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Seminar im Gewerblichen Rechtsschutz am Institut am Informations- Telekommunikations- und MedienrechtMünster
Markenrechtliche Auseinandersetzungen am Beispiel des Widerspruchverfahrens um die Wort-/Bildmarke Apfelkind (DE 302010061782.9/16 )
Inhaltsverzeichnis
LITERATURVERZEICHNIS.............................................................2
MARKENRECHTLICHE AUSEINANDERSETZUNGEN AM BEISPIEL DES WIDERSPRUCHVERFAHRENS UM DIE WORT-/BILDMARKE APFELKIND................................................................................................3
A. Einführung................................................................................................31. Registermarken Verfahren vor dem DPMA..................................................................42. Verkehrsmarken..........................................................................................................53. Notorietätsmarke........................................................................................................5
B. Widerspruchsverfahren um die Wort-/Bildmarke Apfelkind...........................51. Widerspruch................................................................................................................62. Widerspruchsgründe...................................................................................................7
a) Registermarke mit älterem Zeitrang.......................................................................7aa) Anspruch auf Löschung wegen Ähnlichkeit und Verwechslungsgefahr mit einer eingetragenen Marke..............................................................................................8
(1) Ähnlichkeit.....................................................................................................8(a) Äußere Erscheinung der Zeichen................................................................8(b) Bekanntheitsgrad.....................................................................................10(c) Waren- und Dienstleistungsklassen..........................................................11(d) Gedankliche Nähe....................................................................................13
(2) Gesamtbetrachtung.....................................................................................14bb) Anspruch auf Löschung wegen Ähnlichkeit mit einer im Land bekannten Marke..............................................................................................................................15
(1) Zeichenähnlichkeit.......................................................................................15(2) Bekanntheit der Gemeinschaftsmarke.........................................................16
cc) Fehlende Kollisionstatbestände........................................................................16b) Notorietätsmarke mit älterem Zeitrang................................................................16c) Benutzungsmarke mit älterem Zeitrang................................................................17
C. Einordnung..............................................................................................17
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG..................................................20
ANHANG..................................................................................21
CC BY-NC-SA 3.0 Max Malkus 2012 1
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Literaturverzeichnis
Kommentare:
Ingerl Markengesetz, 3. Auflage, München 2010
Ströbele Markengesetz, 10 Auflage, Köln 2012
Artikel und Bücher
Classen Und plötzlich werden Äpfel mit Äpfel verglichen, aachener-zeitung.de (http://www.aachener-zeitung.de/artikel/1867074), 11.11.2011
Friebe Wir nennen es Arbeit: Die digitale Boheme oder: IntelligentesLeben jenseits der Festanstellung, München 2006
Khunkham Apples absurder Angriff auf das Bonner Apfelkind, welt.de(http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article13680040/Apples-absurder-Angriff-
auf-das-Bonner-Apfelkind.html), 25.10.2011
Lampmann Apple gegen Apfelkind: Größenwahnsinniger Weltkonzerngegen kleine Cafébesitzerin? Lbr-law.de (http://www.lbr-law.de/lbr-blog/apple-gegen-apfelkind-grosenwahnsinniger-weltkonzern-gegen-kleine-
cafebesitzerin), 03.11.2011
Strauss The Apple Store That Almost Was, blog.guifix.com(http://blog.guifx.com/2009/06/03/the-apple-store-that-almost-was/), 03.09.2009
Thornhil German cafe owner sued by Apple after computer firm says herlogo is too similar to theirs, dalymail.co.uk(http://www.dailymail.co.uk/news/article-2055869/German-cafe-Apfelkind-logo-
dispute-Apple.html), 31.10.2011
Redaktion Apple stört sich an Bonner Café Apfelkind, heise.de(http://heise.de/-1365326), 22.10.2011
Redaktion Wehe, Sie veräppeln Apples Apfel!, sueddeutsche.de(http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/computerkonzern-verklagt-bonner-cafe-
wehe-sie-veraeppeln-apples-apfel-1.1173840), 27.10.2011
Abkürzungen nach Kirchner/von Pannier, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 6.
Auflage, Berlin 2008
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Markenrechtliche Auseinandersetzungen amBeispiel des Widerspruchverfahrens um die
Wort-/Bildmarke Apfelkind
A. Einführung Im Herbst 2011 rückte die
Markenrechtsauseinandersetzung zwischen dem US -
amerikanischen Softwarehersteller Apple Inc. und der
Anmelderin einer Wort-/Bildmarke um die Anmeldung
der Marke Apfelkind in den Aufmerksamkeitsfokus
einer breiteren Öffentlichkeit. Neben Branchenportalen
wie heise.de1 und verschiedene Lawblogs berichteten
auch die Süddeutsche Zeitung2, der Westdeutsche
Rundfunk3 und die englische Daily Mail4 sowie Weitere
über die markenrechtliche Streitigkeit vor dem
Deutschen Patent und Markenamt (DPMA). Die
mediale Aufmerksamkeit um die Anmeldung einer
Marke für ein Familien-Café konzentrierte sich vor
allem auf das vermeidlichem Ungleichgewicht der
Verfahrensbeteiligten, „kleine Cafébesitzerin“5 auf der
einen, „gigantischer Konzern“6 auf der anderen Seite.
