brunde/egelund – haushaltseinheiten und produktion
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Brunde/Egelund – Haushaltseinheiten und ProduktionLilian Matthes
Studien zur nordeuropäischen Bronzezeit, Band 1, 81–90
Bronzezeit, Haushaltseinheiten, Hauskonstruktionen, Keramikherstellung, lokale Produktion.
Während der älteren und jüngeren Bronzezeit bestand zwischen der Größe der Wohnhäuser und der Anzahl der Bewohner ein starker Zusammenhang. Diese Personenanzahl wird definiert als „Household“ – eine ökonomische, soziale und funktionelle Einheit, die sich gebildet hat, um die Dinge des täglichen Lebens zu bewältigen. Die Häuser der älteren Bronzezeit waren sehr viel größer als die der Jungbronzezeit, die Personenzahl blieb aber mit 10-15 Personen pro Haus relativ konstant. Dies hing damit zusammen, dass die älterbronzezeitlichen Häuser auch Stallungen für das Vieh enthielten. Desweiteren wird diskutiert, ob sich Spuren einer lo-kalen Keramikproduktion in den Häusern nachweisen lässt. Ton war ein Rohstoff, der in großen Mengen nachgefragt wurde – nicht nur für die Keramikherstellung, sondern auch als Material zum Hausbau oder zur Herstellung von Formen für den Bronzeguss.
Household og produktion i Brunde/Egelund
Bronzealder, households, huskonstruktioner, keramikfremstilling, lokal produktion
Både i ældre og yngre bronzealder har husenes størrelse spillet en rolle for antallet af personer knyttet til det enkelte hus. Disse personer defineres som en household- det er en økonomisk, social og materiel enhed, der er sammen om at udføre dagligdagens nød-vendige funktioner. Selvom husene i ældre bronzealder har været betydeligt større end i yngre bronzealder, har antallet af personer i hele perioden nok været på 10–15 personer, da ældre bronzealders huse har haft stalddel. Det undersøges, om der findes spor i husene efter produktion af f.eks. lerkar, da der er tegn på at Brundebopladsen kan have haft en lokal produktion af keramik til hele området. Ler var et råstof, der har været brug for i store mængder, da det både blev brugt til keramikfremstilling, men også til husbyggeri og f.eks. fremstilling af former til bronzestøbning.
Households and local pottery production in Brunde/Egelund
Bronze Age, households, house constructions, local pottery production
In the Early as well as the Late Bronze Age, the number of people related to a given house was influenced by the size of the house. Such a group of people is defined as a household – an economic, social and material unit which carries out the tasks of everyday life. Although the houses of the Early Bronze Age were significantly larger than those of the Late Bronze Age, the number of people per household has arguably been around 10–15 throughout the period. The reason for this assumption is that the houses of the Early Bronze Age also included stables. Based on a reinterpretation of the material evidence from Brunde which suggests a local pottery production, it is considered whether there is evidence for production of e.g. pottery in the houses. Clay is to be considered as a raw material of which great amounts were needed – in pottery production, related to the construction of houses as well as for producing clay moulds for the casting of bronze objects.
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Im Rahmen des Workshops “Siedlungen der Bronzezeit” wurde von Pernille Kruse und der Verfasserin ein gemeinsames Referat gehalten. Wegen der thematischen Erweiterung des Projektes erschien es sinnvoll, zwei getrennte Beiträge vorzulegen. Das Projekt “Brunde/Egelund” ist Teil des offiziellen Forschungsplanes für das Museum Sønderjylland.
Households/Haushaltseinheiten
In den meisten Untersuchungen zu bronzezeitlichen Häusern und Siedlungen stehen vor allem Aspekte zu Funktion und Größe der Bauten im Mittelpunkt der Betrachtungen. Ein weniger beachteter Gesichtspunkt bezieht sich auf die Frage nach der Anzahl der Bewohner pro Haus (Sørensen 2010, 126 ff.). Vorrangig ist zu klären, ob aufgrund der Innengliederung und der äußeren Maße der Häuser, in diesem Fall von Brunde/Egelund, auf die Größe von Haushalten und auf die Zahl der tatsächlichen Bewohner bronzezeitlicher Gehöfte geschlossen werden kann. Es schließt sich die Frage an, ob es möglich ist, darüber hinaus Rückschlüsse auf die bronzezeitliche Gesellschaftsstruktur zu ziehen.
