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(Aus der Deutschen Forschungsanstalt fiir Psychiatrie [Kaiser Wilhelm-Institut] Miinchen.) Die geweblichen Veriinderungen bei der experimentellen Gehirnembolie. Von G. Bodechtel Miinchen) und G. Miiller (Sonnenstein). Mit 21 Textabbildungen. (Eingegangen am 25. Oktober 1929.) Die vorliegenden Untersuchungen wurden angeregt durch die Arbeit Hoches aus dem Jahre 1899 (Experimentelle Beitr~ge zur Pathologie des Riickenmarks), die sich vor allem mit dem Problem der Entzfindung im Zusammenhang mit KreislaufstSrungen besehaftigt. Hoche wollte da- mals auch die Verteilung der Emboli im ganzen Centralnervensystem studieren, hat aber wegen zu grol~er Tierverluste sich veranlaBt ge- sehen, das Gehirn zu schonen. Er wi~hlte deshalb den Weg fiber die Aorta und liel~ nach den Beispielen von Vulpian und Lamy durch ent- sprechende Versuchsanordnung die LycopodiumkSrner mittels Katheter via aorta zu den Rfickenmarksgef~l~en gelangen. Auf eine Analyse der Veri~nderungen gerade der Ganglienzellen im Nisslbilde hat er ver- zichtet. Unseren Versuchen, die sich nur mit der Hirnrinde beschaf- tigen, liegen andere Fragen zugrunde. Wir haben durch Freilegung der Carotis eommunis und nachfolgender Injektion Embolusmaterial (Lyco- podium, Maisstarke, Fett, Luft) in das Gehirn geschickt, um die dort auftretenden Veranderungen ihrer Quantitat, Qualititt und ihrem zeitlichen Reaktionsverlauf nach zu studieren. Lhermitte und Schd/er haben vor li~ngerer Zeit gleichfalls mit Lyeopodium experimentiert. Ihnen kam es vor allen Dingen darauf an, Unterschiede zwischen aseptischer und infektiSser Embolie zu erkennen, und sie haben sich vor allem mit der damals (1910) viel umstrittenen Frage der gli6sen oder mesodermalen Natur der FettkSrnehenzellen in diesen Zusammenhi~ngen abgegeben. Wir sind uns dariiber klar, dal~ dieser kleine experimentelle Beitrag nur einen besehrank$en- Wert fiir die Pathologie "der Kreislaufst6rungen haben kann, weil man mit Versuchsbedingungen arbeitet, die praktisch in

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(Aus der Deutschen Forschungsanstalt fiir Psychiatrie [Kaiser Wilhelm-Institut] Miinchen.)

Die geweblichen Veriinderungen bei der experimentellen Gehirnembolie.

Von G. Bodechtel Miinchen) und G. Miiller (Sonnenstein).

Mit 21 Textabbildungen.

(Eingegangen am 25. Oktober 1929.)

Die vorliegenden Untersuchungen wurden angeregt durch die Arbeit Hoches aus dem Jahre 1899 (Experimentelle Beitr~ge zur Pathologie des Riickenmarks), die sich vor allem mit dem Problem der Entzfindung im Zusammenhang mit KreislaufstSrungen besehaftigt. Hoche wollte da- mals auch die Verteilung der Emboli im ganzen Centralnervensystem studieren, hat aber wegen zu grol~er Tierverluste sich veranlaBt ge- sehen, das Gehirn zu schonen. Er wi~hlte deshalb den Weg fiber die Aorta und liel~ nach den Beispielen von Vulpian und Lamy durch ent- sprechende Versuchsanordnung die LycopodiumkSrner mittels Katheter via aorta zu den Rfickenmarksgef~l~en gelangen. Auf eine Analyse der Veri~nderungen gerade der Ganglienzellen im Nisslbilde hat er ver- zichtet. Unseren Versuchen, die sich nur mit der Hirnrinde beschaf- tigen, liegen andere Fragen zugrunde. Wir haben durch Freilegung der Carotis eommunis und nachfolgender Injektion Embolusmaterial (Lyco- podium, Maisstarke, Fett, Luft) in das Gehirn geschickt, um die dort auftretenden Veranderungen ihrer Quantitat, Qualititt und ihrem zeitlichen Reaktionsverlauf nach zu studieren. Lhermitte und Schd/er haben vor li~ngerer Zeit gleichfalls mit Lyeopodium experimentiert. Ihnen kam es vor allen Dingen darauf an, Unterschiede zwischen aseptischer und infektiSser Embolie zu erkennen, und sie haben sich vor allem mit der damals (1910) viel umstrittenen Frage der gli6sen oder mesodermalen Natur der FettkSrnehenzellen in diesen Zusammenhi~ngen abgegeben.

Wir sind uns dariiber klar, dal~ dieser kleine experimentelle Beitrag nur einen besehrank$en- Wert fiir die Pathologie "der Kreislaufst6rungen haben kann, weil man mit Versuchsbedingungen arbeitet, die praktisch in

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der mensehlichen Pathologie nicht vorkommen. Wir wollen ja aueh weniger dem Physiologisch-funktionellen nachgehen, als vielmehr nach morphologischen Gesiehtspunkten der Pathogenese solcher Kreislauf- st6rungen naher kommen. Unser Hauptaugenmerk richter sich dabei auf die qualitativen Ver~nderungen an den Zellen und am Stfitzgewebe, und es wird gerade fiir kfinftige Tierexperimente von Wert sein, sich die Ver~nderungen, die besonders die Nervenzellen erfahren, an einem eindeutigen Experiment, wie es diese Art yon KreislaufstSrung durch artifizielle Embolie darstellt, klarzumachen. Gerade wenn man die Sch~digung resp. den Erfolg der CirculationsstSrung in gewissen Zeit- abst~nden untersucht, wird man den Zerfallsprozel~, die Zellerkrankung im engeren Sinne, in seinen verschiedenen Phasen studieren kSnnen. Die besondere Berficksichtigung der zeitlichen Verh~tltnisse ist f fir die Hirn- pathologie und auch ffir das Tierexperiment von gr61~ter Bedeutung; denn gar zu oft werden von manehen Forsehern morphologische Ver- ~nderungen ffir klinische Erscheinungen verantwortlich gemaeht, die zeitlich gar nicht zusammengeh6ren kSnnen. Es sei nur in diesem Zu- sammenhang auf das 1]bersch~tzen von frischeren Blutungen bei klinisch alteren Daten hingewiesen und umgekehrt auf das Heranziehen von Fettbefunden, z. B. von perivascul~ren Fettk6rnchenzellen, bei ganz frischen, hSchstens Stunden zurfickliegenden Sch~digungen.

An Hand eines reichen Materials von cerebralen Sch~tdigungen aller mSglichen Art hat kfirzlieh einer von uns (G. Miiller) im hiesigen In- stitut fiber die zeitlichen Verh~ltnisse bei Sch~tdigungen und die diese begleitenden Reaktionsformen des Gewebes eine umfassende kritisehe Darstellung gegeben, und die vorliegende, kleinere, experimentelle Arbeit soll einen weiteren Beitrag zu diesen Fragen bringen.

Man hat schon frfiher durch Einwirkung yon Giften usw. im Tier- experiment versucht, sich Einblick in den zeitlichen Ablauf der Reak- tionen zu verschaffen, wenn man dabei auch nur im wesentlichen glaubte, specifische Zellreaktionen ffir bestimmte Sch~tdigungen heraus- zufinden. Aber leider sah man sich entt~uscht. Bei der Einwirkung yon Giften sind die patho-physiologischen Vorggnge, die zu dem Ge- websschaden ffihren, nicht so eindeutig; denn wie ein Gift wirkt, ob es die Zelle direkt oder auf dem Umweg der CirculationsstSrung schadigt, ist noch sehr unklar. Es eignen sich deshalb die eindeutigen Kreislauf- stSrungen, wie sie durch Embolien verursacht werden, viel besser, um sieh die Pathogenese von Zellveranderungen und yon Reaktions- formen der Glia und des Mesoderms klarzumachen.

Abgesehen yon Gef~l~verschlfissen, die beim Menschen meist hervor- gerufen werden dureh Embolien vom Endoeard aus und die nur selten als blande Embolien gelten k6nnen und auger der CirculationsstSrung noeh entzfindliche Reaktionen hervorrufen, haben die verh~ltnism~13ig

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seltenen F~lle von Luft- und Fettembolien zur Demonstration yon Kreis- laufschi~digungen in der Histologie des Nervensystems viel Niitzliches beigetragen. In neuerer Zeit waren es besonders die Arbeiten yon Neu- biirger, Weimann und G. Miiller, die an Hand der moderneren histo- logischen Technik die Pathogenese dieser Hirnschi~digung klarzulegen versuchten. Vor ihnen hat Spielmeyer Befunde an Allen erhoben, denen yon Brauer und Weber Luft in die Carotis injiziert worden war; dabei zeigten sich 4 Tage nach der Injektion kleine Lichtungen in der Hirn- rinde und protoplasmatische Gliawueherungen. Bei anderen Versuchs- tieren sah man nach 15 Stunden die ersten Zeichen des Zelluntergangs und zwar in Form der ,,isch~mischen" Zellver~nderung mit Inkrusta- tionen der Golginetze. Wenn die Tiere l~nger lebten und sie in der 3. oder 4. Woche nach der Injektion zur Untersuchung kamen, war an Stelle der untergegangenen Zellen gewucherte Glia getreten und die Herde waren geschrumpft, es waren also Bilder entstanden, wie sie bei der Arterioselerose der kleinen Rindengefi~Be beobachtet werden. Die histopathologischen Untersuchungen Spielmeyers sind unseres Wissens die einzigen, die sich mit der Wirkung von experimentell erzeugten Embolien am Tiergehirn besch~ftigen. Wir sahen, dab sich unsere Untersuchungen bei der Luftinjektion fast vollkommen mit denen Spielmeyers deeken, hat ten allerdings darauf verzichtet, sowohl bei der Fett- wie bei der Luftembolie noch weitere Experimente zu machen, da wir der Meinung sind, dab sie im wesentlichen die gleichen Ver- hi~ltnisse wie bei der Lycopodiuminjektion bieten.