Angeheizt wurde die öffentliche Debatte durch die
markenrechtliche Aufarbeitung durch Lawblogs, auf
1 Apple stört sich an Bonner Café Apfelkind, http://heise.de/-1365326, abgerufen 10.04.2012.2 Wehe, Sie veräppeln Apples Apfel!, Süddeutsche Zeitung, http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/computerkonzern-verklagt-bonner-cafe-wehe-sie-veraeppeln-apples-apfel-1.1173840, abgerufen 10.04.2012.3 Apple gegen Apfelkind, WDR Lokalzeit Bonn, 21.10.2011.4 Thornhil, German cafe owner sued by Apple after computer firm says her logo is too similar to theirs, http://www.dailymail.co.uk/news/article-2055869/German-cafe-Apfelkind-logo-dispute-Apple.html, abgerufen 12.04.2012.5 Lampmann, Apple gegen Apfelkind: Größenwahnsinniger Weltkonzern gegen kleine Cafébesitzerin?, http://www.lbr-law.de/lbr-blog/apple-gegen-apfelkind-grosenwahnsinniger-weltkonzern-gegen-kleine-cafebesitzerin, abgerufen 10.04.2012.6 Khunkham, Apples absurder Angriff auf Bonner Apfelkind, http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article13680040/Apples-absurder-Angriff-auf-das-Bonner-Apfelkind.html, abgerufen 10.04.2011.
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denen die zur öffentliche Sympathie neigende
Berichterstattung der traditionellen Presse für die
Anmelderin nicht unbedingt geteilt wurde. Gegen den
Einwand es handele sich um eine Praxis-Übung um
gegen mögliche relative Markenrechtsverletzungen
frühzeitig vorzugehen, stand ein grundsätzliches
Unverständnis für die Mechanismen des Markenrechts.
Im Rahmen dieser Arbeit soll die Praxis
markenrechtlicher Auseinandersetzungen am Beispiel
des Widerspruchsverfahrens Apfelkind DE
302010061782.9/16 dargestellt und die
markenrechtlichen Mechanismen sowie mögliche
Beweggründe von Apple Inc. erläutert werden.
1. Registermarken Verfahren vor dem DPMA
Registermarken sind neben Verkehrsmarken und
notorisch bekannte Marken in §4 MarkenG benannt
und beziehen sich ausschließlich auf die in §3 I
MarkenG normierten Zeichen. Ihr Schutz setzt eine
Anmeldung eines Zeichens als Marke voraus.
Ausschließlichkeitsrechte gegenüber Dritte (§14
MarkenG) ergeben sich mit Eintragung nach einem
förmlichen Verfahren vor dem DPMA (§32 ff.
MarkenG), sie unterscheidet sich dahingehend von
Verkehrsmarken und notorisch bekannten Marken. Der
sich mit der Eintragung ergebene Schutz aus §14
MarkenG erstreckt sich auf die unbefugte Benutzung
von identischen, oder ähnlichen Zeichen mit
Verwechslungsgefahr durch Dritte, ebenso kann gegen
Denjenigen vorgegangen werden, der die
Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der
bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in
unlauterer Weise im geschäftlichen Verkehr
beeinträchtigt oder ausnutzt (§14 II Nr. 3 MarkenG).
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Weiterer Schutz kann sich aus Urheberrecht,
Wettbewerbsrecht oder weiteren Teilen des Zivilrechts
(z.B. Namensrecht §12 BGB) ergeben. Das DPMA
prüft im Rahmen eines sachlichen Verfahrens7 ob
formelle oder materiellen Voraussetzung der
Eintragung, insbesondere absolute Schutzhindernisse
aus §§3, 8, 10 MarkenG, entgegenstehen. An der
Feststellung der Vereinbarkeit knüpft sich die
Eintragungsverfügung und die Eintragung. Gegen die
Eintragung kann binnen drei Monaten Widerspruch
eingelegt werden (§42 I MarkenG). Das
Eintragungsverfahren endet mit dem Ablauf der
Widerspruchsfrist, etwaige Widerspruchsverfahren sind
somit Teil des Eintragungsverfahrens8.
2. Verkehrsmarken Markenschutz erhalten ferner Zeichen nach §3 I
MarkenG, welche einer Anmeldung nicht bedürfen
sofern sie im geschäftlichen Verkehr eingesetzt wurden
und Verkehrsgeltung auch als Marke erworben haben 9.
3. Notorietätsmarke Sofern ein Zeichen von einem wesentlichen Teil des
Inlandes für die Verwendung für reale Waren oder
Dienstleistungen wahrgenommen wird, steht dem
Verwender des Zeichens gem. §4 Nr. 3 MarkenG
ebenfalls der Markenschutz als notorisch bekannte
Marke zu.
