integrierte informationsversorgung zur entscheidungsunterstützung in netzgesellschaften

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WI – AUFSATZ Integrierte Informationsversorgung zur Entscheidungsunterstützung in Netzgesellschaften Der Beitrag stellt ein Referenzmodell zur Unterstützung des strategischen Asset-Managements vor. Auf Basis der Analyse der bestehenden Anforderungen von und an Energieanbieter(n) aus den Perspektiven von Gesetzgebung und Stakeholdern wird zunächst die Notwendigkeit einer integrierten Informationsversorgung zur Erfüllung von Berichtspflichten und Entscheidungsunterstützung validiert. In der Folge werden bestehende Modelle inhaltlich bezüglich ihrer Lösungskompetenz und Lücken in Bezug auf die identifizierte Aufgabenstellung nachgewiesen. Bei der Konzeption der Lösung werden die zuvor untersuchten Modelle berücksichtigt und basierend auf der Integration betriebswirtschaftlicher und technischer Perspektiven erweitert. Die Modellierung des Referenzmodells erfolgt in einem multidimensionalen Datenmodell und bildet die Grundlage für eine Prüfung der Belastbarkeit des Modells anhand von Experteninterviews. DOI 10.1007/s11576-011-0306-y Die Autoren Prof. Dr. Carsten Felden ( ) Dipl.-Kfm. Johannes Jakob Buder Technische Universität Bergakademie Freiberg Lessingstraße 45 09599 Freiberg Deutschland [email protected] [email protected] Eingegangen: 2011-02-28 Angenommen: 2011-09-16 Angenommen nach einer Überarbei- tung durch Prof. Dr. Terzidis. Online publiziert: 2012-01-12 This article is also available in English via http://www.springerlink.com and http://www.bise-journal.org: Felden C, Buder JJ (2012) Integrated Infor- mation Supply for Decision Support in Grid Companies. Bus Inf Syst Eng. doi: 10.1007/s12599-011-0198-9. © Gabler Verlag 2011 1 Einleitung Die Zunahme der dezentralen Ener- gieversorgung (Energiewirtschaftsgesetz 2005), die damit verbundenen Lastpro- filschwankungen, das hohe Alter der ge- genwärtigen Betriebsmittelstruktur so- wie die demographische Entwicklung führen bei den Netzgesellschaften inner- halb der nächsten zehn Jahre zu einem Investitionsbedarf von circa 40 Milliar- den Euro (Nguyen 2010; Zdrallek 2005). Die damit verbundenen Investitionsent- scheidungen der Netzgesellschaften be- wegen sich jedoch im regulatorischen Rahmen der Anreizregulierung (Anreiz- regulierungsverordnung 2007). Dieser zwingt Netzgesellschaften dazu, Leis- tungen wirtschaftlich und zuverlässig zu erbringen (Energiewirtschaftsgesetz 2005). Die von der Bundesnetzagentur (BNetzA) berechneten Netzentgelte be- wegen sich um bis zu 14 Prozent un- ter den kalkulierten Entgelten der Netz- gesellschaften (Microsoft 2008). Ein kos- tendeckender Betrieb und die Realisie- rung von Ertragsreserven lassen sich daher unter den regulatorischen An- forderungen nur bewerkstelligen, wenn die wirtschaftlichen als auch techni- schen Risiken identifiziert und bewert- bar sind, um Entscheidungen abzulei- ten, die auf strategischer Ebene den ak- tuellen Zustand der Anlagen berücksich- tigen (Fuhrberg-Baumann und Jeltsch 2009, S. 8; Osztermayer 2007). Es ist das Ziel dieses Beitrages, ein Referenzmodell für das Anlagenmanagement zu konzi- pieren, um die Grundlage für eine inte- grierte Informationsversorgung zu schaf- fen, die damit die bisherige Trennung der technischen und betriebswirtschaft- lichen Perspektiven überwindet. Das Re- ferenzmodell stellt eine Handlungsemp- fehlung dar (Braun und Esswein 2007), das Anlagenmanagement zu standardi- sieren und die bisher verteilten Funk- tionen zu integrieren. Ferner erlaubt die multidimensionale Datenstrukturierung die Kopplung strategischer Maßnahmen und operativer Ereignisse durch die Da- tenbereitstellung für Ursache-Wirkungs- Ketten. Branchenbefragungen zeigen den ge- ringen Durchdringungsgrad standardi- sierter Informationssystemansätze bei gleichzeitig steigenden Berichtsanforde- rungen auch zur Entscheidungsunter- stützung (Czotscher 2009). Grundlage der Entscheidungen sind dabei auch die richtigen Informationen aus den Ergeb- nissen der technischen Überwachung. Diese sind jedoch gemeinschaftlich mit den buchhalterischen und demographi- schen Daten auszuwerten, da sie sich in- nerhalb der regulatorischen Vorgaben in Bezug auf Finanzen, Zuverlässigkeit und Organisation bewegen. Zudem erfordern die Entscheidungen der strategischen Ebene auch deren Kopplung an operative Maßnahmen, deren Konsolidierung auf der Leitstandsebene sowie die finanzielle und technische Bewertung anhand von Kennzahlen. Somit liegt das Fundament einer Entscheidung in der Informati- onsversorgung des Netzmanagements. WIRTSCHAFTSINFORMATIK 1|2012 17

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Integrierte Informationsversorgungzur Entscheidungsunterstützungin NetzgesellschaftenDer Beitrag stellt ein Referenzmodell zur Unterstützung des strategischenAsset-Managements vor. Auf Basis der Analyse der bestehenden Anforderungen von und anEnergieanbieter(n) aus den Perspektiven von Gesetzgebung und Stakeholdern wirdzunächst die Notwendigkeit einer integrierten Informationsversorgung zur Erfüllung vonBerichtspflichten und Entscheidungsunterstützung validiert. In der Folge werdenbestehende Modelle inhaltlich bezüglich ihrer Lösungskompetenz und Lücken in Bezug aufdie identifizierte Aufgabenstellung nachgewiesen. Bei der Konzeption der Lösung werdendie zuvor untersuchten Modelle berücksichtigt und basierend auf der Integrationbetriebswirtschaftlicher und technischer Perspektiven erweitert. Die Modellierung desReferenzmodells erfolgt in einem multidimensionalen Datenmodell und bildet dieGrundlage für eine Prüfung der Belastbarkeit des Modells anhand von Experteninterviews.

DOI 10.1007/s11576-011-0306-y

Die Autoren

Prof. Dr. Carsten Felden (�)Dipl.-Kfm. Johannes Jakob BuderTechnische UniversitätBergakademie FreibergLessingstraße 4509599 FreibergDeutschlandcarsten.felden@[email protected]

Eingegangen: 2011-02-28Angenommen: 2011-09-16Angenommen nach einer Überarbei-tung durch Prof. Dr. Terzidis.Online publiziert: 2012-01-12

This article is also available in Englishvia http://www.springerlink.com andhttp://www.bise-journal.org: FeldenC, Buder JJ (2012) Integrated Infor-mation Supply for Decision Supportin Grid Companies. Bus Inf Syst Eng.doi: 10.1007/s12599-011-0198-9.

© Gabler Verlag 2011

1 Einleitung

Die Zunahme der dezentralen Ener-gieversorgung (Energiewirtschaftsgesetz2005), die damit verbundenen Lastpro-

filschwankungen, das hohe Alter der ge-genwärtigen Betriebsmittelstruktur so-wie die demographische Entwicklungführen bei den Netzgesellschaften inner-halb der nächsten zehn Jahre zu einemInvestitionsbedarf von circa 40 Milliar-den Euro (Nguyen 2010; Zdrallek 2005).Die damit verbundenen Investitionsent-scheidungen der Netzgesellschaften be-wegen sich jedoch im regulatorischenRahmen der Anreizregulierung (Anreiz-regulierungsverordnung 2007). Dieserzwingt Netzgesellschaften dazu, Leis-tungen wirtschaftlich und zuverlässigzu erbringen (Energiewirtschaftsgesetz2005). Die von der Bundesnetzagentur(BNetzA) berechneten Netzentgelte be-wegen sich um bis zu 14 Prozent un-ter den kalkulierten Entgelten der Netz-gesellschaften (Microsoft 2008). Ein kos-tendeckender Betrieb und die Realisie-rung von Ertragsreserven lassen sichdaher unter den regulatorischen An-forderungen nur bewerkstelligen, wenndie wirtschaftlichen als auch techni-schen Risiken identifiziert und bewert-bar sind, um Entscheidungen abzulei-ten, die auf strategischer Ebene den ak-tuellen Zustand der Anlagen berücksich-tigen (Fuhrberg-Baumann und Jeltsch2009, S. 8; Osztermayer 2007). Es ist dasZiel dieses Beitrages, ein Referenzmodellfür das Anlagenmanagement zu konzi-pieren, um die Grundlage für eine inte-grierte Informationsversorgung zu schaf-fen, die damit die bisherige Trennung

der technischen und betriebswirtschaft-lichen Perspektiven überwindet. Das Re-ferenzmodell stellt eine Handlungsemp-fehlung dar (Braun und Esswein 2007),das Anlagenmanagement zu standardi-sieren und die bisher verteilten Funk-tionen zu integrieren. Ferner erlaubt diemultidimensionale Datenstrukturierungdie Kopplung strategischer Maßnahmenund operativer Ereignisse durch die Da-tenbereitstellung für Ursache-Wirkungs-Ketten.