Die KorngrSBe der Emboli wird natfirlieh eine Rolle spielen und zu Unterschieden im morphologischen Bilde ffihren. Denn wenn man an Stelle des LycopodiumkSrnchens ein Hirsekorn in die Carotis bringt, so wird das letztere viel frfiher stecken bleiben und also einen grSBeren Be- zirk sch~digen. Unseres Erachtens zeigen sich nur grSBere Unterschiede, wenn jeweils Emboli von ganz groBer oder ganz kleiner Korngr5Be ver- wendet werden. Hinsiehtlich der Gef~Bverschlfisse dureh groBkalibrige Emboli kSnnen wir uns an unsere Erfahrungen bei Carotisunterbindungen resp. bei Thrombose der Arteria cerebri media halten (vgl. die Arbeit von G. Miiller), die uns gelehrt haben, dab keineswegs eine einheitliche Ver~nderung in dem peripher vom Gef~BverschluB liegenden Gebiet zu beobachten ist - - nattirlich muB dabei das Verhalten der Randbezirke, ffir deren Besser-Erhaltensein der Collateralkreislauf garantiert, be- riicksiehtigt werden. Wir sehen in einem einheitlich versorgten Rinden- gebiet z. B. in der Regio centralis anterior, deren s~mtliche Gefi~Be ja bei einer Carotisunterbindung ausgeschaltet werden, keinesfalls eine gleichstarke Erkrankung oder einen gleichstarken Ausfall der Nerven- elemente und der Glia, sondern bald ist da, bald dort eine Insel yon Zellen besser erhalten, die nicht etwa bestimmten Schichten angehSren,

Die gewebliehen Ver~nderungen bei der experimentellen Gehirnembolie. 767

sondern die wahllos fiber die Breite des Rindenbandes verteilt sind, ohne daI~ wir diese Auswahl freilich befriedigend erkl~ren kSnnen. Wenn wir kurz unseren Ergebnissen vorgreifen, so sind die Bilder, die wir bei der Lycopodiumembolie am H u n d gesehen haben, diesen Bildern bei der Carot isunterbindung beim Menschen sehr ~hnlich. Natfirlich mfissen wir, wenn wir experimentell vorgehen, bei der Beurtei lung der Gr5•e eines Ausfalls in erster Linie die Zeit berficksichtigen, die das Versuchstier, gerechnet vom Einsetzen der Sch~digung an bis zu seinem Tode, noch gelebt hat. Wir haben absichtlich, wie aus den sp~teren Untersuchungsprotokollen, ersichtlich ist, eine verschieden lange Zeit verstreichen lassen, bis wir die Tiere tSteten, soweit nicht, wie in manchen Fallen, die Tiere spontau eingegangen sind.

Hoche hat seinerzeit gerade die KorngrSBe der Embolie eingehend bei seinen Experimenten beriieksichtigt, und wir haben seinen Erfahrungen nichts weiter hinzuzuftigen. Er gibt in seiner Arbeit auch eine genaue Zusammenstellung der MaBe. Das von uns verwendete Lycopodium hat einen durchschnittlichen Dureh- ~nesser von 0,032--0,035 mm und die Maisstarke von 0,01--0,015 mm. Bei der letzteren muB die grSl]ere Elastizit~tt der St~rkekSrner beriicksichtigt werden, und wie wir spater sehen wer:len, ist die Wirkung der Maisstarkeemboli, soweit wir das an diesem einzigen Fall beurteilen kSnnen, lange nicht so intensiv als die des Lycopodiums.

Es ist nieht gut mSglich immer gleiche Mengen zu spritzen, wenn man nieht vorzieht, die jeweiligen Mengen genau abzuwiegen, worauf wir verzichteten, denn es daft nattirlich nicht vergessen werden, daB wir eine Aufschwemmung der KSrnehen in physiologischer KochsalzlSsung vor uns haben, die eine gleichm~Bige Fiillung der Spritze unmSglich macht. Wir haben deshalb nur ganz grob dosiert. Das bei der histologisehen Untersuchung sieh findende Bild h~ngt yon der Diehte der Emboli resp. vonder Menge der injizierten LyeopodiumkSrner ab, aber es sind nur rein quantitative Untersehiede. Wenn man in die Carotis communis spritzt, ist es mSglich, dab ein groBer Teil des Embolusmaterials den Weg in die peri- pheren Aste der Carotis externa nimmt. Wit haben fast stets diesen Weg benutzt, also in die Carotis communis, nicht in die Interna injiziert und dies war vielleicht in einzelnen Fallen besser, da so nieht das ganze injizierte Embolusmaterial in das Gehirn fahren konnte, sondern auch in das Gebiet der Carotis externa, was fiir die Tiere eine wesentliche Sehonung bedeutete.

Wenn wir versuchen wollten, die Verteilung der Emboli zu stu- dieren, dann mfiI~ten wir immer eine genaue und grfindliche Unter- suchung der Gef~l~versorgung des Gehirns, besonders des Circulus arteriosus Willisii vornehmen. Wir wissen yon Carot isunterbindungen beim Hunde her, da{~ der Collateralkreislauf beim Hunde bedeutend besser ausgebildet ist als beim Menschen. Wir konnten nur feststellen, daI~ bei einseitiger In jekt ion die Emboli auch in die Gef~Be der anderen Hirnh~lfte gelangen kSnnen, und es war uns lediglich nach den histologi- schen Prapara ten beim Vergleich beider Hirnh~lften oft nicht mehr mSg- lich zu sagen, in welche Carotis injiziert wurde. Es fiel uns aulterdem auf, dab gelegentlich die Emboli sehr weit caudal, also in d.as Gef~I~gebiet der Arteria basilaris verschleppt wurden. Hier mul~ natfirlich der Druck

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beriicksichtigt werden, mit dem die Injektion gemacht wird; auger- dem ist es mSglieh, dab bei langsamer Injektion, dureh die Verstopfung yon Capillaren an der Peripherie der Carotis interna dureh die ersten LyeopodiumkSrnchen eine I/iiekstauung stattfindet, die die folgenden Emboli auf dem Weg der kommunizierenden Arterien in die Gef~tBe des Kleinhirns und der Medulla treibt. Wit wollen hier nieht den Ver- teilungsmodus studieren, dazu sind unseres Eraehtens die Verh/iltnisse beim Hund wegen der starken Variation des Collateralkreislaufs zu kompliziert.

Eine wesentliche Frage ist, ob die Parertchymver/mderung sieh als eine direkte Folge der Gef~13verstopfung darstellt oder ob nieht sekund~tr dureh die Injektion yon Embolusmaterial shoekartig eine Circulations- st6rung im Sinne von Spasmen oder Stasen hervorgerufen wird. Naeh unseren Untersuehungsbefunden lal~t sieh jedenfalls bei jedem giinstig gelegenen Ausfall in dem dazugeh6rigen GefaBnetz die Verlegung dureh Emboli naehweisen. Wir haben zu diesem Zweek eigens eine serien- weise Bearbeitung bestimmter B16eke durehgeffihrt. Ffir die Luftembolie ist die Frage insofern schwieriger zu 16sen, weft wir die Luft am histolo- gisehen Praparat nieht naehweisen kSnnen, und es ist deshalb sehr ver- sti~ndlieh, dab Neubiirger den Gedanken erw~tgt, ob nieht dureh die Anwesenheit yon Luft im Kreislauf GefiiBspasmen resp. Stasen aus- gelSst werden, die zu den gezeigten Ver~,nderungen ffihren. Magnus und Jacobi konnten fibrigens bioptiseh verfolgen, wie bei 5rtlieh er- zeugten Embolien peripher yon der Verstopfung des GefgBes ein aus- gesproehener Angiospasmus auftrat. Wenn es uns auch gelungen ist ffir jeden Herd in der g inde einen Lyeopodiumembolus nachzuweisen, so mSchten wir unsererseits die M6gliehkeit von GefiiBspasmen, die der Injektion yon Embolusmaterial folgen und dureh den meehanisehen Reiz recht wahrseheinlieh sind, often lassen. Bei den Tieren, die pl6tzlieh zum Exitus kamen, muB man immer an einen allgemeinen Shock denken, der sieher yon CireulationsstSrungen begleitet ist.

