einfluss verschiedener ausdünnverfahren auf die source: sink-verhältnisse und fruchtqualität von...

9
1 3 ORIGINALBEITRAG Zusammenfassung Für Zwetschen bzw. allgemein für Steinobst fehlen weltweit chemische Mittel zur effektiven Ausdünnung. Daher war das Ziel, im Rahmen einer Dip- lomarbeit Zwetschen zur Fruchtqualitätsverbesserung me- chanisch und/oder in Kombination mit Ethylen freisetzen- den Substanzen (Flordimex 420 und ATS) auszudünnen; als Kontrolle dienten unbehandelte, d. h. nicht ausgedünnte Bäume der gleichen Reihe. Zwetschen der Sorte ‘Ortenauer’ auf St. Julien GF 655/2 wurden zur Vollblüte (Blühstärke 9) im April 2009 in der Nähe von Bonn mit Rotorgeschwindigkeiten von 300, 400 oder 500 U/min bei gleicher Fahrgeschwindigkeit von 5 km/h mit dem neuen Gerät der Universität Bonn me- chanisch ausgedünnt; ein Teil der Bäume wurde zusätzlich sowohl mitATS (15 l/ha) zur Vollblüte als auch mit Flordi- mex (0,375 l/ha) 35 Tage nach Vollblüte ausgedünnt. Das Ziel der mechanischen Ausdünnung, 1/3 der Blüten bzw. späteren Früchte zugunsten besserer Fruchtqualität zu entfernen, wurde bereits ab der geringsten Drehzahl von 300 U/min erreicht. Die Fruchtzahl pro lfdm Fruchtholz wurde von 46 auf 18–27 reduziert. Die Blüte im Folgejahr war durch mechanische Fruchtbehangsregulierung um das Dreifache und kombiniert mit der chemischen Ausdünnung um das Vierfache verstärkt und die Alternanz somit ver- mindert. Die äußere Fruchtqualität (Fruchtmasse) verbes- serte sich von 28 g/Frucht der nicht ausgedünnten Kont- rollfrüchte auf 30–32 g/Frucht nach mechanischer Ausdün- nung mit 400 bzw. 500 U/min. Eine zusätzliche chemische Ausdünnung (mit ATS und Flordimex) führte nicht zu einer weiteren Zunahme der Fruchtmasse. Es bestanden kaum Unterschiede in der inneren Fruchtqualität (Zucker, Festig- keit) mit Ausnahme bei der chemischen Ausdünnung; diese Früchte waren – vermutlich durch die Ethylenwirkung des Flordimex – weicher bzw. früher reif. Ab 500 U/min kam es zu den ersten Ast- bzw. Holzschäden. Die mechanische Ausdünnung verminderte den Arbeits- zeitbedarf für die Handausdünnung um ca. 25 %, d. h. um 7 min/Baum (von 31 min/Baum für die Handausdünnung von nicht ausgedünnten Bäumen auf 24 min/Baum); dies entsprach 400 bis 500 €/ha monetärem Gewinn, dabei ist der Zeitbedarf für die mechanische Ausdünnung von 1,5 h/ ha bereits berücksichtigt. Die mechanische Fruchtbehangsregulierung verminderte den Monilia-Befall, was auf eine bessere Durchlüftung und schnelleres Abtrocknen der Fruchtbüschel zurückgeführt wird. Die beste Wirkung zeigte die mechanische Ausdünnung mit 400 U/min und stellt somit eine mögliche Alternative oder Ergänzung zur Handausdünnung dar. Der besondere Vorteil der mechanischen Fruchtbehangsregulierung, be- dingt durch den frühen Einsatzzeitpunkt zur Blüte, ist zu- sätzlich die Minderung oder Brechung der Alternanz. Schlüsselworte Europäische Pflaume (Prunus domestica L.) · Alternanz · Ausdünnung · Blatt: Frucht-Verhältnis · Fruchtqualität · Geschmack · Source: Sink-Verhältnis Erwerbs-Obstbau (2012) 54:1–9 DOI 10.1007/s10341-011-0152-5 Einfluss verschiedener Ausdünnverfahren auf die Source: Sink-Verhältnisse und Fruchtqualität von Zwetschen Claudia Seehuber · L. Damerow · A. Kunz · M. Blanke M. Blanke () z. Zt. INRES – Pflanzenernährung, INRES – Horticultural Science, Auf dem Hügel 6, 53121 Bonn, Deutschland E-Mail: [email protected] C. Seehuber INRES- Gartenbauwissenschaft, Universität Bonn, Auf dem Hügel 6, 53121 Bonn, Deutschland L. Damerow Institut für Landtechnik, Universität Bonn, Nussallee 5, 53115 Bonn, Deutschland A. Kunz Campus Klein-Altendorf, Universität Bonn, Meckenheimer Str. 42, 53359 Rheinbach, Deutschland Eingegangen: 23. Oktober 2011 / Angenommen: 17. November 2011 / Online publiziert: 4. Dezember 2011 © Springer-Verlag 2011

Upload: bonn

Post on 10-Dec-2023

0 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

1 3

Originalbeitrag

Zusammenfassung  Für  Zwetschen  bzw.  allgemein  für Steinobst  fehlen weltweit  chemische Mittel  zur effektiven ausdünnung.  Daher  war  das  Ziel,  im  rahmen  einer  Dip-lomarbeit  Zwetschen  zur  Fruchtqualitätsverbesserung  me-chanisch und/oder in Kombination mit ethylen freisetzen-den  Substanzen  (Flordimex  420  und  atS)  auszudünnen; als Kontrolle dienten unbehandelte, d. h. nicht ausgedünnte bäume der gleichen reihe.

Zwetschen  der  Sorte  ‘Ortenauer’  auf  St.  Julien  gF 655/2  wurden  zur Vollblüte  (blühstärke  9)  im april  2009 in  der  nähe  von  bonn  mit  rotorgeschwindigkeiten  von 300, 400 oder 500 U/min bei gleicher Fahrgeschwindigkeit von 5 km/h mit dem neuen gerät der Universität bonn me-chanisch ausgedünnt; ein teil der bäume wurde zusätzlich sowohl mit atS (15 l/ha) zur Vollblüte als auch mit Flordi-mex (0,375 l/ha) 35 tage nach Vollblüte ausgedünnt.

