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81 Brunde/Egelund – Haushaltseinheiten und Produktion Lilian Matthes Studien zur nordeuropäischen Bronzezeit, Band 1, 81–90 Bronzezeit, Haushaltseinheiten, Hauskonstruktionen, Keramikherstellung, lokale Produktion. Während der älteren und jüngeren Bronzezeit bestand zwischen der Größe der Wohnhäuser und der Anzahl der Bewohner ein starker Zusammenhang. Diese Personenanzahl wird definiert als „Household“ – eine ökonomische, soziale und funktionelle Einheit, die sich gebildet hat, um die Dinge des täglichen Lebens zu bewältigen. Die Häuser der älteren Bronzezeit waren sehr viel größer als die der Jungbronzezeit, die Personenzahl blieb aber mit 10-15 Personen pro Haus relativ konstant. Dies hing damit zusammen, dass die älterbronzezeitlichen Häuser auch Stallungen für das Vieh enthielten. Desweiteren wird diskutiert, ob sich Spuren einer lo- kalen Keramikproduktion in den Häusern nachweisen lässt. Ton war ein Rohstoff, der in großen Mengen nachgeagt wurde – nicht nur für die Keramikherstellung, sondern auch als Material zum Hausbau oder zur Herstellung von Formen für den Bronzeguss. Household og produktion i Brunde/Egelund Bronzealder, households, huskonstruktioner, keramikemstilling, lokal produktion Både i ældre og yngre bronzealder har husenes størrelse spillet en rolle for antallet af personer knyttet til det enkelte hus. Disse personer defineres som en household- det er en økonomisk, social og materiel enhed, der er sammen om at udføre dagligdagens nød- vendige funktioner. Selvom husene i ældre bronzealder har været betydeligt større end i yngre bronzealder, har antallet af personer i hele perioden nok været på 10–15 personer, da ældre bronzealders huse har haſt stalddel. Det undersøges, om der findes spor i husene eſter produktion af f.eks. lerkar, da der er tegn på at Brundebopladsen kan have haſt en lokal produktion af keramik til hele området. Ler var et råstof, der har været brug for i store mængder, da det både blev brugt til keramikemstilling, men også til husbyggeri og f.eks. emstilling af former til bronzestøbning. Households and local pottery production in Brunde/Egelund Bronze Age, households, house constructions, local pottery production In the Early as well as the Late Bronze Age, the number of people related to a given house was influenced by the size of the house. Such a group of people is defined as a household – an economic, social and material unit which carries out the tasks of everyday life. Although the houses of the Early Bronze Age were significantly larger than those of the Late Bronze Age, the number of people per household has arguably been around 10–15 throughout the period. e reason for this assumption is that the houses of the Early Bronze Age also included stables. Based on a reinterpretation of the material evidence om Brunde which suggests a local pottery production, it is considered whether there is evidence for production of e.g. pottery in the houses. Clay is to be considered as a raw material of which great amounts were needed – in pottery production, related to the construction of houses as well as for producing clay moulds for the casting of bronze objects.

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Brunde/Egelund – Haushaltseinheiten und ProduktionLilian Matthes

Studien zur nordeuropäischen Bronzezeit, Band 1, 81–90

Bronzezeit, Haushaltseinheiten, Hauskonstruktionen, Keramikherstellung, lokale Produktion.

Während der älteren und jüngeren Bronzezeit bestand zwischen der Größe der Wohnhäuser und der Anzahl der Bewohner ein starker Zusammenhang. Diese Personenanzahl wird definiert als „Household“ – eine ökonomische, soziale und funktionelle Einheit, die sich gebildet hat, um die Dinge des täglichen Lebens zu bewältigen. Die Häuser der älteren Bronzezeit waren sehr viel größer als die der Jungbronzezeit, die Personenzahl blieb aber mit 10-15 Personen pro Haus relativ konstant. Dies hing damit zusammen, dass die älterbronzezeitlichen Häuser auch Stallungen für das Vieh enthielten. Desweiteren wird diskutiert, ob sich Spuren einer lo-kalen Keramikproduktion in den Häusern nachweisen lässt. Ton war ein Rohstoff, der in großen Mengen nachgefragt wurde – nicht nur für die Keramikherstellung, sondern auch als Material zum Hausbau oder zur Herstellung von Formen für den Bronzeguss.