Branchenbefragungen zeigen den ge-ringen Durchdringungsgrad standardi-sierter Informationssystemansätze beigleichzeitig steigenden Berichtsanforde-rungen auch zur Entscheidungsunter-stützung (Czotscher 2009). Grundlageder Entscheidungen sind dabei auch dierichtigen Informationen aus den Ergeb-nissen der technischen Überwachung.Diese sind jedoch gemeinschaftlich mitden buchhalterischen und demographi-schen Daten auszuwerten, da sie sich in-nerhalb der regulatorischen Vorgaben inBezug auf Finanzen, Zuverlässigkeit undOrganisation bewegen. Zudem erforderndie Entscheidungen der strategischenEbene auch deren Kopplung an operativeMaßnahmen, deren Konsolidierung aufder Leitstandsebene sowie die finanzielleund technische Bewertung anhand vonKennzahlen. Somit liegt das Fundamenteiner Entscheidung in der Informati-onsversorgung des Netzmanagements.

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Diese ist derzeitig langwierig und auchauf Grund der häufig intensiven Nut-zung von Microsoft-Excel (MS-Excel)mit einem hohen Fehlerpotenzial ver-bunden (Panko 2009). Aus den Defizitender derzeitigen Informationsversorgungresultierten Defizite in der fachlichenVersorgung des Anlagenmanagements.Diese zeigen sich insbesondere in derLücke zwischen dem strategischen Netz-management und der operativen Steue-rung, einer fehleranfälligen Zustands-überwachung und -prognose und ei-nem aufwendigen Berichtswesen an dieBNetzA.

Auf fachlicher Ebene finden sich aus-schließlich Rahmenwerke, welche dasAnlagenmanagement aus technischeroder schnittmengenfrei aus betriebswirt-schaftlicher Sicht erklären. Doch geradedie Entscheidungen des strategischenAnlagenmanagements haben langfristi-ge Auswirkungen auf die Operational-Expenditure-Betrachtungen (OPEX)und Capital-Expenditure-Betrachtungen(CAPEX), die neben der Versorgungs-qualität in den Fokus rücken. Der Anla-genzustand und dessen Prognose stehendaher im direkten Zusammenhang. Dieswird auch in der Praxis erkannt (Fette2008), doch die Trennung der Sichtenfindet sich auch in den Anwendungssys-temen des Anlagenmanagements. Ansät-ze zur Integration der Sichten existierenaus Sicht der Informationstechnik (IT)bisher nur rudimentär. Bisherige Arbei-ten (Osztermayer 2004; Safirov und Kam-phans 2010, S. 94 f; Wellßow 2006) erken-nen auf Grund der variierenden Anfor-derungen des Regulierungsmanagementsdie Notwendigkeit einer informations-technischen Integration. Dennoch isteine Koppelung der operativen Systeme,taktischer Steuerungsebene sowie derstrategischen Planung für das Anlagen-management derzeit nicht vorhanden.Verfügbare Werkzeuge des strategischenAnlagenmanagements basieren auf denDaten des Regulierungsmanagements.Dabei zeigt sich, dass eine Datenkonsoli-dierung üblicherweise manuell durchge-führt wird und somit fehlerbehaftet ist.Das in diesem Beitrag konzipierte Refe-renzmodell bildet daher den Mehrwert,die Rahmenwerke in einem multidimen-sionalen Modell zu integrieren, um inHinblick auf die mangelnde informati-onstechnische Umsetzung eine Hand-

lungsempfehlung für Netzgesellschaftenzu geben.

Die Forschung und damit die Bearbei-tung des Themas bettet sich über un-terschiedliche Betrachtungsebenen in dasfolgende Design ein (Abb. 1).

Auf der Einflussebene finden sich dieauf die Energieanbieter wirkende undvon deren Seite nicht zu beeinflussen-den Faktoren. Daraus ergibt sich einSpannungsfeld, innerhalb dessen Ent-scheidungen im Sinne einer strategischeAusrichtung getroffen werden müssen.Aus der strategischen Ausrichtung erge-ben sich konkrete Folgen auf die Gestal-tungsebene, zu berücksichtigende Kenn-zahlen und Perspektiven im Manage-ment. Das vorgestellte Referenzmodellverknüpft diese, gewährleistet Konsistenzund bietet somit eine umfassende Per-spektive. Dabei wird eine im BereichBusiness Intelligence etablierte Architek-tur eingesetzt und die Umsetzbarkeit desModells gezeigt. Die Ebene der Auswir-kungen und damit die Gültigkeit des Ent-wurfes zur Unterstützung des strategi-schen Analagenmanagement und der Er-füllung der Berichtspflichten ist durchdie Aussagen im Expertengespräch ei-ner Prüfung unterzogen und bestätigtworden.

2 Anlagenmanagement inNetzgesellschaften

Das Anlagenmanagement hat das Ziel,die Betriebsmittel über den gesam-ten Lebenszyklus in einem definiertenLeistungs- und Sicherheitsstatus zu hal-ten (Schneider et al. 2005). Aufgabe istes, den Anforderungen der Kunden, derBNetzA sowie den Erwartungen der Ka-pitalgeber zu entsprechen. Dieses Kapitelerläutert zunächst das strategische Anla-genmanagement. Anschließend erfolgtdie Darstellung der Herausforderun-gen, das Anlagenmanagement umfassendauf strategischer und operativer Ebe-ne fachlich und informationstechnischabzubilden.

2.1 Anlagenmanagement

Im Rahmen des Anlagenmanagementsist innerhalb der genannten Interessens-gruppen ein Ausgleich zu schaffen, umerfolgsorientierte Entscheidungen treffen

zu können. Strategische Entscheidungensind von Bedeutung, da die lange Le-bensdauer der Betriebsmittel (Bahadoor-singh und Rowland 2007) Entscheidun-gen über Instandhaltungsstrategien so-wie Baumaßnahmen kurz- und mittel-fristig irreversibel macht. Um unter dengegenwärtigen Anforderungen Ertrags-potenziale zu realisieren, gehört es zu denprimären Herausforderungen, die Kopp-lung zwischen strategischen Entschei-dungen und deren operativer Umsetzungzu realisieren.1 Dabei sind die Anfor-derungen an Netzzuverlässigkeit, Sicher-heit und Kosten sowie mögliche Strafzah-lungen an die BNetzA zu berücksichti-gen (Wenzler 2005, S. 75 ff). Auf Grunddieser Herausforderungen ist das stra-tegische Anlagenmanagement der Aus-gangspunkt der Planung. Es umfasst imWesentlichen die Aufgaben Netzbewer-tung und -dimensionierung, Risikoiden-tifikation und -bewertung, Bestimmungder Instandhaltungsstrategie, Identifika-tion der Betriebsmittelzustände, Simu-lation der Betriebsmittelzustände (Alte-rungsmodelle) und Fehleranalyse, Kon-zessionsmanagement sowie die betriebs-wirtschaftliche Bewertung anhand CA-PEX und OPEX (Fette 2009; Schneideret al. 2005). Neben der methodischenFestlegung der einzelnen Aufgaben, wel-che die Erhebung der Betriebsmittelzu-stände, die Risikoidentifikation sowie dieWahl der Alterungs- und Simulations-modelle einschließt (Osztermayer 2007;Theil und Demiri 2007, S. 209 ff; Thur-ner et al. 1998, S. 318 ff), ist die Verbin-dung zwischen den Ergebnissen der Pla-nung und den finanziellen Auswirkungennotwendig. Neben dem Risiko bilden fi-nanzielle Kennzahlen wie OPEX und CA-PEX die wesentlichen Steuerungsgrößender Netzgesellschaften (Balzer et al. 2007;Fette 2008; Goes 2003; Stender 2008).

2.2 Herausforderung undProblemstellung

Die Anreizregulierung zwingt Netzge-sellschaften dazu, neben der techni-schen Zustandsüberwachung wirtschaft-liche Aspekte der Entscheidungen unterBerücksichtigung der Risiken und derenFolgen zu beachten (Anreizregulierungs-verordnung 2007).

Die Ergebnisse der technischen Pla-nung sind auch buchhalterisch zu erfas-

1Langfristigkeit und Strategie stehen in Konflikt, wenn eine Netzentscheidung auf Grund der langen Nutzungsdauer (bis zu 60 Jahre) der AnlagenBestand hat. Eine operative Entscheidung (etwa die Wahl bei Kettenarmaturen) hat immer Einfluss auf den Wartungsaufwand in den nächsten fünfbis zehn Jahren und bedingt ggf. Ersatzbeschaffungen.

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Abb. 1 Forschungsdesign zum Referenzmodell (modifiziert nach Lehr 2006, S. 137)

sen und über ihren gesamten Lebens-zyklus bezüglich OPEX und CAPEX zubewerten. Die Bewertung ist nicht nurauf der aggregierten Betriebsmittelgrup-pe notwendig, sie erfordert auch die de-taillierte operative Betrachtung des jewei-ligen Betriebsmittels. Die Detaillierungist erforderlich, da anhand der Betriebs-mittelbetrachtung der Aufwand operati-ver Maßnahmen bestimmt werden kannund so die Genauigkeit der Planungzunimmt.