Theorien zu dem Thema „household“ sind vor allem in der historischen Demographie und der Ethnologie vertreten. Auf prähistorische Populationen lassen sich theoretische Untersuchungen nur bedingt anwenden. Manche Daten erweisen sich als zu hypothetisch, weil sie spekulativ sind und nicht, wie etwa in der Ethnologie, real dokumentiert werden können. Dazu gehört die Anzahl der Bewohner eines Hauses und die Klärung der Verhältnisse der Bewohner untereinander (Verwandtschaftsbeziehungen, andere Konstellationen). Aber auch die gesellschaftliche Stellung oder die Arbeitsverteilung im Alltag können für prähistorische Populationen meistens nicht nachgewiesen werden.
In Analysen, die sich auf Haus oder Siedlungsgrößen und Berechnungen der landwirtschaftlichen Ressourcen beziehen, wird oft auf ethnographische Parallelen verwiesen (Chamberlain 2006, 12). Für vorgeschichtliche Populationen müssen jedoch entscheidende Unterschiede berücksichtigt werden: Die durchschnittliche Lebensdauer, hohe Kindersterblichkeit, Krankheiten, Hungerperioden und allgemein härtere Lebensbedingungen (ebd. 178 ff.).
Die Paläopathologie hingegen ist anwendbar, wenn ein Gräberfeld oder eine Begräbnisstätte einer Siedlung zugeordnet werden kann, was jedoch für die Bronzezeit bisher nicht gelungen ist. J. Poulsen (1997) zeigte auf, dass keine nachweisbaren Verbindungen zwischen Grabhügeln und Siedlungen bestehen, obwohl sie durchaus plausibel erscheinen können. Die Bestattungen in den Grabhügeln stellen keine repräsentativen Grablegen dar und können somit nicht unmittelbar die Zusammensetzung der zugehörigen Bevölkerungsgruppe widerspiegeln.
Andere Ansätze bietet indes M.L. S. Sørensen (2010, 124). Sie bezeichnet einen „household“ als eine sozioöko
nomische und materielle Einheit, die sich eventuell im archäologischen Fundmaterial differenzieren lässt. Bestimmten Aspekten der Wohneinheit muss im Einzelnen nachgegangen werden. Dazu gehören beispielsweise Rahmenbedingungen wie die Größe und die Nutzungsdauer eines Hauses sowie die Siedlungsstruktur an sich. Des Weiteren ist zu untersuchen, welches Baumaterial verwendet wurde und wie die Häuser eingerichtet waren. Schließlich bleibt zu klären, wie sich soziale und wirtschaftliche Aktivitäten nachweisen lassen und welche materiellen Hinterlassenschaften gefunden werden können.
Räumliche Aufteilungen und Einrichtungen von Wohnhäusern können nur bedingt Auskunft über die Anzahl der Bewohner geben. Bei Untersuchungen historischer Bevölkerungen wird mit 5–10 überdachten Quadratmetern pro Kopf gerechnet (Chamberlain 2006, 52). Diese Methode berücksichtigt weder das soziale Gefüge, noch denkbare Aktivitäten, die im Wohnhaus stattfanden und nicht im Freien ausgeführt werden konnten. Dazu gehörten z. B. die Verarbeitung von Textilien, das Sortieren von Getreide oder die Herstellung von Milchprodukten. Solche Aktivitäten lassen sich weitestgehend archäologisch nicht nachweisen und müssen deshalb hypothetisch bleiben. Für die ältere Bronzezeit sind die Langhäuser im Untersuchungsgebiet von Feuerstellen im Westteil gekennzeichnet. Sie sind somit funktionsbestimmt für den Aufenthalt und für die Nahrungszubereitung. Der Ostteil enthielt in der Regel Boxentrennwände für das Vieh. Darüber hinaus sind auch andere Aktivitäten im Ostteil denkbar, die eng mit der Viehhaltung verbunden sind, wie etwa das Melken, die Zubereitung von Milch oder das Scheren von Schafen (Sørensen 2010, 132).