Household og produktion i Brunde/Egelund

Bronzealder, households, huskonstruktioner, keramikfremstilling, lokal produktion

Både i ældre og yngre bronzealder har husenes størrelse spillet en rolle for antallet af personer knyttet til det enkelte hus. Disse personer defineres som en household- det er en økonomisk, social og materiel enhed, der er sammen om at udføre dagligdagens nød-vendige funktioner. Selvom husene i ældre bronzealder har været betydeligt større end i yngre bronzealder, har antallet af personer i hele perioden nok været på 10–15 personer, da ældre bronzealders huse har haft stalddel. Det undersøges, om der findes spor i husene efter produktion af f.eks. lerkar, da der er tegn på at Brundebopladsen kan have haft en lokal produktion af keramik til hele området. Ler var et råstof, der har været brug for i store mængder, da det både blev brugt til keramikfremstilling, men også til husbyggeri og f.eks. fremstilling af former til bronzestøbning.

Households and local pottery production in Brunde/Egelund

Bronze Age, households, house constructions, local pottery production

In the Early as well as the Late Bronze Age, the number of people related to a given house was influenced by the size of the house. Such a group of people is defined as a household – an economic, social and material unit which carries out the tasks of everyday life. Although the houses of the Early Bronze Age were significantly larger than those of the Late Bronze Age, the number of people per household has arguably been around 10–15 throughout the period. The reason for this assumption is that the houses of the Early Bronze Age also included stables. Based on a reinterpretation of the material evidence from Brunde which suggests a local pottery production, it is considered whether there is evidence for production of e.g. pottery in the houses. Clay is to be considered as a raw material of which great amounts were needed – in pottery production, related to the construction of houses as well as for producing clay moulds for the casting of bronze objects.

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Im Rahmen des Workshops “Siedlungen der Bronzezeit” wurde von Pernille Kruse und der Verfasserin ein gemeinsa­mes Referat gehalten. Wegen der thematischen Erweiterung des Projektes erschien es sinnvoll, zwei getrennte Beiträge vorzulegen. Das Projekt “Brunde/Egelund” ist Teil des of­fiziellen Forschungsplanes für das Museum Sønderjylland.

Households/Haushaltseinheiten

In den meisten Untersuchungen zu bronzezeitlichen Häu­sern und Siedlungen stehen vor allem Aspekte zu Funktion und Größe der Bauten im Mittelpunkt der Betrachtungen. Ein weniger beachteter Gesichtspunkt bezieht sich auf die Frage nach der Anzahl der Bewohner pro Haus (Sørensen 2010, 126 ff.). Vorrangig ist zu klären, ob aufgrund der In­nengliederung und der äußeren Maße der Häuser, in diesem Fall von Brunde/Egelund, auf die Größe von Haushalten und auf die Zahl der tatsächlichen Bewohner bronzezeit­licher Gehöfte geschlossen werden kann. Es schließt sich die Frage an, ob es möglich ist, darüber hinaus Rückschlüsse auf die bronzezeitliche Gesellschaftsstruktur zu ziehen.

Theorien zu dem Thema „household“ sind vor allem in der historischen Demographie und der Ethnologie vertreten. Auf prähistorische Populationen lassen sich theoretische Untersuchungen nur bedingt anwenden. Manche Daten erweisen sich als zu hypothetisch, weil sie spekulativ sind und nicht, wie etwa in der Ethnologie, real dokumentiert werden können. Dazu gehört die Anzahl der Bewohner ei­nes Hauses und die Klärung der Verhältnisse der Bewohner untereinander (Verwandtschaftsbeziehungen, andere Kon­stellationen). Aber auch die gesellschaftliche Stellung oder die Arbeitsverteilung im Alltag können für prähistorische Populationen meistens nicht nachgewiesen werden.

In Analysen, die sich auf Haus­ oder Siedlungsgrößen und Berechnungen der landwirtschaftlichen Ressourcen beziehen, wird oft auf ethnographische Parallelen verwiesen (Chamberlain 2006, 12). Für vorgeschichtliche Popula­tionen müssen jedoch entscheidende Unterschiede berück­sichtigt werden: Die durchschnittliche Lebensdauer, hohe Kindersterblichkeit, Krankheiten, Hungerperioden und all­gemein härtere Lebensbedingungen (ebd. 178 ff.).

