delokutiver bedeutungswandel und delokutive derivation

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Delokutiver Bedeutungswandel und delokutive Derivation Abstract Whereas Benveniste (1958) originally viewed delocutivity as a special type of word formation, the present article follows Koch (1993) who proposes a redefinition of this notion on purely semantic grounds. Moreover, it will be argued that delocutivity is not a synchronic phenomenon but represents various types of diachronic change. These can be distinguished according to their underlying motivation, and they behave quite differently as to the question of whether they imply a strengthening or a weakening of the linguistic forms and meanings involved. 1. Was ist Delokutivität? Der Begriff der Delokutivität (fr. délocutivité) wurde von Benveniste (1966 [1958]) geprägt. Seine Nützlichkeit illustriert Benveniste am Beispiel des Verbs lat. salūtāre. Auf den ersten Blick könnte es so scheinen, als sei dieses Verb vom Nomen salūs abgeleitet. Gegen diese Annahme spricht jedoch ein Vergleich der Bedeutungen beider Lexeme, denn lat. salūtāre bedeutet ‚grüßen’, salūs dagegen ‚Wohlergehen, Gesundheit’. Wie Benveniste (1966 [1958]: 277) zeigt, ist es plausibler, das Verb salūtāre auf dem Umweg über die Grußformel salūte(m)! ‚(Ich wünsche Dir) Wohlergehen!’ abzuleiten – also nicht vom Lexem salūs als solchem, sondern von einer bestimmten formelhaften Verwendung (locution, Benveniste 1966 [1958]: 277f.) dieses Lexems im Diskurs. Von dieser Bestimmung leitete sich die Bezeichnung délocutivité ab. Der delokutive Ableitungsweg von salūtāre ist unter (1) dargestellt. ¡F! repräsentiert die formelhafte Verwendung von salūs im Diskurs. Die Rückführbarkeit auf solch ein ¡F! ist das konstitutive Merkmal aller delokutiv abgeleiteten Ausdrücke. (1) lat. salūtāre < salūte(m)! < salūs ‚grüßen’ ‚(Ich wünsche Dir) ‚Wohlergehen’ Wohlergehen!’ Verb ¡F! Nomen

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Delokutiver Bedeutungswandel und delokutive Derivation

Abstract

Whereas Benveniste (1958) originally viewed delocutivity as a special type of word formation, the present article follows Koch (1993) who proposes a redefinition of this notion on purely semantic grounds. Moreover, it will be argued that delocutivity is not a synchronic phenomenon but represents various types of diachronic change. These can be distinguished according to their underlying motivation, and they behave quite differently as to the question of whether they imply a strengthening or a weakening of the linguistic forms and meanings involved.

1. Was ist Delokutivität?

Der Begriff der Delokutivität (fr. délocutivité) wurde von Benveniste (1966 [1958]) geprägt. Seine Nützlichkeit illustriert Benveniste am Beispiel des Verbs lat. salūtāre. Auf den ersten Blick könnte es so scheinen, als sei dieses Verb vom Nomen salūs abgeleitet. Gegen diese Annahme spricht jedoch ein Vergleich der Bedeutungen beider Lexeme, denn lat. salūtāre bedeutet ‚grüßen’, salūs dagegen ‚Wohlergehen, Gesundheit’. Wie Benveniste (1966 [1958]: 277) zeigt, ist es plausibler, das Verb salūtāre auf dem Umweg über die Grußformel salūte(m)! ‚(Ich wünsche Dir) Wohlergehen!’ abzuleiten – also nicht vom Lexem salūs als solchem, sondern von einer bestimmten formelhaften Verwendung (locution, Benveniste 1966 [1958]: 277f.) dieses Lexems im Diskurs. Von dieser Bestimmung leitete sich die Bezeichnung délocutivité ab. Der delokutive Ableitungsweg von salūtāre ist unter (1) dargestellt. ¡F! repräsentiert die formelhafte Verwendung von salūs im Diskurs. Die Rückführbarkeit auf solch ein ¡F! ist das konstitutive Merkmal aller delokutiv abgeleiteten Ausdrücke. (1) lat. salūtāre < salūte(m)! < salūs ‚grüßen’ ‚(Ich wünsche Dir) ‚Wohlergehen’

Wohlergehen!’ Verb ¡F! Nomen

Delokutiver Bedeutungswandel 2

Im folgenden möchte ich zeigen, dass bestimmte Arten des delokutiven Sprachwandels regelmäßig zu einer „Verstärkung“ der involvierten Elmente führen (vgl. Abschnitte 6 und 7) während andere Spielarten eine semantische und ausdrucksseitige „Schwächung“ mit sich bringen (s. Abschnitt 8). Bevor ich auf diesen Punkt zurückkomme, sind allerdings einige Ausführungen zum theoretischen Stellenwert der Delokutivität notwendig.

2. Delokutivität: ein Spezialfall von Derivation?

Trotz seiner empirischen Plausibilität wirft der Begriff der Delokutivität in Benvenistes ursprünglicher Konzeption eine ganze Reihe von Problemen auf. Für Benveniste ist die délocutivité ein Verfahren der Wortbildung, genauer gesagt ein Spezialfall der Derivation, der gleichwertig neben der deverbalen und der denominalen Ableitung steht (Benveniste 1966 [1958]: 277). Als Wortbildungsverfahren dient sie, so Benveniste, in erster Linie zur Derivation von Verben. Dass dies in der Tat häufig so ist, lässt sich an einer ganzen Reihe von Beispielen illustrieren. Benveniste diskutiert Fälle wie das lat. Verb quiritāre ‚um Hilfe rufen’, das nicht unmittelbar vom Nomen quirīs ‚(Mit-)Bürger’ abgeleitet ist, sondern von dessen Verwendung im formelhalften Hilferuf quirītes! ‚Mitbürger (zu mir)!, zu Hilfe!’ (Benveniste 1966 [1958]: 279-80). In (2) sind einige mehr oder weniger bekannte Beispiele delokutiv derivierter Verben aus verschiedenen Sprachen aufgeführt. Beispiel (2b) stammt aus dem brasilianischen Portugiesisch, (2c) und (2d) aus dem Québec-Französischen, (2e) schließlich ist dem französisch basierten Kreol von Französisch Guyana entnommen. In Abschnitt 3 möchte ich eine kognitive Erklärung für diese auffällige Präferenz zur delokutiven Ableitung von Verben geben. (2) Delokutiv abgeleitete Verben a. fr. remercier1 < merci ! merci, n.f. ‚danken’ DANKESFORMEL ‚Gnade’ [eig. ‚(Ihre) Gnade!’]

b. br.pg. parabenizar2 < para bem! para + bem ‚gratulieren’ GRATULATION ‚für’ + ‚Wohl’

_____________ 1 Vgl. Benveniste (1966 [1958]: 281). 2 Aus Ilari (2002: 3).

Ulrich Detges 3

[eig. ‚Zum Wohl!’] c. qu.fr. câlisser3 < calice ! calice, n.m.

