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Seminar im Gewerblichen Rechtsschutz am Institut am Informations- Telekommunikations- und Medienrecht Münster Markenrechtliche Auseinandersetzungen am Beispiel des Widerspruchverfahrens um die Wort-/ Bildmarke Apfelkind (DE 302010061782.9/16 ) Inhaltsverzeichnis LITERATURVERZEICHNIS............................................................. 2 MARKENRECHTLICHE AUSEINANDERSETZUNGEN AM BEISPIEL DES WIDERSPRUCHVERFAHRENS UM DIE WORT-/BILDMARKE APFELKIND ................................................................................................ 3 A. Einführung................................................................................................ 3 1. Registermarken Verfahren vor dem DPMA.................................................................. 4 2. Verkehrsmarken.......................................................................................................... 5 3. Notorietätsmarke........................................................................................................ 5 B. Widerspruchsverfahren um die Wort-/Bildmarke Apfelkind...........................5 1. Widerspruch................................................................................................................ 6 2. Widerspruchsgründe................................................................................................... 7 a) Registermarke mit älterem Zeitrang....................................................................... 7 aa) Anspruch auf Löschung wegen Ähnlichkeit und Verwechslungsgefahr mit einer eingetragenen Marke.............................................................................................. 8 (1) Ähnlichkeit..................................................................................................... 8 (a) Äußere Erscheinung der Zeichen................................................................ 8 (b) Bekanntheitsgrad..................................................................................... 10 (c) Waren- und Dienstleistungsklassen.......................................................... 11 (d) Gedankliche Nähe.................................................................................... 13 (2) Gesamtbetrachtung..................................................................................... 14 bb) Anspruch auf Löschung wegen Ähnlichkeit mit einer im Land bekannten Marke .............................................................................................................................. 15 (1) Zeichenähnlichkeit....................................................................................... 15 (2) Bekanntheit der Gemeinschaftsmarke......................................................... 16 cc) Fehlende Kollisionstatbestände........................................................................ 16 b) Notorietätsmarke mit älterem Zeitrang................................................................ 16 c) Benutzungsmarke mit älterem Zeitrang................................................................ 17 C. Einordnung.............................................................................................. 17 EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG.................................................. 20 ANHANG.................................................................................. 21 CC BY-NC-SA 3.0 Max Malkus 2012 1

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Seminar im Gewerblichen Rechtsschutz am Institut am Informations- Telekommunikations- und MedienrechtMünster

Markenrechtliche Auseinandersetzungen am Beispiel des Widerspruchverfahrens um die Wort-/Bildmarke Apfelkind (DE 302010061782.9/16 )

Inhaltsverzeichnis

LITERATURVERZEICHNIS.............................................................2

MARKENRECHTLICHE AUSEINANDERSETZUNGEN AM BEISPIEL DES WIDERSPRUCHVERFAHRENS UM DIE WORT-/BILDMARKE APFELKIND................................................................................................3

A. Einführung................................................................................................31. Registermarken Verfahren vor dem DPMA..................................................................42. Verkehrsmarken..........................................................................................................53. Notorietätsmarke........................................................................................................5

B. Widerspruchsverfahren um die Wort-/Bildmarke Apfelkind...........................51. Widerspruch................................................................................................................62. Widerspruchsgründe...................................................................................................7

a) Registermarke mit älterem Zeitrang.......................................................................7aa) Anspruch auf Löschung wegen Ähnlichkeit und Verwechslungsgefahr mit einer eingetragenen Marke..............................................................................................8

(1) Ähnlichkeit.....................................................................................................8(a) Äußere Erscheinung der Zeichen................................................................8(b) Bekanntheitsgrad.....................................................................................10(c) Waren- und Dienstleistungsklassen..........................................................11(d) Gedankliche Nähe....................................................................................13

(2) Gesamtbetrachtung.....................................................................................14bb) Anspruch auf Löschung wegen Ähnlichkeit mit einer im Land bekannten Marke..............................................................................................................................15

(1) Zeichenähnlichkeit.......................................................................................15(2) Bekanntheit der Gemeinschaftsmarke.........................................................16

cc) Fehlende Kollisionstatbestände........................................................................16b) Notorietätsmarke mit älterem Zeitrang................................................................16c) Benutzungsmarke mit älterem Zeitrang................................................................17

C. Einordnung..............................................................................................17

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG..................................................20

ANHANG..................................................................................21

CC BY-NC-SA 3.0 Max Malkus 2012 1

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Markenrechtliche Auseinandersetzungen am Beispiel des Widerspruchverfahrens um die Wort-/Bildmarke Apfelkind (DE 302010061782.9/16 )

Literaturverzeichnis

Kommentare:

Ingerl Markengesetz, 3. Auflage, München 2010

Ströbele Markengesetz, 10 Auflage, Köln 2012

Artikel und Bücher

Classen Und plötzlich werden Äpfel mit Äpfel verglichen, aachener-zeitung.de (http://www.aachener-zeitung.de/artikel/1867074), 11.11.2011

Friebe Wir nennen es Arbeit: Die digitale Boheme oder: IntelligentesLeben jenseits der Festanstellung, München 2006