In den vorhandenen fachlichen Rah-menwerken zeigt sich, dass die Identi-fikation und Prognose der Betriebsmit-telzustände in den jeweiligen Lebenszy-klen und die Wahl der Instandhaltungs-strategien kritische Faktoren sind. Je-doch konzentrieren sich wissenschaftli-che Arbeiten auf die einzelnen Aufgabenwie Zuverlässigkeitsberechnung (Konnov2007; Obergünner et al. 2002, S. 32 ff),die Wirksamkeit von Alterungsmodellen(Osztermayer 2007; Bahadoorsingh undRowland 2007) sowie deren Auswirkun-gen auf die Instandhaltung (Theil undDemiri 2007, S. 209 ff). Rahmenwer-

ke, welche das Anlagenmanagement alsumfassenden Prozess über den gesam-ten Lebenszyklus der Betriebsmittel auf-fassen und diesen Prozess methodischbeschreiben (Balzer et al. 2007; Schnei-der et al. 2005; Schreiner et al. 2002,S. 776 ff), legen den Fokus auf techni-sche Aspekte und der Bewertung des Risi-kos. Die Rahmenwerke von Goes (2003),Accenture (2005) und Stender (2008)konzentrieren sich auf die Umsetzungeines betriebswirtschaftlichen Kennzah-lenschemas auf Grundlage der techni-schen Prozesse, ohne diese aber genauzu diskutieren oder zu erörtern. Balzeret al. (2007) entwickeln ein Vorgehens-modell des Anlagenmanagements ausge-hend von der strategischen Ebene überdie Instandhaltungsstrategie bis hin zurEffizienzmessung. Jedoch ist hier, wie inden Ansätzen von Bahadoorsingh undRowland (2007) und Spitzer und Engels(2009) der Fokus auf die Zustandsmes-sung, -bestimmung und -prognose ge-legt. Auch Osztermayer (2007) betrach-tet das Anlagenmanagement bezüglichder Zustände und deren Auswirkungen

auf die Versorgungsqualität. Die Auswir-kungen und finanzielle Bewertung wer-den hingegen weitgehend ausgeblendet.Die Bedeutung der einzelnen Ergebnisseder technischen Bewertung für die Steue-rungsgrößen OPEX und CAPEX bleibtin diesen Arbeiten unerwähnt. Dadurchist eine Kopplung strategischer Ergebnis-se auf operative Maßnahmen vice ver-sa nicht möglich. Auch wenn Accenture(2005) und Stender (2008) die Integra-tion der einzelnen Aspekte des Anlagen-managements anstreben, bleibt die infor-mationstechnische Umsetzung unklar.

Dies zeigt, dass eine umfassende In-formationsversorgung ein derzeit kri-tisches Element der Entscheidungsfin-dung in Netzgesellschaften ist. Dabei sinddie Informationsbasen für die Teilaufga-ben des Netzmanagements grundsätzlichvorhanden. Allerdings besteht eine sol-che Informationsversorgung nicht für einübergeordnetes Berichtswesen zur Ent-scheidungsfindung. Dabei ist nicht nurdas strategische Anlagenmanagement be-troffen, sondern auch das Regulierungs-management. Der Mangel der technisch-

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betriebswirtschaftlichen Synchronisationführt jedoch zu Ungenauigkeiten, wel-che die Einschätzung über die Lebens-dauer und den Instandhaltungsaufwandbeeinträchtigen. Dies kann durch die re-gulatorischen Kostenrestriktionen zu er-heblichen Konsequenzen führen. Einzel-ne Anbieter haben erste Lösungsansätzein den Markt gebracht, die im Folgendenvorgestellt werden.

2.3 Marktübersicht

Diskussion in der Praxis zeigen, dassdie Integration der heterogenen Datenin Netzgesellschaften für das Anlagen-management von Bedeutung ist. Den-noch besitzen nur wenige Unternehmenein umfassend implementiertes Infor-mationssystem für Entscheidungsträger.Viele Unternehmen sind damit beschäf-tigt, entsprechende interne Kommunika-tionsstrukturen zu schaffen, sodass trotzder erkannten Notwendigkeit ein solchesSystem eher nachrangige Bedeutung auf-weist. Dies gilt sowohl für große Ener-giedienstleistungsunternehmen als auchfür kleine Stadtwerke. Daher weichenauch hier viele Verantwortliche auf diemanuelle Integration mittels MS-Excelaus. Neben der personal- und zeitinten-siven Berichtserstellung ist ein wesentli-cher Nachteil, mit zunehmender Daten-menge eine erhebliche Fehlerhäufigkeitaufzuweisen (Panko 2009). Zudem kön-nen Informationen nicht kontinuierlichüber einen langen Zeitraum allen inter-essierten Mitarbeitern bedarfsgerecht zurVerfügung gestellt werden. So besteht dieinhärente Gefahr, dass identische Ana-lysen zu unterschiedlichen Zeiten nichtvergleichbar sind und darüber hinaus,dass Wissen in einem Unternehmen ver-loren geht. Auch existiert keine Lösungim Markt selbst, die das beschriebene An-forderungsprofil erfüllt. Eine detaillierteDarstellung zeigt Tab. 1.

Zusammenzufassen bleibt, dass amMarkt bereits Lösungen existieren, dieaus der jeweiligen Anbieterhistorie her-aus entstanden sind. Aktuell verstehensich die Anbieter eher als Dienstleister,die regelmäßig von außen Netzbewertun-gen ausführen, allerdings nicht immerflächendeckende Lösungen für ein Unter-nehmen vorhalten können. Im Sinne derSicherstellung einer langfristig inhaltlichund technisch anpassbaren Konzeptionweisen die vorhandenen Lösungen De-fizite auf, die durch das Referenzmodellüberwunden werden sollen.

Die Lösung der ABB unterstützt denDatenfluss zwischen den eigenen tech-nischen Komponenten und fokussiertdie Energieerzeugung und Energietech-nik. Dabei wird, wie bei allen anderen Lö-sungen auch, die Existenz vorhandenerBI-Systeme ausgeblendet. Von GE oderSiemens werden umfassende Lösungengeboten, bei denen jeweils das fachlicheDatenmodell im Fokus steht. Inhaltlichweist die Lösung von GE jedoch eine aus-geprägte US-Marktorientierung auf, derErfahrungen z. B. aus dem deutschenMarkt fehlen. Dies ist bei Siemens durchderen best-practice-Umsetzung stärkerausgeprägt. Beide Anbieter stellen vonder operativen Erfassung bis zum stra-tegischen Anlagenmanagement alles zurVerfügung. Dies ist jedoch mit der Gefahreines Lock-in verbunden. Eine notwen-dige Trennung in eine Visualisierungs-,Daten- und Integrationsschicht ist nichtvorhanden, um einer dauerhaft und da-mit langfristig flexiblen Architektur ge-recht zu werden. Beispielsweise ist einmöglicherweise notwendiger Austauschvon Prognose- oder Simulationsmetho-den, die Anpassung des Datenmodellsoder die Erweiterung der Integrations-ebene nicht möglich. Dies ist aber einnotwendiges Erfordernis, da die fachli-chen und technischen Erfahrungen erstim Markt gesammelt werden müssen undüber den langen Einsatz von Softwa-re in Unternehmen Flexibilität gewahrtsein muss. Die Lösungen von Signionoder Samco Networks orientieren sicham BI-Konzept, sind jedoch firmenindi-vidualorientiert sowie MS-Access-/Excel-fokussiert, sodass ein inhaltlich übergrei-fender Anspruch und eine datenvolu-menunabhängige Implementierungsrei-fe fehlt. Technisch sind die bereits üb-licherweise in den Unternehmen exis-tierenden BI-Architekturen und deren(Integrations-)Werkzeuge nicht in dieAnsätze eingebunden. Ferner hat der An-wender keine freien Möglichkeiten zurfachlichen Analyseunterstützung.

Die fehlende, aber notwendige Ver-netzung der Sichten und die Kopplungder Ergebnisse der Netzentwicklung und-kontrolle mit den operativen Zustands-bewertungen und Maßnahmen adres-siert die Entwicklung eines standardi-sierten BI-Systems. Dabei bietet ein BI-Referenzmodell die Möglichkeit, Anfor-derungen an das Anlagenmanagementaufzugreifen und die bestehenden Defi-zite einer zeitnahen, integrierten und zu-verlässigen Entscheidungsfindung zu be-heben. Die Basis ist zunächst ein auf fach-

lichen Rahmenwerken basierendes Da-tenmodell, das die Anforderungen desAnlagenmanagements und des Regulie-rungsmanagements erfüllt. Das Daten-modell bildet die eingesetzten Kennzah-len und die dafür notwendige Struk-tur der Daten ab. Kennzahlensystemesind ein gerichteter endlicher Graph,der in einem mehrdimensionalen Raummit Beschreibungselementen, Dimensio-nen und Würfeln abgebildet wird. Für diePraxis impliziert ein solches Referenzmo-dell die Anpassung und Validierung be-stehender Ansätze für die praktische Um-setzung. Für die Forschung eröffnet esdie Möglichkeit zum Vergleich von Alte-rungsmodellen, insbesondere stochasti-scher Markov-Ketten, Fuzzy-Methoden,System Dynamics und Sterbetafeln.

3 Forschungsrahmen

Die Anforderungen an die Informations-versorgung in den Netzgesellschaften ha-ben sich gewandelt. Um den Anforderun-gen an Genauigkeit bei steigenden Da-tenmengen und der zeitnahen Berichts-erstellung zu entsprechen, müssen die re-levanten Daten automatisch konsolidiert,die für eine Netzentscheidung relevan-ten Informationen in einem Kennzah-lensystem berechnet und abgebildet wer-den. BI-Systeme entsprechen diesen An-forderungen (Chamoni und Gluchow-ski 2006, S. 143 ff). BI im engen Ver-ständnis subsumiert die Applikationenvon der Sammlung über die Speiche-rung und Aufbereitung der Daten undihrer Präsentation. Das analyseorientier-te Verständnis stellt eine Erweiterungder Kernapplikationen durch komple-xe Auswertungen wie etwa Data Miningdar (Kemper et al. 2006). In Bezug aufdie Problemstellung der fehlenden Da-tenintegration, Konsolidierung und Aus-wertung, kommt dem Data Warehouse(DWH) eine große Bedeutung zu (In-mon 2005). Basis der fachlichen Um-setzung ist das multidimensionale Da-tenmodell, das Objekte mit deren Be-ziehungen sowie Integritätsbedingungenbeschreibt und dabei die unterschied-lichen Betrachtungsweisen der physischgespeicherten Daten zur Verfügung stellt.Die Strukturierung des multidimensio-nalen Datenmodells erlaubt die Kombi-nation von technischen und betriebswirt-schaftlichen Daten des Anlagenmanage-ments und deren Integration in einemKennzahlenschema.