Das Ziel der mechanischen ausdünnung, 1/3 der blüten bzw. späteren Früchte zugunsten besserer Fruchtqualität zu entfernen,  wurde  bereits  ab  der  geringsten  Drehzahl  von 300 U/min  erreicht.  Die  Fruchtzahl  pro  lfdm  Fruchtholz wurde von 46 auf 18–27 reduziert. Die blüte im Folgejahr 

war durch mechanische Fruchtbehangsregulierung um das Dreifache und kombiniert mit der chemischen ausdünnung um  das  Vierfache  verstärkt  und  die alternanz  somit  ver-mindert.  Die  äußere  Fruchtqualität  (Fruchtmasse)  verbes-serte  sich  von  28 g/Frucht  der  nicht  ausgedünnten  Kont-rollfrüchte auf 30–32 g/Frucht nach mechanischer ausdün-nung mit 400 bzw. 500 U/min. eine zusätzliche chemische ausdünnung (mit atS und Flordimex) führte nicht zu einer weiteren  Zunahme  der  Fruchtmasse.  es  bestanden  kaum Unterschiede in der inneren Fruchtqualität (Zucker, Festig-keit) mit ausnahme bei der chemischen ausdünnung; diese Früchte waren – vermutlich durch die ethylenwirkung des Flordimex – weicher bzw.  früher  reif. ab 500 U/min kam es zu den ersten ast- bzw. Holzschäden.

Die mechanische ausdünnung verminderte den arbeits-zeitbedarf für die Handausdünnung um ca. 25 %, d. h. um 7 min/baum  (von  31 min/baum  für  die  Handausdünnung von  nicht  ausgedünnten  bäumen  auf  24 min/baum);  dies entsprach 400 bis 500 €/ha monetärem Gewinn, dabei ist der Zeitbedarf für die mechanische ausdünnung von 1,5 h/ha bereits berücksichtigt.

Die  mechanische  Fruchtbehangsregulierung  verminderte den  Monilia-befall,  was  auf  eine  bessere  Durchlüftung  und schnelleres abtrocknen der Fruchtbüschel zurückgeführt wird.

Die beste Wirkung zeigte die mechanische ausdünnung mit  400 U/min  und  stellt  somit  eine  mögliche alternative oder  ergänzung  zur  Handausdünnung  dar.  Der  besondere Vorteil  der  mechanischen  Fruchtbehangsregulierung,  be-dingt durch den  frühen einsatzzeitpunkt zur blüte,  ist zu-sätzlich die Minderung oder brechung der alternanz.

Schlüsselworte  Europäische Pflaume (Prunus domestica L.) · alternanz · ausdünnung ·  blatt: Frucht-Verhältnis · Fruchtqualität · geschmack · Source: Sink-Verhältnis

erwerbs-Obstbau (2012) 54:1–9DOi 10.1007/s10341-011-0152-5

Einfluss verschiedener Ausdünnverfahren auf die Source: Sink-Verhältnisse und Fruchtqualität von Zwetschen

Claudia Seehuber · L. Damerow · A. Kunz · M. Blanke

M. blanke ()z. Zt. INRES – Pflanzenernährung,  inreS – Horticultural Science,auf dem Hügel 6, 53121 bonn, Deutschlande-Mail: [email protected]

C. Seehuber inreS- gartenbauwissenschaft, Universität bonn,  auf dem Hügel 6, 53121 bonn, Deutschland

l. Damerowinstitut für landtechnik, Universität bonn,  nussallee 5, 53115 bonn, Deutschland

a. KunzCampus Klein-altendorf, Universität bonn,  Meckenheimer Str. 42, 53359 rheinbach, Deutschland

eingegangen: 23. Oktober 2011 / angenommen: 17. november 2011 / Online publiziert: 4. Dezember 2011© Springer-Verlag 2011

1 3

2 C. Seehuber et al.

Effect of Different Types of Thinning on Source: Sink Relationship and Fruit Quality of Plum

Abstract  Chemical  thinning  agents  for  stone  fruits  are scarce. Hence, the objective of the present work was to im-prove fruit quality, viz size in plum, using mechanical and chemical  thinning or combinations  thereof; untreated,  i.e., un-thinned plum trees of the same rows served as control.

Plum  trees  of  the  medium-sized  cv.  ‘Ortenauer’  on dwarfing St. Julien GF 655/2 rootstock, with maximum flower intensity in 2009, were grown near Bonn, Germany. trees  were  mechanically  thinned  in  april  2009  with  the blossom thinner developed by the University of bonn with 300, 400 or 500 rpm at a  tractor speed of 5 km/h. Half of the  trees  were  additionally  chemically  thinned  with  both ammonium thiosulphate (atS) (15 l/ha) at full bloom and an ethylene releasing compound (0.375 l/ha) 35 days after full bloom.

The objective of 1/3 flower i.e. fruitlet removal was successfully achieved even with the slowest rotor speed of 300 rpm. the number of  fruit per metre  fruiting spur was reduced  from  46  to  18–27,  equivalent  to  a  (source:  sink) leaf: fruit ratio of 5:1. Mechanical thinning significantly enlarged fruit mass from 28 g in the un-thinned control to 30–32 g  with  rotor  speeds  of  400  or  500 rpm. additional chemical  thinning  with  atS  and  an  ethylene-releasing compound resulted in no further increase in fruit mass. in-ner  fruit quality  (sugar) of  the plums appeared unaffected by either mechanical or chemical thinning, except for fruit firmness. Plums thinned with an ethylene releasing com-pound were softer and ripened earlier than respective con-trol fruit, possibly due to the ethylene release.

the  lesser  fruit  density  per  tree  after  thinning  reduced the potential  for  fungal  infections  such  as Monilia  due  to faster drying of the fruits after precipitation.

Mechanical thinning reduced thinning by manual labour from 31 min. per tree in the un-thinned control  to 24 min. by  ca  25%, i.e., by  7 min.  per  tree;  this  is  equivalent  to a net financial gain of 400–500 €/ha, after expenditure (120 €/ha; 1.5 h/ha), for thinning.