B. Widerspruchsverfahren um die Wort-/Bildmarke Apfelkind
Frau Christin Römer legte am 21.10.2010 das Zeichen
Apfelkind (Abbildung 1) zur Anmeldung als
Registermarke dem DPMA vor. Die
7 Hacker in Ströbel/Hacker, Markengesetz §4 Rn 6.8 vgl. Kirschneck in Ströbel/Hacker, Markengesetz §42 Rn 2.9 vgl. Hacker in Ströbel/Hacker, Markengesetz §4 Rn 14.
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Eintragungsverfügung und Eintragung für das Zeichen
als Marke in den Waren- und Dienstleistungsklassen 16
(Leitklasse), 28, 24, 25, 27, 28, 29, 30, 32, 35, 42, 4310
erging am 28.04.2011 und wurde am 03.06.2011
veröffentlicht.
1. Widerspruch Gegen die Eintragung legte die Kanzlei Boehmert &
Boehmert als bevollmächtigte Vertreter der Inhaberin
der Gemeinschaftsmarken 02593127 (Abbildung II),
06314546 (Abbildung III), Apple Inc. am 30.08.2011
formalen Widerspruch vor dem DPMA ein11. Die
dreimonatige Widerspruchsfrist wurde eingehalten12.
Eine Einigung außerhalb des formellen Verfahrens, mit
dem Angebot seitens des Widersprechenden auf die
Einlegung eines Widerspruches zu Verzichten, wenn
die Markeninhaberin ihrerseits auf die Eintragung in
die Warenklassen 16, 35, 18 und 28 verzichtet, konnte
nicht erzielt werden13. Anders als von einigen Medien
kolportiert wurden keine Rechte aus der 1996
eingetragenen Marke 396118429 „THE APPLE
CAFE“14, Dienstleistungsklasse 43 (Verpflegung von
Gästen in Restaurants, Cafés, Schnellrestaurants,
Snack-Bars; Catering; Betrieb einer Bar.), mit
Schutzdauer bis zum 31.03.2016 des gleichen Inhabers
geltend gemacht15. Ursächlich hierfür könnten sowohl
die seit 1996 geänderte Unternehmensstrategie
bezüglich einer eigenen geplanten Café-Kette IT
10 Siehe Anmeldung (Anhang I).11 Siehe Widerspruch Apple Inc. (Anhang II).12 03.06.2011- 05.09.2011, http://register.dpma.de/DPMAregister/marke/register/3020100617829/DE, abgerufen am 14.03.2011.13 Siehe Khunkham a.a.O.14 Siehe Information zur Marke 39611842 (Anhang III).15 Eintragung der Wort-/Bildmarke am 22.10.1996. Verlängert nach §47 II MarkenG am 01.04.2006 bis zum 31.03.2016.
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Herstellers16, als auch der Benutzungszwang des
Markenrechts sein. Einem etwaigen begründeten
Wiederspruch stände wohl ein Löschungsanspruch
gegen die 1996 eingetragenen Marke wegen Verfalls
nach §49 iVm §26 MarkenG entgegen. Die
Markeninhaberin Frau Römer beantragte am
14.12.2011 die Zurückweisung des Widerspruchs17. Der
Widerspruch selbst wurde im Weiteren nicht näher
begründet. Eine Frist für eine Stellungnahme des
Wiedersprechenden endete am 16.04.2012.
2. WiderspruchsgründeDer Widerspruch gegen eine nach dem 01.01.1995
eingetragene Marke muss sich auf einen
Widerspruchsgrund aus §42 II Nr. 1-4 MarkenG
stützen. Die 1-4 des §42 II MarkenG sind dahingehend
abschließend18.
a) Registermarke mit älterem Zeitrang Ein Widerspruch nach §42 II Nr. 1 MarkenG kann aus
eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang geltend
gemacht werden sofern ein Kollisionstatbestand aus §9
I Nr. 1-3 MarkenG vorliegt. Apple Inc. macht Rechte
aus den Gemeinschaftsmarken 02593127, 06314546
geltend. Die Gemeinschaftsmarken sind seit dem
20.02.2004 bzw. 28.09.2007 als solche eingetragen19.
Gemeinschaftsmarken können gem. §125b Nr. 1
MarkenG für die Anwendung des §9 Nr. 1 – 2
nationalen Marken gleichgestellt werden20. Sie sind
auch im Verhältnis zur Wort-/Bildmarke DE
16 Siehe hierzu: Morgan Strauss, The Apple Store That Almost Was, 03.09.2009, http://blog.guifx.com/2009/06/03/the-apple-store-that-almost-was/, abgerufen am 14.04.2012.17 Siehe Antrag auf Zurückweisung des Widerspruchs (Anhang IV).18 Kirschneck in Ströbel/Hacker, Markengesetz §42 Rn 3.19 Siehe Certificat of Registration (Anhang V & VI)20 Vgl. Kober-Dehm in Ströbel/Hacker, Markengesetz §125b Rn 4.