Durch die Untersuehungen P/ei/ers fiber die Angioarehitektonik der Hirnrinde wurde vom morphologisehen Standpunkte aus eine seharfe Krit ik des Begriffs der Endarterie Cohnheims gefibt, ja sogar bewiesen, dab das Capillarnetz des GroBhirns, wenigstens bei der Katze ein Kon- tinuum darstellt, so dab grobgesproehen ein rotes Blutk6rperehen bei- spielshalber auf dem Weg der Capillaren yore Frontalpol zum Oeeipital- pol gelangen k6nnte. Es fragt sieh nut, ob bei normaler Circulation im Gehirn diese Capillaren alle funktionieren. Die Methcde, mit der P/ei/er vorgeht - - yon der allerdings in der 1. Publikation nur andeutungsweise gesprochen wird - - beruht darauf, dab man den Tieren solange einen Farbstoff in die Blutbahn injiziert, bis sie erstieken. Man mug dabei nur im Auge behalten, dab der Kreislauf dann auch nieht mehr unter

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physiologischen Bedingungen arbeitet und es vielleicht zu einer peri- pheren Gef~Berweiterung kommt, die Capillarstrecken der Hirnrinde sich mit Blur ffillen l~gt, die nicht immer an der normalen Circulation beteiligt sind. Wissen wit denn, ob abgesehen yon der Circulations- beschleunigung immer nur die Erweiterung des einzelnen Gef~6rohres es ist, die bei der st~rkeren Beanspruchung, d. h. Arbeitsleistung eines Organs die nStige st~rkere Durchstr6mung mit Blut ermSglicht, oder ob dabei nicht Capillarstrecken die sonst ,,lecrlaufen" mit herangezogcn werden ? P/ei/er hat zwar recht, wenn er nach seinen morphologischen Untersuchungen den sehr ,,bequemen" Begriff der Cohnheimschen End- arterie angreift. ,,Funktionell" wird e r a b e r als Arbeitshypothese so- lange Geltung haben, solange wir uns fiber die patho-physiologischen Vorg~nge bei Gef~gverlegungen, sei es durch Thrombose oder Embolie oder durch rein nerv6s bedingte Gef~6spasmen oder Stasen mit allen Folgeerscheinungen der Erbleichung und Erweichung, keine besseren Vorstcllungen machen k6nnen. Die P/ei/erschen Beobachtungen gaben uns vielerlei Anregungen in dieser Richtung, gerade auch der Nachweis der Arterien-Venenanastomosen. Leider konnten wir entsprechende angioarchitektonische Paralleluntersuchungen am Hundegehirn nicht durchfiihren, weil uns die Technik P/ei/ers noch nicht zug~nglich war, abet es w~re zu wiinsehen, dag Vergleichsstudien zwischen artifiziell gesetzten Embolien und Angioarchitektonik an derselben Species ge- macht wfirden, es wfirde uns dabci Vieles klarer werden, was zum Problem ,,Endarterie" geh6rt.

In den folgenden Untersuchungsprotokollen haben wir die Tiere in der geihen- folge geordnet, wie lange sie den Eingriff iiberdauerten. Wit erlebten unter anderem auch einen Narkosetod, bei dem allerdings das Gehirn, wie vorauszusehen war, keine Ver~nderung zeigte.

Wir sind im allgemeinen so vorgegangen, dab wir den Tieren auf 1 kg K6rper- gewicht 1 ccm 2proz. MorphiumlSsung gaben, oder sie vorher rail Avertin rectal narkotisierten (0,4 g auf 1 kg). Wenn die Morphiumdosis und das Avertin nicht ausreichten, bekamen die Hunde noch geringe Mengen _~ther. Wir beobachteten fast in allen F~llen eine postoperative Parese der beiden Hinterbeine, die abet meist am n~ichsten Tag wieder vortiberging. (Siehe Haberland, Operative Technik des Tierexperiments. Julius Springer 1926).

Es ist wohl iiberflfissig zu bemerken, da$ wit bei der Vornahme der Injektion darauf bedacht waren, v611ig steril zu arbeiten, um bacterielle Verunreinigungen zu vermeiden. Die LycopodiumkOrner wurden durch Aufkochen steril gemacht und die Maisst~rke nach den Angaben yon Hoche in Alkohol ausgeschiittelt, um st~rkeres Quellen der St~rkek6rner zu vermeiden. Nach einem Hautschnitt entlang dem medialen Ran@ des Musculus sternocleidomastoideus gingen Wir stumpf pr~parierend in die Tiefe, die h~ufig prall geffillten Venen auf die Seite schiebend, isolierten dann stumpf die Carotis, indem wir sie vorsichtig vom Vagus 16sten, arretierten das Gefiig mit Hilfe eines gebogenen Hi~kchens, und injizierten mittels Spritze eine Aufschwemmung der LyeopodiumkSrnchen in 2 ecm Koch- salz, allerdings mit einer ziemlich starken Kanfile. Die Injektion erfolgte m6glichst langsam und unter Vermeidung st/~rkeren Druckes. Beim Herausziehen der Kanfile

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aus dem GefaB entwickelte sich h~ufig ein kleines H~matom in die Gef~Bscheide, aber die Blutung stand meistens sehr bald, und wir fiberzeugten uns durch nach- trhgliche Palpation des peripher v o n d e r Injektionsstelle gelegenen Gef/~13rohres, da$ das Gef/~B wieder pulsierte, also durchg/~ngig war. Eine postoperative Blutung haben wir nicht erlebt. Bei den Sektionen fanden wir auch nie eine Thrombose der Carotis an der Injektionsstelle. Wie aus den Untersuchungsprotokollen er- sichtlich, iiberlebten die Hunde den Eingriff um Stunden resp. um Tage. Wenn die Hun@ nicht spontan eingingen, haben wir sie dutch intravenSse Injektion yon CyankalilSsung, die fast augenblicklich zum Tode fiihrt, get6tet. Eine intra- venSse Blaus/~ureinjektion macht ja, wie wir schon seit Nissl wissen, am Nerven- system keine Ver/~nderungen, da sie fast augenblicklich zum Tode fiihrt.

Abb. 1. 2. Hund (Lycopodiumcmbolie). l~bersichtsbild fiber das ttindenband, das einc fleckige Zeiehnung aufweist, mit zahlreichen, unregelm~13igen Erbleiehungsherden, die sich in allen Sehiehten

finden. (Nissl, VergrSl3erung etwa 5,5mal.)

Die Gehirne wurden in Frontalscheiben zerlegt, primer in Alkohol fixiert und in Celloidin eingebettet. Die erhaltenen B16cke wurden grSBtenteils in Schnitt- serien zerlegt, um die Ausdehnung der Herde besser studieren zu k6nnen, und nach Nissl gef/~rbt. Von manchen Tieren (Fett- und Lufthund) wurden auBerdem einige Stiicke fiir Fett- und Markscheidenpr/iparate verwendet.

1. Hund (320/29). Lycopodiuminjektion in die linke Carotis. Kurz nach der Injektion bekommt das Tier eine Ateml~hmung, die durch kfinstliche Atmung nicht behoben werden kann, die Herzt/~tigkeit geht noch l/2 Stunde weiter und wir hofften, vielleicht doch schon einige Ver/inderungen zu linden; es bot sich uns ein interessantes Bild, das wir nur deswegen anffihren, um die Notwendigkeit strenger Krit ik erneut fiir alle Befunde zu betonen. Es sei vorausgeschickt, dab der Hund zu Lebzeiten ein v611ig normales Verhalten zeigte. Er war ungef/~hr 2j~hrig. Makroskopisch bot das Gehirn keine Ver~nderungen auBer einer kr~ftigen Gefa~]-

Die geweblichen Veri~nderungen bei der experimentellen Gehirnembolic. 771

injektion. Man sieht im Mikroskop eine enorme Ffillung der Meningeal- und Rindengef/~Be mit zahlreiehen Lycopodiumk6rnchen, am st/~rksten frontal und parietal, im Hirnstamm nach caudal altm/~hlich abnehmend. Zahlreich sind die Emboli auch im Medullabereich, was den Gedanken an einen Medullatod nahelegt, aber bei den ausgedehnten Embolien kann man natiirlich keine bestimmten Kern- gebiete ira Sinne von Centren fiir die Atemst6rung verantwortlieh machen. Sehr interessant ist der Markbefund; denn wir sehen hier zahlreiehe Gliaherde mit geringer, aber doch deut- licher Gefi~l~proliferation, die keines/alls mit dem Eingri/] in irgendwelchem Zusammenhang stehen. Der Hund hat die Injektion 1/2 Stunde fiberlebt, das heil3t, die Herzti~tigkeit war nach dem Atemstill- stand noch 1/2 Stunde deutlich nachweisbar. In 1/2 Stunde konnte sich natfirlich eine derartige GefaB- resp. Gliaproli- feration im Mark nieht entwickeln und diese hat ihren Grund in einer latent verlaufenden Staupe oder einer anderen Encephali- tisform, bei welchen wir ja solche Ver~nderungen immer antreffen. Wit sind ausdrficklich auf diesen Nebenbefund et- was n/~her eingegangen, denn es wird allzu oft irgend ein Befund, der mit dem Experiment gar niehts zu tun hat, nut weil eben nichts anderes gefunden wird, mit dem Eingriff in Zusammen- hang gebracht, um ein morphologisches Substrat Abb. 2. 2. Hund (Lyeopodiumembolic). Runder Erblcichungs- demonstrieren zu kOnnen, herd. (Nissl, VergrSl3erung 43ma[.)

