silexartefakte aus pestenacker und unfriedshausen und die jungneolithischen silexindustrien des...

45
BERICHT DER BAYERISCHEN BODENDENKMALPFLEGE 55, 2014 153 MATERIALBASIS Dieser Aufsatz ist die überarbeitete Fassung meiner im Jahr 2003 in Frankfurt am Main eingereichten Dis- sertation (Underwood 2003). Er stellt eine Interpre- tation von Silexinventaren dar, die aus jungneolithi- schen Talbodensiedlungen im Landkreis Landsberg am Lech, Oberbayern, stammen. Diese Interpretation wird durch Vergleiche mit publizierten Silexinventaren Süd- deutschlands und der Schweiz erweitert. In der Arbeit werden die Begriffe Jungneolithikum, Spätneolithikum und Endneolithikum verwendet, wie sie von J. Lüning (1996, 233) formuliert worden sind. Gegenstand der Untersuchung sind die Silexartefak- te aus den jungneolithischen Kulturschichten in Pes- tenacker, Pestenacker Nord (beide Gemeinde Weil) und Unfriedshausen (Gemeinde Geltendorf), die bei den Ausgrabungen im Rahmen des DFG-Schwerpunkt- programms „Siedlungsarchäologische Untersuchungen im Alpenvorland“ 1988–1993 geborgen wurden. Aus- führliche Angaben zu den Grabungen und Befunden erübrigen sich an dieser Stelle. Solche finden sich bei Schönfeld (2000/01; 2009a; 2009b). Es handelt sich hier ausschließlich um Funde aus Kulturschichten, nicht um die vom Bach oder rezenteren Störungen umgelagerten Schichten. Die Ansprache von Befunden als „Kultur- schicht“ oder „gestört“ erfolgte anhand der von Gun- tram Schönfeld zur Verfügung gestellten Grabungsdo- kumentation, gestützt von der persönlichen Erfahrung des Verfassers als Teilnehmer an den Grabungskam- pagnen 1988–1990. Auch wenn die feinstratigrafische Auswertung der Befunde zur Zeit der Fundaufnahme erst im Frühstadium war, war diese grundsätzliche Trennung zwischen Kulturschicht und anderen Befun- den durchaus nachvollziehbar. Für aktuelle Angaben zur Chronologie der Fundstel- len bin ich Dr. Guntram Schönfeld (BLfD, München) und Dr. Sibylle Bauer (Trier) dankbar. Für Pestenacker Nord liegen calibrierte 14 C-Bestimmungen von 3960– 3630 calBC, 3820–3520 calBC und 3640–3370 calBC vor. Für Unfriedshausen sind dendrochronologische Daten von 3635 BC und 3532–3517 BC vorhanden. Für Pestenacker gibt es ein dendrochronologisch bestimm- tes Gründungsdatum von 3495 BC; die Siedlung I en- det nicht später als 3483. Zur zweiten Siedlung gehö- ren Fälldaten zwischen 3456/55 und 3449/48 BC. Die jüngsten nachgewiesenen Dendrodaten stammen von zwei Pfählen um 3410 BC (Bauer 2009, 177–203). Es besteht also eine relativchronologische Abfolge von Pestenacker Nord – Unfriedshausen – Pestenacker. Alle modifizierten Stücke (Geräte), unabhängig von der Größe, und alle anderen Silexartefake über 2 cm (Länge des kleinsten umschreibenden Rechtecks) wur- Silexartefakte aus Pestenacker und Unfriedshausen und die jungneolithischen Silexindustrien des Alpenvorlandes Von David Underwood den nach einem merkmalsanalytischen Verfahren auf- genommen, alle Stücke wurden aber einzeln in Au- genschein genommen. Die Auswahl der Größengrenze wird folgendermaßen begründet: Die Durchsicht des Gesamtmaterials zeigte, dass kein vollständig erhal- tenes Gerät eine Länge im kleinsten umschreibenden Rechteck von weniger als 2 cm besaß. Das heißt nicht nur, dass kein Gerät somit der Aufnahme entkam, son- dern auch dass die kleineren Abfallstücke vernünftiger- weise nicht als Grundformen für Geräte angesehen wer- den können. Die Größengrenze erlaubt auch sinnvolle Vergleiche von Inventaren aus geschlämmten und nicht geschlämmten Zusammenhängen, was dann wieder- um die weitreicherenden Vergleiche ermöglicht. Tab. 1 zeigt, dass eine sehr große Mehrzahl der Stücke un- ter 2 cm dem Schlämmprogramm in Pestenacker ent- stammten. Alle kleineren Stücke wurden nach jeweils kleinster Dokumentationseinheit gezählt und gewogen. In Pes- tenacker war eine Kartierung nach Viertelquadratme- ter bzw. Quadratmeter und die Zuweisung zu einzelnen Befunden möglich. Dort wurde ein Schlämmprogramm durchgeführt, wobei die gesamte ausgegrabene Kultur- schicht – außer Lehmestrich – durch eine Masche von 3 mm Breite gewaschen wurde. In Pestenacker Nord und Unfriedshausen fand kein Schlämmprogramm statt. Für Unfriedshausen wurden die wenigen Funde der Notgrabung 1986 (Huber 1987, 48–49) mit einbe- zogen. Eine begrenzte, repräsentative Auswahl von vollstän- ding erhaltenen Geräten aus den drei Inventaren wird abgebildet. Beispiele der Rohstoffgruppe werden foto- grafisch dargestellt. Tab. 1 stellt die Verteilung der Grundkategorien des Silexmaterials in Pestenacker, Pestenacker Nord und Unfriedshausen dar. Mit „modifiziert“ sind die Stücke gemeint, die nach dem Erzeugen der Grundform wei- teren Änderungen unterlagen, ob Retusche oder Ge- brauchsspuren. Ein modifiertes Stück ist also eine wei- ter bearbeitete oder benutzte Grundform. Für alle Ab- sichten und Zwecke ist „modifiziertes Stück“ synonym mit „Gerät“. FRAGESTELLUNGEN UND METHODISCHES VORGEHEN Diese Arbeit ist als Interpretation gedacht. Im Wei- teren wird sich zeigen, dass Schwerpunkte auf gewis- se Aspekte des Fundmaterials gelegt werden; andere Punkte werden dagegen weniger ausführlich behan- delt. Der Hintergrund zur gewählten Forschungsrich- tung ist ausführlicher im forschungsgeschichtlichen

Upload: independent

Post on 03-Dec-2023

0 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Bericht der Bayerischen Bodendenkmalpflege 55, 2014 153

Materialbasis

Dieser Aufsatz ist die überarbeitete Fassung meiner im Jahr 2003 in Frankfurt am Main eingereichten Dis-sertation (Underwood 2003). Er stellt eine Interpre-tation von Silexinventaren dar, die aus jungneolithi-schen Talbodensiedlungen im Landkreis Landsberg am Lech, Oberbayern, stammen. Diese Interpretation wird durch Vergleiche mit publizierten Silexinventaren Süd-deutschlands und der Schweiz erweitert. In der Arbeit werden die Begriffe Jungneolithikum, Spätneolithikum und Endneolithikum verwendet, wie sie von J. Lüning (1996, 233) formuliert worden sind.

Gegenstand der Untersuchung sind die Silexartefak-te aus den jungneolithischen Kulturschichten in Pes-tenacker, Pestenacker Nord (beide Gemeinde Weil) und Unfriedshausen (Gemeinde Geltendorf), die bei den Ausgrabungen im Rahmen des DFG-Schwerpunkt-programms „Siedlungsarchäologische Untersuchungen im Alpenvorland“ 1988–1993 geborgen wurden. Aus-führliche Angaben zu den Grabungen und Befunden erübrigen sich an dieser Stelle. Solche finden sich bei Schönfeld (2000/01; 2009a; 2009b). Es handelt sich hier ausschließlich um Funde aus Kulturschichten, nicht um die vom Bach oder rezenteren Störungen umgelagerten Schichten. Die Ansprache von Befunden als „Kultur-schicht“ oder „gestört“ erfolgte anhand der von Gun-tram Schönfeld zur Verfügung gestellten Grabungsdo-kumentation, gestützt von der persönlichen Erfahrung des Verfassers als Teilnehmer an den Grabungskam-pagnen 1988–1990. Auch wenn die feinstratigrafische Auswertung der Befunde zur Zeit der Fundaufnahme erst im Frühstadium war, war diese grundsätzliche Trennung zwischen Kulturschicht und anderen Befun-den durchaus nachvollziehbar.

Für aktuelle Angaben zur Chronologie der Fundstel-len bin ich Dr. Guntram Schönfeld (BLfD, München) und Dr. Sibylle Bauer (Trier) dankbar. Für Pestenacker Nord liegen calibrierte 14C-Bestimmungen von 3960–3630 calBC, 3820–3520 calBC und 3640–3370 calBC vor. Für Unfriedshausen sind dendrochronologische Daten von 3635 BC und 3532–3517 BC vorhanden. Für Pestenacker gibt es ein dendrochronologisch bestimm-tes Gründungsdatum von 3495 BC; die Siedlung I en-det nicht später als 3483. Zur zweiten Siedlung gehö-ren Fälldaten zwischen 3456/55 und 3449/48 BC. Die jüngsten nachgewiesenen Dendrodaten stammen von zwei Pfählen um 3410 BC (Bauer 2009, 177–203). Es besteht also eine relativchronologische Abfolge von Pestenacker Nord – Unfriedshausen – Pestenacker.

Alle modifizierten Stücke (Geräte), unabhängig von der Größe, und alle anderen Silexartefake über 2 cm (Länge des kleinsten umschreibenden Rechtecks) wur-

silexartefakte aus Pestenacker und Unfriedshausen und die jungneolithischen silexindustrien des alpenvorlandes

Von David Underwood

den nach einem merkmalsanalytischen Verfahren auf-genommen, alle Stücke wurden aber einzeln in Au-genschein genommen. Die Auswahl der Größengrenze wird folgendermaßen begründet: Die Durchsicht des Gesamtmaterials zeigte, dass kein vollständig erhal-tenes Gerät eine Länge im kleinsten umschreibenden Rechteck von weniger als 2 cm besaß. Das heißt nicht nur, dass kein Gerät somit der Aufnahme entkam, son-dern auch dass die kleineren Abfallstücke vernünftiger-weise nicht als Grundformen für Geräte angesehen wer-den können. Die Größengrenze erlaubt auch sinnvolle Vergleiche von Inventaren aus geschlämmten und nicht geschlämmten Zusammenhängen, was dann wieder-um die weitreicherenden Vergleiche ermöglicht. Tab. 1 zeigt, dass eine sehr große Mehrzahl der Stücke un-ter 2 cm dem Schlämmprogramm in Pestenacker ent-stammten.

Alle kleineren Stücke wurden nach jeweils kleinster Dokumentationseinheit gezählt und gewogen. In Pes-tenacker war eine Kartierung nach Viertelquadratme-ter bzw. Quadratmeter und die Zuweisung zu einzelnen Befunden möglich. Dort wurde ein Schlämmprogramm durchgeführt, wobei die gesamte ausgegrabene Kultur-schicht – außer Lehmestrich – durch eine Masche von 3 mm Breite gewaschen wurde. In Pestenacker Nord und Unfriedshausen fand kein Schlämmprogramm statt. Für Unfriedshausen wurden die wenigen Funde der Notgrabung 1986 (Huber 1987, 48–49) mit einbe-zogen.

Eine begrenzte, repräsentative Auswahl von vollstän-ding erhaltenen Geräten aus den drei Inventaren wird abgebildet. Beispiele der Rohstoffgruppe werden foto-grafisch dargestellt.

Tab. 1 stellt die Verteilung der Grundkategorien des Silexmaterials in Pestenacker, Pestenacker Nord und Unfriedshausen dar. Mit „modifiziert“ sind die Stücke gemeint, die nach dem Erzeugen der Grundform wei-teren Änderungen unterlagen, ob Retusche oder Ge-brauchsspuren. Ein modifiertes Stück ist also eine wei-ter bearbeitete oder benutzte Grundform. Für alle Ab-sichten und Zwecke ist „modifiziertes Stück“ synonym mit „Gerät“.

FragestellUngen Und Methodisches Vorgehen

Diese Arbeit ist als Interpretation gedacht. Im Wei-teren wird sich zeigen, dass Schwerpunkte auf gewis-se Aspekte des Fundmaterials gelegt werden; andere Punkte werden dagegen weniger ausführlich behan-delt. Der Hintergrund zur gewählten Forschungsrich-tung ist ausführlicher im forschungsgeschichtlichen

154 david Underwood

Kapitel der Dissertation dargestellt (Underwood 2003, 23–29). Jedoch findet sich hier in Form eines Fundka-talogs auch eine vollständige Vorlage der Daten zu den Funden aus Pestenacker und Unfriedshausen (S. 198 ff.).

Vor allem muss im Voraus bemerkt werden: Es war hier nicht die Absicht des Verfassers, anhand des unter-suchten Materials ein typologisch-chronologisches Ge-rüst zu erstellen, das dann mit entsprechenden Abfolgen der Keramik oder der Knochenartefakte verglichen und synchronisiert würde. Vielmehr befreit die Verfügbar-keit absoluter (dendrochronologischer und 14C-) Alters-bestimmungen den Bearbeiter des Silexmaterials von einer Pflicht zur typologisch-chronologischen Einord-nung. Anhand der hier aufgeführten Ergebnisse wird es nicht möglich sein, etwa eine spätaltheimzeitliche Pfeil-spitze von einer mittelaltheimzeitlichen zu unterschei-den. Die Gründe dafür werden jedem klar sein, der sich auch nur kurz mit der Dynamik der Faktoren befasst, welche die Form einer Pfeilspitze bestimmen.

Es geht hier um die Wirtschaftsgeschichte im weites-ten Sinne. Gewisse Eigenschaften des Rohstoffes Silex ermöglichen es dem Archäologen, menschliche Tätig-keiten nachzuvollziehen. Beispielsweise können wirt-schaftliche Kontakte zwischen voneinander entfernten Gebieten anhand rohstoffspezifischer Merkmale belegt werden. Die mechanischen Eigenschaften des Silex er-lauben die Rekonstruktion des Abbaus des Rohstückes. Die Auswertung ganzer Inventare in diesem Sinne führt zur Interpretation der Organisation technischer Tätigkeiten. Der Vergleich zwischen Inventaren ermög-licht Vermutungen zu zeitlichen und räumlichen Vari-ationen in dieser Organisation. Ziel dieser Arbeit ist es also, mittels der Auswertung von Silexinventaren sol-che Variationen in verschiedenen zeitlichen und räumli-chen Maßstäben zu umreißen. Letztendlich soll dies ei-nen Beitrag zur siedlungsarchäologischen Erforschung des Alpenvorlandes leisten.

Das besondere Forschungspotenzial von Silexinven-taren aus den Feuchtbodensiedlungen des Alpenvor-lands wurde vom Verfasser bereits während der Gra-bungskampagne erläutert (Underwood 1991, 277–280). Es wurde ausdrücklich beabsichtigt, die Feuchtboden-siedlungen in ihren breiteren Kontext zu stellen. Insbe-sondere die Untersuchung einer Materialgattung, die in allen Zusammenhängen erhalten bleibt, sollte diese In-tegration von Feucht- und Mineralbodenfundstellen er-möglichen.

Methodik der aUFnahMe

Als Grundlage für die Fundaufnahme für die vorlie-gende Arbeit diente das „Lithos“-System von A. Zim-mermann (Zimmermann 1988, 569–600). Einige Ab-weichungen von dem Lithos-Schema erwiesen sich da-bei als notwendig bzw. sinnvoll. Die für diese Arbeit verwendeten Merkmale aus dem „Lithos“-Formblatt 1 werden am Beginn des Katalogteils ausführlich erläu-tert.

Einzelne Stücke wurden fortlaufend nummeriert. Blöcke von Nummern wurden den Hauptgruppen in-nerhalb des Gesamtmaterials vergeben, z. B. 1–1500 für die Kulturschicht in Pestenacker, 1501–2000 für Pestenacker Nord, 2001–3000 für Unfriedshausen. Die Angaben aus der Grabungsdokumentation (Siedlung, Fläche, Befund, Quadratmeter, Viertelquadratmeter, ggf. im Laufe der Grabung vergebene Fundnummer) wurden für jedes einzelne Stück festgehalten. Die in Pestenacker und Unfriedshausen vorhandenen Silex-rohstoffe wurden mit vierstelligen Codenummern be-zeichnet. Alle rohstoffbezogenen Merkmale in „Lithos“ fallen weg. Im Vergleich zum ursprünglichen „Lithos“-schema wurde als zusätzliche Grundform die Silexplat-te bezeichnet. Der Anteil an Rinde und/oder natürlichen Flächen wurde bei Platten festgehalten. Die Modfika-tionsliste von Lithos wurde um Modifikationsarten er-weitert, die in Pestenacker und Unfriedshausen vor-kommen (z. B. bifaziale Schneide).

Die Aufnahme der Gerätenden (Arbeitskanten) weicht völlig vom „Lithos“-Schema ab. Das hier ver-wendete Verfahren basiert im Wesentlichen auf dem von R. Grace (1989, 72–81) vorgelegeten System und stellt einen Versuch einer funktionsbezogenen morpho-logischen Analyse dar. In diesem Aufsatz werden die Ergebnisse lediglich kurz zusammengefasst. Eine aus-führlichere Beschreibung ist in der Dissertation zu fin-den (Underwood 2003, 135–144).

das rohMaterialsPektrUM: kodierUng der rohstoFFgrUPPen Und beschreibUng der rohstoFFe

Die Bestimmung der Rohmaterialgruppen begann 1990 in Zusammenarbeit mit den in den Liefergebie-ten der Rohstoffe tätigen Archäologen (J. Weinig, In-golstadt; M. Rind, Kelheim) und dem am DFG-Projekt

Modifizierte Unmodifizierte Unmodifizierte Anzahl Stücke Stücke >2 cm Stücke <2 cm gesamt

Pestenacker 413 693 6090 7196Unfriedshausen 91 41 3 135Pestenacker Nord 82 24 15 121 Gesamt 586 759 6108 7453

Tab. 1. Anzahl von Silexartefakten in den Kulturschichten von Pestenacker, Pestenacker Nord und Unfriedshausen.

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 155

beteiligten Geologen U. Schreiber (Köln). Im Laufe der Arbeit trugen Diskussionen mit A. Tillmann (Regens-burg), A. Binsteiner (Innsbruck) und A. Zimmermann (Köln) Wesentliches zur Rohmaterialbestimmung bei. Die Ansprache erfolgte durchweg anhand makrosko-pischer Vergleiche zwischen Artefakten aus den Pes-tenackerer Siedlungen und Proben aus den betreffenden Liefergebieten.Die im untersuchten Material vorhandenen Silexroh-stoffe wurden zum Zweck der Datenverarbeitung mit vierstelligen Nummern codiert. Es folgen Erläuterun-gen zu jeder verwendeten Codenummer. Die entspre-chenden Fotografien bilden mit Ausnahmen der Grup-pen 3220 und 8000 jeweils Rohstoffproben aus der ent-sprechenden Quelle links und Artefakte aus Pestenacker rechts ab. Für die Gruppen 3220 und 8000 werden nur Artefakte aus den Siedlungen gezeigt.1000. schotter, örtlich (Abb. 8). Alpiner Radiolarit aus dem örtlich anstehenden Schotter. Dunkelgrün oder dunkelbraun, gelegentlich schwarz. Feinkörnig, mit ab-gerollten natürlichen Flächen. Besitzt häufig Klüfte und Quarzadern, die die schlagtechnischen Eigenschaften erheblich beeinträchtigen. 2000. kreidequarzit (Abb. 9). Kreidequarzit aus der Gegend um Neuburg a. d. Donau (Weinig 1989, 224). Weißbeige bis grau, grobkörnig mit kristallinen Ein-schlüssen. 3000. Jurahornsteine, nicht weiter bestimmbar. Die-se umfassende Bezeichnung betrifft Stücke, die keiner der folgenden Untergruppen zugewiesen werden kön-nen. Am häufigsten wird sie für bifaziale, flächig über-arbeitete Stücke verwendet, bei denen die Grundform nicht mehr zu erkennen ist.3100. Painten (Abb. 10). Plattenhornsteine aus dem Paintener Revier (de Grooth 1994, 366; A. Binsteiner 2005, 54–55), Abbaustelle nicht näher bestimmbar. Die-se Gruppe umfasst Hornsteine, die in plattiger Form vorkommen. Eine genauere Zuordnung zu einzelnen Abbaustätten wurde nur bei Vorhandensein bestimmter Merkmale (s. Untergruppen unten) vorgenommen. Die Ausprägung der „restlichen“ Plattenhornsteine ist unter-schiedlich. Die Plattenstärke variiert zwischen 2 und 16 mm. Die Körnung des Platteninneren ist meist makros-kopisch nicht wahrnehmbar. Strukturen, wie Zonen oder Schlieren, sind schwach ausgeprägt. Die Farbe reicht von grau bis beige, wobei eine leicht grünliche Verfär-bung, verursacht von den Lagerungsbedingungen, oft beobachtet wurde. Dünne Kanten sind opak. Die Rinde ist hellgrau, 1–3 mm stark und unterschiedlich rau. Na-türliche Sprungflächen sind oft stark patiniert. 3101. baiersdorf, Lkr. Kelheim (Bergwerk). Baiersdor-fer Plattenhornstein. Beim Auftreten einer unverwitter-ten, sehr rauen, krustenartigen Rinde wurde auf eine Herkunft aus dem Hornsteinbergwerk Baiersdorf, Lkr. Kelheim, geschlossen (vgl. Binsteiner 1989, 331–337). Ansonsten gleicht diese Silexart dem oben beschriebe-nen „sonstigen“ Plattenhornstein. 3102. arnhofen (Abb. 11). Abensberg-Arnhofen, Lkr. Kelheim (Bergwerk). Arnhofener Plattenhornstein. Folgende Merkmale kennzeichnen den Hornstein des

Bergwerks Abensberg-Arnhofen (z. B. Engelhardt/Binsteiner 1988, 1–28; Binsteiner 2005, 62–68): sehr feine Körnung, teils kantendurchscheinend; hellgraue bis schwarze Farbe; deutlich ausgeprägte, regelmäßige Farbbänder, die parallel zu den Plattenoberflächen ver-laufen; feinkörnige, weiße Rinde.3200. knollenhornsteine, nicht näher bestimmbar.3210. grauer Juraknollenhornstein. Grau bis beige, matt, opak. Variante nicht näher bestimmbar. Körnung fein, artifizielle Sprungflächen glatt, aber nicht glän-zend. Farbe und Gefüge der Rinde sind unterschiedlich. Abgerollte und nicht abgrollte Stücke kommen vor. Die-se Gruppe entspricht dem von Binsteiner (1992, Taf. III) abgebildeten „grauen Silex, wie er auf der ganzen Alb zu finden ist“. Unterschiedliche Farbzonen, Schlieren oder Einschlüsse dürfen in dieser Gruppe auftreten, wobei diese gegebenenfalls eine genauere Zuordnung zulassen (siehe unten).Diese etwas heterogene Gruppe stammt wahrscheinlich aus dem oberen Malm in einer Gegend etwa zwischen Eichstätt und Ingolstadt. Hier können einzelne Vorkom-men auch kleinräumig deutliche Unterschiede aufwei-sen. Drei Untervarianten wurden genauer bestimmt.3211. Variante „attenfeld“ (Abb. 12) (nach Weinig 1989, 224). Diese Variante zeichnet sich durch konzent-rische Farbzonen (hell- bis dunkelgrau) und eine dünne, dunkelgraue bis schwarze Rinde aus. Sie wurde nach der LBK-Siedlung Bergheim-Attenfeld (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen) benannt und steht in unmittelbarer Nähe dieser Siedlung an.3212. Variante „gaimersheim ii“ (Abb. 13). (Weinig 1989, 223). Diese Silexart ist durch deutlich sichtbare mikrofossile oder kristalline Einschlüsse gekennzeich-net. Sie steht in der Nähe der eponymen mittelneolithi-schen Siedlung (Lkr. Eichstätt) an.3213. Variante „gaimersheim i/eitensheim“ (Abb. 14). Diese Variante, gekennzeichnet durch einen beigen oder hellbraunen Farbstich und ein dunkelbraunes Band unmittelbar unter der Rinde, stammt wahrscheinlich aus einer oder mehreren der bislang wenig erforschten Abbaustätten zwischen Eitensheim und Buxheim, Lkr. Eichstätt (Moser 1978, 56; Weinig 1989, 226).3220. gelblicher Jurahornstein (Abb. 15). Gelblich-braun, sehr feinkörnig, kantendurchscheinend. Zur zweiten Hauptgruppe der Knollenhornsteine werden diejenigen Stücke zusammengefasst, deren Farbe von braun bis gelbbraun reicht und die eine sehr feinkör-nige Struktur besitzen. Artifizielle Sprungflächen sind schwach glänzend. Schlieren und Einschlüsse kom-men gelegentlich vor. Die genaue Herkunft dieser he-terogenen Gruppe ist noch zu klären. Möglicherwei-se handelt es sich um Vorkommen westlich der oben erwähnten Rohstoffquellen in der Schwäbischen Alb (Bayer. Geol. Landesamt, unveröff. Mitteilung). Diese Vermutung passt zu den von Schlichtherle angegebenen Beschreibungen von Rohstoffen aus Vorkommen im Raum Ehrenstein/Federsee (Materialgruppen 1a und 1b: Schlichtherle 1995, 52–53).3230. lengfeld. Jurassischer Knollenhornstein des Bergwerks Bad Abbach-Lengfeld, Lkr. Kelheim (Bin-

156 david Underwood

steiner 2005, 58–59). Dunkelgrau, opak, mit dunkel-grauer Rinde und rötlichem Stich auf den natürlichen Bruchflächen. Im Raum Pestenacker nicht vorhanden, jedoch in Vergleichsinventaren vorkommend.3240. niederbayerische Jurahornsteine aus der Ge-gend Winzer-Flintsbach/Vilshofen (Schötz 1988, 8–11; Binsteiner 2005, 76). Mittelgrau bis beige, opak, mit deutlichen punktförmigen Einschlüssen. Ebenfalls nur in den Vergleichsinventaren vorhanden.8000. Unbekannt (Abb. 16) (keiner der oben genann-ten Gruppen zuweisbar). Diese Kennung bezeichnet ein bläulich-graues, sehr feinkörniges, Rohmaterial mit deutlichen mikrofossilen Einschlüssen. Typologische Eigenschaften einzelner Artefakte aus diesem Rohstoff unterstützen die Vermutung einer oberitalienischen Herkunft dieses Materials (vgl. dazu Tillmann 1993, 453–460).9999. Unbestimmbar (z. B. verbrannt).

rohMaterial Und PriMärProdUktion in Pestenacker nord, UnFriedshaUsen Und Pestenacker

Dieses Kapitel ist als eine rein beschreibende Daten-vorlage gedacht. Die Daten werden zunächst für jede Siedlung getrennt behandelt. Jeder Fundplatz wird unter den folgenden Gesichtspunkten betrachtet: Rohmateri-al, thermische Einwirkung, Grundformen, metrische Analyse, schlagtechnische Merkmale der Abschläge. Letztere bestehen aus: Anteilen von Rinde und natür-lichen Flächen auf den Dorsalflächen aller Abschläge; Häufigkeiten von Schlagmerkmalen auf der Ventralsei-te aller Abschläge mit erhaltenem Proximalende; Häu-figkeiten der Arten des Schlagflächenrests aller Ab-schläge mit erhaltenem Proximalende; Häufigkeiten der Zustände der Distalenden aller Abschläge (sofern Distal ende erhalten); Häufigkeiten der Abbaurichtungs-muster der Dorsalnegative aller Abschläge; Verläufe der Schlagrichtung aller Abschläge, sofern erkennbar.

Um eine gewisse Übersichtlichkeit zu gewährleisten, wird auf einer tabellarischen Darstellung der Statistik zu jedem einzelnen Merkmal außer dem Rohmaterial und der Grundform verzichtet. Die Ergebnisse werden im Text zusammengefasst. Eine ausführliche Datenvor-lage ist bei Underwood (2003, 46–79) vorhanden.

Pestenacker nord

Die Häufigkeiten der in Pestenacker Nord vorhan-denen Rohstoffgruppen werden in Tab. 2 wiedergege-ben.

Die Gruppen grauer Jura-Knollenhornstein und Plattenhornstein Painten/Baiersdorf überwiegen. Andere Rohstoffarten – auch die weniger entfernten Gruppen 1000 Schotter und Neuburger Kreide spie-len eine untergeordnete Rolle. Arnhofener Plattensilex fehlt völlig.

Thermische EinwirkungThermische Einwirkung kommt in Pestenacker Nord

recht selten vor, mit einem Anteil von 11 % am gesam-ten Inventar. In zwei Fällen fand die Verbrennung nach der Modifikation des Silex statt, in allen anderen ge-schah sie nach Abtrennung der Grundform bzw. vor der Modifikation. In Pestenacker Nord liegt kein Hinweis auf eine absichtliche thermische Behandlung des Roh-stoffes oder der Grundform vor. Man darf bedenkenlos auf zufällige Verbrennung schließen.

Tab. 3 zeigt die Anzahl der Grundformarten in Pes-tenacker Nord.

Rohmaterial Artefakte Artefakte Anzahl Prozent

Örtlich 10 9 %Kreidequarzit 5 5 %Painten/Baiersdorf 22 21 %Grau, Juraknollen 61 58 %Eitensheim 4 4 %Gelblich, Juraknollen 2 2 %Unbestimmbar 2 2 %Gesamt 106 100 %

Tab. 2. Häufigkeiten der in Pestenacker Nord vorhandenen Rohstoffgruppen.

Grundform Artefakte Artefakte Anzahl Prozent

Abschlag 53 50 %Klinge 14 13 %Platte 20 19 %Artifizielle Trümmer 14 13 %Natürliche Trümmer 2 2 %Kerntrümmer 3 3 %Gesamt 106 100 %

Tab. 3. Häufigkeiten der Grundformarten in Pestenacker Nord.

Der Anteil an Platten als Grundform entspricht ein-deutig dem an Paintener/Baiersdorfer Rohmaterial. Ab-gesehen davon handelt es sich hier in Wesentlichen um eine Abschlagindustrie. Kerne fehlen völlig.

Dieser Eindruck wird bestätigt, beschränkt man die Auflistung der Grundformen auf modifizierte Stücke (Tab. 4):

Grundform Geräte Geräte Anzahl Prozent

Abschlag 39 48 %Klinge 12 14 %Platte 20 24 %Artifizielle Trümmer 9 11 %Natürliche Trümmer 1 1 %Kerntrümmer 1 1 %Gesamt 82 100 %

Tab. 4. Häufigkeiten der Grundformarten modifizierter Stü-cke in Pestenacker Nord.

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 157

Der Abschlag ist also die häufigste Ausgangsform für die Geräteherstellung, gefolgt von den Platten und wei-teren Formen.

Bemerkenswert ist dabei der extrem hohe Anteil an modifizierten Stücken (82/106 = 77 %). Eine bevorzug-te Bergung auffälligerer Stücke ist bei der modernen Grabungstechnik in Pestenacker Nord auszuschließen. Eine räumliche Trennung beim Verwerfen von Gerä-ten und Abfall wäre andererseits denkbar, wobei die Grabungsfläche nur Bereiche der Gerätablagerung er-schlossen hätte.

Metrische AnalyseFür die Stücke jeder Grundformart, bei der die Ma-

ße vollständig erhalten sind, wurden Durchschnittswer-te und Standardabweichungen von Länge, Breite, Di-cke, Gewicht und Verhältnis Breite/Länge berechnet, und zwar je nach Grundform (z. B. Durchschnittslän-ge und Standardabweichung der Längen der unmodi-fizerten Abschläge). Es besteht hinsichtlich der Größe der Abschläge ein erheblicher Unterschied zwischen modifizierten und unmodifizierten Stücken. Die weni-gen unmodifizierten Abschläge vertreten also nicht die Gesamtheit der Werkzeuggrundformen. Bei der Größe der Klingen werden sehr hohe Standardabweichungen durch Extremwerte bei einem Stück verursacht, näm-lich der einzigen Klinge aus ungewöhnlichem Rohma-terial (gelblichem Jurahornstein, genaue Herkunft un-sicher).

Schlagtechnische Merkmale der AbschlägeKernpräparation kommt nicht vor. Insgesamt vermit-

teln die schlagtechnischen Merkmale den Eindruck ei-ner verhältnismäßig unaufwendigen Abschlagprodukti-on mit einem hohen Anteil an Schlagfehlern (Distalen-den zu 54 % ausgebogen oder Kernfüße), wenig Vor-bereitung der Schlagfläche und keinem einheitlichen Schema des Kernabbaus.

Unfriedshausen

Tab. 5 zeigt die Stückzahlen an Rohstoffgruppen in Unfriedshausen.

Paintener/Baiersdorfer Plattensilex und grauer knol-liger Jurahornstein haben fast dieselbe Häufigkeit, alle

anderen Rohstoffarten kommen seltener vor. Neuburger Kreidequarzit fällt fast völlig weg; unter den seltenen Rohstoffen ist der örtliche Radiolarit am stärksten ver-treten. Exotische Stücke kommen vereinzelt vor, dane-ben auch der Arnhofener Plattensilex.

Thermische EinwirkungSpuren thermischer Einwirkung kommen in Un-

friedshausen bei 14 % der Artefakte vor. Die Verbren-nung fand in elf Fällen nach der Modifikation, in sechs Fällen nach Abtrennung der Grundform statt. In einem Fall weist Fettglanz auf den retuschierten Flächen auf eine thermische Einwirkung zwischen Primärproduk-tion und Modifikationen (Kratzer mit Lateralretuschen) hin. Dieser Einzelfall ist aber kein Hinweis auf eine sys-tematische thermische Vorbehandlung.

Die Anzahl der Grundformen in Unfriedshausen wird in Tab. 6 gezeigt.

Rohmaterial Artefakte Artefakte Anzahl Prozent

Örtlich 10 8 %Kreidequarzit 1 1 %Painten/Baiersdorf 48 36 %Arnhofen 5 4 %Grau, Juraknollen 53 40 %Gelblich, Juraknollen 1 1 %Unbekannt 3 2 %Unbestimmbar 11 8 %Gesamt 132 100 %

Tab. 5. Häufigkeiten der in Unfriedshausen vorhandenen Rohstoffgruppen.

Grundform Artefakte Artefakte Anzahl Prozent

Abschlag 56 42 % Klinge 20 15 % Platte 40 30 % Kern 2 2 % Artifizieller Trümmer 14 11 % Gesamt 132 100 %

Tab. 6. Häufigkeiten der Grundformarten in Unfriedshausen.

Als bedeutendste Grundformen gelten Platten und Abschläge, was in direktem Verhältnis zu den Rohma-terialanteilen steht. Eine Betrachtung der Grundform-häufigkeiten für modifizierte Stücke in Unfriedshausen weist auf Platten als Hauptgrundform für Geräte hin, auf die Abschläge und dann Klingen und artifizielle Trümmer folgen. Sonstige Grundformen fehlen.

