die ornithologen-tagung in leningrad 20.–24. januar 1956

6
[J. Orn. 228 ERWIN STRESEMANN [ 97 Die Ornithologen-Tagung in Leningrad 20.--24. Januar 1956 Bericht yon Erwin Stresemann Das Zoologische Institut der Akademie der Wissenschaften der USSR hatte im Dezember 1955 Einladungen zur Teilnahme an einer dem An- denken MICHAELMENZBIERS geweihten ornitho]ogischen Konferenz versandt. Sie land vom 20.--24. Jan. 1956 in den R~umen der Akademie der Wissen- schaften in Leningrad start. Die Zahl der Ornithologen, die sich zu dieser ersten groBen Zusammen- kunft im Bereich tier Russisehen SSR einfanden, war betr~ichtlich. (Jber 281 Teilnehmer batten sich angemeldet. Hinzu kamen viele andere Zu- hSrer, so dal~ das grebe Auditorium des Akademie-Gebaudes bis auf den letzten Platz geffillt war, al,s der Direktor des Zoologischen Ins~ituts und Museums, Akademiker E. N. PAWLOWSKY, mit einer l~ngeren Ansprache die Tagun~ erSffnete. Unt~r den Erschienenen war ~uch eine Axizahl ausw~r- tiger G~ste, die soitens des Presidiums der Akademie der Wissenschaften eine Einladung zu 12t~gigem Aufenthalt in der USSR erhalten hatten, n~m- lich auBer dem Berichterstatter noch die Herren: Guy MOUNFORT(Hon.Secr. der B. O. U.) und JA~ES FISHER (England), Dr. F. GUDMUNDSSON (Island), Prof. Dr. HAns JOHANSEN (D~nemark), Dr. A. K~w (Ungarn), D. W. ~ERnY nnd Dr. J. HANZAK (Tschechoslowakei), Dr. J. B. SZCZEPKi (Polen) und Dr. J. KOSKIMIES(Finnland). ~)ber 100 Vortr~ige standen auf dem Programm, das den ausliindischen G~ten in englischer Fassung iibergeben wurde. Nur ein Te~il davon konnte in den t'~glichen allgemeinen Sitzungen gehalten werden; die iibrigen wur- den verteilt auf 5 Sektionen: Anatomie und Physiologie, Systematik und Faunistik, 0kologie, Vogelzug, Vogelschutz und wirtschaftliche Bedeutung. An d:iejenigen unter don Aus]~ndern, die des Russischen nicht m~ichtig waren, wnrde ein Auszug aus wichtigen Vortr~gen in deutscher oder eng- lischer Sprache vertoilt. Im iibrigen fanden sie re ichlich Gelegenheit, sich mit ihren Fachgenossen, unter denen viele eine der westlichen Sprachen be- herrschten, in den Wandetg~ngen zu unterhalten. Alle waren sie tier beeindruekt yon der Herzlichkeit, mit der sie willkommen geheiBen, und der aufopferr~den Ffirsorge, womit sie st~ndig umgeben wurden. Auch konnten sie ihren Teil zum Programm beitragen; u. a. sprach Mr. MounT- tORT fiber de~ S~and der Orn~thologie in Englaaa~d, Dr. HANZAKfiber den Stand der tschechischen Vogelkunde, Dr. SZEZEPSXIfiber die T~ti,gkeit der polnischen Ornithologischen Station und Mr. FISHER fiber die Aus- breitung von Fulmarus glacialis. Dieser ffihrte ober~drein oinen pr~ch- tigen, von RoG~.~s PErERSON gedrehten Farbfilm ,,Wild America" vor,

Upload: erwin-stresemann

Post on 10-Aug-2016

214 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

[J. Orn. 228 ERWIN STRESEMANN [ 97

D i e O r n i t h o l o g e n - T a g u n g in Leningrad

20.--24. Januar 1956

Bericht yon Erwin Stresemann

Das Zoologische Institut der Akademie der Wissenschaften der USSR hatte im Dezember 1955 Einladungen zur Teilnahme an einer dem An- denken MICHAEL MENZBIERS geweihten ornitho]ogischen Konferenz versandt. Sie land vom 20.--24. Jan. 1956 in den R~umen der Akademie der Wissen- schaften in Leningrad start.