‚fluchen’ FLUCH ‚Messkelch’ [eig. ‚Kelch!’, vgl. ‚Kruzifix!’]

d. qu.fr. quiebindre4 < fr. tiens bien! tenir + bien ‚festhalten’’ ‚Halt gut fest!’ ‚halten’ + ‚gut’

e. fr.kr. Guy. quienbé5 < fr. tiens bien! tenir + bien ‚festhalten’’ ‚Halt gut fest!’ ‚halten’ + ‚gut’

Häufig ist darauf hingewiesen worden, dass nicht nur Verben, sondern ebenso gut lexikalische Elemente anderer Wortarten delokutiv abgeleitet werden können (s. u. a. Anscombre 1979b: 72). Ein Beispiel ist das Nomen damedos, das im brasilianischen Portugiesisch zur Bezeichnung argentinischer Touristen dient (Ilari 2002). Es geht zurück auf sp. ¡dame dos! ‚gib mir zwei!’, – eine Äußerung, die in Brasilien lange Zeit als typisch für die ehemals kaufkräftigen argentinischen Touristen empfunden wurde. Die Szene, die der delokutiven Entstehung des Nomens zugrunde liegt, beschreibt Ilari (2002: 5) folgendermaßen: Der argentinische Tourist, der sich vom brasilianischen Ladenbesitzer irgendeine Ware hat zeigen lassen, reagiert auf das überraschend niedrige Preisangebot mit der Äußerung ¡dame dos! ‚gib mir zwei davon’. Ein bekannteres Beispiel für ein delokutiv entstandenes Nomen ist fr. tante, das auf ein Nominalsyntagma mit Possessivpronomen t’ante ( ta + ante) ‚deine Tante’ zurückgeht.6 (3) Delokutive Nomina a. br.pg. damedos < sp. ¡dame dos! ,argentin. Tourist’ ,Gib mir zwei!’ [typ. Äußerung des kaufkräft. argent. Touristen]

b. fr. tante < afr. ta ante ‚Tante’ ‚deine Tante’

Ein delokutives Adjektiv ist engl. iffy, abgeleitet von if ‚wenn’ (vgl. Lehmann 1995: 196). Das Nominal an iffy proposition wäre zu übersetzen als ‚Vorschlag, der viele wenns enthält’, d.h. ein Vorschlag, der auf vielen ungeklärten Vorbedingungen beruht. Ein weiteres Beispiel aus dem brasilianischen Portugiesisch ist cheguei ,angeberisch, Aufsehen erregend’,

_____________ 3 Vgl. Detges (1993: 74). 4 Aus Koch (1993: 262). 5 Aus Koch (1993: 260). 6 Afr. ante (< lat. amita) ist im Englischen als aunt ‚Tante’ erhalten.

Delokutiver Bedeutungswandel 4

das morphologisch gesehen eigentlich eine flektierte Verbform der 1. Person Singular des Perfekts von chegar ‚ankommen’ ist; cheguei bedeutet also wörtlich ‚ich bin angekommen’, meint zunächst aber so etwas wie ‚Hier bin ich!’ (Ilari 2002: 4). Offensichtlich wird eine Äußerung wie ‚Hier bin ich!’ als prototypisch für eine Person empfunden, welche die Aufmerksamkeit auf sich ziehen möchte. Entsprechend findet sich cheguei als adjektivische Beschreibung für Personen, z.B. in uma dona muito cheguei ‚eine aufgetakelte (oder in anderer Weise Aufsehen erregende) Dame’. Daneben wird es auch im Bezug auf unbelebte Dinge verwendet, die diesen Effekt hervorrufen, z.B. in umas roupas (bem) cheguei ,ein paar schrille Kleider’ (Ilari 2002: 4).

(4) Delokutive Adjektive a. engl. iffy7 < if ‚mit Kautelen versehen’ ‚wenn’

b. br.pg. cheguei, adj.8 < cheguei 1s. pf. chegar ‚angeberisch’ ‚Hier bin ich!’ ‚ankommen’ [eig. ‚ich bin angkommen!’]

Den wahrscheinlich verbreitetesten Typ delokutiver Adverbien repräsentiert fr. vachement ‚sehr’, das auf die Fluchformel oh la vache! ‚verdammt noch mal!’ zurückgeht, und mittels der Adverbendung -ment aus dem zentralen Bestandteil der Fluchformel, vache,9 deriviert wurde (Anscombre 1981: 89). (5) Delokutive Adverbien fr. vachement, adv. < Oh la vache! vache, n.f. ‚sehr’ FLUCHFORMEL ‚Kuh’

Der Delokutivitätsbegriff Benvenistes ist schließlich in einer zweiten Hinsicht erweitert worden. Delokutive Ausdrücke werden nämlich nicht nur per Wortbildung aus Formeln abgeleitet, sondern mit sämtlichen Verfahren, die auch sonst zur Anreicherung des Lexikons dienen. Dazu gehören insbesondere der lexikalische Bedeutungswandel und die Bildung neuer Ausdrücke mit syntaktischen Mitteln. Ein Beispiel für ein delokutives Adverb, das nicht per Derivation, also mit einem Suffix wie

_____________ 7 Vgl. Lehmann (1995) 8 Vgl. Ilari (2002) 9 Zur Motivation von Fluchformeln vgl. Detges (1993: 70-71).

Ulrich Detges 5

vache-ment, sondern durch einfachen Bedeutungswandel eines formelhaften Wortlautes gebildet wurde, ist dt. verdammt ‚sehr’, etwa in das war verdammt gut.10 (5) Delokutiver Bedeutungswandel dt. verdammt, adv. < verdammt! verdammen ‚sehr’ FLUCHFORMEL

Eine Ableitung mit syntaktischen Mitteln repräsentiert beispielsweise der québec-französische Ausdruck (être) en maudit ,übel aufgelegt (sein)’. Dieser Ausdruck geht auf die Fluchformel maudit! ‚verflucht!’ (von fr. maudire ‚verfluchen’) zurück. Der Wortlaut der Fluchformel wird dabei einfach in das syntaktischen Schema (être) en + Nomen eingepasst (vgl. Detges 1993), ein Funktionsverbgefüge, das übrigens auch im europäischen Französischen (und in ähnlicher Form im Deutschen) verfügbar ist, etwa in (être) en rage ‚in Wut (sein)’. Im europäischen Französisch wird dieses Schema allerdings nur selten zur Bildung delokutiver Ausdrücke verwendet.11 (6) Delokutive Bildung mit syntaktische Mittel (Funktionsverbgefüge) a. qu.fr. (être) en maudit < maudit! maudire ,übel aufgelegt (sein)’ FLUCHFORMEL ‚verwünschen’

(être) en N ‚in N (sein)’

Aus diesen Beispielen lässt sich eine wichtige Zwischenbilanz ziehen: Delokutivität ist – entgegen der ursprünglichen Fassung Benvenistes – offensichtlich nicht nur kein Spezialfall der Derivation – sie ist überhaupt an kein bestimmtes formales Verfahren des lexikalischen Wandels gebunden (Koch 1993: 270-72).12 Mit anderen Worten: Delokutivität ist ein rein semantisches Phänomen.