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Tab. 1 Lösungen ausgewählter Softwareanbieter

ABB Der TEC Monitor bezieht sich auf die Wartung und das Monitoring standardisierter Komponenten und Module, wobei nur ABBspezifische Produkte wie Transformatoren und verwandte Applikationen (beispielsweise Lösungen von GE, Westinghouse, ASEA etc.)berücksichtigt werden. ABB Maintenance umfasst Prozessleitsysteme und das Angebot, Anlagen von ABB vor Ort warten zu lassen.ABB Maintenance weist einen operativen Charakter auf, welches sich in die Supervisory Control and Data Acquisition (SCADA) (ABBPower Management, ABB Ventyx) einordnen lässt (o. V. 2011a). ABB 800xA Asset Optimization ist ein nicht-industriespezifischesWerkzeug, das sich auf die Fabriksteuerung bezieht. Es baut auf basierenden Industriestandards auf, wobei allerdings Anwendungenim strategischen Netzanlagenmanagement nicht bekannt sind, da auch von Seiten der ABB allgemein auf Energieerzeugung undEnergietechnik referenziert wird (o. V. 2011b).

Siemens Die modulare Grid Asset Management Suite (GAMS) setzt auf ein eigenes und umsetzungsbezogenes Datenmodell, welches dieÜberwachung, die Analyse als auch das Regulatorenberichtswesen umfasst. Im Vordergrund steht allerdings dieSiemens-best-practice-orientierte Umsetzung, die sich auf eine mit dem Kunden durchgeführte Prozessanalyse stützt. Dabei wird überdie explizite und serviceorientierte Anbindung der SCADA-Daten (Supervisory Control and Data Acquisition) die ingenieurorientierteSicht auf die Netze betont und wenig auf den permanenten Integrationsfluss von technischen, betriebswirtschaftlichen undgeographischen Daten eingegangen.

Signion Das Integrierte Asset Management führt Prognosen der Schadensfälle basierend auf den technischen Ist-Daten, Geodaten etc. aus. ZurBestimmung der Alterungsraten lassen sich generische Schadenskurven aus externen Quellen anwenden. Die zugrunde liegendenDaten werden in ein Data Warehouse (LCC Anlagenbestand) geladen, welches letztlich das Methodenspektrum von MS-Excel zurDatenanalyse und Visualisierung nutzt (o. V. 2011c).

IBM Das Maximo Energy Management for Optimization und das darin integrierte Intelligent Utility Network konzentriert sich auf dieBereitstellung, das Management sowie die Analyse von Energiedaten. Dabei steht der Aufbau eines sensoren- und aktuatorenbasiertenInformations- und Kommunikationssystems im Vordergrund, welches die Inhalte des Common Information Model (CIM)serviceorientiert weiterleitet. Die fachliche Seite wird nicht expliziert, sondern darauf verwiesen, dass die erforderlichen Daten für einAsset Management oder ein Regulatorenberichtswesen verfügbar gemacht werden (o. V. 2011d).

GE Bei der Concorda Software Suite mit Positive Sequence Load Flow Software (PSLF), Multi-Area Production Simulation (MAPS) und MultiArea Reliability Simulation (MARS) handelt es sich um Lösungen, die bis dato primär im US-amerikanischen Markt Einsatz finden.Die Simulationskomponente basiert auf einer Monte-Carlo-Simulation, um Lastprofile oder ein Instandhaltungsmanagement zusimulieren. Bei diesen Komponenten wird explizit auf Erweiterbarkeit verwiesen. Aus Gründen der Verfügbarkeit erfolgt ein Rückgriffauf US-Marktdaten (MAPS Public Domain Database), wobei GE hierzu die vollständige Wartung dieser Daten anbietet. Das MAPSbezieht sich auf Datensätze, beispielsweise Wetter, Maschinen oder Ausfallraten. Dabei ist eine komplette Werkzeugumgebung, von deroperativen Kontrolle bis hin zur Konsolidierung und Kennzahlen vorhanden, um eine umfangreiche Simulation anbieten zu können(Marktdaten, Ausfallraten, Alterung etc.) (o. V. 2011e).

SAG MABI2.0 ist eine Fachanwendung, die sich an Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen (EVU) richtet und mit xRCM einBewertungs-Add-On für SAP PM darstellt. Im Vordergrund steht hier die Erweiterung betriebswirtschaftlicher Funktionalitäten.Budgetorientiert werden die Betriebsmittelverwaltung, die Instandhaltungsplanung, das Störungsmanagement, das Auftrags- undRessourcenmanagement, Baumaßnahmen als auch die Anlagenbewertung unterstützt. Die Budgetorientierung führt dazu, dass zujedem Betriebsmittel ein Etat zu definieren ist, um Reihenfolgen für die Maßnahmendurchführung zu bestimmen bzw.betriebswirtschaftliche Simulationen durchführen zu können. Bezüglich derartiger Analysefunktionalitäten wird aufPartnerunternehmen verwiesen, die entsprechende Algorithmen vorhalten (o. V. 2011g).

Samco Das technisch-wirtschaftliche Anlagenregister (TWA) definiert sich als regulatorische und wirtschaftliche Investitionssteuerung auf Basiseiner datenbankbasierten Verwaltung von Betriebsmitteldaten. Der zugrunde liegende modulare Gedanke führt zu unterschiedlichenLösungen für das strategische und operative als auch das Regulierungsmanagement. Die Datenbasis bildet eine als Data Warehousebezeichnete Datenbank. Diese extrahiert über definierte Schnittstellen Werte aus dem zugrunde liegenden ERP-System. Auf weiteretechnische und geografische Systeme wird zwar verwiesen, allerdings deren Anbindung über das ERP-System erklärt. Aus derDatenbank werden Standardberichte nach MS-Excel oder in alternative Datenaustausch- oder Präsentationsformate wie csv, html/xmlals auch Bildformate wie z. B. jpg gesendet. Im Weiteren ist auch ein Schreiben der Ergebnisse in das Data Warehouse möglich, womitalle Daten auch den weiteren Modulen z. B. zur Prognose zur Verfügung stehen (o. V. 2011f).

Um die Standardisierung des Anla-genmanagements unter technischen undbetriebswirtschaftlichen Gesichtspunk-ten abzubilden, wird das Referenzmodellals Technik gewählt. Es bildet in diesemSinne die Grundlage zur Erstellung vonIndividualmodellen und Informations-systemen (Braun und Esswein 2007).Basis des zu erstellenden Referenzmo-dells sind die vorhandenen Rahmenwer-ke des Gegenstandsbereiches, aus denendie Phänomene wissenschaftlich erfasst,beschrieben und erklärt werden (Fettke

und Loos 2004, S. 331 ff). Im Kontext desAnlagenmanagements basiert die Erfas-sung auf den durchgeführten Interviewsmit den Netzgesellschaften und der Lite-raturanalyse bestehender Rahmenwerke.Das im Rahmen dieses Beitrags gestalteteReferenzmodell hat das Ziel, die Infor-mationsversorgung in Hinblick auf Zeit,Kosten und Risiko zu entlasten (Fettkeund Loos 2004, S. 331 ff). Somit ist dasReferenzmodell nicht nur als Handlungs-empfehlung, sondern auch als Technikzu kategorisieren (Fettke und Loos 2004,

S. 331 ff), welches Regeln und Normenim Rahmen der Systemgestaltung vor-schreibt. Dessen Konstruktion dient derAnalyse des zugrunde liegenden Systemsund somit der informationstechnischenUmsetzung in einem DWH.

Um Qualitätseigenschaften zu erfüllen,bedarf es einer entsprechenden Metho-de und eines geeigneten Vorgehens. Soerfordert die Referenzmodellierung zu-nächst die Erfassung des Gegenstand-bereichs, ehe anhand der untersuchtenArtefakte die Modellierung vorgenom-

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men werden kann. Hier wird das Vor-gehensmodell eines On-Line-Analytical-Processing-Systems (OLAP-System) vonTotok und Jaworski verwendet (Totokund Jaworski 1998). Die Wahl dieses Vor-gehensmodells geht in der von Fettkeund Loos beschriebenen Vorgehensweisezur Referenzmodellierung auf und folgtzudem den Engineering Requirementsvon Frank (2007, S. 404). Das Vorgehengliedert sich in die Anforderungsanalyse,der konzeptuellen Modellierung und derphysischen Implementierung.