In Tab. 7 beschränken sich die Stückzahlen auf mo-difizierte Stücke.

Der Gerätanteil am Gesamtmaterial ist hoch (91/132 gleich 69 %). Wie in Pestenacker Nord ist dabei auf kulturelle, nicht auf grabungstechnische Ursachen zu schließen.

Grundform Geräte Geräte Anzahl Prozent

Abschlag 33 36 % Klinge 15 16 % Platte 37 41 % Artifizielle Trümmer 6 7 % Gesamt 91 100 %

Tab. 7. Häufigkeiten der Grundformarten modifizierter Stü-cke in Unfriedshausen.

Metrische AnalyseEs ergibt sich dasselbe Bild wie in Pestenacker Nord,

indem die modifizierten und unmodifizierten Abschlä-ge hinsichtlich der Größe voneinander erheblich abwei-chen. Die (kleineren) unmodifizierten Abschläge kön-

158 david Underwood

nen daher nicht als potenzielle Grundform für (größere) Geräte betrachtet werden. Drei Klingen aus exotischem Rohstoff (Gruppe 8000) fallen von den Maßen her nicht auf.

Schlagtechnische Merkmale der AbschlägeKernpräparation kommt lediglich bei einer unmodi-

fizierten Klinge und einem modifizierten Abschlag vor. Der gesamte Eindruck der Abschlagproduktion ist ähn-lich wie in Pestenacker Nord.

Pestenacker

Das Vorkommen der Rohstoffgruppen in Pestenacker wird in Tab. 8 gezeigt.

ne Beispiele einer absichtlichen Behandlung bzw. der Verarbeitung thermisch modifizierter Stücke vor, die allerdings keineswegs als systematisch gelten dürfen.

Tab. 9 zeigt die Stückzahlen der Grundformen in Pes-tenacker.

Im Verhältnis zu den älteren Inventaren zeichnet sich hier eine Verlagerung des Schwerpunktes der Grund-formproduktion auf Abschläge und in zweiter Linie auf artifizielle Trümmer ab. Platten verlieren eindeutig an Bedeutung. Dieses Ergebnis entspricht der Häufigkeit der Rohstoffgruppen, also dem Überwiegen der Knol-lenhornsteine und dem Geringerwerden der Platten-hornsteinanteile.

In Tab. 10 werden die Stückzahlen der modifizierten Grundformarten wiedergegeben.

Rohmaterial Artefakte Artefakte Anzahl Prozent

Örtlich 66 6 %Kreidequarzit 14 1 %Jura 1 0 %Painten/Baiersdorf 75 7 %Arnhofen 13 1 %Grau, Juraknollen 891 81 %Eitensheim 10 1 %Gelblich, Juraknollen 7 1 %Unbekannt 5 0 %Unbestimmbar 24 2 %Gesamt 1106 100 %

Tab. 8. Häufigkeiten der in Pestenacker vorhandenen Roh-stoffgruppen.

Hier überwiegt eindeutig der graue, knollige Jura-hornstein. Alle anderen Materialgruppen sind unterge-ordnet, wobei der örtliche Schotter und der Baiersdor-fer Plattenhornstein etwas mehr an Bedeutung besitzen als die sonstigen Arten. Alle in Pestenacker Nord und Unfriedshausen anfallenden Rohstoffarten sind auch in Pestenacker, wenn auch in geringen Anteilen, vertreten.

Thermische EinwirkungProzentual bleibt der Anteil an thermisch modifizier-

ten Silices mit 11 % ungefähr gleich niedrig wie in Pes-tenacker Nord und Unfriedshausen. Es liegen neben den zu erwartenden zufälligen Verbrennungsfällen einzel-

Grundform Artefakte Artefakte Anzahl Prozent

Abschlag 741 67 %Klinge 66 6 %Platte 54 5 %Kern 29 3 %Artifizielle Trümmer 184 17 %Natürliche Trümmer 6 1 %Kerntrümmer 23 2 %Geröll 2 0 %Bifazial 1 0 %Gesamt 1106 100 %

Tab. 9. Häufigkeiten der Grundformarten in Pestenacker.

Grundform Geräte Geräte Anzahl Prozent

Abschlag 271 63 %Klinge 29 7 %Platte 50 13%Kern 2 <1 %Artifizielle Trümmer 50 13 %Kerntrümmer 0 2 %Geröll 8 <1 %Bifazial 2 <1 %Gesamt 413 100 %

Tab. 10. Häufigkeiten der Grundformarten modifizierter Stü-cke in Pestenacker.

Im Bezug auf die Gesamtstatistik der Grundformen spielen sich nun Veränderungen ab. Der Abschlag bleibt zwar als bevorzugte Grundform für die Geräteherstel-lung, Klingen aber fallen fast weg. Die Bedeutung von Platten und artifiziellen Trümmern bleibt gleich. Bei ei-nem prozentual erheblich kleineren Gerätanteil als in den beiden bereits diskutierten Fundstellen wird eine Auflistung der modifizierten und unmodifizierten An-teile für jede Grundform der Übersichtlichkeit wegen erst hier sinnvoll. Diese wird in Tab. 11 gezeigt.

Metrische AnalyseIn Pestenacker ist die Diskrepanz hinsichtlich der

Größe zwischen modifizierten und unmodifizierten Abschlägen nicht so auffällig wie an den beiden älte-ren Fundplätzen. Eine statistische Überprüfung der ma-ximalen Differenz zwischen den kumulativen Häufig-keitsverteilungen der jeweiligen Merkmale (Kolmogo-row-Smirnow-Test: vgl. Clauß/Ebner 1992, 236–240) weist darauf hin, dass statistisch signifikante Unter-schiede zwischen den modifizierten und unmodifi-zierten Abschlägen vorliegen, und zwar hinsichtlich der Länge, der Dicke und des Gewichts, nicht aber des Verhältnisses Breite/Länge. Die Deutung dieses Ergeb-nisses liegt nicht gerade auf der Hand: Die Form der Abschläge bleibt mehr oder weniger konstant, ob mo-difiziert oder nicht, unabhängig von der absoluten Grö-ße. Verteilungen der Längen, Dicken und Gewichte für

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 159

die beiden Gesamtheiten weichen eindeutig voneinan-der ab, und zwar so, dass kleinere (kürzere, dünnere, leichtere) Stücke bei den unmodifizierten Abschlägen überwiegen, und größere bei den modifizierten. Da-bei ist zu bedenken, dass eine Modifikation (Retusche) prinzipiell eine Abnahme an der Masse eines Silex dar-stellt. Lägen uns daher die unmodifizierten Grundfor-men der vorhandenen Geräte vor, wäre der metrische Unterschied noch auffälliger.

Bei den unmodifizierten Abschlägen handelt es sich daher größtenteils nicht um potenzielle Geräte, sondern um Abfall. Dementsprechend ist die Anfertigung von Abschlaggeräten innerhalb der Siedlung anzunehmen, wobei der erwähnte Abfall anfiel. Andererseits ist ei-ne Herstellung von Grundformen in der Siedlung weni-ger wahrscheinlich, betrachtet man den kleinen Anteil an Restkernen und an Abschlägen mit mehr als einem Drittel Rinde auf der Dorsalfläche. Es ist also zu vermu-ten, dass bereits hergestellte Grundformen in die Sied-lung gelangten, die dann vor Ort zu Geräten modifiziert wurden. In einigen Bereichen von Pestenacker wurden Mengen an Kleinabsplissen geborgen, die diese Vermu-tungen unterstützen.

Schlagtechnische Merkmale der AbschlägeWie in den älteren Siedlungen herrscht eine unauf-

wendige Primärproduktion mit vielen Schlagfehlern, wenig Präparation und keinem konsequenten Schema des Kernabbaus. Der Anteil an rindenreichen Abschlä-gen ist durchweg niedrig, was wieder gegen die Einfuhr unbearbeiteten Rohmaterials in die Siedlung spricht.

ähnlichkeiten zwischen den drei inventaren hin­sichtlich der rohstoffe und der Primärproduktion

Bevor die diachronen Variationen zwischen den In-ventaren in Pestenacker und Unfriedshausen behandelt werden, sollen hier ihre Gemeinsamkeiten kurz zusam-mengefasst werden.• Rohmaterial: Starke Bevorzugung der Herkunftsge-

biete in der Südlichen Frankenalb.• Grundformen: Abschläge und Platten sind bevorzug-

te Grundformen; Klingen und Trümmer untergeord-

net. Sehr wenige Kerne. Wenige Rindenabschläge. Gerätanteil hoch bis sehr hoch.

• Schlagtechnik: Unaufwendig. Kernpräparation sehr selten. Keine systematische thermische Behandlung. Abbauschema entweder einfach (unipolar) oder mus-terlos. Kein deutlicher Hinweis auf weiche Schlag-technik. Facettierung der Schlagfläche sehr selten. Hoher Anteil an Schlagfehlern.

Die im Vorhergehenden vorgelegten Angaben dienen als Basis für statistische Vergleiche zwischen den drei Fundplätzen im Kleinraum Pestenacker/Unfriedshau-sen.

rohMaterial

Die Häufigkeiten der Rohmaterialarten in den drei In-ventaren ergeben signifikante Veränderungen im Laufe der Siedlungsgeschichte (Abb. 1).

Geradezu hervorstechend ist die Abnahme an Pain-tener Plattenhornstein in Pestenacker und die entspre-chende Zunahme an grauem jurassischem Knollen-hornstein. Auch weniger auffällige Variationen sind zu beobachten, und zwar: die leichte aber stetige Ab-nahme an lokalem Rohmaterial; die schärfere Abnah-me an Neuburger Kreidequarzit nach Pestenacker Nord; der Höhepunkt der Verwendung von Paintener Platten-hornstein in Unfriedshausen; das Fehlen von Arnhofe-ner Plattensilex in Pestenacker Nord. Diese Tendenzen müssen im Zusammenhang mit anderen Merkmalen (Grundformarten, Metrik, Schlagtechnik) betrachtet werden. Sie weisen aber bereits auf bedeutende Ände-rungen in der Rohmaterialwirtschaft im Laufe der Sied-lungsgeschichte hin.

Anscheinend reichten die örtlichen Quellen nicht aus. Örtlicher Schotter ist auf den ersten Blick von schlag-technisch beschränktem Wert und tritt überhaupt in ge-ringen Mengen auf. Kreidequarzit scheint auch schlag-technisch im Vergleich zu den Jurahornsteinen minder-wertig zu sein. Zunächst ist es daher nicht überraschend, dass diese Gruppen, obwohl im Fall vom Schotter räumlich naheliegend, eine eher untergeordnete Rolle spielen. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass Steinindustrien existieren, die hauptsächlich aus gerade

Grundform unmodifziert modifiziert Artefakte modifiziert Anzahl Anzahl Anzahl Prozent

Abschlag 470 271 741 37 %Klinge 37 29 66 44 %Platte 4 50 54 93 %Kern 27 2 29 7 %Artifizielle Trümmer 134 50 184 27 %Natürliche Trümmer 6 0 6 0 %Kerntrümmer 15 8 23 35 %Geröll 0 2 2 100 %Bifazial 0 1 1 100 %Gesamt 693 413 1106 37 %

Tab. 11. Anteile von modifizierten Stücken je Grundformart in Pestenacker.

160 david Underwood

diesen Materialgruppen bestehen. Als Beispiel sei hier das von J. Weinig vorgelegte Mesolithikum des Donau-mooses erwähnt (Weinig 1989, 224–225). Inventare dieser Gruppe enthalten 50–60 % Kreidequarzit, 25 % Radiolaritkiesel, und lediglich 10–15 % Jurahornstein, obwohl sie geografisch den Jurahornsteinquellen erheb-lich näher liegen als Pestenacker. Es könnte zwar argu-mentiert werden, dass mesolithische und jungneolithi-sche Silexinventare nicht ohne Weiteres zu vergleichen seien; man bedenke die morphologischen Unterschiede zwischen Mikrolithen und Abschlägen als Hauptgrund-form. Die kleineren Geröllen des Radiolarits würden sich vielleicht eher für die Mikrolithherstellung eignen, wobei für Abschläge größere Knollen erforderlich wä-ren. Der Argument trifft aber für Kreidequarzit nicht zu, das morphologisch in der Ursprungsform von juras-sischem Knollenhornstein nicht zu unterscheiden ist. Eigentlich wäre die verhältnismäßige Grobkörnigkeit des Kreidequarzits eher als Nachteil bei der schlagtech-nisch anspruchsvollen Herstellung von Mikrolithen zu sehen. Gleiches trifft für die oft heterogenen Radiola-ritkiesel zu, die einen systematischen Kernabbau kaum zulassen würden.

Auf jeden Fall muss man aber bedenken, dass die Er-fahrung in vielen geografischen Räumen zeigt, dass vorgeschichtliche Steinschläger mit fast allen denkba-ren Rohmaterialien zurechtgekommen sind, im Rah-men des jeweiligen spezifischen kulturellen Zusammen-hangs (vgl. Tixier/Inizan/Roche 1980, 13–16; Middle-ton 1989, 44–46). Dass die Rohmaterialversorgung im Pestenackerer Raum die nächstliegenden Quellen größ-

tenteils zu Gunsten weiter Entfernter übersprungen hat, darf also nicht nur anhand rein technischer Über-legungen erklärt werden. Die örtlichen Quellen können durchaus eine größere Rolle spielen, besonders ange-sichts des Aufwandes der Besorgung im Vergleich zur Verwertbarkeit.

Daher ist es wahrscheinlich, dass die Zusammen-setzung aller vier Inventare sehr stark durch eine kul-turelle Bevorzugung für Hornsteinquellen im Fränki-schen Jura geprägt ist. Diese Tendenz wurde im Laufe der Zeit stärker, was eventuell auf einen verbesserten Zugang zu diesen Quellen hinweist. Im weitesten Sin-ne waren die Pestenackerer Siedlungen in Austausch- bzw. Versorgungssysteme eingebunden, die im Allge-meinen nach Nordosten ausgerichtet waren. Diese Sys-teme erfuhren im Laufe der Zeit eindeutige Verände-rungen. Die Abnahme an Schotter und Kreidequarzit spricht für eine Verstärkung der Verbindungen zu den jurassischen Rohstoffgebieten im Laufe der Siedlungs-geschichte.

Eine interne Entwicklung innerhalb dieses Versor-gungssystems wird durch die wechselnden Anteile an Paintener Plattensilex und grauem jurassischem Knol-lenhornstein eindeutig dargestellt. Sie kann tatsächlich nur anhand weiterer Merkmale betrachtet werden: Es kämen z. B. Anteile der Grundformen, Geräteanteil am Gesamtinventar und vor allem funktionale Überle-gungen in Frage, ginge man davon aus, dass der Pain-tener Plattenhornstein einer bestimmten Gruppe von bifazialen Schneidegeräten entspricht. Hier stellt sich noch einmal die Frage, inwieweit der Bedarf an solchen

Abb. 1. Prozentanteile der Rohstoffgruppen in Pestenacker Nord, Unfriedshausen und Pestenacker.

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 161

Schneiden auch mittels anderer Rohmaterialien hätte gedeckt werden können. Auf diese Frage wird unten eingegangen (S. 169). Vorsichtshalber wollen wir nicht ohne Weiteres auf eine einfache Gleichung zwischen Funktion und Rohmaterial schließen.

Auf das Paintener Rohmaterial werden wir ange-sichts seiner Stellung als Leitfossil der Altheimer Kul-tur (Driehaus 1960, 79–81) und seiner geografisch weit-reichenden Verbreitung (z. B.: Hasenfratz 1985, 110; Werben/Wulf 1992, 191–199; Binsteiner 2001, 7–12) noch öfters zurückkommen. Was das Rohmaterial-spektrum im Raum Pestenacker betrifft, ist aber nicht zu bestreiten, dass Unfriedshausen die stärkste Verbin-dung zu dieser etwa 130 km entfernten Quelle hatte. Sie war auch in Pestenacker Nord stark vertreten. Nach Unfriedhausen verliert sie aber stark an Bedeutung. Es fand also eine eindeutige Verlegung des Schwerpunkts der Silexversorgung vom Regensburger Raum nach der Eichstätter/Ingolstädter Gegend statt.

Mit diesen Beobachtungen zum Teil verbunden ist das sehr geringe, aber auch diachron wechselnde Vor-handensein des Arnhofener Plattensilex. Geografisch liegt das entsprechende Herkunftsgebiet nicht weit von dem des Paintener Plattenhornsteins entfernt. Die Wichtigkeit dieses Rohmaterials im dortigen Mittelneo-lithikum ist mittlerweile bekannt (Engelhardt/Binstei-ner 1988 1–28; de Grooth 1995, 168–169), und zwar be-sonders im Rahmen von Klingenindustrien. Das Arn-hofener Rohmaterial ist weniger weit verbreitet als der Paintener Plattenhornstein, wobei es in der Nähe des Abbaugebiets durchaus bis ins Jungneolithikum von Wichtigkeit blieb (Uerpmann 1995, 130–132). Sein ge-ringfügiges Vorhandensein im Pestenackerer Raum ist wohl am besten als Nebenerscheinung der Verbindung zu den benachbarten Paintener Plattenhornsteinquellen zu deuten. In diesem Zusammenhang beachte man das Maximum des Arnhofener Materials in Unfriedshau-sen. Sein Fehlen in Pestenacker Nord darf aber nicht auf dieser Basis erklärt werden; eventuell spielt hier die verhältnismäßig geringe Stichprobengröße eine Rolle.

Das Erscheinen von kleinen Anteilen an anderen Rohstoffen aus Quellen in der Nähe der Hauptquellen (Eitensheim) darf auf ähnliche Weise erklärt werden. Der gelbliche Knollenhornstein stammt wahrscheinlich aus dem verhältnismäßig wenig erforschten westlichen Jura. Dass gerade diese Gruppe als Nebenerscheinung in Tauschsystemen anderer (nicht lithischer) Materiali-en nach Pestenacker gelangte, ist durchaus denkbar, be-darf aber näherer Untersuchung anhand anderer Fund-gattungen. Die drei Fundkomplexe besitzen einen mehr oder weniger konstanten Anteil (12–14 %) an Silices mit Spuren thermischer Einwirkung. Wie bereits erwähnt, sind bis auf Einzelfälle in Pestenacker alle gebrannten Silices als unabsichtlich gebrannt zu deuten. Die Inter-pretation von gebrannten Silices ist von Zimmermann (1987, 187–192) diskutiert worden, wobei verschiede-ne mögliche Einflüsse vorgeschlagen werden, nämlich Chronologie, interne Dichte der Bebauung der Siedlun-gen und Zugang zum Rohmaterial. Soweit es sich be-urteilen lässt, ist die Bebauung in allen drei Siedlungen

ähnlich und auf jeden Fall dichter als in den von Zim-mermann zitierten alt- und mittelneolithischen Siedlun-gen. Zugang zum Rohmaterial ist für Pestenacker aber wohl entscheidend; je besser der Zugang, desto kürzer konnte das „Leben“ eines Silex sein und desto geringer wäre die Wahrscheinlichkeit, dass das Stück gebrannt würde.

grundformen

Die prozentualen Häufigkeiten der Grundformarten in den drei Inventaren werden in Abb. 2 dargestellt.

Diachrone Änderungen an Grundformanteilen sind natürlich eng mit der Rohmaterialwirtschaft verbunden. Insbesondere spiegelt der Anteil an Platten als Grund-form fast genau die Verwendung des Paintener Platten-hornsteins wider. Im Grunde genommen lassen sich alle drei Inventare als Abschlagindustrien charakterisieren. Dieses steht im Gegensatz zu den auf Klingen basieren-den Industrien des Alt- und Mittelneolithikums in ganz Europa, und noch des mit der Altheimer Gruppe gleich-zeitigen Jungneolithikums in vielen Gebieten (Michels-berg, Trichterbecherkultur, Chasséen; siehe Lech 1991, 561). Klingen sind zwar in den Pestenackerer Siedlun-gen vorhanden, aber nur in kleinen und mit der Zeit ab-nehmenden Mengen. Interessant ist der durchaus hohe und besonders in Pestenacker zu verzeichnende An-teil an artifiziellen Trümmern. Kerne und Kerntrüm-mer kommen insgesamt recht selten vor, was gegen eine primäre Produktion von Abschlägen in den Siedlungen spricht.

Abb. 3 zeigt die Häufigkeiten der Grundformen der Geräte, also die Grundformen, die zur Modifikation und zum Verbrauch ausgewählt wurden.

Für die meisten Grundformarten sind die prozentu-alen Anteile an Geräten sehr ähnlich wie an allen Stü-cken, d. h. für jede Grundformart in jeder Siedlung wurde ein mehr oder weniger konstanter Anteil zu Ge-räten modifiziert. Eine Ausnahme bildet der artifizielle Trümmer, dessen Häufigkeit als Gerätegrundform er-heblich schwankt: Am häufigsten ist er in Pestenacker Nord und Pestenacker. In Unfriedshausen fällt er fast weg. Die Verarbeitung von Trümmern zu Geräten spricht für einen geringen Bedarf an standardisierten Formen sowie eventuell für eine gewisse Knappheit an Rohmaterial. In dieser Hinsicht stützt dieses Ergebnis die oben angestellten Überlegungen zu Variationen im Zugang zum Rohmaterial.

In diesem Zusammenhang muss auch der Gerätanteil am Gesamtmaterial betrachtet werden. Hier zeichnet sich eine starke, stetige Abnahme des Anteils an modi-fizierten Stücken im Laufe der Zeit ab (Abb. 4).

Der Gerätanteil in Pestenacker Nord ist tatsächlich äußerst hoch. Handelte es sich hier nicht um moderne Grabungen, und zwar um Grabungen im Rahmen ei-nes einzigen Projektes, würde man sofort auf grabungs-technische Faktoren schließen. Diese dürfen aber für Pestenacker ausgeschlossen werden, so dass dieses Er-gebnis einer Erklärung bedarf. Die Wichtigkeit der Si-

162 david Underwood

Abb. 3. Prozentanteile der Grundformarten für modifizierte Stücke in Pestenacker Nord, Unfriedshausen und Pestenacker.

Abb. 2. Prozentanteile der Grundformarten in Pestenacker Nord, Unfriedshausen und Pestenacker.

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 163

lexbearbeitung in den jeweiligen Siedlungen im Ver-hältnis zum Gebrauch der Geräte war in Pestenacker Nord also sehr gering, nahm aber im Laufe der Zeit zu. Diese Tatsache hängt eng mit der Rohmaterialwirt-schaft zusammen, und zwar mit folgenden, stark mit-einander verbundenen Faktoren. Im Allgemeinen lässt ein hoher Gerätanteil auf eine relativ schlechte Roh-stoffversorgung schließen; bei Rohmaterialknappheit würden Abfallstücke möglichst zu Geräten modifiziert. Die Form, in der die Silices in die Siedlungen geliefert wurden, ist entscheidend – ob als Rohstücke, Halbpro-dukte oder Fertiggeräte. Dieser Faktor überwiegt die reine Knappheit der Materialzufuhr. Die Art der ver-wendeten Rohstoffe spielt hier ebenfalls eine Rolle. Bei der Herstellung bifazialer Plattenhornsteingeräte, die in Pestenacker Nord und Unfriedshausen besonders stark vertreten sind, entfällt die „Primärproduktion“ im her-kömmlichen Sinn (Entfernung der Rinde, Vorbereitung des Kernes, Kernabbau), so dass proportional erheblich weniger Abfall anfällt als bei der Herstellung von Klin-gen- oder Abschlaggeräten.

Metrische analyse der abschläge

Hinsichtlich der Dicke der Abschläge ist Pes-tenacker von den beiden älteren Siedlungen zu trennen. Abschläge dünner als 6 mm sind in Pestenacker häu-figer.

Hinsichtlich der Länge, des Gewichts und des Ver-hältnisses Breite : Länge bestehen keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Fundstellen. Im Gro-ßen und Ganzen ändern sich absolute Größe und die Form der Abschläge im Laufe der Zeit nicht.

Bei der Dicke lässt sich jedoch eine deutliche chro-nologische Entwicklung beobachten. Die zunehmende Häufigkeit dünnerer Abschläge in Pestenacker hängt wohl mit den bereits erwähnten Änderungen in der Rohmaterialwirtschaft und der Primärproduktion zu-sammen. Sie ist mit einem höheren Anteil an unmodifi-zierten Abschlägen verbunden, was wiederum auf eine relativ bessere oder wenigstens andersartige Rohstoff-versorgung zurückzuführen ist.

schlagtechnische Merkmale

RindenanteilDie Anteile an Abschlägen mit über 1/3 Rinde auf

der Dorsalfläche sind durchweg gering: In keinem Fall betragen sie zusammen mehr als 30 % der Abschlä-ge, was generell gegen die primäre Verarbeitung von Rohmaterial in den Siedlungen spricht. Zwischen Un-friedshausen (27 %) und Pestenacker (47 %) nimmt der Anteil an rindenfreien Abschlägen deutlich zu. Eine leichte Verschiebung in der Primärproduktion ist zu vermuten, wobei die Abschläge in den älteren Sied-lungen eher den späteren Stadien des Kernabbaus ent-

Abb. 4. Prozentanteile von modifizierten Stücken an den Gesamintventaren in Pestenacker Nord, Unfriedshausen und Pestenacker.

164 david Underwood

stammen und frühere Stadien in den späteren Siedlun-gen vertreten sind.

Hinsichtlich der Art des Schlagflächenrestes besteht kein signifikanter Unterschied zwischen den Inventa-ren. In Unfriedshausen sind Abschläge mit Schlagnarbe auf der Ventralseite seltener als in den beiden anderen Siedlungen. Zimmermann (1988, 657–658) aber betont den indifferenten Charakter der Schlagnarbe. Ihr selte-neres Vorkommen in Unfriedshausen soll daher nicht als Hinweis auf eine spürbar andere Schlagtechnik gel-ten.

Was den Zustand der Distalenden der Abschläge be-trifft, fällt Pestenacker Nord insofern auf, als 54 % der Abschläge entweder Kernfüße oder ausgebogene Dis-talenden besitzen, gegenüber 33 % in Unfriedshausen und 39 % in Pestenacker. Beide Merkmalszustände gel-ten als Schlagfehler. Pestenacker Nord gilt daher als das schlagtechnisch gröbste von drei ohnehin groben Inventaren. Das Vorkommen solcher Schlagfehler darf auch als Hinweis auf Rohstoffknappheit gelten, insbe-sondere weil es sich hier um eingeführtes Rohmaterial handelt; anscheinend war die Siedlung auf jeden letz-ten Feuerstein, der zu bekommen war, angewiesen. Einschränkend muss aber hinzugefügt werden, dass der Großteil des Silexbedarfs in Pestenacker Nord durch Plattenhornstein gedeckt wurde, der bei der Analyse der Schlagtechnik nicht berücksichtigt werden kann.

Bei der Abbaurichtung der Dorsalnegative ergeben sich musterlose Schwankungen zwischen gleichgerich-teten Dorsalnegativen und sonstigen Abbaurichtungen, ohne Schema, die anscheinend chronologisch unemp-findlich sind. Alle anderen Abbauschemata kommen nur vereinzelt vor. Bei den vorliegenden Abschlagin-dustrien wären diese beiden Abbauschemata, entspre-chend einem einfachen unipolaren bzw. einem unsys-tematischen Kernabbau, durchaus zu erwarten. Die we-nigen Restkerne aus den Inventaren entsprechen dem Merkmalszustand „sonstige Abbaurichtungen“, wobei Abschläge mit dem Merkmalszustand „gleichgerichtet“ beim Abbau dieser Kerne durchaus anfallen könnten. Ein unipolarer Kernabbau ist an sich kein Hinweis auf einen systematischen Umgang mit dem Rohmaterial und kann durchaus eher mit Rohmaterialbeschaffenheit zusammenhängen (Underwood, Church Lammas).

Beim Verlauf der Schlagrichtung ist kein signifikan-ter Unterschied zwischen den Inventaren zu beobach-ten.

rohMaterial Und PriMärProdUktion: deUtUng der chronologischen entwicklUngen

Um die im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den drei In-ventaren deuten zu können, müssen bereits formulier-te Modelle der Verhältnisse zwischen den gewählten Merkmalskomplexen herangezogen werden. Von be-sonderer Bedeutung sind in diesem Fall die von Zim-mermann und de Grooth veröffentlichten Überlegun-gen.

Zimmermann (1988, 640–645) formuliert explizit die Abhängigkeiten zwischen Grundformhäufigkeit, Grundformmaßen und Rohmaterialverfügbarkeit. Die wichtigsten Tendenzen, die er bei seiner Bearbeitung eines großen bandkeramischen Inventares herausarbei-tet, lassen sich wie folgt zusammenfassen – die oben besprochene Deutung des Anteils an gebranntem Silex (Zimmermann 1987, 187–192) wird ebenfalls hinzuge-fügt (Tab. 12).

Hierbei müssen freilich auch die Häufigkeiten der Rohmaterialgruppen berücksichtigt werden. Nebenher sei angemerkt, dass Zimmermann eben eine Kombi-nation von diesen Merkmalsbereichen benutzt, um die Vermutung „einer unterschiedlichen Versorgungssitua-tion von zwei unmittelbar benachbarten Siedlungen“ – eines „verblüffenden“ Ergebnisses also, bei dem sonst „Skepsis wohl angebracht“ wäre – zu stützen (Zimmer-mann 1988, 647).

De Grooth (1994, 377–387) behandelt eingehend ver-schiedene Modelle der Organisation der Silexversor-gung und der damit verbundenen Verbreitungsmecha-nismen, dieses mit Bezug auf die entsprechenden eth-nografischen Quellen und archäologischen Beispiele. Hier wird insbesondere die räumliche Teilung der Stadi-en der Silexbearbeitung – Rohstoffgewinnung, Grund-formherstellung, Werkzeugherstellung, Benutzung – besprochen. Dabei wird behauptet, dass die Erkennung dieser Stadien im archäologischen Befund prinzipiell unproblematisch sei, dass der Verbreitungmechanismus (Beteiligung Dritter) sich aber nur beschränkt bestim-men ließe.

Der charakteristische archäologische Niederschlag für die Zerlegungstadien wird von de Grooth (de Grooth 1994, 384) vorgelegt, wobei allerdings beachtet werden muss, dass de Grooths Aufteilung eine hypothetische

Merkmal(e) Rohstoff gut verfügbar Rohstoff schlecht verfügbar

Grundformhäufigkeit relativ viele Kerne, artifizielle Trümmer, Abschläge relativ viele Klingen, GeräteSchlagtechnik viel Hartgeschlagenes viel WeichgeschlagenesStreuung der Größe der Stücke hoch niedrig (Variationskoeffizient)Abschläge mit Rinde / viele wenige natürlicher FlächeGebrannte Silices wenige viele

Tab. 12. Indizien zur Rohstoffversorgung nach Zimmermann (1987, 187–192; 1988, 640–645).

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 165

Klingenindustrie betrifft, bei der eine besonders gut ausgeprägte Trennung zwischen den Zerlegungsstadi-en herrschen würde. Diese wird hier vereinfacht, d. h. ohne diejenigen Merkmale, die einer Klingenindustrie spezifisch wären, zusammengefasst:• Gewinnung: Verworfene Trümmer und angeschlage-

ne Rohstücke; wenige Vorkerne und Rindenabschlä-ge.

• Herstellung von Grundformen: Vorkerne; viele pri-märe Rindenabschläge.

• Möglicherweise Herstellung von Grundformen oder Werkzeugen, je nach räumlicher Organisation: Se-kundäre Rindenabschläge; Kerne; Restkerne; Kern-präparationsabfall; unmodifizierte Klingen und Ab-schläge.

• Herstellung von Werkzeugen: Retuschierabfälle; misslungene Werkzeuge.

• Benutzung: Werkzeuge: zerbrochen, abgenutzt, nach-geschärft; Grundformen mit Gebrauchsspuren.

Sowohl de Grooth als auch, in seiner späteren Arbeit, Zimmermann (1995, 61–108) beschäftigen sich ferner mit Mechanismen der Weitergabe der Silexartefakte und der damit verbundenen gesellschaftlichen Organi-sation. Solche Untersuchungen bedürfen einer umfang-reicheren Datenbasis, als sie für die vorliegende Arbeit verfügbar ist; wichtig wäre insbesondere der Vergleich zwischen Fundstellen in verschiedenen Entfernungen zu den Rohmaterialquellen. Trotzdem wird dieser As-pekt für die Pestenackerer Siedlung nicht völlig unbe-rücksichtigt gelassen, auch wenn nur eine partielle Be-handlung möglich ist.

Wie lassen sich also die beschriebenen Modelle beim Pestenackerer Material anwenden? Folgende Aspekte können betrachtet werden:

Verfügbarkeit des rohmaterials

Hier ist vorweg zu bemerken, dass die Entfernungen zu den Rohstoffquellen für alle drei Inventare gleich bleiben (Tab. 13).

Es gibt also kein einfaches Verhältnis zwischen der Entfernung zu den Rohstoffquellen und der Auswahl der Rohstoffe. Bei solchen Entfernungen entfallen auch sofort Begriffe wie Siedlungsterritorium (Gebiet mit ca. 10-km-Radius) oder Heimatgebiet (Gebiet mit ca. 30- km-Radius), wie sie von de Grooth verwendet werden,

als heuristische Hilfsmittel für den Pestenackerer Fall. Diese Gebiete sollen in zwei Stunden bzw. einem Tag Fußmarsch zugänglich sein; das Siedlungsterritorium gilt als eigenes Wirtschaftsgebiet der Siedlung, das Hei-matgebiet wird von mehreren Anrainergruppen genutzt (de Grooth 1994, 363).

Trotz gleicher Entfernung ergeben sich aber Ände-rungen in der Rohmaterialverfügbarkeit. In Anlehnung an Tab. 12 mit Zimmermanns Kriterien lassen sie sich wie folgt deuten:Pestenacker nord. Grundformhäufigkeit: relativ viele Geräte, relativ wenige Abfallprodukte. Schlagtechnik: harter und weicher Schlag können nicht auseinander-gehalten werden. Streuung der Größe: relativ niedrig, wohl aber eher in Bezug auf die Grundformhäufigkei-ten zu erklären. Abschläge mit Rinde: relativ wenige. Gebrannte Silices: relativ viele. Häufigkeiten der Roh-stoffe: starke Bevorzugung des Paintener Plattenhorn-steins und des grauen jurassischen Knollenhornsteins. Ergebnis: verhältnismäßig schlechte Rohmaterialver-sorgung (Relation Geräte zu Abfall; Anteile an ge-branntem Silex und Abschlägen mit Rinde).Unfriedshausen. Grundformhäufigkeit: relativ viele Geräte, relativ wenige Abfallprodukte. Schlagtechnik: harter und weicher Schlag können nicht auseinander-gehalten werden. Streuung der Größe: relativ hoch. Ab-schläge mit Rinde: Relativ wenige. Gebrannte Silices: relativ viele. Häufigkeiten der Rohstoffe: starke Bevor-zugung der Gruppe 3100–3101 (Paintener Plattenhorn-stein). Ergebnis: verhältnismäßig schlechte Rohmateri-alversorgung (Relation Geräte zu Abfall; Anteile an ge-branntem Silex und Abschlägen mit Rinde).Pestenacker. Grundformhäufigkeit: relativ wenige Ge-räte, relativ viele Abfallprodukte. Schlagtechnik: harter und weicher Schlag können nicht auseinandergehalten werden. Streuung der Größe: relativ hoch. Abschläge mit Rinde: sehr wenige. Gebrannte Silices: relativ viele. Häufigkeiten der Rohstoffe: diverses Spektrum, bevor-zugt grauer jurassischer Knollenhornstein. Ergebnis: vergleichsweise bessere Rohmaterialversorgung (Rela-tion Geräte zu Abfall und Streuung der Größe deuten auf gute Versorgung hin, Anteile an gebranntem Silex und Abschlägen mit Rinde eher auf schlechte Versor-gung).