Khunkham Apples absurder Angriff auf das Bonner Apfelkind, welt.de(http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article13680040/Apples-absurder-Angriff-

auf-das-Bonner-Apfelkind.html), 25.10.2011

Lampmann Apple gegen Apfelkind: Größenwahnsinniger Weltkonzerngegen kleine Cafébesitzerin? Lbr-law.de (http://www.lbr-law.de/lbr-blog/apple-gegen-apfelkind-grosenwahnsinniger-weltkonzern-gegen-kleine-

cafebesitzerin), 03.11.2011

Strauss The Apple Store That Almost Was, blog.guifix.com(http://blog.guifx.com/2009/06/03/the-apple-store-that-almost-was/), 03.09.2009

Thornhil German cafe owner sued by Apple after computer firm says herlogo is too similar to theirs, dalymail.co.uk(http://www.dailymail.co.uk/news/article-2055869/German-cafe-Apfelkind-logo-

dispute-Apple.html), 31.10.2011

Redaktion Apple stört sich an Bonner Café Apfelkind, heise.de(http://heise.de/-1365326), 22.10.2011

Redaktion Wehe, Sie veräppeln Apples Apfel!, sueddeutsche.de(http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/computerkonzern-verklagt-bonner-cafe-

wehe-sie-veraeppeln-apples-apfel-1.1173840), 27.10.2011

Abkürzungen nach Kirchner/von Pannier, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 6.

Auflage, Berlin 2008

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Markenrechtliche Auseinandersetzungen amBeispiel des Widerspruchverfahrens um die

Wort-/Bildmarke Apfelkind

A. Einführung Im Herbst 2011 rückte die

Markenrechtsauseinandersetzung zwischen dem US -

amerikanischen Softwarehersteller Apple Inc. und der

Anmelderin einer Wort-/Bildmarke um die Anmeldung

der Marke Apfelkind in den Aufmerksamkeitsfokus

einer breiteren Öffentlichkeit. Neben Branchenportalen

wie heise.de1 und verschiedene Lawblogs berichteten

auch die Süddeutsche Zeitung2, der Westdeutsche

Rundfunk3 und die englische Daily Mail4 sowie Weitere

über die markenrechtliche Streitigkeit vor dem

Deutschen Patent und Markenamt (DPMA). Die

mediale Aufmerksamkeit um die Anmeldung einer

Marke für ein Familien-Café konzentrierte sich vor

allem auf das vermeidlichem Ungleichgewicht der

Verfahrensbeteiligten, „kleine Cafébesitzerin“5 auf der

einen, „gigantischer Konzern“6 auf der anderen Seite.

Angeheizt wurde die öffentliche Debatte durch die

markenrechtliche Aufarbeitung durch Lawblogs, auf

1 Apple stört sich an Bonner Café Apfelkind, http://heise.de/-1365326, abgerufen 10.04.2012.2 Wehe, Sie veräppeln Apples Apfel!, Süddeutsche Zeitung, http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/computerkonzern-verklagt-bonner-cafe-wehe-sie-veraeppeln-apples-apfel-1.1173840, abgerufen 10.04.2012.3 Apple gegen Apfelkind, WDR Lokalzeit Bonn, 21.10.2011.4 Thornhil, German cafe owner sued by Apple after computer firm says her logo is too similar to theirs, http://www.dailymail.co.uk/news/article-2055869/German-cafe-Apfelkind-logo-dispute-Apple.html, abgerufen 12.04.2012.5 Lampmann, Apple gegen Apfelkind: Größenwahnsinniger Weltkonzern gegen kleine Cafébesitzerin?, http://www.lbr-law.de/lbr-blog/apple-gegen-apfelkind-grosenwahnsinniger-weltkonzern-gegen-kleine-cafebesitzerin, abgerufen 10.04.2012.6 Khunkham, Apples absurder Angriff auf Bonner Apfelkind, http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article13680040/Apples-absurder-Angriff-auf-das-Bonner-Apfelkind.html, abgerufen 10.04.2011.

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denen die zur öffentliche Sympathie neigende

Berichterstattung der traditionellen Presse für die

Anmelderin nicht unbedingt geteilt wurde. Gegen den

Einwand es handele sich um eine Praxis-Übung um

gegen mögliche relative Markenrechtsverletzungen

frühzeitig vorzugehen, stand ein grundsätzliches

Unverständnis für die Mechanismen des Markenrechts.

Im Rahmen dieser Arbeit soll die Praxis

markenrechtlicher Auseinandersetzungen am Beispiel

des Widerspruchsverfahrens Apfelkind DE

302010061782.9/16 dargestellt und die

markenrechtlichen Mechanismen sowie mögliche

Beweggründe von Apple Inc. erläutert werden.

1. Registermarken Verfahren vor dem DPMA

Registermarken sind neben Verkehrsmarken und

notorisch bekannte Marken in §4 MarkenG benannt

und beziehen sich ausschließlich auf die in §3 I

MarkenG normierten Zeichen. Ihr Schutz setzt eine

Anmeldung eines Zeichens als Marke voraus.

Ausschließlichkeitsrechte gegenüber Dritte (§14

MarkenG) ergeben sich mit Eintragung nach einem

förmlichen Verfahren vor dem DPMA (§32 ff.

MarkenG), sie unterscheidet sich dahingehend von

Verkehrsmarken und notorisch bekannten Marken. Der

sich mit der Eintragung ergebene Schutz aus §14

MarkenG erstreckt sich auf die unbefugte Benutzung

von identischen, oder ähnlichen Zeichen mit

Verwechslungsgefahr durch Dritte, ebenso kann gegen

Denjenigen vorgegangen werden, der die

Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der

bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in

unlauterer Weise im geschäftlichen Verkehr

beeinträchtigt oder ausnutzt (§14 II Nr. 3 MarkenG).