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302010061782.9/16 (Apfelkind) Marken mit älterem
Zeitrag gem. §6 II MarkenG21. Die Zeichen sind nicht
identisch. Es kommt zunächst ein Anspruch auf
Löschung aus §125b Nr. 1 iVm §§42 II Nr.1, 9 I Nr. 2
MarkenG in Betracht.
aa) Anspruch auf Löschung wegen Ähnlichkeit und Verwechslungsgefahr mit einer eingetragenen Marke
Boehmert & Boehmert ist als bevollmächtigter
Vertreter (s.o.) der Inhaberin einer Marke mit älterem
Zeitrang berechtigt, den Anspruch §125b Nr. 1 iVm
§§42 II Nr.1, 9 I Nr. 2 geltend zu machen. Der
entsprechende Antrag wurde fristgemäß (§42 I
MarkenG) am 30.08.2011 gestellt und die
Widerspruchsgebühr gem. §6 I PatKostG entrichtet22.
Für den Anspruch kommt es insofern auf eine
Ähnlichkeit der Marken gem. §9 I Nr. 2 MarkenG an.
(1) ÄhnlichkeitDie Ähnlichkeit ist im Hinblick auf die
Verwechslungsgefahr auszulegen, diese ergibt sich aus
den Umständen, insbesondere Bekanntheitsgrad der
Marke im Markt, der gedanklichen Verbindung, die
eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen können, sowie
den Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem
Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten
Waren oder Dienstleistungen23.
(a) Äußere Erscheinung der ZeichenAlle benannten Marken bedienen sich der
schematischen Darstellung eines Apfels mit Stiel im
Seitenprofil. Die beiden Marken des Widersprechenden
bedienen sich des gleichen Zeichens. Die jeweils linke
21 Anmeldung Apfelkind am 21.10.2010, Anmeldung 02593127 am 26.02.2002, Anmeldung 06314546 28.09.2007.22 Siehe Zahlungsbelegt (Anhang VII).23 Vgl. Richtlinie 2008/95/EG (Markenrichtlinie), Erwägungsgründe Nr. 11.
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Seite der Äpfel ist abgerundet, wobei die
Wort-/Bildmarke DE 302010061782.9/16 (Apfelkind)24
am Scheitel leicht abflacht. Der äußerste Punkt des
Apfels, der Marke der Widersprechenden, befindet sich
am oberen Drittel desselben. Betrachtet man die obere
Seite des Apfels, so ist jeweils eine nach unten
abgerundete Einlassung zu sehen. Bei der Marke des
Widersprechenden verhält sich diese mittig zum
Apfelkörper wobei die jeweils linke und rechte Seite
sich auf gleicher Höhe befinden. Darüber, im oberen
Viertel liegt ein nach rechts stehender Apfelstiel/ein
nach recht stehendes Apfelblatt. Etwa gleich verhält
sich der nicht ebenförmige Stiel bei der Marke
Apfelkind, dieser ist ebenfalls nach rechts in
vergleichbaren Winkel zum Apfelkörper ausgerichtet,
im Gegensatz zu den Äpfeln des Widersprechenden
besteht hier eine durchgehende Verbindung zum
Apfelkörper. Zudem ist ein nach links ausgerichtetes
Blatt Teil der Darstellung, welches in seiner konkreten
Form der oberen Darstellung des Zeichens der
Widersprechenden gleicht. Ferner ist die Einlassung in
die rechte Hälfte des Apfels gezogen wobei die linke
obere Seite des Apfels größer ist als die rechte. Die
rechte Seite des Zeichens ist wie die linke Seite leicht
abgeflacht wobei sich das Verhältnis zur rechten Seite
aufgrund des insgesamt leicht nach rechts gekippten
Gesamtkörpers entsprechend verändert. Der
Apfelkörper des Widersprechenden hat auf den oberen
knapp 2/3 der rechten Seite eine halbrunde, etwa 1/5
große Aussparung. Das untere rechte Drittel weicht
nicht von der Darstellung des unteren linken Drittels
ab. Der Apfel steht überdies senkrecht. Beide
24 Wegen der Lesbarkeit wird im folgenden Absatz die Bezeichnung „DE 302010061782.9/16“ durch „Apfelkind“ ersetzt.
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Darstellung haben auf der unteren Seite eine mittige
Einlassung. Diese gerundete Aussparung endet beim
Apfel des IT-Herstellers, wie an der Oberseite, an
beiden Seiten gleichförmig. Der Gesamtumfang des
unteren Teils ist geringer. Die Silhouette ist insgesamt
geschlossen und der zweidimensionale Körper gefüllt.
Der Apfelkörper von Apfelkind ist in sich nicht
abgeschlossen, auf rund 50% der inneren Fläche des
Apfelkörpers ist ein Kopf im Seitenprofil, nach rechts-
oben blickend dargestellt, wobei die Stirn den oberen
Abschluss darstellt. Das Gesicht selbst bildet sich aus
der Öffnung des unteren Apfelkörpers, die Silhouette
des Apfels ist nicht geschlossen. Die Nase und der
Mund sind schematisch abgerundet. Der vordere Kopf
wird durch eine Wellenlinie vom Hinterkopf getrennt,
an dessen oben Ende zur rechten Seite eine Auslassung
beginnt, die in Kombination mit der Darstellung der
unteren Seite des Kopfes eine Mütze ergibt, unter
welche der Kopf mittellange Haare besitzt. Unter dem
Apfelkörper befindet sich im unteren Sechstel ein
Schreibschrift-Schriftzug „apfelkind“.