Die Anforderungsanalyse umfasst dieErfassung des Gegenstandbereichs. DieErfassung basiert auf der Literaturrecher-che vorhandener Rahmenwerke. Zumanderen beinhaltet die Untersuchungauch die Betrachtung der Datenquel-len und -flüsse. Die Inhalte basieren aufdem Vorgehensmodell des General-Asset-Management-Process-of-Power-Systems(Balzer et al. 2007). Insbesondere dieInformationsflüsse und damit die Wir-kungsverhältnisse der Parameter des An-lagenmanagements sind für die Abstrak-tion und Schaffung einer Bezugsbasiswesentlich. Das Referenzmodell wirddaher um die fehlenden Perspektivender betriebswirtschaftlichen Betrachtungund der informationstechnischen Um-setzung ergänzt. Den Mittelpunkt desReferenzmodells bildet das multidimen-sionale Datenmodell als konzeptuellesModell. Kern des Anlagenmanagementssind die Wichtigkeit und der Zustandder Anlagen. Dies erfordert neben derPriorisierung die Definition der Para-meter, welche den Zustand der Anlagebeschreiben. Zudem ist es erforderlich,die Abhängigkeiten der Parameter zubestimmen. Somit können die Dimen-sionen und Elemente im multidimensio-nalen Datenmodell präzise beschriebenwerden. Nur anhand der Zustandspara-meterbestimmung kann im Zeitverlaufauf das jeweilige Zustandsverhalten ge-schlossen werden. Dazu ist es notwendig,die funktionalen Zusammenhänge derZustandselemente zu bestimmen. DemVorgehen von Balzer folgend, ist diesdie Grundlage der Risikoidentifikation.Auch hier müssen die Zustandselemen-te im multidimensionalen Datenmodellum Eintrittswahrscheinlichkeiten einerStörung und die jeweiligen Folgen einesAusfalls erweitert werden. Der Mehr-wert einer geschlossenen und umfang-reichen Datenhaltung ergibt sich aus derwachsenden Genauigkeit (Schreiner et al.2002, S. 776 ff), indem neben den Ein-flussparametern die Daten bis auf ein-zelne Komponentengruppen durch eine

Drill-down-Operation betrachtet werdenkönnen. Die Bestimmung der Zustand-sparameter ermöglicht die Zustands-klassifikation, anhand derer die Bestim-mung der OPEX und CAPEX vorgenom-men wird (Bahadoorsingh und Rowland2007). Ferner ist die Erfassung der Zu-stände die Basis der Abhängigkeitsanaly-se, welche die Ursache-Wirkungs-Kettender jeweiligen Betriebsmittel beschreibt.So lässt sich eine Alterungssimulationdurchführen und deren Auswirkungenbeschreiben. Das Referenzmodell selbstbildet das konzeptuelle Modell im Rah-men der ANSI/SPARC-Architektur (El-masri und Navathe 2007), um die sprach-liche Repräsentation des Anlagenmana-gements unabhängig seiner technischenImplementierung abzubilden.

4 Referenzmodell derAnlagenwirtschaft

Das multidimensionale Datenmodellstellt die wesentlichen Kennzahlen desAnlagenmanagements dar. Dieses Modellbettet sich als Blaupause zur Datenspei-cherung in die nachfolgende Architekturein (Abb. 2).

Modul 1 bezeichnet die Extraktions-Transformations-Lade-Ebene (ETL-Ebene), in der die Kopplung der hetero-genen Daten stattfindet. Dies erfordert,zunächst die Daten in den Quellsyste-men zu identifizieren und in den alsStaging-Area bezeichneten Bereich derETL-Ebene zu kopieren. Nach Harmo-nisierung und Aggregation werden dieseDaten in das Data Warehouse geladen(Modul 2). Über das Datenmodell (hierals Info-Objekt bezeichnet) erfolgt dielogische Verknüpfung der Daten, die sowiederum für das Reporting oder das Fo-recasting zur Verfügung gestellt werden(Module 3 und 4).

Die Kennzahlen leiten sich aus denzugrunde liegenden Hierarchien undDimensionen ab. Die Darstellung desmultidimensionalen Datenmodells er-folgt mit dem Application Design for Ana-lytical Processing Technologies (ADAPT)(Bulos 1996, S. 33 ff). Die Sprache wur-de explizit für den konzeptuellen Entwurfmultidimensionaler Datenstrukturen ge-schaffen und ist mit objektorientiertenAnsätzen kombinierbar.

Eine derartige Konzeption schafft Fle-xibilität im Umgang mit Eingabedaten,deren Verarbeitung (wie z. B. auch einenkontinuierlichen Ausbau der Modelle),

Integration unterschiedlicher Datenquel-len als auch bezüglich der Benutzero-berfläche. Auf Grund der multidimen-sionalen Strukturierung besteht auch ei-ne Skalierbarkeit, um zukünftige Anfor-derungen hinsichtlich eines rasanten Da-tenmengenvolumenwachstums zu erfül-len. Dabei liegt der zentrale Mehrwert imETL-Regelwerk, das die Daten aus denoriginären Systemen gewinnt und die-se entsprechend in das Data Warehou-se transferiert, sodass diese für weitereAnalysezwecke zur Verfügung stehen.

4.1 Konzeptuelles Datenmodell

Das Modell zeigt die einzelnen Dimen-sionen mit einer Auswahl an Elementenin einer generalisierten Fassung (Abb. 3).So werden für die Betriebsmittelhierar-chie auch nur diejenigen Bauteile undKomponenten erfasst, die für die Bestim-mung der Wichtigkeit und des Zustandsvon Bedeutung sind. Die Bewertung desderzeitigen und die Prognose des zukünf-tigen Zustands spielt eine zentrale Rol-le im Anlagenmanagement. Die Wichtig-keit hingegen ist ein Indikator, Betriebs-mittel in ihrer Hierarchie zu priorisie-ren. In Bezug auf die Bewertung des aktu-ellen Zustandes eines Betriebsmittels istdessen Messbarkeit wesentlich, um zumeinen den aktuellen Status quo zu erfas-sen und zum anderen die Entwicklungdes Zustandes nachvollziehbar zu pro-gnostizieren (Fette 2009; Bahadoorsinghund Rowland 2007). So werden bei einemTransformator in der Betriebsmittelhier-archie die einzelnen Netztransformato-ren erfasst. Bauteile stellen etwa Spu-len und Stufenschalter dar. Komponen-ten für Spulen sind Spulenkern, Primär-wicklung sowie Isolieröl. Der Zustandeines Transformators wird anhand derIst-Zustandsdaten ermittelt. Dabei wer-den die Ist-Daten aus den technischenInformationssystemen (z. B. SCADA) indie jeweiligen Elemente der Zustandsdi-mension geladen. Für das Isolieröl sinddie zustandsrelevanten Daten zu erfassen.Diese sind Temperatur, Farbzahl, Durch-schlagsspannung, Säuregehalt, Verlust-faktor, Grenzflächenspannung und gelös-te detektierte Fehlergase des Isolieröls.Die Bestimmung des Zustands und dieBeziehung der einzelnen Faktoren sinddas Ergebnis der ingenieurstechnischenBewertung, wobei allerdings nicht alleAnlagen oder Maschinen Gegenstand ei-ner regelmäßigen Überwachung sind undsomit tatsächlich Daten liefern. Die Ein-teilung der Zustandsdaten orientiert sichanhand der Arbeit von Bahadoorsingh

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Abb. 2 Business-Intelligence-Architektur

et al., da im Einzelfall entschieden wer-den muss, welche dieser Daten im Un-ternehmen vorhanden sind und welcheWirkungszusammenhänge existieren.

Das Vorgehen ergibt sich analog fürdie Dimension Kennzahl, die dem ent-sprechend als umfassende Kennzahlen-pyramide abzubilden ist. Die Dimen-sion Kennzahl unterscheidet zwischentechnischen und betriebswirtschaftlichenKennzahlen, die für das Anlagenma-nagement wesentlich sind. Insbesonde-re das Netzinfrastrukturrahmenwerk vonStender (2008) entwickelt ein für dasAnlagenmanagement spezifisches Rah-menwerk. Das Rahmenwerk bildet inder betriebswirtschaftlichen Perspekti-ve ein Kennzahlenschema. Weitere An-forderungen an diese Dimension wer-den durch das regulatorische Berichtswe-sen an die BNetzA (Anreizregulierungs-verordnung 2007; Energiewirtschaftsge-setz 2005; Fette 2008) abgebildet. Ins-gesamt umfasst das betriebswirtschaft-liche Kennzahlenschema circa 160 ein-zelne Kennzahlen bei Berücksichtigungder Betriebsmittel- und Netzspannungs-dimensionen für das Regulierungsmana-

gement. Zustandsrelevante Kennzahlenfür den Transformator sind beispielswei-se die Auslastung, Fehlerhäufigkeit und-dauer sowie Ausfallwahrscheinlichkeit.Während die Überwachung der Betriebs-mittel bereits integriert in Systemen wieABB oder Siemens erfolgt, ermöglicht diezentrale Speicherung die Kopplung stra-tegischer Entscheidungen und operativerVorgänge. Die notwendigen Daten fürMethoden wie die Fehler-Möglichkeits-und Einfluss-Analyse (FMEA) oder Sys-tem Dynamics lassen sich in einem DWHabbilden. Neben den technischen Zu-standsdaten lassen sich so Ausfallmodel-le für ein Netzgebiet bestimmen, diedemographisch- (Nachfrage), geographi-sche (dezentrale Einspeisung) und wet-terbedingte Last- und Ausfalldaten be-rücksichtigen. Die bisher getrennte Netz-dimensionierung und die Zustandsüber-wachung werden dadurch integriert. DasErgebnis ist eine effektive und effizien-te Abbildung komplexer Prognosen na-türlicher und fehlerbedingter Ausfallsze-narios. Die Darstellung der jeweiligenKennzahl erfolgt in der Faktentabelle.Die Verknüpfung mit den verschiede-

nen Dimensionen ermöglicht die Kopp-lung zwischen der strategischen Sicht-weise und den operativen Vorgängen.Dies wird erreicht, indem die Kenn-zahl jeweils entlang der Dimensionsele-mente oder -hierarchien betrachtet wird(Hahne 2005).