Gesamtergebnis, wie bereits im Vorhergehenden an-gedeutet: Es findet eine relative Verbesserung der Roh-stoffversorgung im Sinne der Zimmermann’schen Kri-terien im Laufe der Zeit statt, außerdem eine Verlegung des Hauptquellengebietes.

Die Wichtigkeit des Paintener Plattenhornsteins in den beiden älteren Siedlungen entspricht der klassi-schen Vorstellung von der Altheimer Silexindustrie (Driehaus 1960, 79).

organisation der Versorgung mit den hauptrohstoffen

Vergleicht man die Pestenackerer Inventare mit den vier hypothetischen Modellen von de Grooth, stellt man

Rohstoffgruppe Entfernung (Luftlinie)

Örtlich in unmittelbarer Nähe der Siedlungen anstehendKreidequarzit ca. 70 kmPainten/Baiersdorf ca. 110 kmArnhofen ca. 90 kmGrau, Juraknollen ca. 80 kmGelblich, Juraknollen vermutlich ca. 90 kmUnbekannt vermutlich ca. 200 km

Tab. 13. Entfernung zwischen Rohstoffquellen und dem Raum Pestenacker.

166 david Underwood

fest, dass die Inventarzusammensetzungen für „Gewin-nung“ und „Herstellung von Grundformen“ hier nicht in Frage kommen.

Ansonsten lassen sich unsere Inventare im Verhältnis zu den de Grooth’schen Kriterien folgendermaßen cha-rakterisieren:Pestenacker nord: Sehr viele Werkzeuge; sehr wenige unmodifizierte Stücke; keine Kerne; sehr wenig Retu-schierabfall. Daher hauptsächlich Benutzung von Gerä-ten in der Siedlung.Unfriedshausen: Viele Werkzeuge; wenige unmodi-fizierte Stücke; sehr wenige Kerne; sehr wenig Retu-schierabfall. Daher hauptsächlich Benutzung von Gerä-ten in der Siedlung.Pestenacker: Relativ wenige Werkzeuge; relativ viele unmodifizierte Stücke; wenige Kerne; sehr viel Retu-schierabfall. Daher Bearbeitung von Grundformen zu Geräten sowie Benutzung von Geräten in der Siedlung.

Hier kommt natürlich eine wichtige quellenkriti-sche Überlegung ins Spiel, und zwar das Fehlen eines Schlämmprogramms für alle Inventare außer Teile von Pestenacker. In dem geschlämmten Teil von Pestenacker wurden 5626 Retuschierabfallstücke (kleiner als 2 cm) geborgen, gegenüber 464 im nicht geschlämmten Teil, 15 in Pestenacker Nord und drei in Unfriedshausen. Die grabungstechnische Ungleichheit erschwert den quan-titativen Vergleich. Lässt man aber das geschlämmte Inventar aus dem Kalkül und nimmt man an, dass die drei restlichen Inventare grabungstechnisch vergleich-bar sind, so sind die sehr niedrigen Werte an Absplissen in Pestenacker Nord und Unfriedshausen bzw. die ho-he Anzahl im nicht geschlämmten Teil von Pestenacker durchaus plausibel.

Die Gliederung der Inventare nach de Grooths Krite-rien lässt einen Umbruch zwischen Unfriedshausen und Pestenacker wahrscheinlich erscheinen. Was die Orga-nisation der Silexversorgung betrifft, kann dies folgen-dermaßen zusammengefasst werden:Pestenacker nord und Unfriedshausen: Hauptsäch-lich Benutzung der Silexgeräte in der Siedlung. Wenig Silexbearbeitung. Geräte hauptsächlich als Fertigpro-dukte importiert. Rohstoffgewinnung sowie Anferti-gung der Grundformen und Geräte anderswo.Pestenacker: Herstellung sowie Benutzung der Gerä-te in der Siedlung. Bearbeitung von Grundformen zu Werkzeugen. Silex als Grundformen sowie als Geräte importiert. Rohstoffgewinnung sowie Anfertigung von Grundformen anderswo.

Mechanismen der weitergabe der hauptrohstoffe

Aus den oben erwähnten Gründen kann dieses The-ma nur sehr einschränkt behandelt werden. Die Bestim-mung einer Beteiligung Dritter an der Silexversorgung bedürfte quantitativ vergleichbarer Inventare, die alle Stadien der Versorgung vertreten. Trotzdem können et-liche Überlegungen diskutiert werden.

Intuitiv würde man an einem direkten Zugang zu den 70 bis 110 km entfernten Quellen zweifeln. Theoretisch

darf dieses Szenario aber nicht ausgeschlossen werden. In jungsteinzeitlichem Zusammenhang sind direkte Kontakte zu Silexquellen über 100 bis 200 km postu-liert worden (Zimmermann 1995, 73–74).

Dabei muss man aber die geringe absolute Menge an Silex in den Pestenackerer Inventaren bedenken. So ge-sehen ist es eher unwahrscheinlich, dass die Pestenacke-rer Siedler selbst Expeditionen zu den Silexquellen machten. Eine Beteiligung Dritter an der Versorgung ist also anzunehmen. Die Art dieser Beteiligung ist an-hand des vorliegenden Befundes nicht eindeutig zu klä-ren. Prinzipiell kommen zwei Mechanismen in Frage: Verketteter Tausch („down the line exchange“, Renfrew 1977, 72) und Verteilung von zentralen Orten aus – ob im Rahmen reziproken Tausches oder als profitorien-tierter Handel.

Um sich zwischen den beiden anderen Alternativen zu entscheiden, wären quantitative Daten aus Fundstel-len in den gesamten Verbreitungsgebieten der entspre-chenden Rohstoffe erforderlich. Nur so wären Variatio-nen in Rohstoffhäufigkeiten über die ganze Kette von der Quelle bis zum Endverbraucher wahrnehmbar: Man würde z. B. bei verkettetem Handel eine stetige propor-tionale Abnahme der Häufigkeit eines bestimmten Roh-stoffes im Verhältnis zur Entfernung erwarten; bei Re-distribution dürften die zentralen Orte sich als Spitzen in der Verteilung abzeichnen (Renfrew 1977, 78–86).

Wir haben nur zwei Anhaltspunkte für solche Über-legungen: die Siedlungsinventare und Angaben zu Be-funden aus den Herkunftsgebieten der Hauptrohstoffe. Um den zweiten Aspekt zunächst zu behandeln: Für die Knollensilexquellen liegt keine eingehende Untersu-chung einer Abbaustätte vor. Binsteiners Aufsatz (1992, 355–357) über die Rolle der Knollenhornsteine im Neo-lithikum Bayerns behandelt hauptsächlich das Alt- und Mittelneolithikum. Für das Jungneolithikum betont Binsteiner die Bedeutung des Plattenhornsteins für Alt-heimer Schneidegeräte und Pfeilspitzen, und er bemerkt die „seltsame Verarmung und Qualitätsminderung des übrigen [Knollensilex-] Inventars“, dessen Verarbei-tungstechnik er als „auf das Niveau einer herunterge-kommenen Randgruppe“ abgesunken einschätzt (Bin-steiner 1992, 357). Dies stehe im Gegensatz zu deutlich fassbaren mittelneolithischen Rohstoffprovinzen. Hier bieten sich also keine Angaben zur Organisation der Gewinnung und der Weitergabe dieser Rohstoffgrup-pen im Jungneolithikum.

Für die Gruppe Plattenhornstein „Paintener Wanne“ ist eine Abbaustelle bekannt, nämlich das Bergwerk in Baiersdorf (Binsteiner 1989). Obwohl hier bislang keine Ausgrabung stattgefunden hat, weisen Geländearbeiten auf einen obertägigen Abbau hin (Binsteiner 1987, 29). Die in Baiersdorf aufgelesenen Ausschusstücke belegen die Herstellung von Halbfabrikaten sowie Fertiggeräten an der Abbaustelle (Binsteiner 1989, 333).

Insofern passt Baiersdorf gut zu den Siedlungsin-ventaren Pestenacker Nord und Unfriedshausen, die das entsprechende Rohmaterial verwenden und an-scheinend Fertigprodukte importieren. Kehren wir zu de Grooths Modellvorstellungen zurück, verstärkt der

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 167

Pestenackerer Befund die Zuweisung von Baiersdorf zu Hauptmodell B (Gewinnung, Grundformherstellung und Geräteherstellung zusammen, Geräteverwendung räumlich getrennt), die auch in anderen jungneolithi-schen Zusammenhängen – besonders hinsichtlich der Herstellung spezialisierter Geräte – zu beobachten ist (Spiennes, Kvarnby; de Grooth 1994, 382). In diesem Fall ist die Weitergabe durch Dritte zwischen der Werk-zeugherstellung und dem Verbrauch anzunehmen (Sub-modell B3: ebd. 380).

Dass der Baiersdorfer bzw. Paintener Plattenhorn-stein im Jungneolithikum eine sehr weite Verbreitung – wenn auch teilweise nur Einzelstücke – hatte, ist be-kannt. Die Ausdehnung erstreckt sich von der West-schweiz im Südwesten (Ströbel 1939, 98) bis nach Böh-men im Osten (Vencl 1971, Fig. 9; 10) und Niedersach-sen im Norden (Werben/Wulf 1992, 191–199; vgl. Bin-steiner 2001). Ein derartig extremer Ferntransport wird herkömmlich als Prestigegüteraustausch gedeutet.

Genauso bekannt ist die Tatsache, dass das Paintener Material als kennzeichnend für die Altheimer Kultur gilt (Driehaus 1960, 79). So gesehen ist das Vorkommen dieses Rohstoffes in Pestenacker und Unfriedshausen als Randerscheinung des Kerngebietes der Verteilung zu verstehen und nicht als der Beginn eines Prestigegü-teraustausches. Diese Deutung wird dadurch gestützt, dass der Plattenhornstein in Pestenacker und Unfrieds-hausen offensichtlich einen funktionell wichtigen Be-standteil des Inventares darstellt. Daher darf der Pain-tener Rohstoff nicht als Prestigegut von dem restlichen Inventar ausgesondert werden. Nach Binsteiner würde das Vorkommen des Paintener Plattenhornsteines in Pestenacker eine „zielgerichtete Verbreitung“ darstel-len, entweder mit direktem Kontakt zwischen Abbau-stelle und Siedlung oder mit Altheim als sekundärem Verbreitungszentrum (Binsteiner 2005, 136–139).

Die für die Pestenackerer Siedlungen qualitativen diachronen Änderungen in der Rohmaterialwirtschaft lassen sich anhand des Rohstoffes und der Primärpro-duktion also präzisieren, nicht jedoch erklären. Einen wichtigen Ansatz haben wir aber noch nicht bespro-chen. Bis jetzt ist die Deutung des Materials von der Seite der Versorgung her betrachtet worden, wobei der Bedarf an Silex in den Siedlungen als selbstverständ-lich gesehen und nicht näher diskutiert wurde. Betrach-tet man das Problem von der anderen Seite her, so kann der Bedarf an Silex als treibende Kraft für die oben be-sprochene Versorgung und deren Organisation gesehen werden. Diese Nachfrage bedarf dann näherer Unter-suchung.Konkret bedeutet dies eine Untersuchung der Silexbenutzung in den Siedlungen. Dieses hat zwei As-pekte: Gerätefunktion und Vergesellschaftungen von Geräten untereinander und im Verhältnis zu anderen Befunden und Funden. Letzterer Aspekt war zur Zeit der ursprünglichen Forschung wegen des damaligen In-terpretationsstandes nicht möglich. Daher bleibt nur die Analyse von funktionsbezogenen Merkmalen an den ei-gentlichen Geräten, die in den folgenden Abschnitten behandelt wird.

die seltenen rohstoffe

Mit diesem Begriff werden die Rohmaterialgruppen 3102 (Arnhofener Plattensilex), 3220 (vermutlich süd-westdeutscher Jurahornstein) und 8000 (Silex unbe-kannter Herkunft) bezeichnet. Alle drei treten in sehr geringen Anteilen in unseren Inventaren auf. gruppe 3102 (Arnhofener Plattenhornstein). Auf die Bedeutung dieses Rohstoffes im vorangehenden Mit-telneolithikum ist bereits hingewiesen worden. Noch in frühem Altheimer Zusammenhang war er in der Nähe der Abbaustelle ein wichtiger Bestandteil der Silexin-dustrie (Ergolding Fischergasse, Uerpmann 1995, 131). Er fehlt in Pestenacker Nord und macht in Unfriedshau-sen und Pestenacker 3,8 % bzw. 1,2 % des Inventars aus. Es sind die folgenden Formen vertreten:Unfriedshausen: 1 Abschlag, 2 Klingen (davon 1 mo-difiziert), 1 artifizieller Trümmer, 1 modifizierte Platte.Pestenacker: 3 Abschläge, 4 Klingen (davon 1 modi-fiziert), 1 artifizieller Trümmer, 5 Platten (davon 4 mo-difiziert).

Im kleinen Rahmen spiegelt die Versorgung mit die-sem Rohstoff die bereits erkannten Haupttendenzen (a) der stetigen Abnahme des Plattensilex in den jüngeren Inventaren und (b) der oben besprochenen Änderungen in der Versorgungsmuster. Ein wesentlicher Bestand-teil war dieses Material aber nicht: Am ehesten ist sein Auftreten als Nebenerscheinung in Zusammenhang mit einer wichtigeren Versorgungsverbindung zu erklären. Die Verbindung zu den Quellen des Paintener Platten-hornsteins bietet sich als Träger für das Arnhofener Ma-terial.gruppe 3220 (Knollenhornsteine, vermutlich von der Schwäbischen Alb). Sie beträgt in Pestenacker Nord 1,9 %, in Unfriedshausen 2,3 % und in Pestenacker 0,8 % des Inventars. Sie kommt in folgenden Formen vor:Pestenacker nord: 2 modifizierte Klingen.Unfriedshausen: 1 modifizierter Abschlag (gestielte Pfeilspitze).Pestenacker: 6 modifizierte Abschläge (2 Pfeilspitzen, 3 Kombinationen von Kratzer und Lateralretusche, 1 Abschlag von einem Gerät abgetrennt), 1 modifiziertes Geröll (Klopfer).

Modifikationen werden hauptsächlich weiter unten behandelt; hier kann bereits darauf verwiesen werden, dass dieser Rohstoff teilweise in Formen auftritt, die in den Inventaren von Pestenacker untypisch sind. Die ge-stielte Pfeilspitze deutet auf eine Verbindung in Rich-tung der Pfyner Gruppe hin (vgl. Winiger 1993, 7), und die großen Kombinationsgeräte in Pestenacker haben bei den häufigen Rohstoffen kein Pendant. Abfallstücke dieses Rohstoffes liegen nicht vor.

Das Vorkommen vereinzelter Geräte aus diesem Roh-stoff kann wohl auch, wie für das Arnhofener Materi-al, als Nebenerscheinung in Zusammenhang mit einer anderen Tauschverbindung gedeutet werden. In diesem Falle ist die tragende Verbindung nicht bei der Silexver-sorgung zu finden. Da die Auswertung anderer Fund-gattungen noch in Arbeit ist, muss diese Frage vorerst noch offen bleiben.

168 david Underwood

gruppe 8000 (Herkunft unbekannt). Es spricht vieles dafür, dass es sich hier um oberitalienisches Rohmate-rial handelt. A. Tillmann hat die Frage einer Nord-Süd- Verbindung zwischen Norditalien und Süddeutschland im Jung- und Endneolithikum eingehend behandelt (Tillmann 1993), die vor allem beim Import bifazial be-arbeiteter Dolchblätter zu beobachten ist. Die Vertre-tung des Rohmaterials in unseren Inventaren beträgt 2,3 % in Unfriedshausen und 0,9 % in Pestenacker. Es fehlt in Pestenacker Nord. Die betreffenden Formen sind: Unfriedshausen: 3 modifizierte Klingen. Pestenacker: 1 bifazialer Dolch, 2 Klingen (davon 1 zu einem Bohrer modifiziert), 2 unmodifizierte Abschläge. Ferner enthielten umgelagerte Schichten im Bereich Pes-tenacker einen ganzen und einen fragmentierten Dolch.

Tillmann hat die betreffenden Stücke in Augenschein genommen (ebenso Binsteiner die Unfriedshausener Funde) und ist der Meinung, dass es sich hier eindeutig um Importstücke aus Norditalien handelt. Das Quell-gebiet kann in Monte Cavolo, westlich des Gardasees, lokalisiert werden (Barfield 1987, 232–233). So gese-hen würde der Dolch einen frühen Beleg für diese Ver-bindung darstellen, der möglicherweise mit zeitlichen Schwankungen in der Kupferverarbeitung zusammen-hängt (Tillmann 1993, 457).

Interessant an den Pestenackerer bzw. Unfriedshau-sener Funden ist die Tatsache, dass auch recht unschein-bare Artefakte aus diesem Rohmaterial in unseren In-ventaren vorliegen. Dieses stützt Tillmanns Interpre-tation, dass die Silexartefakte nicht den Hauptgegen-stand einer Tausch- oder Handelsverbindung, sondern „sekundären Kulturniederschlag eines Transfers un-bekannter Güter“ darstellen (Tillmann 1993, 457). Zur gleichen Schlussfolgerung sind wir bereits für unsere anderen seltenen Rohstoffe gekommen. Diese Formu-lierung können wir also generell als Deutung der selte-nen Rohstoffe in Pestenacker und Unfriedshausen ver-wenden, gesondert von den Hauptversorgungsmecha-nismen der Silexrohstoffe.

die geräte: arten der ModiFikationen Und häUFigkeiten in den inVentaren

Nach dem „Lithos“-Schema (Formblatt 1; vgl. Zim-mermann 1988, 586) werden die Arten der auf den Grundformen vorhandenen Modifikationen als nomi-nalskalierte Merkmalszustände kodiert. In einer ersten Stufe der Auswertung werden die Häufigkeiten und die Verhältnisse zwischen diesen Zuständen untersucht. In einer zweiten Stufe werden sie selber in Merkmalen un-terteilt.

Die Modifikationen lassen sich in vier Gruppen ein-teilen:1. Gerätenden. Retuschierte Kanten, die anhand ihrer

Morphologie sowie ihrer Stelle am Gerät als Arbeits-kanten gedeutet werden.

2. Gebrauchsspuren. Spuren entweder auf Gerätenden oder sonst unmodifizierten Kanten, die durch Ge-brauch entstanden sind.

3. Zurichtungsspuren. Modifikationen, die zur Formge-bung des Gerätes beitragen, nicht aber die eigentli-chen Arbeitskanten darstellen.

4. Relikte Modifikationen. Modifikationen, die vor der Herstellung der Grundform entstanden sind. Hierzu zählen z. B. Klopfspuren an der Dorsalfläche eines Abschlags, der von einem Klopfer abgetrennt wurde. Grundformen mit relikten Modifikationen können zu neuen Geräten modifiziert werden.

Die Gruppen 1 und 2 stellen Arbeitskanten dar und sind daher für eine funktionsbezogene Auswertung von primärer Bedeutung. Gewisse Modifikationen (z. B. Kratzer, Bohrer, Pfeilspitze) bilden sich aus einer deut-lich abgegrenzten Konstellation von morphologischen Merkmalen und dürfen daher ohne Weiteres als funk-tionsbezogene Gruppen gedeutet werden, wobei eine feinere Unterteilung noch durchaus von Interesse blie-be. Lackglanz stellt einen Ausnahmefall dar, indem er eindeutig mit einem bestimmten Kontaktmaterial (phy-tolithführende Pflanzen) in Verbindung steht. Andere Gebrauchsspuren sowie Modifikationen, wie Lateralre-tusche oder bifaziale Schneide, sind an sich nicht funk-tional diagnostisch, da bei ihnen mehr morphologischer Spielraum (z. B. Länge, Winkel oder Verlauf der Kan-te) besteht als bei Kratzern oder Pfeilspitzen. Auf die-se Bemerkungen kommen wir unten zurück. Zunächst aber geht es um die einfachen Häufigkeiten von Gerät-enden und Kanten mit Gebrauchsspuren. Das sehr brei-te Spektrum an Gerätenden zusammen mit den teilwei-se niedrigen Stückzahlen je Form wirkt unübersichtlich und erschwert den quantitativen Vergleich zwischen den Siedlungen. Daher werden die Modifikationen in die folgenden Gruppen geteilt: Pfeilspitzen und Halb-produkte davon; Bohrer; bifaziale Spitzen; Kratzer, einschließlich konkaver Kratzer; Endretuschen; Late-ralretuschen, zusammen mit Zähnung und Kerben, mit und ohne Glanz (d. h. alle einseitig retuschierten Kan-ten, die nicht zu einer der anderen Gruppen gehören); Aussplitterungen; gebrauchte, unretuschierte Kanten (Glanz, Verrundungen, feine Gebrauchsspuren); bifazi-ale Schneiden, mit und ohne Glanz, zusammen mit dem Dolch; Beile, Klopfer und Grobgeräte. Tab. 14 zeigt die Stückzahlen der Modifikationsgruppen sowie der Prozent anteil jeder Gruppe an der Gesamtzahl der Ge-räte für jede Siedlung.

Die Variationen zwischen den Fundplätzen sind sta-tistisch signifikant; die folgenden Tendenzen lassen sich erkennen: Ein verhältnismäßig hoher Anteil an Pfeil-spitzen in Pestenacker; mehr oder wenige konstante Anteile an Bohrern, Kratzern, Endretuschen, Lateral-retuschen (im Sinne der Gruppierung) und Aussplitte-rungen; vor allem ein anscheinend negativ reziprokales Verhältnis zwischen bifazialen Schneiden und unretu-schierten Kanten mit Gebrauchsspuren.

Der letzte Punkt kann präzisiert werden: Der Anteil an bifazialen Schneiden ist in Pestenacker Nord rela-tiv hoch, wird in Unfriedshausen höher und nimmt in Pestenacker ab. Gebrauchte, unretuschierte Kanten sind andererseits in Pestenacker Nord mäßig vorhan-den, werden in Unfriedshausen recht selten und nehmen

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 169

in Pestenacker eindeutig zu. Dieses Muster erinnert an die oben aufgeführten Änderungen in der Rohstoff-wirtschaft und der Primärproduktion, insbesondere be-züglich der Rolle des Paintener Plattenhornsteins. Dies weist wiederum auf eine mögliche funktions- (oder tä-tigkeits-)bezogene Erklärung für diese Änderungen hin. Zwei Fragen werden aufgeworfen: 1. Besteht ein Verhältnis zwischen Rohstoffauswahl und Gerätenden?2. Dürfen die unter „Lithos“ kodierten Gerätenden als funktional sinnvolle Kategorien betrachtet werden?

Können diese Fragen positiv beantwortet werden, werden zwei Hypothesen zu prüfen sein: 1. Wo eine Gruppe von Gerätenden durch eine andere Gruppe im Laufe der Zeit anscheinend ersetzt wurde, stellen die Gruppen diskrete funktionelle Kategorien – und daher diskrete Tätigkeiten – dar. Die Tätigkeiten änderten sich also auch. 2. Solche Gerätegruppen dienten demselben funktio-nellen Zweck. Tätigkeiten änderten sich also nicht.

Würde Hypothese 1 angenommen, so wiese dies auf eine Änderung in der Silexbenutzung im Laufe der Zeit hin, die als Ursache der bereits erkannten Tendenzen in der Rohstoffwirtschaft betrachtet werden dürfte. Hier ließe sich eine Änderung im Bedarf an gewissen Roh-stoffen im Laufe der Zeit nachvollziehen. Man würde hieraus auf wirtschaftliche Unterschiede zwischen den Siedlungen schließen, dieses im Sinne von Unterschie-den in den dort ausgeübten Tätigkeiten.

Würde die zweite Hypothese angenommen, so wä-ren die Ursachen für die rohstoffwirtschaftlichen Entwicklungen nicht so deutlich. In diesem Fall blie-be das Tätigkeitsspektrum in den Siedlungen im We-sentlichen unverändert, nur würden die Tätigkeiten mit Geräten unterschiedlicher Form und Herkunft ausge-führt.

das Verhältnis zwischen rohMaterial Und gerätenden

Die bereits dargestellten Aufteilungen der Geräten-den in den drei Inventaren können je nach Rohmateri-algruppe weiter gegliedert werden. Dieses veranschau-licht deutliche Abhängigkeiten zwischen Rohstoffen und Geräten.

In allen drei Inventaren lässt sich ein eindeutig positi-ves Verhältnis zwischen Paintener Plattenhornstein und bifazial retuschierten Geräten erkennen. Die Häufigkeit des Rohstoffes entspricht deutlich dem der entsprechen-den Geräteformen. Dieses Rohmaterial wird kaum für andere Gerätenden verwendet. Andererseits kommen bifazial retuschierten Stücke in anderen Rohstoffen nur vereinzelt vor.

Die restlichen Rohstoffe verteilen sich unter den Gerätenden ungefähr ihren Gesamthäufigkeiten ent-sprechend. Weitere Abhängigkeiten zwischen den Hauptrohstoffgruppen und Geräten – wie etwa ein be-vorzugtes Rohmaterial für Pfeilspitzen oder eine spezi-elle Verwendung des örtlichen Radiolarits – sind nicht zu belegen.

Das Ergebnis weist also schon auf einen speziellen Bedarf für den Paintener Plattenhornstein zur Herstel-lung bestimmter Geräteformen hin, der im Laufe der Zeit anscheinend nachließ. Als nächstes stellt sich also die Frage, inwiefern diese Geräteformen unterschiedli-che Tätigkeitsbereiche repräsentieren.

gerätenden als FUnktional sinnVolle kategorien?

Die merkmalsanalytische Aufnahme der Gerätenden richtet sich nach der von R. Grace entwickelten Metho-de (Grace 1989, 72–81). Die Verteilungen der Werte für

Anzahl Pestenacker Nord

Anzahl Unfriedshausen

Anzahl Pestenacker

Prozent Pestenacker

Nord

Prozent Unfrieds-

hausen

ProzentPestenacker

Pfeilspitzen und Halbprodukte 3 7 42 2 % 5 % 8 %

Bohrer 4 5 28 3 % 4 % 6 %

bifaziale Spitze 0 1 4 0 % 1 % 1 %

Kratzer 21 17 51 16 % 12 % 10 %

Endretusche 4 12 44 3 % 9 % 9 %

Lateralretuschen 54 52 153 42 % 37 % 30 %

Aussplitterung 9 5 38 7 % 4 % 8 %

gebrauchte Kante 10 4 92 8 % 3 % 18 %

bifazial 21 38 48 16 % 27 % 10 %Beil/Klopfer/ Grobgerät 2 0 5 2 % 0 % 1 %

Gesamt 128 141 505 100 % 100 % 100 %

Tab. 14. Anzahl und prozentuale Anteile der Geräte in Pestenacker Nord, Pestenacker und Unfriedshausen.

170 david Underwood

die fünf dort beschriebenen Variablen (Länge, Dicke, Winkel, Verlauf, Orientierung) für jedes unter „Lithos“ definierte Gerätende zwischen den vier Inventaren wur-den statistisch verglichen. Daraus ergab sich, dass sta-tistisch signifikante Unterschiede nur bei Lateralretu-schen, bifazialen Retuschen und Kanten mit Gebrauchs-spuren bestanden. Die unter „Lithos“ als Merkmalszu-stände behandelten Gerätenden Pfeilspitze, Kratzer und Bohrer dürfen also als funktional sinnvolle Kategorien betrachtet werden.

Die Gerätenden Lateralretusche, bifaziale Retusche und gebrauchte Kante schließen aber eine größere mor-phologische Variationsbreite ein. Ausgerechnet bei die-sen drei Modifikationen wäre eine funktionale Über-lappung denkbar. Als zweite Stufe der Untersuchung wurden also die Werte für die fünf Variablen bei die-sen drei Modifikationsgruppen für alle vier Inventare untereinander verglichen. Hinsichtlich der Kantenlänge innerhalb jedes Inventars unterscheiden sich die bifazi-alen Geräte von anderen Gruppen, mit Ausnahme von Pestenacker, wo die bifazialen und die lateralretuschier-ten Stücke keinen signifikanten Unterschied aufweisen. Die bifazialen Kanten sind im Allgemeinen länger als andere Formen.

Hinsichtlich der Kantenwinkel und der Dicke ist kein deutliches Muster zu erkennen. Unterschiede innerhalb der Gerätetypen bestehen nicht.

Hinsichtlich des Kantenverlaufes unterscheiden sich die bifazialen Geräte aus Pestenacker Nord von den meisten anderen Gruppen. Sie besitzen tendenziell hö-here Werte (konvexe Kanten); negative Werte (konkave Kanten) gibt es in dieser Gruppe nicht. Ferner bestehen Unterschiede zwischen den Lateralretuschen aus Un-friedshausen und Pestenacker auf der einen Seite und den bifazialen Geräten aus den drei frühesten Siedlun-gen auf der anderen. In diesen Fällen besitzen die Late-ralretuschen tendenziell niedrigere Werte, mit Anteilen an konkaven Kanten.

Was die Orientierung der Kanten betrifft, sondern sich die Kanten mit Gebrauchsspuren aus Pestenacker von allen anderen Gruppen ab. Die tendenziell niedri-gen Werte in dieser Gruppe weisen auf verhältnismäßig kurze, zur Längsachse des Gerätes quergerichtete Ar-beitskanten hin.

Um zusammenzufassen: Für die meisten Gerätenden, die Kratzer, Bohrer und Pfeilspitzen, weist die Merk-malsanalyse auf eine deutliche Korrelation zwischen den kodierten Formen und der potenziellen Funktion hin. Klopfer, Beile, Grobgeräte und Aussplitterungen können auch anhand ihrer Morphologie ohne Weiteres als funktionsbezogene Kategorien angenommen wer-den. Die Vertretung dieser Gruppen ändert sich im Lau-fe der Zeit wenig, was eine Konstanz der wirtschaftli-chen Tätigkeiten in den vier Siedlungen nahelegt. Die einzige Ausnahme bildet der etwas höhere Anteil an Pfeilspitzen in Pestenacker.

Insofern muss an einer signifikanten Änderung in der Silexbenutzung im Laufe der Zeit vorerst gezwei-felt werden. Allerdings wurden alle genannten Gerä-tegruppen selten aus Paintener Plattenhornstein her-

gestellt, dessen schwankender Anteil die auffälligste diachrone Entwicklung in den vier Inventaren darstellt. Das Gesamtbild für die Lateralretuschen, gebrauch-ten Kanten und bifazialen Retuschen – Letztere stark mit dem Paintener Rohstoff verbunden – ist weniger deutlich und lässt sich eher auf negativer Weise präzi-sieren:

Es ist nicht der Fall, dass die Morphologie der einzel-nen Arbeitskanten (Lateralretuschen, gebrauchten Kan-ten und bifazialen Retuschen) innerhalb jedes Inventa-res sich eindeutig voneinander unterscheiden. Nach die-sem Ergebnis liegt die Widerlegung der ersten Hypo-these (oben) eindeutig nahe.

Es ist ebenfalls nicht der Fall, dass die bifazialen Ge-räte aus den älteren Inventaren durchgehend ähnliche morphologische Werte wie die gebrauchten Kanten aus Pestenacker besitzen – wie es zu erwarten wäre, han-delte es sich um eine generelle Kontinuität der Werk-zeugbenutzung bei Änderung im Formenspektrum. Ei-ne einfache Übernahme von Funktionen (und daher Tä-tigkeiten) durch neue Geräteformen und Rohstoffe ist nicht eindeutig herauszuarbeiten. Hypothese 2 (oben) ist daher wahrscheinlicher als Hypothese 1, darf aber nur mit Vorsicht angenommen werden.

Ohne eine multidimensionale Untersuchung der Ge-brauchsspuren, die aus den bereits aufgeführten Grün-den nicht möglich ist, bleibt die funktionale Interpre-tation der Gerätinventare zwangsläufig auf einer eher niedrigen Präzisionsebene. Insgesamt aber lassen sich keine eindeutigen Entwicklungen in der Silexverwen-dung im Laufe der Zeit herausarbeiten. Diese Kontinui-tät in der Benutzung des Rohmaterials steht im Gegen-satz zu Änderungen in dessen Beschaffung und primä-rer Bearbeitung.

Lassen sich diese Entwicklungen also nicht anhand von Verhaltensunterschieden zwischen den Siedlungen erklären, so sind sie wohl eher in Verbindung mit groß-räumigeren wirtschaftlichen Änderungen zu bringen. Der chronologische und geografische Rahmen muss al-so jetzt vergrößert werden, um die Pestenackerer Ergeb-nisse in ihren regionalen und überregionalen Zusam-menhängen zu deuten.

die silexindUstrien in Pestenacker nord, Pestenacker Und UnFrieds­haUsen iM regionalen Und überregionalen rahMen

Im Folgenden wird versucht, die Silexindustrien in Pestenacker Nord, Pestenacker und Unfriedshausen in einen weiteren geografischen und zeitlichen Rahmen zu stellen. Herangezogen werden Daten zu Silexindus-trien aus Süddeutschland und dem weiteren Alpenvor-land. Diese stammen zum größten Teil aus Veröffent-lichungen bzw. unpublizierten Arbeiten zu den jewei-ligen Fundkomplexen, teilweise aber auch aus Besich-tigungen von Fundsammlungen durch den Verfasser. Besonders nützlich für diese zweite Datenaufnahme waren die Dissertation von P. Kieselbach über jungneo-

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 171

lithischen Silexinventare aus Südwestdeutschland (Kie-selbach 2000) und M. Honeggers Arbeit zu mittel- bis endneolithischen Silexinventaren der Schweiz (Honeg-ger 2001).

Die Qualität dieser Vergleichsdaten ist unvermeid-licherweise sehr unterschiedlich, so dass der gemein-same Auflösungsgrad eher niedrig bleibt. Demzufolge werden Aspekte hervorgehoben, die in der Literatur für fast alle Fundstellen behandelt wurden: Anteile der Rohstoffe aus örtlichen, regionalen und überregionalen Quellen; Primärproduktion im Sinne der Auswahl der Hauptgrundformen Abschlag, Klinge und Platte; Antei-le der modifizierten Grundformen (Geräte).