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Weiterer Schutz kann sich aus Urheberrecht,

Wettbewerbsrecht oder weiteren Teilen des Zivilrechts

(z.B. Namensrecht §12 BGB) ergeben. Das DPMA

prüft im Rahmen eines sachlichen Verfahrens7 ob

formelle oder materiellen Voraussetzung der

Eintragung, insbesondere absolute Schutzhindernisse

aus §§3, 8, 10 MarkenG, entgegenstehen. An der

Feststellung der Vereinbarkeit knüpft sich die

Eintragungsverfügung und die Eintragung. Gegen die

Eintragung kann binnen drei Monaten Widerspruch

eingelegt werden (§42 I MarkenG). Das

Eintragungsverfahren endet mit dem Ablauf der

Widerspruchsfrist, etwaige Widerspruchsverfahren sind

somit Teil des Eintragungsverfahrens8.

2. Verkehrsmarken Markenschutz erhalten ferner Zeichen nach §3 I

MarkenG, welche einer Anmeldung nicht bedürfen

sofern sie im geschäftlichen Verkehr eingesetzt wurden

und Verkehrsgeltung auch als Marke erworben haben 9.

3. Notorietätsmarke Sofern ein Zeichen von einem wesentlichen Teil des

Inlandes für die Verwendung für reale Waren oder

Dienstleistungen wahrgenommen wird, steht dem

Verwender des Zeichens gem. §4 Nr. 3 MarkenG

ebenfalls der Markenschutz als notorisch bekannte

Marke zu.

B. Widerspruchsverfahren um die Wort-/Bildmarke Apfelkind

Frau Christin Römer legte am 21.10.2010 das Zeichen

Apfelkind (Abbildung 1) zur Anmeldung als

Registermarke dem DPMA vor. Die

7 Hacker in Ströbel/Hacker, Markengesetz §4 Rn 6.8 vgl. Kirschneck in Ströbel/Hacker, Markengesetz §42 Rn 2.9 vgl. Hacker in Ströbel/Hacker, Markengesetz §4 Rn 14.

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Eintragungsverfügung und Eintragung für das Zeichen

als Marke in den Waren- und Dienstleistungsklassen 16

(Leitklasse), 28, 24, 25, 27, 28, 29, 30, 32, 35, 42, 4310

erging am 28.04.2011 und wurde am 03.06.2011

veröffentlicht.

1. Widerspruch Gegen die Eintragung legte die Kanzlei Boehmert &

Boehmert als bevollmächtigte Vertreter der Inhaberin

der Gemeinschaftsmarken 02593127 (Abbildung II),

06314546 (Abbildung III), Apple Inc. am 30.08.2011

formalen Widerspruch vor dem DPMA ein11. Die

dreimonatige Widerspruchsfrist wurde eingehalten12.

Eine Einigung außerhalb des formellen Verfahrens, mit

dem Angebot seitens des Widersprechenden auf die

Einlegung eines Widerspruches zu Verzichten, wenn

die Markeninhaberin ihrerseits auf die Eintragung in

die Warenklassen 16, 35, 18 und 28 verzichtet, konnte

nicht erzielt werden13. Anders als von einigen Medien

kolportiert wurden keine Rechte aus der 1996

eingetragenen Marke 396118429 „THE APPLE

CAFE“14, Dienstleistungsklasse 43 (Verpflegung von

Gästen in Restaurants, Cafés, Schnellrestaurants,

Snack-Bars; Catering; Betrieb einer Bar.), mit

Schutzdauer bis zum 31.03.2016 des gleichen Inhabers

geltend gemacht15. Ursächlich hierfür könnten sowohl

die seit 1996 geänderte Unternehmensstrategie

bezüglich einer eigenen geplanten Café-Kette IT

10 Siehe Anmeldung (Anhang I).11 Siehe Widerspruch Apple Inc. (Anhang II).12 03.06.2011- 05.09.2011, http://register.dpma.de/DPMAregister/marke/register/3020100617829/DE, abgerufen am 14.03.2011.13 Siehe Khunkham a.a.O.14 Siehe Information zur Marke 39611842 (Anhang III).15 Eintragung der Wort-/Bildmarke am 22.10.1996. Verlängert nach §47 II MarkenG am 01.04.2006 bis zum 31.03.2016.

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Herstellers16, als auch der Benutzungszwang des

Markenrechts sein. Einem etwaigen begründeten

Wiederspruch stände wohl ein Löschungsanspruch

gegen die 1996 eingetragenen Marke wegen Verfalls

nach §49 iVm §26 MarkenG entgegen. Die

Markeninhaberin Frau Römer beantragte am

14.12.2011 die Zurückweisung des Widerspruchs17. Der

Widerspruch selbst wurde im Weiteren nicht näher

begründet. Eine Frist für eine Stellungnahme des

Wiedersprechenden endete am 16.04.2012.

2. WiderspruchsgründeDer Widerspruch gegen eine nach dem 01.01.1995

eingetragene Marke muss sich auf einen

Widerspruchsgrund aus §42 II Nr. 1-4 MarkenG

stützen. Die 1-4 des §42 II MarkenG sind dahingehend

abschließend18.

a) Registermarke mit älterem Zeitrang Ein Widerspruch nach §42 II Nr. 1 MarkenG kann aus

eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang geltend

gemacht werden sofern ein Kollisionstatbestand aus §9

I Nr. 1-3 MarkenG vorliegt. Apple Inc. macht Rechte

aus den Gemeinschaftsmarken 02593127, 06314546

geltend. Die Gemeinschaftsmarken sind seit dem

20.02.2004 bzw. 28.09.2007 als solche eingetragen19.