Die bisher ausgegrabenen Häuser von Brunde/Egelund variieren mit ihren Grundflächen zwischen 90 m2 und 170 m2 (Abb. 1). Wenn mit 5–10 m2 pro Person gerechnet wird, waren ungefähr 10 Personen in einem Haus untergebracht. Das gilt für die ältere und die jüngere BZ gleichermaßen. Zu einem Haushalt gehörte eine Gruppe (= Einheit) von Kindern und Erwachsenen in unterschiedlichen Altersstufen. Es waren nicht alle in der Lage, dieselbe körperliche Arbeit zu verrichten, aber jede Person hatte vermutlich eine Aufgabe, die zum täglichen Überleben beitrug.
Für umfangreichere gemeinsame Arbeiten kamen vermutlich 1–2 Personen pro Haushalt in Frage. In der Bronzezeit gehörten zu diesen Aufgaben u. a. die Beschaffung von Holz, deren Bearbeitung und der Hausbau. Hinzu kam die Beteiligung an der Errichtung von Grabhügeln, wie unlängst nachgewiesen werden konnte (Holst u. a. 2004, 11–25). Das Anlegen von gemeinschaftlich genutzten Kochsteingruben könnte ebenfalls dazugehört haben.
Die bronzezeitliche Siedlung bestand aus einem Einzelgehöft, zu dem 10–15 Personen gehörten. Zumindest für das Winterhalbjahr kann man vermuten, dass Stallungen, in welcher Form auch immer, angegliedert waren. In der Siedlungsregion Brunde/Egelund konnten nur vereinzelt
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Abb. 1. Region Brunde/Egelund, Sønderjylland, Dänemark. Datierungen bronzezeitlicher Häuser und angenommene Größenan-gaben zu deren Grundflächen. Grafik: N. Kossmer, Haderslev.
Raumeinteilungen in den jüngerbronzezeitlichen Häusern nachgewiesen werden. Es handelt sich dabei um die Häuser I und II von Brunde (Ethelberg 1991; 1993). Diese beiden identischen Wandgrabenhäuser wiesen an ihren Ostenden jeweils Spuren eines Wandgräbchens auf, das eine ca. 2 m breite Fläche abteilte und vermutlich eine Art Lager oder Magazin darstellte (Ethelberg 2000, 216 f.). Ob sich in den Häusern andere, leichtere Einbauten wie Flecht oder Bretterwände, Vorhänge, bestehend aus Häuten oder Textilien, befunden haben, ist archäologisch nicht nachweisbar. Fehlende räumliche Gliederungen können indes auch Hinweise auf die Gemeinschaft geben, die die bronzezeitliche Gesellschaft prägte. Alle Bereiche der Häuser waren frei zugänglich, es gab wahrscheinlich keine Trennung zwischen Individuellem und Gemeinschaftlichem. Erst in der vorrömischen Eisenzeit wurde damit begonnen, Innenräume zu gliedern. Auch die Außenbereiche, die Felder, wurden jetzt eingeteilt und eingezäunt (Ethelberg 2003, 156). Die Gesellschaft differenzierte jetzt deutlicher zwischen privatem und öffentlichem Raum.
In anderen europäischen Regionen, wie z. B. in Ungarn, gibt es Belege für Öfen und Einrichtungen von Feuerstellen sowie für Raumaufteilungen (Sørensen 2010, 135 ff.). Ein Beispiel für eine funktionelle Einrichtung fand sich auf dem
Siedlungsplatz von Brdr. Gram (HAM 2957). Hier konnten zwei bis zu 2 m tiefe Kellergruben in einem großen Langhaus dokumentiert werden. Sie dienten vermutlich als Vorratsspeicher und waren vielleicht ehemals von innen ausgekleidet und mit Abdeckungen versehen (Ethelberg 2000, 202).
Die Quadratmeterzahl allein liefert keine verlässlichen Angaben zu der tatsächlichen Größe der Bewohnergruppe eines Hauses, aber sie stellt einen durchaus zu berücksichtigenden Faktor dar. Als Maßstab für den sozialen Status seiner Bewohner konnte die Größe eines Hauses gewertet werden, wie Ethelberg (2000, 187 f.) aufzeigt.