Die Vergleichsfundstellen werden in drei Regionen gegliedert:

bayern und Österreich: Polling, Lkr. Mühldorf a. Inn (Altfunde in der Archäologischen Staatssamm-lung, München; Müller-Karpe 1961, 22–24); Ergol-ding Fischergasse, Lkr. Landshut (Uerpmann 1995); Merching, Lkr. Aichach-Friedberg (Schneider 1968, 1–18); Oberflächenfunde im Umfeld von Pestenacker, Lkr. Landsberg am Lech (persönliche Mitteilungen T. H. Gohlisch, Universität Erlangen); Ainring „Auhögl“, Lkr. Berchtesgadener Land (Altfunde in der Archäo-logischen Staatssammlung München; Driehaus 1960, 79–81); Essenbach-Altheim, Landshut (Altfunde in der Archäologischen Staatssammlung, München; Driehaus 1960, 79–81); See am Mondsee, Bezirk Vöcklabruck, Österreich (Binsteiner/Ruprechtsberger 2006, 23–33); Geländeaufnahmen im Vilstal (Schötz 1988, 1–15); Prutting-Dobl, Lkr. Rosenheim (Burger 1988, 59–61; 129); Ergolding Galgenberg, Lkr. Landshut (Uerpmann 1999, 175–198).

baden­württemberg: Ödenahlen, Lkr. Biberach (Schlichtherle 1995); Ehrenstein, Alb-Donau-Kreis (Hahn, Ehrenstein; Waiblinger 1997, 241–284; Kiesel-bach 2000, 37–38); Hornstaad-Hörnle IA, Kr. Konstanz (Schlichtherle 1990a; Hoffstadt 2005, passim); Aich-bühl, Lkr. Biberach (Ströbel 1939, 90–91; Kieselbach 2000, 32–33); Taubried I, Lkr. Biberach (Kieselbach 2000, 34–35); Alleshausen-Hartöschle, Lkr. Biberach (Kieselbach 2000, 36–37); Wangen-Hinterhorn, Kr. Konstanz (Kieselbach 2000, 48–49; Reute-Schorren-ried, Lkr. Ravensburg (Kieselbach 2000, 51–52); Sipp-lingen, Bodenseekreis (Ströbel 1939, 90–91).

schweiz: Egolzwil 4, Kt. Luzern (Rüttimann 1983, pas-sim); Eschenz, Insel Werd, Kt. Thurgau, Schichtpaket III (Hasenfratz 1985); Seeberg, Burgäschisee-Süd, Kt. Solothurn (Bandi 1973, 9–90); Twann, Kt. Bern, Cor-taillod-Schichten (Uerpmann 1981, passim); Niederwil, Kt. Solothurn (Waterbolk/van Zeist 1978); Thayngen-Weier, Kt. Schaffhausen (Winiger 1971, 38–40; 47); Zürich Mozartstraße (Ritzmann 1987, 182–187); Zürich Kleiner Hafner (Suter 1981, 135–136); Montilier, Kt. Freiburg, Dorf (Honegger 2001, 223–224); Montilier, Fischergässli (Honegger 2001, 225–226); Feldmeilen-Vorderfeld, Kt. Zürich (Winiger 1981, 28–32; Honegger

2001, 269–272); Eschenz, schnurkeramische Schicht (Hardmeyer 1983, 58–82); Yverdon, Kt. Vaud (Uerp-mann 1976, passim); Saint-Blaise, Bains-des-Dames, Kt. Neuchâtel (Honegger 2001, 229–254); Delley Port-alban, Kt. Freiburg (Honegger 2001, 209–221); Twann, Horgener Schichten (Furger 1981, 63–69); Yvonand, Station 4 (Honegger 2001, 266–267); Steinhausen, Sennweid, Kt. Zug (Honegger 2001, 276–285); Zürich Kanalisationssanierung (Honegger 2001, 286–290); Sutz-Lattrigen, Kt. Bern (Hafner/Suter 2000, 74–93); Nidau, Kt. Bern (ebd.).

bayern und Österreich

In Bayern und Oberösterreich dreht sich die Analyse der Rohstoffwirtschaft naturgemäß um die Plattensilex-quellen in Arnhofen und in der Paintener Wanne. Ver-mutlich ist Polling die älteste der untersuchten Fundstel-len. Die Daten dazu sind spärlich, da Müller-Karpes Pu-blikation (Müller-Karpe 1961, 22–24) eine Bearbeitung von Material ist, das in den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts von ehrenamtlichen Sammlern aufgelesen wurde. Sie deutet aber auf Tendenzen hin, die auch an-derswo in der Region vorkommen, und zwar: Abwesen-heit von örtlichem (alpinem) Rohmaterial; starke Prä-senz von Plattensilices aus der Fränkischen Alb, deren Quellen zwischen 160 und 180 km von Polling entfernt liegen. Lediglich 18 Stücke konnte der Verfasser sehen, wovon vier aus Arnhofener und sechs aus Baiersdorfer Rohstoff sind. Die anderen Artefakte sind aus jurassi-schem Knollenhornstein. Müller-Karpes eigene Bemer-kungen zu den seinerzeit mindestens 99 vorhandenen Stücken bestätigen tendenziell diese Beobachtungen (ebd.). Angesichts der Bergungsumstände sind keine sinnvollen Anmerkungen zur Primärproduktion mög-lich.

Ergolding Fischergasse bietet, außer den Siedlun-gen im Tal des Verlorenen Baches, das einzige gut do-kumentierte Silexinventar der Altheimer Kultur, und zwar ebenfalls aus einer Talbodensiedlung. Ein wichti-ger Unterschied im Verhältnis zu den bereits genannten Fundstellen ist, dass Ergolding lediglich 40 km von den Hauptrohstoffquellen (Arnhofen, Baiersdorf, Knollen-hornsteinvorkommen) liegt. Mit etwa 40 km übertrifft diese Entfernung den konventionellen Radius des Hei-matgebietes (Gebiet mit Radius von ca. 30 km bzw. von einem Tag Fußmarsch, vgl. de Grooth 1994, 363).

Alle Daten zum Silexinventar entstammen der Pub-likation von M. Uerpmann (1995, 129–241). Die Antei-le der Hauptrohstoffe an der Gesamtstückzahl vom 338 Silices sind: jurassischer Knollenhornstein 50 %, Arn-hofen 13 %, Painten 31 % (ebd. 130–132). Das Inventar besteht zu 94 % aus Rohstoffen jurassischer Herkunft. Plattensilices machen insgesamt 44 % des Materials aus, mit einem Anteil von 13 % am Arnhofener gebän-derten Plattensilex. Die Mindestentfernung zu den Roh-stoffquellen bleibt für die Hauptrohstoffgruppen mehr oder weniger gleich (40 km) und kann keinen Einfluss auf die Verfügbarkeit gehabt haben.

172 david Underwood

In groben Zügen passt Ergolding mit seinem hohen Anteil an Plattensilex in das bereits für Pestenacker/Unfriedshausen festgestellte diachrone Muster, mit (als ältestes Altheimer Inventar) dem höchsten Anteil an Plattensilices. Auffallend ist dabei der verhältnismä-ßig hohe Anteil an Arnhofener Hornstein in Ergolding, der in den anderen Inventaren eine eher untergeordnete Rolle spielt. Die Annahme liegt nahe, dass es sich hier um eine Fortsetzung der Verwendung des Arnhofener Materials im niederbayerischen Mittelneolithikum han-delt, die im Laufe des Jungneolithikums nachließ (En-gelhardt/Binsteiner 1988, 1–28).

Die gleichen Kategorien der Grundformen wie in Pes-tenacker/Unfriedshausen sind in Ergolding verwend-bar; hinzu kommt die Kategorie „Gerätefragment“, die von Uerpmann nicht weiter präzisiert wird (Uerpmann 1995, 130). Die Aufzählung der Hauptgrundformen für alle Silices – modifiziert, unmodifiziert, Gesamtanzahl – in Ergolding ist wie folgt. Unmodifizierte Grundformen: Abschläge 124/181 (69 %); Klingen 16/181 (9 %); Platten 8/181 (4 %).Modifizierte Grundformen: Abschläge 61/157 (39 %); Klingen 47/157 (30 %); Platten 14/157 (9 %). Gerätanteil am gesamten Material: 157/338 (46 %).

Trotz des hohen Anteils an Plattensilex im Rohmate-rial spielt die Silexplatte als Grundform eine recht un-bedeutende Rolle. Im Gegensatz zu Pestenacker/Un-friedshausen ist eindeutig ein Unterschied zwischen den Grundformanteilen am Gesamtinventar und am Gerätinventar vorhanden. Klingen wurden offensicht-lich als Grundformen für Geräte bevorzugt, während ein hoher Anteil an Abschlägen unmodifiziert blieb. Hinzu kommt auch der gesamte Gerätanteil in den ver-schiedenen Inventaren. In Ergolding beträgt er 157/338 Stück, gleich 46 %.

Es liegt auf der Hand, die oben besprochenen Mo-delle hier wieder heranzuziehen, um die Organisation der Silexbeschaffung und -bearbeitung im Vergleich zu Pestenacker/Unfriedshausen zu deuten. Das Merk-mal „Anteil der Rinde/natürlichen Fläche“ – wird von Uerpmann nicht merkmalsanalytisch behandelt; ihre Angabe, dass der Anteil von Stücken mit Rinde oder natürlichen Flächen (außer Platten) 22 % des Inventars beträgt, bietet aber mindestens eine Vergleichsbasis. In-sofern können die Ergoldinger Daten anhand der hypo-thetischen Voraussetzungen von Zimmermann (1988, 640–645) und de Grooth (1994, 367–387) beurteilt wer-den. Die Ergebnisse sind wie folgt:

Verfügbarkeit des RohmaterialsGrundformhäufigkeit: Relativ wenige Geräte, rela-

tiv viele Abfallprodukte, dabei aber relativ viele Klin-gen. Schlagtechnik: Harter und weicher Schlag können anhand der veröffentlichten Daten nicht auseinander-gehalten werden. Streuung der Größe: relativ niedrig. Abschläge mit Rinde: relativ wenige. Gebrannte Sili-ces: relativ viele. Häufigkeiten der Rohstoffe: Das In-ventar besteht überwiegend aus jurassischem Knollen-hornstein, gebändertem Plattensilex (Arnhofen) und sonstigem Plattenhornstein (Painten). Alle Lieferge-

biete liegen ungefähr gleich weit von der Siedlung ent-fernt. Ergebnis: nicht eindeutig. Relation Geräte : Ab-fall (gemessen an Pestenacker/Unfriedshausen): Deutet auf eine relativ gute, alle anderen Indizien auf eine eher schlechte Versorgung hin.

Was die Organisation der Silexbearbeitung betrifft, kann in Anlehnung an de Grooth Folgendes zusam-mengefasst werden: relativ wenige Werkzeuge; relativ viele unmodifizierte Stücke; wenige Kerne; Anteil an Retuschierabfall unbekannt (kein Schlämmprogramm). Daher Herstellung und Benutzung von Geräten in der Siedlung. Rohstoffgewinnung und Herstellung von Grundformen sowie teilweise Herstellung von Geräten anderswo.

Dieses entspricht Uerpmanns Schlussbemerkungen (1995, 138). Von der Organisation her passt Ergolding also eher zu Pestenacker als zu den zeitlich näher lie-genden Pestenacker Nord und Unfriedshausen. Der ers-te Eindruck einer einfachen chronologischen Entwick-lung innerhalb der Altheimer Gruppe lässt sich also nicht ohne Weiteres bestätigen.

Die Angaben zu Merching bei O. Schneider (1968, 12–16) sind sehr spärlich. Anhand der Keramik wird die Fundstelle der Altheimer Kultur zugewiesen, wobei laut einer freundlichen Mitteilung von Barbara Limmer (Ingolstadt) die Keramik später als Pestenacker einzu-stufen wäre. Was die Silexartefakte betrifft, wird kei-ne genaue Anzahl angegeben. Schneider erwähnt „[ei-ne] große Zahl von Absplissen und einigen Rohstücken [und] über 40 bearbeitete Geräte“ (Schneider 1968, 12). Letztere schließen ein: zwei Bruchstücke bifazial re-tuschierter Plattensilexgeräte; 14 Kratzer und Schaber aus Knollensilex sowie „gebändertem Hornstein“; eine große Spitze aus Plattensilex; zehn dreieckige Pfeilspit-zen aus Plattensilex, „grauem Felsgestein“ oder „Horn-stein“; acht Klingen oder Spitzklingen aus „gebänder-tem Hornstein“; einen retuschierter Abschlag aus „hell-braunem Silex“ (ebd. 12–16).

Es darf davon ausgegangen werden, dass der „ge-bänderte Hornstein“ dem Arnhofener Plattensilex ent-spricht. „Plattensilex“ entspricht wohl dem Paintener Plattenhornstein. „Knollensilex“ lässt sich nicht weiter präzisieren: Ob ein Anteil an lokalem Radiolarit dahin-ter steckt, muss offen bleiben. Für den „hellbraunen Si-lex“ liegt die Annahme nahe, dass es sich um den ver-mutlich schwäbischen, gelblichen Hornstein handelt, der in kleinen Mengen in Pestenacker/Unfriedshausen vorkommt; dieses ist aber nicht sicher.

In groben Zügen entspricht das Rohstoffspektrum in Merching also wahrscheinlich denjenigen in Pes-tenacker und Unfriedshausen. Auffällig ist, dass in Merching mehr Arnhofener Silices vorhanden sind als in den Pestenackerer/Unfriedshausener Inventaren ins-gesamt. Es ist also wahrscheinlich, dass dieses Mate-rial in Merching doch einen beträchtlichen Anteil an der Industrie ausmachte. Dieser Umstand steckt wohl hinter Schneiders Behauptung, dass „ ... das Silexgerät sich jedoch mehr an Pollinger Vorbilder hält“. Diesem würde die vermutlich spätere Einordnung der Keramik widersprechen.

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 173

In Altheim wurden die bereits für Pestenacker/Un-friedshausen definierten Rohstoffgruppen grauer ju-rassischer Knollenhornstein, Paintener Plattenhorn-stein und Arnhofener Plattenhornstein ebenfalls er-kannt. Dazu kommen zwei Arten, die in Pestenacker/Unfriedshausen nicht vorhanden waren: Jurahornstein aus der Abbaustätte Lengfeld und niederbayerischer Jurahornstein.

Die Häufigkeiten der Rohstoffe in der besichtigten Stichprobe sind (bei 99 Stücken sind Stückzahlen an-nähernd gleich Prozentwerte): Arnhofen 9; Painten 21; grauer Jurahornstein allgemein 11; grauer jurassischer Knollenhornstein 47; Lengfeld 3; Niederbayern 7; Fern-importe 1.

Anscheinend ist die Zusammensetzung des Rohmate-rialspektrums in groben Zügen mit den älteren Althei-mer Inventaren vergleichbar. Vor allem herrscht eine auf-fällige Ähnlichkeit mit Ergolding Fischergasse, was an-gesichts der geografischen Nähe der beiden Fundstellen nicht überrascht. Die Vermutung liegt nahe, dass die gra-bungstechnischen Gegebenheiten doch nicht zu einer all-zu erheblichen Verzerrung des Befundes geführt haben.

In Altheim kommen aber auch Rohstoffarten vor, mit denen wir bislang nicht zu tun gehabt haben (Lengfeld, niederbayerischer Jurahornstein). Lengfeld liegt im gleichen Kleinraum wie Painten und Arnhofen; die nie-derbayerischen Quellen sind ungefähr gleich weit von Altheim entfernt. Das Vorhandensein dieser Rohstoffe spricht also für ein vielfältigeres Rohmaterialspektrum in Altheim, als es für die anderen Altheimer Inventare der Fall war. Dabei bliebe der Einzugsradius der Roh-stoffbeschaffung zwischen 40 und 80 km.

In Ainring „Auhögl“ handelt es sich um Funde, die hauptsächlich im Zeitraum 1889–1894 durch einen eh-renamtlichen Sammler aufgelesen wurden. Dazu kam eine den damaligen Verhältnissen entsprechende Gra-bungstätigkeit. Die Fundstelle und ihre Forschungsge-schichte werden von Driehaus (1960, 39–40) zusam-mengefasst. Anscheinend lag die vermutete Siedlung auf einem Plateau über dem Tal der Saalach. Der ge-samte Silexfundbestand soll ursprünglich über 1300 Stücke betragen haben; zur Zeit der Publikation durch Driehaus waren nur noch 103 vorhanden; 1995 blieben lediglich 39 in der Archäologischen Staatssammlung übrig. Dieses bildet also keine vernünftige Basis für ei-ne quantitative Untersuchung; hier werden die Daten lediglich beschreibend vorgelegt. Die Anteile der Roh-materialgruppen sind: Painten 16 (41 %); grauer Jura-hornstein allgemein 3 (8 %); grauer jurassischer Knol-lenhornstein 14 (36 %); gelblicher jurassischer Knollen-hornstein 1 (3 %); Niederbayern 5 (13 %).

Trotz der Entfernung zu den Rohmaterialquellen sind die bislang bekannten Rohstoffgruppen vertreten. Die Verbindung zu Quellen im Fränkischen Jura ist unver-kennbar. Angesichts der geografischen Lage der Fund-stelle ist die Abwesenheit von alpinen Rohstoffen be-merkenswert. Dieses unterstreicht die Feststellung, dass die geografische Nähe eines bestimmten Rohmaterials ein recht niederrangiges Kriterium bei der Rohstoffaus-wahl ist.

In Altheim und Ainring wie in Polling sind keine ge-naueren Aussagen zur Primärproduktion möglich.

T. H. Gohlisch (Universität Erlangen-Nürnberg) hat die Ergebnisse einer 1991 und 1992 im Umfeld von Pes-tenacker durchgeführten Feldbegehungskampagne so-wie einer Besichtigung der Privatsammlung Voit (Kau-fering) freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Da es sich um Oberflächenfunde handelt, gibt es keine abso-luten Datierungsansätze. Eine Verbreitungskarte der Si-lexfundstellen sowie Prozentanteile der Rohstoffgrup-pen und Grundformen für das gesamte aufgenommene Material sind vorhanden.

Die Verbreitungskarte weist zahlreiche Silexfund-stellen fast ausschließlich an der Grenze der Braunerde oberhalb der Talböden von Lech, Verlorenem Bach und Paar auf. Das Vorkommen von Arnhofener Rohmateri-al wurde vermerkt; dieses ist anscheinend gleichmäßig über das Forschungsgebiet verteilt.

Die Prozentanteile der von Gohlisch definierten Roh-stoffe am gesamten Material (gesamte Stückzahl 1098) sind: Hornstein 36 %; Plattenhornstein 24 %; Spezial 14 %; Geröll 13 %; Flintenstein 3 %; unbestimmbar 10 %.

Der „Hornstein“ entspricht dem jurassischen Knol-lenhornstein, der hier wie in Pestenacker/Unfriedshau-sen überwiegt. Unter Plattenhornstein sind die Varian-ten Painten sowie Arnhofen zu verstehen. Mit „Geröll“ ist der örtliche Schotter gemeint. Vom „Flintenstein“ kann hier abgesehen werden. Insofern bereitet dieser unvermeidbar grobe Überblick des Rohmaterialspekt-rums keine Überraschungen. Als einzige Ausnahme gilt die Variante „Spezial“, die von Gohlisch als „ein mat-tes, braunes, fast ‚kalkähnliches‛ Material“ beschrieben wird (persönl. Mitteilung 1995), für das trotz eingehen-der Nachforschung keine Herkunftsbestimmung gege-ben werden kann. In Pestenacker/Unfriedshausen ent-spricht kein Rohstoff dieser Beschreibung.

Was die Grundformen betrifft, besteht das Material, zu 20–28 % aus Abschlägen, 15–19 % aus Klingen und 2–4 % aus Kernen. Interessant ist das Fehlen von Plat-ten sowie das – im Vergleich zu Pestenacker/Unfrieds-hausen – anscheinend häufige Vorkommen von Klin-gen. Man beachte die Klingenanteile in beiden Samm-lungen; dies darf als Hinweis interpretiert werden, dass es sich teilweise um alt- oder mittelneolithisches Mate-rial handelt.

Die österreichische Mondseekultur stellt im Sinne dieser Arbeit eine Forschungslücke dar. Umso wertvol-ler sind A. Binsteiners Bemerkungen zu den Silexar-tefakten aus Altgrabungen in See am Mondsee (Bin-steiner/Ruprechtsberger 2006, passim). Eine genaue Datierung fehlt; der Fundkomplex kann lediglich der Mondseekultur zwischen 3600 und 3350 v. Chr. zuge-ordnet werden. Es handelt sich um 1182 Silices, wovon lediglich 176 (15 %) nicht als Geräte anzusprechen sind (ebd. 24–25). Der extrem hohe Gerätanteil ist beden-kenlos auf grabungstechnische Faktoren zurückzufüh-ren. Die hohen Stückzahlen von augenfälligen Formen (534 Pfeilspitzen, 228 Kratzer) sind vielleicht auch da-durch beeinflusst.

174 david Underwood

Im Gegensatz zu den meisten in dieser Arbeit be-sprochenen Fundkomplexen ist die Sammlung aus See am Mondsee von einem sehr hohen Anteil an alpinem Rohmaterial geprägt; dieser macht 96,6 % des Inven-tars aus. Die Zahlen und Anteile der Rohstoffe sind wie folgt (Gesamtzahl 1182): alpin 1142 (97 %); Arnhofen 8 (>1 %); Baiersdorf 28 (2 %); Monte Lessini 4 (>1 %).

Die Quellen der „alpinen“ Rohstoffe sind in der un-mittelbaren Umgebung der Siedlung, in Misling am At-tersee und Scharfling am Mondsee (ebd. 42). Es handelt sich um Silex aus primären Ablagerungen, nicht etwa aus Schotter. Interessanterweise gibt es in dieser Roh-stoffgruppe auch plattenförmigen Silex, der in der Form von Sicheln vorkommt (ebd. 29–30). Es handelt sich hier also um eine lokale Nachahmung der typischen Alt-heimer Sicheln aus Baiersdorfer Rohmaterial. Alpiner Plattensilex kommt in unserem Forschungsgebiet an-sonsten nicht vor.

Die wenigen unmodfizierten Stücke, darunter 31 Ker-ne, sind vorwiegend aus alpinem Rohmaterial (ebd. 31–32). Dieses spricht für die Bearbeitung lokalen Rohstof-fes vor Ort und für den Import fertiger Geräte aus orts-fremdem Rohmaterial.

So gesehen liegt See am Mondsee außerhalb der Absatzgebiete der bayerischen Silexquellen, obwohl die Entfernung zwischen Fundstelle und Quelle in ei-ner ähnlichen Größenordnung ist wie für Ainring. Die Materialbasis ist dürftig, lässt aber vermuten, dass die Grenze des Einflusses vom bayerischen jurassischen Silex in den ca. 35 km zwischen Ainring und See am Mondsee verläuft.

Eine räumliche Grenze kann also in dieser Richting postuliert werden. Das Abstecken von zeitlichen Gren-zen hängt von den Fundstellen Ergolding „Galgenberg“ und Prutting-Dobl ab.

Die 1524 Silices aus der spätneolithischen Chamer Siedlungsphase am Ergoldinger Galgenberg wurden in einem kurzen Aufsatz von M. Uerpmann (1999, 175–198) veröffentlicht.

Der Rohstoff war bei vielen Stücken schwer be-stimmbar, so dass der Anteil von Arnhofener Silex zwi-schen 56 % und 90 % liegt (ebd. 177). Die Quelle dieses Materials liegt ungefähr 40 km vom Galgenberg ent-fernt. Dünner Plattensilex (vermutlich aus Baiersdorf) kommt nur vereinzelt vor. Im Gegenteil wurden dicke Platten vermutlich Arnhofener Ursprungs als Kerne für die Herstellung von Abschlägen verwendet. Dieser Vor-gang stellt einen eindeutigen Abbruch des Altheimer Umgangs mit Plattensilex dar (ebd. 177–178).

Uerpmann postuliert einen Import von Kernen in ro-her Form und daher die Herstellung von Grundformen und Geräten sowie die Verwendung von Geräten in der Siedlung (ebd. 178–179). Diese Vermutung wird durch den hohen Anteil an Kernen mit Rinde (über 50 %) so-wie durch den verhältnismäßig hohen Anteil an unmo-difiziertem Abfall (78,3 %) unterstützt. Obwohl der An-teil an Stücken mit Spuren thermischer Einwirkung bei 33,6 % relativ hoch ist, bildeten sich die Spuren aus-nahmslos nach dem Gebrauch der entsprechenden Stü-cke (ebd. 180).

In Dobl beschreibt Burger kurz sechs Rohstoffvarian-ten, größtenteils ohne deren Herkunft näher zu bespre-chen und ohne quantitative Angaben: speckiger Feu-erstein; Plattensilex: hellgrau, gebändert; „schlechter“ Hornstein vermutlich alpiner Herkunft; Ölquarzit; ver-mutlich Radiolarit (Burger 1988, 59).

Es darf angenommen werden, dass der „Plattensilex“ unserer Paintener Gruppe entspricht. Dagegen kennt der Verfasser Proben (freundlicherweise von Norbert Reiche zur Verfügung gestellt) matten und homoge-nen Hornsteins mit stark abgerollten natürlichen Flä-chen aus der Rosenheimer Gegend, so dass eine Ver-wendung örtlichen Rohstoffes zu vermuten ist. Burger (1988, 129) weist darauf hin, dass der „speckige Feuer-stein“ wahrscheinlich von außerhalb des Verbreitungs-gebiets der Chamer Gruppe stammt. Die Beschreibung entspricht keiner der bis jetzt erwähnten Gruppen. Ins-gesamt vermitteln die Angaben den Eindruck, dass hier das örtliche Rohmaterial eine bedeutendere Rolle spielt, als es in den bis jetzt besprochenen Inventaren der Fall war. Eine Abhängigkeit vom Fränkischen Jura herrscht hier nicht.

Als einzige Angabe zur Organisation der Primär-produktion gilt Burgers Bemerkung, dass „das häu-fige Vorkommen von Absplissen (Flips) und Trüm-mern auf eine Bearbeitung am Ort schließen [lässt]“. Den Fundabbildungen (Burger 1988, Taf. 57) darf man entnehmen, dass Klingen noch eine beachtliche Rolle als Grundformen für Geräte spielten. Darunter fällt ei-ne große lateralretuschierte Klinge (Burger 1988, Taf. 57,7) auf, die Burger in Anlehnung an Uerpmann (1976, 149) als charakteristisch für das „späteste Endneolithi-kum“ beschreibt. Diese Erscheinung – scheinbar im Gegensatz zur oben erörterten These, dass die Anwen-dung von Klingen im Laufe des Neolithikums nachließ – wird unten weiter besprochen.

Die Besprechung von Oberflächenfunden im Vilstal durch M. Schötz liefert einen nützlichen diachronen Vergleich (Schötz 1988, 1–18). Seine Ergebnisse sei-en hier im Wesentlichen zusammengefasst. Im oberen Vils tal unterliegt das Verhältnis zwischen Knollen- und Plattenhornstein starken diachronen Schwankungen. In bandkeramischen Zusammenhängen beträgt der Knol-lenhornsteinanteil durchschnittlich 75–85 %. In den stichbandkeramischen Fundstellen geht er auf 20 % zu-rück; hier dominiert der Plattenhornstein. Im Laufe des Jungneolithikums gleicht sich das Verhältnis wieder aus, so dass in den Altheimer Fundstellen der Knollen-silex wieder durchschnittlich 70 % des Materials aus-macht. In der Stichbandkeramik überwiegt eindeutig die Klinge als bevorzugte Grundform. In den späteren Inventaren lässt sich kein deutliches Bild herausarbei-ten. Es wird von Schötz vorgeschlagen, dass die Roh-stoffquellen für das obere Vilstal eben die uns vertrau-ten Lagerstätten in der Fränkischen Alb um Kelheim waren (ebd. 9). Im Fall des Plattensilex handelt es sich hier eindeutig um Material aus Arnhofen.

Im unteren Vilstal bleiben die relativen Anteile an Knollen- und Plattensilex in einem konstanteren Ver-hältnis, mit Plattensilexanteilen zwischen 20 % und

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 175

30 %. Der Knollensilex stellt also durchweg den Haupt-bestandteil aller Inventare dar.

baden­württemberg

Ödenahlen stellt das bislang einzige ausführlich ver-öffentlichte Silexinventar der Pfyner Kultur dar. Der Fundplatz wurde zwischen 1981 und 1987 im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Siedlungsarchäo-logische Untersuchungen im Alpenvorland“ untersucht; die Publikation (Schlichtherle 1995, 51–122) schließt auch Altfunde aus den Altgrabungen von Heinrich Forschner ein. Eine dendrochronologische Bestimmung ergab eine Schlagtätigkeit zwischen 3700 und 3688 v. Chr., mit einem Schwerpunkt bei 3698–3697 v. Chr. (Billamboz 1995, 352). Anhand der Keramiktypologie wird die Siedlung der „Pfyn-Altheimer Gruppe Ober-schwabens“ zugeordnet.

Das Inventar aus Ödenahlen besteht überwiegend (zu 96 %) aus Material, das von Schlichtherle (1995, 54) als „regional verfügbar“ bezeichnet wird: Jurahornstein aus primären Lagerstätten, deren Entfernung zur Sied-lung mindestens 15 km beträgt; bohnerzjaspisähnliches Material aus möglichen Vorkommen zwischen 15 und 25 km Entfernung von der Siedlung. Es besteht hier also bezüglich der Silexversorgung ein grundsätzlich ande-rer Ausgangspunkt als an den bayerischen Fundstellen.

Die Daten zur Primärproduktion enstammen der Tab. 3 bei Schlichtherle (1995, 56). Unter den Grundformar-ten in Ödenahlen überwiegt mit 59 % der Abschlag (236/397). Klingen bilden lediglich 4 % (15/397) des Gesamtinventars. Somit kann man das Inventar als Ab-schlagindustrie bezeichnen. Der Kernanteil ist mit 5 % (18/397) verhältnismäßig hoch, was auch vom Bearbei-ter betont wird (Schlichtherle 1995, 54). Unter den mo-difizierten Stücken beträgt der Abschlag 61 % (61/100) und die Klinge 11 % (11/100).

Die wenigen Klingen werden zum größten Teil modi-fiziert (8/15 = 53 %). Ein relativ hoher Anteil an Trüm-mern wird ebenfalls weiterverarbeitet (8/43 = 19 %). Insgesamt aber darf das Geräteinventar, wie das Ge-samtmaterial, als Abschlagindustrie bezeichnet wer-den. Mit 25 % (100/397) liegt der Anteil an Geräten im Verhältnis zu den bereits besprochenen Inventaren rela-tiv niedrig. Was die Bearbeitungstechnik betrifft, hebt Schlichtherle das unaufwendige Abbauschema der Ker-ne hervor. Es werden keine Angaben zu Spuren thermi-scher Einwirkung gemacht.

Für Ödenahlen wird eine andere Klassifizierung der Kortexbedeckung als in Pestenacker/Unfriedshausen benutzt. Trotzdem ist ein genereller Vergleich möglich. Der Anteil an Abschlägen ohne Rinde (51 %) ist ähnlich demjenigen in Pestenacker (ebd. 59).

Nach diesen Angaben können die bereits verwende-ten Modelle für die Rohmaterialwirtschaft herangezo-gen werden.

Verfügbarkeit des Rohstoffs: Grundformhäufigkeit: relativ viele Kerne und Abschläge; relativ wenige Klin-gen und Geräte. Schlagtechnik: keine Angaben. Streu-

ung der Größe: relativ hoch. Abschläge mit Rinde: rela-tiv wenige. Gebrannte Silices: relativ viele. Häufigkei-ten der Rohstoffe: fast ausschließlich Gruppen 1 und 2 (regional verfügbar). Ergebnis: nicht eindeutig. Grund-formen und Metrik deuten auf eine gute Versorgung hin, dem widerspricht aber der Anteil an rindenfreien Abschlägen und gebrannten Silices.

Organisation der Versorgung und BearbeitungDie Ausprägung der betreffenden Merkmale in Öden-

ahlen ist wie folgt: relativ wenige Geräte; relativ viele unmodifizierte Stücke; relativ viele Kerne; keine An-gaben zum Retuschierabfall. Daher anscheinend Bear-beitung von Grundformen zu Geräten sowie Benutzung von Geräten in der Siedlung; eventuell auch Herstellung von Grundformen (Kernanteil), obwohl Letzteres nicht durch die anderen Indizien gestützt wird.

Der Ausgangspunkt – im Vergleich zu den bereits be-sprochenen Altheimer Inventaren – ist eine erheblich kürzere Entfernung zu den Hauptrohstoffquellen, die nicht weiter als 25 km von der Siedlung entfernt liegen. Angesichts dieser Tatsache sind die Unterschiede zwi-schen Ödenahlen und den bereits besprochenen Althei-mer Inventaren nicht so auffällig, wie man es vielleicht erwarten würde. Die Indizien zur Qualität der Rohma-terialversorgung weichen nicht eindeutig von derjeni-gen für Pestenacker ab. Was die Organisation betrifft, bildet nur der Kernanteil in Ödenahlen einen bemer-kenswerten Unterschied im Vergleich zu den beiden jüngeren Siedlungen in Pestenacker. Auf alle Fälle sind die Unterschiede zwischen den älteren (Ergolding, Pes-tenacker Nord, Unfriedshausen) Altheimer Inventaren und Pestenacker stärker als diejenigen zwischen Öden-ahlen und Pestenacker.

Für Ehrenstein bestehen Unterschiede in den Roh-stoffbestimmungen zwischen Hahn (Hahn, Ehren-stein 26–33) und Waiblinger (Waiblinger 1997, 251–254). Hahn bestimmt acht Rohmaterialgruppen, wo-von fünf als lokales Material gelten, das im Weißju-ra vorhanden ist. In Grunde genommen entsprechen sie den Hauptrohstoffgruppen aus Ödenahlen. Hahns Gruppe 6, die in den Donauschottern und der tertiären Molasse vorkommt, ist ebenfalls örtlichen Ursprungs. Ob es sich bei Gruppe 5 um Plattensilex aus der Painte-ner Gegend handelt, ist anhand der verfügbaren Daten nicht zu entscheiden. Bei einigen von den „sonstigen“ Silices wird eine westliche Herkunft (Rhein/Maas) ver-mutet.

Insgesamt besteht das Inventar zu 97 % aus örtlichem Silex, der innerhalb eines Radius von nicht mehr als 10 km um die Siedlung vorkommt. Während der Sied-lungsgeschichte lassen sich Schwankungen in den Häu-figkeiten der einzelnen Varianten erkennen, wobei ei-ne generelle Zunahme der weißlich-grauen und gelben Arten stattfindet. Das Überwiegen der lokalen Arten bleibt dabei unverändert.