_____________ 10 Das oben diskutierte Beispiel br.pg. damedos (s. (3a)) repräsentiert demgegenüber den noch

komplizierteren Fall einer Kombination von Entlehnung und lexikalischem Bedeutungswandel. Wie wir in Abschnitt 7 sehen werden, kommt delokutiver Wandel in Situationen des Sprachkontaktes relativ häufig vor.

11 Eine der wenigen deloktiven Konstruktionen des europäischen Französisch, die sich diesem Konstruktionstyp zuordnen lassen ist das Adverbial en diable ‚sehr, verteufelt’ (etwa in elle est jolie en diable ‚sie ist sehr hübsch, sie ist verteufelt hübsch’), abgeleitet von der Fluchformel diable! ‚zum Teufel!’.

12 Eine typologische Übersicht der „grammaticalized delocutive formations“ vieler Sprachen, wie sie bei Plank (2004) versucht wird, lohnt sich also kaum.

Delokutiver Bedeutungswandel 6

3. Delokutivität: ein semantisches Phänomen

Koch (1993) fasst Delokutivität als Sonderfall des metonymischen (kontiguitätsbasierten) Wandels oder, einfacher ausgedrückt, als Sprechaktmetonymie auf. Dieser Sichtweise zufolge entstehen delokutive Ausrücke typischerweise in Konstellationen, in denen ein formelhafter oder prototypischer Wortlaut ¡F! regelmäßig eine bestimmte Handlung begleitet. Beim delokutiven Wandel verwandelt sich ¡F! (bzw. eine Wortbildung oder eine syntaktische Konstruktion auf der Grundlage von ¡F!) in eine Bezeichnung entweder der betreffenden Handlung selbst oder eines anderen Elementes, das normalerweise eng mit Situationen der Äußerung von ¡F! verbunden ist.

¡F! Konti Konti

Handlung Konti Element der Situation

Abb. 1. Delokutivität als sprechaktmetonymischer Wandel (Koch 1993: 270)

Den Fall, dass aus ¡F! eine Bezeichnung der Handlung hervorgeht, repräsentiert qu.fr. câlisser ,fluchen’, das per Derivation aus der Fluchformel calice! abgeleitet ist (von calice ‚(Mess-)Kelch’; die Fluchformel calice! ist am ehesten übersetzbar mit ‚Kruzifix!’).13 Demgegenüber hat sich in der syntaktischen Bildung qu.fr. (être) en maudit ,übel gelaunt (sein)’ aus der Fluchformel maudit! ‚verflucht!’ die Bezeichnung eines rekurrenten Elementes von Situationen der Äußerung dieser Formel entwickelt: Sprecher die fluchen, sind typischerweise schlechter Laune.

Die Darstellung in Abb. 1 erklärt nun auch den Eindruck, dass es besonders häufig Verben sind, die delokutiv aus ¡F! abgeleitet werden. Oft ist in Szenarien der Äußerung eines ¡F! wie in Abb. 1 eine Handlung das prägnanteste Element. Zur Versprachlichung von Handlungen aber bietet sich in erster Linie eine verbale Ableitung an. Einen wichtigen Sonderfall

_____________ 13 Die Fluchformel calice! bedient sich wiederum des Nomens calice ‚Messkelch’ – zu den

Quellkonzepten für effektvolles Fluchen vgl. Detges (1993: 70-71).

Ulrich Detges 7

delokutiven Wandels von Verben bzw. Verbbedeutungen stellt Anscombre (1979b: 70) zufolge die Genese performativer Verben dar, insbesondere derjenigen performativen Verben, die zur Realisierung deklarativer Sprechakte dienen. Anscombre nimmt an, dass performative Lesarten von Verben dieser Art in der Regel diachronisch aus nicht-performativen Bedeutungen hervorgehen. In einem ersten Stadium, das dem Bedeutungswandel unmittelbar vorangeht, werden sie regelmäßig dazu verwendet, um einen außersprachlichen Akt zu beschreiben. So wird etwa das Verb beschlagnahmen zunächst einfach nur dazu eingesetzt, Akte der Beschlagnahme begleitend darzustellen. Ein Wortlaut wie ich beschlagnahme ihren Koffer besitzt in diesem Stadium keinerlei performative Kraft, sondern er bedeutet lediglich so etwas wie ‚ich bin gerade dabei, Ihren Koffer zu beschlagnahmen’. Erst infolge eines delokutiven Bedeutungswandels wird in einem zweiten Schritt der Vollzug der Handlung selbst zur Bedeutung des Wortlautes hiermit beschlagnahme ich (ihren Koffer etc.).14 Der semantische Mechanismus der Delokutivität erklärt mit anderen Worten, auf welche Weise die Performativität zu einem Bestandteil der Verbbedeutung selbst wird.

Ich beschlagnahme (ihren Koffer...)!

Konti Konti

AKT DER BESCHLAGNAHME Konti Element der Situation

Abb. 2. Delokutive Entstehung performativer Verben

4. Delokutivität : synchronisch oder diachronisch?

Wie wir gesehen haben, ist in der Forschung Benvenistes ursprünglich stark eingeschränktes Delokutivitätskonzept schrittweise erweitert worden. Die Neufassung des Delokutivitätsmodells, die aus dieser

_____________ 14 Dieses Modell wird beispielsweise durch die historische Entwicklung von fr. parier ‚wetten’

bestätigt (vgl. Koch 1991: 295).

Delokutiver Bedeutungswandel 8

Erweiterung resultiert, bezeichnet Anscombre (1979b: 72) als delocutivité généralisée. Diesen Begriff definiert er folgendermaßen:

Ein Morphem, das ursprünglich einen semantischen Wert S besitzt [...], bringt ein Morphem M* hervor, dessen semantischer Wert S* einen Hinweis auf den Diskursgebrauch von M mit dem Wert S enthält. (Übers. von mir, U.D.)

Ein offenkundiges Problem dieser Definition besteht in der Frage, was genau mit der Formulierung „Hinweis“ (allusion im französischen Original) gemeint ist. Die sprechaktmetonymische Motivation delokutiver Ausdrücke ist nämlich nur solange transparent, wie die entsprechenden formelhaften Wortlaute (also das jeweilige ¡F!) für die Sprecher verfügbar sind. Verschwinden diese, so ist auch die delokutive Herkunft des betreffenden Ausdrucks synchronisch nicht mehr rekonstruierbar. Noch wichtiger ist, dass vom Zeitpunkt seiner Lexikalisierung an, d.h. auch schon vor einem möglichen Verschwinden des jeweiligen ¡F!, der entsprechende delokutiv gebildete Ausdruck ein Faktum „eigenen Rechts“ ist. Um einen Satz wie qu.fr. Pierre était en maudit ‚Pierre war übler Laune’ zu verstehen, ist synchronisch kein Rekurs auf die Formel maudit! ‚verflucht’ mehr nötig – in diesem Satz wird nicht einmal notwendigerweise ausgerückt, dass Pierre (als Symptom seine schlechten Laune) geflucht hat. Dies bedeutet, dass das Konzept der keine synchronisch relevante Realität beschreibt, sondern einfach einen diachronen Mechanismus der Bedeutungsübertragung, genauer gesagt, einen Sonderfall des metonymischen Wandels.