Auf einen Befund am Hundegehirn mOchten wir aufmerksam machen, der noch im Bereich des Normalen liegt; man sieht im Nucleus caudatus immer in der N~he des Epen- dyms h/~ufig kleine, runde Gliazellhaufen, die leicht mit Neuronophagien ver- wechselt werden kSnnen und so ftir pathologische Produkte gehalten werden. Es handelt sieh dabei aber um v@ig normale Befunde.

2. Hund (248/28). Am 22. VIII. Lycopodiuminjektion in die linke Carotis nachmittags 5 Uhr. Der Hund zeigt aufter der gewShnlichen Morphiumparaplegie nichts Besonderes. Er maehte einen sehr stupiden Eindruck, was sieher mit der Narkose in Zusammenhang stand. Der Hund lebte noch um 10 Uhr nachts und

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wurde am 23. VIII. friih 7 Uhr tot aufgefunden. Zeitpunkt vom Einsetzen der Sch/~digung bis zum Tode mindcstens 5 Stunden, maximal 12 Stunden. Makro- skopisch zeigte sich nichts Besonderes, au6er einer st/~rkeren Gef/~itinjektion dcr linken Hemisph/~re. Mikroskopisch zeigte die vergleichende Untersuchung der rechten und linken Seite, dab rechts keine Emboli zu sehen waren; die Zellen zeigten dort normale Struktur, nur gelegentlich Bilder im Sinne der ,,Wasserver/~nderung" Nis'sls. Auf der linkcn Seite sieht man cine ausgedehnte Sch/~digung der Rinden-

par tien, besonders in den vorderen Hirnabschnit- ten, und schon makro- skopisch f/~llt die fleckige Zeichnung des Rinden- bandes auf (Abb. 1). Eine Unmenge von Emboli waren in den Meningealgef/~ften, tells auch in den Rinden- gef/~l]en; sie haben zu ausgedehnten Erblei- chungen AnlaB gegeben. Ein grol]er Tell der Rindenzellen ist ver- schwunden, der Gewebs- grund erbleicht und die noch vorhandenen Zellen zeigen durchwegs

schwere Ver/~nderun- gen, die von ,,isch~-

mischen" Exemplarcn alle (Jberg~nge bis zur ,,schweren" Zellver~n- derung zeigen. Daneben beobachtet man noch ausgedehnte Zellinkru- stationen. Die Glia ver- halt sich meist ruhig. Sehr bezeichnend ist das verschiedene Aus- sehen der Herde, bald

Abb. 3. 2. Hund (Lycopodiumembolic). Bei a kreisfSrmige Er- mehr keilf6rmig, bald bleichung mit besser erhaltencn Zellen im Zentrum. (Nissl, Ver- mehr rund (Abb. 2);

griiBerung etwa 16mal.) h/iufig stOBt man auf

Stellen, wo wir eine kreisf6rmige Erbleichung vor uns haben, in deren Centrum noch relativ viele Zellen enthalten sind, die von einem hellen Hof umgeben sind (Abb. 3), einen Befuncl wie ihn G. Miil ler bei einer Erbleichung im Pallidum nach Kohlenoxyd- vergiftung auch beim Menschen erheben konnte. Eine eigentliche Erkl/irung fiir ein derartiges Verhalten ist schwer zu geben, jedenfalls haben wir versucht, durch Schnittserien gerade derartigen Bildern nachzugehen, konnten aber immer nur feststellen, da6 es sich nicht etwa um Anschnitte yon irgendwelchen unregelm/~Bigen Herden handelt, sondern diese kreisf6rmigen Erbleichungen mit besser Erhalten- sein der centralen Partien lassen sich oft eine erhebliche Strecke weir verfolgen,

Die geweblichen Ver~nderungen bei der experimentellen Gehirnembolie. 773

haben ~lso kugelige Form. Neben den eben und vorhin schon erw/~hnten, sti~rker auffallenden Herden findet man andererseits wieder mehr diffuse Lichtungen, die vorsichtig beurteilt werden miissen, und von deren wirklicher pathologischer Bedeutung man sich nur dadurch iiberzeugen kann, dab man in ihnen zahlreiche urn| sehr viel erkrankte Zellen erkennen kann. An manehen Stellen kann man die enorme Sch/~digung der Rinde daran am besten beurteilen, dab man an nicht geseh/~digten, erhaltenen kleineu Zellinseln die normale Dichte vor sich hat (Abb. 4).

Zusammen/assung: Bei diesem einseitig injizierten Hunde linden wir (~ine ausgesl)rochene Schiidigung der einen Seite, und zwar haupts~ichlich

Abb. 4. 2. H u n d (Lycol)odiunwnlbolie). Die Zellinsel bei a z(,igt die normale ])ichte. Man kann sich also eine V(ns te lhmg nm(.hen, welch (,ine w(' i tgehende Sehiidigung dic iibrigt'n Par t ien erl i t ten hab(,n. (Nis~'l, V~,rgrii[3(,rung 16mal.) Es hand(' l t sieh dabei nicht u m ein ~trtifiziell bedingtes Zn- salHlllei]s(!hh!l)en, s(m(lel']l dllr<~}l die Sclmittserie konnto sich('r erwiesell w(,r(len, dl~.[~ (li~,s(, Zellinsel

l iorlnah' Dichte allfWeist.

der vorderen Gehirnanteile. Es ist im wesentlichen durch die massen- haften Emboli zu ausgedehnten Erbleichungen, d .h . zu Nekrosen ge- kommen, und die in diesem Gebiet liegenden noch erhaltenen Zellen zeigen schwere Veri~nderungen. Auf Schnittserien konnten wir den Nach- weis bringen, dab fiir jeden Erbleichungsherd das entsprechende, durch den Lycopodiumembolus verstopfte Gerbil zu linden ist. Manchmal konfluieren die Herde, so dab man auf eigenartigste Formen stS[.~t. Es ist aber keineswegs so, dab wir bei jedem Lycopodiumembolus in der Umgebung eine Erbleichung resp. eine Parenchymschadigung finden,

774 G. Bodechtel und G. Miiller:

u n d e s sind Cir das Zus t andekommen der Ausfi~lle sicherlich besondere

Bedingungen nStig, deren Ergr i inden ohne genaues S tud ium der Vaso-

arehi tektonik dieser Gebiete naeh dem Vorgehen P]ei/ers nich t durch- f i ihrbar ist. Eigenart ig sind diese kreisrunden, schalenar t igen Er- bleichungen, die in ihrer Mitte noch leidliche Zellen en tha l ten , tiber deren Zus tandekommen schwer etwas Positives zu sagen ist. Es zeigt sich in

diesem Fal l keinerlei Olia- und Oefitl~reaktion, was eben mi t dem

rasehen Ableben des Hundes zusammenhi~ngt.

Abb. 5. 3. Hund (Lycopodiumenlbolie). l~bersieht iiber frontale ltindenabschnitte mit diffuser und herdfSrmiger Erbleichung. (~Vissl, Vergr56erung etwa 6real.)

3. Hund (185/29). Lycopodiuminjektion in die linke Carotis am 10. V. 1929 nachmittags 5 Uhr 45 Minuten. Nach der Injektion war die Atmung sehlecht und es war teilweise kiinstliche Atmung n5tig. Der Hund wurde bis 12 Uhr naehts kontrolliert und es ging ihm dabei noch leidlich. Am 11. V. 1929 friih um 7 Uhr wurde er tot aufgefunden. Der Exitus ist in der Zeit zwischen 12 Uhr nachts und 7 Uhr morgens eingetreten und der Hund hat die Injektion mindestens um 6 Stunden tiberlebt. (Sicher 6 Stunden, hSchstens 12 Stunden,' da der Hund friih um 7 Uhr schon ganz kalt war.)

Makroskopisch.' Eine etwas st~rkere Injektion der linken Hemisphere, sonst keine Besonderheiten.

Histologisch- Wider Erwarten sitzen sowohl in der linken wie in der rechten Hemisphi~re Emboli, und zwar in den vorderen Abschnitten, so dal~ man von der Bevorzugung einer Seite nicht sprechen kann. Am starksten ist das fronto- parietale Rindengebiet betroffen, yon den Stammganglien das Striatum. Schon bei makroskopischer Betrachtung f~llt in Schnitten aus diesen Gegenden die fleck-

Die geweblichen Ver~nderungen bei der experimentellen Gehirnembolie. 775

Abb. 6. ~3. Hund (Lycopodiumembolic). Kleiner Gliaherd im Mark. (Nissl, u 220mal.)