Die Zahl der Ornithologen, die sich zu dieser ersten groBen Zusammen- kunft im Bereich tier Russisehen SSR einfanden, war betr~ichtlich. (Jber 281 Teilnehmer batten sich angemeldet. Hinzu kamen viele andere Zu- hSrer, so dal~ das grebe Auditorium des Akademie-Gebaudes bis auf den letzten Platz geffillt war, al,s der Direktor des Zoologischen Ins~ituts und Museums, Akademiker E. N. PAWLOWSKY, mit einer l~ngeren Ansprache die Tagun~ erSffnete. Unt~r den Erschienenen war ~uch eine Axizahl ausw~r- tiger G~ste, die soitens des Presidiums der Akademie der Wissenschaften eine Einladung zu 12t~gigem Aufenthalt in der USSR erhalten hatten, n~m- lich auBer dem Berichterstatter noch die Herren: Guy MOUNFORT (Hon.Secr. der B. O. U.) und JA~ES FISHER (England), Dr. F. GUDMUNDSSON (Island), Prof. Dr. HAns JOHANSEN (D~nemark), Dr. A. K~w (Ungarn), D. W. ~ERnY nnd Dr. J. HANZAK (Tschechoslowakei), Dr. J. B. SZCZEPKi (Polen) und Dr. J. KOSKIMIES (Finnland).

~)ber 100 Vortr~ige standen auf dem Programm, das den ausliindischen G~ten in englischer Fassung iibergeben wurde. Nur ein Te~il davon konnte in den t'~glichen allgemeinen Sitzungen gehalten werden; die iibrigen wur- den verteilt auf 5 Sektionen: Anatomie und Physiologie, Systematik und Faunistik, 0kologie, Vogelzug, Vogelschutz und wirtschaftliche Bedeutung. An d:iejenigen unter don Aus]~ndern, die des Russischen nicht m~ichtig waren, wnrde ein Auszug aus wichtigen Vortr~gen in deutscher oder eng- lischer Sprache vertoilt. Im iibrigen fanden sie re ichlich Gelegenheit, sich mit ihren Fachgenossen, unter denen viele eine der westlichen Sprachen be- herrschten, in den Wandetg~ngen zu unterhalten. Alle waren sie tier beeindruekt yon der Herzlichkeit, mit der sie willkommen geheiBen, und der aufopferr~den Ffirsorge, womit sie st~ndig umgeben wurden. Auch konnten sie ihren Teil zum Programm beitragen; u. a. sprach Mr. MounT- tORT fiber de~ S~and der Orn~thologie in Englaaa~d, Dr. HANZAK fiber den Stand der tschechischen Vogelkunde, Dr. SZEZEPSXI fiber die T~ti,gkeit der polnischen Ornithologischen Station und Mr. FISHER fiber die Aus- breitung von Fulmarus glacialis. Dieser ffihrte ober~drein oinen pr~ch- tigen, von RoG~.~s PErERSON gedrehten Farbfilm ,,Wild America" vor,

Heft 2 ] 1956 J Die Ornithologen-Tagung in Leningrad 229

w~hrend ich H~i~z SmLMAN~S Film ,,Zimmerleute des Waldes" zeigte, der aueh hier stark~n Beifall auslSste. Das erlesene Festdiner, 120 Teil- uehmern seitens der Akademie der Wis,sensehaften am Abend des 23.1. im Hotel Astoria geboten, wurde durch viele ernste und heitere Trinksprfiche gewfirzt. Sie galten der Freundschaft der Wissenschaftler fiber alle Grenzen hinweg und der engeren Zusammenarbeit zwischen den Ornithologen der Welt. Auch auf die vo~ allen S~iten e~sehnte ornithologische Faehzeitschrift der Sowjetunierl, die solche Zusammenarbeit sehr erleichtern wfirde, wurde kr~ftig angestoBen.