In der jüngeren Bronzezeit weisen die meisten Wandgräbchenhäuser im Ausgrabungsbefund keine eindeutigen Eingänge auf. Hier besteht Klärungsbedarf. Ungewöhnlich ist weiterhin, dass die Feuerstellen im westlichen Teil fehlen. Allgemein sind die Häuser kleiner als in der älteren Bronzezeit. Dies könnte bedeuten, dass entweder bestimmte Aktivitäten nicht mehr im Wohnhaus ausgeführt wurden, oder, dass es andere, weniger Platz benötigende Tätigkeiten waren, die in den Häusern stattfanden. Den Wandgräbchenhäusern fehlen außerdem Raumeinteilungen, die Rückschlüsse auf Stallungen zulassen, wie es in der älteren Bronzezeit und der vorrömischen Eisenzeit der Fall ist. Warum sind die Stallun
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gen im archäologischen Befund für die jüngere Bronzezeit nicht nachweisbar? Um diese Frage beantworten zu können, wären weitere Phosphatanalysen der bekannten jüngerbronzezeitlichen Häuser wünschenswert.
Die Zeit der Nutzung der Häuser von Brunde/Egelund betrug ca. 60 Jahre (Ethelberg 2000, 206). In vielen Siedlungen konnte nachgewiesen werden, dass nach dieser Zeit ein neues Haus errichtet wurde, oft geschah dies an gleicher Stelle. Scheinbar wurde aber stets nur ein einziges Haus bewohnt oder genutzt, nicht mehrere gleichzeitig. Die Häuser I und II von Brunde stellen möglicherweise eine Ausnahme dar. Es hat den Anschein, als wären sie gleichzeitig in Gebrauch gewesen. Ihre fast identische Konstruktion, die Lage unmittelbar am Seeufer und die ungewöhnliche Nähe zueinander zeugen von einer speziellen Situation. Möglicherweise lassen sich für eine solche Situation Parallelen aus der Ethnologie oder auch von anderen europäischen Siedlungsplätzen der Bronzezeit beibringen (Schöbel 2006).
Örtliche Keramikproduktion
Im Folgenden soll der Prozess der Keramikherstellung kurz erläutert werden, da dieses Thema zumindest für den nordeuropäischen Raum nur oberflächlich behandelt worden ist. Für die Ägäis gibt es eine hervorragende Arbeit, die sich mit dem Prozess der Keramikherstellung und auch mit der Beschaffenheit der Töpferöfen befasst (Hansen Streily 2000). Da in Nordeuropa nur wenige Töpferöfen nachgewiesen werden konnten, muss vieles in Bezug auf Brunde/Egelund vorerst hypothetisch bleiben. – Um Keramik herzustellen, waren bestimmte Arbeitsabfolgen nötig, unabhängig von der späteren Form, Dekoration oder weiteren Verarbeitung der Tonware (ebd. 13). Das Rohmaterial musste beschafft und vorbereitet, die Gefäße geformt und danach gebrannt werden. Es spielte dabei keine Rolle, ob lediglich ein einzelnes oder mehrere Gefäße hergestellt werden sollten, die Arbeitsschritte blieben die gleichen.
Für die Plätze in der Region Brunde/Egelund kann angenommen werden, dass Ton, Wasser und Brennmaterial vor Ort vorhanden waren. Die Bodenkarten zeigen, dass der Siedlungsplatz Brunde auf Moränentonboden liegt, der in Dänemark die am häufigsten vorkommende Bodenart darstellt. Nördlich und westlich der Siedlungsregion ist der Boden sandiger, während sich östlich und südlich vermutlich große Waldgebiete befanden. Somit war Ton in unmittelbarer Nähe leicht abzubauen. Südöstlich der Häuser von Brunde fanden sich Tonentnahmegruben, die diese Annahme bestätigen. Frischer Ton muss erst gesäubert, gewalkt und geschlemmt werden, bevor mit ihm getöpfert werden kann. Das Material wurde in der Regel gemagert. Dem Ton aus Brunde/Egelund ist hauptsächlich Granit oder Schamotte zugesetzt worden. Die Schamotte wurde aus sekundär gebranntem Material gewonnen. Erst nachdem die Tonmasse so präpariert war, konnte
man damit beginnen, Gefäße zu formen. Dabei nutzte man die Wulst und Daumentechnik, um Gefäße herzustellen (Hamer/Hamer 1990). Die Gefäße wurden aus Wülsten aufgebaut, die übereinander gesetzt und leicht flachgedrückt wurden. Diese Methode lässt sich an einigen Gefäßen an der Innenseite, hauptsächlich an feinerer Ware nachweisen.