Waiblinger (1997, 251–254) schlägt eine feinere Auf-gliederung der Rohstoffgruppen vor. Er beschreibt 18 bestimmbare Varianten und fünf weitere unbestimm-bare Gruppen. Unter den „unbestimmbaren“ werden

176 david Underwood

alle patinierten Stücke mit einbezogen, die 28 % des Inventars ausmachen. Die zweitgrößte Gruppe bilden mit 16 % die gebrannten Stücke, so dass nur knapp die Hälfte des Materials einer Rohstoffgruppe zugewiesen wird. Von den bestimmbaren Stücken können folgende Gruppierungen zusammengefasst werden:

Lokales Material: grauer, graubeiger (mit Einschlüs-sen), hellgrauer, beige/grau gebänderter, grau/weiß ge-bänderter, grau/beige gebänderter, beige/honigfarbe-ner, brauner, blaugrauer und dunkelgrauer Hornstein; Radiolarit und eventuell Muschelkalk aus den Do-nauschottern. Diese Varianten sollen innerhalb eines Radius von ca. 10 km um die Siedlung anstehen.

Importiertes Material: Plattenhornstein aus dem Kel-heimer Becken; Abensberger Plattenhornstein, ca. 150 km; Malm-Zeta-Hornstein, Lagerstätte im Bereich von Wittlingen, etwa 30 km von Ehrenstein entfernt; Keu-perhornstein, ca. 60–70 km nördlich von Ehrenstein; Muschelkalkhornstein, sofern nicht aus örtlichen se-kundären Vorkommen, 60–150 km von der Siedlung entfernt; glasig brauner Kreidefeuerstein: genaue Her-kunft unbekannt, wahrscheinlich westisch und mindes-tens 300 km von der Siedlung entfernt. Er entspricht einem in der Cortaillod-Kultur häufig vorkommenden Material.

Nach Waiblingers Angaben machen die örtlichen Rohstoffe 92 % der bestimmbaren Stücke aus. Die An-sätze der beiden Bearbeiter können vielleicht so zusam-mengefasst werden: Waiblinger ist im Allgemeinen bei der Rohstoffbestimmung vorsichtiger als Hahn, legt sich aber beim importierten Material viel präziser auf die Herkunft fest. Als Fazit der beiden Interpretationen lässt sich in Ehrenstein ein hauptsächlich aus örtlichem Material bestehendes Inventar mit Hinweisen auf Fern-kontakte feststellen.

Zur Primärproduktion betrachten wir zunächst die von Hahn vorgelegten Angaben. Insgesamt handelt es sich während der gesamten Siedlungsgeschichte in Eh-renstein um eine Abschlagindustrie; Abschläge machen in den einzelnen Perioden 62 % bis 86 % des Materi-als aus. Eingehendere schlagtechnische Angaben (z. B. Rindenanteil, Zustand der Distalenden) sind bei Hahn nicht vorhanden. Als Anhaltspunkt für die Organisa-tion der Primärproduktion kann der Anteil an modi-

fizierten Stücken je Grundformart betrachtet werden. Für das gesamte Inventar sind die Anteile wie folgt: Ab-schlag 566/1832 (31 %); Klinge 36/81 (44 %); Kern 2/56 (4 %); Trümmer 4/157 (3 %); Kerntrümmer 0/10 (0 %); Platte ½ (50 %); Schlagstein 158/158 (100 %); gesamt 767/2296 (33 %).

Hier gibt es eine gewisse Bevorzugung bestimmter Grundformarten für die Geräteherstellung; Klingen werden beispielsweise relativ häufig modifiziert, und Trümmer und Kerne gelten fast ausschließlich als Ab-fall.

Waiblinger bietet eine viel eingehendere Behandlung einiger Merkmale; dabei ist aber die gesamte Zusam-mensetzung des Inventares nur teilweise zu erkennen. Aus Waiblingers Tabellen zu den Merkmalen der Ab-schläge und Klingen (Waiblinger 1997, 257–258) geht hervor, dass es in Ehrenstein 829 unmodifizierte Ab-schläge und sowie 69 unmodifizierte Klingen gibt. Au-ßerdem wird eine Anzahl von 177 Kernen genannt, von denen 78 zu Klopfern modifiziert wurden, so dass eine Restzahl von 99 unmodifizierten Kernen verbleibt. Da-zu kommen 165 Trümmer (einschließlich Hitzesprün-ge), von denen 11 modifiziert wurden. Eine Gesamtzahl von 752 Geräten wird genannt (Waiblinger 1997, 276).

An den Diskrepanzen zwischen diesen Werten und denjenigen bei Hahn kommt man nicht vorbei. Man kann aber versuchen, die wesentlichen Daten aus den beiden Berichten zusammenzufassen. Für die Waiblinger’schen Daten werden zwei Gesamtzahlen angegeben und jeweils zwei Prozentanteile entspre-chend berechnet: Die erste (1) ist die Summe der ein-zelnen Zahlenangaben; die zweite (2) ist die Differenz zwischen dem größten vorhandenen Wert für das Ge-samtinventar (2004) und der Summe der modifizierten Stücke (Tab. 15).

Die entsprechenden Anteile an modifizierten Kom-ponenten bei Waiblinger können nicht herausgearbei-tet werden. Man kann lediglich versuchen, die Angaben zum Gerätanteil am Gesamtmaterial zu vergleichen; die oben ausgeführten Bemerkungen zur Gesamtzahl bei Waiblinger treffen auch hier zu (Tab. 16).

Bei allen Diskrepanzen bestätigt sich das Bild einer Abschlagindustrie mit einem mäßig hohen Gerätanteil im Vergleich zu den anderen untersuchten Inventaren.

Grundform Anzahl nach Hahn

Prozent nach Hahn

Anzahl nach Waiblinger

Prozent nach Waiblinger (1)

Prozent nach Waiblinger (2)

Abschlag 1266 83 % 829 72 % 66 %

Klinge 45 3 % 69 6 % 6 %

Platte 1 <1 % ? 0 % ?

Kern 54 4 % 99 9 % 8 %Trümmer 153 10 % 154 13 % 12 %

Kerntrümmer 10 <1 % ? 0 % ?

Schlagstein 0 0 % ? 0 % ?

Gesamt 1529 100 % 1151 (1) [100 %]

1252 (2) [92 %]

Tab. 15. Zusammenfassung der Grundformhäufigkeiten in Ehrenstein nach Hahn und Waiblinger.

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 177

Im Gegensatz zu Hahn beschäftigt sich Waiblinger mit schlagtechnischen und metrischen Merkmalen der Ab-schläge, die für unseren Interpretationsansatz von gro-ßem Interesse sind. Was die Merkmale betrifft, die wir bei den Vergleichen zwischen den Siedlungen heranzie-hen, können seine Ergebnisse folgendermaßen zusam-mengefasst werden.

Schlagtechnik: Nach einer Untersuchung derjenigen Merkmale, die auch im „Lithos“-Schema vorgesehen sind, gelangt Waiblinger zum Schluss, dass die harte Schlagtechnik bei der Herstellung sowohl der Klingen als auch der Abschläge überwiegt. Dabei weist er aber mit Recht auf die beschränkte Zuverlässigkeit solcher Aussagen hin.

Metrische Analyse: Waiblinger legt eine ausführli-che metrische Statistik vor. Für unsere Zwecke sind die Streuungen der Maße der vollständigen, unmodifizier-ten Abschläge und Klingen von Interesse. Diese können als Variationskoeffizienten der entsprechenden Maße ausgedrückt werden: Bei Abschlägen (n = 611) ist sein Wert für die Länge 0,34, die Breite 0,35 und die Dicke 0,52. Bei Klingen (n = 33) sind die Werte jeweils 0,33, 0,25 und 0,39.

Für Abschläge mit Rinde bevorzugt Waiblinger ge-nau die Klasseneinteilung, die auch bei „Lithos“ vorge-sehen ist. Daten werden lediglich für die vollständigen, unmodifizierten Abschläge und Klingen vorgelegt. Der Anteil an Artefakten ohne Rinde beträgt für Abschläge 42 % und für Klingen 52 %.

Die Häufigkeit der Silices mit Spuren thermischer Einwirkung wird für die Abschläge und Klingen ins-gesamt angegeben. Für die Abschläge beträgt sie 20 % (162/829), für die Klingen ebenfalls 20 % (14/69).

Anhand der oben umrissenen Indizien können die Zimmermann’schen und de Grooth’schen Modelle he-rangezogen werden. Für die Rohstoffversorgung lauten die Ergebnisse:

Grundformhäufigkeit: relativ viele Kerne und Ab-schläge; relativ wenige Klingen und Geräte. Schlagtech-nik: soweit beurteilbar, überwiegend harte Schlagtech-nik. Streuung der Größe: relativ hoch. Abschläge mit Rinde: relativ wenige. Gebrannte Silices: relativ viele. Häufigkeiten der Rohstoffe: fast ausschließlich lokales Material. Ergebnis: soweit beurteilbar, gute Rohstoff-versorgung (alle Indizien außer die gebrannten Silices).

Das Gesamtbild erinnert eindeutig an Ödenahlen. Obwohl die Indizien auf eine verhältnismäßig gute Ver-sorgung hinweisen, ist der Unterschied zu den jüngeren

bayerischen Inventaren immer noch nicht allzu auffäl-lig, besonders angesichts der Nähe zu den Rohstoffquel-len in Ehrenstein.

Die Interpretation der Organisation stellt sich fol-gendermaßen dar: relativ wenige Geräte; relativ viele unmodifizierte Stücke; relativ viele Kerne; keine An-gaben zum Retuschierabfall. Daher anscheinend Bear-beitung von Grundformen zu Geräten sowie Benutzung von Geräten in der Siedlung; eventuell auch Herstellung von Grundformen (Kernanteil), obwohl Letzteres nicht durch die anderen Indizien gestützt wird.

Die Charakteristika sind sehr ähnlich wie diejenigen für Ödenahlen und Pestenacker. Hier muss darauf hin-gewiesen werden, dass Waiblinger die für ihn hohen Anteile an Abschlägen mit Rinde und daher die Herstel-lung von Grundformen und die Einführung von Roh-knollen in die Siedlung betont. Der Vergleich mit den anderen Fundstellen veranschaulicht aber eher die Ge-meinsamkeiten zwischen Ehrenstein und den rohstoff-ferneren Siedlungen, in denen die Grundformenherstel-lung kaum nachvollziehbar ist.

Die ausführliche Veröffentlichung zum Silexmaterial aus der Seeufersiedlung in Hornstaad-Hörnle 1A durch J. Hoffstadt (Hoffstadt 2005) überholt zum größten Teil den früheren Zwischenbericht von H. Schlichther-le (Schlichtherle 1990) und bildet die Basis für unsere Überlegungen. Die von Hoffstadt besprochenen Silices stammen aus den archäologischen Horizonten 1–3 des Schichtpakets A, die der Hornstaader Gruppe angehö-ren (Hoffstadt 2005, 12–13). Eine dendrochronologi-sche Altersbestimmung von 3913 v. Chr. liegt vor. Die drei Horizonte lassen sich hinsichtlich ihrer Ursprünge deutlich voneinander unterscheiden (erste Siedlungs-phase, Brandschicht, spätere Besiedlung) und werden daher von Hoffstadt einzeln behandelt (ebd.).

Insgesamt sind 87 456 Silices vorhanden, einschließ-lich Kleinabfall, und 18 891 Dickenbännlibohrer (ebd. 18). Hoffstadt bestimmt vier Varianten von Jurahorn-stein (ebd. 135–136): grobkörnigen, einschlussreichen „Jurahornstein“, vom Randen stammend; feinkörnigen, weißen „Jurajaspis“ aus sekundären Ablagerungen im Hegau; selten vorkommenden bunten Jurahornstein; und Plattenhornstein vom Schiener Berg, der allerdings lediglich anhand von drei Abschlägen belegt ist. Die Entfernungen zwischen Siedlung und Quelle betragen fur den Jurahornstein 30–40 km und für den Jurajaspis 20–30 km (ebd. 147). Darüber hinaus erwähnt Hoffstadt mehrere importierte Rohstoffe, die in kleinen Mengen

Zustand Anzahl Prozentanteil Anzahl Prozentanteil nach Hahn nach Hahn nach Waiblinger nach Waiblinger

Modifiziert 767 33 % 752 43 % (1) 38 % (2)Unmodifiziert 1529 67 % 997 (1) 57 % (1) 1252 (2) 62 % (2)Gesamt 2296 100 % 1749 (1) 100 % 2004 (2)

Tab. 16. Anzahl und prozentuale Anteile von modifizierten und unmodifizierten Stückem in Ehren-stein nach Hahn und Waiblinger.

178 david Underwood

vorkommen. Es sind dies westischer oder nordischer Feuerstein, Michelsberger Einfluss aufweisend; brau-ner gebänderter Silex; grauer, homogener Silex, mög-licherweise aus Italien; Muschelkalk; „singulärer“ Si-lex; vermutlich nordischer Silex und Bergkristall (ebd. 148–162).

Die Häufigkeiten der Rohstoffgruppen werden (wohl auf Grund der Unbestimmbarkeit von gebrannten Stü-cken) nur für AH3 angegeben, und zwar nach Konzen-tration gegliedert. Hier gibt es tatsächlich erhebliche Schwankungen: je nach Konzentration variiert der An-teil an Jurahornstein zwischen 4 % und 100 % und der-jenigen an Jurajaspis zwischen 0 % und 96 % (ebd. 58–68), ohne dass ein deutlicheres Muster sich herausstellt.

Angaben zur Primärproduktion sind dagegen für alle drei Horizonte vorhanden und können wie folgt zusam-men gefasst werden.

AH1 (Hoffstadt 2005, 22–26) einschließlich Kleinab-fall: 744 Abschläge (89,9 %), 84 Klingen (10,1 %). Dazu kommen 35 Kerne.

AH1, nur Stücke über 10 mm: 83 % Abschläge, 17 % Klingen.

Der Klingenanteil variiert je nach Konzentration zwi-schen 13,9 % und 29,7 %.

Der Anteil an Abschlägen und Klingen mit Rinde liegt zwischen 21,4 % und 30 %, was Hoffstadt als hoch ansieht und als Hinweis auf Grundformherstellung in der Siedlung interpretiert. Regelmäßige Klingen und präparierte Schlagflächen kommen selten vor.

Im AH2 gibt es 31 Kerne, 26 davon in einer Konzent-ration (ebd. 30), wieder ein Hinweis auf Grundformpro-duktion. In diesem Horizont schwankt er Klingenanteil zwischen 12 % und 53 % und der Anteil von Abschlä-gen und Klingen mit Rinde zwischen 15 % und 55,2 %, je nach Konzentration (ebd. 34–35).

Im AH3 beträgt der Klingenanteil je nach Konzentra-tion zwischen 7,1 % und 22,8 %, mit entsprechenden Ab-schlaganteilen zwischen 77,2 % und 92,9 % (ebd. 58–76).

Hornstaad-Hörnle 1A stellt also eindeutig eine Ab-schlagindustrie dar und ist daher im Einklang mit ande-ren süddeutschen Fundstellen. Andererseits gibt es hier Hinweise auf Grundformherstellung vor Ort. Hoffstadt postuliert für AH3 „eine Bearbeitung von bereits prä-parierten Vollkernen“ und „eine komplette Primärpro-duktion“ innerhalb der Siedlung (ebd. 145). Eine solche Organisation ist sonst in unserem Vergleichsmaterial nicht belegt. Anscheinend ist kein Verhältnis zwischen Rohstoff und Grundformen zu beobachten (ebd.).

Nicht alle Indizien für eine Auswertung der Rohstoff-versorung nach den Zimmermann’schen Richtlinien sind vorhanden; eine Annäherung ist trotzdem möglich:

Grundformhäufigkeit: relativ viele Kerne und Ab-schläge; relativ wenige Klingen; relativ wenige Geräte. Schlagtechnik: soweit beurteilbar, überwiegend harte Schlagtechnik. Abschläge mit Rinde: relativ viele. Häu-figkeiten der Rohstoffe: zwei Rohstoffquellen überwie-gen. Ergebnis: soweit beurteilbar, gute Rohstoffversor-gung.

Die Organisation der Silexbearbeitung kann folgen-dermaßen zusammengefasst werden: relativ wenige

Werkzeuge; relativ viele unmodifizierte Stücke; vie-le Kerne; viel Retuschierabfall. Daher Herstellung von Grundformen und Geräten sowie Benutzung von Gerä-ten in der Siedlung. Rohstoffgewinnung anderswo.

Das Silexmaterial aus den Häusern I und II der von Reinerth ausgegrabenen Moorsiedlung Aichbühl wird von Ströbel (1939, 89–90) kurz besprochen. Zwei Schichten werden beschrieben; beide enthielten Aich-bühler Keramik. Ströbel betont die Unterschiede zwi-schen den beiden Schichten hinsichtlich des Rohstoffes sowie der Geräteformen. In der oberen Schicht über-wiegt grauer Jurahornstein. Es darf angenommen wer-den, dass dieser dem Rohstoff entspricht, der sehr häu-fig in allen bis jetzt besprochenen Inventaren vorkommt. Die Grundvoraussetzungen für die Rohstoffversorgung in Aichbühl gleichen denjenigen in Ödenahlen. Es lie-gen keine Hinweise zur Organisation der Rohstoffver-sorgung und der Primärproduktion vor.

Ergänzend und abschließend für Baden-Württem-berg seien die von P. Kieselbach gesammelten Daten zu Taub ried I, Alleshausen-Hartöschle und Wangen-Hin-terhorn aufgeführt:Taubried I: Rohmaterial örtlich (Jurahornstein) 89 %; Rohmaterial regional (Radiolarit, Blaubeuren) 11 %; Gerätanteil 53/121 = 44 % (Kieselbach 2000, 34–35).Alleshausen-Hartöschle: Rohmaterial örtlich 87 %; Rohmaterial regional 3 %; Importe (1 × Rijckholt) 3 %; Klingenanteil 28 %; Gerätanteil 25/64 = 39 % (Kiesel-bach 2000, 36–37).Wangen-Hinterhorn: Rohmaterial örtlich: 100 %; Gerät anteil 75/330 = 23 % (Kieselbach 2000, 48–49).

schweiz

Das Silexinventar aus der Pfyner Schicht in Eschenz, Insel Werd besteht zu 99 % aus „Jurahornstein unter-schiedlicher Qualität“ (Hasenfratz 1985, 125). Ver-mutete Quellen (Rheinfallgegend, Reiat) liegen etwa 20 km von der Siedlung entfernt. Es handelt sich hier also anscheinend um regional verfügbares Rohmaterial. Einige Klingen aus Kreidefeuerstein werden erwähnt, die der Bearbeiter als importierte Fertigprodukte be-zeichnet. Auffällig als Einzelstück ist eine große, bifa-zial retuschierte Sichelklinge aus Plattensilex (ebd. Taf. 47). Ein einziges Stück Bergkristall wird erwähnt.

So weit der Bearbeiter die Zusammensetzung des In-ventars rekonstruieren konnte, lässt sich diese folgen-dermaßen zusammenfassen. Hasenfratz nennt eine ur-sprüngliche Gesamtzahl von über 6500 Artefakten, da-runter 753 Geräte. Davon sind anscheinend 5361 den Fundkomplexen zuweisbar. Dabei werden „Geräte“ als eine Kategorie geführt, so dass ein Auseinanderhalten der modifizierten Grundformen nicht möglich ist. Eine einfache Trennung zwischen Geräten, Kernen und un-modifizierten Abschlägen und Trümmern (einschließlich Klingen) liegt vor. Der Anteil der modifizierten Stücke liegt je nach Schichtkomplex zwischen 9 % und 13 %.

Als weitere Angaben fügt Hasenfratz hinzu: Von den Geräten tragen pro Schichtkomplex zwischen 65 % und

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 179

73 % Kortex. Die unmodifizierte Komponente besteht in Komplex A zu 27 %, in B zu 23 % und in C zu 21 % aus Klingen. Dagegen nimmt der Klingenanteil unter den Geräten im C-Komplex zu (nicht quantifiziert). Kernpräparationsabschläge sind durchweg stark vertre-ten. Der tatsächliche Anteil an Abfallmaterial, beson-ders Retuschierabfall, war wahrscheinlich ursprünglich noch höher, da dieser üblicherweise bei älteren Grabun-gen nicht vollständig geborgen wurde.

Trotz der quellenbedingten Einschränkungen kann das Inventar doch in groben Zügen charakterisiert wer-den. Der sehr hohe Anteil an unmodifiziertem Material im Vergleich zu Geräten sowie ein anscheinend hoher Anteil an Artefakten mit Rinde deuten auf einen guten Zugang zum Rohmaterial hin.

Was die Organisation betrifft, weist der äußerst hohe Anteil an Abfallmaterial, insbesondere der hohe Kern-anteil, auf die Herstellung von Grundformen sowie von Geräten innerhalb der Siedlung; dazu kommt die Gerätebenutzung in der Siedlung. Es kann also ange-nommen werden, dass regional gewonnener Rohstoff in unbearbeiteter oder teilweise bearbeiteter Form in die Siedlung gelangte. Somit setzt sich Eschenz ein-deutig von allen anderen bislang besprochenen Inven-taren ab, trotz der Tatsache, dass die Entfernung zu den vermuteten Rohstoffquellen durchaus mit derjenigen für Ödenahlen, Ehrenstein oder Hornstaad vergleich-bar ist.

Uerpmann (1981, 18–38) legt für Twann (Cortaillod Schichten) ein recht heterogenes Rohmaterialspektrum vor, das insgesamt 27 Rohstoffgruppen umfasst; hin-zu kommen unbestimmbare (gebrannte oder patinier-te) und sonst unzuweisbare Einzelstücke. Diese können zum Zweck des Überblicks folgendermaßen gegliedert werden: alpines Material (Bergkristall), überwiegend aus sekundären Lagerstätten in der lokalen Umgebung der Siedlung stammend; Radiolarit und Kieselschiefer, nur vereinzelt vorhanden; Jaspis, d. h. feinkörnige Knol-lensilices des oberen Jura, dem jurassischen Knollensi-lex in Pestenacker/Unfriedshausen entsprechend. Vom Jaspis werden zwei Varianten erkannt: Bohnerzjaspis, der in Twann und überhaupt in der Westschweiz selten vorkommt; Jurajaspis, der den Großteil des Twanner In-ventars ausmacht und dessen Quellen vermutlich in lo-kaler Nähe (Basler und Berner Jura) sind. Ein Einzel-stück Plattensilex ist vorhanden.

Uerpmann (1981, 18–40) unterscheidet 13 Varianten von „Flint“, d. h. sehr feinkörniges, homogenes, mehr oder weniger durchscheinendes und glänzendes Ma-terial. Davon ist „brauner, glasiger Flint“ mit Abstand am stärksten vertreten. Die Lage des Liefergebietes ist nicht gesichert; sowohl Zentralfrankreich als auch die Gegend um Yverdon wurden vorgeschlagen. Bei den anderen Varianten wird eine Herkunft aus primären kreidezeitlichen Lagerstätten vermutet. Nur beim „typi-schen Kreideflint“ wird die Quelle lokalisiert, und zwar in Ostfrankreich. Auf jeden Fall kann diese Gruppe als überregionaler Herkunft betrachtet werden. Die Grup-pe „grobe Rohstoffe“ fasst grobkörnige Materialien als Hornstein, Quarzit, Kalk und Felsgestein zusammen.

Die beiden letztgenannten werden nur bei einer Bear-beitungstechnik analog zur Silexbearbeitung mitbehan-delt. In allen Fällen handelt es sich um lokales Material. Dazu kommt schließlich sonstiges, d. h. unbestimmba-res (gebranntes oder patiniertes) Material.

Die Verteilung dieser Gruppen über die drei Sied-lungsschichten US, MS und OS stellt sich wie in Tab. 17 gezeigt dar:

Die diachrone Abnahme an Jaspis im Verhältnis zum Flint ist eindeutig zu erkennen. Eine Teilung in loka-les (Jaspis) und fremdes (alpines, Flint) Material ist also vorhanden, wobei der Anteil am erstgenannten im Lau-fe der Zeit zu Gunsten des Flints abnimmt. Auf die von Uerpmann eingehend diskutierten Verhältnisse zwi-schen diesen Gruppen und der Primärproduktion wird unten näher eingegangen.

Betrachtet man das Inventar insgesamt, so verteilen sich die Grundformklassen folgendermaßen über die Schichten (Tab. 18):

Sofort fällt der hohe Klingenanteil auf, der dieses Ma-terial eindeutig von den bislang besprochenen Inventa-ren absetzt. Dieser Anteil bleibt während des Siedlungs-ablaufs ungefähr konstant. Der Kernanteil ist sehr nied-rig. Beschränkt man die Aufzählung auf modifizierte Stücke, so sehen die entsprechenden Werte folgender-maßen wie in Tab. 19 aus:

Insgesamt ist das Inventar als Klingenindustrie zu bezeichnen, obwohl der Anteil der Klingen am modi-fizierten Bestandteil diachron stetig abnimmt. Somit steht diese Industrie im Gegensatz zu allen bis jetzt be-sprochenen.

Der Anteil an modifizierten Stücken im Verhältnis zum Gesamtinventar unterliegt ebenfalls diachronen Schwankungen. Er beträgt in der unteren Schicht 72 % (292/405), in der mittleren Schicht 86 % (1051/1220) und in der oberen Schicht 79 % (1869/2356).

Der Gerätanteil kann nur als äußerst hoch und mit der Zeit höher werdend bezeichnet werden.

Zum Anteil der Rinde auf Dorsalflächen sind Anga-ben lediglich für die Rohstoffgruppe „Jaspis“ vorhan-den. Zur weichen oder harten Schlagtechnik liegen kei-ne Angaben vor.

Die Anteile der gebrannten Silices liegen je nach Schicht zwischen 6 % und 15 %. Die metrischen Daten der Abschläge und Klingen werden von Uerpmann aus-führlich vorgelegt. Die Variationskoeffizienten der Ma-ße von den unmodifizierten Abschlägen liegen mit der Ausnahme des grauen Flints über 0,30.

Zu Vergleichszwecken können hier die Zimmer-mann’schen und de Grooth’schen Modelle allgemein herangezogen werden, ehe Uerpmanns eigene Diskus-sion besprochen wird.

Verfügbarkeit des RohmaterialsGrundformhäufigkeit: sehr viele Geräte, relativ weni-

ge Abfallprodukte, sehr viele Klingen. Schlagtechnik: Harter und weicher Schlag können anhand der veröf-fentlichten Daten nicht auseinandergehalten werden. Streuung der Größe: relativ niedrig. Abschläge mit Rin-de: relativ wenige. Gebrannte Silices: relativ viele, in

180 david Underwood

der MS eindeutig weniger als in US und OS. Häufigkei-ten der Rohstoffe: heterogenes Spektrum, überwiegend lokaler Herkunft, mit zunehmendem Anteil an überre-gional verfügbarem Material. Ergebnis: Alle Indizien deuten auf eine schlechte Versorgung hin.

Organisation der SilexbearbeitungRelativ viele Werkzeuge; relativ wenige unmodifi-

zierte Stücke; wenige Kerne; Retuschierabfall vorhan-den, Anteil unbekannt (kein Schlämmprogramm). Da-her Benutzung sowie Herstellung von Geräten in der Siedlung. Rohstoffgewinnung und Herstellung von Grundformen anderswo.

Uerpmann behandelt diese Verhältnisse mit Blick auf die verschiedenen Rohstoffgruppen sowie auf dia-chrone Entwicklungen. Ihre Schlüsse weisen auf eine Abnahme des Jaspisanteils im Laufe der Siedlungsge-schichte hin, vermutlich eine Reaktion auf die Verfüg-barkeit anderer Silices. Dabei stellt sich eine Zunahme der „primären Schlagtätigkeit“ an Jaspis im Laufe der Zeit heraus. Hier möchte man aber auf die insgesamt sehr niedrigen Kernanteile hinweisen.

Es gibt eine Differenzierung innerhalb der Gruppe des „Flints“ mit der Einfuhr der gebänderten, graublau-en, grauen, braun/schwarzen, dunkel- und hellgrauen Sorten als bereits hergestellte Klingen und der Einfuhr

Grundform Anzahl US

Anzahl MS

Anzahl OS

Prozent US

Prozent MS

Prozent OS

Anzahl gesamt

Prozent gesamt

Abschlag 127 284 465 31 % 39 % 38 % 876 37 %

Klinge 217 306 560 54 % 42 % 46 % 1083 46 %

Platte 0 0 1 0 % 0 % 0 % 1 0 %

Kern 1 7 12 0 % 1 % 1 % 20 1 %

Trümmer 53 114 164 13 % 16 % 13 % 331 14 %

Bif. 3 6 7 1 % 1 % 1 % 16 1 %

Ger. Frag. 4 14 11 1 % 2 % 1 % 29 1 %

Gesamt 405 731 1220 100 % 100 % 100 % 2356 100 %

Tab. 18. Stückzahlen und prozentuale Anteile der Rohstoffgruppen in den drei Cortaillod-Schichten in Twann nach Uerp mann (1981, 107–160). US, MS, OS: Siedlungsschichten.

Grundform Anzahl US

Anzahl MS

Anzahl OS

Prozent US

Prozent MS

Prozent OS

Anzahl gesamt

Prozent gesamt

Abschlag 69 173 428 24 % 33 % 41 % 670 36 %

Klinge 187 273 527 64 % 52 % 50 % 987 53 %

Platte 0 0 1 0 % 0 % 0 % 1 0 %

Kern 0 4 6 0 % 1 % 1 % 10 1 %

Trümmer 29 56 71 10 % 11 % 7 % 156 8 %

Bif. 3 6 7 1 % 1 % 1 % 16 1 %

Ger. Frag. 4 14 11 1 % 3 % 1 % 29 2 %

Gesamt 292 526 1051 100 % 100 % 100 % 1869 100 %

Tab. 19. Stückzahlen und prozentuale Anteile der Rohstoffgruppen für modifizierte Stücke in den drei Cortaillod-Schichten in Twann nach Uerpmann (1981, 107–160). US, MS, OS: Siedlungsschichten.

Rohstoff Anzahl US

Anzahl MS

Anzahl OS

Prozent US

Prozent MS

Prozent OS

Anzahl gesamt

Prozent gesamt

Alpin 17 58 40 4 % 8 % 3 % 115 5 %

Jaspis 270 398 570 67 % 54 % 47 % 1238 53 %

Plattensilex 0 0 1 0 % 0 % 0 % 1 0 %

Flint 26 139 335 6 % 19 % 27 % 500 21 %

Grob 18 56 67 4 % 8 % 5 % 141 6 %

Unbest/Sonst. 74 80 207 18 % 11 % 17 % 361 15 %

Gesamt 405 731 1220 100 % 100 % 100 % 2356 100 %

Tab. 17. Stückzahlen und prozentuale Anteile der Rohstoffgruppen in den drei Cortaillod-Schichten in Twann nach Uerpmann (1981, 18–40). US, MS, OS: Siedlungsschichten.

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 181

der sonstigen Flintarten teilweise als Abschläge und Klingen, teilweise als Knollen. Den Import von Knollen gibt es auch beim Bergkristall. Bei genereller Zunahme des Flints im Laufe der Zeit kommt es zu Schwankun-gen in den Häufigkeiten einzelner Sorten. Keine lineare Evolution ist in der Vertretung der Grundformen zu er-kennen. Bei aller chronologischen Variation im Detail herrscht trotzdem ein generell einheitliches Gesamtin-ventar.

Die Frage des Rohmaterials in Seeberg, Burchäschi-see-Süd wird auch sehr kurz und ohne quantitative An-gaben besprochen (Bandi 1973, 9). Der Hauptbestand-teil des Inventars ist grauer Jurahornstein. Das ver-mutete Liefergebiet wäre die Gegend von Olten, etwa 30 km von der Siedlung entfernt. Andere, in kleineren Mengen vorhandene Rohstoffe sind Jaspis, vermutlich aus dem Gebiet von Balsthal, etwa 15 km von der Sied-lung entfernt; Kreidefeuerstein, vermutlich aus der Ge-gend um Yverdon (Entfernung etwa 80 km); „Bohnerz-hornstein“ aus einer Lagerstätte vermutlich zwischen Balsthal und Olten; kleine Mengen von Lydit und Ra-diolarit sowie Bergkristall vermutlich lokaler Herkunft (Moränen); vereinzelte Bergkristallstücke aus primärer (alpiner) Quelle. So bietet sich das Bild einer Rohstoff-beschaffung aus überwiegend regional zugänglichen Quellen, mit geringen Anteilen an überregional verfüg-barem Material.

Angaben zur Primärproduktion ergeben sich aus den von Bandi (1973, 9) vorgelegten Zahlen sowie einer Be-trachtung der Abbildungen. An einer Gesamtzahl von 2378 Silices machen Abschläge 82 % (1955/2378) und Klingen 13 % (310/2378) aus. Dabei sind 86 % der Klin-gen (267/310) und 25 % der Abschläge (480/1955) modi-fiziert. Der Anteil an modifizierten Silices beträgt 32 % (763/2378).

Der Gerätanteil zählt zu den niedrigeren unter den bislang besprochenen Inventaren. Insgesamt darf das Inventar – im Gegensatz zu Twann – als Abschlagin-dustrie charakterisiert werden. Dabei zeigt sich aber eine klare Bevorzugung der Klingen als Grundfor-men für Geräte, so dass das Gerätinventar eindeutig als Klingenindustrie eingestuft werden kann, was wieder-um eher dem Twanner Inventar nahesteht.

Das Seeberger Silexinventar vermittelt den Eindruck einer verhältnismäßig guten Rohmaterialversorgung (relativ niedriger Gerätanteil, niedriger Klingenanteil am Gesamten). Was die Organisation betrifft, so passen die Verhältnisse in Seeberg am ehesten zur Herstellung sowie zur Benutzung von Geräten in der Siedlung. Der hohe Anteil an Abschlägen könnte auf eine Herstellung von Grundformen hinweisen; dagegen sprechen aber der verschwindend geringe Anteil an Kernen und der nicht übermäßig große Anteil an unmodifiziertem Ma-terial.

In der Publikation zu Egolzwil 4 (Rüttimann 1983, 15) ist das Rohmaterial lediglich in wenigen Sätzen erwähnt; es wird als „hellgrauer, oft annähernd wei-ßer Feuerstein aus den Malmformationen des Jura“ be-zeichnet. Zur Quelle äußert der Autor keine Vermutung. Entsprechendes Material – wie für Seeberg – kommt in

der Oltener Gegend vor, etwa 25 km von der Siedlung entfernt. Obwohl keine genaue Zuweisung möglich ist, kann davon ausgegangen werden, dass eine Rohmateri-alquelle regional zugänglich war.