Am Naehmittag desselben Tages fand eine Ffihrung durch das Zoo- logisehe Institut (worin gege~w~rtig 116 Wissenschaftler t~tig ~ind) und des,sen ornithologische Abteilung s£att. In der unter versehiedenen Ge- sichtspunkten (Systematik, Zoegeographie, Variabilit~it, Evolution, ()ko- l~gie) vorzfiglieh durehgearbeiteten und sehr reiehhaltigen Schausammlung kormte man beriihmte Sehenswfirdigkeiten, wie das pr~iparierte Mammut, 1901 an der Beresowka gefunden, und n~eht nur ein vollst~indiges Ske]ett, sondern aueh ein grol]es Hautstfick von Rhytina stelleri aastaunen. Aueh war dort eine grebe Ausstelluag yon Vogelphotographien und Vogetbildern veranstaltet worden, unter deaen die SchSpfungen der beiden bedeutendsten unter den jetzigen Tierdarstellern der USSR, W. A. WATAGIN und A. N. KOMAROW, gebiihrend bewundert wurden. Durch die ornithologische Ab- teilung, die gegen 150 000, meist aus der USSR stammende Vogelb~lge be- herbergt, und worin nicht nur die h~ufigeren, sondern auch manehe seltene Spezies durch sehr groBe Serien vertreten sind, ffihrten auBer dem Abtei- lungs]eiter, Dr. A. J. IWANOW, noeh Fr~u E. W. KOSLOWA, Prof. L. A. PORTENKO, K. A. JUDIN und Dr. B. SW~.GMA~N. Fiir Kenner bereitgelegt waren einige Rarissima, so 3 Exemplare (1 c~, 2 ~)) von Chaunoproetus ~erreirostris (Kittlitz), der Typus yon Cichlopasser terres~ris (Kittlitz), 3 Exemplare yon Kittlitzia corvina (Kittlitz) (2 a,d., 1 imm.), einem ausgestorbenen, nur in Leningrad vorhandenen Star yon der Karolinen- insel Ualan, und ein Exemplar yon Phalacrocorax perspicillatus Pallas. Wer Spezialuntersuehungen anstellen oder die bedeutende orni- thologische Bibliothek des seit 1832 bestehenden Museums (mit einem Exemplar yon AUDUBONS Tafelwerk "The, Birds of America", 1827--1838) besiehtigen wollte, land dazu am 25. 1. Gelegenheit. Sehr imponiert haben mir nieht nur die zweckm~il~ige und fibersiehtliche Unterbringung der B~lge, sondern auch die vorbildlieh geffihrten Karteien der Hauptbibliothek, in der 5 Sekret~rinnen st~indi:g besehKftigt sind.

Das Presidium der Akademie der Wis,serLschaften hatte daffir gesorgt, dab seine G~ste auch mit anderen Sehenswfirdigkeiten des schSnen Lenin- grad bekannt wurden. Unter sachl~undiger Ffihrung besuehten sie das

E~wIN STRESEMANN [ [J" Orno 23O 97

Winterpalais und machten einen Gang durch die Ermitage, wo man sich nicht nur an den berfihmten Bildern eines Leonardo da Vinci, eines Rem- brandt, van Dyk und Rubens entziicken, sondern auch die Schatzkammer b~sehen konnte, voll erstaunlichen Goldschmucks aus siidrussischen Sky- thengriibern. Viermal wurden wir abends ins Ballett geffihrt, das hier auf einmaliger HShe steht.

Bisher war Tauwetter gowesen. Am Nachmittag des 25.1. fiel das Thermometer rasch, und als wir um Mitternacht den ExpreBzug ,,Roter Pfeil" nach Moskau bestiegen, war es auf - - 1 5 ° C gesunken. Von da an wurde es in Moskau t~glich k£1ter. Am Morgen des 31. 1. herrschten --38 ° C, was s~Ibst dort nur selt~n vorkommt.