In der älteren Bronzezeit ist die Wandung der Keramik rauh und von aufgesetzten Knubben oder Leisten mit Finger oder Fingernageleindrücken gekennzeichnet. Ob die Elemente funktional oder dekorativ waren, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen (Abb. 2), möglicherweise spielte beides eine Rolle. Die jüngerbronzezeitlichen Gefäße weisen von der Gefäßwandung aus ausgezogene Leisten auf, die ebenfalls mit Fingereindrücken versehen sind. Diese Keramik ist meistens etwas besser gebrannt. In der Regel waren die Leisten umlaufend, doch in einigen Fällen nur wenige Zentimeter lang.
Die Oberfläche des Tons wurde innen mit einem Werkzeug aus Knochen, Stein oder Horn geglättet. Ein Hinweis auf diesen Arbeitsschritt findet sich möglicherweise in der Kulturschicht der Siedlung von Brunde. Es fanden sich dort ungebrannte Tondreiecke (Abb. 3). Sie sind geglättet und von handlicher Größe. Außerdem gab es ungewöhnlich viele Glätt oder Poliersteine in der Schicht.
Ein weiterer Produktionsschritt bestand im Trocknen der Gefäße, um dem Material das Wasser zu entziehen. Die Lagerung musste zwingend im Haus stattfinden, damit eine gleichmäßige Trocknung gewährleistet war. So konnte die Bildung von Rissen an der Oberfläche der Gefäße verhindert werden.
Der Keramikbrand selbst kann in Brunde/Egelund ar
chäologisch nicht dokumentiert werden. Man benutzte vermutlich eine Brandgrube oder wandte offenen Feldbrand an, eine Methode, bei der die Temperatur nur bedingt gesteuert werden kann. Im offenen Meilerbrand hergestellte Ware ist oft unregelmäßig und schlecht gebrannt, in eingetieften Brenngruben gebrannte Keramik etwas stabiler. Da das Brennmaterial in der Grube mit einer Schicht Grassoden, größeren Scherben aus Fehlbränden oder mit Lehm abgedeckt wird, ist die Temperatur im Inneren der Grube höher und beständiger und kann bis zu 900 Grad Celsius erreichen (Hansen Streily 2000, 35). Eine Grube wurde vermutlich mehrmals genutzt. Die große Menge sekundär gebrannter Keramik des Siedlungsplatzes Egelund ist möglicherweise auch als Indiz für Grubenbrand zu werten, bei dem Material von Fehlbränden zur Isolierung genutzt wurde.
Aus dem ägäischen Raum und vom Federsee in Süddeutschland sind Lehmkuppelöfen aus der Bronzezeit bekannt (Hansen Streily 2000, 66 ff. Schöbel 2006). Sie lagen ganz nahe bei den Wohnhäusern oder in speziellen
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Abb. 2. Brunde/Egelund, Sønderjylland, Dänemark. Keramik der älteren Bronzezeit. Datierung der Gefäßwandung Mitte rechts: 3030 ± 70 BP. Foto: S. Henriksen/N. Kossmer, Haderslev. M. 1:2
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Wirtschaftsgebäuden. Weder aus dem Untersuchungsgebiet noch aus den Nachbarregionen konnten Öfen oder Brenngruben für die Keramikherstellung der Bronzezeit nachgewiesen werden. Ein Grund dafür ist zum einen, dass nicht gezielt danach gegraben wurde, zum anderen, dass nicht alle handwerklichen Tätigkeiten im archäologischen Befund als solche erkennbar sind. Dies gilt insbesondere für Arbeiten mit organischem Material wie Textilien oder Holz; die Quellenlage für die Töpferei scheint ähnlich gelagert zu sein. Brenngruben wurden vielleicht auch multifunktional für die Zubereitung von Speisen und die Keramikherstellung genutzt, eine Unterscheidung ist daher schwierig. Koch oder Brandgruben im Allgemeinen wurden in Brunde/Egelund in großer Zahl nachgewiesen. – Wenn das Gebiet Brunde/Egelund über gemeinsame soziale Strukturen verfügte, wie Kruse (siehe Beitrag „Egelund III – ein bronzezeitlicher Versammlungsplatz?“ in dieser Publikation) annimmt, dann kann auch hypothetisch eine gemeinsame oder wenigstens koordinierte Produktion von bestimmten Dingen des alltäglichen Gebrauchs angenommen werden. Dazu könnte auch eine lokale Töpferwerkstatt gehört haben, zumal der Platz topografisch dafür sehr gut geeignet war.