Gemeinschaftsmarken können gem. §125b Nr. 1

MarkenG für die Anwendung des §9 Nr. 1 – 2

nationalen Marken gleichgestellt werden20. Sie sind

auch im Verhältnis zur Wort-/Bildmarke DE

16 Siehe hierzu: Morgan Strauss, The Apple Store That Almost Was, 03.09.2009, http://blog.guifx.com/2009/06/03/the-apple-store-that-almost-was/, abgerufen am 14.04.2012.17 Siehe Antrag auf Zurückweisung des Widerspruchs (Anhang IV).18 Kirschneck in Ströbel/Hacker, Markengesetz §42 Rn 3.19 Siehe Certificat of Registration (Anhang V & VI)20 Vgl. Kober-Dehm in Ströbel/Hacker, Markengesetz §125b Rn 4.

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302010061782.9/16 (Apfelkind) Marken mit älterem

Zeitrag gem. §6 II MarkenG21. Die Zeichen sind nicht

identisch. Es kommt zunächst ein Anspruch auf

Löschung aus §125b Nr. 1 iVm §§42 II Nr.1, 9 I Nr. 2

MarkenG in Betracht.

aa) Anspruch auf Löschung wegen Ähnlichkeit und Verwechslungsgefahr mit einer eingetragenen Marke

Boehmert & Boehmert ist als bevollmächtigter

Vertreter (s.o.) der Inhaberin einer Marke mit älterem

Zeitrang berechtigt, den Anspruch §125b Nr. 1 iVm

§§42 II Nr.1, 9 I Nr. 2 geltend zu machen. Der

entsprechende Antrag wurde fristgemäß (§42 I

MarkenG) am 30.08.2011 gestellt und die

Widerspruchsgebühr gem. §6 I PatKostG entrichtet22.

Für den Anspruch kommt es insofern auf eine

Ähnlichkeit der Marken gem. §9 I Nr. 2 MarkenG an.

(1) ÄhnlichkeitDie Ähnlichkeit ist im Hinblick auf die

Verwechslungsgefahr auszulegen, diese ergibt sich aus

den Umständen, insbesondere Bekanntheitsgrad der

Marke im Markt, der gedanklichen Verbindung, die

eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen können, sowie

den Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem

Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten

Waren oder Dienstleistungen23.

(a) Äußere Erscheinung der ZeichenAlle benannten Marken bedienen sich der

schematischen Darstellung eines Apfels mit Stiel im

Seitenprofil. Die beiden Marken des Widersprechenden

bedienen sich des gleichen Zeichens. Die jeweils linke

21 Anmeldung Apfelkind am 21.10.2010, Anmeldung 02593127 am 26.02.2002, Anmeldung 06314546 28.09.2007.22 Siehe Zahlungsbelegt (Anhang VII).23 Vgl. Richtlinie 2008/95/EG (Markenrichtlinie), Erwägungsgründe Nr. 11.

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Seite der Äpfel ist abgerundet, wobei die

Wort-/Bildmarke DE 302010061782.9/16 (Apfelkind)24

am Scheitel leicht abflacht. Der äußerste Punkt des

Apfels, der Marke der Widersprechenden, befindet sich

am oberen Drittel desselben. Betrachtet man die obere

Seite des Apfels, so ist jeweils eine nach unten

abgerundete Einlassung zu sehen. Bei der Marke des

Widersprechenden verhält sich diese mittig zum

Apfelkörper wobei die jeweils linke und rechte Seite

sich auf gleicher Höhe befinden. Darüber, im oberen

Viertel liegt ein nach rechts stehender Apfelstiel/ein

nach recht stehendes Apfelblatt. Etwa gleich verhält

sich der nicht ebenförmige Stiel bei der Marke

Apfelkind, dieser ist ebenfalls nach rechts in

vergleichbaren Winkel zum Apfelkörper ausgerichtet,

im Gegensatz zu den Äpfeln des Widersprechenden

besteht hier eine durchgehende Verbindung zum

Apfelkörper. Zudem ist ein nach links ausgerichtetes

Blatt Teil der Darstellung, welches in seiner konkreten

Form der oberen Darstellung des Zeichens der

Widersprechenden gleicht. Ferner ist die Einlassung in

die rechte Hälfte des Apfels gezogen wobei die linke

obere Seite des Apfels größer ist als die rechte. Die

rechte Seite des Zeichens ist wie die linke Seite leicht

abgeflacht wobei sich das Verhältnis zur rechten Seite

aufgrund des insgesamt leicht nach rechts gekippten

Gesamtkörpers entsprechend verändert. Der

Apfelkörper des Widersprechenden hat auf den oberen

knapp 2/3 der rechten Seite eine halbrunde, etwa 1/5

große Aussparung. Das untere rechte Drittel weicht

nicht von der Darstellung des unteren linken Drittels

ab. Der Apfel steht überdies senkrecht. Beide

24 Wegen der Lesbarkeit wird im folgenden Absatz die Bezeichnung „DE 302010061782.9/16“ durch „Apfelkind“ ersetzt.

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Darstellung haben auf der unteren Seite eine mittige

Einlassung. Diese gerundete Aussparung endet beim

Apfel des IT-Herstellers, wie an der Oberseite, an

beiden Seiten gleichförmig. Der Gesamtumfang des

unteren Teils ist geringer. Die Silhouette ist insgesamt

geschlossen und der zweidimensionale Körper gefüllt.