Wir wurden in dem komfoTtablen Hotel Leningrad untergebracht, eineln 20 Stockwerke hohen Neubau, und zun£chst zur Lomonossow-Universit~it gefahren. Das ist ein riesenh,after, 1949--1953 am Rande der Stadt errichteter Block. Er ist ~ im Mittelteil 32 Stockwerke hoch und ent- h£1t 148 HSrs~le sowie 5754 Wohnr£ume fiir Studenten, die daffir eine Monatsmiete von 35 Rubel bezahlen, einschliel31ich Beleuchtung, Telefon und W~sche. Von den fiber 20 000 Studenten dieser Universit£t erhalten 96 °/0 ein Stipendium. Auch gibt es in diesem GeMiude 200 Wohnungen ffir Professoren. Hier befir~det sich die gcographische Fakultiit mit Lehr- stfihlen fiir Biogeographie. Das Fach Zoogeographie vertreteri dort ,die Professoren W. LARm~OW (Physiologie) and N. A. GLADKOW (Wirbeltiere). Uns fesse]te vor allem der Raum, der die Lehrsammlung ffir S£ugetiere und VSgel der USSR enthielt. Sie nahm viele ger~umige: Regale ein, darin in groBen Schachteln Balgserien der wichtigeren Spezies lageR, die geo- graphische Variation und (bei VSgeln) den Gefiederzyklus und die onto- genetisehe Entwicldung demonstrierend. Eine so seltene Spezies wie Mergus squamatus war dutch 1 ~ , 3 ~ und 1 Dunenjunges vertreten. Viele kleine Schachteln mit Glas,deckeln enthalten Vogelnester, darin das zugehSrige Gelege, oder Dunenjunge - - alles ganz genau mit Fundort und Datum etikettiert. Diese bedeutende Sammlung ist erst, vor allem durch Prof. LAam~ow, seit 1950 mit erheblichen Kosten aufgebaut wozden. 30 Biologie-Studenten aller Jahrg~nge studieren gegenwRrtig an der Mo,skauer Universit£t Zoogeographie im Hauptfach. Andere spezialisieren sich (vor allem in Leningrad) frfihzeitig fiir eine bestimmte Gruppe des Tiereichs und bilden den Systema¢iker-Naehwuchs. Beispiels- weise hiiren kiinftige Wirbeltier-Spezialisten neben den' biologischen Vor- lesungen nur im 1. und 2. Jahr auch noch solche fiber Chemie und Physik. Von da :au widmen s.ie sich vorzugsweise der Biologie und vor allem dem Studium ihres Sondergebietes. Schon vom 2. Studienjahr an wird ihnen Gelegenheit geboten, an Expeditionen teilzunehmen und sich unter erfah-

Heft21 1956 ] Die Ornithologen-Tagung in Leningrad 231

rener, Anleitung ira Sammeln und Pr~iparieren zu iiben. Auf 5 Studien- jahre fotgen 3 Jahre Aspiranmr, endend mit der Kandidaten-Dissertatio~. Um den Grad eines Doktors mit zoologischem Thema zu erwerben, muB der Kan~c~dat anschlieBend an se,iner Universit~t oder auch am Zoologischen In stitut oder Museum der Akademie der Wissenschaften in Leningrad eine Disser~atior~ ausarbeiten, mit deren Gegenst:aad er sich mehrere Jahre be- sch~f~igt.

Am Nazhmittag besuchte~ wir die grol]en Sehenswiirdigkeiten des Kreml und gliederten uns in die lange Reihe ein, die sich dutch das Mausoleum bewegte.