5. Worin genau besteht ¡F! ?

Ein Problem, das deswegen beunruhigend ist, weil es die Einheit des Delokutivitätsbegriffes in Frage stellt, ist die Tatsache, dass als ¡F! eine bunte Vielfalt von Typen der wiederholten Rede in Frage kommt, von denen nur ein kleiner Teil „echte“ Formeln mit konventionalisierten pragmatischen Funktionen darstellen. Zu diesem „Prototyp“ gehören Fälle wie die lat. Grußformel salūte(m)! ‚(Ich wünsche Dir) Wohlergehen!’ (> lat. salūtāre ‚grüßen’), die französische Dankesformel merci ! (> fr. remercier ‚danken’), qu.fr. maudit ‚verflucht’ (> qu.fr. être en maudit ‚übler Laune sein’), ebenso wie die dt. Fluchformel verdammt! (> dt. verdammt ‚sehr’).

Ein weiterer häufiger Typ sind saliente „Textbausteine“, aus denen Bezeichnungen des jeweiligen Textes oder Texttyps hervorgehen, in

Ulrich Detges 9

welchem sie vorkommen. Das prominenteste Beispiel für diesen Fall ist der Name des Vaterunser, der sich aus den ersten beiden Worten des Textes ableitet, den er bezeichnet. Im Fall von it. pagherò ‚Schuldschein’ ist die Bezeichnung nicht vom ersten, sondern vom performativ entscheidenden Wort des entsprechenden Textes bzw. Texttyps abgeleitet. Das Nomen pagherò ‚Schuldschein’ geht zurück auf die erste Person Singular des Futurs von pag(h)are ‚bezahlen’; es bedeutet also ursprünglich so viel wie ‚ich werde bezahlen’ – eine Formulierung, die typisch für den Schuldschein ist. Dass aus einem ¡F! dieser Art nicht nur Substantive hervorgehen, zeigt das bereits oben diskutierte Beispiel iffy: an iffy proposition ‚ein auf unsicheren Voraussetzungen beruhender Vorschlag’ ist typischerweise ein Vorschlag, in dessen Wortlaut die Konjunktion if häufig vorkommt.

Ein weiterer Spezialfall, der eine gewisse Ähnlichkeit mit dem zuletzt erwähnten aufweist, ist dadurch charakterisiert, dass ein Sprecher oder Sprechertyp mit einem Ausdruck belegt wird, der aus einer als typisch empfunden Äußerung dieses Sprechertyps abgeleitet ist. Hier bezeichnet ¡F! also ein Zitat. Dieser Fall liegt vor bei br.pg. damedos ‚argentinischer Tourist’ < sp. ¡dame dos! ,gib mir zwei!’.

Eine völlig andere Art von ¡F! liegt vor bei delokutivem Wandel, der auf Spracherwerb oder Sprachkontakt beruht; unter den oben diskutierten Beispielen betrifft dies fr.kr. Guy. quienbé ,festhalten’ (< fr. tiens bien! ‚Halt gut fest!) und fr. tante ,Tante’ (< afr. ta ante). In Fällen dieser Art kommen als ¡F! beliebige Textsegmente in Frage, die im Spracherwerb oder als Folge von Sprachkontakt eine Reanalyse erfahren.

Ein letzter, vergleichsweise trivialer Sonderfall ist dadurch gekennzeichnet, dass das Produkt der delokutiven Ableitung ein Verb bezeichnet, das den Sachverhalt des ¡F!-Sagens bezeichnet. Diese Konstellation liegt beispielsweise vor bei lat. negare ‚verneinen’ < nec ‚nein’ (Benveniste 1966 [1958]: 279) ebenso wie bei fr. tutoyer ‚duzen’ < tu ‚du’ oder bei dt. ächzen < ach (Plank 2004: 10). Es fragt sich sogar, ob hier tatsächlich Delokutivität im engeren Sinne vorliegt. So zeigt sich beispielsweise, dass sie nur schwer in das Schema in Abb. 1 einzupassen sind. Dies liegt daran, dass sie weder eine Handlung bezeichnen, die normalerweise durch die Äußerung von ¡F! vollzogen oder von ihr begleitet wird, noch ein Element der Situation der Äußerung von ¡F!. Sie bezeichnen einfach die Äußerung von ¡F! selbst. Aus diesem Grund könnte man hier eher von Lokutivität als von Delokutivität sprechen.15

_____________ 15 In der äußerst klaren Systematik von Bonhomme (1989) werden Bildungen diesen Typs,

die aus „morphèmes primitivement locutoires“ (Bonhomme 1989: 28) hervorgegangen sind (etwa fr. tutoyer ‚duzen’ < tu ‚du’), zwar noch als delokutiv behandelt, doch wird ihnen ein allenfalls randständiger Stellenwert zugewiesen. Wenn Plank (2004) ausgerechnet diesen

Delokutiver Bedeutungswandel 10

In den folgenden Abschnitten möchte ich zeigen, dass die delokutive Ableitung aus bestimmten der eben diskutierten Typen von ¡F! sich in der Frage, ob sie zu Verstärkung oder Abschwächung führen, jeweils unterschiedlich verhalten.

6. Up the cline (i): konventionelle Formeln

In Fällen, in denen ¡F! eine Formel mit einer konventionellen pragmatischen Funktion repräsentiert (z.B. GRÜßEN oder DANKEN), bringt der delokutive Wandel regelmäßig eine semantische Verstärkung mit sich. Diesen Fall repräsentiert beispielhaft der Wandel von der Grußformel lat. salūte(m)! zum Lexem lat. salūtāre ,grüßen’. Formeln wie lat. salūte(m)! sind konventionelle Elemente des Diskurses, die nicht dazu dienen, konzeptuelle Information, also Weltwissen, zu transportieren, sondern vielmehr dazu, die menschliche Interaktion zu koordinieren. Es handelt sich bei ihnen um Routinen mit prozeduraler Bedeutung (Wilson & Sperber 1993, Blakemore 2000). Dagegen sind die Produkte delokutiven Wandels der hier diskutierten Art, z.B. das Verb lat. salūtāre, stets Lexeme mit einer konzeptuellen Bedeutung. Der diachrone Übergang von prozeduraler Funktion zu lexikalisch-konzeptueller Bedeutung impliziert nun immer eine semantische Stärkung. Dies wird noch deutlicher, wenn man den Wandel in entgegen gesetzter Richtung betrachtet: Normalerweise ruft ein diachroner Übergang von konzeptueller Bedeutung zu prozeduraler den Eindruck hervor, das betreffende Zeichen „bleiche“ dadurch semantisch aus.16 Dies gilt etwa für die Entstehung von Diskursmarkern, von Modalpartikeln und für Grammatikalisierungsprozesse im engeren Sinne. In solchen Fällen kommt es regelmäßig zu einer deutlichen semantischen Schwächung (vgl, auch unten, Abschnitt 9). Ein Wandelprozess in die entgegen gesetzte