Die Paläopathologie hingegen ist anwendbar, wenn ein Gräberfeld oder eine Begräbnisstätte einer Siedlung zuge­ordnet werden kann, was jedoch für die Bronzezeit bisher nicht gelungen ist. J. Poulsen (1997) zeigte auf, dass kei­ne nachweisbaren Verbindungen zwischen Grabhügeln und Siedlungen bestehen, obwohl sie durchaus plausibel erschei­nen können. Die Bestattungen in den Grabhügeln stellen keine repräsentativen Grablegen dar und können somit nicht unmittelbar die Zusammensetzung der zugehörigen Bevölkerungsgruppe widerspiegeln.

Andere Ansätze bietet indes M.­L. S. Sørensen (2010, 124). Sie bezeichnet einen „household“ als eine sozio­öko­

nomische und materielle Einheit, die sich eventuell im ar­chäologischen Fundmaterial differenzieren lässt. Bestimm­ten Aspekten der Wohneinheit muss im Einzelnen nach­gegangen werden. Dazu gehören beispielsweise Rahmen­bedingungen wie die Größe und die Nutzungsdauer eines Hauses sowie die Siedlungsstruktur an sich. Des Weiteren ist zu untersuchen, welches Baumaterial verwendet wurde und wie die Häuser eingerichtet waren. Schließlich bleibt zu klären, wie sich soziale und wirtschaftliche Aktivitäten nach­weisen lassen und welche materiellen Hinterlassenschaften gefunden werden können.

Räumliche Aufteilungen und Einrichtungen von Wohn­häusern können nur bedingt Auskunft über die Anzahl der Bewohner geben. Bei Untersuchungen historischer Bevöl­kerungen wird mit 5–10 überdachten Quadratmetern pro Kopf gerechnet (Chamberlain 2006, 52). Diese Methode berücksichtigt weder das soziale Gefüge, noch denkbare Ak­tivitäten, die im Wohnhaus stattfanden und nicht im Freien ausgeführt werden konnten. Dazu gehörten z. B. die Verar­beitung von Textilien, das Sortieren von Getreide oder die Herstellung von Milchprodukten. Solche Aktivitäten lassen sich weitestgehend archäologisch nicht nachweisen und müssen deshalb hypothetisch bleiben. Für die ältere Bronze­zeit sind die Langhäuser im Untersuchungsgebiet von Feu­erstellen im Westteil gekennzeichnet. Sie sind somit funkti­onsbestimmt für den Aufenthalt und für die Nahrungszube­reitung. Der Ostteil enthielt in der Regel Boxentrennwände für das Vieh. Darüber hinaus sind auch andere Aktivitäten im Ostteil denkbar, die eng mit der Viehhaltung verbunden sind, wie etwa das Melken, die Zubereitung von Milch oder das Scheren von Schafen (Sørensen 2010, 132).

Die bisher ausgegrabenen Häuser von Brunde/Egelund variieren mit ihren Grundflächen zwischen 90 m2 und 170 m2 (Abb. 1). Wenn mit 5–10 m2 pro Person gerechnet wird, waren ungefähr 10 Personen in einem Haus unterge­bracht. Das gilt für die ältere und die jüngere BZ gleicherma­ßen. Zu einem Haushalt gehörte eine Gruppe (= Einheit) von Kindern und Erwachsenen in unterschiedlichen Alters­stufen. Es waren nicht alle in der Lage, dieselbe körperliche Arbeit zu verrichten, aber jede Person hatte vermutlich eine Aufgabe, die zum täglichen Überleben beitrug.

Für umfangreichere gemeinsame Arbeiten kamen vermut­lich 1–2 Personen pro Haushalt in Frage. In der Bronzezeit gehörten zu diesen Aufgaben u. a. die Beschaffung von Holz, deren Bearbeitung und der Hausbau. Hinzu kam die Beteili­gung an der Errichtung von Grabhügeln, wie unlängst nach­gewiesen werden konnte (Holst u. a. 2004, 11–25). Das Anlegen von gemeinschaftlich genutzten Kochsteingruben könnte ebenfalls dazugehört haben.