Folgenden Tages, 27.1., fand, unter Fiihrung des Dekans und der Pro- fessoren TuRow, DEMENTIEW, GLADKOW und LARIONOW ein Bes~uch des dicht nebau dem Hauptgeb~ude der Universit~t gelegenen Baues der Biologischen Fakult~t statt. Dies ist ein gewaltiger, 1950--1953 errichteter und sehr groI]ziigig gestalteter Komplex, mit Abteilungen fiir Zoologie, Botanik, Biochemie, Biophysik, Physiologie, Anthropologie und Bodenforschung. Ein langer Flur mit Laboratorien und HSrs~ilen ist der Abteilung ,,Zoologie der Wirbeltiere" einger~umt. Am 28.1. hielt ich dort in einem dicht besetzten HSrsaal einen yon Prof. DEI~IENTIEW verdolmetschten Vortrag, der dem Vergleich zwischen den derzeitigen ornithologischen Arbeitsr~eh- tungen in der USSR und Deutschland galt, und zeigte anschliel]end W. SIELr~ANNS Spechtfilm.

Am 29.1. (Sonntag) war uns Gelegenhei~ geboten, die ber/ihmte Tretia- kow-Galerie, eine Sammlung v¢>n Gem~lden russischer Meister, und an- schlieBead das 1905 gegr/indete, in der Frauenhochschule untergebrachte Darwin-Museum zu besichtigen. Von seinem hochverdienten Sch5pfer, dem jetzt 76j/ihr~gen Prof. A. Th. KoIrrs gefiihrt, hatte ich schon am 18.1. alert viele Stunden verbracht. Die der Veranschanlichung yon Gr~ndlagen des Darwinismus dier~ende Schausammlung enth~ilt Kostbarkeiten, ist aber klein. Eine erstaunliche Fiille ausgestopfter VSgel und S/iugetiere dagegen f/illt in drangvoll ffirchterlicher Enge die Magazine des oberen Stoekwerks. Uber 50 Jahre lang, bis 1917 als Privatmann, hat Prof. KOHTS mit tier Beharrliehkeit des Enthusiasten und dem Spfirsinn des Kenners Beispiele aus diesen beiden Tierklassen gesammelt, die sich zur Erl~uterung yon Faktoren der Artbildung (individuelle Variation, geographische Variation, Erbgang) gut eignen. Die meisten dieser Objekte, selbst die gro0en S~ugetiere, s~ind in yeller Naturtre~e aufge,stellt; sehr viele davon pr~ipa- rierte die Meisterhand des Moskauer Dermoplastikers THEODOR LORENZ (j" 1909). Unvergleichlich reich ist dieses Museum an Aberrationen und Bastarden yon V5ge]n, besonders Waldhfihnern (10 (~ c~, 1 2 yon Layo- pus X Lyrurus; als verbl/iffendste Sensation e~n hennenfedriger Auerhahn!).

ERWIN STRESEMANN [ [J" Orn. 232 97

Die der Bergmannschen Regel folgende GrSBenvariation von Fuchs und Wolf wird hier durch lunge Re,hen montierter Tiere sinnen- f~llig demo~striert; hSchst wertvoll auch die Sammlung von Zuchtrassen tier Taube, des Huhnes, der Katze, des Hundes trod die Equiden-Sammlung. An den W~nden dr~ngen sich prachtvolle Tierbilder yon WATAGIN und KOMAROW. Die Bibliothek enth~It die meisten Prachtwerke des vorigea Jahrhunderts, darunter fast alle LE- VAILLANTS, alle GOULDS, sogar AUDUBONS kostbares Tafelwerk in Double Elephant Folio, vieles davou aus dem NachlaB eines begfiterten Bibliophilen namens CHozv~IAKow. Um die Ftille d~eser Sch/itze wtirdig ausbreiten zu kSnnen, ist der Bau eines Darwin-Museums geplaut, mit idessen Fertig- stellung im Darwin-Jahr 1959 gerechnet wird. Die Plane fiir die Einrich- tung hat Prof KOHTS schon bis in alle Einze]heiten entworfen.