Der Apfelkörper von Apfelkind ist in sich nicht

abgeschlossen, auf rund 50% der inneren Fläche des

Apfelkörpers ist ein Kopf im Seitenprofil, nach rechts-

oben blickend dargestellt, wobei die Stirn den oberen

Abschluss darstellt. Das Gesicht selbst bildet sich aus

der Öffnung des unteren Apfelkörpers, die Silhouette

des Apfels ist nicht geschlossen. Die Nase und der

Mund sind schematisch abgerundet. Der vordere Kopf

wird durch eine Wellenlinie vom Hinterkopf getrennt,

an dessen oben Ende zur rechten Seite eine Auslassung

beginnt, die in Kombination mit der Darstellung der

unteren Seite des Kopfes eine Mütze ergibt, unter

welche der Kopf mittellange Haare besitzt. Unter dem

Apfelkörper befindet sich im unteren Sechstel ein

Schreibschrift-Schriftzug „apfelkind“.

(b) BekanntheitsgradDie Widersprechende Apple Inc. nutzt, als eines der

wertvollsten, an Endkunden verkaufenden

Unternehmen der Welt, die in Rede stehenden

Gemeinschafsmarken auf und für alle im eigenen

Namen vertrieben Produkte sowie im Weiteren für

Merchandise. Alleine im ersten Quartal 2012 wurden

weltweit 73.073 IT-Produkte mit dem

Gemeinschaftsmarke verkauft25. Christine Römer

verwendet DE 302010061782.9/16 seit Eröffnung eines

Cafés Apfelkind am 30.04.2011 in der Stadt Bonn für

25 Siehe Quartalsbericht Apple Inc. (Anhang VIII).

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den Betrieb ihres mittelgroßen Cafés26 und den Vertrieb

verschiedener Produkte wie Taschen, Tassen und

Lampen über einen Online-Shop27. Trotz überörtlichen

medialen Aufmerksamkeit in der Markenstreitsache

und des online-Vertriebes ist davon auszugehen, dass

die Marke zur Zeit vornehmlich territoriale begrenzt, in

Bonn und Umgebung von der Zielgruppe Familien

wahrgenommen wird.

(c) Waren- und DienstleistungsklassenDie eingetragenen Waren- und Dienstleistungen auf die

sich der Schutz der Marken erstrecken soll

überschneidet sich im Verhältnis DE

302010061782.9/16 zu 002593127 in den Klassen 18

und 25, zwischen DE 302010061782.9/16 und

06314546 in den Klassen 16, 35 und 42. Es ist zunächst

festzustellen, dass sich die Eintragungen in zehn

Begriffen wörtlich überschneiden. In der beidseitigen

Leitklasse 16 sind dies Papier- und Schreibwaren,

begriffliche Nähen ergeben sich zu Buchbindeartikel

und Druckerzeugnissen. In Klasse 18 decken beide

Marken Geldbörsen, Regenschirme und Sporttaschen

und darüber hinaus diverse weitere Taschen ab. In

Klasse 25 beanspruchen beide einen Schutz für

Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen Stofflätzchen,

Mützen und Röcke, darüber ergeben sich Nähen

bezüglich diverser Oberbekleidungen wie

Regenkleidung, Pullover. Für Klasse 35 werden

Beratungen und die Erstellung von (Werbe-)Konzepte

von beiden geschützt, wobei DE 302010061782.9/16

insbesondere die Beratung für Dritte abdeckt

(Franchising), demgegenüber steht der direkte Betrieb

von Einzelhandelsgeschäften. In der

26 Bewirtungsfläche rund 100 Quadratmeter.27 http://apfel-kind.de/shop.

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Dienstleistungsklasse 42 stehen sich technische

Dienstleistungen, gastronomischen Dienstleistungen

gegenübergesetzt. Bezüglich der Klassen 16, 18, 25

ergibt sich in so weit eine direkte begriffliche

Überschneidung der Warenklassen. Für die Feststellung

der Ähnlichkeit ist auf die Branchennähe abzustellen.

Für die Beurteilung der Branchennähe ist die

ausgeübten Kerntätigkeiten der konkurrierenden

Unternehmen maßgeblich28. Apple Inc. ist ein

Hersteller von Computer Hard- und Software, das Café

Apfelkind ist ein Gastronomiebetrieb, beide vertreiben

darüber hinaus, direkt oder lizensiert durch Dritte

Merchandise-Produkte mit ihrem jeweiligen Zeichen29.

Merchandise ist eine weitere kommerzielle Verwertung

des eigentlichen Kerngeschäftes. Hierbei werden

regelmäßig verschiedene Gebrauchs-Produkte und

sonstige Waren mit Marken oder Geschäftlichen

Bezeichnungen versehen, ohne dass zwischen diesen

ein direkter Bezug zum Kerngeschäft bestehen muss.