Aus den Dimensionen und deren Ele-menten ergibt sich das multidimensio-nale Datenmodell, das die Dimensionendes Anlagenmanagements abbildet. DieModellierung von Hierarchien ermög-licht ein Herunterbrechen von Kenn-zahlen von der Betriebsmittelgruppe bisauf einzelne Komponenten. So lassensich Kennzahlen zudem nach den un-terschiedlichen Spannungsebenen tren-nen. Die Dimension Szenario differen-ziert das Anlagenmanagement in dieDarstellung der historischen Daten ausden Vorsystemen zur Erfassung des Sta-tus quo. Die Erhebung des Szenari-os Erwartet erfolgt insbesondere ausder Erhebung und Prognose der Zu-standsdaten anhand der Alterungsmo-delle, um die finanziellen Auswirkungenauf OPEX und CAPEX zu prognosti-

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Abb

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Abb. 4 FunktionalerUmfang für dasAnlagenmanagement(modifiziert nach Stender2008)

zieren.2 Die Dimension Kosten konsoli-diert aus den vorhandenen Enterprise-Resource-Planning-Systemen (ERP) dieentsprechenden Daten der Anlagen. DieAbbildung dieser Anlagedaten sowohlin der Dimension Kosten als auch inder Dimension Betriebsmittelgruppe bil-den den Kern der Betrachtung. Sie ist je-doch abhängig von dem Detaillierungs-grad des Anlagenregisters. Dazu ist esnotwendig, die unterschiedlichen Da-ten aus dem ERP-System, dem Geo-Informationssystem und dem Leitstandin einen integrierten Datenbestand zuübertragen. Dies erfordert einen Abgleich(Identifikation und Integration) in derETL-Ebene, um eine umfassende und ge-naue Betrachtung der Betriebsmittel zuunterstützen.

4.2 Funktionaler Umfang desReferenzmodells

Während die Definition von Hierarchi-en im Anlagenregister die Grundlageder Kopplung operativer und strategi-scher Kenngrößen ist, orientiert sich derfunktionale Umfang der Anwendung ander Kopplung technischer und betriebs-wirtschaftlicher Kennzahlen. Basis einersolchen Kopplung ist die übergeordne-te Darstellung in einer Benutzeroberflä-che. Ziel der Darstellung ist eine Zu-sammenfassung der sowohl technischen

Abb. 5 Sachzeitwert

als auch betriebswirtschaftlichen Kenn-größen unter Berücksichtigung zeitlicherAspekte, die in Abb. 4 zusammengefasstwerden.

Der funktionale Umfang hängt un-mittelbar von den abgebildeten Dimen-sionen, definierten Hierarchien und er-fassten Elementen ab. Die Ergebnis-se der technischen OPEX-, Netzrisiko-und Netzsubstanzperspektive sind Basisder wirtschaftlichen Bewertung in derFinanz- und Gesamtkostenperspektive.

4.2.1 Netzsubstanzperspektive

Die Netzsubstanzperspektive bildet dieEntwicklung der Betriebsmittelsubstanzauf Basis der aktuellen Wiederbeschaf-fungswerte (Replacement Cost New,RCN) ab (Schneider et al. 2005). DieNetzsubstanz wird nach Stender (2008)anhand des Sachzeitwertes ermittelt. Erist abhängig von der Güte der Analyse derRestlebenserwartung einzelner oder allerBetriebsmittel in den jeweiligen Span-nungsebenen. Die Analyse baut direkt

auf der im Datenmodell beschriebenenDimension Zustand auf (Abb. 5).

Die Restlebenserwartung ist determi-niert von Umfang und Art der Instand-haltungsstrategie und hängt somit vonden OPEX-Aufwendungen in den An-lagengruppen ab. Die Restlebenserwar-tung ist keine feste Größe, sondern wirdüber das Zustandsverhalten beeinflusst.Daher ist das Verhalten der Betriebsmit-tel zu bestimmen. Maßgebend hierfürist die Bestimmung und Prognose derZustandsdaten (Abb. 6).

Die Betrachtung der Zustandsdatenunterscheidet sich in der Erfassung ak-tueller Ist-Daten und der Simulations-daten (in der Dimension Szenario abge-bildet). Wesentlich bei der Bestimmungdes Verhaltens ist die Modellierung vonUrsache-Wirkungs-Ketten. Dazu ist es er-forderlich, die Verhaltensfunktion vi(t)anhand aller möglichen Zustände i zu er-mitteln. Der Übergang von einem Zu-stand i zu einem Zustand j eines Betriebs-mittels B führt zu einer ÜbergangsmatrixPij, die im Element Verhalten der Dimen-sion Zustandsdaten abgelegt ist. Ergebnis

2Es ist zu beachten, dass sich die betriebswirtschaftlichen aus den technischen Wirkungszusammenhängen ergeben. Instandhaltung undErsatzbeschaffung, welche Auswirkungen auf OPEX und CAPEX haben, entspringen (zustands-) technischen Notwendigkeiten, nichtbetriebswirtschaftlichen.

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Abb. 6 Zustandsdaten

der Netzsubstanzperspektive ist die Klas-sifikation der Anlagen und Betriebsmittelin Zustandsklassen sowie die Simulationvon Instandhaltungsmaßnahmen auf denZustand und die Lebensdauer der Anla-gen. Die Verknüpfung mit den Kosten-daten der Instandhaltungsmaßnahmenund Ersatz- und Erneuerungsinvestitio-nen (CAPEX), welche in der DimensionKosten hinterlegt werden, ermöglicht ei-ne integrierte Sichtweise und sind somitAusdruck der Kopplung technischer- undbetriebswirtschaftlicher Kenngrößen.

Die in Abb. 7 dargestellten Zuständelassen sich mit unterschiedlichen Metho-den wie etwa Fuzzy-Logik (Osztermayer2007) oder Sterbetafeln (Fette 2008) aus-werten.

4.2.2 Netzrisikoperspektive

Die Netzrisikoperspektive bildet dieWichtigkeit der jeweiligen Anlagen ab,sodass auch hier eine Verknüpfung zwi-schen technischen und betriebswirt-schaftlichen Daten notwendig ist. DieErgebnisse der Ausfallmodelle und desAusfallverhaltens bestimmter Anlagensowie die Abhängigkeitsuntersuchungsind finanziell zu bewerten. Grundla-ge der Bestimmung der Wichtigkeit unddes Risikos sind auch hier die erfasstenIst-Daten der Dimension Zustandsdaten.Die Wichtigkeit ist neben der Bestim-mung des aktuellen und zukünftigenZustands ein Indikator zur Priorisierungder Betriebsmittel, um das begrenzteBudget effizient einzusetzen (Fette 2009;

Schreiner et al. 2002, S. 776 ff). Die Be-stimmung der Wichtigkeit erfolgt imeinfachen Fall anhand der Störungs-statistik des Energiedatenmanagements.Andernfalls werden Parameter, wie zumBeispiel die Kosten der nicht-geliefertenEnergie (Defizitenergie) und deren ver-ursachten Kosten (Strafzahlungen), dieEigenschaften der Anlagen wie Anschaf-fungskosten, Größe und Maximallastsowie die Bedeutung des angeschlosse-nen Kunden in Hinblick auf Schadenser-satzzahlungen als Einflussfaktor berück-sichtigt (Balzer et al. 2007; Fette 2008;Schreiner et al. 2002, S. 776 ff). Im Da-tenmodell ergeben sich die Parameterals Funktion W(t) aus den Elementenverschiedener Dimensionen. Als Beispielsoll die Bestimmung der Auslastung ei-nes Betriebsmittels als Teilfunktion derWichtigkeitsbestimmung mit der Be-rechnung des AuslastungskoeffizientenALK(t) dargestellt werden. Für die Zeit-periode �t wird daher der LastfaktorLF(t) bestimmt, welcher das Verhältnisder aktuellen Scheinleistung St(t) undder Nennscheinleistung Sn determiniert.Grundlage der Berechnung ist die Erfas-sung der Effektivwerte von Strom undSpannung bzw. der Last als Element inder Dimension Leistung (Abb. 8).

Als Risiko wird das Produkt ausEintrittswahrscheinlichkeit einer Störungund dem Schadensausmaß bei Eintrittdieser Störung bezeichnet. Sie gibt dabeian, wie wahrscheinlich ein störungsfrei-er Betrieb einer Anlagenkomponente vonder Inbetriebnahme (bzw. letzte Instand-haltungsmaßnahme) zu einem späteren

Zeitpunkt ist. Grundlage der Risikobe-stimmung sind verschiedene Ausfallm-odelle, die sich beispielsweise aus den Da-ten der VDN-Störungsstatistik ableitenlassen (Obergünner et al. 2002). Basis derRisikobewertung ist die Einzelanalyse desjeweiligen Betriebsmittels. Die Risikobe-wertung berücksichtigt jedoch die Aus-wirkungen der Folgen eines Fehlers (Fol-geausfall und Schadensfolge), welche Er-gebnis der Wichtigkeitsbestimmung sind.Die Folgen des Risikos sind monetärzu bewerten. Die Bewertung wird an-hand der RCN, Strafzahlungen und Scha-densersatzleistungen bemessen, welche inder Dimension Kosten hinterlegt sind. Je-doch erfolgt die Bewertung nicht auto-matisch. Sie sind Ergebnis des Analysten(Abb. 9).