Overall, both efficacy of blossom removal and fruit mass  enlargement  scored  best  after  mechanical  thinning around 400 rpm,  indicating  that mechanical blossom  thin-ning  provides  a  suitable  alternative  for  chemical  and/or manual  thinning  or  can  be  combined  with  either  of  those options.  an  additional  advantage  of  mechanical  blossom thinning is to overcome or avoid alternate/biennial bearing due to its early application at bloom time; a similar effect was  observed  with  the  ethylene-releasing  compound  ap-plied 35 days after full bloom.

Keywords european plum (Prunus domestica l.) · alternate bearing · biennial bearing · Fruit quality ·  Fruit size · Source: sink relationship · thinning · taste

Einleitung

ausdünnung  ist  eine  grundvoraussetzung  für  die  erzeu-gung hochwertiger Früchte und zur Vermeidung bzw. Ver-minderung der alternanz im Obstbau (Friedrich und Fischer 2000).  Steinobst  und  insbesondere  Zwetschen  lassen  sich schwieriger ausdünnen als Kernobst;  einzelne Zwetschen-sorten wie ‘Katinka’ reagieren z. b. auf chemische ausdün-nung mit Ethylen freisetzenden Substanzen mit Gummifluss, Zwergfrüchten  (sog.  ‘pygmy  fruit’)  bis  zur Überdünnung, d. h. totalem ernteausfall (Weber 2010) oder früh reifenden, zu  weichen  Früchten  und  ggf.  Cuticulaschäden,  die  zum aufplatzen  der  Früchte  führen  können  (tab. 1).  Manche Zwetschensorten  reagieren  –  im  gegensatz  zu  Kernobst – unabhängig von der aufwandmenge nicht auf eine chemi-sche ausdünnung mit Schwefelkalk, naa (Drkenda et al. 1998) oder bei ‘Jubiläum’ auf Metamitron (tab. 1; birken und Meland 2012). Damit kommt der mechanischen  (und Hand-)  ausdünnung  beim  Steinobst  wie  Zwetschen  ein besonders hoher Stellenwert zu (Jacob 1994; Drkenda et al. 1998; Hilsendegen 2009).

Der einzige  in der literatur dokumentierte Versuch zur mechanischen Ausdünnung bei Pflaumen bzw. Zwetschen (lafer 2009a) wurde mit den Sorten ‘tophit’, ‘topking’ und ‘Jojo’  auf  der  Unterlage Fereley  in  der  Steiermark durch-geführt bei einer rotorgeschwindigkeit von 420 U/min und bei  einer  Fahrgeschwindigkeit  von  5 km/h.  eine  mecha-nische Ausdünnung von Hand mit der Effleureuse wegen des hohen Zeitaufwandes von 20–25 h/ha und astschäden ungeeignet erscheint (lafer 2009b; Hilsendegen 2009). Die 

Tab. 1  Unerwünschte nebenwirkungen chemischer ausdünnung bei Steinobst bzw. Zwetschen

Mittel-/Wirkstoff-gruppe

testsorte Versuchs-standort

Unerwünschte  (neben-) Wirkung

ethylen freisetzende Mittel

‘Katinka’ Deutsch-land

Cuticulaschädenaufplatzen der Früchte ÜberdünnungHarz- u. GummiflussZwergfrüchte zu weiche, früh reifende Früchte

Schwefelkalk n.a. (ver-mut-lich ‘Cacaks Schöne’?)

Schweiz Keine ausdünnungswirkung

naa (30/60 ppm, 20 tage nach Vollblüte) 

Schweiz Keine ausdünnungswirkung

Metamitron alle  Sorten

Viele länder

Keine ausdünnungswirkung

n.a. = nicht angegeben

1 3

3Einfluss verschiedener Ausdünnverfahren auf die Source: Sink-Verhältnisse und Fruchtqualität von Zwetschen

traktorgestützte  mechanische  ausdünnung  reduzierte  den Zeitaufwand von 20–25 h/ha auf 1,2–1,5 h/ha (Kong et al. 2009);  die  grundlagen  einer  mechanischen  ausdünnung sind in tab. 2 aufgeführt.

nach  bisherigen  Untersuchungen  sind  die  in  tab. 3 dargestellten  Werte  ausschließlich  auf  Maximierung  der Fruchtgröße bezogen, unabhängig vom ertrag und optima-lem Source: Sink-Verhältnis.

Ziel  aller ausdünnmaßnahmen  bleibt,  die  Fruchtquali-tät zu fördern und insbesondere die Fruchtgröße, und evtl. zusätzlich  den  Zuckergehalt  und  die  Fruchtfestigkeit,  zu erhöhen  sowie  evtl. alternanz  zu brechen bzw. vorzubeu-gen (lippert und blanke 2004; Untiedt und blanke 2001). Zudem kann durch mechanische ausdünnung der gehalt an wertvollen gesunden Fruchtinhaltsstoffen wie Phenolen und Vitamin C (ascorbinsäure) generell in Früchten erhöht wer-den (Solomakhin und blanke 2010).

Ziel  der  vorliegenden arbeit  war,  die  Fruchtgröße  und Fruchtqualität  (Zucker)  zu  erhöhen  bzw.  zu  verbessern, die Source: Sink – Verhältnisse zu untersuchen, den Zeit-aufwand  für  eine  Handausdünnung  zu  verringern  und  die alternanz  zu  brechen.  Dazu  wurden  Zwetschenbäume mechanisch und teilweise in Kombination mit ethylen frei-setzenden Substanzen (Flordimex 420) und atS (als blatt-dünger  bzw.  Ätzmittel)  ausgedünnt;  als  Kontrolle  dienten unbehandelte, d. h. nicht ausgedünnte bäume der gleichen reihen.

Material und Methoden

Versuchsanlage und System zur Fruchtbehangsregulierung (ausdünnung)

Die  Versuchsbäume.  neunjährige,  als  Spindeln  erzogene, 2,5 m hohe Zwetschenbäume der Sorte ‘Ortenauer’ auf der Unterlage St. Julien INRA GF 655/2 mit einem Pflanzab-stand von 4,25 m × 2,80 m befanden sich in einem Obstbau-betrieb bei rheinbach/bonn.

Die mechanische Fruchtbehangsregulierung erfolgte mit einem gerät, das an der Universität bonn entwickelt wurde (Kong  et  al.  2009).  Die anordnung  der  drei  einzeln  –  in Höhe, Winkel und abstand zum baum – verstellbaren hori-zontalen rotoren ist in abb. 1 dargestellt. alle drei rotoren waren ca. 35° in Fahrtrichtung nach hinten geschwenkt und die unteren beiden rotoren mit Spindeln waren um 15° nach unten zur baumreihe geneigt.