Merchandise ist in sofern Branchenunabhängig und

kein Teil des Kerngeschäftes sondern eine optionale

Erweiterung der geschäftlichen Tätigkeit. Der jeweilige

Aufdruck stellt die Aufwertung einer Ware um die

Marke selbst da, auf die besondere Gestaltung der Ware

kommt im vorliegenden Fall nicht an. Merchandise ist

kein Ausdruck einer eigenen Wertigkeit der Marke.

Insofern können Produkte welche ausschließlich

Merchandise-Produkte sind nicht für die Bewertung der

Branchennähe hinzugezogen werden. Merchandise ist

abzugrenzen von Zubehör iSd §97 BGB. Eine

Ähnlichkeit muss sich für die beteiligten Verkehrskreise

28 BGH 1. Zivilsenat „BCC“, 20.01.2011, Aktenzeichen I ZR 10/09, Entscheidungsgründe Rn. 13.29 Apfelkind Café Online Shop: http://apfel-kind.de/shop; Apple Inc. z.B. via The CompanyStore http://www.apple.com/companystore.

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ergeben30. Legt man die Eintragungen unter

Betrachtung diesen Aspektes zum jeweiligen

Kerngeschäft, Computer- Hard- und

Softwareherstellung, Gastronomie aus, so ergibt sich,

dass die im Konkurrenzverhältnis stehenden Begriffe

oder angedeutete Nähen der eingetragenen Waren- und

Dienstleistungen im keinem direktem Bezug zum

Kerngeschäft des jeweils anderen stehen. Die

Kernbereiche Hard-Softwareherstellung und

Gastronomie sind darüber hinaus für den Verkehr

verschieden.

(d) Gedankliche NäheÄhnlichkeit der Waren- und Dienstleistungen ergibt

sich ferner aus der in Verbindungbringung der

verschiedenen Waren- und Dienstleitungen durch den

Verkehr, sofern dies die Herkunftsfunktion der Marken

beeinträchtigt (§9 I Nr. 2 Var. 6 MarkenG). Die

Herkunftsidentität wird dann beeinträchtigt, wenn die

beteiligten Verkehrskreise die verschiedenen Waren-

und Dienstleistungen nicht nur in Verbindung bringen,

sondern darüber hinaus davon ausgehen können, dass

sie derselben betrieblichen Verantwortungsbereich

entstammen31. Ein wirtschaftliches Interesse für einen

Technologiekonzern wie Apple Inc. an einen

Geschäftszweig Café, unter eigener Führung und

Verantwortung, bestätigte dieser selbst durch die Pläne

zu The Apple Cafe (s.o.). Diese Pläne wurden nicht

realisiert. Die Zunahme von Arbeit im Bereich der

privaten Lebensgestaltung, gesellschaftlich verkörpert

etwa durch die digitale Boheme32 führte sicherlich zu

30 Vgl. EuGH, GRUR 1998, 992 ff.31 Hacker in Ströbel/Hacker Markengesetz §9 Rn. 51.32 Friebe, Wir nennen es Arbeit Die digitale Boheme oder Intelligentes Leben jenseits derFestanstellung.

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Markenrechtliche Auseinandersetzungen am Beispiel des Widerspruchverfahrens um die Wort-/Bildmarke Apfelkind (DE 302010061782.9/16 )

einer Verschiebung von klassischer Bürotechnologie,

wie Computer und deren Nutzung auch in den

klassischen Freizeitbereich wie Cafés hinein, dennoch

bleibt wirtschaftliche Betätigung institutionell getrennt.

Eine Verbindung von Informationstechnologie mit

Gastronomie bleibt heute im gewerblichen Bereich auf

das Vorhalten von Internet beschränkt. Auch bei

erfolgreicher Verknüpfung z.B. bei Sponsor-Verträgen

für W-Lan Spots wird, sofern es sich um

kostenpflichtige Angebote für den Endnutzer handelt,

der Benutzer durch den Startbildschirm für die

Konfiguration auf den Vertragspartner für das

Internetangebot hingewiesen. Es bleibt bei einer, auch

nach außenerkennbare Trennung zwischen

Informationstechnologiedienstleister und

Gastronomiebetreiber 33. Das Publikum nimmt eine

wirtschaftliche Verbindung der Geschäftsbereiche

durch den selben Unternehmer mithin nicht als

unternehmerische Praxis wahr. Die Warenidentität ist

dahingehend nicht angegriffen, die Herkunftsfunktion

der Marke der Widersprechenden ist nicht durch die

Marke DE 302010061782.9/16 beeinträchtigt. Die

Waren- und Dienstleistungen aus beiden Bereichen

werden mithin nicht als im Verkehr miteinander

Verbunden angesehen. Es besteht keine Nähe zu

stattfindenden oder initiierten Waren- und

Dienstleistungsangeboten, sie sind mithin nicht ähnlich.

(2) GesamtbetrachtungDie Marken-Ähnlichkeit kann nur im Rahmen einer

Gesamtbetrachtung festgestellt werden, bei der die

Komponenten Zeichenähnlichkeit, Waren- und

Dienstleistungsähnlichkeit und die Kennzeichungskraft

33 Genannt sei hier etwa die Kooperation der Caféhauskette Starbucks mit verschiedenen Tele-Dienstanbieter für die Hot-Spot-Nutzung.