Die Angaben zur Primärproduktion werden in ähn-licher Weise wie bei Seeberg herausgearbeitet. Dabei muss darauf geachtet werden, dass anhand der verfüg-baren Daten keine Trennung zwischen Abschlägen und Trümmern möglich ist; beide werden daher zu einer Gruppe zusammengefasst. Das Inventar von 2505 Si-lices besteht zu 75 % aus Abschlägen (1880/2505) und 22 % aus Klingen (557/2505), wobei alle Klingen zu Geräten modifiziert sind. Der Gerätanteil insgesamt be-trägt 41 % (1037/2505).

Der Gerätanteil ist merklich höher als in Seeberg, aber noch weit unter demjenigen in Twann. Die Zusam-mensetzung der Industrie insgesamt ist bei der unge-nauen Aufteilung schwer zu beurteilen. Jedenfalls ist das Gerätinventar als Klingenindustrie zu bezeichnen. Die Tatsache, dass alle Klingen zu Geräten modifiziert werden, betont diesen Charakter. Hier ist die Teilung zwischen hauptsächlich unmodifizierten Abschlägen und modifizierten Klingen noch stärker ausgeprägt. Verhältnismäßig hohe Anteile an Klingen und Gerä-ten deuten auf eine eher schlechte Rohstoffversorgung hin. Was die Organisation betrifft, erinnert der Ein-druck eindeutig an Seeberg, wahrscheinlich mit Benut-zung und Herstellung der Geräte in der Siedlung, aber Herstellung von Grundformen hauptsächlich anderswo (vgl. sehr niedriger Kernanteil, Kerntablette vereinzelt vorhanden).

Anscheinend war eine ausführliche Veröffentlichung der Silices aus der Pfyner Siedlung Niederwil durch R. Newell vorgesehen. Diese ist aber bislang nicht erschie-nen. Somit liegen lediglich Stückzahlen für Geräte und Abfall vor. Es sind dies 185 Geräte und 162 Abfallstü-cke, die von einer Gesamtzahl von 347 Silices jeweils 53 % und 47 % ausmachen (Waterbolk/van Zeist 1978). Es handelt sich hier also um ein Inventar mit einem an-scheinend recht hohen Geräteanteil. Mehr kann anhand der verfügbaren Daten nicht vermutet werden.

Das Silexmaterial aus Thayngen-Weier wird von Winiger in seinem Buch zur Siedlung im Rahmen der Pfyner Kultur kurz besprochen (Winiger 1971, 38–39). Diese Abhandlung ist lediglich diskursiv, ohne jegli-che quantitative Angabe: Nicht einmal eine Gesamt-zahl an Silexartefakten wird angegeben. Winiger be-vorzugt eine ungewöhnliche Klassifikation: Die Silices werden in „Werkzeuge“ und „Waffen“ geteilt und dem-entsprechend in Zusammenhang mit funktional ver-wandten Artefakten aus anderen Materien behandelt. Im Prinzip bietet dieser Ansatz eine interessante, auf die Wirtschaftsgeschichte gerichtete Interpretation, die die verschiedenen Fundgattungen integriert. Winiger räumt aber die Schwierigkeit der funktionalen Deutung ein und bleibt bei konventionell-morphologischen Be-schreibungen der Geräte- (und Waffen-)typen.

Winiger weist darauf hin, dass der Großteil der Si-lexartefakte aus einem gelbbraunen Rohstoff angefer-tigt wurden, der in der „weiteren Umgebung des Dor-

182 david Underwood

fes“ verfügbar war. Dazu kommt ein vermutlich im-portierter, hellgrau-durchscheinender Feuerstein, der anscheinend für die Herstellung von Pfeilspitzen be-vorzugt wurde. Der erstgenannte Rohstoff ist Jurahorn-stein aus dem Tafeljura bei Schaffhausen. Von der Be-schreibung her erinnert der zweite Rohstoff an den westischen Feuerstein, der in den westschweizerischen Cortaillod-Siedlungen beobachtet wurde, obwohl dies nicht zu bestätigen ist.

Aufmerksamkeit weckt Winigers Bemerkung, dass ein „reichhaltiges Material an bearbeiteten Feuerstein-klingen“ in Weier vorliege (ebd. 38). Dass Klingen ge-genüber Abschlägen im Pfyner Zusammenhang über-wiegen würden, wäre unerwartet. Darüber hinaus sind unter den abgebildeten Stücken (Winiger 1971, Taf. 31) verhältnismäßig viele Geräte, die aus Klingen angefer-tigt sind. Ohne quantitative Angaben kann aber auf die-sen Punkt nicht weiter eingegangen werden. Zur Orga-nisation der Primärproduktion lässt sich nichts vermu-ten.

In allen Schichten in Zürich Mozartstraße überwiegt eine Rohstoffgruppe, die Ritzmann als „Jaspis“ an-spricht (Ritzmann 1987, 182). Es handelt sich anschei-nend um grauen bis gelblichen Jurahornstein aus pri-mären Lagerstätten. Als Quelle wird die Lägern, etwa 60 km von der Siedlung entfernt, vermutet. Alle ande-ren Rohstoffe kommen nur vereinzelt vor. Es sind dies Bergkristall, Radiolarit, Ölquarzit (alle örtlichen Ur-sprungs), ein Stück Plattensilex und ein Stück unbe-stimmter, ortsfremder Silex (ebd. 182–183). Auffällig ist das Fehlen der feinkörnigen Feuersteine, die an den westschweizerischen Fundstellen (Twann, Yverdon) so bedeutend sind.

Die an der Mozartstraße ausgegrabenen Siedlun-gen weisen also hinsichtlich des Rohstoffspektrums ein hohes Maß an diachroner Kontinuität auf. Sie wa-ren so gut wie völlig von einem Liefergebiet abhängig, die außerhalb des Heimatgebiets lag. Die Gemeinsam-keiten zwischen den Rohstoffspektren der Siedlungen verschiedener Perioden an der Mozartstraße stehen im Gegensatz zu synchronen Unterschieden zwischen der Mozartstraße und zeitgleichen Siedlungen anderswo in der Schweiz, wie der Vergleich Mozartstraße – Twann zeigt.

Die Zusammensetzung des Inventars wird lediglich mittels eines Blockdiagramms (Ritzmann 1987, Abb. 208) aufgeführt, das die prozentualen Anteile von Ab-schlägen und Klingen, geteilt in retuschierte und un-retuschierte Komponenten, darstellt. Es zeigt einen schwankenden, meist hohen Anteil an Klingen. Die-ser beträgt in den Cortaillod-Schichten etwa 45–50 %, in der Pfyner Schicht etwa 35 %, im Horgen wieder 45 % und in der Schnurkeramik etwa 25 %, ferner ei-nen ungefähr konstanten, relativ hohen Anteil an modi-fizierten Stücken im Verhältnis zum gesamten Inventar. Dieser – soweit man es vom Diagramm ablesen kann – reicht von 37 % (Cortaillod-Schicht 5) bis 50 % (Hor-gen).

Es gibt Variationen in der Auswahl der Grundfor-men für die Geräteherstellung. In der Horgener Schicht

herrscht eine bevorzugte Modifikation der Klingen („über zwei Drittel“ retuschiert, ebd. 184). In den an-deren Schichten beträgt der entsprechende Anteil rund 50 %. Der modifizierte Anteil der Abschläge ist in der Schnurkeramik am geringsten (etwa ein Drittel, ebd. 186). Ansonsten beträgt dieser Wert rund 40 %. In den Pfyner und schnurkeramischen Schichten machen Ab-schläge mehr als 50 % der Gerätegrundformen aus. In Cortaillod und in Horgen überwiegen in dieser Hinsicht die Klingen. Das Vorhandensein von Kernen wird nicht erwähnt, und es liegen keine Angaben zu Rindenantei-len an den Abschlägen vor.

Das Bild der Rohstoffwirtschaft kann wenigstens grob umrissen werden. Die Rohstoffquelle und die Or-ganisation der Rohstoffbearbeitung, d. h. vermutlich keine Grundformherstellung vor Ort, bleiben während des langen Siedlungsablaufs unverändert. Die Grund-formauswahl unterliegt diachronen Schwankungen, mit einer größeren Bedeutung für die Abschläge in Pfyn und in der Schnurkeramik im Vergleich zu Cortaillod und Horgen. Trotzdem bleiben die Klingenanteile im Vergleich zu den süddeutschen Fundstellen durchweg hoch, und sie liegen im Rahmen, der auch sonst für die schweizerischen Fundstellen beobachtet wurde.

Ähnlich wie die „Mozartstraße“ bietet Zürich Klei-ner Hafner (alle Daten bei Suter 1987, 135–136) eine diachrone Abfolge von Silexinventaren. In diesem Fal-le reicht die Siedlungsgeschichte von der Egolzwiler Gruppe über Cortaillod bis in ein verschwindend klei-nes Pfyner Inventar (9 Artefakte). Insgesamt liegen 751 Silices vor. Sie werden recht summarisch veröffentlicht. Die Angaben zum Rohmaterial sind spärlich. Bohnerz-jaspis soll in allen Perioden etwa 80 % des Gesamtin-ventars und 50–60 % der Geräte ausmachen. Zwei Ge-räte aus graubraunem, durchscheinendem Flint (Cor-taillod), aus dem kein Abfall vorliegt, werden erwähnt. Ansonsten ist es nicht klar, woraus der Rest des Inven-tars besteht. Suters Anmerkung, dass „... qualitativ bes-sere [als Bohnerzjaspis] Silexarten bevorzugt und inten-siver [für die Geräteherstellung] genutzt worden sind“ lässt vermuten, dass es sich beim Rest nicht etwa um lokale Radiolarite oder Quarzite handelt. Mehr kann anhand der vorhandenen Angaben nicht interpretiert werden.

Suters Abb. 81 (ebd. 135) zeigt die Anteile an retu-schierten und unretuschierten Stücken. Der Gerätanteil liegt in der Egolzwiler Schicht unter 20 %, in den Cor-taillod-Schichten grob gerechnet zwischen 22 % und 32 %, durchschnittlich 25 %, und damit eindeutig nied-riger als in Zürich Mozartstraße. In der jüngsten Cor-taillod-Schicht wurde ein „Schlagplatz“ mit 68 unretu-schierten Abschlägen und Kerntrümmern aufgedeckt. Ohnehin erwähnt Suter „Nuclei“ als einen Teil des un-retuschierten Bestands. Es darf also vermutet werden, dass es sich hier um eine Grundformherstellung in der Siedlung handelt.

Ströbel (1939, 84) erwähnt drei silexführende Kultur-schichten in Egolzwil 2, die kulturell von „Aichbühl“ (Egolzwiler Gruppe) über Cortaillod und Horgen bis zur Schnurkeramik reichen. Die Gesamtzahl der Si-

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 183

lexartefakte wird mit 10 131 angegeben. Laut Ströbel bleibe der Rohstoff im Laufe der Siedlungsgeschichte „fast gleich“; dabei nehme aber der Anteil an Jurahorn-stein in den oberen Schichten leicht zu. Was die restli-chen Rohstoffe sind, wird nicht geklärt.

Anhand von Ströbels Tab. II kann die technische und morphologische Zusammensetzung des Inventars nach-vollzogen werden. Der Gerätanteil beträgt in Schicht I 38 % (651/1044), in Schicht II 52 % (2969/5744) und in Schicht III 51 % (511/1001).

Es besteht also im Allgemeinen ein hoher Gerät-anteil, der aber in der obersten (schnurkeramischen) Schicht eindeutig geringer wird. Es liegt nahe, hier ei-nen Zusammenhang mit der von Ströbel angedeuteten Änderung in der Rohmaterialwirtschaft zu vermuten, obwohl dies nicht weiter erläutert werden kann. Insge-samt würde man, wie für fast alle anderen voralpinen Siedlungen, eine verhältnismäßig schlechte Rohmate-rialzufuhr bzw. einen Import von Grundformen oder Geräte postulieren. Die mögliche Verbesserung in der Rohstoffversorgung während der schnurkeramischen Siedlung hinge dann vielleicht mit einer Umstellung im Schwerpunkt der Silexbeschaffung zusammen.

Die Häufigkeiten der Grundformarten können nur für die modifizierten Stücke herausgearbeitet werden. Hiervon machen Abschläge in Schicht I 29 % (187/651), in Schicht II 21 % (631/2969) und in Schicht III 20 % (104/511) der Stücke aus. Klingen betragen in Schicht I 63 % (413/651), in Schicht II 74 % (2185/2969) und in Schicht III 76 % (390/511).

Erstens bestätigt sich hier der Eindruck einer Klin-genindustrie, wie schon anhand der Abbildungen ver-mutet wurde. Zweitens erscheint auch in dieser Hinsicht eine eindeutige Änderung in der schnurkeramischen Schicht, wo der Klingenanteil an den Geräten etwas ge-ringer liegt. Das Überwiegen der Klingen passt gut zu den anderen schweizerischen Fundstellen und steht da-mit im Gegensatz zu allem, was wir in Süddeutschland beobachtet haben.

Was die Häufigkeit von Geräteklassen angeht, deckt sich diese auf Grund von Ströbels Klassifikation fast vollständig mit der oben dargestellten Häufigkeitsver-

teilung der Grundformen: Die bifazialen Stücke sind Pfeilspitzen. Bis auf 48 Bohrer sind die modifizierten Abschläge Kratzer oder Schaber. Alle sonstigen Gerä-te sind end- oder lateralretuschierte Klingen. Die Zu-sammensetzung des Inventars bleibt während des Sied-lungsablaufes merklich konstant, wogegen man die gro-ßen diachronen Änderungen in Bayern vergleiche.

Ströbels Angaben zu Auvernier, Cortaillod, Port-Conty und Bevair-Treytel am Neuenburger See (Strö-bel 1939, 86–88) sind recht spärlich. Bei den drei erst-genannten reichen die Siedlungsphasen von Cortaillod bis zur Schnurkeramik (Auvernier-Gruppe); in Bevair-Treytel fängt die Siedlungsgeschichte in Horgen an.

In den Cortaillod-Schichten überwiegt gegenüber dem örtlichen Jurahornstein ein „... aus Frankreich ein-geführter, braun durchscheinender Feuerstein ...“ (ebd.), der wohl dem importierten Flint in Twann entspricht. In den Horgener Schichten kehrt die Rohstoffwirtschaft zum Jura hornstein zurück. Im schnurkeramischen Zu-sammenhang begegnen wir dem Grand-Pressigny-Feu-erstein, der hier den Hauptbestandteil des Geräteinven-tars bildet. Außerdem tritt in Bevair-Treytel (Schnurke-ramik) Plattenhornstein ungeklärter Herkunft auf. Es liegen keine Angaben zur Primärproduktion vor.

Kursorische Daten zu einer Reihe von anderen jung-neolithischen Fundstellen in der Schweiz, der Publikati-on von M. Honegger (2001) entnommen, werden in Tab. 20 zusammengefasst.

Die Datenbasis zu späteren Perioden (Horgen, Lü-scherz, Auvernier) ist in der Schweiz etwas umfang-reicher als in Deutschland oder Österreich. Die 461 Silices aus den Horgener Schichten in Twann wurden von A. Furger (1981, 63–69) veröffentlicht. Furger be-schreibt 15 Rohstoffgruppen, die dann mit der einfa-cheren Klassifikation von Uerpmann und schließlich mit drei Großgruppen (Jurajaspis, Flint, Bergkristall) korreliert werden (ebd. 63–65). Der einheimische Ju-rajaspis überwiegt eindeutig, indem er durchweg über 90 % des Inventars ausmacht. Flint und Bergkristall kommen vereinzelt vor: Furger betont den Gegensatz zum diachron zunehmenden Import von Flint in den Cortaillod-Siedlungen. Die Horgener Siedlungen schei-

Fund

stel

le

Ges

amtz

ahl

Silic

es

Anz

ahl

örtli

che

Silic

es

Anz

ahl

impo

rtie

rte

Silic

es

Anz

ahl

Klin

gen

Anz

ahl G

erät

e

Proz

enta

ntei

l im

port

iert

e Si

lices

Proz

enta

ntei

l K

linge

n

Proz

enta

ntei

l G

erät

e

Lite

ratu

r- na

chw

eis

Montilier Dorf (Cortaillod) 413 376 37 87 131 9 % 21 % 32 % Honegger 2001, 224Montilier Fischergässli (Cortaillod) 138 123 15 39 61 11 % 28 % 44 % Honegger 2001, 226

Zürich Kanalisationssanie-rung (Cortaillod/Pfyn) 725 701 24 46 151 3 % 6 % 21 % Honegger 2001,

287–288Onnens Gare (Cortaillod) 279 190 42 163 257 15 % 63 % 92 % Honegger 2001, 228Feldmeilen Vorderfeld (Pfyn) 167 158 9 23 81 6 % 14 % 49 % Honegger 2001, 270

Tab. 20. Summarische Daten zu jungneolithischen Silexinventaren in der Schweiz.

184 david Underwood

nen hinsichtlich der Silexversorgung tatsächlich autark gewesen zu sein.

Furger beschäftigt sich mit dem Abbauwinkel und mit der Präparation der Schlagfläche der Abschläge (ebd. 65–67). Die Variationsbreite des Abbauwinkels ist im unteren Horgen groß, wird aber im mittleren und oberen Horgen kleiner, was auf eine zunehmend ein-heitliche Schlagtechnik hindeutet. Interessanterweise ist der Winkel selber, wo messbar, größer bei den re-tuschierten als bei den unmodifizierten Klingen. An-scheinend herrschte also ein konsequenter Kernabbau, was deutlich im Gegensatz zum eher opportunistischen Gebrauch von Silex in den meisten jungneolithischen voralpinen Inventaren steht. Diese Entwicklung läuft parallel zum Rückgang der Schlagflächenpräparation. Insgesamt handelt es sich um Änderungen im Detail, nicht im gesamten Charakter des Inventars.

Der Gerätanteil beträgt in der Schicht AH 77 % (17/22), in Schicht UH 30 % (19/63), in Schicht MH 53 % (108/202) und in Schicht OH 35 % (53/152).

Angesichts der bereits aufgeführten Überlegungen zur Rohmaterialwirtschaft liegen die Gerätanteile im-mer noch sehr hoch. Furger setzt sich für eine Silexbe-arbeitung, d. h. Grundformherstellung, vor Ort im unte-ren Horgen ein, im Gegensatz zu den mittleren und obe-ren Schichten (ebd. 66). Die einschlägigen Prozentan-teile unterstützen dieses Ergebnis nicht ohne Weiteres, weil dafür die Kerne vollständig fehlen. Unbestreitbar ist die Feststellung, dass in der oberen Siedlung das Re-tuschieren von Grundformen zu Geräten stattfand, weil sich hier der Kleinabfall konzentrierte.

In B. Hardmeyers Publikation zur schnurkerami-schen Siedlungsschicht in Eschenz, Insel Werd (Hard-meyer 1983, 58–82) handelt es sich um Funde aus der schnurkeramischen Schicht „a“ sowie dem gemischten Pfyner/schnurkeramischen Horizont „ab“. Hardmeyer nimmt die Aussagen von Hasenfratz zum Rohmaterial vorweg. Es handelt sich hier um jurassisches Material aus den Gegenden um den Rheinfall und Reiat, beide etwa 20 km von der Siedlung entfernt. Dazu kommen einzelne Klingen aus Grand-Pressigny-Feuerstein.

Die Primärproduktion wird anhand der gleichen Ka-tegorien wie bei Hasenfratz zusammengefasst. Der Anteil an modifizierten Stücken beträgt in der Schicht „a“ 30 % (608/2032) und in der Schicht „ab“ 11 % (247/2195). Die schnurkeramische Schicht weist eine Abweichung gegenüber der Pfyner Schicht auf. Der Anteil an Abfall scheint im jüngeren Inventar geringer zu werden. Man darf eine Änderung in der Organisa-tion der Primärproduktion vermuten. Der Gerätanteil im schnurkeramischen Inventar liegt am unteren Rand der Spannweite, die in den meisten anderen voralpinen Siedlungen beobachtet wurde. Eschenz nimmt also in dieser Periode, im Gegensatz zum Pfyner Material, kei-ne auffällig unnormale Stellung ein.

Gegenüber der Pfyner Schicht spielen sich auch im Gerätespektrum Änderungen ab, indem Messer (La-teralretuschen) in schnurkeramischem Zusammen-hang dominieren (295/608, = 62 % in Schicht „a“ und 153/247, = 52 % in Schicht „ab“). Der hohe Bohreran-

teil (Dickenbännlispitzen), der in der älteren Schicht beobachtet wurde, fällt hier weg. Insgesamt finden in Eschenz also erhebliche Änderungen in der Primärpro-duktion sowie der Silexverwendung zwischen den bei-den Siedlungsperioden statt.

M. Uerpmanns Bericht zum Silexinventar aus der schnurkeramischen Siedlung in Yverdon ist einer der ersten Versuche einer modernen, quantitativen Unter-suchung eines jungneolithischen Silexinventars (Uer-pmann 1976, passim). Uerpmanns äußerst detaillierte merkmalanalytische Untersuchung der Geräte und der Schlagtechnik entspricht unseren Fragestellungen zwar nicht ohne Weiteres, ein Profil des Inventars kann aber gut herausgearbeitet werden.

Uerpmann legt eine sehr fein und ausführlich ge-gliederte Klassifikation der vorhandenen Rohstoffe vor (Uerpmann 1976, 24–34). Sie bestimmt 15 Hauptgrup-pen, die in insgesamt 30 Untergruppen unterteilt wer-den. Für jede Klassifikationseinheit werden die entspre-chenden Merkmale aufgeführt. Eine Herkunft war nicht in jedem Fall bestimmbar. Die Anzahl der Silices in je-der Gruppe wird angegeben, nicht aber stratigrafisch gegliedert. Uerpmanns Gruppen können nach Art und vermuteter Herkunft zusammengefasst werden:

Gruppen 1, 2, 3: Kreidefeuerstein aus primären La-gerstätten, wahrscheinlich in Frankreich; Gruppe 4: Grand-Pressigny-Feuerstein; Gruppe 5: Kreidefeuer-stein aus örtlichen sekundären Lagerstätten; Gruppe 6: Silex aus dem Mont Chamblon, 3 km von Yverdon entfernt; Gruppe 7 und 8: Herkunft unbekannt; Gruppe 9: Jurajaspis, einschließliech Bohnerzjaspis, aus Weiß-juraformationen, vermutlich in Südbaden; Gruppe 10: Süßwasserquarzit; Gruppe 11: Herkunft unbekannt; Gruppe 12: Plattensilex, Herkunft unbekannt; Gruppe 13: Kieselschiefer; Gruppe 14: alpiner Radiolarit (nicht in der Nähe von Yverdon vorhanden); Gruppe 15: hete-rogene Gruppe ungeklärte Herkunft (Tab. 21).

Es ist also ein sehr heterogenes Rohstoffspektrum vorhanden. Uerpmann (1976, 34) weist in diesem Zu-sammenhang auf ein „reiches Angebot“ an örtlich an-stehendem Silex hin, der aber von mittelmäßiger Quali-tät sei. Es besteht eine grundsätzliche Teilung zwischen

Rohstoffgruppe Anzahl Prozentanteil

Primärer Kreidefeuerstein 61 8 %Grand-Pressigny 71 10 %Sekundärer Kreidefeuerstein 61 8 %Mont Chamblon 48 6 %Jura 95 13 %Süsswasserquarzit 69 9 %Plattensilex 11 1 %Kieselschiefer 13 2 %Radiolarit 3 <1 %Herkunft ungeklärt 162 22 %Einzelstücke 103 14 %Unbestimmbar 49 7 %Gesamt 746 100 %

Tab. 21. Häufigkeiten der Rohstoffgruppen in Yverdon nach Uerpmann (1976, 24–34).

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 185

eindeutigem Importmaterial (primärer Kreidefeuer-stein, Grand-Pressigny) und dem restlichen, wahr-scheinlich lokalen Teil des Inventars. Uerpmann postu-liert eine entsprechende Teilung in der Primärprodukti-on, mit einer Bearbeitung der lokalen Rohstoffe vor Ort und der Einfuhr von fertigen Geräten aus ortsfremdem Rohstoff – das wird durch einen Vergleich der jeweili-gen Trümmeranteile gestützt. Uerpmann umreißt auch diachrone Änderungen in den Anteilen der verschiede-nen Rohstoffgruppen, wobei die grundsätzliche Hetero-genität des Materials und die Teilung in örtlichen und ortsfremden Rohstoff konstant bleibt.

Die Anteile der Grundformen ändern sich im Laufe der Zeit nur unwesentlich und können für die 570 stra-tigrafisch zuweisbaren Stücke zusammengefasst wer-den. Abschläge machen 50 % (283/570) des Inventars aus, Klingen 22 % (127/570). Der Gerätanteil beträgt 322/570 (56 %). Angesichts des örtlichen Ursprungs ei-nes Großteils des Rohmaterials ist der Gerätanteil sehr hoch und passt voll in den Rahmen, der für die älteren Siedlungen erarbeitet wurde. Der Anteil an Klingen ist niedriger als in den älteren schweizerischen Siedlun-gen, dafür aber höher als in sämtlichen besprochenen süddeutschen Inventaren. Gewisse Züge, die wir für die ältere Periode definiert haben, scheinen sich hier fort-zusetzen.

Ferner legt Uerpmann schlagtechnische Daten vor. In Yverdon waren 57 % der Abschläge frei von Kor-tex; weitere 31 % waren zu weniger als der Hälfte mit Kortex bedeckt. Diese Werte weisen, wie der Gerätan-teil, auf eine verhältnismäßig schlechte Rohstoffzufuhr bzw. eine Grundformherstellung außerhalb der Sied-lung hin, wie es auch für die meisten besprochenen In-ventare der Fall ist.

Abschließend werden kurz Daten zu einer Reihe von anderen spät- und endneolithischen Fundstellen in der Schweiz in Tab. 22 zusammengefasst.

abriss der Variationen Und geMeinsaM keiten Unter den JUngneolithischen silexindUstrien des alPenVorlandes

Es wird jetzt versucht, etwaige allgemeine Tendenzen sowie Variationen in den besprochenen Fundkomplexen herauszuarbeiten. Als Rahmen für diese Muster dienen unterschiedliche räumliche Maßstäbe. Es sind dies: uni-versell, das ganze Forschungsgebiet betreffend; überre-gional, einen großen Teil des Forschungsgebiets betref-fend (z. B. Süddeutschland, Schweiz); regional, unge-fähr dem konventionellen Umfang einer Kultur entspre-chend (Cortaillod, Pfyn, Altheim), siedlungsspezifisch.

Das allgemeine Bild: Gemeinsamkeiten über das gan-ze Forschungsgebiet. Hohe Gerätanteile.

Mit Eschenz als einziger Ausnahme gibt es bei allen untersuchten Fundkomplexen einen auffallend hohen Anteil an modifizierten Stücken im Verhältnis zu Ab-fall. Bei aller Variation zwischen den Siedlungen fällt der Anteil an Geräten – außer in Eschenz – in keinem Fall unter 27 % und reicht bis zu 79 %. Die höchsten Werte kommen bei moderner Grabungstechnik (Pes-tenacker Nord, Twann) vor, so dass eine bevorzugte Bergung auffälligerer Stücke ausgeschlossen werden kann. Schwankungen zwischen den Extremwerten pas-sen zu keinem eindeutigen Muster. Die Reihenfolge der Fundkomplexe entspricht in keinerlei Hinsicht der geo-grafischen Lage der Siedlungen. Dieser Faktor scheint

Fund

stel

le

Ges

amtz

ahl

Silic

es

Anz

ahl

örtli

che

Silic

es

Anz

ahl

impo

rtie

rte

Silic

es

Anz

ahl

Klin

gen

Anz

ahl

Ger

äte

Proz

enta

ntei

l im

port

iert

e Si

lices

Proz

enta

ntei

l K

linge

n

Proz

enta

ntei

l G

erät

e

Lite

ratu

r-na

chw

eis

1 601 543 58 264 401 10 % 44 % 67 % Honegger 2001, 211

2 53 50 3 21 37 6 % 40 % 70 % Honegger 2001, 267

3 212 200 12 88 135 6 % 42 % 64 % Honegger 2001, 234

4 241 70 157 keine Daten 101 65 % – 42 % Hafner/Suter 2000, 78

5 116 105 10 keine Daten 87 9 % – 75 % Hafner/Suter 2000, 80

6 45 25 20 20 24 44 % 44 % 53 % Honegger 2001, 267

7 2238 1911 327 41 322 15 % 2 % 14 % Honegger 2001, 234

8 558 357 201 105 312 36 % 19 % 56 % Honegger 2001, 212

9 1372 1020 352 196 617 26 % 14 % 45 % Honegger 2001, 212

10 2137 1668 469 74 425 22 % 3 % 20 % Honegger 2001, 234

11 6820 5589 1231 181 1156 18 % 3 % 17 % Honegger 2001, 234

Tab. 22. Summarische Daten zu spät- und endneolithischen Silexinventaren in der Schweiz. Fundstellen: 1 Delley Portalban (Horgen); 2 Yvonand Station 4 (Horgen); 3 Saint-Blaise (Horgen); 4 Sutz-Lattrigen (Horgen); 5 Nidau (Horgen); 6 Yvonand Station 4 (Lüscherz), 7 Saint-Blaise (Lüscherz); 8 Delley Portalban (Lüscherz); 9 Delley Portalban (Auvernier); 10 Saint-Blaise (frühes Auvernier); 11 Saint-Blaise (spätes Auvernier).

186 david Underwood

also unabhängig von regional begrenzten „Kulturen“ zu sein. Es ist bislang angenommen worden, dass der Ge-rätanteil eng mit der Rohmaterialwirtschaft zusammen-hängt, und zwar deutet ein hoher Gerätanteil im Allge-meinen auf eine schlechte Rohstoffversorgung hin, und er ist als archäologischer Niederschlag bestimmter For-men der Organisation der Silexversorgung und -bear-beitung zu verstehen.

Beim ersten Punkt kann die Entfernung zu den Roh-stoffquellen der verschiedenen Fundstellen herangezo-gen werden. In Tab. 23 wird für die entsprechend do-kumentierten Fundstellen unter „Entfernung“ die Min-destentfernung zwischen der Siedlung und der Quelle der dort am häufigsten vorkommenden Rohstoffgruppe angegeben:

Es besteht keine erkennbare Abhängigkeit zwischen dem Gerätanteil und der Entfernung zur Rohstoffquel-le. Hohe Werte kommen sowohl in Twann (Entfernung 10 km) als auch in den rohstofffernen Siedlungen Pes-tenacker Nord und Unfriedshausen vor. Ist ein hoher Gerätanteil als Ausdruck schlechter Rohstoffversor-gung zu verstehen, so war die Qualität dieser Versor-gung unabhängig von der einfachen Zugänglichkeit der Quellen. Insofern darf man eher einen durch die Or-ganisation der Silexversorgung und -bearbeitung be-schränkten Zugang vermuten, der, wie auch der Um-gang mit dem Rohstoff, durch kulturelle Faktoren be-stimmt wurde.

dass diese Anteile sich in vielen Zusammenhängen in der europäischen Vorgeschichte als chronologisch oder kulturhistorisch recht empfindlich erwiesen haben und dass sie hinsichtlich der Organisation der Silexbearbei-tung sehr aussagekräftig sind. Auf diesen Punkt werden wir nach der Vorlage der Ergebnisse zurückkommen. Die Haupttendenz hinsichtlich dieses Merkmals kann sehr einfach anhand einer Ordnung der Fundstellen nach den Klingenanteilen veranschaulicht werden. Zu-nächst werden die Anteile am Gesamtmaterial gezeigt (Abb. 5).

Die Extremwerte oben und unten weisen auf eine ge-nerelle geografische Teilung zwischen der Westschweiz und Südwestdeutschland hin. Das Bild in der Mitte des Diagramms ist aber weniger deutlich. Betrachtet man jedoch die Klingenanteile an der modifizierten Kompo-nente, so weit diese der Dokumentation zu entnehmen sind, so wird das Muster deutlicher (Abb. 6).

Hier häufen sich die schweizerischen Fundstellen ein-deutig oben, und zwar mit verhältnismäßig hohen Klin-genanteilen (35 % und mehr). Die deutschen Inventare besitzen, bis auf Ergolding Fischergasse, Klingenantei-le von 15 % oder weniger.

Diese rein beschreibende Feststellung bedarf einer archäologischen Deutung. Was steckt eigentlich hin-ter dem heuristischen Begriff „Klinge“? Diese Grund-form wird als ein Abschlag definiert, dessen Länge in der Schlagachse mindestens die doppelte Breite beträgt und dessen Lateralkanten und etwaige Dorsalnegative gerade und parallel zueinander verlaufen. Die Herstel-lung eines solchen Abschlages bedarf eines systema-tischen Abbaus des Kernes, mit Entrindung, Anlegen einer Kernkante und präziser Schlagtechnik. Zahlrei-che schlagtechnische Experimente und Zusammenset-zungsversuche unterstützen dieses allgemeine Schema, (Tixier/Inizan/Roche 1984, passim). Die Klingentech-nik erscheint zu Beginn des Jungpaläolithikums, viel-leicht auch schon in einer mittelpaläolithischen Klin-genindustrie in Südafrika (Carter/Vogel 1974, 557–570), und prägt im Allgemeinen den Großteil der Si-lexindustrien in Europa und sogar weltweit bis tief ins Neolithikum hinein.

Die Bevorzugung von Klingen benötigt also einen ge-wissen Arbeitsaufwand und eine aufwendige Organisa-tion in den frühen Stadien der Grundformherstellung, die aber bei der Anfertigung der Geräte annähernd wie-der eingespart wird. Denn die regelmäßigen, standardi-sierten Grundformen bedürfen verhältnismäßig gerin-ger sekundärer Bearbeitung, um ein brauchbares Werk-zeug daraus herzustellen. Die Herstellung von Klingen kann auch als eine besonders konsequente Verwendung des Rohstoffes gesehen werden. Nach der Vorbereitung des Kernes lassen sich gerade Schneiden in einem sehr günstigen Verhältnis zur verbrauchten Rohstoffmenge herstellen.

Klingenindustrien bezeichnen also einen relativ ho-hen Grad an Spezialisierung und Planung in der Roh-materialwirtschaft. Industrien, die eher auf Abschlä-gen oder Plattenfragmenten basieren, können dagegen im Umgang mit dem Rohstoff als opportunistisch be-

Fundstelle Geräte Entfernung

Eschenz 9 % 20 kmZürich Kanalisationssanierung 21 % 60 kmHornstaad 27 % 20 kmÖdenahlen 29 % 15 kmSeeberg 32 % 30 kmEhrenstein 33 % 10 kmPestenacker 39 % 70 kmAlleshausen-Hartöschle 39 % 10 kmEgolzwil 4 41 % 25 kmTaubried 44 % 10 kmErgolding 46 % 40 kmEgolzwil 2 Schicht III 51 % 25 kmUnfriedshausen 69 % 70 kmWangen-Hinterhorn 75 % 35 kmPestenacker Nord 77 % 70 kmTwann 79 % 10 km

Tab. 23. Anteile von modifizierten Stücken und Entfernungen zu Hauptrohstoffquellen für ausgewählte jungneolithische Silexinventare.