Die bäume zeigten maximale blühstärke 9 (Weißblüte) mit  einem  hohen  bedarf  an  Fruchtbehangsregulierung (abb. 3, Fruchtbehang ohne ausdünnung) nach einem Frost-schaden mit totalausfall im Vorjahr. Die bäume wurden zur Vollblüte am 20. april 2009 bei einer traktorgeschwindig-keit von 5 km/h mechanisch ausgedünnt (abb. 2). Die Hälfte dieser bäume wurde im laufe des gleichen tages zusätzlich mit atS (15 l/ha) ausgedünnt und erhielt etwa 35 tage nach Vollblüte eine behandlung mit Flordimex (0,375 l/ha). nach dem Junifruchtfall erfolgte am 6. Juli 2009 – mit ausnahme der Versuchsäste – eine Handausdünnung. Dabei wurde der arbeitszeitbedarf für die Handausdünnung der verschiede-nen Varianten ermittelt.

Tab. 2  grundzüge der mechanischen ausdünnung mit dem gerät der Universität bonn mit drei horizontalen rotoren  (ergänzt nach Kong et al. 2009)

Parameter Wert bzw. bezeichnung Kommentaranforderungen  an die baumform

Schlanke Spindel, Super-spindel, Vertikale achse, Fruchtwand, Solaxe

Hohlkrone und  V-System ungeeignet

Äste Keine dicken, starren, vertikalen gerüstäste

evtl. vertikale Äste vor einsatz schneiden

Zeitpunkt  blüte (bbCH 61–67) blühbeginn bis blühende

blühstärke ab blühstärke 5 (Kernobst)ab blühstärke 7 (Steinobst)

ausdünnung nur bei erwartetem Vollertrag

rotordrehzahl  350–450 U/min  Höhere Drehzahlen können zu blatt- und astschäden führen

traktorgeschwin-digkeit

2,5–7,5 km/h Keine Kontrol-le bei -schnellerer traktor-geschwindigkeit

Kombinations-Möglichkeit

mit chemischer  und/oder  manueller ausdünnung

Dann geringerer che-mischer Mittelaufwand bzw. geringerer Zeit- bzw. arbeitsaufwand bei Handausdünnung

Tab. 3  empfohlener  Fruchtbehang  bei  Zwetsche  bezogen  auf  lau-fenden astmeter zur Optimierung der Fruchtgröße (nach Jacob 1994; lehner und Wurm 2006; Drkenda 1998; Kokereols und Weber 2010 verändert)

Sorteneignung beispiel-sorten

behang- Dichte

Fruchtbehang für max. Fruchtgröße

Optimales Source: Sink-Verhältnis

Kleinfrüchtige Sorten

‘Katinka’, ‘Cacaks Fruchtbare’, ‘Hauszwet-sche’

1,5 kgFrüchte/lfdm

40–50 Früchte/lfdm

???

Mittelgroße Sorten

‘Hanita’, ‘elena’, ‘Ortenauer’

30–35 Früchte/lfdm

???

großfrüchtige Sorten

‘toptaste’, ‘Cacaks Schöne’

25–30 Früchte/lfdm

5:1

angelsächsische Pflaumen

‘Victoria’-‘Pflaume’

n.a. 6–10:1

aprikosen-Vergleich

‘bergeron’ n.a. n.a. 7:1

n.a. = nicht angegeben

1 3

4 C. Seehuber et al.

ermittlung der Source: Sink-Verhältnisse und Fruchtqualität sowie Statistik

Pro  baum  wurden  zwei  horizontale  Fruchtäste  (2-  oder 3jähriges  Holz)  in  ca.  1,6 m  Höhe  nach  der  „Schweizer 

Methode“  ausgezählt,  markiert,  die  blatt:  Frucht-Verhält-nisse bestimmt und sowohl die blattzahl als auch die blatt-fläche ermittelt. Die Früchte der ausgewählten Fruchtäste wurden 1 oder 2 tage vor der ernte am 2. September 2009 separat  beprobt  und  auf  Fruchtmasse,  Fruchtdurchmesser, 

Abb. 1  Schema und Winkel der verwendeten Maschine der Uni-versität bonn 45° steigend

15° abfallend

15° abfallend

67 cm

51 cm

53 cm

Abb. 3  Zu dichter behang der Kontrolle bei der Sorte ‘Ortenauer’ in 2009, der ohne ausdünnung zu alternanz im Folgejahr führt

            

            

Abb. 2 Mechanische Fruchtbehangsregulierung bei Pflaumen der Sorte  ‘Ortenauer’  mit  dem  ausdünngerät  der  Universität  bonn  (Photo: M. blanke)

            

1 3

5Einfluss verschiedener Ausdünnverfahren auf die Source: Sink-Verhältnisse und Fruchtqualität von Zwetschen

Festigkeit  und  Zuckergehalt  untersucht.  Die  ergebnisse wurden mit SPSS Version 17.0 statistisch ausgewertet; die rein mechanischen behandlungen (tab. 4) und die mit atS/Flordimex wurden separat mit zweifaktorieller Varianzana-

lyse verrechnet. bei Varianzhomogenität wurden die grenz-differenzen  für  5 %  und  1 %  irrtumswahrscheinlichkeit ermittelt. Die blühstärke der bäume im Folgejahr wurde zur alternanzerhebung am 24. april 2010 als blüten pro lfdm Fruchtholz  bewertet.  Unter  Fruchtholz  werden  Äste  ohne den einjährigen triebzuwachs verstanden.

Ergebnisse und Diskussion

ausdünnwirkung auf die Fruchtanzahl und Fruchtgröße

an  den  äußeren  Ästen  dünnte  das  bonner  gerät  mit  den drei horizontalen rotoren gut aus; tendenziell stieg die aus-dünnwirkung, wenn die rotoren schneller drehten (abb. 4). 