Abb. 7. 3. Hund (Lycopodiumembolie). Pseudoschichtausfall. In einem Gefait sieht man sehr deutlich das LykopodiumkSrnchen sitzen. (Nissl, VergrSBerung 42real.)

fSrmige Zeichnung der Rinde auf (Abb. 5), wie wir sie auch bei den anderen Hun- den gesehen haben. Es herrscht allerdings ein starker Wechsel in den Bildern des Ausfalls. Charakteristisch ist die gleichmiil3ige Verteilung der Emboli in den Gef~13en des Rindengraues und in den Meningen. Die Zellerkrankung zeigt nicht

Z. f. d. g. Neur. u. Psych, 124. 51

776 G. Bodechtel und G. Mtiller :

ganz einheitlichen Charakter und neben der typisch ,,schweren" Zellveranderung im Stadium der Verflfissigung, sieht man geschrumpfte Zellexemplare mit zahl- reichen Inkrustationen und mitunter typisch ,,isch/imisch" ver/inderte Zellen mit dreieckigem Kern und homogenem Protoplasma. Die Topik der Ausf/~lle ist sehr willkfirlich und ihre Gr6Be stark wechselnd; es ist keinerlei Gef~Breaktion zu sehen, auch das Endothel in den embolisch verstopften Gef/iBen zeigt noch keine sichere Ver~nderung. Eigenartig ist, dab sich das Mark auBerordcntlich blab angef/~rbt

Abb. 8. 3. l~lund (Lycopodiumembolic). tterdfSrmiger Ausfall, der keilfSrmig yon den oberen Schichtcn sich in die untercn entwickelt hat. (.u YergrSBcrung 40mal.)

hat, so dab man auf den ersten Blick den Eindruck hat, als ware das Mark kiinst- lich herausgestanzt und nur noch die Rinde im Schnitt vorhanden. Nur bei n/~herem Zusehen erkennt man dann, dab nur in der Nhhe der Markgefi~Be die Glia besser gefi~rbt ist; die Gefi~Bw/~nde zeigen dabei h~tufig eine metachromatischc Anf/~rbung. In der Umgebung mancher Markgef/iBe st613t man auf dicht liegende Oligodendrogliazellen und Stal~chenzellen, die sich manchmal zu ausgesprochenen, kleinen Gliaherden verdichten (Abb. 6). Auch hier ist die Centralregion stark geschhdigt, und zwar sieht man auf der linken wie auf der rechten Seite zahlreiche Emboli. Die grSBeren Zellexemplare sind h~ufig besser erhalten als die kleinen; allerdings ist bemerkenswert, dab die Betzschen Zellen bei guter Nissl-Struktur

Die geweblichen Ver~nderungen bei der experimentellen Gehirnembo]ie. 777

haufig Inkrustationen zeigen. Im zu dieser Gegend gehSrigen Mark sind ebenfalls viele Emboli zu sehen, und stellenweise ist das Gewebe um sie erbleicht. Am schwersten gesch/~digt erweist sich wieder die Rinde, und zwar sehen wir, wie vor- hin schon erw~hnt, sehr wechselnde Bilder; bald keilf6rmige Defekte, bald diffusere Lichtungen, die einen Pseudoschichtausfall vort/~uschen (Abb. 7 u. 8) oder abet wieder kreisrunde kleinere Herdchen an der Kuppe. Ftir jeden der Herde lassen sich an Hand der Schnittserie die entsprechenden Gef/~Bver~chliisse demonstrieren.

Abb. 9. 3. Hund (Lycopodiumembolie). LykopodiumkSrnchen, die all ciner Gef~ltgabelung stecken- geblieben sind. Man crkennt gut die Zellveranderung in der Umgebung. (2r VergrSl~erung 170 real.)

H~ufig sieht man ein reihenweises Liegen der Emboli an GefaBgabelungen mit entsprechender Zellver~nderung in der Umgebung (Abb. 9).

Frontalschnitte in HShe der Stammganglien zeigen in allen Rindenteilen und auch im Stamm, besonders auch im Caudatus, herdfSrmige Erkrankungen der grol]en und kleinen Nervenzellen, w/~hrend auffallenderweise im Zwiscbenbirn trotz vieler Emboli wenig Ver~nderungen zu sehen sind. An der Basis siebt man kleine frische Blutungen. Im Ammonshorn sind die Zellen nicht ver/~ndert und zeigen selten Inkrustationen.

In der Medulla und im Kleinhirn sieht man wohl gelegentlich einige Emboli, bei letzterem besonders in der Pia und in der Molekularschicht, die aber keine

51"

778 G. Bodechtel und G. Miiller:

krankhaften Veranderungen in ihrer Umgebung bewirkt haben. Ebenso ist im Riickenmark, wie zu erwarten, niehts zu sehen; lediglich in den Meningen frischere Blutungen, die aber wohl agonal bedingt sein diirften.

Zusammen[assung: Bei diesem Versuchst ier , das die I n j e k t i o n sicher um 6 S t u n d e n evtl . bis zu ]2 S tunden t iber lebte , sehen wir im allge- me inen die gleichen Ver / inderungen wie bei den Versuchs t ie ren Nr. 2 und 1NIr. 4 (Mailyko). I n t e r e s san t is t nur , dab innerha lb der kurzen Zeit (7 - -12 S t u n @ n ) nach der Opera t ion bis zum Tode sehon fr ische Glia- r eak t ionen besonders im Mark zu beobach ten sind, wg, h rend die Gef/~Be sich noch vSllig unver / inder t zeigen. Bemerkenswer t is t au6erdem, dab sowohl in der rech ten wie in der l inken Hemisph~ire E m b o l i in ver-

h~Itnism~Big gleicher Anzah l gefunden werden, die den SchluB zu- lassen, dab bei der l angsamen I n j e k t i o n eine Versch leppung der Lyco- pod iumkSrnchen mi t t e l s des Circulus ar ter ios is Wil l is i von dem l inken Caro t i sbez i rk in den rech ten s t a t t f and , was wir z . B . be im 2. H u n d n ich t beobach ten konnten . Dies mag d a m i t zusammenh~tngen, dal~ die Gef/~Bverbindungen yon der rech ten zur l inken Seite auch be im H u n d var i ieren .

4. Hun8 (Mailyko, 206/29). Injektion yon einer diinnen Lyeopodiumauf- schwemmung in die rechte Carotis am 11. VL 1929 15 Uhr 30 Minuten. Hund zeigt keine klinisehen Erscheinungen aul]er einer kurzdauernden ,,Morphium"- parese. 16. VI. 15 Uhr 30 Minuten lnjektion yon 3 ccm Aufschwemmung yon Maisstarke in Koehsalzl6sung. Nach der Injektion Atmung und Herztatigkeit gut. Am 19. VI. wird der Hund mit intraven6ser Blaus/~ureinjektion get6tet.

Makroskopisch: St/~rkere Injektion der GefaBe der beiden Hirnhalften. Histologisch: In den Meningen geringe frische Blutaustritte; in den caudalen

ttirnstammpartien und auch im Kleinhirn sieht man keine Emboli. Die Mais- starkekSrner haben sich anscheinend bei der Differenzierung im Alkohol wieder entfarbt, nur gelegentlich kann man sie, die bedeutend kleiner sind als die Lyco- pocliumk6rner, mit starker Vergr66erung in den Capillaren, bei starker Abblendung des Mikroskops nachweisen. Auffallend ist das diffuse Vorkommen von hellen progressiven Gliakernen; herdf6rmige Veranderungen sind bedeutend seltener wie bei den anderen Hunden, nur gelegentlich sieht man bypisehe Herde, zu denen sich immer ein Embolus nachweisen 1/~l]t, mit starker Gliareaktion und Wucherung der GefaBe (Abb. 10). Dabei ist die Reaktion lang~ nicht so intensiv wie beim 5. Hund (Donau). Die anzutreffenden Zellveranderungen sind dieselben wie bei den anderen lycopodiuminjizierten Hunden. Auch im Mark zeigen sich gelegent- lieh kleine Herde mit frischer Gliawucherung und starkerer Gefal]reaktion. Eine starkere t~indensch/~digung yon frischerem Charakter, ganz ahnlich wie beim ttund Nr. 2, zeigt sich im Frontoparietalgebiet, dabei lassen sich in den Ca- pillaren nicht zahlreiche, angefarbte Maisk6rner linden. Daneben stSl]t man allerdings aueh auf Lycopodiumemboli und es ware zu erwagen, ob nicht die primaren Lycopodiumemboli, weil sie nieht so dicht gelegen haben, dutch die 2. nachfolgende Injektion yon Maisstarke, bei der noch weitere GefaBe aus- geschaltet werden, erst zur Wirkung kameu. Andererseits kann man natiirlich auch nicht mit Bestimmtheit von einer Unwirksamkeit der Starkeinjektion allein spreehen. Jedenfalls sind die Veranderungen friseh, und an den Stellen, wo wir nur Lyeopodiumemboli sehen, die bei der 1. Injektion ihre Wirkung entfalten

Die gewebliehen Ver~nderungen bei der experimentellen Gehirnembolie. 779

konnten, sehen wir ja wie beim 5. Hund (Donau) schon die entsprechende Glia- un4 Gefi~13reaktion. Bei solchen kombinierten Injektionsversuchen erscheint es theoretisch relativ leicht, den Parenchymschaden abzugrenzen, aber wahrschein- lich unterstiitzen sich die beiden Injektionen in dem Sinne, dab ein Embolus bei der 1. Injektion wohl ein Gefitl~bezirk verlegen kann, ftir dessen weitere Er- nghrung aber der Kollateralkreislauf eintritt. Werden nun durch eine 2. Embolie auch Teile des Kollateralkreislaufes ausgeschaltet, dann wird sich auch die Wirkung der 1. Embolie geltend rnachen. Die Frage ist bei der gemischten Injektion yon Lycopodium und Maisst~rke dadurch etwas kompliziert, well die Maisstgrke- k6rner im Pri~parat etwas schwieriger zu erkennen sind.