4.2.3 OPEX-Perspektive

Die OPEX-Perspektive beinhaltet zu-nächst die Hinterlegung der originärenund regulatorischen Kostensätze. Auf Ba-sis der Zustandssimulation ergeben sichneben den notwendigen CAPEX auf Ba-sis des Sachzeitwertes und RCN die not-wendigen OPEX. Die kurzfristig orien-tierte OPEX-Perspektive beinhaltet dieKosten- und Erlösplanung, welche aufder Effizienzwertbestimmung basieren.Die Erfassung und Prognose der OPEX-Effizienz basiert auf der technischen Zu-standsbetrachtung. Des Weiteren wer-den die OPEX durch die demographi-sche und gesetzliche Entwicklung, ins-besondere der erneuerbaren Energien

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Abb. 7 Darstellung einerMarkov-Kette

Abb. 8 Berechnungsbeispiel Wichtigkeit

Abb. 9 Risiko-Differenzierung

durch veränderte Netzdimensionierun-gen beeinflusst. Technische Einflussgrö-ßen der OPEX-Perspektive sind Leis-tungsdichte (Leitung/km2), Anschluss-dichte (Netzanschlüsse/km2), Lastdichte,Leistungsdichte und Anschlussdichte proSpannungsdichte (Abb. 10).

4.2.4 Finanz- &Gesamtkostenperspektive

Die Finanzperspektive stellt die überge-ordneten Ergebnisse in Form von Spit-zenkennzahlen dar, wie z. B. Economic

Profit, Earnings Before Interest After Ta-xes oder Net Operating Assets (Abb. 11).Anhand der Ergebnisse der Zustands-simulation und den daraus folgendenErsatz- und Neuinvestitionen sowie In-standhaltungsmaßnahmen wird die fi-nanzielle Planung vorgenommen.

Beide Perspektiven sind Grundlage derstrategischen Bewertung. Die finanziel-le Betrachtung steht unmittelbar im Zu-sammenhang mit der Erhebung und Si-mulation der Zustandsdaten und derenVerhalten. Zustand, Verhalten und Wich-tigkeit sind Grundlage einer finanziel-

len Bewertung und somit des Berichtswe-sens. Zudem ist die Bewertung des Risi-kos nicht isoliert zu betrachten, sondernunter den Nebenbedingungen regulatori-scher Qualitätsparameter und der lang-fristigen Netzsubstanzsicherung. Die Ex-traktion relevanter Daten in ein DWH er-möglicht eine integrierte Gesamtbetrach-tung technischer Simulationen und derenfinanzielle Auswirkungen auf mehrerenEbenen. Zudem ist das Datenmodell of-fen, um weitere Parameter in die Verhal-tenssimulation und OPEX-Bestimmungaufzunehmen.

Grundlage der Betrachtung ist das Da-tenmodell mit seinen Elementen, Hier-archien und Dimensionen sowie denerfassten Berechnungsvorschriften. Da-durch fungiert das Referenzmodell alsHandbuch zur informationstechnischenImplementierung, welche unabhängigvon derzeitigen Lösungen ist.

4.3 Validation des Datenmodells

Die Evaluation des Referenzmodells er-folgt als Handlungsempfehlung und

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Abb. 10 OPEX-Perspektive

Abb. 11 Finanzperspektive – Darstellung Economic Profit (EP)

Technik, wie es von Fettke und Loos(2004), Dietzsch und Esswein (1998)oder Schütte (1997) vorgeschlagen wird.Als Konstruktion des Modellierers ist dieGüte eines Modells nicht intersubjektivüberprüfbar. Braun und Esswein (2007)

beurteilen die Qualität eines Referenz-modells anhand des Empfehlungscha-rakters, der Glaubwürdigkeit und derSchlussfolgerung. Fettke und Loos (2004,S. 331 ff) betonen lediglich die Wirkungdes Referenzmodells als Technik, ein de-

finiertes Ziel zu erreichen. Daher mussdas Modell zu diesem Zweck geeigneteMittel zur Verfügung stellen. Um den-noch vor einer Implementierung in derLage zu sein, eine Beurteilung vorzu-nehmen, findet die Methode des Exper-

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Abb. 12 Forschungsphasen zum Referenzmodell in der strategischen Anlagen-wirtschaft (modifiziert nach Jaeger und Reinecke 2009, S. 37)

Abb. 13 Phasen der Interviewführung (modifiziert nach Jaeger und Reinecke 2009,S. 41)

tengespräches Anwendung. Somit lassensich Aussagen über das Modell im Kon-text zur existenten Herausforderung inden Netzgesellschaften erhalten. Es wur-den Gesprächsteilnehmer ausgewählt,die eine inhaltliche Bewertung als auchDiskussionspartner, die eine technischeBewertung des zuvor auf den entspre-chenden Quellen basierenden Modellsvornehmen konnten (Abb. 12).

Teilnehmer in den vierstündigen Tref-fen waren jeweils getrennt Vertreter vonNetzgesellschaften (elf Personen), Netz-

servicegesellschaften (drei Personen),der Bundesnetzagentur (eine Person)als auch Beratungshäusern (zehn Perso-nen) mit dem Fokus analytischer Lö-sungen in der Energiewirtschaft. AlsErhebungsinstrument im Rahmen desproblemzentrierten Interviews wurde jeein Interviewleitfaden für die inhaltlicheund technische Tauglichkeit erstellt, derüber offene Fragen konkrete Aussagenzum Untersuchungsobjekt in Erfahrungbringt. Diskussionsgrundlage war ei-

ne Präsentation mit beispielsweise denfolgenden aufgabenbezogenen Fragen:� Welche Aufgaben im Anlagenmana-

gement werden automatisiert/manuelldurchgeführt?

� Welche Aufgaben in den jeweiligenPerspektiven haben eine hohe/niedrigePriorität?

� Sind wichtige Aufgabenfelder des An-lagenmanagements nicht erfasst wor-den?

� Welche Aufgaben sollen automatisiertund grafisch aufbereitet vorliegen?

� Welche Tätigkeiten werden durch Ein-zelwerkzeuge abgedeckt?

� Liegt der Schwerpunkt im Berichtswe-sen?

Dabei stand aber nicht die schlichte Be-antwortung der Fragen im Vordergrund,sondern der fachliche Austausch überdas vorliegende Modell zur Bewertungder Tauglichkeit.

Den Teilnehmern wurde in Vorab-treffen der Interviewleitfaden, der sichan den diskutierten Inhalten von Sten-der (2008) orientiert, zur Verfügung ge-stellt, sodass sich diese auf das Gesprächvorbereiten konnten. Eigene Materiali-en und Ansätze aber auch Erfahrun-gen waren zu recherchieren, um den je-weiligen Status-quo bestimmen zu kön-nen. Im Rahmen der Interviewdurchfüh-rung wurden dann den Diskutanten kei-ne Grenzen gesetzt, um die zu gewin-nenden Erkenntnisse nicht durch Ein-schränkung der Spontanität der Teilneh-mer zu limitieren, sodass problemrele-vante als auch kontextbezogene Informa-tionen dokumentiert werden konnten.Die Gespräche wurden vor Ort durch-geführt und protokolliert. Die inhalt-liche Bewertung fand anhand der Be-richtskomplexe der BNetzA als auch ausder täglichen Arbeit statt. Bezüglich derTechnik fand ein Abgleich mit Model-len der teilnehmenden Beratungshäuser(drei Unternehmen) statt, die Lösungs-anbieter für die Energiewirtschaft sind.Dabei standen die Datengewinnung, -integration und -interpretation im Vor-dergrund (Abb. 13).

Die Protokollauswertung nach demVier-Augen-Prinzip konzentrierte sichauf die Inhaltsanalyse, wobei unter-schiedliche Auslegungen durch Dis-kussion oder Nachfrage beim jeweili-gen Interviewteilnehmer geklärt wurden(Abb. 14). Das daraus resultierende ag-gregierte Ergebnis stellt sich wie folgtdar: Nach einer Einführung über die Mo-dellnotation bestätigten die Vertreter ausden Fachabteilungen zunächst die zuvor

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Abb. 14 Phasen der Datenauswertung (modifiziert nach Jaeger und Reinecke 2009,S. 53)

aufgeführten Elemente des Datenmodellsals diejenigen, welche die Elemente ihresfür sie relevanten und in der Regel aufMS-Excel-basierenden Berichtswesenssind. Anhand des Berichtswesens an dieBNetzA ist dies möglich, da bereits alleInformationen strukturiert vorlagen. Dadiese Beschreibungsparameter im vorlie-genden Datenmodell die Dimensionendarstellen und die Schlüsseldimensio-nen zur Durchführung von Analysen alsauch das Berichtswesen zur Erfüllungregulatorischer Pflichten für alle Betei-ligten identisch sind, wurde ein Prototypaufgesetzt, der mit Daten für die Di-mensionen Leistung, Zustandsdaten undKosten eines beteiligten Energieversor-gers gefüllt wurde. Am Beispiel des HV-Leistungsschalters wurde das Modell zu-nächst gegen den IEC 61000-4-30-ClassA-Standard3 zum sogenannten PowerQuality Measurement abgeglichen. DieEvaluation ergab, dass die technische An-forderung zur fachlichen Abbildung desIEC-Standards erfüllt sind, sogar detail-liertere Daten bezüglich des Zustandesund der Kosten verfügbar sind, sodassein umfassendes Testen von IEC 61000-4-30 Instrumenten möglich ist, um aucheine damit verbundene Zertifizierungauszuführen. In diesem Zusammenhangwurde darüber diskutiert, wie detailliertMaschinen abzubilden seien, um bei-spielsweise Simulationsmodelle exakterausführen zu können. Hier sind nochErfahrungen zu sammeln bzw. auch Ein-zelfallentscheidungen für die jeweiligenMaschinen/Geräte zu treffen.