Ton stellte ein wichtiges Rohmaterial der Bronzezeit dar (Eriksson 2008, 53). Er wurde nicht nur in der Töpferei verwendet, sondern fand auch beim Hausbau und bei der Herstellung von Gussformen Verwendung. Da sowohl die
Abb. 3. Brunde/Egelund, Sønderjylland, Dänemark. Glättsteine (?). Foto: N. Kossmer, Haderslev.
Gewinnung als auch die Verwendung viel Arbeitskraft und zeit erforderte, waren vermutlich mehrere Personen damit beschäftigt und diese daher nicht in die übrige alltägliche Arbeit eingebunden.
Normalerweise wird davon ausgegangen, dass in der älteren und jüngeren Bronzezeit Keramik nur für den eigenen Haushalt produziert wurde, wie es auch für die Feuersteinbearbeitung, die Textilherstellung und die Herstellung von Lebensmitteln der Fall war. Verarbeitung von Bronze hingegen blieb Spezialisten vorbehalten. Vermutlich war das Handwerk auch mit Ansehen und Status verbunden.
Die Webgewichte aus der Kellergrube des ungewöhnlich großen dreischiffigen Langhauses von dem älterbronzezeitlichen Siedlungsplatz Brdr. Gram (Ethelberg 2000, 232) belegen, dass Textilherstellung nicht irgendwo stattfand, sondern einem Haushalt zugeordnet wurde, der vermutlich auch eine führende soziale Stellung innehatte. Die Töpferei hatte möglicherweise eine ähnliche gesellschaftliche Bedeutung.
Keramikherstellung war zeitaufwändig und erforderte Vorbereitung und Arbeitskraft. Vor allem in europäischen Breitengraden war ein überdachter Platz zur Herstellung notwendig, da noch ungebrannte Töpferware sehr witte
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rungsanfällig ist. Wer stellte also die Töpferware her? Wurde die Arbeit organisiert? Wurde die Ware verhandelt? Um eine genauere Differenzierung zu erlauben, müsste man die verschiedenen Produktionsverhältnisse der Bronzezeit erneut untersuchen. Dabei wäre in erster Linie das archäologische Fundmaterial auf spezifische Herstellungsverfahren zu untersuchen.
Die Keramik aus Brunde/Egelund ist mit wenigen Typen vertreten. Es kommen vor: Große Vorratsgefäße mit rauher Wandung, Kannen mit Henkeln und einfache Schalen oder Schüsseln. Kleinere Tassen, Teller, sogenanntes Tischgeschirr, scheint es nicht gegeben zu haben. Möglicherweise wurde dieses aus Holz hergestellt, so wie es aus späteren Zeiten auch bekannt ist. Die Keramik aus Brunde/Egelund erwies sich als recht homogen. Sowohl das ältere als auch das jüngere Material ist auf den acht Plätzen der Umgebung von ähnlicher Machart.
Die Ausgrabung des Siedlungsplatzes Brunde HAM 2534 wurde besonders intensiv betrieben und sorgfältig dokumentiert; sie lag über mehrere Jahre in den
Händen des kürzlich verstorbenen Jens Poulsen und Studenten der Universität Aarhus, Moesgård. Dabei wurde eine umfangreiche Abfallschicht am Seeufer fast vollständig untersucht (Poulsen 1999). Diese Kulturschicht entstand zwischen dem Spätneolithikum und der jüngeren Bronzezeit. Sie ließ sich stratigrafisch auswerten und bildet so den Ausgangspunkt für eine chronologische Zuordnung der Funde. Die Kulturschicht bestand hauptsächlich aus lehmig durchsetztem Sand mit Holzkohle, sehr viel gebranntem Ton, aus Steinen und Keramik sowie Feuersteingeräten und Rohmaterial (Matthes 2005, 165 ff.).