Zusammen/assung: Der Hund hat die 1. Injektion mit Lycopodium 8 Tage lang iiberstanden ; dabei zeigt sich, dal~ die Gefi~13gliareaktion sich

Abb. 10. 4. Hund (Lycopodium-Maisst~irkeembolie). Kleiner Herd im Mark, ein anderer an der Rindcnmarkgrenze. (Nissl, VergrSBerung 16real.)

im wesentlichen nicht yon der des 5. Hundes (Donau) unterscheidet. Es sind die gleichen Bilder, deren Abhitngigkeit man von dem Lyco- podiumembolus ohne weiteres erkennen kann. Daneben sieht man frische Rindensch~digungen, die den Ver~nderungen des 2. und 3. Hun- des gleichen; sie diirften auf die Maissti~rkeinjektion zuriickzufiihren sein, und es ist wohl anzunehmen, da[~ sich die 1. und 2. Injektion in ihrer Wirkung dabei unterstfitzten. Die zahlreich diffus vorkommende progressive Glia, die den Befund an diesem Hund zu etwas besonderem macht, und die aueh in den weniger geschadigten Rindenpartien zu be- obachten ist, darf vielleicht als Ursache eines allgemeinen Reizes auf die gesamte Glia angesehen werden, von dem man aber nicht sagen kann, mit welcher Injektion er zusammenhangt und den wir auch nicht

780 G. Bodechtel und C. Miiller:

weiter erkl~ren k6nnen. :Die Erk lhrung der Bilder bei zeit l ich ge t r enn ten

Embol ien ist jedenfalls entschieden schwieriger, als m a n yon vornhere in

a n n e h m e n mSchte.

5. Hund (,,Donau") (189/29). Am 13. V. 1929 Lycopodiuminjektion in die rechte Carotis. Am 16. V. wurde das Tier durch Blausaureinjektion get6tet. Klinische Erscheinungen zeigte der Hund keine, aui3er einer Paraplegie, die aber

Abb. 11. 5. l tund (Lycopodiumembolie.) Kleiner /~indenherd mit Gef~i0- und Gliaproliferation. (Nissl, VergrSi3crung 95real.)

schon am niichsten Tage verschwand, und die auf die Morphiumgabe zurtick- zufiihren ist. Wie schon erw~hnt, konnten wir dies bei fast allen mit Morphium vorbehandelten Tieren beobachten. Makroskopisch zeigte das Gehirn keine be- sonderen Ver~nderungen.

Histologisch: Wir injizierten bei diesem Hund weniger Lycopodium als bei den anderen und es sind deshalb auch die AusfMle und die Schi~digungen quan- titativ nicht so ausgedehnt. Man sieht im allgemeinen kleine tterde in der l~inde (Abb. 11) und auch im Mark (Abb. 12), die bezeichnenderweise schon starke Gef~B- proliferation und Gliareaktion zeigen. In der linken Seite sehen wir noch ganz vereinzelte Emboli, aber keinerlei Ver~nderungen, w~hrend die rechte Seite die

Die geweblichen Ver~nderungen bei der experimentel len Gehirnembolie. 781

Abb. 12. 5. Hund (Lycopodiumembolie). Kleiner Herd mit GefitB- und Gliaproliferation in einer Markpyramide. (Nissl, Vergr6Berung 53real.)

Abb. 13. 5. Hund (Lycopodimnembolic). St~irkerc lokale Gliareaktion in der ersten Schicht. (Nissl, VergrSflerung 105mal.)

782 G. Bodechtel und G. Miiller:

schon erw~hnten kleinen Herde aufweist. In der rechten Centralregion sind die Betzschen Zellen abgerundet, der Kern blab und etwas vergr6Bert, aber die Nissl- schollen sind noch leidlich erhalten. Die kleinen Erweichungsherde, denn als solche diirfen sie wir wohl bezeichnen, weisen starke Gef/~Bneubildung auf, Auf- treten yon protoplasmatischen Gliazellen und starke Vermehrung yon St/~bchen- zellen; an vereinzelten Exemplaren der letzteren kann man die Abrundung zu :Fettk6rnchenzellen erkennen. Das Endothel der embolisierten Rindengef~Be zeigt proliferative Erscheinungen und ist vor allen Dingen durch eine st/irkere Anf/trbung ausgezeichnet. Viele dieser Gefi~e in diesen gesch/idigten ]3ezirken zeigen eine ganz frische Exsudation yon Rundzellen. Auch im Mark st6Bt man gelegentlich auf kleine Herde mit beginnender Erweichung. Kleinhirn, Briicke und Medulla o.B. Im Fornix der einen Seite liegt ebenfalls ein subakuter Er- weichungsherd. In der Rinde zeigten sich lokal in der 1. Schicht des 6fteren frisehe Gliawucherungen (Abb. 13).

Zusammen/assung: Der Hund lebte 3 Tage und wir sehen bei ihm wie beim 4. Hund die starke Reaktion des Gef~Bapparates und der Glia auf die dureh die Lyeopodiumembolien hervorgerufenen Gewebsnekrosen. Wir haben hier also ein sp~iteres Stadium der in den vorigen Fiillen gezeigten Erbleiehungen vor uns; allerdings sind infolge der geringeren Lyeopodiummenge die Seh~idigungen nieht so ausgedehnt und tragen mehr mnsehriebenen Charakter. Die kleinen Erweiehungsherde sind wahllos fiber Mark und Rinde verteilt, und wenn wir die Erfahrungen beim Mensehen yon Fiillen yon eerebraler Fett- und Luftembolie heran- ziehen, bei welehen wir doeh meist eine exakte Feststellung des Zeit- punktes der Embolie erreiehen, so ist auffallend, da6 beim Hund sehon naeh 3 Tagen dureh Emboli hervorgerufene Nekrosen alle Er- seheinungen der Erweiehung zeigen. Es darf hier vielleieht erinnert werden, dag aueh Meyer bei seinen experimentellen Kohlenoxydver- giftungen bei Hunden eine lebhafte mesenehymale Reaktion erhielt, die deutlich yon den Bildern der mensehliehen Kohlenoxydvergiftung abwieh. Die Zahl der an Hunden vorgenommenen histologiseh gut untersuchten Experimenten ist aber zur Zeit wohl noch zu gering, um damit schon jetzt prinzipielle Reaktionsunterschiede vom Hund gegen- fiber dem Menschen aufstellen zu k6nnen.

Zum Vergleich haben wir augerdem bei je einem Hund durch In- jektion in die Carotis eine Fett- bzw. Luftembolie gesetzt. Dabei ist uns aufgefallen, dab bei beiden Tieren sehr starke Kriimpfe fast un- mittelbar nach der Injektion auftraten, was wir bei den Lycopodium- hunden nicht beobachteten.

6. Hund. ,,Fetthund" (225/29). Injektion von 4ccm Oliven61 in die rechte Carotis. Bei dieser 1. Injektion zeigt der Hund klinisch keine Besonder- heiten. Es wurden deshalb nach 4 Tagen nochmals 2 ccm OlivenS1 in die linke Carotis injiziert, dabei traten nach l0 Minuten intensive klonische Kr/~mpfe auf, die immer st~trker wurden und sich fast nicht erseh6pften. 5 Stunden nach der Operation lebte der Hund noch und wurde am n/~chsten Morgen frfih 7 Uhr tot aufgefunden. Makroskopisch zeigten sich in der Medulla und Brtickenfug aus- gedehnte frische Blutungen.

Die gewebliehen Ver~nderungen bei der experimentellen Gehirnembolie, 783

H+,stologisch: Wir diirfen annehmen, dab bei der 1. Injektion in die rechte Carotis kein Fett in das Gehirn gekommen ist, denn es zeigten sieh keine Ver. /inderungen, die auf einen Erfolg der 1. Injektion sehliel3en liel3en, sonst miiBten wir auch in diesem l+alle, nachdem die Embolie 4 Tage wirken konnte, zahlreiche ausgesprochene Erweiehungsherde finden. Aber yon solchen Ver/~nderungen sehen wir nichts, sondern es zeigen sieh durchweg mit Ausnahme der Blutungen in der Medulla und in der Briicke und teilweise auch in den Meningen, an vielen

Abb. 14. 6. Hund (Fettembolie). Eigellartige Zellver~nderung in der dritten Schicht. (3Tissl, VergrSBerung 620real.)