(b) BekanntheitsgradDie Widersprechende Apple Inc. nutzt, als eines der
wertvollsten, an Endkunden verkaufenden
Unternehmen der Welt, die in Rede stehenden
Gemeinschafsmarken auf und für alle im eigenen
Namen vertrieben Produkte sowie im Weiteren für
Merchandise. Alleine im ersten Quartal 2012 wurden
weltweit 73.073 IT-Produkte mit dem
Gemeinschaftsmarke verkauft25. Christine Römer
verwendet DE 302010061782.9/16 seit Eröffnung eines
Cafés Apfelkind am 30.04.2011 in der Stadt Bonn für
25 Siehe Quartalsbericht Apple Inc. (Anhang VIII).
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den Betrieb ihres mittelgroßen Cafés26 und den Vertrieb
verschiedener Produkte wie Taschen, Tassen und
Lampen über einen Online-Shop27. Trotz überörtlichen
medialen Aufmerksamkeit in der Markenstreitsache
und des online-Vertriebes ist davon auszugehen, dass
die Marke zur Zeit vornehmlich territoriale begrenzt, in
Bonn und Umgebung von der Zielgruppe Familien
wahrgenommen wird.
(c) Waren- und DienstleistungsklassenDie eingetragenen Waren- und Dienstleistungen auf die
sich der Schutz der Marken erstrecken soll
überschneidet sich im Verhältnis DE
302010061782.9/16 zu 002593127 in den Klassen 18
und 25, zwischen DE 302010061782.9/16 und
06314546 in den Klassen 16, 35 und 42. Es ist zunächst
festzustellen, dass sich die Eintragungen in zehn
Begriffen wörtlich überschneiden. In der beidseitigen
Leitklasse 16 sind dies Papier- und Schreibwaren,
begriffliche Nähen ergeben sich zu Buchbindeartikel
und Druckerzeugnissen. In Klasse 18 decken beide
Marken Geldbörsen, Regenschirme und Sporttaschen
und darüber hinaus diverse weitere Taschen ab. In
Klasse 25 beanspruchen beide einen Schutz für
Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen Stofflätzchen,
Mützen und Röcke, darüber ergeben sich Nähen
bezüglich diverser Oberbekleidungen wie
Regenkleidung, Pullover. Für Klasse 35 werden
Beratungen und die Erstellung von (Werbe-)Konzepte
von beiden geschützt, wobei DE 302010061782.9/16
insbesondere die Beratung für Dritte abdeckt
(Franchising), demgegenüber steht der direkte Betrieb
von Einzelhandelsgeschäften. In der
26 Bewirtungsfläche rund 100 Quadratmeter.27 http://apfel-kind.de/shop.
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Dienstleistungsklasse 42 stehen sich technische
Dienstleistungen, gastronomischen Dienstleistungen
gegenübergesetzt. Bezüglich der Klassen 16, 18, 25
ergibt sich in so weit eine direkte begriffliche
Überschneidung der Warenklassen. Für die Feststellung
der Ähnlichkeit ist auf die Branchennähe abzustellen.
Für die Beurteilung der Branchennähe ist die
ausgeübten Kerntätigkeiten der konkurrierenden
Unternehmen maßgeblich28. Apple Inc. ist ein
Hersteller von Computer Hard- und Software, das Café
Apfelkind ist ein Gastronomiebetrieb, beide vertreiben
darüber hinaus, direkt oder lizensiert durch Dritte
Merchandise-Produkte mit ihrem jeweiligen Zeichen29.
Merchandise ist eine weitere kommerzielle Verwertung
des eigentlichen Kerngeschäftes. Hierbei werden
regelmäßig verschiedene Gebrauchs-Produkte und
sonstige Waren mit Marken oder Geschäftlichen
Bezeichnungen versehen, ohne dass zwischen diesen
ein direkter Bezug zum Kerngeschäft bestehen muss.
Merchandise ist in sofern Branchenunabhängig und
kein Teil des Kerngeschäftes sondern eine optionale
Erweiterung der geschäftlichen Tätigkeit. Der jeweilige
Aufdruck stellt die Aufwertung einer Ware um die
Marke selbst da, auf die besondere Gestaltung der Ware
kommt im vorliegenden Fall nicht an. Merchandise ist
kein Ausdruck einer eigenen Wertigkeit der Marke.
Insofern können Produkte welche ausschließlich
Merchandise-Produkte sind nicht für die Bewertung der
Branchennähe hinzugezogen werden. Merchandise ist
abzugrenzen von Zubehör iSd §97 BGB. Eine
Ähnlichkeit muss sich für die beteiligten Verkehrskreise
28 BGH 1. Zivilsenat „BCC“, 20.01.2011, Aktenzeichen I ZR 10/09, Entscheidungsgründe Rn. 13.29 Apfelkind Café Online Shop: http://apfel-kind.de/shop; Apple Inc. z.B. via The CompanyStore http://www.apple.com/companystore.