Die unteren Schichten A und B, die in die ältere Bronzezeit datieren, waren besonders fundreich, ebenso Schicht G der jüngeren Bronzezeit; sie wies sehr viel Keramik auf. In der Regel sind größere Wandscherben erhalten, aber auch Randscherben sind nachgewiesen. Bodenscherben waren nur in geringer Zahl vertreten. Dies lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass die besonders dicken Bodenscherben nicht vollständig gebrannt waren und sich deshalb schneller zersetzt haben. Auf den Plätzen Rise Søndervang und
Abb. 4. Brunde/Egelund, Sønderjylland, Dänemark. Sekundär gebrannte Keramik aus einer Grube des Siedlungsplatzes Brunde. Foto: N. Kossmer, Haderslev.
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Egelund gibt es keine sekundär gebrannte Keramik. Diese findet sich nur in der Kulturschicht und in zwei Gruben auf dem Siedlungsplatz Brunde. Es handelt sich also um eine besondere Fundgattung. Sekundär gebranntes Material wurde oft zerstoßen und als Magerung bei der Keramikherstellung
eingesetzt. Dies gilt auch für gebrannten Granit (Abb. 4). Die Kulturschicht enthielt weiteres Material, das sich möglicherweise mit Keramikherstellung in Verbindung bringen lässt. Hierzu gehören tönerne Fragmente, die vielleicht von Wandungen oder Tonkappen aus Brenngruben stammen.
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Abb. 5. Brunde/Egelund, Sønderjylland, Dänemark. Übersichtsplan Siedlung Brunde. Häuser I und II am ehemaligen Seeufer. Lehmentnahmegruben im Südosten. Grafik: H. P. Jørgensen/J. Andersen, Haderslev.
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Zusammenfassend sprechen also mehrere Umstände für eine Keramikproduktion in Brunde/Egelund: Die Nähe zu Rohstoffen, mehrere Lehmentnahmegruben im Siedlungsbereich sowie Funde, die sich mit dem Herstellungsprozess in Verbindung bringen lassen. Hinzu kommt die ungewöhnliche Lage der beiden Häuser (Haus I und II) von Brunde, die sich unmittelbar am Seeufer befanden. Sie lagen absolut parallel mit nur einem Meter Abstand zueinander (Abb. 5). Die Innenaufteilung der beiden Häuser gleicht sich ebenfalls. In Haus I befand sich in einem kleinen Innenraum eine Grube unmittelbar vor dem Eingang, in der gebrannte Steine und Holzkohle lagen. Die Datierung der Häuser gestaltet sich problematisch, da sich die AMSDatierungen unterscheiden (Ethelberg 2000, 220). Das Material aus der Grube datiert in die vorrömische Eisenzeit, die Probe aus dem Wandgräbchen von Haus II hingegen in die Periode III. Typologisch sind die beiden Häuser jedoch in die jüngere Bronzezeit einzuordnen. Daher ist eine Verunreinigung des Probenmaterials zu vermuten.
Die abgetrennten Räume der beiden Häuser hatten eine
Grundfläche von ca. 10 m2. Kam ihnen eine spezielle Funktion zu?
Kann von einer Nutzung als Werkstatt gesprochen werden?
Ausblick
Die vorläufigen Ergebnisse sind vielversprechend. Das Projekt Brunde/Egelund ist in den Forschungsplan des Museums Sønderjylland – Arkæologi Haderslev aufgenommen worden. Eine umfassende Untersuchung der Kochsteingruben, der Haustypologie, die Frage der households und der Keramikproduktion bilden den Ausgangspunkt. Um diese Aspekte beleuchten zu können, wurden im September 2011 Mittel bei der dänischen Denkmalbehörde (Kulturarvsstyrelsen) für die naturwissenschaftlichen Untersuchungen von Probenmaterial beantragt. Das Forschungsprojekt knüpft geografisch und thematisch an zwei weitere Projekte an, nämlich an das Projekt „Bronzealderens Kulturlandskab“ der Museen in Viborg und Holstebro und „Siedlungen der Bronzezeit“, Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Arbeitsstelle Schleswig. Die Vorhaben behandeln unterschiedliche Aspekte der Bronzezeit. Der bisherige fachliche Austausch hat gezeigt, dass die Mitarbeiter der Projekte voneinander profitieren können.
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