Stellen der Rinde and auch im Stamm ,,schwere" Zellveranderungen, die wir im einzelnen noch naher beschreiben. Bei LupenvergrSBerung f~llt auch in diesem Falle wiederum auf, dal~ das Mark fast nicht angef~rbt ist, ein Bild, das wir schon beim 3. Hund sehen konnten. Die Sch/~digung der Rinde ist auffallenderweise im allgemeinen nieht so herdfSrmig betont, wie bei den Lycopodiumtieren, es handelt sich mehr um eine diffuse, alle Schiehten betreffende Sch~digung besonders der Nervenzellen und wir sehen alle Uberg~nge yon wenig gesch/s Zellen bis zu ,,sehwer" erkrankten, verfliissigten Exemplaren. So haben manehe der Zellen lediglich einen ganz unseharfen Kern und zeigen eine verwaschene Nissl- struktur. Andere Exemplare yon ~thnlichem Aussehen sind aul3erordentlich lang-

78~ G. Bodeehtel und G. Mtiller:

gestreckt und zeigen weit angef~rbte Fortsatze (Abb. 14) und zahlreiche In- krustationen. Dann wieder st5l~t man auf Zellen mit homogenem Protoplasma, dreieckigem, dunklem Kern, also Bilder, die der ,,ischKmischen" Zellerkrankung gleichkommen, und besonders an den gigantisehen Zellen der Substantia reticularis, die ja beim Hund riesige Zellen darstellen, sehen wir eine verwaschene Kontur, eine AuflOsung des Kerns, mit dunklem, h/~ufig entrundeten Nucleolus und ein wabiges, wie verfliissigtes Protoplasma (Abb. 15). Andere Zellen sind sehr blab und erscheinen gebl~ht; vom Kern ist nur noch der Nucleolus iibrig. Purkinje- Zellen im Kleinhirn zeigen ebenfalls haufig homogenes Protoplasma, dunklen,

Abb. 15. 6. Hund (Fettembolie). ,,Schwcre" Yer~nderung an den grol3en Zellen der Substantia reticularis. (~Vissl, VergrSl~erung 280mal.)

entrundeten Kern, also Bilder, die wir als ,,homogenisierende-isch/~mische" Zell- erkrankung der Purkinje-Zellen bezeichnen; ganz ~hnlich sind die Zellen des Nucleus cochlearis ver~ndert. Die Glia verhalt sich dabei fast v611ig ruhig und tr/s keinen progressiven Charakter. Aueh die groBen motorischen Zellen z. B. des Trigeminuskernes zeigen verwaschene Struktur, teilweise Inkrustationen und einen unscharfen, verwaschenen Kern. Am wenigsten be~roffen sind die Stammganglien. Allerdings sieht man auch in der eapsula externa eine feine, frische Blutung; im Ventrikel liegen auf dem Ependym frische Erythro- eyten. Neben dieser diffusen Schadigung st6Bt man aueh auf mehr herd- f6rmige Lichtungen, die wohl manchmal pseudolaminaren Charakter tragen, aber bei n/~herem Zusehen keinesfalls nur auf bestimmte Schiehten beschr/~nkt sind, sondern bald in die obere bald in die untere Schicht iibergreifen (Abb. 16). Auch im Riickenmark finden wir zwar keine so schwere Zellerkrankung wie in der Rinde, aber immerhin zeigen die Zellen dort keine tadellose Struktur, yeas besonders an den groBen motorischen Vorderhornzellen auffallt, sondern

Die geweblichen Ver~tnderungen bei der experimen~tellen Gehirnembolie. 785

sie sind mehr diffus angef/~rbt, und die sonst so deutlich hervortretenden Nisslschollen sind fast v611ig verwischt.

Wenn wir das Nisslbild der rechten und linken Hirnh/~lfte miteinander ver- gleichen, dann sehen wir wohl, dab die linke Seite bedeutend st/irker im Sinne der oben geschilderten Weise erkrankt ist wie die rechte, aber an den Stellen, wo wir auch rechts Ver/~nderungen finden, zeigen diese genau denselben Charakter wie auf der linken Seite, was den SchluB zul~Bt, dab auch diese Seite zu gleicher

Abb. 16. 6. Hund (Fettembolie). Starke Lichtung besonders in den tieferen Schichten. (Nissl, YergrSBerung 60mal.)

Zeit durch die gleiche Embolie gesch/~digt wurde. Es ist iibrigens charakteristisch, dab die Schwere der gesetzten Ver/~nderungen erst richtig erkannt wird, wenn man normale Nisslbilder des Hundegehirns zum Vergleiche mit heranzieht. Auf frontal gelegten Fettschnitten 1/~Bt sich die Verteilung des Fettes sehr sch6n er- kennen, und zwar ist eia deutlicher Unterschied zwischen beiden Hirnh/~lften feststellbar. In der linken Hirnh/~lfte, besonders in H6he der Stammganglien sehen wir sehr viele feine Fettembolien in der Rinde, weniger im Mark, dabei f6rmliche Ausgiisse der Gef/~l]e mi~t Fett (Abb. 17). Auf der rechten Seite zeigen sich seltener intracapill/~r gelegene Fetttr6pfchen. ~Natiirlich sind die Emboli nicht

786 G. B o d e c h t e t u n d G. Mt i l l e r :

Abb. 17. 6. 1~tmd (Fettembolie). Fettbild aus einer Stelle der Rindc zeigt die mit Fe t t verstopftea Capinaren. (VergrSBerung 170mal,)

Abb. 18. 6. Hultd (Fcttembolie). FcintrSpfige Fe~ttriiubcheu lun die Capillaren. (Niiheres siehe Text!) (5"issl, VergrfSerung 170mal.)

Die gewebliehen Ver~i.nderungen bei der experimentellen Gehirnembolie. 787

diffus, sondern mehr herdf6rmig verteilt, und es ist sehr auffallend, dab man ge- legentlich in der Rinde feinste zersti~ubte Fetttr6pfchen (Abb. 18) um ein Gef~tB herum liegen sieht, was den Eindruck erweckt, als wenn die Capillare geplatzt bzw. die Gefi~gwand derartig gesch/~digt wi~re, dab das Fett in da~ Gewebe gelangen konnte. Anders k6nnen wir uns diese ]3ilder nicht deuten. Eine Auf- nahme des Fettes durch Resorption in die Gef~Bwandzellen war nieht zu sehen. Markscheiclenschnitte yon den gleichen Stellen zeigen in der Rinde feinste, ro- settenartige, graublau get6nte Herdchen, die daran denken lassen, dab bei Sehii- digung der Gef/~Bwand geringe Mengen Blut bzw. Blutfarbstoff mit ausgetreten ist, der sich mit I-Ii~matoxylin graublau anfi~rbt. Es kann sich nicht urn banale, f~rberische Kunstprodukte handeln, denn in der anderen Hemisph/~re, wo wir im Fettbi |d keine Fettembolien sehen, fehlen diese Herdchen. Wir haben bei diesem Hund auch festgestellt, dab sich tediglich in vereinzelten Partien der Lunge feine, intraeapilt/~r gelegene Fetttr6pfehen finden. An den fibrigen Organen konnten wir niehts derartiges finden.

Zusammen[assung: Die Sehadigungen s ind hier sehr friseh und diffus ausgeprhgt . Man sieht vielerlei Ze l le rkrankungsformen. Die R i n d e is t diffus gel iehtet , was be im Vergleieh mi t e inem norma len Pri~parat be- sonders auff~llt . Bei der F e t t f ~ r b u n g sieht m a n herdfSrmig Embo l i die Capi l laren f6rmlieh ausgiegend, Befunde, wie sie 2geubiirger und

Weimann bei ih ren F~illen yon F e t t e m b o l i e besehr ieben haben ; be- sonders im R indeng rau l iegt aueh stel lenweise F e t t in fe ins ten Tr6pfehen auBerhaib des Gefitges t r a u b e n a r t i g be isammen. Gelegent l ich t r~g t die Schi~digung, d . h . Erb le ichung der R i n d e auch herdfSrmigen Cha- r ak te r . Gegeni iber den Lycopod iumembo l i en (Hund 2 und 3), die nur S tunden a l t sind, bes t eh t nur insofern ein Unterschied , dab dor t die Ver~nderungen noch mehr herdf6rmig be ton t sind, doch haben wir auch do r t diffus gesch~digte R i n d e n p a r t i e n . E igenar f ig s ind gewisse Ze l le rk rankungsformen , besonders in der 3. Schicht , wobei sich die For t s i i t ze sehr wei t angef~rbt haben, wi ihrend das i ibr ige P r o t o p l a s m a geschrumpf t ist. Gegeni iber dem Befund bei der Luf tembol ie bes t eh t e igent l ich fas t ke in Unterschied .

7. tIund. ,,Lori" (218/29). Am 3. VII. nachmittags 3 Uhr Injektion yon 3 bis 4 cem Luft in die rechte Carotis, nachdem wir in die Spritze etwas Blur auf- gezogen batten. 20 Minuten nach der Injektion traten fiber alle 4 Extremit/~ten und auch fiber den Kopf verbreitet klonische Kri~mpfe auf, die sich in kurzen Zeitabst~nden von einigen Minuten immer wiederholten. Der tIun4 war dabei tier bewuBtlos, auch noeh am Abend. Am n~ehsten Morgen bestehen diese Kr/~mpfe immer noch, und zwar yon der gleichen Heftigkeit; es tr i t t dabei ein starker Opistotonus auf. Abweehselnd werden diese klonischen Zuckungen yon tonischen Streckkri~mpfen abgel6st. Um 1 Uhr mittags am 4. VII. wird dem Hund Blau- s~ure intraven6s injiziert, um den Exitus herbeizuffihren, der sofort eintritt. Der Hund lebte naeh der Luftinjektion also noch 22 Stunden.

Makroskopisch zeigt sieh eine sti~rkere Gefi~ginjektion fiber dem ganzen Gehirn, es sind abet keine Luftblasen zu erkennen.

Histologisch: Im Gegensatz zu dem vorhin geschilderten Untersuchungsbefund bei dem Fetthund sehen wit eine viel weniger ausgebreitete Sch~digung im Rinden- gram Vor allen Dingen ist es charakteristisch, dab bier wieder viel mehr das

7 8 8 G. B o d e c h t e l u n d G. M t i l l e r :

Abb. 19. 7. t tund (Luftembolie), Schwere ~Erbleichung eines Windungstales. (Nissl, VergrSBerung 16mal.)

Abb. 20. 7. t tund (Luftembolie.) Schwere Erbleichung schon in der Kuppe beginnend, beide TaN abschnitte betreffend; in der Talsohle der Windung besser erhaltenes l~indenband. (Nissl, Ver-

grSfierung etwa 16mal.)