_____________ Fall ins Zentrum einer typologischen Untersuchung der Delokutivität rückt, so übernimmt er unausgesprochen bestimmte problematische Implikationen des ursprünglichen Delokutivitätsbegriffs Benvenistes (die in der französischsprachigen Forschung längst ausdiskutiert sind, vgl. Anscombre 1979b, 1985a, 1985b). Plank zufolge repräsentiert nämlich ein delokutives Verb wie lat. salūtāre einfach einen Fall des ¡F!-Sagens, also des Aussprechens der Formel salūte(m)! (Plank 2004: 3, 14)). Dass dies nicht so ist, wird daran deutlich, dass das Verb salūtāre ‚grüßen’ auch Sachverhalte bezeichnet, bei denen die Formel salūte(m)! gar nicht geäußert wird (etwa bei einem stummen Gruß mit der Hand usw.). Der Zusammenhang zwischen salūtāre und salūte(m)! ist rein diachron, und er besteht darin, dass salūtāre eine Handlung bezeichnet, die man normalerweise performativ ausführt, indem man salūte(m)! äußert (vgl. dazu auch Anscombre 1985a: 9). Dieser Zusammenhang ist mit anderen Worten nicht einfach „sprechmetonymisch“, sondern sprechaktmetonymisch.

16 Zum Begriff des bleaching vgl. die kritische Diskussion in Detges (1999: 31-33).

Ulrich Detges 11

Richtung wie beispielsweise lat. salūte(m)! GRUß > salūtāre ,grüßen’ ist dagegen stets mit einer Stärkung verbunden. Bedeutet dies nun aber, dass solche Beispiele delokutiven Wandels Fälle von Degrammatikalisierung sind? Diese Frage wird explizit bei Lehmann (1995: 196) für engl. iffy diskutiert, das ja Resultat des Wandels einer Konjunktion (also eines grammatischen Elementes) zu einem adjektivischen Lexem darstellt. Lehmann selbst deutet freilich an, dass hier nicht Degrammatikalisierung, sondern Lexikalisierung vorliegt; dafür spricht auch, dass die Ableitung von iffy aus if mithilfe des Suffixes -y ein eindeutiger Fall von Derivation ist. Derivation aber ist eine übliche Form des lexikalischen Wandels. Wie wir oben gesehen haben, gilt dies für alle Formen des delokutiven Wandels, d.h. nicht nur für die Derivation, sondern auch für den einfachen lexikalischen Bedeutungswandel sowie für die Bildung mit syntaktischen Mitteln (s.o., Abschnitt 2). Semantisch betrachtet stellt Delokutivität eine Sonderform des metonymischen Wandels dar. Es spricht also nichts dafür, sie in Fällen wie lat. salūtāre < salūte(m)! oder engl. iffy < if als etwas anderes als eine Form des lexikalischen Wandels zu behandeln (vgl. aber unten, Abschnitt 8).

Warum finden Verschiebungen von pragmatischen Formeln zu Lexemen überhaupt statt? Betrachten wir noch einmal den Fall lat. salūte(m)! GRUß > salūtāre ,grüßen’. Das Besondere an der Formel salūte(m)!, das den delokutiven Wandel überhaupt ermöglicht, ist eine ausgeprägte Differenz zwischen den lexikalischen Bedeutungen ihrer Elemente ‚(ich wünsche Dir) Gesundheit!’ einerseits und ihrer tatsächlichen pragmatischen Funktion, dem Ausführen eines GRUßES, andererseits (vgl. (7)). (7) Salūte(m)! Bedeutung: ‚(Ich wünsche Dir) Gesundheit!’ Funktion: GRUß Die semantische Seite des Wandels besteht nun einfach darin, dass die pragmatische Funktion der Formel zur Bedeutung der neu gebildeten lexikalischen Einheit salūtāre ‚grüßen’ avanciert. (7’) Salūte(m)! Bedeutung: ‚(Ich wünsche Dir) Gesundheit!’ > salūtāre ‚grüßen’ Funktion: GRUß Bei diesem Schritt liegt eine Reanalyse nach dem Prinzip der Referenz vor (vgl. Detges & Waltereit 2002), das besagt:

Delokutiver Bedeutungswandel 12

(8) Prinzip der Referenz: „Gehe davon aus, dass die Lautkette das bedeutet, was in der

Situation gemeint ist.“ Das „Gemeinte“ in einer Situation der Äußerung der Formel salūte(m)! ist die pragmatische Funktion GRUß. Als Folge der Reanalyse verwandelt sich diese Funktion gemäß dem Prinzip (8) in die Bedeutung des abgeleiteten Lexems salūtāre ‚grüßen’.

Der eigentliche Auslöser dieses Wandelschrittes ist die hohe Gebrauchsfrequenz der Grußformel, die insgesamt so viel häufiger als das zugrunde liegende Lexem salūs ‚Wohlergehen’ verwendet wird, dass sie diesem gegenüber autonom wird – um die Funktion von ¡F! zu kennen, ist ein Rekurs auf die Lexeme überflüssig, aus denen es ursprünglich gebildet wurde. Augenfällig ist dies im Fall der fr. DANKES- Formel merci!, welche die Ableitungsbasis für das delokutiv derivierte Verb fr. remercier ‚danken’ darstellt. Die Formel merci! wurde ursprünglich gebildet aus dem femininen Nomen merci, das altfranzösisch so viel bedeutete wie ‚Gnade’. Wörtlich übersetzt ist die Dankesformel merci! motiviert durch die Verkürzung einer Konstruktion des Typs afr. (Ce est) la vostre merci! ‚(dies ist) Eure Gnade!’ (Tobler-Lommatzsch 1925-, s.v. „merci“, vgl. auch Larcher 1985: 109). Als Substantiv ist merci ‚Gnade’ im modernen Französisch nur noch in bestimmten festen Wortverbindungen erhalten. die vergleichsweise selten vorkommen.17 Sein Verschwinden hat zwar dazu geführt, dass die (extrem frequente) Formel merci! nun nicht mehr motivierbar ist, doch hat dies deren Funktion in keiner Weise berührt. Lange vor dem Verschwinden des Nomens merci ‚Gnade’ hat die Formel merci! DANKE durch ihre hohe Gebrauchsfrequenz eine vollständige Autonomie vom Nomen erlangt.

7. Up the cline (ii): Spracherwerb und Sprachkontakt

In Situationen des Sprachkontaktes und des Spracherwerbs tritt häufig eine ganz besondere Form des delokutiven Wandels ein, die sich von dem im letzten Abschnitt diskutierten Typ der Delokutivität in mehreren Punkten unterscheidet. Ein einfaches Beispiel für diesen Fall ist der Wandel von afr. t’ante ‚deine Tante’ zu fr. tante ‚Tante’. Dieser delokutive Wandel, bei dem ein Determinant mit dem Kopfnomen fusioniert, weist in vieler Hinsicht Ähnlichkeit mit Phänomenen auf, wie sie für den

_____________ 17 Etwa une lutte sans merci ,ein gnadenloser Kampf’, être à la merci de qqn. ,jemandem auf Gnade

und Ungnade ausgeliefert sein’ und tenir qqn. à sa merci ‚jemanden in seiner Gewalt haben’.