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der Marke und ihre jeweilige Wechselbeziehung

berücksichtigt werden müssen34. Jedoch kann eine

gänzlich fehlende Ähnlichkeit der Waren und

Dienstleistungen nicht durch die anderen

Tatbestandsmerkmale der Verwechslungsgefahr

ausgeglichen werden35. Es fehlt an der Ähnlichkeit der

Waren und Dienstleistungen. Insofern ergibt sich keine

Ähnlichkeit der Marken nach §9 I Nr. 2 MarkenG. Ein

Anspruch aus §125b Nr. 1 iVm §§ 42 II Nr.1, 9 I Nr. 2

MarkenG besteht nicht.

bb) Anspruch auf Löschung wegen Ähnlichkeit mit einer im Land bekannten Marke

Sofern sich Waren- und Dienstleistungen nicht ähneln

kommt bei Zeichenähnlichkeit zu einer bekannte Marke

ein Widerspruchsgrund aus §9 I Nr. 3 MarkenG wegen

unlauterer Beeinträchtigung oder Ausnutzung der

Unterscheidungskraft oder Wertschätzung einer im

Inland bekannten Marke in Betracht. Der Anspruch auf

Löschung aus §125b Nr. 1 iVm §§42 II Nr.1, 9 I Nr. 3

MarkenG setzt voraus, dass durch die Benutzung einer

jüngeren Marke die Unterscheidungskraft oder

Wertschätzung der älteren bekannten Marke in

unlauterer Weise ausgenutzt wird.

(1) ZeichenähnlichkeitZunächst müssten die Zeichen ähnlich sein. Dazu ist

festzustellen, dass sich die Marken wie unter (a)

Äußere Erscheinung der Zeichen ausgeführt, eines

zweidimensionalen Apfel-Motivs bedienen. Den

Möglichkeiten der schematischen 2D - Darstellung

eines Apfels sind natürliche Grenzen gesetzt, als sie

dem Vorbild eines realen Apfel orientieren müssen um

34 Ingerl in Ingerl/Rohnke Markengesetz, 3. Auflage 2010 §14 Rn 317.35 Hacker in Ströbel/Hacker, Markengesetz §9 Rn 57.

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die gedankliche Verbindung zu diesem beim Betrachter

hervorrufen zu können. Ein Apfel wird gemeinhin als

Fruchtkörper in der Regel mit Stiel und in den

seltensten Fällen mit einem am Stiel des Apfel

haftenden Blatt wahrgenommen. Die Darstellung des

Apfels der Marke DE 302010061782.9/16 ist

gegenüber des Apfels des Widersprechenden um ein

Apfelblatt und einen Schriftzug ergänzt, sie enthält

außerdem gegenüber der Widerspruchsmarke ein

markante Ausgestaltung der Innenfläche des Apfels. DE

302010061782.9/16 besteht aus drei Elementen, der

Apfel des Widersprechenden aus zweien. Die

markanten stilistischen Auffälligkeiten der

Gemeinschaftsmarken, ein nicht mit der Frucht

verbundener Stiel und der „Biss“ aus dem Apfel,

werden in der Marke DE 302010061782.9/16 nicht

übernommen noch angedeutet. Die Zeichen der Marken

sind mithin nicht ähnlich.

(2) Bekanntheit der GemeinschaftsmarkeAuf die Bekanntheit der Marke in der Gemeinschaft

(§125b Nr. 1 2Hs iVm §9 I Nr. 3) sowie weiteren

Voraussetzungen kommt es somit nicht an. Ein

Widerspruchsgrund aus §9 I Nr. 3 MarkenG besteht

nicht. Die Wiedersprechende hat keinen Anspruch auf

Löschung aus §125b Nr. 1 iVm §§ 42 II Nr.1, 9 I Nr. 3

MarkenG.

cc) Fehlende KollisionstatbeständeKollisionstatbestände aus §9 I Nr. 1-3 MarkenG liegen

nicht vor. Ein Widerspruch nach §42 II Nr. 1 MarkenG

kann nicht wirksam geltend gemacht werden.

b) Notorietätsmarke mit älterem Zeitrang

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Ein Widerspruch aus §42 II Nr. 2 MarkenG setzt

voraus, dass es sich bei den Marken 02593127 und

06314546 um notorisch bekannte Marken iSd Art. 6bis

Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des

gewerblichen Eigentums handelt. Die Konzernmarke

des Widersprechenden kann als eine solche angesehen

werden36. Ferner muss sich ein Widerspruch auf einen

Widerspruchsgrund aus §10 iVm §9 MarkenG ergeben.

§10 MarkenG stellt ein absolutes Schutzhindernis für

Eintragungen da, etwaige Verletzungen gegen

Notoritätsmarken sind grundsätzlich von Amtswegen

vor Eintragung zu prüfen (§37 I MarkenG), sofern die

Notorietät amtsbekannt ist37. Das DPMA sah in der

Anmeldung DE 302010061782.9/16 keine Kollision

mit absoluten Schutzhindernissen38. Auch wenn

unterstellt würde, dass die Notorietät nicht amtsbekannt

war, liegen im weiteren die Voraussetzungen nach §9 I

Nr. 1, Nr. 2 bzw. Nr. 3 MarkenG wie oben dargestellt

nicht vor. Entsprechend kommen Ansprüche aus §42 II

Nr. 2 MarkenG nicht in Betracht.

c) Benutzungsmarke mit älterem Zeitrang

Apple Inc. macht Rechte aus eingetragenen Marken

geltend, Ansprüche aus §42 II Nr. 4 MarkenG, aus

nicht-eingetragenen Marken kommen nicht in Betracht.

Der Widerspruch von Boehmert & Boehmert vom

30.08.2011 ist somit unbegründet.