Die bronzezeitliche Siedlung bestand aus einem Einzel­gehöft, zu dem 10–15 Personen gehörten. Zumindest für das Winterhalbjahr kann man vermuten, dass Stallungen, in welcher Form auch immer, angegliedert waren. In der Siedlungsregion Brunde/Egelund konnten nur vereinzelt

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Abb. 1. Region Brunde/Egelund, Sønderjylland, Dänemark. Datierungen bronzezeitlicher Häuser und angenommene Größenan-gaben zu deren Grundflächen. Grafik: N. Kossmer, Haderslev.

Raumeinteilungen in den jüngerbronzezeitlichen Häusern nachgewiesen werden. Es handelt sich dabei um die Häuser I und II von Brunde (Ethelberg 1991; 1993). Diese beiden identischen Wandgrabenhäuser wiesen an ihren Ostenden jeweils Spuren eines Wandgräbchens auf, das eine ca. 2 m breite Fläche abteilte und vermutlich eine Art Lager oder Magazin darstellte (Ethelberg 2000, 216 f.). Ob sich in den Häusern andere, leichtere Einbauten wie Flecht­ oder Bretterwände, Vorhänge, bestehend aus Häuten oder Texti­lien, befunden haben, ist archäologisch nicht nachweisbar. Fehlende räumliche Gliederungen können indes auch Hin­weise auf die Gemeinschaft geben, die die bronzezeitliche Gesellschaft prägte. Alle Bereiche der Häuser waren frei zugänglich, es gab wahrscheinlich keine Trennung zwischen Individuellem und Gemeinschaftlichem. Erst in der vorrö­mischen Eisenzeit wurde damit begonnen, Innenräume zu gliedern. Auch die Außenbereiche, die Felder, wurden jetzt eingeteilt und eingezäunt (Ethelberg 2003, 156). Die Ge­sellschaft differenzierte jetzt deutlicher zwischen privatem und öffentlichem Raum.

In anderen europäischen Regionen, wie z. B. in Ungarn, gibt es Belege für Öfen und Einrichtungen von Feuerstellen sowie für Raumaufteilungen (Sørensen 2010, 135 ff.). Ein Beispiel für eine funktionelle Einrichtung fand sich auf dem

Siedlungsplatz von Brdr. Gram (HAM 2957). Hier konnten zwei bis zu 2 m tiefe Kellergruben in einem großen Langhaus dokumentiert werden. Sie dienten vermutlich als Vorratsspei­cher und waren vielleicht ehemals von innen ausgekleidet und mit Abdeckungen versehen (Ethelberg 2000, 202).

Die Quadratmeterzahl allein liefert keine verlässlichen Angaben zu der tatsächlichen Größe der Bewohnergruppe eines Hauses, aber sie stellt einen durchaus zu berücksich­tigenden Faktor dar. Als Maßstab für den sozialen Status seiner Bewohner konnte die Größe eines Hauses gewertet werden, wie Ethelberg (2000, 187 f.) aufzeigt.

In der jüngeren Bronzezeit weisen die meisten Wandgräb­chenhäuser im Ausgrabungsbefund keine eindeutigen Ein­gänge auf. Hier besteht Klärungsbedarf. Ungewöhnlich ist weiterhin, dass die Feuerstellen im westlichen Teil fehlen. Allgemein sind die Häuser kleiner als in der älteren Bronze­zeit. Dies könnte bedeuten, dass entweder bestimmte Akti­vitäten nicht mehr im Wohnhaus ausgeführt wurden, oder, dass es andere, weniger Platz benötigende Tätigkeiten waren, die in den Häusern stattfanden. Den Wandgräbchenhäusern fehlen außerdem Raumeinteilungen, die Rückschlüsse auf Stallungen zulassen, wie es in der älteren Bronzezeit und der vorrömischen Eisenzeit der Fall ist. Warum sind die Stallun­

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gen im archäologischen Befund für die jüngere Bronzezeit nicht nachweisbar? Um diese Frage beantworten zu können, wären weitere Phosphatanalysen der bekannten jüngerbron­zezeitlichen Häuser wünschenswert.