überregionale trends: charakteristische grundformen

Auf der nächstfeineren Auflösungsebene stellt sich die Auswahl der Grundformen als das einschlägige Merkmal heraus, sowohl bei der gesamten Inventar-zusammenstellung als auch bei der Geräteherstellung. Entscheidend sind die relativen Anteile der Abschläge, Klingen und – an den bayerischen Fundstellen – der Platten in den Inventaren. Dabei muss bedacht werden,

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 187

Abb. 5. Prozentanteile der Klingen an jungneolithischen Silexinventaren im Alpenvorland.

Abb. 6. Prozentanteile der Klingen als Grundform für modifizierte Stücke in jungneolithischen Silexinventaren im Alpenvor-land.

188 david Underwood

trachtet werden. Die Herstellung von unregelmäßigen Grundformen verlangt wenig Aufwand; dabei entsteht aber ein hoher Rohstoffverlust im Vergleich zur Geräte-herstellung. Bei Abschlagindustrien fällt in der Regel der größere Aufwand beim Anfertigen der Geräte (Re-tuschieren) an.

Wir stellen hier einen grundsätzlichen Unterschied in der Organisation der Silexbearbeitung zwischen den schweizerischen und süddeutschen Fundstellen fest, der parallel zu den bereits besprochenen hohen Gerätantei-len besteht. Dabei beobachtet man in der Schweiz einen höheren Grad an Kontinuität im Verhältnis zu älteren Perioden. In Süddeutschland stellen dagegen die Silex-industrien der voralpinen Feuchtbodensiedlungen eine technische und wirtschaftliche Abweichung gegenüber den vorhergehenden Perioden dar. Die schweizerischen Inventare setzen sich also erkennbar von den deutschen ab.

zwei rohstoffprovinzen in süddeutschland

Innerhalb des deutschen Teils des Forschungsgebietes ist eine weitere Teilung zu beobachten, die sich anschei-nend in der Rohstoffauswahl und der Organisation der Primärproduktion manifestiert. Sie erscheint als eine grobe räumliche Trennung zwischen Südwestdeutsch-land und Bayern, wobei die Siedlungen in Pestenacker und Unfriedshausen auf der Grenze liegen und diesem geografischen Muster eine diachrone Dimension verlei-hen.

Der Unterschied liegt zum einen in der Verwendung des bayerischen Plattensilex (Painten, Arnhofen) im Gegensatz zu den verschiedenen jurassischen Knollen-hornsteinen und zum anderen in der Organisation der Primärproduktion. In groben Zügen werden die Fund-komplexe in Ergolding, Pestenacker Nord und Unfrieds-hausen durch verhältnismäßig hohe Anteile an Platten-silex gekennzeichnet. Ferner wird für Pestenacker Nord und Unfriedshausen ein Import von fertigen Geräten vermutet. Dagegen überwiegt in den Inventaren in Pes-tenacker, Ehrenstein, Ödenahlen und Hornstaad der jurassische Knollenhornstein. An diesen Fundstellen bestehen niedrigere Gerätanteile. Die Herstellung von Geräten aus eingebrachten Grundformen und teilweise die Herstellung von Grundformen am Ort werden ver-mutet.

Es muss natürlich betont werden, dass die materiellen Eigenschaften des bayerischen Plattensilex wohl die Art der Rohstoffverarbeitung sowie deren archäologischen Niederschlag stark beeinflusst haben. Hier besteht die Gefahr eines Zirkelschlusses. Bei der Herstellung von bifazialen Schneidegeräten aus Plattensilex (Retuschie-ren von Plattenbruchstücken) entfielen die verschiede-nen Bearbeitungsstadien, wie sie oben für Klingenin-dustrien beschrieben wurden. Die dabei entstehenden Artefakte wären dann lediglich die fertigen Geräte und der Retuschierabfall. Die unmodifizierte Grundform als solche käme im Befund nicht vor. Insofern ergäbe sich bei der Verwendung von Plattensilex zwangsläufig

das Fundbild, das in Pestenacker Nord und Unfrieds-hausen zu beobachten ist.

Heißt dies nun, dass die Trennung zwischen den bay-erischen und südwestdeutschen Industrien einfach den mechanischen Eigenschaften des Rohmaterials und der geografischen Nähe der Siedlungen zu den Quellen zu verdanken ist? Nicht ganz, zumal Plattensilex auf ande-re Art und Weise bearbeitet werden kann und im Pes-tenackerer Raum beide Arten von Industrien vorkom-men.

Um den ersten Punkt zu präzisieren: Die von Engel-hardt und Binsteiner (1988) und anderen ausführlich dokumentierten Fundkomplexe des Mittelneolithikums im Abensberger Raum stellen eindeutige Klingenin-dustrien dar, die aus Plattensilex hergestellt wurden, und zwar mit einem gut nachvollziehbaren Kernabbau-schema. Tatsache ist, dass sich Silexplatten ab einer be-stimmten Stärke gut für die Anfertigung von Klingen-kernen eignen. Die Verwendung des Plattensilex an sich zwingt also nicht zur Herstellung von bifazialen Gerä-ten. Vielmehr erfordert das Herstellen bifazialer Geräte die Auswahl dünnerer Silexplatten aus einem Rohmate-rialaufgebot, das auch reichlich geeignetes Material zur Klingenherstellung enthält.

Zum zweiten Punkt ist ebenfalls klar, dass es sich hier nicht einfach um die Entfernung zu den Rohstoff-quellen handelt. Im Gebiet um Pestenacker kommen beide Arten von Industrien in einem Kleinraum von kaum mehr als einem Quadratkilometer vor. In die-sem Kleinraum erscheint der genannte Unterschied als diachrone Entwicklung. Im größeren Zusammenhang wird deutlich, dass es sich hier eher um eine Umstel-lung von der „bayerischen“ auf die „südwestdeutsche“ Art der Rohstoffwirtschaft handelt. Die Merkmale, die wir in Pestenacker beobachten, sind bereits erheb-lich früher in Ehrenstein vorhanden. Das heißt sogar, dass die südwestdeutschen Abschlagindustrien bereits gleichzeitig mit den bayerischen Klingenindustrien existierten.

Um diese Muster zu deuten, müssen wir auf die oben besprochene Zweiteilung zwischen Klingen- und Ab-schlagindustrien zurückgreifen. Diese kann stichwort-artig folgendermaßen zusammengefasst werden: Klin-gen sind standardisierte Grundformen mit aufwendiger Primärproduktion; Abschläge vertreten eine opportu-nistische Auswahl von Grundformen mit wenig Auf-wand bei der Primärproduktion.

Eindeutig passt die Verwendung von Plattensilex zur Herstellung bifazialer Geräte zum allgemeinen Schema einer Abschlagindustrie und steht somit im Gegensatz zu den Klingenindustrien. Um dieses Ergebnis ganz ba-nal zusammenzufassen: Eine Plattenindustrie ist eine Abschlagindustrie, die aus Plattensilex hergestellt wird.

Beim Unterschied zwischen unseren postulierten „bayerischen“ und „südwestdeutschen“ Industrien han-delt es sich also um eine unterschiedliche Rohstoffaus-wahl bei gemeinsamer Strategie in der Primärprodukti-on. Das in Pestenacker und Unfriedshausen beobachte-te Muster stellt daher eine Kontinuität hinsichtlich der Primärproduktion dar, deren Ausprägung durch eine

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 189

Umstellung in der Rohstoffversorgung geändert wurde. Im Allgemeinen besitzen die Industrien in ganz Süd-deutschland mehr Gemeinsames, als es auf dem ersten Blick zu denken wäre.

Weil wir außer Pestenacker/Unfriedshausen über le-diglich einen gut dokumentierten Vergleichskomplex (Ergolding) verfügen, ist es vorerst schwierig, die ge-nannte Umstellung in der Rohstoffwirtschaft weiter zu erforschen. Um einen möglichen Wegfall an Rohstoff-verfügbarkeit von den Plattensilexquellen nachzuvoll-ziehen, bedürfte es einer Reihe von gut datierten Fund-komplexen in Bayern.

Die beobachteten Variationen in der Zusammenset-zung der Gerätespektren lassen sich nicht mit den oben aufgeführten großräumigeren Mustern in der Rohstoff-wirtschaft und der Primärproduktion in Verbindung bringen. Im Allgemeinen – wie schon für Pestenacker/Unfriedshausen besprochen – können die verschiede-nen Gruppierungen in der Rohstoffwirtschaft und der Primärproduktion nicht anhand der Silexverwendung erklärt werden. Die herausgearbeiteten Muster und Va-riationen sind keine notwendigen Folgen des alltägli-chen Bedarfs an Silexwerkzeugen in den Siedlungen. Diese Behauptung kann anhand der Daten präzisiert werden. Die detaillierte Analyse der Gerätenden aus Pestenacker/Unfriedshausen deutet darauf hin, dass ein Grad an funktionaler Kontinuität zwischen den drei Fundkomplexen existierte. Angesichts der anderen Ähnlichkeiten zwischen den Siedlungen ist diese Fest-stellung nicht überraschend. Vielmehr werden die Un-terschiede in der Rohmaterialwirtschaft dadurch unter-strichen. Die Analyse der Vergleichsinventare verstärkt diese allgemeine Behauptung. Beispielsweise herrschen zwischen Ehrenstein und Ödenahlen grundsätzliche Unterschiede im Gerätespektrum. Dabei sind die roh-materialwirtschaftlichen Züge der beiden Siedlungen sehr ähnlich.

Als Anhaltspunkt für einen großräumigeren Über-blick bietet sich der Aufsatz von J. Lech (1982/1983, 5–63) über die Silexindustrien der Periode 4500–1200 v. Chr. in Mitteleuropa an. Obwohl dieser Artikel sich verständlicherweise eher dem östlichen Mitteleuro-pa widmet, können Lechs Bemerkungen zu den jung-, spät- und endneolithischen Kulturen in Deutschland und angrenzenden Gebieten hier herangezogen werden. Für die Trichterbecherkultur hebt Lech regionale Vari-ationen vor. Bis auf die pommerschen Industrien sind aber Trichterbecher-Inventare durchweg durch lange Klingen aus ausgewähltem Rohstoff gekennzeichnet (ebd. 24–34). Andererseits dokumentiert S. Vencl (1971, 74–99) in der Baalberg-Phase in Böhmen gemischte Abschlag- und Klingenindustrien, die auch einen An-teil an bayerischem Plattensilex in Form von bifazia-len Schneidegeräten enthalten. Lech weist auf den rela-tiven Mangel an publizierten Michelsberger Inventaren hin, stellt aber fest, dass auch diese durch überwiegende Anteile an Klingen charakterisiert sind. Die bedeuten-de Rolle des Silexbeiles von Trichterbecher-Zeiten an, die von Lech betont wird, fällt im Alpenvorland völlig weg. Dieses ist insofern wichtig, als das Wesen des Si-

lexabbaus im Alpenvorland nicht durch den Bedarf an Beilprodukten geprägt wurde, und setzt dieses dement-sprechend von anderen Teilen Europas ab.

Die eigentlichen voralpinen Industrien werden von Lech nur kurz besprochen: Er weist auf die Verwen-dung des Plattensilex hin, unterscheidet aber nicht zwi-schen Pfyner, Altheimer, Horgener und Chamer Inven-taren (ebd. 38). Interessanterweise vermutet er, dass die bifazialen Plattengeräte denselben funktionellen Bedarf wie anderswo Klingengeräte erfüllten. In der Kugelam-phorenkultur setzt sich die Klingentradition fort, wo-bei die Größe der Klingen abnimmt und andere Grund-formen ebenfalls eine Rolle spielen (ebd. 36–37). In-wieweit dieses mit einem zurückgehenden Bedarf an langen Klingen in Verbindung steht, vielleicht wegen Änderungen an der wirtschaftlichen Basis, etwa dem Rückgang des Ackerbaus, wäre zu klären.

Was das Endneolithikum angeht, erwähnt Lech die schnurkeramischen Siedlungen der Schweiz nicht. Die Schnurkeramik in Mitteleuropa wird nach Lech immer noch von Klingen gekennzeichnet, und zwar sind diese Klingen hinsichtlich der Größe und der Herstellungs-technik denjenigen der Trichterbecherkultur sehr ähn-lich (ebd. 40–44). Problematisch ist hier die Tatsache, dass außerhalb der Schweiz schnurkeramische Silices fast ausschließlich aus Gräbern stammen, was den Ver-gleich mit Siedlungsinventaren natürlich erschwert.

Zur Ergänzung des Bildes sei hier außerdem erwähnt, dass die jungneolithischen Industrien des in Westeuro-pa anschließenden Chasséen ausgesprochene Klingen-industrien sind (Phillips 1972, 539–553). Die spät- und endneolithischen Industrien Ostfrankreichs sind wenig erforscht. Von den bei J.-F. Piningre (1985, 145–167) und P. Pétrequin (1988, 33–62) vorgelegten Angaben zu Clairvaux und Chalain ausgehend, scheint eine Teilung zwischen einer Abschlagindustrie aus örtlichem Roh-material und Großklingen aus Grand-Pressigny-Feuer-stein bestanden zu haben. Die typologische Vielfalt unter den ostfranzösischen Pfeilspitzen kann in unserem For-schungsgebiet nicht nachvollzogen werden. Südlich der Alpen gibt es noch weniger Vergleichsmöglichkeiten. Anhand der Publikation zu Fiavé-Carera (Peroni 1987, 141–149) scheint es, dass Klingenindustrien erst im Lau-fe der Bronzezeit durch Abschlagindustrien und bifaziale Retusche ersetzt wurden (Übergang Fiavé 1 – Fiavé 2).

Die schwache effektive Rohstoffzufuhr, die auf Sied-lungsebene im ganzen Forschungsgebiet zu beobachten ist, setzt das Alpenvorland von anderen Gebieten Eu-ropas eindeutig ab. Wie bereits erläutert, hängt dieses Phänomen nicht unmittelbar mit der Entfernung zwi-schen Siedlung und Rohstoffquelle zusammen. Man vergleiche z. B. die von J. Lech geschilderten Verhält-nisse in der Trichterbecherkultur, also die dortige Ent-wicklung des Bergbaus und die Herstellung von Beilen und Großklingen in großer Menge. Auch das Inventar aus Tarnobrzeg (Lech 1982/1983, 27) zeigt beispiels-weise, dass Silexknollen in die Siedlung gebracht und Grundformen (Klingen) vor Ort hergestellt wurden: Eine starke effektive Rohstoffzufuhr also, im Gegen-satz zum voralpinen Modell. Diachron betrachtet sind

190 david Underwood

die älteren neolithischen Industrien ebenfalls im Allge-meinen durch starke effektive Rohstoffzufuhr gekenn-zeichnet (vgl. Zimmermann 1995, 61–108). Sehr nütz-lich in diesem Zusammenhang sind die von de Grooth (1994; 1995, 367–387) formulierten Überlegungen zur alt- und mittelneolithischen Silexversorgung in Bayern. In beiden Perioden wurde sehr viel Rohmaterial einge-führt. Im Altneolithikum postuliert de Grooth einen unbeschränkten Zugang zu den Quellen, relativ kur-zen Transport und die Herstellung von Grundformen sowie Geräten in den Siedlungen. Die Silexversorgung sei wohl durch Familiengruppen betrieben worden. Im Mittelneolithikum bleiben die Grundmuster, d. h. Grundformen- und Geräteherstellung in den Siedlun-gen, unverändert, es habe sich aber die Komplexität des Verfahrens gesteigert, indem spezialisierte Bergleute, aus einer größeren gesellschaftlichen Gruppe stam-mend, sich saisonal dem Silexabbau (in Arnhofen) ge-widmet hätten. Der Absatz von Silex hätte damit eine örtliche sowie eine ortsfremde Komponente besessen.

In diesem Zusammenhang sind die Michelsberger In-ventare aus dem Heilbronner Raum interessant (Kiesel-bach 1998, 101–108), wo die Rohstoffzufuhr entspre-chend den verschiedenen Liefergebieten zwischen den bandkeramischen und den trichterbecherzeitlichen so-wie den voralpinen Mustern variiert. Vor diesem Hin-tergrund erscheint das rohstoffwirtschaftliche Muster der jungneolithischen voralpinen Siedlungen als eine räumliche und zeitliche Exklave, die eben durch ih-re schwache Rohstoffversorgung auffällt. Es liegt na-he anzunehmen, dass dieser Sachverhalt sich einfach aus dem Mangel an Silexquellen im Alpenvorland er-gibt. Gegen diese Annahme sprechen jedoch drei Fak-toren: Die Tatsache, dass es kein einfaches Verhältnis zwischen Rohstoffzufuhr und Entfernung zu den Her-kunftsgebieten gibt; der weitgehende Verzicht auf die vorhandenen örtlichen Rohstoffe; die unnormale Situa-tion in Eschenz in der Pfyner Schicht.

So gesehen bestand im Forschungsgebiet hinsichtlich der Rohstoffversorgung eher eine gemeinsame Strate-gie, wobei Silex in Form von Grundformen oder ferti-gen Geräten in die Siedlungen gelangte. Offensichtlich bevorzugte diese Strategie bestimmte, teils weit ent-fernte Quellen, auch wenn örtliches Material wenigs-tens einen Teil des Bedarfs hätte decken können. Un-weigerlich wird man zum Schluss geführt, dass die vor-alpinen Siedlungen in Versorgungsnetze eingebunden waren, die nicht von rein technischen oder praktischen Faktoren bestimmt wurden.

Ein ausführlicheres Konzept dieses Netzes muss hy-pothetisch bleiben. Der Eschenzer Befund weist eindeu-tig auf eine starke effektive Rohstoffzufuhr zu dieser Siedlung und die dortige Herstellung von Grundfor-men hin. Die plausibelste Deutung dieser Siedlung, die ungefähr 20 km von der entsprechende Rohstoffquelle entfernt liegt, wäre, sie als sekundäre Verteilungsstel-le für Silex zu betrachten, der nach diesem Modell un-mittelbar von der Quelle in Rohstücken oder Kernen nach Eschenz gebracht worden wäre. Dort wären dann Grundformen, in diesem Falle Klingen, hergestellt wor-

den, die von dort in andere Siedlungen gelangten. Es ginge hier also um eine räumliche Trennung einerseits zwischen der Gewinnung (Quelle) und der Grundform-herstellung (Eschenz) und andererseits zwischen der Grundformherstellung und dem Werkzeuggebrauch (Siedlungen). Ob die Geräteherstellung in Eschenz, in den Siedlungen oder anderswo stattfand, ist mangels Kleinabfall aus den meisten Fundstellen nicht nachzu-vollziehen. Wir hätten hier also mit de Grooths Model-len E, F oder H zu tun (de Grooth 1995, 381–382), für die es laut de Grooth überhaupt keine ethnografischen Beispiele und höchstens ein archäologisches Modell gibt (Modell E, Krzemionki).

Das Eschenzer Ergebnis darf nicht ohne Weiteres auf den Rest des Forschungsgebietes übertragen werden. Da es sich hier um eine eindeutige Klingenindustrie handelt, ist Eschenz eigentlich nur für dessen schwei-zerischen Teil relevant. Ausgerechnet die Pfyner Kul-tur in der Schweiz ist jedoch im Forschungsmaterial unterrepräsentiert. Die Verhältnisse in Eschenz deuten aber auf komplizierte Versorgungsmechanismen, im Gegensatz zu einer stetigen Abnahme an Rohstoffzu-fuhr im Verhältnis zur Entfernung von der Quelle, hin. Auch wenn die Einzelheiten ungeklärt bleiben müssen, weist Eschenz aber eindeutig auf die Beteiligung Drit-ter an der Silexversorgung hin, und zwar im Rahmen einer Redistribution der Grundformen von spezialisier-ten Siedlungen aus. Dieses spricht wiederum für einen Grad an gesellschaftlicher Komplexität hinsichtlich der Silexversorgung, der die entsprechenden Verhält-nisse im Alt- und Mittelneolithikum übertroffen hätte. Es sei hier also ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gerade eine unscheinbare, rohstoffarme Industrie, wie in den meisten voralpinen Siedlungen, als archäologi-scher Niederschlag gesellschaftlicher Komplexität ge-deutet werden kann, unter der Voraussetzung, dass die Inventare als Bestandteile größerer Systeme betrachtet werden.

In Bayern liefert das Bergwerk in Baiersdorf eben-falls einen Anhaltspunkt zur Deutung der Rohstoff-zufuhr. Hier sieht der Sachverhalt relativ einfach aus: Rohstoffgewinnung und Herstellung von Geräten an der Quelle, Benutzung und gegebenenfalls Nachbear-beitung der Geräte in den Siedlungen. Zwischenstu-fen sind nicht zwangsläufig zu postulieren, aber auch nicht ganz auszuschließen (Altheim). Teilweise ergibt sich dieses Muster aus den materiellen Eigenschaften des Plattensilex, weil bei der Herstellung bifazial retu-schierter Plattengeräte keine Grundformherstellung im herkömmlichen Sinne nötig ist. Das stellt aber lediglich eine von mehreren möglichen Techniken zur Bearbei-tung dieses Materials dar, weil es sich, wie bereits am Beispiel des Mittelneolithikums dargelegt, genauso gut für eine Klingenindustrie eignet. Der Wechsel zur Plat-tentechnik wurde also nicht durch das Rohmaterial ge-zwungen, sondern stellt einen bewussten Verzicht auf die Klingentechnik dar. Nachdem diese Wahl getrof-fen war, ergab sich das entsprechende Fundbild an der Quelle sowie in den Siedlungen auf Grund der Materi-aleigenschaften.

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 191

Die schwache effektive Rohstoffzufuhr für den baye-rischen Plattensilex ist also einerseits rohstoffspezifisch und keiner weiteren Erklärung bedürfend, andererseits ist sie die örtliche Ausprägung weiter verbreiteter Ten-denzen. Der Vergleich zwischen den Inventaren mit ho-hen Anteilen an Plattensilex (Ergolding, Pestenacker Nord, Unfriedshausen) und den sonstigen süddeutschen Fundstellen zeigt, dass sie verschiedene Grade an Roh-stoffarmut aufweisen, insgesamt aber rohstoffbedingte Variationen innerhalb einer gemeinsamen Tendenz dar-stellen.

Es bleibt ungeklärt, inwieweit unser für Eschenz und die Schweiz postuliertes Modell, nämlich komplexe Strukturen in der Rohstoffwirtschaft mit räumlich ge-trennten Zwischenstationen, auf Süddeutschland über-tragen werden kann. Von höchstem Interesse in diesem Zusammenhang wäre die Erforschung von Fundstellen zwischen den Feuchtbodensiedlungen und den Roh-stoffquellen, um etwaige Verteilungsstellen zu identi-fizieren. Auf jeden Fall kann aber festgestellt werden, dass der voralpine Siedlungsraum eine spezifische Si-lexrohstoffwirtschaft besaß, die bei allen örtlichen Va-riationen durch Klingen-, Abschlag- und Plattenindus-trien im ganzen Forschungsgebiet zu beobachten ist. Es ist durchaus denkbar, dass diese Wirtschaftsform durch ein komplexes Netz von Gewinnungs-, Verarbei-tungs- und Verbrauchsstellen charakterisiert war. Dass die Siedlungsinventare eher klein und rohstoffarm sind, ließe sich dadurch erklären, dass der Großteil der phy-sischen Menge an Silex durch die etwas verwickelten Versorgungswege herausgefiltert wurde.

Die Annahme eines solchen Netzes als Versorgungs-mechanismus passt auch gut zu der Tatsache, dass die jurassischen Rohstoffe durchweg gegenüber örtlich vor-handenen Silices bevorzugt wurden. Der Extremfall ist in Ainring „Auhögl“ zu sehen, wo die Siedlung offen-bar durch die 180 km entfernten jurassischen Lieferge-biete versorgt wurde, obwohl Radiolarite in der näheren Umgebung anstanden. Dieses spricht dafür, dass die be-schriebene Bevorzugung kulturell, nicht etwa technisch oder funktional bedingt war. Eben die Einbindung auch abgelegener Siedlungen in ein kompliziertes Tausch- oder Versorgungsnetz, das auch die Silexquellen mit einschloss, hatte zu dieser Abhängigkeit vom Jurasilex führen können.

Es ist verlockend, die beschriebenen Muster auch als Kartierung der neolithischen Besiedlung des Alpenvor-landes zu interpretieren. Eine Ausbreitung der Besied-lung von Norden nach Süden bzw. vom Jura in Richtung Alpen hätte eben das beschriebene Netz von Kontakten wie postuliert hinterlassen können. Auch interessant ist die Frage nach Tauschgütern, die in die umgekehr-te Richtung transportiert wurden. Als Güter bieten sich unter anderem Felsgesteingeräte an, deren Herstellung in Pestenacker belegt ist (mündliche Mitteilung T. Les-sig-Weller, Glauberg), oder alpines Kupfer (vgl. Kupfer-funde in Hornstaad, Klassen 2010, 29–48).

Es existiert im Forschungsgebiet eine grundsätzliche Teilung hinsichtlich der bevorzugten Grundform für Geräte: Klingen in der Schweiz, Abschläge und teil-

weise Platten in Süddeutschland. Diese Teilung stimmt nicht mit konventionell definierten, keramischen Kultu-ren überein. Wie bereits angedeutet, sind die schweize-rischen Inventare in dieser Hinsicht eher für das Jung-neolithikum im allgemeinen typisch. Die süddeutschen Industrien stellen dagegen die Ausnahme dar.

Daraus ergibt sich ein Gegensatz zwischen der Her-stellung und Verwendung standardisierter Grundfor-men einerseits und dem opportunistischen Gebrauch amorpher Grundformen andererseits, beide bei schwa-cher effektiver Rohstoffversorgung. Zwischen den bei-den Regionen ist kein wesentlicher Unterschied in den Gerätinventaren zu beobachten. Es bestanden also of-fenbar zwei Arten des Umgangs mit dem Rohstoff, die weder von der Rohstoffzufuhr noch vom funktionellen Bedarf veranlasst wurden. Was trennt also die Regio-nen? Als wahrscheinliche Faktoren bieten sich die Ver-bindungen zu den Rohstoffquellen an. Die süddeutschen Siedlungen wurden von der Fränkischen und Schwäbi-schen Alb, die mittelschweizerischen von den mittel-schweizerischen Vorkommen (Randen, Olten) und die westschweizerischen vom Schweizer Jura aus versorgt. Kartiert man, wenn auch grob, die entsprechenden Ver-bindungen, so verdeutlicht sich die räumliche Trennung zwischen den beschriebenen Regionen. Es liegt dann nahe zu vermuten, dass jede Rohstoffprovinz eine eige-ne schlagtechnische Strategie besaß. Durch diese Ver-mutung ließe sich jegliche Variation auf regionaler Ebe-ne erklären.

Noch nicht erklärt aber wären die Ursachen für die einzelnen Ausprägungen dieser Gruppierungen. Da-für wären eingehende Forschungen mit einem feineren räumlichen Raster erforderlich. Sicher ist, dass die Ab-neigung gegen Klingen in Südwestdeutschland ganz zu Beginn der Besiedlung des Alpenvorlands in Aichbühl zu beobachten ist und daher mit Änderungen in ande-ren Bereichen der materiellen Kultur sowie mit neuen Versorgungswegen zusammenhängt. Sie kann also als Ausdruck einer neuen Struktur der wirtschaftlichen Or-ganisation gedeutet werden, in der die Standardisierung von Geräteformen keine wichtige Rolle spielte. Es ist unwahrscheinlich, dass dieses sich automatisch aus der Rohstoffzufuhr ergab, zumal dieselbe Beziehung in der Schweiz bei sonst ähnlicher Rohstoffwirtschaft nicht vorkam.

Auf die Tatsache, dass Klingenindustrien im Spät- und Endneolithikum in ganz Europa langsam ver-schwanden, haben wir bereits hingewiesen. Die Situ-ation im süddeutschen Jungneolithikum ist aber nicht ohne Weiteres mit den breiteren Trends der späteren Perioden zu vergleichen. Der Vergleich mit Yverdon zeigt, dass es im Endneolithikum zu einem Gegensatz zwischen Abschlagindustrien aus örtlichem und Klin-gen aus transportiertem Rohstoff (z. B. Grand Pressi-gny) kam, der als Teilung zwischen einer funktionalen und einer symbolischen Ebene gedeutet werden könnte. Ähnliche Tendenzen sind in anderen Teilen Europas zu beobachten (vgl. Holgate 1988). Das Fundbild im süd-westdeutschen Jungneolithikum weist aber keine solche Teilung auf.

192 david Underwood

Wir kommen also zur oben erörterten Hypothese zu-rück, nämlich dass die Ausprägung der schlagtechni-schen Gruppierungen eng mit der Rohstoffwirtschaft zusammenhing, und zwar mit den Verhältnissen zwi-schen den Siedlungen und den Rohstoffquellen. Es geht hier anscheinend um regional spezifische Strategien zur Verwertung des Silex, die vermutlich aus den spezifi-schen Verhätnissen zwischen den Siedlungen und den Liefergebieten entwickelten. Eine ausführlichere Inter-pretation muss der Zukunft überlassen werden. Der all-gemeine interpretative Ansatz, dass nämlich die Absatz-gebiete einzelner Rohstoffquellen eigene schlagtechni-sche Strategien hatten, wird allerdings durch die nähere Betrachtung des süddeutschen Fundbildes gestützt.

In Süddeutschland lässt sich das eben besprochene Verhältnis zwischen Schlagtechnik und Rohstoffquelle näher und im diachronen Rahmen betrachten. Zu Be-ginn des 4. Jahrtausends v. Chr. existierten Abschlagin-dustrien aus jurassischem Knollensilex in den Feucht-bodensiedlungen Südwestdeutschlands (Federseemoor, Ehrenstein, Hornstaad). Gleichzeitig basierten die Klingenindustrien Bayerns (Münchshöfener Kultur) auf Arnhofener Plattensilex. In den ältesten bayerischen Feuchtbodensiedlungen (Polling, Ergolding) ist der Ein-fluss der Arnhofener Klingenindustrien eindeutig zu beobachten. Gleichzeitig aber wächst der Anteil an Plat-tengeräten aus Paintener Plattensilex, als der Schwer-punkt der Rohstoffversorgung sich von Arnhofen in den Baiersdorfer Raum verschob. Diese Verschiebung wird von genau derjenigen Änderung in der Primärpro-duktion, also dem Wegfall der Klinge, begleitet, die be-reits für Südwestdeutschland beschrieben wurde. Die Vermutung, dass schlagtechnische Strategien eng mit den Absatzgebieten einzelner Rohstoffquellen zusam-menhingen, wird hier gestärkt. Es sei nochmals aus-drücklich darauf hingewiesen, dass die beschriebenen Muster keineswegs als Ergebnis rein technischer oder funktionaler Bedürfnisse betrachtet werden darf. Viel-mehr treffen sie mit anderen Änderungen in der materi-ellen Kultur (Übergang vom Mittel- zum Jungneolithi-kum) zusammen, darunter der Besiedlung des bayeri-schen Alpenvorlandes.

Die Fundinventare, die sich durch hohe Anteile an Plattengeräten auszeichnen (Pestenacker Nord, Un-friedshausen, Altheim, Ainring „Auhögl“) zeugen von einem breiten Absatzgebiet für das Paintener Material und für die Plattentechnik, die anscheinend eng mit der Ausdehnung der Altheimer Kultur zusammenhängt. Es ist zu betonen, dass der extreme Ferntransport des Plat-tensilex, z. B. nach Niedersachsen oder Böhmen, ein anderes Phänomen darstellt, indem dort der Plattensilex keinen funktional wichtigen Bestandteil der Inventare ausmacht. Interessanterweise schlägt de Grooth (1995, 170) vor, dass die großen Plattengeräte die örtliche Aus-prägung einer viel weiter verbreiteten Tendenz zu Bei-len und großen Klingengeräten als Prestigegüter dar-stellen. Problematisch ist dabei aber die Abwesenheit äquivalenter Prunkstücke in Südwestdeutschland sowie die Tatsache, dass die Mehrheit der Plattengeräte aus den voralpinen Siedlungen eher unscheinbare, einen

notwendigen Mindestaufwand aufweisende Werkzeuge sind. Die eben angedeutete Zweischichtigkeit zwischen dem funktionalen Gebrauch des Plattensilex im unmit-telbaren Absatzgebiet der Liefergebiete und dessen Be-deutung als Prestigegut in weiter entfernten Regionen wird durch diesen Sachverhalt gestärkt. Akzeptiert man dieses Postulat, so waren die Siedlungen des deutschen Alpenvorlands anscheinend von diesem Austauschsys-tem mit Silex als Prestigegut ausgegrenzt, was die Mög-lichkeit anderer Prestigegüter, beispielweise aus Felsge-stein, natürlich nicht ausschließt.

In Pestenacker und Unfriedshausen wurde der Plat-tensilex in späteren Phasen größtenteils durch Knol-lensilex abgelöst. Im breiteren Zusammenhang sig-nalisiert diese Entwicklung eine Neuorientierung der Silexversorgung. Ob diese Änderung auf einen gene-rellen Rückgang der Bedeutung der Plattensilexquellen hinweist, könnte lediglich anhand eingehender Erfor-schung der Abbaustellen bzw. einer Reihe gut datierter Siedlungen geklärt werden. Interessant in Pestenacker ist die Umstellung auf Abschläge, was einen Verzicht auf die bayerische Tradition darstellt. Das Inventar in Pestenacker ist den südwestdeutschen Inventaren auffällig ähnlich, auch wenn es nicht zu einer bedeu-tenden Rohstoffzufuhr aus dem schwäbischen Raum kam. Vielmehr wurden die schwäbischen rohstoffwirt-schaftlichen Strategien auf die Rohstoffvorkommen im Ingolstädter Raum übertragen. Diese Strategien richte-ten sich nach der jeweils nächstgelegenen Quelle von jurassischem Silex. Für Pestenacker was dies eben der Ingolstädter Raum.

So gesehen liegen die Siedlungen in Pestenacker und Unfriedshausen auf einer räumlichen und zeitlichen Schnittstelle zwischen zwei Traditionen. Pestenacker Nord und Unfriedshausen passen zu einem bayerischen Muster: Insgesamt herrschte hier eine starke Abhän-gigkeit von jurassischen Hornsteinen und eine eindeu-tige Bevorzugung von Plattensilex. Es kam zu einem allmählichen Ablehnen der Klingentechnik zu Guns-ten von Platten und Abschlägen; parallel dazu wurde Arnhofen von Baiersdorf als Hauptquelle für Platten-silex abgelöst. Ein erheblicher Teil der Silexversorgung geschah in Form von Fertigprodukten. Pestenacker Nord und Unfriedshausen passen zu diesem Bild, Pes-tenacker aber nicht.