Tab. 4  Versuchsplan für die ausdünnung der Zwetschensorte ‘Orte-nauer’ in 2009Mechanische ausdün-nung – (20. april 2009)

atS (15 l/ha; 20.4.2009) Flordimex (0,375 l/ha; 27.5.2009)

rotordrehzahl (U/min)

Kontrolle 1: nicht ausgedünnt

Kontrolle 2: nur chemisch     0

Mechanisch Mechanisch und chemisch 300Mechanisch Mechanisch und chemisch 400Mechanisch Mechanisch und chemisch 500

Abb. 4 Einfluss der Frucht-behangsregulierung auf die anzahl Früchte pro lfdm Fruchtholz bei ‘Ortenauer’ 2009 (Kontrolle 1 = keine ausdünnung; Kontrolle 2: nur chemische ausdünnung)

0

20

40

60

80

100

120

140

160

300 UKontrolle 1

Mechanische Ausdünnung Mechan. Ausd. & chem.Ausdünnung (ATS + Flordimex)

400 U 500 U Kontrolle 2 300 U 400 U 500 U

Mitt

lere

Fru

chtz

ahl /

Ast

bzw

. pro

lfdm

.

Fruchtzahl pro Ast

Fruchtzahl pro lfdm.

            

Abb. 5 Einfluss der Frucht-behangsregulierung auf die Fruchtmasse (schwarze balken) und Blattfläche pro Frucht (schraffiert) bei ‘Ortenauer’ in 2009 (Kontrolle 1 = keine ausdünnung; Kontrolle 2: nur chemische ausdünnung)

a a b a a a a a

b b

b

bb

b

b

b

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

300 U 500 U 500 U400 U400 U 300 UKontrolle 1

Mechanische Ausdünnung Mechan. Ausd. & chem.Ausdünnung (ATS + Flordimex)

Kontrolle 2

Fruc

htm

asse

(g)

bzw

. Bla

ttflä

che

pro

Fruc

ht (

cm²) Einzelfruchtmasse (g)

Blattfläche/Frucht (cm²)

            

1 3

6 C. Seehuber et al.

Die mechanische Fruchtbehangsregulierung  reduzierte die anzahl Früchte/lfdm Fruchtholz von 46 auf 18–27 Früchten (abb. 4) bei gleichzeitiger erhöhung der Fruchtmasse von 28 auf 30–32 g/Frucht (abb. 5). Damit wurde das Ziel von 33 % Fruchtreduzierung  zur blüte durch die mechanische ausdünnung  bereits  bei  300 U/min  erreicht.  Die  rotoren drangen  durch  die  breiten  baumkronen  mit  ihren  langen, starren  Ästen  zwar  bis  in  das  bauminnere,  dünnten  aber dort  etwas  weniger  stark  aus,  so  dass  in  Stammnähe  und den Wipfeln der Krone eine ergänzende Handausdünnung vorgenommen wurde.

ausdünnwirkung auf die Source: Sink–Verhältnisse

Das  blatt:  Frucht-Verhältnis  von  etwa  5:1  wurde  nicht signifikant verändert (Abb. 7); eine ‘Ortenauer’-Pflaume (28–32 g)  wurde  von  84  bis  159  cm2 Blattfläche versorgt (abb. 5). Bei der größeren ‘Victoria ’-Pflaume (45–50 g/Frucht) wurde ein blatt: Fruchtverhältnis von 6:1 bis 10:1 als optimal angesehen (Maage 1994). bei ‘Cacaks Schöne’ ent-spricht ein blatt: Frucht – Verhältnis von 5:1 nach Schwei-zer berechnungen 1,2–1,4 kg Früchten pro lfdm Fruchtholz (anonym 2009) (abb. 6).

nach Hansen (1978) werden beim apfel zur bildung von 100 g Fruchtmasse ca. 200 cm2 oder 25–30 blätter für eine Frucht benötigt; die Werte werden durch Sorte und Klima bzw. Standort innerhalb gewisser Grenzen beeinflusst; die blatt:  Frucht-Verhältnisse  bestimmen  die  assimilatvertei-lung innerhalb eines baumes (‘partitioning’) (Friedrich und Fischer 2000), wobei die blattgröße beim apfel im Durch-schnitt  mit  30–42 cm2  ca.  1/3  größer  ist  als  bei  der  Sorte ‘Ortenauer’. bei blattverlust oder lokalem Mangel können 

assimilate auch von weiter entfernten blättern mobilisiert werden (Hansen 1978).

bei Steinobst sind nach Maage (1994) unter norwegischen Verhältnissen Source: Sink – beziehungen von 6–10:1 blät-ter pro Frucht bei den großen ‘Victoria’-Pflaumen (Fruchtge-wicht 45–50 g) und bei aprikosen (lehner und Wurm 2006) 7:1 optimal im Gegensatz zu Äpfeln mit 20–30(− 40):1 (Friedrich  und  Fischer  2000).  Zu  berücksichtigen  ist  die unterschiedliche Fruchtmasse und die kleinere Blattfläche bei Pflaumen und die kürzere Fruchtentwicklungszeit. Bei den untersuchten ‘Ortenauer’-Früchten fanden sich 84–159 cm2 Blattfläche (bei durchschnittlich 25 cm2/blatt) pro Frucht bei 28–32 g  Fruchtmasse  (abb. 4),  im Vergleich  zu apfel  mit 320–360 cm2 pro Frucht bei 160–180 g Fruchtmasse. Unter 100 cm2  bleiben  die  Äpfel  klein  und  von  geringer  Frucht-qualität, während große apfelfrüchte 400–500 cm2 Blattflä-che benötigen (Friedrich und Fischer 2000). Ungeklärt bleibt beim apfel die Diskrepanz zwischen den zitierten optimalen 30 Blättern, die bei einer Blattfläche von 30 cm2 900 cm2 und nicht 300–400 cm2 pro 150 g apfelfrucht entspricht.

ausdünnwirkung auf die Fruchtqualität  und Fruchtfestigkeit

Die  Mehrzahl  der  Zwetschen  war  mit  einer  Fruchtmasse über 28 g in der vermarktungsfähigen größe. Dies war auch der  ergänzenden  Handausdünnung  zu  verdanken.  Kurz vor der ernte  reduzierte  ein erheblicher Vorerntefruchtfall den  Fruchtbehang,  der  vor  allem  die  bäume  mit  starkem Fruchtbehang betraf, d. h. das blatt: Frucht-Verhältnis auf ca. 6:1 vergrößerte, das von Maage  (1994) bei  ‘Victoria’-Pflaumen als optimale Untergrenze angesehen wird, und der  auf  eine  temporäre trockenphase  zurückgeführt  wird. 