C. EinordnungKommt das DPMA zu dem gleichen Ergebnis, bleibt

die Marke DE 302010061782.9/16 ist das

36 Vgl. Ausführungen zu (b) Bekanntheit.37 Ingerl in Ingerl/Rohnke Markengesetz, 3. Auflage 2010 §10 Rn 1.38 Siehe Eintragungsverfügung (Anhang IX).

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Eintragungsverfahren abgeschlossen. Gegen die Marke

kann die Widersprechende oder Dritte im Weiteren

markenrechtlich mit einer Nichtigkeitsklage (§51

MarkenG) prozessieren.

Es kann festhalten werden, dass Verletzungen von

relativen Schutzverhältnissen im Markenrecht von den

Markeninhabern selbst geltend gemacht werden

müssen. Dies gilt grundsätzlich auch für bekannte

Marken, wenngleich bei notorischer Bekanntheit das

DPMA im Rahmen Amtsermittlungsgrundsatzes auch

relative Markenverletzungen nach Möglichkeit zu

verhüten hat. Der Markeninhaber steht vor der Wahl

durch eine restriktive Widerspruchspraxis seinen

Schutzumfang weitestgehend zu behaupten und dafür

die Kosten für eine regelmäßige Kontrolle der

Markenanmeldungen sowie im Einzelfall

imageschändigende Berichterstattungen in Kauf zu

nehmen. Alternativ bietet sich dem Markeninhaber die

Möglichkeit erst bei empfundener aktueller

Betroffenheit (nach Ablauf der Widerspruchsfrist)

Rechte im Rahmen einer, mit entsprechenden Aufwand

verbundenen, Widerspruchsklage klären zu lassen. Dem

Widersprechenden kommt zu Gute, dass eine formelle

Einlegung des Widerspruchs ausreicht, die nähere

Feststellung von Schutzrechten obliegt in soweit dem

DPMA, es ist grundsätzlich keine nähere

Stellungnahme oder Begründung dem Widerspruch

beizubringen. Neue und potentielle Marktteilnehmer

müssen diese Unwegsamkeit nach der Anmeldung in

Kauf nehmen, wollen sie selbst entsprechende Rechte

geltend machen können. Hier ist der Ansicht

entgegenzutreten, es handele sich um ungleiche

Verfahrensbeteiligte. Die Beteiligten, auch handelt es

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sich um sog. Start-Ups wollen für sich einen

Markenschutz in Anspruch nehmen um vertriebene

Waren und Dienstleistungen einer breiten

Kundengruppe zu präsentieren39 und sich gegenüber

anderen Anbietern abzugrenzen. Die Eintrittsschwellen

sind hierbei grundsätzlich gleich hoch. Ferner ist

festzuhalten, dass für einen Geschäftsbetrieb unter

eigenem Zeichen, eine Markenanmeldung nicht

zwingend erforderlich ist, es handelt sich um eine

Abwägungsentscheidung sich den Mechanismen des

Markenrechts zu unterwerfen. Kritsch darf die

außergerichtlichen Streitbeilegungspraxis gesehen

werden, hier bleibt der tatsächliche Umfang der

Auseinandersetzungen unklar. Während sich im

Verfahren vor den offiziellen Instanzen ein

Mechanismus für die Auslegung der

Markenrechtsbegriffe etabliert hat, kann in einem

vorgeschalteten Verfahren nicht ohne Weiteres auf

diesen Fundus zurückgegriffen werden.

Markeninhabern kann ein entsprechendes

Einschüchterungspotential in der direkten

Auseinandersetzung gegenüber Markenneuanmeldern

vorgehalten werden. Das Vorgehen von Apple Inc.

gegen apfelähnlichen Marken im Allgemeinen und

gegen die Marke Apfelkind im Besonderen zeigt, das

marktmächtige Unternehmen sich durchaus für eine

restriktive Markenpolitik entscheiden. Der Widerspruch

von Apple Inc. stellt ein routinemäßiges Vorgehen eines

Markeninhabers dar, welches zwar materiell

unbegründet ist, in seiner Art jedoch der gängigen

Praxis im Markenrecht entspricht.

39 Christin Roemer: „I wanted to do something like Starbucks, and have the logo as my trademark (...)“, Daly Mail a.a.O.

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Eidesstattliche Erklärung

Hiermit versichere ich, dass ich die Arbeit selbständig

angefertigt, keine anderen als die angegebene

Hilfsmittel benutzt und die Stellen der Facharbeit, die

im Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt aus anderen

Werken entnommen wurden, mit genauer

Quellenangabe kenntlich gemacht habe.

..................................................................... ................

.....................................................

(Ort) (Datum) (Unterschrift)

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Anhang

Abbildungen

Abbildung I – Apfelkind

Abbildung II / Abbildung III – Apple I (02594127) / Apple II (06314546)

Anhänge

Anhang I - Anmeldung Apfelkind

Anhang II - Widerspruch Apple Inc.

Anhang III – DPMA Information zur Marke The Apple Cafe

Anhang IV - Antrag auf Zurückweisung des Widerspruchs (Auszug)

Anhang V - Certificat of Registration 02594127 (Auszug)

Anhang VI - Certificat of Registration 06314546 (Auszug)

Anhang VII - Zahlungsanzeige DPMA.

Anhang VIII - Quartalsbericht Apple Inc.

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Anhang IX - Eintragungsverfügung

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