Die Zeit der Nutzung der Häuser von Brunde/Egelund betrug ca. 60 Jahre (Ethelberg 2000, 206). In vielen Sied­lungen konnte nachgewiesen werden, dass nach dieser Zeit ein neues Haus errichtet wurde, oft geschah dies an gleicher Stelle. Scheinbar wurde aber stets nur ein einziges Haus be­wohnt oder genutzt, nicht mehrere gleichzeitig. Die Häuser I und II von Brunde stellen möglicherweise eine Ausnahme dar. Es hat den Anschein, als wären sie gleichzeitig in Ge­brauch gewesen. Ihre fast identische Konstruktion, die Lage unmittelbar am Seeufer und die ungewöhnliche Nähe zuein­ander zeugen von einer speziellen Situation. Möglicherweise lassen sich für eine solche Situation Parallelen aus der Ethno­logie oder auch von anderen europäischen Siedlungsplätzen der Bronzezeit beibringen (Schöbel 2006).

Örtliche Keramikproduktion

Im Folgenden soll der Prozess der Keramikherstellung kurz erläutert werden, da dieses Thema zumindest für den nordeuropäischen Raum nur oberflächlich behan­delt worden ist. Für die Ägäis gibt es eine hervorragende Arbeit, die sich mit dem Prozess der Keramikherstellung und auch mit der Beschaffenheit der Töpferöfen befasst (Hansen Streily 2000). Da in Nordeuropa nur wenige Töpferöfen nachgewiesen werden konnten, muss vieles in Bezug auf Brunde/Egelund vorerst hypothetisch bleiben. – Um Keramik herzustellen, waren bestimmte Arbeitsab­folgen nötig, unabhängig von der späteren Form, Dekora­tion oder weiteren Verarbeitung der Tonware (ebd. 13). Das Rohmaterial musste beschafft und vorbereitet, die Gefäße geformt und danach gebrannt werden. Es spielte dabei keine Rolle, ob lediglich ein einzelnes oder mehrere Gefäße hergestellt werden sollten, die Arbeitsschritte blie­ben die gleichen.

Für die Plätze in der Region Brunde/Egelund kann an­genommen werden, dass Ton, Wasser und Brennmaterial vor Ort vorhanden waren. Die Bodenkarten zeigen, dass der Siedlungsplatz Brunde auf Moränentonboden liegt, der in Dänemark die am häufigsten vorkommende Boden­art darstellt. Nördlich und westlich der Siedlungsregion ist der Boden sandiger, während sich östlich und südlich vermutlich große Waldgebiete befanden. Somit war Ton in unmittelbarer Nähe leicht abzubauen. Südöstlich der Häuser von Brunde fanden sich Tonentnahmegruben, die diese Annahme bestätigen. Frischer Ton muss erst ge­säubert, gewalkt und geschlemmt werden, bevor mit ihm getöpfert werden kann. Das Material wurde in der Regel gemagert. Dem Ton aus Brunde/Egelund ist hauptsäch­lich Granit oder Schamotte zugesetzt worden. Die Scha­motte wurde aus sekundär gebranntem Material gewon­nen. Erst nachdem die Tonmasse so präpariert war, konnte

man damit beginnen, Gefäße zu formen. Dabei nutzte man die Wulst­ und Daumentechnik, um Gefäße herzu­stellen (Hamer/Hamer 1990). Die Gefäße wurden aus Wülsten aufgebaut, die übereinander gesetzt und leicht flachgedrückt wurden. Diese Methode lässt sich an eini­gen Gefäßen an der Innenseite, hauptsächlich an feinerer Ware nachweisen.

In der älteren Bronzezeit ist die Wandung der Keramik rauh und von aufgesetzten Knubben oder Leisten mit Fin­ger­ oder Fingernageleindrücken gekennzeichnet. Ob die Elemente funktional oder dekorativ waren, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen (Abb. 2), möglicherweise spielte beides eine Rolle. Die jüngerbronzezeitlichen Gefäße wei­sen von der Gefäßwandung aus ausgezogene Leisten auf, die ebenfalls mit Fingereindrücken versehen sind. Diese Kera­mik ist meistens etwas besser gebrannt. In der Regel waren die Leisten umlaufend, doch in einigen Fällen nur wenige Zentimeter lang.