Ulrich Detges 13

Sprachkontakt typisch sind. Beim Wandel von afr. t’ante ‚deine Tante’ > fr. tante ‚Tante’ liegt echte Delokutivität im Sinne der délocutivité généralisée vor (s.o., Abschnitt 4), da ja durch das Possessivpronomen der zweiten Person afr. t’ (< ta) ‚dein’ unmittelbar auf den Hörer (und damit indirekt auf die Situation der Äußerung von ante ‚Tante’ im Diskurs) Bezug genommen wird (Bonhomme 1989: 10). Dies ist bei den im folgenden diskutierten Beispielen anders. Trotzdem ist der Mechanismus, der den jeweiligen Wandel herbeiführt, derselbe wie bei afr. t’ante ‚deine Tante’ > tante ‚Tante’.

In einer Reihe von französisch basierten Kreolsprachen der Karibik und des Indischen Ozeans kommt das Wort lapli ‚Regen’ vor, das diachronisch auf fr. la pluie ‚der Regen’ zurück geht – offensichtlich ist in den Kreolsprachen der französische Artikel la an das Lexem pluie agglutiniert. Gleichzeitig hat er dabei seine grammatische Funktion eingebüßt und ist Teil des Nominalstammes geworden. Die Übersicht in Tab. 1 deutet an, dass Phänomene dieser Art bei einer großen Zahl von Nomina in unterschiedlicher arealer Verteilung in allen französisch basierten Kreolsprachen vorkommen.

Französisch Mauritius,

Seychellen

La Réunion Louisiana Haiti,

La Martinique

la pluie

‚Der Regen’

lapli

‚Regen’

lapli

‚Regen’

plwi, pli

‚Regen’

lapli

‚Regen’

le chien

,Der Hund’

lisyê

‚Hund’

syên

‚Hund’

chyên

‚Hund’

chên, chyên

‚Hund’

du feu

‚Teilungsartikel + Feuer’

dife

‚Feuer’

(di)fe

‚Feuer’

(di)fe

‚Feuer’

dife

‚Feuer’

Tab. 1. Materielle Reste der französischen Artikel in Kreolsprachen (vgl. Stein 1984: 38)

Kreolsprachen sind das Resultat von Sprachkontakt zwischen Sprechern einer Übersee-Varietät des Französischen (die, wie beispielsweise auch das Québec-Französische, in aller Regel eine koiné auf der Grundlage verschiedener französischer Dialekte ist, vgl. Chaudenson 1992) und Sprechern diverser nicht-europäischer, vorzugsweise afrikanischer Sprachen. Dieser Kontakt ist insofern asymmetrisch, als die Sprecher der nicht-europäischen Sprachen in aller Regel den Status von Sklaven haben. Diese Sklaven (die ihrerseits verschiedenster ethnischer Herkunft sind und sich deshalb untereinander nicht verständigen können) sehen sich mit der

Delokutiver Bedeutungswandel 14

Notwendigkeit konfrontiert, die Sprache der Herren zu erlernen,18 während diese umgekehrt keinerlei Anstrengungen unternehmen, die Muttersprachen ihrer Sklaven zu verstehen. Der Spracherwerb der Sklaven vollzieht sich völlig ungesteuert, d.h. ausschließlich im face-to-face Kontakt und ohne jede Form von didaktischer Anleitung. Nehmen wir nun an, ein Muttersprachler des Französischen spricht darüber, dass es gerade regnet, und verwendet in diesem Zusammenhang die Konstruktion la pluie ‚der Regen’, die in seiner Grammatik die Analyse laDET pluieN besitzt. Dem Nichtmuttersprachler, der diese Konstruktion hört, ist deren morphosyntaktische Struktur jedoch unzugänglich – zugänglich sind ihm lediglich die Informationen, die in Abb. 3 innerhalb des angedeuteten Kreises liegen. Er hört zunächst eine phonologische Form der Art [laplyi] – die er relativ treu als [lapli] kopiert. Außerdem steht ihm ein bestimmter Typ von Information zur Verfügung, der es ihm erlaubt, diese Lautkette zu interpretieren: Wenn es ihm gelingt, in der konkreten Kommunikationssituation den Referenten(typ) der Lautkette, also den REGEN, zu identifizieren, so kann er diesen der Lautkette als Bedeutung zuweisen. Bei diesem Schritt, also beim Abgleichen der Lautkette mit dem Referenten, geht die grammatische Information verloren, die in der ursprünglichen französischen Konstruktion la pluie durch den bestimmten Artikel kodiert wird. Nur die lexikalische Information ‚Regen’ bleibt erhalten, da sie sich unmittelbar aus der Situation ableiten lässt. Franz. Muttersprachler Nichtmuttersprachler Morphosynt. Analyse Phonol. Form Phonol. Form Morphosynt. Analyse

laDET pluieN

‚Der Regen’ [laplyi]

> [lapli]

lapliN

‚Regen’

REGEN Referent

Abb. 3. Reanalyse des fr. Artikels nach dem Prinzip der Referenz

Reanalysen dieser Art sind das Werk von Hörern, die sich bemühen, Lautketten zu verstehen. Auch Reanalysen diesen Typs folgen dem Prinzip der Referenz (s.o., (8)), insofern als der nichtmuttersprachliche Hörer die ursprüngliche Bedeutung der Lautkette fr. [laplyi], nämlich ‚der Regen’, durch das ersetzt, was in der konkreten Kommunikationssituation gemeint zu sein scheint, nämlich durch den Referententyp REGEN – dieser wird

_____________ 18 Ein detailliertes soziologisches Szenario von Kreolisierungsprozessen findet sich bei

Chaudenson (1992, bes. 121).

Ulrich Detges 15

in seiner Grammatik zur Bedeutung der Lautkette. Allerdings wird dieser Wandel nicht primär durch die hohe Gebrauchsfrequenz der Lautkette [laplyi] gesteuert (wie dies bei den in Abschnitt 6 diskutierten Beispielen der Fall war). Vielmehr gibt unter den Bedingungen des unkoordinierten Zweitspracherwerbs die unterschiedliche perzeptuelle Salienz der verschiedenen Arten von Information den Ausschlag, die in Konstruktionen wie fr. la pluie oder dt. der Regen kodiert werden. In einer face-to-face Situation ist es vergleichsweise leicht, den Referententyp der Konstruktion zu ermitteln – aus diesem wiederum lässt sich relativ problemlos die in la pluie kodierte lexikalische Information ‚Regen’ rekonstruieren. Mit anderen Worten: lexikalische Information (genauer gesagt: konzeptuelle Information), die sich auf Entitäten der realen außersprachlichen Welt beziehen lässt, besitzt einen relativ hohen Grad an perzeptueller Salienz. Dagegen ist es kaum möglich, unter den Bedingungen des unkoordinierten Zweitspracherwerbs die grammatische Funktion des bestimmten Artikels zu erschließen. Grammatische (also prozedurale) Information besitzt einen vergleichsweise niedrigen Grad an perzeptueller Salienz, weil es wesentlich schwieriger ist, ihr reale Elemente einer face-to-face Situation zuzuordnen.