Damit wurde im Folgenden die inhalt-liche Abdeckung der fachlichen Anforde-rungen geprüft und bestätigt. Im Wei-teren wurde auf Analyseverfahren einge-gangen, die durch das vorliegende Mo-dell unterstützt werden sollen. Dabei hatsich allerdings gezeigt, dass die in der Li-teratur diskutierten Verfahren zum Bei-spiel zur Netzzustandsbewertung aktuellkeine Anwendung finden. Vielmehr wirdauf die Erfahrung der Mitarbeiter gesetzt,um Planungswerte zu bestimmen oderMaßnahmen zu ergreifen.

Bezüglich der derzeit vorhandenenTechnik der teilnehmenden Beratungs-anbieter4 zeigte sich in der Diskussion,dass die Lösungen aktuell wenig stan-dardisiert sind. Vielmehr sind diese inder Regel als Lösung im MS-Office-Umfeld oder aber aus der eigenen Ma-schinensteuerung entstanden, gewachsenund mit zunehmendem Datenvolumenauf eine Datenbank migriert. Überra-schenderweise war die ETL-Ebene bei al-len Lösungen nicht automatisiert vor-handen, sodass Datenzuordnungen der-zeit durch Mehrfacheingaben der An-wender gekennzeichnet sind. Hier wirdauch die große Herausforderung gese-hen, die zusammenhängenden Datensät-ze in den kaufmännischen, technischenund Geo-Informationssystemen zu iden-tifizieren und zu integrieren. Die vor-handenen Datenmodelle sind aus demkurzfristig identifizierten Abbildungsbe-darf entstanden und folgen keinem Stan-dard zum Datenbankdesign. Im Rahmender Treffen war Flexibilität primärer Dis-kussionsgegenstand. Die Experten waren

übereinstimmend der Ansicht, dass dasReferenzmodell dieses Beitrages deutlichflexibler sei, gaben aber längere Pro-jektlaufzeiten, insbesondere für die ETL-Ebene zu bedenken. Aus dem Diskurszwischen den Teilnehmern ergab sich imGesprächsverlauf, dass die aktuelle Praxisder manuellen und mehrfachen Einga-ben im Betrieb hinderlich und einer not-wendigen Datenqualität wenig förder-lich sind, was wiederum den Implemen-tierungsaufwand einer solchen Lösungrechtfertigt.

Bedingt durch den offenen Charak-ter der Expertengespräche war nicht im-mer nur das Referenzmodell selbst Ge-genstand der Diskussion, sondern Erfah-rungen aus dem jeweiligen Tätigkeitsfeld.In Summe wurde das Referenzmodell so-wohl von fachlicher Seite als inhaltlichvalide als auch von der technischen Sei-te als umsetzbar bestätigt. So kann esals Vorlage für Implementierungen die-nen, um dem Referenzcharakter gerechtzu werden.

5 Fazit

Im Rahmen dieses Beitrages wurde einReferenzmodell für das Anlagenmanage-ment vorgestellt, um die erforderliche In-formationsversorgung zu verbessern unddie bisherige Trennung der technischenund betriebswirtschaftlichen Perspekti-ven zu überwinden. Die dargestellte An-forderung aus der Praxis zeigt die Not-wendigkeit, diese Herausforderung einerLösung zuzuführen.

Die Erfassung und Speicherung in ei-nem multidimensionalen Datenmodelladressiert die Anforderungen sowohlan das Berichtswesen der BNetzA undder Anreizregulierung. Die notwendigeKopplung wird durch die hierarchischeBetrachtung der Dimensionen Betriebs-mittelgruppe und Spannungsebenen er-reicht, die eine Beurteilung der Aus-wirkungen operativer Maßnahmen aufdas Gesamtnetz ermöglichen. Die Be-trachtung einzelner Komponenten undderen Aggregation bildet die Grundla-ge, Ursache-Wirkungs-Ketten in einemgeschlossenen System abzubilden. Fer-ner ermöglicht die ADAPT-Modellierungdie Erfassung der Dimensionen, ihrer

3Dieser Standard unterstützt die Kompatibilität von Geräten/Instrumenten in der Energieerzeugung und misst Parameter wie Stromfrequenz,Schwingungskurven, Reaktionen auf Spannungsänderungen etc., um diese über alle Anbieter hinweg vergleichbar darzustellen.4Die Lösungsanbieter und deren Werkzeuge sollen im Rahmen dieses Beitrages nicht benannt werden.

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Hierarchien und den Berechnungsvor-schriften für Kennzahlen. Die genann-ten Punkte dienen der notwendigen Inte-gration der einzelnen Werkzeuge im An-lagenmanagement, um die Konsolidie-rung der Informationen und die Ver-sorgung mit Informationen im Rahmeneiner Business Intelligence zu erreichen.

Als Limitierung ist zu sehen, dass derReferenzcharakter eines solchen Modellsletztlich durch dessen Anwendung ent-steht. Zwar basiert dieses Modell aufErkenntnissen aus der Praxis und ei-ner fachlichen Bestätigung durch Exper-tengespräche, jedoch muss eine Umset-zung in der Praxis noch erfolgen, umauch tatsächliche Lerneffekte zu erzie-len. Allerdings liefert das vorgestellteReferenzmodell bereits jetzt einen Bei-trag zur Lösungsdiskussion der Heraus-forderungen in Netzgesellschaften unddabei einer notwendigen Datenbereit-stellungsgrundlage zur Entscheidungs-findung und eines leistungsfähigen Be-richtswesens; insbesondere des Berichts-wesens in Richtung der BNetzA. Ergän-zend wurden im Text Kriterien aufge-führt, die zur Messung der Vorteilhaf-tigkeit des eingeführten Modells in ei-ner Praxisimplementierung dienen kön-nen. Diese sind eine Reduktion des fach-lichen Aufwandes, Verbesserung der Da-tenqualität und Zeitreduktion im Ent-scheidungsprozess.

Im Sinne der Wirtschaftsinformatik,Herausforderungen aus der Praxis einerLösung zuzuführen, lassen sich diese Kri-terien zur Bewertung für weitere Un-tersuchungen heranziehen, um Aussagenüber die Vorteilhaftigkeit des vorgestell-ten Referenzmodells in der Praxis um-fassend treffen zu können. Im Sinne ei-ner Design Science besteht weiterer For-schungsbedarf in einer Evaluierung, dieGegenstand der Modellforschung ist, sowie Frank (2007) sie beschreibt.

Literatur

Accenture (2005) Instandhaltungsstrategienim Netzbetrieb. http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/fakultaet_wirtschaftswissenschaften/bwl/ee2/lehrstuhlseiten/ordner_lehre/ordner_ss_06/ordner_energiewirtschaft_2_ss_06/html_energiewirtschaft_2_ss_06_ger.Abruf am 2011-07-16

Anreizregulierungsverordnung (2007) ARegV– Verordnung über die Anreizregulierungder Energieversorgungsnetze

Bahadoorsingh S, Rowland SM (2007) The re-lationship between insulation aging andpower network performance. In: Proceed-ings of the IEEE international conference ofsolid dialectrics, Winchester, 8.-13. Juli

Zusammenfassung / AbstractCarsten Felden, Johannes Jakob Buder

Integrierte Informationsversorgungzur Entscheidungsunterstützung in Netzgesellschaften

Zunehmende Anforderungen durch die Anreizregulierung lassen das strategischeAnlagenmanagement in den Fokus der Netzgesellschaften rücken. Empirische Un-tersuchungen zeigen, dass die Informationsverarbeitung und -konsolidierung der-zeit aufgrund der fehlenden automatischen Extraktion und Transformation fehlerhaftund langwierig sind. Dies entspricht weder den Anforderungen der Bundesnetzagen-tur an ein standardisiertes Berichtswesen, noch der steigenden Notwendigkeit de-taillierter und genauer Planung. Die Abbildung und Berechnung von Kennzahlen istaufwendig. Zudem existieren in der Literatur keine umfassenden Rahmenwerke, wel-che die für Netzgesellschaften notwendige Kopplung betriebswirtschaftlicher undtechnischer Kennzahlen sowie die Kopplung strategischer Ziele und operativer Maß-nahmen auch informationstechnisch betrachten. Der Beitrag konzipiert zu diesemZweck ein Referenzmodell im Sinne einer praktischen Handlungsempfehlung für dieinformationstechnische Abbildung des strategischen Anlagenmanagements und va-lidiert dies über Expertengespräche. Es dient gleichzeitig der notwendigen Integra-tion technischer und betriebswirtschaftlicher Artefakte aus der derzeitigen verteil-ten Datenhaltung als auch als Entscheidungsunterstützung im Kontext der BusinessIntelligence.

Schlüsselwörter: Business Intelligence, Referenzmodellierung, Energiewirtschaft

Integrated Information Supply for Decision Support in GridCompanies

Increasing regulatory requirements such as price cap regulation have increased theimportance of strategic grid asset management. Empirical studies reveal that infor-mation supply and consolidation are error prone and long-term processes. The rea-son is the missing automation of extraction, transformation, and loading. The currentgap does neither fulfill the requirements of regulatory nor the necessity of standard-ized reporting. Furthermore, a detailed planning is not enabled and the calculationof key figures is extensive. Currently, a framework that considers the coupling of fi-nancial and technical key figures, the coupling of strategic and operative key figuresas well as the integration into information systems is not existent. Therefore, this pa-per addresses the design of a reference model as a recommendation for action tointegrate the asset management within information systems. It is validated by expertinterviews. Moreover, it provides information to integrate relevant financial and tech-nical artifacts from distributed systems. Simultaneously it provides recommendationsfor implementing Business Intelligence in the context of strategic decision support.

Keywords: Business Intelligence, Reference modeling, Utility business

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 1|2012 31

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