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ergeben30. Legt man die Eintragungen unter
Betrachtung diesen Aspektes zum jeweiligen
Kerngeschäft, Computer- Hard- und
Softwareherstellung, Gastronomie aus, so ergibt sich,
dass die im Konkurrenzverhältnis stehenden Begriffe
oder angedeutete Nähen der eingetragenen Waren- und
Dienstleistungen im keinem direktem Bezug zum
Kerngeschäft des jeweils anderen stehen. Die
Kernbereiche Hard-Softwareherstellung und
Gastronomie sind darüber hinaus für den Verkehr
verschieden.
(d) Gedankliche NäheÄhnlichkeit der Waren- und Dienstleistungen ergibt
sich ferner aus der in Verbindungbringung der
verschiedenen Waren- und Dienstleitungen durch den
Verkehr, sofern dies die Herkunftsfunktion der Marken
beeinträchtigt (§9 I Nr. 2 Var. 6 MarkenG). Die
Herkunftsidentität wird dann beeinträchtigt, wenn die
beteiligten Verkehrskreise die verschiedenen Waren-
und Dienstleistungen nicht nur in Verbindung bringen,
sondern darüber hinaus davon ausgehen können, dass
sie derselben betrieblichen Verantwortungsbereich
entstammen31. Ein wirtschaftliches Interesse für einen
Technologiekonzern wie Apple Inc. an einen
Geschäftszweig Café, unter eigener Führung und
Verantwortung, bestätigte dieser selbst durch die Pläne
zu The Apple Cafe (s.o.). Diese Pläne wurden nicht
realisiert. Die Zunahme von Arbeit im Bereich der
privaten Lebensgestaltung, gesellschaftlich verkörpert
etwa durch die digitale Boheme32 führte sicherlich zu
30 Vgl. EuGH, GRUR 1998, 992 ff.31 Hacker in Ströbel/Hacker Markengesetz §9 Rn. 51.32 Friebe, Wir nennen es Arbeit Die digitale Boheme oder Intelligentes Leben jenseits derFestanstellung.
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einer Verschiebung von klassischer Bürotechnologie,
wie Computer und deren Nutzung auch in den
klassischen Freizeitbereich wie Cafés hinein, dennoch
bleibt wirtschaftliche Betätigung institutionell getrennt.
Eine Verbindung von Informationstechnologie mit
Gastronomie bleibt heute im gewerblichen Bereich auf
das Vorhalten von Internet beschränkt. Auch bei
erfolgreicher Verknüpfung z.B. bei Sponsor-Verträgen
für W-Lan Spots wird, sofern es sich um
kostenpflichtige Angebote für den Endnutzer handelt,
der Benutzer durch den Startbildschirm für die
Konfiguration auf den Vertragspartner für das
Internetangebot hingewiesen. Es bleibt bei einer, auch
nach außenerkennbare Trennung zwischen
Informationstechnologiedienstleister und
Gastronomiebetreiber 33. Das Publikum nimmt eine
wirtschaftliche Verbindung der Geschäftsbereiche
durch den selben Unternehmer mithin nicht als
unternehmerische Praxis wahr. Die Warenidentität ist
dahingehend nicht angegriffen, die Herkunftsfunktion
der Marke der Widersprechenden ist nicht durch die
Marke DE 302010061782.9/16 beeinträchtigt. Die
Waren- und Dienstleistungen aus beiden Bereichen
werden mithin nicht als im Verkehr miteinander
Verbunden angesehen. Es besteht keine Nähe zu
stattfindenden oder initiierten Waren- und
Dienstleistungsangeboten, sie sind mithin nicht ähnlich.
(2) GesamtbetrachtungDie Marken-Ähnlichkeit kann nur im Rahmen einer
Gesamtbetrachtung festgestellt werden, bei der die
Komponenten Zeichenähnlichkeit, Waren- und
Dienstleistungsähnlichkeit und die Kennzeichungskraft
33 Genannt sei hier etwa die Kooperation der Caféhauskette Starbucks mit verschiedenen Tele-Dienstanbieter für die Hot-Spot-Nutzung.
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der Marke und ihre jeweilige Wechselbeziehung
berücksichtigt werden müssen34. Jedoch kann eine
gänzlich fehlende Ähnlichkeit der Waren und
Dienstleistungen nicht durch die anderen
Tatbestandsmerkmale der Verwechslungsgefahr
ausgeglichen werden35. Es fehlt an der Ähnlichkeit der
Waren und Dienstleistungen. Insofern ergibt sich keine
Ähnlichkeit der Marken nach §9 I Nr. 2 MarkenG. Ein
Anspruch aus §125b Nr. 1 iVm §§ 42 II Nr.1, 9 I Nr. 2
MarkenG besteht nicht.
bb) Anspruch auf Löschung wegen Ähnlichkeit mit einer im Land bekannten Marke
Sofern sich Waren- und Dienstleistungen nicht ähneln
kommt bei Zeichenähnlichkeit zu einer bekannte Marke
ein Widerspruchsgrund aus §9 I Nr. 3 MarkenG wegen
unlauterer Beeinträchtigung oder Ausnutzung der
Unterscheidungskraft oder Wertschätzung einer im
Inland bekannten Marke in Betracht. Der Anspruch auf
Löschung aus §125b Nr. 1 iVm §§42 II Nr.1, 9 I Nr. 3
MarkenG setzt voraus, dass durch die Benutzung einer
jüngeren Marke die Unterscheidungskraft oder
Wertschätzung der älteren bekannten Marke in
unlauterer Weise ausgenutzt wird.