Einen Wandel ganz ähnlicher Art repräsentieren die zahlreichen arabischen Lehnwörter im Spanischen, bei denen der arabische Artikel al mit dem ursprünglichen nominalen Stamm verschmolzen ist, etwa sp. alcalde ‚Bürgermeister’, altspanisch ‚Friedensrichter’ das zurückgeht auf arabisch al quâdī ‚der Friedensrichter’. Einige Beispiele dieser Art sind unter (9) aufgeführt: (9) Reste des arabischen bestimmten Artikels al im Spanischen

alcuzcuz ‚Kuskus’, aldea ‚Dorf’, alfombra ‚Teppich’, almacén

‚Speicher’, algodón ‚Baumwolle’, albañil ‚Maurer, alcohol ‚Alkohol’, aduana ‚Zoll’, aceite ‚Öl’ etc.

Auf ähnliche Weise lässt sich nun auch die Entstehung von fr. tante ‚Tante’ < afr. t’ante ‚deine Tante’ erklären. Gamillscheg (1969, s.v. „tante“) zufolge fand dieser Wandel in der Kindersprache statt. Es ist also plausibel, ihn als „Übertragungsfehler“ im kindlichen Spracherwerb anzusehen. Wahrscheinlich ist, dass zunächst Erwachsene mit dem Kind über den Referenten TANTE sprechen und dabei die Konstruktion tPOSS anteN ‚deine Tante’ verwenden. Solange das Kind die konventionelle Bedeutung des possessiven Determinanten ta bzw. von dessen Variante t’ nicht kennt, wird es der Lautkette [tãt] nur den Referententyp TANTE als Bedeutung zuweisen. Die im Possessivpronomen t’ kodierte grammatische

Delokutiver Bedeutungswandel 16

Information wird es dagegen ignorieren, weil es ihm kein konkretes Element der Situation als Referenten zuordnen kann. Das Ergebnis dieses „Übertragungsfehlers“, die Reanalyse von t’ante als tante setzt sich zunächst in der Kindersprache fest (also der Varietät, in der Erwachsene mit Kindern sprechen) und dringt später irgendwann von hier aus in die „normale“ Sprache der Erwachsenen vor.

Erwachsener Kind Morphosynt. Analyse Phonol. Form Phonol. Form Morphosynt. Analyse

t’POSS anteN

‚Deine Tante’ [tãt]

> [tãt]

tanteN

‚Tante’

TANTE Referent

Abb. 4. Reanalyse von afr. t’ante > tante nach dem Prinzip der Referenz

Diese Überlegungen machen plausibel, warum ungesteuerter Spracherwerb, Sprachkontakt und Koinéisierung den delokutiven Wandel fördern (Koch 1993: 275-77): in solchen Konstellationen ist der Wandel ein Resultat des Umstandes, dass Lerner die Grenzen der lexikalischen Einheiten der Zielsprache nicht genau kennen und sie deshalb mittels des Referenzprinzips aus dem Diskurs inferieren.

Prozesse, wie sie in diesem Abschnitt diskutiert wurden, führen häufig insofern zu einer Verstärkung, als durch die Agglutination grammatischer Zeichen an lexikalische ja die beteiligten Lexeme eine lautliche Expansion erfahren. Eine Folge der Reanalyse von t’ante zu tante besteht darin, dass ante am Wortbeginn um eine Phonem angereichert wird. Allerdings handelt es sich dabei um eine rein materielle Verstärkung, d.h. um eine völlig andere Art der Verstärkung als die, die in Abschnitt 6 am Beispiel lat. salūte(m)! GRUß > salūtāre ,grüßen’ diskutiert wurde.

8. Down the cline: Delokutive Bildung von Modalpartikeln

Als weiterer Typ des delokutiven Wandels wurden in Abschnitt 5 Fälle herausgestellt, in denen es der Wortlaut ¡F!, der jeweils die Grundlage des Wandels darstellt, den Charakter eines Zitates besitzt. Als Beispiele für diesen Fall haben wir bisher vor allem Beispiele diskutiert wie br.pg. damedos ,argentin. Tourist’ < sp. ¡dame dos! ,gib mir zwei’ oder br.pg. cheguei,

Ulrich Detges 17

adj. ‚angeberisch’ < pg. cheguei ‚hier bin ich!’, d.h. Konstellation, bei der ein ironisches Zitat einem Referenten zu geschrieben wird.

Einen interessanten Sonderfall stellen nun Beispiele dar, in denen ein solches Zitat nicht einem abwesenden Referenten, sondern dem Hörer zugeschrieben wird. In solchen Fällen führt der delokutive Wandel zu Ployphonie (Ducrot 1980). Es entstehen auf diese Weise sprachliche Verfahren, mit denen sich die (ursprünglich delokutiv „kopierte“) „Stimme“ des Hörers in den Diskurs des Sprechers „einbauen“ lässt. Ein Beispiel für diesen Fall ist br.pg. falou ‚nicht wahr?’. Ursprünglich handelt es sich bei dieser Partikel um eine Form des Verbs falar ‚sprechen’, genauer um die 2. Person Singular Perfekt, die zunächst ‚du hast gesprochen’ d.h. ‚du sagst es, stimmt’ bedeutet. Schon in diesem Stadium wird falou als konventionelle Formel verwendet (vgl. (10) aus Ilari (2002: 6). (10) Stadium 1: falou ‚du sagst es, stimmt’ A: No churrasco de amanhã, você compra a carne? ,Für das Barbecue morgen kaufst Du das Fleisch?’

B: Falou. Eu levo a carne. Sag:perf.:2s.

,Du sagst es. Ich bringe das Fleisch mit.’

Zu einem delokutiven Einsatz von falou kommt es in dem Moment, wo der Sprecher das falou seines Gegenübers antizipiert und in seine eigene Rede „einkopiert“, wie in (10’) (ebenfalls aus Ilari 2002: 6): (10’) Stadium 2: falou ‚nicht wahr?’ A: No churrasco de amanhã, você compra a carne, falou? ,Für das Barbecue morgen kaufst Du das Fleisch, nicht wahr?’

Bei dieser Form des Wandels handelt es sich um keinen Einzelfall. Wie Waltereit (2001) zeigt, repräsentieren (10) und (10’) einen diachronen Kanal, der für Modalpartikeln typisch ist. Modalpartikeln sind insofern polyphon, als sie dem Hörer signalisieren, dass der jeweilige Sprechakt seinem Wissens- und Erwartungshorizont in besonderer Weise angepasst ist. So zeigt etwa dt. ja in (11) an, dass der betreffende Satz einen Sachverhalt assertiert, der dem Hörer eigentlich bekannt sein sollte. Assertionen von allseits bekannten Sachverhalten sind unter normalen Bedingungen kommunikativ problematisch, weil sie dem Hörer einen Interpretationsaufwand abverlangen, dem kein entsprechender Zugewinn

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an Information entspricht. Dieses Problem „repariert“ nun ja, indem es dem Hörer signalisiert, dass trotz dieses Umstandes die Äußerung von (11) kommunikativ relevant ist.