Die Oberfläche des Tons wurde innen mit einem Werkzeug aus Knochen, Stein oder Horn geglättet. Ein Hinweis auf diesen Arbeitsschritt findet sich möglicher­weise in der Kulturschicht der Siedlung von Brunde. Es fanden sich dort ungebrannte Tondreiecke (Abb. 3). Sie sind geglättet und von handlicher Größe. Außerdem gab es ungewöhnlich viele Glätt­ oder Poliersteine in der Schicht.

Ein weiterer Produktionsschritt bestand im Trocknen der Gefäße, um dem Material das Wasser zu entziehen. Die Lagerung musste zwingend im Haus stattfinden, damit eine gleichmäßige Trocknung gewährleistet war. So konnte die Bildung von Rissen an der Oberfläche der Gefäße verhindert werden.

Der Keramikbrand selbst kann in Brunde/Egelund ar­

chäologisch nicht dokumentiert werden. Man benutzte ver­mutlich eine Brandgrube oder wandte offenen Feldbrand an, eine Methode, bei der die Temperatur nur bedingt ge­steuert werden kann. Im offenen Meilerbrand hergestellte Ware ist oft unregelmäßig und schlecht gebrannt, in einge­tieften Brenngruben gebrannte Keramik etwas stabiler. Da das Brennmaterial in der Grube mit einer Schicht Gras­soden, größeren Scherben aus Fehlbränden oder mit Lehm abgedeckt wird, ist die Temperatur im Inneren der Grube höher und beständiger und kann bis zu 900 Grad Celsius erreichen (Hansen Streily 2000, 35). Eine Grube wurde vermutlich mehrmals genutzt. Die große Menge sekundär gebrannter Keramik des Siedlungsplatzes Egelund ist mög­licherweise auch als Indiz für Grubenbrand zu werten, bei dem Material von Fehlbränden zur Isolierung genutzt wur­de.

Aus dem ägäischen Raum und vom Federsee in Süd­deutschland sind Lehmkuppelöfen aus der Bronzezeit be­kannt (Hansen Streily 2000, 66 ff. Schöbel 2006). Sie lagen ganz nahe bei den Wohnhäusern oder in speziellen

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Abb. 2. Brunde/Egelund, Sønderjylland, Dänemark. Keramik der älteren Bronzezeit. Datierung der Gefäßwandung Mitte rechts: 3030 ± 70 BP. Foto: S. Henriksen/N. Kossmer, Haderslev. M. 1:2

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Wirtschaftsgebäuden. Weder aus dem Untersuchungsgebiet noch aus den Nachbarregionen konnten Öfen oder Brenn­gruben für die Keramikherstellung der Bronzezeit nachge­wiesen werden. Ein Grund dafür ist zum einen, dass nicht gezielt danach gegraben wurde, zum anderen, dass nicht alle handwerklichen Tätigkeiten im archäologischen Befund als solche erkennbar sind. Dies gilt insbesondere für Arbei­ten mit organischem Material wie Textilien oder Holz; die Quellenlage für die Töpferei scheint ähnlich gelagert zu sein. Brenngruben wurden vielleicht auch multifunktional für die Zubereitung von Speisen und die Keramikherstellung ge­nutzt, eine Unterscheidung ist daher schwierig. Koch­ oder Brandgruben im Allgemeinen wurden in Brunde/Egelund in großer Zahl nachgewiesen. – Wenn das Gebiet Brunde/Egelund über gemeinsame soziale Strukturen verfügte, wie Kruse (siehe Beitrag „Egelund III – ein bronzezeitlicher Versammlungsplatz?“ in dieser Publikation) annimmt, dann kann auch hypothetisch eine gemeinsame oder wenigstens koordinierte Produktion von bestimmten Dingen des alltäg­lichen Gebrauchs angenommen werden. Dazu könnte auch eine lokale Töpferwerkstatt gehört haben, zumal der Platz topografisch dafür sehr gut geeignet war.