In Südwestdeutschland erfolgte die Rohstoffversor-gung aus den nächstgelegenen jurassischen Quellen. Es handelt sich hier um Abschlagindustrien auf Knol-lensilex: Platten kommen in geringen Mengen vor, und Klingenanteile sind vorwiegend niedrig (Ehrenstein 4 %, Ödenahlen 5 %). Die Gerätanteile sind größten-teils niedriger als in Bayern (18–48 %). Innerhalb die-ser Tendenzen variiert die Zusammensetzung der In-dustrien je nach Entfernung zu den Rohstoffquellen, die weiter nach Südwesten abnimmt. Hornstaad bildet eine Ausnahme, indem Hinweise auf Grundformherstellung in der Siedlung (Kerne) nur dort vorhanden sind. Pes-tenacker passt eher zu diesem Muster.

In beiden Regionen war der effektive Zugang zum Rohmaterial verhältnismäßig beschränkt. Es bestand

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 193

anscheinend kein Bedarf an standardisierten Grundfor-men oder an aufwendig angefertigten Stücken. Dabei gilt aber das Inventar von Altheim als Ausnahme, zu-mal es dort einen größeren Anteil an flächig überarbei-teten Stücken gab. Die rohstoffwirtschaftlichen Cha-rakteristika einzelner Gebiete konnten sich diachron verändern, ohne dass dieses unbedingt im Zusammen-hang mit Änderungen in anderen Bereichen der Sach-kultur geschah.

Die Befunde aus dem Spät- und Endneolithikum im Forschungsgebiet lassen die wichtigsten diachronen Trends umreißen. In Bayern und der Schweiz ist zu ver-schiedenen Graden ein Niedergang der oben beschrie-benen Versorgungsnetze zu beobachten. In Twann fal-len die importierten Rohstoffe, die im Cortaillod so wichtig waren, zu Horgener Zeiten weg. Auch in Dobl ist ein beachtlicher Anteil an örtlichem Rohstoff sowie seine Bearbeitung vor Ort anzunehmen. Diese Tendenz ist auch am Galgenberg zu beobachten, dort aber mit einer starken Bevorzugung des Arnhofener Rohmate-rials. Letzteres steht ungefähr 40 km von der Siedlung entfernt an. Anhand einer zugegebenermaßen dürftigen Basis entsteht also der Eindruck von einem partiellen Verfall des Netzes von Fernkontakten im Spätneolithi-kum, das im Jungneolithikum so deutlich ausgeprägt war. Mangels einer umfangreicheren Datenbasis ist die-ses Phänomen nicht weiter zu klären. Interessant wäre jedenfalls eine Betrachtung von anderen Materialgat-tungen in dieser Hinsicht.

Was die Primärproduktion betrifft, setzen die Horge-ner Inventare die schweizerische Klingentradition fort. In Bayern besteht ein Gegensatz zwischen dem starken Vorkommen von Klingen in Dobl (vielleicht von den noch bestehenden Klingenindustrien Mitteldeutsch-lands beeinflusst) und der Abschlagindustrie am Gal-genberg. Dobl lässt eine Teilung zwischen groben und feinen Bestandeilen des Silexinventars vermuten, die das Endneolithikum vorwegnimmt mit einem Substrat von Abschlägen aus örtlich anstehendem und vor Ort verarbeitetem Material. Daneben kommen relativ auf-wendig bearbeitete Plattensilexgeräte sowie eine große lateralretuschierte Klinge aus ortsfremdem Silex vor. Die letztgenannten Stücke stellen also vielleicht fern-transportierte Silices als mögliche Prestigegüter dar, im Gegensatz zum funktionalen Bestandteil des Inventars. In diesem Zusammenhang ist zu vermerken, dass die spätneolithischen Plattensilexgeräte eigentlich feiner und aufwendiger gearbeitet sind als die jungneolithi-schen (vgl. hierzu Tillmann 1993, 455). Wir stellen hier eine Andeutung einer Bewirtschaftung der Plattensi-lexquellen fest. Im Spätneolithikum haben sie vielleicht eher einen Bedarf an feinen Silices gedeckt, dieses im Gegensatz zu ihrer Bedeutung für funktionale Geräte im Jungneolithikum. Die Frage, inwiefern diese Ände-rung in Verbindung mit der Abnahme an Plattensilex in den späteren Phasen in Pestenacker zu betrachten ist, sei hier offen gelassen.

Die Materialbasis für das Endneolithikum beruht ausschließlich auf den Auvernier-Siedlungen der west-lichen Schweiz. Eben die Tatsache, dass Siedlungen an-

derswo fehlen, deutet auf wirtschaftliche und gesell-schaftliche Änderungen hin. Die vorhandenen Sied-lungsinventare weisen die folgenden Charakteristika auf: Zum Einen holt man im Schweizer Gebiet endlich die in Deutschland längst vollzogene Ablehnung der Klinge als bevorzugte Grundform nach. Zudem bestä-tigt sich hier das bereits für Cham vermutete Muster, denn in Yverdon besteht eine Teilung zwischen örtli-chem und importiertem Rohmaterial. Erstgenanntes wurde zu Abschlaggeräten verarbeitet. Das Importma-terial kommt vor allem in der Form von Grand-Pres-signy-Klingengeräten vor, was auf die Beibehaltung der Klingentechnik im Rahmen einer ganz bestimmten Versorgungsverbindung hinweist. Dass der Pressigny-Silex eine Bedeutung weit über das Funktionale hinaus besaß, ist wohl unbestritten und hängt sehr wahrschein-lich eng mit der Verwendung von Kupfer zusammen (Strahm 1961/1962, 463–471). Die Autarkie des Spät-neolithikums wurde also aufgehoben, und die letzten neolithischen Feuchtbodensiedlungen waren wieder in weiträumige Versorgungsnetze eingebunden. Ansons-ten war der Sachverhalt aber völlig anders als im Jung-neolithikum: Die Fernimporte dienten nicht mehr der Versorgung mit funktionalen Werkzeugen, sondern stellten eher eine gehobene Schicht des Austausches dar, die vermutlich in Verbindung mit dem neuen Roh-stoff Kupfer stand.

Die Interpretation der Silexinventare aus Pestenacker, Pestenacker Nord und Unfriedshausen trägt in erster Linie zur allgemeinen Interpretation dieser Fundstel-len bei. Insbesondere bot die Erforschung einer Fund-gattung, deren Bergung nicht durch Feucht- oder Mine-ralbodenbedingungen betroffen wird, die Möglichkeit, Fundkomplexe aus verschiedenen Milieus zu verglei-chen. Hieraus ergaben sich diachrone Entwicklungen in der Rohstoffwirtschaft und in der Primärproduktion. Bei der großräumigen Ausdehnung des Forschungsge-bietes wurde deutlich, dass die in Pestenacker und Un-friedshausen beobachteten Tendenzen Teile von Ent-wicklungen darstellten, anhand derer sich die Silexin-dustrien der jungneolithischen Siedlungen des Alpen-vorlands charakterisieren ließen. Diese Charakteristika sind etwas kompliziert und gelten auf verschiedenen räumlichen Ebenen.

Im Wesentlichen weist das voralpine Jungneolithi-kum eine einheitliche Rohstoffwirtschaft auf, die das Ergebnis des Verhältnisses zwischen den Siedlungsräu-men und den Liefergebieten darstellt. Regionale Varia-tionen innerhalb des Forschungsgebietes beruhen eben-falls auf Variationen in diesen Verhältnissen. Insgesamt aber postulieren wir relativ komplizierte Versorgungs-wege, möglicherweise mit Zwischenstationen (Eschenz, Altheim). Vor allem ist eine sehr enge Beziehung zwi-schen dem Feuchtbodensiedlungsraum und den juras-sischen Rohstoffquellen zu konstatieren. Ob dieses auf den Besiedlungsprozess des Alpenvorlandes hinweist, könnte zum Gegenstand interessanter zukünftiger For-schungen werden. Notwendig wäre in diesem Fall die Erforschung möglicher Zwischenstationen zwischen dem Jura und dem Feuchtbodensiedlungsraum.

194 david Underwood

Diachron ändern sich die voralpinen Silexindustrien in Einklang mit dem von Lüning (1996, 233) bestimm-ten Schema (Jung-, Spät- und Endneolithikum), wobei die Materialbasis für die späteren Perioden eher dürftig ist. Im Spätneolithikum fallen die festen, aber kompli-zierten Versorgungsnetze des Jungneolithikums weg. Im Endneolithikum entwickeln sich neue Fernverbin-dungen. Eine Trennung besteht zwischen funktiona-len Silexartefakten und denjenigen vermutlich symbo-lischer Bedeutung. Letztere stehen für die Fernverbin-dungen und behalten Bearbeitungstechniken bei, die in dieser Periode sonst nicht mehr geläufig sind.

Diese Interpretation, wie jede andere auch, lässt sich bestreiten oder verbessern. Es ist aber zu hoffen, das sie nicht nur einen Beitrag zur Siedlungsarchäologie des Alpenvorlands leistet, sondern auch auf das For-schungspotenzial einer eher unscheinbaren Materialba-sis sowie auf Möglichkeiten für zukünftige Forschun-gen hinweist.

dank

Dr. Guntram Schönfeld (BLfD, München) bot mir an, das dem Projekt Pestenacker entstammende Silex-material im Rahmen einer Dissertation zu bearbeiten. 2013 hat Schönfeld mich zu deren Überarbeitung und zum Verfassen dieses Aufsatzes angeregt. Ihm gilt mein herzlichster Dank für seine jahrelange Unterstüt-zung, Anregungen und tatkräftige Hilfe. Zugleich ist die Unterstützung und das Verständnis von Dr. Mat-thias Exner unentbehrlich gewesen. Prof. Dr. Jens Lü-ning sei für seine Betreuung dieser Arbeit sowie seine praktische Hilfe während meiner langen Forschungs-tätigkeit (nicht zuletzt für seine Befürwortung meines Antrages auf ein Stipendium des Deutschen Akade-mischen Austauschdienstes 1993–1994) herzlichst ge-dankt. In Frankfurt hat Prof. Dr. Andreas Zimmermann mir großzügige und fachkundige Hilfe zu technischen und methodischen Fragen geleistet. Maßgebliche Hilfe bei der Dissertation sowie mit dem daraus entstande-nen vorliegenden Aufsatz erhielte ich von Dr. Alexan-der Binsteiner, Dr. Janusz Budziszewski, Dr. Tristan Carter, Dietrich Dirksen, Dr. Roger Grace, Thomas Lessig-Weller, Barbara Limmer, Clive Orton, Norbert Reiche, Prof. Dr. Michael M. Rind, Dr. Andreas Till-mann und Dr. Jan Weinig. Phil Jones hat die Artefakt-zeichnungen nach meinen Vorlagen angefertigt. Giles Pattison hat Hilfe mit deren technischer Verarbeitung geleistet. Besonderer Dank gilt meinen Eltern, Brian und Margaret Underwood, und vor allem meiner Frau, Rhiannon Gaskell.

sUMMary

This paper is derived from a doctoral thesis submit-ted in 2003 in Frankfurt am Main. It is an analysis of flint artefacts from three late Neolithic valley floor sett-lements in the district of Landsberg am Lech, upper Ba-

varia: Pestenacker Nord (desiccated), Unfriedshausen (waterlogged) and Pestenacker (waterlogged). The three sites were occupied in that relative chronological order in the mid-fourth millennium BC. The study focuses on raw material economics and technology. Macroscopic identification of the chart artefacts The raw material sources are defined in some detail for individual sites, based on macroscopic identification. The major raw ma-terial groups are as follows:1. Tabular flint from the area around Kelheim. The most

important variants within this group are that variant described by de Grooth (1994) as „Paintener Wan-ne“, corresponding to that recovered at the extrac-tion site of Baiersdorf; and fine-grained banded tabu-lar flint from the well-documented extraction site at Abensberg-Arnhofen (Engelhardt/Binsteiner 1988).

2. Nodular Jurassic flint from a range of sources in the Swiss and German Jura. The degree to which the ex-traction sites have been documented varies conside-rably. Very broadly, this material tends to be either grey and opaque (Bavaria, Switzerland) or yellowish-brown and fine-grained (Baden-Württemberg).

3. Material from secondary (gravel) deposits, often in the immediate vicinity of the settlements. Generally Radiolarite, ultimately of Alpine origin.

4. In Switzerland, chalk flint.5. Very rarely, flint from the Italian DolomitesThe following levels of patterning are observed.

Level 1: Universal. Raw material economic tendenci-es common to the entire research area. The assemblages studied – with a single exception – are characterised by a very high proportion of retouched or used pieces. This is as high as 79 % and does not fall below 21 %. This may be compared with the equivalent statistic in LBK settlements, where the proportion of tools tends to be around 10 %. There is no observable relationship eit-her between proportion of tools and geografical loca-tion, or between proportion of tools and distance to raw material sources. The latter point is relevant in as much as high tool counts may generally be interpreted as an indicator of poor raw material availability. If this is ac-cepted, raw material availability was not simply a func-tion of physical distance. We must therefore consider a unifying factor in raw material economy at all of the sites researched: a weak supply of raw material, with flint reaching the settlements in partially or fully fini-shed form. Only in one instance is it possible to glimpse the other end of the supply chain: at Baiersdorf in Ba-varia, an extraction site for the tabular flint that makes up a high proportion of the assemblages in Pestenacker North, Unfriedhausen and Ergolding. At Baiersdorf ve-ry large quantities of roughed-out tools have been re-covered from the vicinity of the extraction site (Moser 1978). This matches the proportion of tools found at the settlement sites, strongly suggesting that tool manufac-ture took place at the raw material source and that tools were transported to settlements. This model of raw material exploitation is also proposed for Spiennes in Belgium by de Grooth (1994). The Pfyn culture site at Eschenz is an exception to this general rule, with 9 %

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 195

tools in an assemblage of over 5000 artefacts. Here it appears that flint was brought from the source to the settlement in unprocessed form, and worked on site.

Level 2. Technological and morphological characte-ristics grouped in two spatial units corresponding mo-re or less to the modern German-Swiss border. In what is now Switzerland, assemblages are dominated by bla-des. In Germany there are either flake- or tablet-based assemblages. Blade industries predominate in Switzer-land in both Pfyn and Cortaillod contexts and continue into Horgen, with a shift to flake-based industries on-ly occurring in the Corded Ware phase. In the Baden-Württemberg Alpine Foreland the shift to flakes is seen in as early as the Aichbühl and Schussenried cultures – in other words the first wetland sites – and this tenden-cy continues through the Pfyn-Altheim phase. In Bava-ria the blade-based industries (particularly those based on raw material from Arnhofen) persist for longer. The shift takes place during the period of the Altheim cul-ture and may be observed in the differences in assem-blage composition between Ergolding and Pestenacker North. Away from the Alpine Foreland, blades persist in the Michelsberg sites of Baden-Württemberg.

Level 3. Technological and raw material characteris-tics within the German subdivision of Level 2, more or less corresponding to the modern division between Ba-varia and Baden-Württemberg but also with a diachro-nic dimension. Within the German assemblages there are clearly two raw material provinces, one focused on the tabular flint sources around Kelheim, the other on nodular flint from the are Franconian and Swabian Jura west of Ingolstadt. These broadly equate to Bavaria and Baden-Württemberg respectively and both traditions meet at Pestenacker, near the modern administrative border where the „Bavarian“ assemblage type is suc-ceeded by the „Swabian“ one. The former is characte-rised by very high tool percentages, high proportions of which in turn are accounted for by bifacially retouched edged tools made from flint tablets. The latter has lower tool counts, and its tools are largely made on flakes of nodular flint.

Taken in conjunction with the observation made at Level 2, these two assemblage types are in fact more similar to each other than might at first appear to be the case. Both are characterised by tools produced by the minimum necessary retouch of non-standardised blanks. The differences in tool count between the two are a direct function of the physical properties of the respective raw materials. The manufacture of bifacial tools from flint tablets bypasses the conventionally re-cognised stages of core reduction which are involved in the processing of nodular flint, and which generate large volumes of débitage. From this point of view, the Bava-rian assemblages may be seen as flake industries that just happen to be made from tablets. The difference bet-ween them is therefore one of raw material supply. That this is not simply a matter of geographical proximity is shown by the situation in Pestenacker and Unfrieds-hausen, where Bavarian type assemblages are replaced by Swabian type ones around 3500 CalBC. Here there

is therefore a change in the orientation of raw materi-al procurement, with the supply from the Kelheim area either decreasing or being rejected in favour of the sour-ces further west.

Level 4. Fragmentation at the level of individual sites. Individual site assemblages show considerable variation in the forms of tools present and their relative propor-tions. This does not appear to relate to any of the pat-terns at larger scales. It therefore appears that the regula-rities described at Levels 1–3 cannot be attributed to va-riations in flint-using behaviours at the settlement level.

literatUrVerzeichnis

Bandi 1973H.-G. Bandi, Das Silexmaterial der Station Seeberg, Burg-äschisee-Süd. In: H.-G. Bandi/E. Sangmeister/H. Spycher/Ch. Strahm/K. Zimmermann, Seeberg, Burgäschisee-Süd. Steingeräte und Kupferfunde. Acta Bernensia II 6 (Bern 1973) 9–90.

Barfield 1987L. H. Barfield, Recent work on sources of Italian flint. In: M. H. Newcomer/G. de G. Sieveking (Hrsg.), The Human Uses of Flint and Chert (Cambridge 1987) 231–240.

Bauer 2009S. Bauer, Die Feuchtbodensiedlung Pestenacker – Holz-konstruktionen, Siedelphasen und Waldnutzung während der Altheimer Kultur. In: L. Husty/M. Rind/K. Schmotz (Hrsg.), Zwischen Münchshöfen und Windberg. Gedenk-schrift für Karl Böhm. Internat. Arch. Studia honoraria 29 (Rahden/Westf. 2009) 177–203.

Billamboz 1995A. Billamboz, Die Bauhölzer der jungneolithischen Moor-siedlung Ödenahlen am nördlichen Federsee. Holzanato-mische und jahrringanalytische Untersuchungen. In: Sied-lungsarchäologie im Alpenvorland III. Die neolithische Moorsiedlung Ödenahlen. Forsch. u. Ber. Vor- u. Frühge-schich. Baden-Württemberg 46 (Stuttgart 1995) 352–370.

Binsteiner 1987A. Binsteiner, Geoelektrische Tiefsondierungen in Baiers-dorf, Lkr. Kelheim. In: M. M. Rind (Hrsg.), Feuerstein: Rohstoff der Steinzeit – Bergbau und Bearbeitungstech-nik. Museumsh. Arch. Mus. Kelheim 3 (Buch a. Erlbach 1987) 25–32.

Binsteiner 1989A. Binsteiner, Der neolithische Abbau auf Jurahornsteine von Baiersdorf in der südlichen Frankenalb. Arch. Korrbl. 19, 1989, 331–337.

Binsteiner 1992A. Binsteiner, Die Rolle der Knollenhornsteine im Neoli-thikum Bayerns. Arch. Korrbl. 22, 1992, 355–357.

Binsteiner 2001A. Binsteiner, Die Feuersteinstraße zwischen Bayern und Böhmen. Bayer. Vorgeschbl. 66, 2001, 7–12.

Binsteiner 2005A. Binsteiner, Abbau und Distribution bayerischer Jura-hornsteine im Neolithikim Mittel- und Osteuropas. Jahrb. RGZM 52, 2005, 44–155.

Binsteiner/Ruprechtsberger 2006A. Binsteiner/E. Ruprechtsberger, Mondsee-Kultur und Analyse der Silexartefakte von See am Mondsee. Linzer Arch. Forsch. Sonderh. (Linz 2006).

Burger 1988I. Burger, Die Siedlung der Chamer Gruppe von Dobl, Ge-meinde Prutting, Landkreis Rosenheim, und ihre Stellung in Endneolithikum Mitteleuropas. Materialh. Bayer. Vor-gesch. A 56 (Fürth 1988).

196 david Underwood

Carter/Vogel 1974P. L. Carter/J. C. Vogel, The dating of industrial assemb-lages from stratified sites in eastern Lesotho. Man 9, 1974, 557–570.

Clauß/Ebner G. Clauß/H. Ebner, Grundlagen der Statistik (Thun, Frankfurt am Main 1992).

Driehaus 1960J. Driehaus, Die Altheimer Gruppe und das Jungneolithi-kum in Mitteleuropa (Mainz 1960).

Engelhardt/Binsteiner 1988B. Engelhardt/A. Binsteiner, Vorbericht über die Ausgra-bungen 1984–1986 im neolithischen Feuersteinabbaure-vier von Arnhofen, Ldkr. Kelheim. Germania 66, 1988, 1–28.

Furger 1981A. R. Furger, Die neolithischen Ufersiedlungen von Twann. Band 13: Die Kleinfunde aus den Horgener Schichten (Bern 1981).

Grace 1989R. Grace, Interpreting the Function of Stone Tools. BAR Internat. Ser. 474 (Oxford 1989).

de Grooth 1994M. de Grooth, Die Versorgung mit Silex in der bandkera-mischen Siedlung Hienheim „Am Weinberg“ (Ldkr. Kel-heim) und die Organisation des Abbaus auf gebänderte Plattenhornsteine im Revier Arnhofen (Ldkr. Kelheim). Germania 72, 1994, 355–407.

de Grooth 1995M. de Grooth, The organisation of chert exploitation in Southeastern Bavaria during the Neolithic. Arch. Polona 33, 1995, 163–172.

Hafner/Suter 2000A. Hafner/P. Suter (Hrsg.), -3400 v. Chr.: Die Entwick-lung der Bauerngesellschaften am Bielersee aufgrund der Rettungsgrabungen von Nidau und Sutz-Lattrigen (Bern 2000).

Hahn, EhrensteinJ. Hahn, Die Silexartefakte und Steinbeile. Ungedrucktes Manuskript zur Fundstelle Ehrenstein.

Hardmeyer 1983B. Hardmeyer, Insel Werd I. Die schnurkeramische Sied-lungsschicht (Zürich 1983).

Hasenfratz 1985A. Hasenfratz, Eschenz, Insel Werd II. Das jungneolithi-sche Schichtpaket III (Zürich 1985).

Hoffstadt 2005J. Hoffstadt, Siedlungsarchäologie im Alpenvorland VII. Die Untersuchung der Silexartefakte aus der Ufersiedlung Hornstaad-Hörnle 1A. Forsch. u. Ber. Vor- u. Frühgesch. Baden-Württemberg 90 (Stuttgart 2005).

Holgate 1988R. D. C. Holgate, The Neolithic Settlement of the Thames Basin. BAR British Ser. 194 (Oxford 1988).

Honegger 2001M. Honegger, L’industrie lithique taillée du Néolithique moyen et final de Suisse. Collection de Recherches. Arch. Monogr. 24 (Paris 2001).

Huber 1987 A. Huber, Die jungneolithische Feuchtbodensiedlung von Unfriedshausen. Arch. Jahr Bayern 1987, 48–49.

Kieselbach 1998P. Kieselbach, Die Silexversorgung in den Michelsber-ger Erdwerken des Heilbronner Raumes. In: J. Biel/H. Schlichtherle/M. Strobel/A. Zeeb (Hrsg.), Die Michels-berger Kultur und ihre Randgebiete – Probleme der Ent-stehung, der Chronologie und des Siedlungswesens. Ma-terialh. Arch. Baden-Württemberg 43 (Stuttgart 1998) 101–108.

Kieselbach 2000P. Kieselbach, Metamorphose des Steins – Vom Rohma-

terial zum Kulturgut. Ungedr. Diss., Eberhard-Karls-Uni-versität Tübingen (2000).

Klassen 2010L. Klassen, Karpaten oder Alpen? Zur Herkunft der Kup-ferscheibe aus Hornstaad, Ldkr. Konstanz. Arch. Korrbl. 40/1, 2010, 29–48.

Lech 1982/1983J. Lech, Flint Work of the Early Farmers. Production Trends in Central European Chipping Industries from 4500–1200 B. C. An Outline. Acta Arch. Carpathica 22, 1982/1983, 5–63.

Lech 1991J. Lech, The Neolithic-Eneolithic transition in prehisto-ric mining and siliceous rock distribution. In: J. Lichar-dus (Hrsg.), Die Kupferzeit als historische Epoche (Bonn 1991) 557–574.

Lüning 1996J. Lüning, Erneute Gedanken zur Benennung der neolithi-schen Perioden. Germania 74, 1996, 233–237.

Middleton 1989H. R. Middleton, Middle Neolithic Lithic Technology at the Etton Causewayed Enclosure. Lithics 10 (1989) 44–46.

Moser 1978M. Moser, Der vorgeschichtliche Bergbau auf Plattensilex in den Kalkschiefern der Altmühl-Alb und seine Bedeu-tung im Neolithikum Mitteleuropas. Arch. Inf. 4, 1978, 56–81.

Müller-Karpe 1961H. Müller-Karpe, Die spätneolithische Siedlung von Pol-ling. Materialh. Bayer. Vorgesch. 17 (Kallmünz 1961).

Peroni 1987R. Peroni, Scavi Archeologici nella Zona Palafitticola di Fiavé-Carera Parte II, Campagne 1969–1976. Resti del-la Cultura Materiale: Metallo – Osso – Litica – Legno (Trento 1987).

Pétrequin 1988P. Pétrequin, Le passage Néolithique moyen II/Néoli-thique final dans le Jura méridional. In: Du Néolithique moyen II au Néolithique final au nord-ouest des Alpes. Actes du 12e Colloque Interrégional sur le Néolithique de l’est de la France (Lons-le-Saunier 1988) 33–62.

Phillips 1972A. P. Phillips, Les caractères régionaux du Chasséen du Midi. Bull. Soc. Préhist. Française 69, 1972, 539–553.

Piningre 1985J.-F. Piningre, Les industries lithiques taillées de Chalain et Clairvaux. Collections des Musées de Lons-le-Saunier, Dijon et Dole. In: Présentation des collections du Musée de Lons-le-Saunier No. 1: Néolithique Chalain-Clairvaux. Fouilles anciennes (Lons-le-Saunier 1985) 145–167.

Renfrew 1977A. C. Renfrew, Alternative models for exchange and spa-tial distribution. In: T. K. Earle/J. E. Ericson (Hrsg.), Ex-change Systems in Prehistory (New York 1977) 71–90.

Ritzmann 1987C. Ritzmann, Die Silexartefakte der neolithischen Schich-ten. In: E. Gross (Hrsg.), Zürich „Mozartstraße“: Neolithi-sche und bronzezeitliche Ufersiedlungen. Monogr. Kan-tonsarch. Zürich 42 (Zürich 1987) 182–187.

Rüttimann 1983B. Rüttimann, Geräte aus Feuerstein. In: R. Wyss, Die jungsteinzeitlichen Bauerndörfer von Egolzwil 4 im Wau-wilermoos. Band 1: Die Funde (Zürich 1983).

Schlichtherle 1990H. Schlichtherle, Siedlungsarchäologie im Alpenvorland I: Die Sondagen 1973–1978 in den Ufersiedlungen Horn-staad-Hörnle I. Forsch. u. Ber. Vor- u. Frühgesch. Baden-Württemberg 36 (Stuttgart 1990).

Schlichtherle 1995H. Schlichtherle, Ödenahlen – eine jungneolithische Sied-lung der „Pfyn-Altheimer Gruppe Oberschwabens“ im

silexartefakte aUs pestenacker Und UnfriedshaUsen 197

nördlichen Federseeried. Archäologische Untersuchun-gen 1981–1986. In: Siedlungsarchäologie im Alpenvorland III. Die neolithische Moorsiedlung Ödenahlen. Forsch. u. Ber. Vor- u. Frühgesch. Baden-Württemberg 46 (Stuttgart 1995) 9–128.

Schneider 1968O. Schneider, Eine neue Altheimer Siedlungsstelle in Mer-ching, Ldkr. Friedberg. Bayer. Vorgeschbl. 33, 1968, 1–18.

Schönfeld 1995G. Schönfeld, Neues von der Ausgrabung einer jungneoli-thischen Feuchtbodensiedlung bei Unfriedshausen. Arch. Jahr Bayern 1995, 40–42.

Schönfeld 2000/01G. Schönfeld, Holzarchitektur der altheimzeitlichen Feuchtbodensiedlung von Pestenacker. Ber. Bayer. Boden-denkmalpfl. 41/42, 2000/01, 21–38.

Schönfeld 2009aG. Schönfeld, Die altheimzeitliche Feuchtbodensiedlung von Pestenacker. Ber. Bayer. Bodendenkmalpfl. 50, 2009, 137–156.

Schönfeld 2009bG. Schönfeld, Ein jungsteinzeitliches Filialsiedlungssys-tem im Talgrund des Loosbachs bei Unfriedshausen. Ber. Bayer. Bodendenkmalpfl. 50, 2009, 157–168.

Schötz 1988M. Schötz, Zwei unterschiedliche Silexabsatzgebiete im Neolithikum des Vilstals. Bayer. Vorgeschbl. 53, 1988, 1–15.

Strahm 1961/1962Ch. Strahm, Geschäftete Dolchklingen des Neolithikums. Jahrb. Bern. Hist. Mus. 41/42, 1961/1962, 447–477.

Ströbel 1939R. Ströbel, Die Feuersteingeräte der Pfahlbaukultur. Man-nus-Bücherei 66 (Leipzig 1939).

Suter 1987P. J. Suter, Zürich „Kleiner Hafner“: Tauchgrabungen 1981–1984. Ber. Zürcher Denkmalpfl. Monogr. 3 (Zürich 1987).

Tillmann 1993A. Tillmann, Gastgeschenke aus dem Süden? Zur Fra-ge einer Süd-Nord-Verbindung zwischen Südbayern und Oberitalien im späten Jungneolithikum. Arch. Korrbl. 23, 1993, 453–460.

Tixier/Inizan/Roche 1980J. Tixier/M.-L. Inizan/H. Roche, Préhistoire de la Pierre Taillée I: Terminologie et Technologie (Paris 1980).

Tixier/Inizan/Roche 1984J. Tixier/M.-L. Inizan/H. Roche, Préhistoire de la Pierre Taillée II: Economie du débitage laminaire (Paris 1984).

Uerpmann 1976M. Uerpmann, Zur Technologie und Typologie neolithi-scher Feuersteingeräte. Tübinger Monogr. Urgesch. 2 (Tü-bingen 1976).

Uerpmann 1981M. Uerpmann, Die neolithischen Ufersiedlungen von Twann. Band 18: Die Feuersteinartefakte der Cortaillod-Schichten (Bern 1981).

Uerpmann 1995M. Uerpmann, Feuersteinartefakte der Altheimer Kultur. In: B. S. Ottaway, Ergolding, Fischergasse – eine Feucht-bodensiedlung der Altheimer Kultur in Niederbayern. Ma-terialh. Bayer. Vorgesch. A 68 (Kallmünz 1995).

Uerpmann 1999M. Uerpmann, Flints of the Cham Culture. In: B. Ottaway, A Changing Place. The Galgenberg in Lower Bavaria from the Fifth to the First Millennium BC. British Arch. Rep. Internat. Ser. 172 (Oxford 1999) 175–198.

Underwood 1991D. R. Underwood, The research potential of chert indus-tries from the later Neolithic wetland settlements of the Alpine foreland. In: Abstracts of the Sixth International Symposium on Flint (Madrid 1991) 277–280.

Underwood 2003D. R. Underwood, Silexartefakte aus den jungneolithi-schen Feuchtbodensiedlungen in Pestenacker und Un-friedshausen (Landkreis Landsberg am Lech): Ein Bei-trag zur Siedlungsarchäologie des Alpenvorlands. Ungedr. Diss., Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main (2003).

Underwood, Church LammasD. R. Underwood, Church Lammas: the Worked Flint. Surrey County Archaeological Unit, Woking (im Druck).

Vencl 1971S. Vencl, Soucasny stav poznání postmesolitikych stípa-nych industrií u Ceskoslovensku (The present state of knowledge of the post-Mesolithic chipped industry). In: Z Badan Nad Krzemiemarstwem Neolitycznym I Eneoli-tycznym (Symposium Nowa Huta) (Kraków 1971) 74–99.

Waiblinger 1997J. Waiblinger, Die Silexartefakte der Schussenrieder Sied-lung Ehrenstein. Die Funde der Grabung 1960. In: Das jungsteinzeitliche Dorf Ehrenstein (Gemeinde Blaustein, Alb-Donau-Kreis). Ausgrabung 1960. Teil III: Die Funde. Forsch. u. Ber. Vor- u. Frühgesch. Baden-Württemberg 58 (Stuttgart 1997) 241–284.

Waterbolk/van Zeist 1978H. Waterbolk/W. van Zeist (Hrsg.), Niederwil, eine Sied-lung der Pfyner Kultur. Band 1: Die Grabungen. Acad. Helvetica 1 (Bern 1978).

Weidemann/Schönfeld 1994C. Weidemann/G. Schönfeld, Eine jungneolithische Feuchtbodensiedlung bei Unfriedshausen. Arch. Jahr Bay-ern 1994, 48–51.

Weinig 1989J. Weinig,Das Rohmaterialspektrum der Region Oberbay-ern-Nord, Stand 1989. In: K.-H. Rieder (Hrsg.), Steinzeit-liche Kulturen an Donau und Altmühl (Ingolstadt 1989) 216–228.

Werben/Wulf 1992U. Werben/F.-W. Wulf, Plattensileximporte aus Baiersdorf (Ldkr. Kelheim) in das südliche Niedersachsen. Arch. Korrbl. 22, 1992, 191–199.

Winiger 1971J. Winiger, Das Fundmaterial von Thayngen-Weier im Rahmen der Pfyner Kultur (Basel 1971).

Winiger 1993A. Winiger, Etude typologique des industries lithiques taillées du Cortaillod. Annu. Soc. Suisse Préhist. et Arch. 76, 1993, 7–26.

Wyss 1976R. Wyss, Das jungsteinzeitliche Jäger-Bauerndorf von Egolzwil 5 im Wauwilermoos (Zürich 1976).

Wyss 1990R. Wyss, Ausgrabungen des Schweizerischen Landes-museums im Wauwilermoos. In: Die ersten Bauern, Bd. 1 (Zürich 1990) 271–280.

Zimmermann 1987A. Zimmermann, Some aspects of the formation of flint assemblages. In: J. K. Koslowski/S. K. Koslowski (Hrsg.), Chipped Stone Industries of the Early Farming Cultures in Europe (Warszawa, Krakòw 1987) 187–201.

Zimmermann 1988A. Zimmermann, Das Steinmaterial. In: U. Boelicke/D.von Brandt/J. Lüning/P. Stehli/A. Zimmermann, Der bandkeramische Siedlungsplatz Langweiler 8, Gem. Al-denhoven, Kr. Düren. Beiträge zur neolithischen Besied-lung der Aldenhovener Platte III. Rhein. Ausgrabungen 28 (Köln, Bonn 1988) 569–787.

Zimmermann 1995A. Zimmermann, Austauschsysteme von Silexartefakten in der Bandkeramik Mitteleuropas. Universitätsforsch. Prähist. Arch. 26 (Bonn 1995).