Max
Plancks weitergehender Formulierung (1911)
wird gezeigt, dass die Entropie am absoluten
Nullpunkt den Wert Null annimmt, womit
dieser nicht durch energetische Prozesse, die
nach dem Zweiten Hauptsatz stets mit einer
Entropiesteigerung verbunden sind, erreich-
bar ist.40 Mit dem Lambda-Punkt beschrieb
Willem Keesom, ein Schüler von Kamer-
lingh-Onnes, jenen Phasenübergang, an
dem im Falle von Helium dessen spezifische
Wärmekapazität (als Funktion der Tempe-
ratur) asymptotisch gegen unendlich strebt.
Die Form des Graphen ähnelt dabei dem
griechischen Buchstaben λ.41 Kapitza, Piotr: »Viscosity of liquid helium
below the lambda point«, in: Nature 141
(1938), S. 74.42 Louis-Vicor de Broglie schlug 1924 vor,
die Energieniveaus des Bohr’schen Atommo-
dells durch ein Wellenmodell darzustellen:
Jedes Teilchen besitzt eine Wellenlänge, die
sich aus der Division der Planck’schen Kon-
stante mit seinem Impuls ergibt.43 Vgl. Balibar, Sébastien: »Looking back at
superfluid helium«, 26. 3. 2003, S. 1. URL:
http://arxiv.org/pdf/cond-mat/0303561,
gesehen am 10. 2. 2007.
44 London, Fritz: Superfluids, New York
1950, Bd. 1, S. 4.45 Dies gilt unter Berücksichtigung der
Heisenberg’schen Unbestimmtheitsrelation,
die besagt, dass niemals Ort und Impuls eines
Teilchens zur gleichen Zeit exakt bestimmt
werden können. 46 Ketterle, Wolfgang/Durfee, D. S./
Stamper-Kurn, D. M.: »Making, probing
and understanding Bose-Einstein conden-
sates«, 5. 4. 1999, S. 2. URL: http://arxiv.
org/pdf/condmat/9904034v2, gesehen am
11. 2. 2007.47 Ebd., S. 27.48 Hagen, Wolfgang: »Die Entropie der
Fotografie. Skizzen zur einer Genealogie der
digital-elektronischen Bildaufzeichnung«,
10. 7. 2001, URL: http://www.whagen.
de/vortraege/EntropieDerFotografie/edf.
htm#_ftnref76, gesehen am 12. 1. 2007. 49 Auf eine prinzipiell ähnliche mediale
Konstellation weist Hans-Jörg Rheinberger
im Zusammenhang mit der Elektronenras-
termikroskopie hin: »[D]ie Wechselwirkung
zwischen Präparat und Instrument [ist] so
stark, dass das Präparat dabei vernichtet wird.
[…] Es geht im Akt der Visualisierung verlo-
ren.« Rheinberger, Hans-Jörg: Epistemologie
des Konkreten. Studien zur Geschichte der moder-
nen Biologie, Frankfurt a. M. 2006, S. 328f. 50 Vgl. Hacking, Ultracold, a. a. O., S. 26f.51 Vgl. Bongs, Kai/Reichel, Jakob/Seng-
stock, Klaus: »Das ideale Quantenlabor«, in:
Physik unserer Zeit 4 (2003), S. 168–176, hier
S. 171.52 Vgl. Engell, Lorenz/Vogl, Joseph: »Vor-
wort«, in: Pias, Claus u. a. (Hg.): Kursbuch
Medienkultur, Stuttgart 1999, S. 8–11, hier
S. 10.