Abb. 6 Einfluss der Frucht-behangsregulierung auf das blatt: Frucht-Verhältnis in 2009 und blüten/lfdm Fruchtholz bzw. alternanz bei ‘Ortenauer’ 2010 (Kontrol-le 1 = keine ausdünnung; Kontrolle 2: nur chemische ausdünnung)

a a b a a a a a

ba

b bc c c c

a a a a a a

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

300 U

Mechan. Ausd. & chem.Ausdünnung (ATS + Flordimex)

Mechanische Ausdünnung

500 U400 U 400 U 500 UKontrolle 2Kontrolle 1 300 U

Dur

chm

esse

r (m

m),

Fes

tigke

it (S

hore

), Z

ucke

r (°

Brix

)

Festigkeit (Shore-Wert)Fruchtdurchmesser (mm) Zuckergehalt (°Brix)            

1 3

7Einfluss verschiedener Ausdünnverfahren auf die Source: Sink-Verhältnisse und Fruchtqualität von Zwetschen

Der  Zuckergehalt  aller  Früchte  lag  mit  12,0–12,5°  brix (abb. 7)  in  der  gleichen  größenordnung  in  einem  relativ süßen geschmacksbereich. Dagegen wurde die Fruchtfes-tigkeit signifikant durch die chemische Ausdünnung von 73–79 auf 70–71 Shore (abb. 7) herabgesetzt, während die mechanische Fruchtbehangsregulierung die Fruchtfestigkeit – im gegensatz zur chemischen ausdünnung – erhielt. als Ursache der weicheren Früchte kommt einmal das von Flor-dimex freigesetzte ethylen in Frage, das die reife beschleu-nigt und die Früchte dadurch weicher werden lässt (tab. 1); andererseits kann die Förderung des triebwachstums durch die  mechanische  Fruchtbehangsregulierung  zur  reifever-zögerung  durch  Konkurrenz  der  Sinks  (Früchte)  um  die Sources (blätter) – geführt haben (blanke 2009).

Die angaben aus tab. 5 deuten daraufhin, dass weit über 40 %  der  Früchte  bei  der ausdünnung  von  Steinobst  ent-fernt  werden  müssen,  bevor  eine  Veränderung  im  Source: Sink – Verhältnis bzw. erhöhung im Zuckergehalt sowie der Fruchtfestigkeit eintritt. So wurde bei der Handausdünnung der  Zwetschensorte  ‘Cacaks  Schöne’  auf  25 Früchte/lfdm Fruchtast  (25 Früchte = 1,3 kg)  eine erhöhung des Zucker-gehaltes von 11,5 % auf 13,5 % festgestellt (Drkenda et al. 1998) sowie bei der Sorte ‘Cacaks Fruchtbare’ mittels chemi-scher ausdünnung mit atS auf 25–30 Früchte pro lfdm eine 

erhöhung des Zuckergehaltes von 9,5 % auf 11,1 % (Weber 2010). Wurde der Fruchtbehang von 119 auf 65 bzw. 77 auf 58 Früchte pro lfdm. Fruchtast – d. h. im Durchschnitt bei-der Jahre um 35 % – von Hand ausgedünnt, erhöhte sich der Zuckergehalt der ‘Victoria’-Pflaumen von 5,6 % auf 6,8 % Zucker;  eine  weitere  reduzierung  des  Fruchtbehanges  auf 40 bzw. 34 Früchte pro lfdm Fruchtast (d. h. im Mittel um 61 %) erhöhte den Zuckergehalt weiter auf 8,2 %. erst eine weitere Fruchtbehangsreduzierung um 84 % verbesserte die assimilatverteilung derart, dass der Zuckergehalt der Früchte auf 11,1 % Zucker anstieg (Vangdal 1982). Wurden von 69 auf 25 bzw. von 50 auf 28 Früchte pro lfdm Fruchtast bei den Zwetschensorten ‘Cacaks Schöne’ und ‘Vr071’ ausgedünnt, erhöhte  sich der Zuckergehalt  in Schweizer Versuchen auf dem breitenhof um bis zu 3 % Zucker. bei der Sorte ‘Opal’ erhöhte eine 20 %ige Fruchtbehangsreduzierung von 50 auf 40 Früchte pro lfdm Fruchtast den Zuckergehalt signifikant von 11,9 % auf 12,4 %; bei der Sorte ‘laxton blue’ führte die  geringste  Fruchtbehangsreduzierung  um  nur  13 %  von 48 auf 42 Früchte pro lfdm Fruchtast zu keinem Unterschied mehr im Zuckergehalt (Drkenda et al. 1998). im vorliegen-den Versuch erhöhte sich der Zuckergehalt leicht durch die mechanische  ausdünnung  und  durch  einsatz  zusätzlicher chemischer Ausdünnung – aber ohne Signifikanz – und bestä-tigt die Versuche bei Pflaumen, die von Hand ausgedünnt wurden  (balbir 1961), während mechanische ausdünnwir-kungen auf die Fruchtqualität bei Pflaumen bzw. Zwetschen – unseres Wissens – noch nicht untersucht wurden.

alternanzwirkung

Die mechanische Fruchtbehangsregulierung zur blüte ver-minderte  die  alternanz  bzw.  verdreifachte  die  blütenzahl pro  lfdm  im  Folgejahr  von  12  in  der  nicht  ausgedünnten Kontrolle auf 38–40; die zusätzliche chemische ausdünnung 

Abb. 7 Einfluss der Frucht-behangsregulierung auf die Fruchtqualität (Durchmesser, Festigkeit und Zuckergehalt) bei ‘Ortenauer’ 2009 (Kont-rolle 1 = keine ausdünnung; Kontrolle 2: nur chemische ausdünnung)

a a aa a a

a a

b

a a a

aa

a a

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

55

300 U 500 U 300 U 500 U400 UKontrolle 1 Kontrolle 2

Mechan. Ausd. & chem.Ausdünnung (ATS + Flordimex)

Mechanische Ausdünnung

400 U

Blü

ten

pro

lfdm

. Fru

chth

olz

bzw

. Bla

tt: F

ruch

t-V

erhä

ltnis

Blatt:Frucht-Verhältnis

Blüten/lfdm. Fruchtholz

            