Ton stellte ein wichtiges Rohmaterial der Bronzezeit dar (Eriksson 2008, 53). Er wurde nicht nur in der Töpferei verwendet, sondern fand auch beim Hausbau und bei der Herstellung von Gussformen Verwendung. Da sowohl die

Abb. 3. Brunde/Egelund, Sønderjylland, Dänemark. Glättsteine (?). Foto: N. Kossmer, Haderslev.

Gewinnung als auch die Verwendung viel Arbeitskraft und ­zeit erforderte, waren vermutlich mehrere Personen damit beschäftigt und diese daher nicht in die übrige alltägliche Arbeit eingebunden.

Normalerweise wird davon ausgegangen, dass in der älteren und jüngeren Bronzezeit Keramik nur für den eigenen Haushalt produziert wurde, wie es auch für die Feuersteinbearbeitung, die Textilherstellung und die Her­stellung von Lebensmitteln der Fall war. Verarbeitung von Bronze hingegen blieb Spezialisten vorbehalten. Vermut­lich war das Handwerk auch mit Ansehen und Status ver­bunden.

Die Webgewichte aus der Kellergrube des ungewöhnlich großen dreischiffigen Langhauses von dem älterbronzezeit­lichen Siedlungsplatz Brdr. Gram (Ethelberg 2000, 232) belegen, dass Textilherstellung nicht irgendwo stattfand, sondern einem Haushalt zugeordnet wurde, der vermutlich auch eine führende soziale Stellung innehatte. Die Töpferei hatte möglicherweise eine ähnliche gesellschaftliche Bedeu­tung.

Keramikherstellung war zeitaufwändig und erforderte Vorbereitung und Arbeitskraft. Vor allem in europäischen Breitengraden war ein überdachter Platz zur Herstellung notwendig, da noch ungebrannte Töpferware sehr witte­

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rungsanfällig ist. Wer stellte also die Töpferware her? Wur­de die Arbeit organisiert? Wurde die Ware verhandelt? Um eine genauere Differenzierung zu erlauben, müsste man die verschiedenen Produktionsverhältnisse der Bronzezeit er­neut untersuchen. Dabei wäre in erster Linie das archäologi­sche Fundmaterial auf spezifische Herstellungsverfahren zu untersuchen.

Die Keramik aus Brunde/Egelund ist mit wenigen Typen vertreten. Es kommen vor: Große Vorratsgefäße mit rau­her Wandung, Kannen mit Henkeln und einfache Schalen oder Schüsseln. Kleinere Tassen, Teller, sogenanntes Tisch­geschirr, scheint es nicht gegeben zu haben. Möglicherwei­se wurde dieses aus Holz hergestellt, so wie es aus späteren Zeiten auch bekannt ist. Die Keramik aus Brunde/Egelund erwies sich als recht homogen. Sowohl das ältere als auch das jüngere Material ist auf den acht Plätzen der Umgebung von ähnlicher Machart.

Die Ausgrabung des Siedlungsplatzes Brunde HAM 2534 wurde besonders intensiv betrieben und sorg­fältig dokumentiert; sie lag über mehrere Jahre in den

Händen des kürzlich verstorbenen Jens Poulsen und Studenten der Universität Aarhus, Moesgård. Dabei wurde eine umfangreiche Abfallschicht am Seeufer fast vollständig untersucht (Poulsen 1999). Diese Kultur­schicht entstand zwischen dem Spätneolithikum und der jüngeren Bronzezeit. Sie ließ sich stratigrafisch aus­werten und bildet so den Ausgangspunkt für eine chro­nologische Zuordnung der Funde. Die Kulturschicht bestand hauptsächlich aus lehmig durchsetztem Sand mit Holzkohle, sehr viel gebranntem Ton, aus Steinen und Keramik sowie Feuersteingeräten und Rohmaterial (Matthes 2005, 165 ff.).

Die unteren Schichten A und B, die in die ältere Bronze­zeit datieren, waren besonders fundreich, ebenso Schicht G der jüngeren Bronzezeit; sie wies sehr viel Keramik auf. In der Regel sind größere Wandscherben erhalten, aber auch Randscherben sind nachgewiesen. Bodenscherben waren nur in geringer Zahl vertreten. Dies lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass die besonders dicken Bodenscherben nicht vollständig gebrannt waren und sich deshalb schnel­ler zersetzt haben. Auf den Plätzen Rise Søndervang und

Abb. 4. Brunde/Egelund, Sønderjylland, Dänemark. Sekundär gebrannte Keramik aus einer Grube des Siedlungsplatzes Brunde. Foto: N. Kossmer, Haderslev.