(11) Die Malerei war ja schon immer sein Hobby Waltereit (2001: 1398-99) zufolge entstehen nun Modalpartikeln häufig auf die gleiche Weise wie falou? in (10) und (10’). Die diachrone Quelle der Modalpartikel ja ist das Satzwort ja (Waltereit 2001: 1398), genauer gesagt das ja des Hörers B, mit dem dieser im Dialog anzeigt, dass er den Inhalt der Assertion kennt (vgl. (12)). (12) Diachronie der Modalpartikel ja, Etappe 1 (Dialog) A: Die Malerei war schon immer sein Hobby. B: Ja [ich weiß]. Im nächsten Schritt antizipiert der Sprecher A das ja des Hörers B und baut es in seinen Diskurs ein. In diesem Stadium ist das Element allerdings noch nicht syntaktisch und prosodisch integriert, d.h. es geht entweder dem betreffenden Satz voraus oder folgt ihm (vgl. (12’)). Dieser Schritt repräsentiert den delokutiven Wandel, der zu Polyphonie führt. (12’) Diachronie der Modalpartikel ja, Etappe 2 (Polyphonie) A: Die Malerei war schon immer sein HobbyA, jaB.

Im letzen Schritt des Wandels wird das in die Rede des Sprechers einkopierte Satzwort ja syntaktisch und prosodisch integriert: Es steht nun im Mittelfeld des Satzes, und es verliert seine Betonung. Das ja des Hörers verwandelt sich mit anderen Worten in eine Modalpartikel (vgl. (12”)). Die Triebfeder dieser Etappe des Wandels ist der häufige Gebrauch, der aus dem ursprünglichen Satzwort eine konventionalisierte Routine macht. (12”) Diachronie der Modalpartikel ja, Etappe 3 (Modalpartikel) Die Malerei war jaB. schon immer sein Hobby. Insbesondere in seiner dritten Phase weist dieser Prozess nun alle Merkmale eines Schwächungsprozesses auf: Dies gilt für die prosodischen und syntaktischen Eigenschaften von ja, das als Modalpartikel unbetont19 und dessen syntaktische Position schweren Restriktionen unterworfen ist.

_____________ 19 Ob es sich bei ja um ein klitisches Element handelt, ist freilich umstritten, vgl. Meibauer

(1994, 56-60).

Ulrich Detges 19

Auch semantisch erfährt das Element insofern eine Schwächung, als sich das ursprüngliche Satzwort in eine prozedurale Routine verwandelt. In der Forschung ist wiederholt die Auffassung vertreten worden, dass Prozesse der Entstehung von Modalpartikeln Fälle von Grammatikalisierung seien (vgl. Autenrieth 2002, Diewald 1999, Wegener 1998). Diese Sichtweise scheint zwar zunächst insofern naheliegend, als auch Grammatikalisierung grundsätzlich eine zunehmende Routinisierung der betroffenen Elemente impliziert (vgl. etwa Haspelmath 1999: 1058). Allerdings führt in Fällen „echter“ Grammatikalisierung der Wandel niemals zu einer polyphonen Bedeutung, was u.a. damit zu tun hat, dass in „echten“ Grammatikalisierungsprozessen (beispielsweise bei der Entstehung von Tempusmarkern, s. etwa Bybee et al. 1994, vgl. auch Detges 1999, bes. 46-50) Delokutivität normalerweise keine Rolle spielt (vgl. auch Detges & Waltereit 2002). Im Fall der Entstehung von Modalpartikeln ist die Bedeutung des delokutiven Wandels nun aber keineswegs zufällig, sondern dieser ist gewissermaßen das diachrone Gegenstück der synchronen Funktion der Modalpartikeln: Wie wir oben gesehen haben, ist die wichtigste Funktion von Modalpartikeln die Steuerung von Inferenzen des Hörers. Sie dienen dazu, Sprechakte an Erwartungen des Hörers anzupassen (Waltereit 2001: 1399). Genau dieser Gesichtspunkt ist das „Modale“ an der Funktion der Modalpartikeln. Der Bezug auf die vermutete Vorerwartung des Hörers ist nun aber genau das, was der Begriff der Polyphonie umschreibt. Ein typischer diachroner Entstehungskanal (wenn auch nicht der einzige) von Polyphonie ist die Delokutivität.

9. Delokutivität: ein Phantom?

Wie wir in Abschnitt 4 gesehen haben, ist Delokutivität keine synchronisch relevante Kategorie. Die genauere Analyse verschiedener Fälle in Abschnitt 6 - 8 hat nun aber gezeigt, dass auch in diachronischer Sicht der delokutiven Wandel höchst unterschiedliche Prozesstypen umfasst, die im einzelnen völlig verschiedenen Motivationen folgen und – unter dem Gesichtspunkt der „Stärkung“ bzw. „Schwächung“ der involvierten Zeichen – zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Beim Wandel des Typs lat. salūtāre < salūte(m)! entsteht aus einer prozeduralen Routine ein lexikalisches Element mit konzeptueller Bedeutung. Auslöser des Wandels ist die hohe Gebrauchsfrequenz der formelhaften Routine. Im Gegensatz dazu ist die delokutive Entstehung von Modalpartikeln wie im Fall von dt. ja gerade mit der Ausbildung von prozeduralen Routinen verbunden. Dieser Wandels wird nicht primär

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durch hohe Gebrauchsfrequenz ausgelöst, sondern ist in einer effektvollen Einstellung des Sprechaktes auf die Erwartungen des Hörers begründet. Ein dritter Typ des delokutiven Wandels schließlich, für den das Beispiel fr. tante < afr, t’ante steht, ist motiviert durch Probleme des Verstehens von Äußerungen (vgl. Abschnitt 7). In zwei Fällen (Abschnitt 6 und 7) haben wir gesehen, dass der betreffende delokutive Wandel lediglich jeweils ein Spezialfall eines bestimmten Typs von Reanalyse ist (für den sich auch zahlreiche nicht-delokutive Beispiele finden lassen). Bedeutet dies alles nun, dass es sich beim delokutiven Wandel um ein „Phantom“ handelt, das sich bei näherem Hinschauen in Nichts auflöst? Die Antwort auf diese Frage lautet eindeutig: nein. Delokutivität ist ein Sonderfall der Metonymie, der sich dadurch auszeichnet, dass er sich auf Sprechakte bezieht. Sprechaktmetonymien sind assoziativ-semantische Relationen, ähnlich wie andere Arten der Metonymie, wie Metaphern und wie taxonomische Relationen. Der zentrale kognitive Stellenwert aller dieser Relationen manifestiert sich u.a. darin, dass sie allen möglichen Formen des Wandels zugrunde liegen können (vgl. Blank 1997: 344). Wie im Laufe der vorliegenden Überlegungen hoffentlich deutlich geworden ist, ist der Begriff der Delokutivität hilfreich, wenn es darum geht, eine Reihe von diachronen und (im Fall der polyphonen Modalpartikeln) synchronen Erscheinungen besser zu verstehen.

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