Tab. 5  Vergleich  der  Source:  Sink-  Verhältnisse  bei  Kern-  und Steinobst

befruchtete blüten für Vollertrag

blatt: Frucht- Verhältnis

Fläche/blatt (cm2)

erforderliche Blattfläche/Frucht (cm2)

Frucht- Masse (g)

Steinobst Pflaume

25 % 5–15:1 18–26 375 30–90

Pflaume in unserem Versuch: 5:1 23–26 123–132 28–32Kernobst apfel

4–7 % 20–30(− 40): 1

31–42 300–400 140–180

1 3

8 C. Seehuber et al.

brachte eine weitere Verminderung des alternanz-Potenzials von ca. 40 auf 45 blüten pro lfdm Fruchtholz (abb. 7). Damit könnte die aus dem Kernobst bzw. apfel (Handschack 1993) bekannte, blütenfördernde Wirkung von ethylen freisetzen-den Substanzen wie Flordimex jetzt auch auf Steinobst bzw. Pflaumen und Zwetschen übertragbar sein. Zwei Erklärungs-ansätze  kommen  für  die Wirkung  der  Flordimex-applika-tion zu beginn der blüteninduktion bzw. vor dem Junifall in Frage:  a) die ausdünnende Wirkung, d. h. die geringere Fruchtzahl  verschiebt  das  Konkurrenzverhältnis  der  Sinks untereinander (blanke 2009) zugunsten der blüteninduktion bzw. blütenzahl im Folgejahr und b) erhöht die einlagerung der reservekohlenhydrate  in die überwinternden teile des Obstbaumes die blütenbildung und blütenzahl.

Phytopathologische auswirkung der Fruchtbehangsregulierung

Die  visuelle  Kontrolle  bzw.  bonitur  ergab  einen  geringen Monilia-befall  an  den  ausgedünnten  bäumen,  was  auf eine bessere Durchlüftung und schnelleres abtrocknen der Fruchtbüschel besonders bei Steinobst zurückgeführt wird.

astschäden und neuaustrieb

Die rotordrehzahl 500 U/min führte zwar zu einer stärke-ren Fruchtausdünnung, war aber eine zu hohe Drehzahl und führte – da dies das erste Durchfahren dieser Obstanlage war – zu leichten Holz- und astschäden wie bei lafer (2009a) mit 420 U/min.

Zeitersparnis durch die mechanische Fruchtbehangsregulierung

Die  mechanische  ausdünnung  verminderte  den  arbeits-zeitbedarf  für  die  Handausdünnung  von  31 min/baum von unbehandelten, d. h. nicht ausgedünnten bäumen, auf 24 min/baum nach mechanischer ausdünnung mit 300 und 400 U/min.  Dies  entspricht  bei  einer  baumzahl  von  800 

bäumen/ha einer ersparnis von 7 min pro baum bzw. 92 h/ha bis 105 h/ha, wenn man den Zeitbedarf  für die mecha-nische ausdünnung berücksichtigt (tab. 6) im Vergleich zu ca. 1 min/baum bzw. 28–34 h/ha bei apfel. Setzt man einen Stundenlohn der Aushilfskräfte/Erntehelfer von € 5,50 bzw. € 7,50 zugrunde, entspricht dies einem monetärem Vorteil von 390 bis 460 €/ha bzw. 570 bis 660 €/ha.

Für  die  Wirtschaftlichkeit  der  mechanischen  Fruchtbe-hangsregulierung bei Pflaumen bzw. Zwetschen gibt es drei gründe:

1. Pflaumen und Zwetschen unter 30 mm Fruchtdurchmes-ser  und  28 g/Frucht  sind  nicht  vermarktungsfähig  und wurden daher mit 0 € angesetzt, da solche Bäume gar nicht erst gepflückt werden – im Gegensatz zu Mostäp-feln mit 0,04 €/kg – 0,08 €/kg.

2. Hochwertige Früchte können bei Pflaumen und Zwet-schen (0,50 €/kg) etwas höhere Erzeugerpreise als bei Äpfeln erzielen.

3.   Die gesparte Zeit für die Handausdünnung von 7 min pro Baum oder 105 h/ha bei einem Erntehelferlohn von 5,50 € ergibt eine Kostenersparnis von rund 430 €/ha, was die Maschinenkosten  der  mechanischen  ausdünnung  von 120 €/ha deutlich übersteigt; bei höheren Arbeitslöhnen wird die Maßnahme noch wirtschaftlicher.

Schlussfolgerung

bei  Steinobst  ist  es  wesentlich  schwieriger,  das  Source: Sink-Verhältnis zu beeinflussen, d. h. es wird eine höhere Zahl (kleinerer) blätter für das erzielen von 100 g Frucht-masse (bzw. weniger Blätter pro Frucht (Pflaume)) als beim Kernobst benötigt, weil

a.   die Früchte (sink) von vielen (kleinen) blättern (source) versorgt werden

b.   die  Früchte  eine  kürzere  Fruchtentwicklungszeit  auf- weisen

c.   dadurch die terminierung der ausdünnmaßnahme kriti-scher ist, und

d.   erst  ein  unterer  Schwellenwert  überschritten  werden muss, bevor eine erhöhung der Fruchtgröße sowie eine Verbesserung des Zuckergehaltes (und evtl. der Frucht-festigkeit)  und  dann  relativ  schnell  eine  obere  Sätti-gungsgrenze erreicht wird, während der Säuregehalt sich kaum ändert.