(1) ZeichenähnlichkeitZunächst müssten die Zeichen ähnlich sein. Dazu ist
festzustellen, dass sich die Marken wie unter (a)
Äußere Erscheinung der Zeichen ausgeführt, eines
zweidimensionalen Apfel-Motivs bedienen. Den
Möglichkeiten der schematischen 2D - Darstellung
eines Apfels sind natürliche Grenzen gesetzt, als sie
dem Vorbild eines realen Apfel orientieren müssen um
34 Ingerl in Ingerl/Rohnke Markengesetz, 3. Auflage 2010 §14 Rn 317.35 Hacker in Ströbel/Hacker, Markengesetz §9 Rn 57.
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die gedankliche Verbindung zu diesem beim Betrachter
hervorrufen zu können. Ein Apfel wird gemeinhin als
Fruchtkörper in der Regel mit Stiel und in den
seltensten Fällen mit einem am Stiel des Apfel
haftenden Blatt wahrgenommen. Die Darstellung des
Apfels der Marke DE 302010061782.9/16 ist
gegenüber des Apfels des Widersprechenden um ein
Apfelblatt und einen Schriftzug ergänzt, sie enthält
außerdem gegenüber der Widerspruchsmarke ein
markante Ausgestaltung der Innenfläche des Apfels. DE
302010061782.9/16 besteht aus drei Elementen, der
Apfel des Widersprechenden aus zweien. Die
markanten stilistischen Auffälligkeiten der
Gemeinschaftsmarken, ein nicht mit der Frucht
verbundener Stiel und der „Biss“ aus dem Apfel,
werden in der Marke DE 302010061782.9/16 nicht
übernommen noch angedeutet. Die Zeichen der Marken
sind mithin nicht ähnlich.
(2) Bekanntheit der GemeinschaftsmarkeAuf die Bekanntheit der Marke in der Gemeinschaft
(§125b Nr. 1 2Hs iVm §9 I Nr. 3) sowie weiteren
Voraussetzungen kommt es somit nicht an. Ein
Widerspruchsgrund aus §9 I Nr. 3 MarkenG besteht
nicht. Die Wiedersprechende hat keinen Anspruch auf
Löschung aus §125b Nr. 1 iVm §§ 42 II Nr.1, 9 I Nr. 3
MarkenG.
cc) Fehlende KollisionstatbeständeKollisionstatbestände aus §9 I Nr. 1-3 MarkenG liegen
nicht vor. Ein Widerspruch nach §42 II Nr. 1 MarkenG
kann nicht wirksam geltend gemacht werden.
b) Notorietätsmarke mit älterem Zeitrang
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Ein Widerspruch aus §42 II Nr. 2 MarkenG setzt
voraus, dass es sich bei den Marken 02593127 und
06314546 um notorisch bekannte Marken iSd Art. 6bis
Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des
gewerblichen Eigentums handelt. Die Konzernmarke
des Widersprechenden kann als eine solche angesehen
werden36. Ferner muss sich ein Widerspruch auf einen
Widerspruchsgrund aus §10 iVm §9 MarkenG ergeben.
§10 MarkenG stellt ein absolutes Schutzhindernis für
Eintragungen da, etwaige Verletzungen gegen
Notoritätsmarken sind grundsätzlich von Amtswegen
vor Eintragung zu prüfen (§37 I MarkenG), sofern die
Notorietät amtsbekannt ist37. Das DPMA sah in der
Anmeldung DE 302010061782.9/16 keine Kollision
mit absoluten Schutzhindernissen38. Auch wenn
unterstellt würde, dass die Notorietät nicht amtsbekannt
war, liegen im weiteren die Voraussetzungen nach §9 I
Nr. 1, Nr. 2 bzw. Nr. 3 MarkenG wie oben dargestellt
nicht vor. Entsprechend kommen Ansprüche aus §42 II
Nr. 2 MarkenG nicht in Betracht.
c) Benutzungsmarke mit älterem Zeitrang
Apple Inc. macht Rechte aus eingetragenen Marken
geltend, Ansprüche aus §42 II Nr. 4 MarkenG, aus
nicht-eingetragenen Marken kommen nicht in Betracht.
Der Widerspruch von Boehmert & Boehmert vom
30.08.2011 ist somit unbegründet.
C. EinordnungKommt das DPMA zu dem gleichen Ergebnis, bleibt
die Marke DE 302010061782.9/16 ist das
36 Vgl. Ausführungen zu (b) Bekanntheit.37 Ingerl in Ingerl/Rohnke Markengesetz, 3. Auflage 2010 §10 Rn 1.38 Siehe Eintragungsverfügung (Anhang IX).