Den Nachmittag des 18. 1. und den Vormittag des 29. 1. verbrachte ich im Zoolog~schen Museum der Moskauer Universit~t. 1791 gegrtindet, in der 1. H/flfte des 19. Jahrhundevts yon GOTTHELF FISCHEg YON WALDH~I~ geleitet, hat d~ies~s Museum als eines der beiden Zentreu zoologischer Er- forschung des russischea Reiches eine hohe Bedeumng erlangt. Aus ihm sindin letzter Zeit zwei grol]e Standardwerke hervorgegangeu :,,Die S~ugetiere der UdSSR" von OG~EW, 7 B~inde (1928 bis 1950), uu, d das von DE~NTIEW und GLADKOW re digierte sechsb/ind,ige Werk ,,Die VSgel der Sowjet-Union" (1951--1954). Die Vogel abte~lung enth~It gegen 80 000 Vogelb~lge, meist aus der USSR. Sehr bed~aten~d uad vorzfiglich georduet und inventarisiert ist auch die S~ugetiersammlung. Dank der lieben swtirdigen Fiihrung durcb den vielseitig bewanderten Museumsdirektor, Prof. S. S. TuRow, urLd die Herren D~E~TIEW ~r~d HEPTNER sowie mit freundlicher Hilfe, vou A. M. SUDILOWSKAJA wurde ~ch in kurzer Zeit mit vielen Seltenhe~ten dieses Museums bekannt, die meine Tauschwfinsche kr/iftig n~hrten.

Fiir den Systematiker von Wichtigkeit sind neben den Sammlungen der Museen von Leningrad und Moskau auch einige Privatkollektionen. Be- deutend ist c~iejenige von Prof. PORTENKO, der durch seine zahlreichen Reisen in verschiedene Teile des Landes bekannt wurde. Besonders frucht- bringer~d wareu seine Expeditionen und Uberwinterungen in Nordost- Sibirien und auf der Wrangetinsel. Von hohem Interesse ist auch die Privatsammlung von Prof. D ~ N r i n w , lunge R~ihen von GroBf, alken aus der gaa~zen P al~arktis enthaltend. H~er duffte ich reich davon tiberzeugen, dab Falco altaicus (in allen F~rbuugen reich vertreten) ein Bindeglied zwi- schen der cherrug- und der rusticolus-Gruppe bildet und dab alle drei ,,Arten" einem ,,Formenkreis" zugehSren, so wie das schon KLEINSCHMIDT an,genommen butte. Jeder ,dieser beiden Herren hat obendrein eine grol]e ornithologische Bibliothek. In der an alten und neaen Aeeipitraria sehr

Heft 2] 1955 J Die Ornithologen-Tagung in Leningrad 233

reichhaJtigen Bticherei yon Prof. DEMENTIEW fehlt sogar der Trait~ de Fau- connerie von SC~LEG~.L und WULVERHOaST nicht. Eine wertvolle Sammlung pal~/ark~ischer Vogeleier besitzen Prof. A. P. KUSIAKL~ in Moskau und Doz. E. P. SPANGENBERG.

Fast verwirrt v o n d e r gedr~ngten Ftille wichtiger Erfahrungen nahm ich am friihem Morgen des 31.1. auf dera Wnukower Flugplatz Abschie& von meinen FreunderL DEMENTIEW und PORTENKO, mehr als je davon iiberzeugt, dab der im Dunke~n tappt, der sich mit der geographischen Variation, Ver- breitung und Lebensweise ost-pal~arktischer V5gel besch/tftigt, ohne sich dartiber in den Museen yon Leningrad und Moskau durch Augenschein unterrichte~ oder die russische Literatur herungezogen zu haben. Oben- drein ist je.dem yon uns ausl~ndischen G~steu bewul]t geworden, dal] die ornithologische Forsehung in der USSR auf vie]en Gebieten, so dam der biologischen Anatomie, der Okologie, der Zugforschung und der historischen Zoogeographie einen hohen Stand erreicht hat und zum Teil andere Grund- fragen bearbeitet als wir. Dringend zu wiinschen ist daher die Intensi- vie~ung der Zusammenarbeit, die eingeleitet zu haben einer der groBen Erfolge dieses denkwiirdigen Kongresses gewesen ist.

15'