Ausblick

Aufgrund des schwer zu beeinflussenden Source: Sink- Ver-hältnisses  bei  Steinobst,  insbesondere  bei  Zwetschen,  der 

Tab. 6  Zeit-  und  geldersparnis  durch  mechanische  ausdünnung gegenüber einer reinen Handausdünnung bei ‘Ortenauer’ (800 bäume/ha; 5,50 €/h Saison-/Erntehelfer-lohn)

Variante der me-chanischen ausdün-nung

Zeit für Handaus- dünnung (h/ha)

Zeit für mechani-sche aus-dünnung (h/ha)

Zeiter-sparnis (h)

Mone-täre er-sparnis (€/ha)

Monetäre  ersparnis nach abzug von 120 €/ha Ma-schinenkosten (€/ha)

Kontrolle 413 0 – – –300 U/min 320 1,5   92 506 386400 U/min 307 1,5 105 577 457500 U/min 307 1,5 105 577 457Mittelwert  311 1,5 101 553 434

1 3

9Einfluss verschiedener Ausdünnverfahren auf die Source: Sink-Verhältnisse und Fruchtqualität von Zwetschen

kürzeren reaktions- bzw. Fruchtentwicklungszeit als beim Kernobst und der – je nach Sorte – entweder von einer feh-lenden ausdünnwirkung (z. b. Schwefelkalk und naa oder Metamitron) bis zum anderen extrem – Überdünnen (z. b. ethylenmittel  bei  ‘Katinka’)  ist  mechanisches ausdünnen – bei geeigneter baumform wie Spindeln aller art (tab. 2) eine  geeignete  Möglichkeit  dazu  beizutragen,  Premium-früchte  und  damit  die  Konsumentenpopularität  der  eher kleinfrüchtigen europäischen Pflaumen zu verbessern.

Danksagung Wir danken Herrn rönn für die nutzung seiner Obst-anlage und die ermittlung des Zeitbedarfes für die Handausdünnung, (emer.) Prof. F. lenz bzw. (emer.) Prof. Jacob für die Unterstützung bei der Bereitstellung der Source: Sink Werte für Apfel bzw. Pflaume.

Literatur

anonym  (2009)  Formieren  und  ausdünnen.  Praxis  Obstgarten. Schweizer garten 6/2009. http://www.vol.be.ch/html

balbir S (1961) thinning of plums. indian J agric Sci 31:64–75blanke M (2009) Source: Sink relationship in crops – invited review 

paper. Proc. of iSHS Workshop on ‘Source: sink relationships in plants’ (ronz’hina e und MM blanke, Hrsg). Kaliningrad, May 2008. acta Hortic 835:13–20. http://www.ishs.org/acta/html

birken e, Meland M (2012) eUFrin thinning Workshop, leida, Spa-nien, 14. März 2010. Proceedings (C Costa und M blanke, Hrsg). acta Hortic, 999, 00–00. http://www.ishs.org/acta/html

Drkenda  P,  bertschinger  l,  Stadler  W  (1998)  Fruchtbehang  und Fruchtqualität  tragwilliger  Zwetschgensorten.  Schweiz  Z  Obst- und Weinbau 134:156–158

Friedrich g, Fischer M (2000) Physiologische grundlagen des Obst-baus. 3. Aufl. Ulmer, Stuttgart, S 512

Handschack  M  (1993) ausgeglichener  blütenansatz  mit  Flordimex. Obstbau 6:280–281

Hansen P  (1978) blatt: Frucht – Verhältnis, assimilatverteilung und Fruchtentwicklung. erwerbs-Obstbau 20:228–231

Hilsendegen P (2009) Workshop Steinobst Oppenheim 25.5.2009Jacob H (1994) Fruchtbehangsregulierung bei Pflaumen und Zwetsch-

gen. Obstbau 9:461–464Kong T, Damerow, L, Blanke MM (2009) Einfluss mechanischer Aus-

dünnung  auf  Fruchtqualität,  ertrag  und alternanz  sowie  ethy-lenfreisetzung  als  Stressindikator  bei  apfel.  erwerbs-Obstbau 51(2):39–52

lafer  g  (2009a)  tipps  zur  ertragsregulierung  2009.  besseres  Obst 54(4):12–14

lafer  g  (2009b) ausdünngeräte  im  Vergleich.  erfahrungen  mit  der mechanischen aus-dünnung in der Praxisobstanlage an der Fach-schule gleisdorf. Der Obstler 14(1): 6–9

lehner F, Wurm l (2006) ausdünnungsversuche bei Marille. besseres Obst 12(2006):4–6

lippert F, blanke M (2004) effect of mechanical harvest and timing of  1-MCP  application  on  respiration  and  fruit  quality  of  euro-pean  plums  (Pyrus domestica  l.).  Postharvest  biol  technol  34:305–311

Maage F (1994) Fruit development of ‘Victoria’ plums in relation to leaf number. acta Hortic 359:190–194. http://www.ishs.org/acta/html

Solomakhin A, Blanke MM (2010) Mechanical flower thinning improves fruit quality of apples. J Sci Food agric (SCi london) 90(5):735–743

Untiedt r, blanke MM (2001) effects of fruit thinning agents on apple tree  canopy  photosynthesis  and  dark  respiration.  Plant  growth regulation 35:1–9

Vangdal  e  (1982)  Sugars  and  sugar  alcohols  in  norwegian  grown plums.  Meldinger  fra  norges  lankbrukshoegskole  (norwegen) 61:1–39

Weber  HJ  (2010)  thinning  plums.  Proceedings  eUFrin  thinning Workshop,  leida,  Spanien,  14.  März  2010  (C  Costa  und  M blake,  Hrsg). acta  Hortic  999,  00–00  (im  Druck).  http://www.ishs.org/acta/html

Claudia Seehuber,  1983  in braunschweig  geboren,  stu-dierte nach dem abitur  im Juni 2002  im  traditionellen  Diplom-studiengang  agrarwissenschaf-ten 2002/2003 bis Februar 2010 an  der  rheinischen  Friedrich-Wilhelms-Universität  in  bonn mit Schwerpunkt Pflanzenbau. im  rahmen  ihrer  Diplomarbeit an  der  Universität  bonn  auf dem  Campus  Klein-altendorf beschäftigte  sie  sich  mit  der mechanischen ausdünnung  von Kernobst  und  Steinobst.  Die ergebnisse  zur  erfolgreichen mechanischen Fruchtbehangsre-

gulierung bei  ‘Conference’-birnen wurden  im Februar 2011 auf der nationalen Dgg- und im März 2011 auf der internationalen eUFrin- tagung vorgestellt  und  erschienen  im erwerbs-Obstbau  im Septem-berheft 2010. Die autorin veröffentlichte zudem einen internationalen beitrag in einer referierten Zeitschrift über die grundlegenden regel-mechanismen  der  Fruchtbehangsregulierung  bei  Steinobst.  Zur  Zeit ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Pflanzenernäh-rung an der Universität bonn und bearbeitet das Projekt: nährstoff-versorgung zur Optimierung der n2-Fixierung und Produktivität von Körnerleguminosen.