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Egelund gibt es keine sekundär gebrannte Keramik. Diese findet sich nur in der Kulturschicht und in zwei Gruben auf dem Siedlungsplatz Brunde. Es handelt sich also um eine be­sondere Fundgattung. Sekundär gebranntes Material wurde oft zerstoßen und als Magerung bei der Keramikherstellung

eingesetzt. Dies gilt auch für gebrannten Granit (Abb. 4). Die Kulturschicht enthielt weiteres Material, das sich mög­licherweise mit Keramikherstellung in Verbindung bringen lässt. Hierzu gehören tönerne Fragmente, die vielleicht von Wandungen oder Tonkappen aus Brenngruben stammen.

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Abb. 5. Brunde/Egelund, Sønderjylland, Dänemark. Übersichtsplan Siedlung Brunde. Häuser I und II am ehemaligen Seeufer. Lehmentnahmegruben im Südosten. Grafik: H. P. Jørgensen/J. Andersen, Haderslev.

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Zusammenfassend sprechen also mehrere Umstände für eine Keramikproduktion in Brunde/Egelund: Die Nähe zu Rohstoffen, mehrere Lehmentnahmegruben im Siedlungsbereich sowie Funde, die sich mit dem Herstellungsprozess in Verbindung bringen lassen. Hinzu kommt die ungewöhnliche Lage der beiden Häuser (Haus I und II) von Brunde, die sich unmittel­bar am Seeufer befanden. Sie lagen absolut parallel mit nur einem Meter Abstand zueinander (Abb. 5). Die In­nenaufteilung der beiden Häuser gleicht sich ebenfalls. In Haus I befand sich in einem kleinen Innenraum eine Grube unmittelbar vor dem Eingang, in der gebrannte Steine und Holzkohle lagen. Die Datierung der Häuser gestaltet sich problematisch, da sich die AMS­Datie­rungen unterscheiden (Ethelberg 2000, 220). Das Material aus der Grube datiert in die vorrömische Ei­senzeit, die Probe aus dem Wandgräbchen von Haus II hingegen in die Periode III. Typologisch sind die bei­den Häuser jedoch in die jüngere Bronzezeit einzuord­nen. Daher ist eine Verunreinigung des Probenmateri­als zu vermuten.

Die abgetrennten Räume der beiden Häuser hatten eine

Grundfläche von ca. 10 m2. Kam ihnen eine spezielle Funk­tion zu?

Kann von einer Nutzung als Werkstatt gesprochen wer­den?

Ausblick

Die vorläufigen Ergebnisse sind vielversprechend. Das Projekt Brunde/Egelund ist in den Forschungsplan des Museums Sønderjylland – Arkæologi Haderslev auf­genommen worden. Eine umfassende Untersuchung der Kochsteingruben, der Haustypologie, die Frage der households und der Keramikproduktion bilden den Ausgangspunkt. Um diese Aspekte beleuchten zu können, wurden im September 2011 Mittel bei der dänischen Denkmalbehörde (Kulturarvsstyrelsen) für die naturwissenschaftlichen Untersuchungen von Pro­benmaterial beantragt. Das Forschungsprojekt knüpft geografisch und thematisch an zwei weitere Projekte an, nämlich an das Projekt „Bronzealderens Kultur­landskab“ der Museen in Viborg und Holstebro und „Siedlungen der Bronzezeit“, Akademie der Wissen­schaften und der Literatur Mainz, Arbeitsstelle Schles­wig. Die Vorhaben behandeln unterschiedliche Aspekte der Bronzezeit. Der bisherige fachliche Austausch hat gezeigt, dass die Mitarbeiter der Projekte voneinander profitieren können.

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Adresse der Verfasserin

Lilian MatthesMuseum Sønderjylland – Arkæologi HaderslevDalgade 7DK­ 6100 Haderslevlima@museum­sonderjylland.dk

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