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Eintragungsverfahren abgeschlossen. Gegen die Marke
kann die Widersprechende oder Dritte im Weiteren
markenrechtlich mit einer Nichtigkeitsklage (§51
MarkenG) prozessieren.
Es kann festhalten werden, dass Verletzungen von
relativen Schutzverhältnissen im Markenrecht von den
Markeninhabern selbst geltend gemacht werden
müssen. Dies gilt grundsätzlich auch für bekannte
Marken, wenngleich bei notorischer Bekanntheit das
DPMA im Rahmen Amtsermittlungsgrundsatzes auch
relative Markenverletzungen nach Möglichkeit zu
verhüten hat. Der Markeninhaber steht vor der Wahl
durch eine restriktive Widerspruchspraxis seinen
Schutzumfang weitestgehend zu behaupten und dafür
die Kosten für eine regelmäßige Kontrolle der
Markenanmeldungen sowie im Einzelfall
imageschändigende Berichterstattungen in Kauf zu
nehmen. Alternativ bietet sich dem Markeninhaber die
Möglichkeit erst bei empfundener aktueller
Betroffenheit (nach Ablauf der Widerspruchsfrist)
Rechte im Rahmen einer, mit entsprechenden Aufwand
verbundenen, Widerspruchsklage klären zu lassen. Dem
Widersprechenden kommt zu Gute, dass eine formelle
Einlegung des Widerspruchs ausreicht, die nähere
Feststellung von Schutzrechten obliegt in soweit dem
DPMA, es ist grundsätzlich keine nähere
Stellungnahme oder Begründung dem Widerspruch
beizubringen. Neue und potentielle Marktteilnehmer
müssen diese Unwegsamkeit nach der Anmeldung in
Kauf nehmen, wollen sie selbst entsprechende Rechte
geltend machen können. Hier ist der Ansicht
entgegenzutreten, es handele sich um ungleiche
Verfahrensbeteiligte. Die Beteiligten, auch handelt es
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sich um sog. Start-Ups wollen für sich einen
Markenschutz in Anspruch nehmen um vertriebene
Waren und Dienstleistungen einer breiten
Kundengruppe zu präsentieren39 und sich gegenüber
anderen Anbietern abzugrenzen. Die Eintrittsschwellen
sind hierbei grundsätzlich gleich hoch. Ferner ist
festzuhalten, dass für einen Geschäftsbetrieb unter
eigenem Zeichen, eine Markenanmeldung nicht
zwingend erforderlich ist, es handelt sich um eine
Abwägungsentscheidung sich den Mechanismen des
Markenrechts zu unterwerfen. Kritsch darf die
außergerichtlichen Streitbeilegungspraxis gesehen
werden, hier bleibt der tatsächliche Umfang der
Auseinandersetzungen unklar. Während sich im
Verfahren vor den offiziellen Instanzen ein
Mechanismus für die Auslegung der
Markenrechtsbegriffe etabliert hat, kann in einem
vorgeschalteten Verfahren nicht ohne Weiteres auf
diesen Fundus zurückgegriffen werden.
Markeninhabern kann ein entsprechendes
Einschüchterungspotential in der direkten
Auseinandersetzung gegenüber Markenneuanmeldern
vorgehalten werden. Das Vorgehen von Apple Inc.
gegen apfelähnlichen Marken im Allgemeinen und
gegen die Marke Apfelkind im Besonderen zeigt, das
marktmächtige Unternehmen sich durchaus für eine
restriktive Markenpolitik entscheiden. Der Widerspruch
von Apple Inc. stellt ein routinemäßiges Vorgehen eines
Markeninhabers dar, welches zwar materiell
unbegründet ist, in seiner Art jedoch der gängigen
Praxis im Markenrecht entspricht.
39 Christin Roemer: „I wanted to do something like Starbucks, and have the logo as my trademark (...)“, Daly Mail a.a.O.
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Eidesstattliche Erklärung
Hiermit versichere ich, dass ich die Arbeit selbständig
angefertigt, keine anderen als die angegebene
Hilfsmittel benutzt und die Stellen der Facharbeit, die
im Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt aus anderen
Werken entnommen wurden, mit genauer
Quellenangabe kenntlich gemacht habe.
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(Ort) (Datum) (Unterschrift)
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Anhang
Abbildungen
Abbildung I – Apfelkind
Abbildung II / Abbildung III – Apple I (02594127) / Apple II (06314546)
Anhänge
Anhang I - Anmeldung Apfelkind
Anhang II - Widerspruch Apple Inc.
Anhang III – DPMA Information zur Marke The Apple Cafe
Anhang IV - Antrag auf Zurückweisung des Widerspruchs (Auszug)
Anhang V - Certificat of Registration 02594127 (Auszug)
Anhang VI - Certificat of Registration 06314546 (Auszug)
Anhang VII - Zahlungsanzeige DPMA.
Anhang VIII - Quartalsbericht Apple Inc.
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Anhang IX - Eintragungsverfügung
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