Die geweblichen Ver~inderungen bei der experimentellen Gehirnembolie. 789

Herdf6rmige betont ist (Abb. 19, 20) als wie beim Fetthund. In den Meningen und auch gelegentlich um MarkgefiiBe sehen wir frische Blutungen. Bei feinerer histologischer Untersuchung erkennt man neben herdfSrmigen typischen Er- bleichungen diffus gesehadigte Rindenpartien auf der injizierten Seite, und zwar meist alle Schichten betreffend, wobei sich die Schi~digung in der gleichen Weise wie beim Fetthund neben deutlichen Ausfiillen hauptsachlich als Zellver/~nde- rung dokumentiert. Auch ganz kleine umschriebene Herdchen werden be-

Abb. 21. 7. Iiund (Luftembolie). Kleiner Ausfallsherd in der tieferen l~inde. (Nissl, YergrSl3erung etwa 25mal.)

obachtet (Abb. 21). In solehen Partien stoBen wir wiederum auf langausgezogene Zellen mit feinen Inkrustationen. In den oberen Schichten sehen wir sehr viele dunkle, kleine, entrundete Kerne, wiihrend die grSl3eren Zellen, besonders die grol]en Pyramidenzellen der Centralregion die gleiche Erkrankungsform zeigen wie beim Fetthund. Die nichtinjizierte Seite erweist sich als fast v511ig intakt. Relativ gut sind wieder die Stammganglien erhalten. Das Ammonshorn erweist sich auf beiden Seiten als fast nicht geschiidigt. In den tieferen Hirnabschnitten trifft man auch relativ wenig Ver/inderungen. Im Kleinhirn und in der Medulla oblongata konnte nichts Pathologisches festgestellt werden.

790 G. Bodechtel und G. Miiller:

Zusammen]assung: Der Hund lebte 22 Stunden nach der Luftinjek- tion, naehdem er fast standig klonische und tonische Krampfe gehabt hatte. Die Schadigung zeigt im Gegensatz zum Fet thund wieder mehr herdfSrmigeren Charakter, gelegentlich ist sie auch diffus fiber die l~inde ausgedehnt. Manchmal sieht man auch kleine Erbleichungsherde. Die nicht injizierte Seite zeigt gar keine Veranderungen. Die anzutreffenden Zellver~nderung bewegt sich zwischen der ,,isch/imischen" und ,,sehwe- ren" Zellerkrankung und entspricht den Zellver/~nderungen, wie wir sie beim Fet thund gesehen haben.

Wenn wir noch einmal kurz die Ver~inderungen iiberblicken, dann lassen sie sich dahin zusammenfassen, dab sowohl bei der Lycopodium- wie bei der Fett- und Luftembolie dutch die Unterbrechung der Circula- tion besonders in der Hirnrinde Ver~nderungen hervorgerufen werden, die sich je nach der Zeit, d. h. je nach der Dauer der Einwirkung yon der Injektion bis zum Tode gerechnet, entweder als diffuse Rinden- sch~digung und als herdfSrmige Erbleichungen oder Erweichungen zeigen. Etwas starker betont ist das tterdfSrmige bei den Lycopodium- tieren; dort treffen wir sch~irfere Grenzen, obwohl man bei n~herem Zusehen erkennen kann, da6 auch die scheinbar in takten Grenzgebiete geseh~digt sind. Mehr diffusen Charakter tr~igt der ProzeB beim Fett- hund, wahrend beim Lufthund die herdfSrmigen Erbleichungen wieder starker betont sind. DaB dies yon allen mSglichen Faktoren abh~ngig ist, ist klar; aber es ist schwer zu sagen, was beim einzelnen Falle die Unterschiede bedingt und ob nicht zuletzt die Konstitution des einzelnen Tieres dabei auch eine Rolle spielt. An diesem individuellen Faktor seheitert es auch, eine Zellerkrankung genau zeitlich festlegen zu kSnnen, aul]erdem wissen wir ja nicht, was sich alles vor und nach dem Eintr i t t der Embolie an patho-physiologischen Vorgangen an der Zelle ab- gespielt hat oder abspielt. Dies erkl/~rt aueh den st~irkeren Weehsel in der Form der Zellerkrankung. Es ist nicht so, da6 wir bei soleh einer elektiven KreislaufstSrung immer nur ,,isch~imische" Zellverhnderungen sehen (homogenes Protoplasma, dreieckigen runden Kern usw,). Bei jeder Art von Zellerkrankung wird nicht zuletzt die ~u6ere Form und die Zellgr61]e eine entscheidende Rolle spielen, und so kennen wir ver- schiedene Typen yon Zellen, bei denen derselbe ProzeB, in diesem Falle die CirculationsstSrung, jeweils ein anderes Bild einer Zellerkrankung hervorruft. AuBerdem muB dabei die Intensit~t der Sch~digung be- rficksichtigt werden und so wird an einer Stelle z. B. das Gewebe in weir h6herem Ma6e yon der Circulation ausgeschlossen wie an einer anderen, was sich nicht nur darin auBert, dab der Zerfallsproze3 an der Zelle raseher oder langsamer abl~uft, sondern auch darin, da6 sich

Die geweblichen Ver~nderungen bei der experimentellen Gehirnembolie. 791

die einzelnen Zellbestandteile (Kern, Nisslschollen usw.) dabei nieht immer gleich verhalten. Wenn wir das histologische Pr~parat be- trachten, miissen wir uns dariiber klar sein, dab wir immer nur ein Zustandsbild eines solehen Zerfallsprozesses vor uns haben, und wir werden eben entsprechend der Phase der Zellerkrankung jeweils andere Bilder sehen. DaB es zwisehen den vollausgebildeten typischen ,,isch~- mischen-homogenisierenden" Zellerkrankungen und der ,,schweren" Zellver~nderung Nissls viele Zwischenformen gibt, deren Zuordnung zu dieser oder jener Zellgruppe gr613te, oft iiberhaupt nicht zu iiber- windende Sehwierigkeiten verursacht, hat sich auch bei unseren Be- funden wieder best~tigt.

Wenn wir die Reaktionsformen yon Glia und Mesoderm bei unseren Hunden iiberblicken, so sind wir iiberrascht, dab es innerhalb dieser kurzen Zeit sehon zu einer derartigen Auswirkung der Sch~digung auf das Stiitzgewebe kommen kann. Bei dem 3. Hund der mindesten 7 maximal 12 Stunden lebte, hat uns das proliferative Verhalten der Glia im Mark besonders iiberrascht. Die typische beginnende Erweiehung zeigte sich schon nach 3 Tagen, dabei ist die Pathogenese der geweb- lichen Ver~nderungen sehr klar und wir sehen an Hand unserer Bei- spiele, wie sich die Erbleichung = Nekrose bis zur Erweichung = Colli- quationsnekrose entwiekelt. Wenn Neubiirger bei seinen Fettembolien yon Koagulationsnekrose und von unvollst~ndiger Erweichung spricht, so glauben wir, dal3 er dabei zu sehr das einzelne histologisehe Zustands- bild betonte, und dariiber das ProzeBstadium vergessen hat. Deshalb sind auch diese Begriffe unseres Erachtens nieht berechtigt zur Aufstellung bestimmter Charakteristica fiir die einzelnen Emboliearten. Natiirlich ist das zeitliche Verfolgen derartiger Prozesse in der mensehlichen Pathologie erheblieh erschwert dureh den Mangel geeigneter Falle. An Hand des Tierexperiments kann man jedenfalls nachweisen, dab diese einzelnen Prozesse sich zeitlich ablSsen, eine Tatsache, die gerade auch fiir die menschlichen Luft- und Fettembolien dureh die wachsende Zahl durehuntersuehter F~lle best~tigt wird.

Auffallend ist, dal3 das Ammonshorn des Hundes bei artifiziell ge- sch~digten KreislaufstSrungen mit Ausnahme eines kleines Herdes beim 5. Hund sonst nie Ver~nderungen zeigte. Neubiirger, Weimann, G. Miiller sahen bei ihren Fallen yon Fett- und Luftembolie immer Ver~nderungen am Ammonshorn. Sicherlich ist dies nicht nur vom Zufall abh~ngig, sondern vielleicht durch allgemeine, die Embolie begleitende Gef~13- krisen bedingt. Das menschliche Ammonshorn ist eben wie Spielmeyer gezeigt hat besonders gegen KreislaufstSrungen empfindlieh. Wir wollen hier keine phylogenetisehen ErSrterungen daran ankniipfen und keine weiteren Hypothesen aufstellen; es sind eben scheinbar aueh in der pathologischen Physiologie wie schon in der groben Morphologie wesent-

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792 G. Bodechtel und G. Miiller:

liche Untcrsehiede zwischen dem Ammonshorn des Menschen und dem des Hundes. Ware das Ammonshorn bei unseren Fallen geschadigt, dann wiirde sich sicher jcmand findcn, der behaupten wfirde, daf3 die elektive Schadigung des menschlichen Ammonshorns sich im wesent- lichen daraus erklart, dab schon in der Phylogenese das Ammonshorn besonders ,,vulnerabel" ist.

Die gezeigten Ausfalle, die haufig auch pseudolaminaren Charakter tragen, aber beim naheren Zusehen unschwer erkenncn lassen, dab sie sich nicht nur auf bestimmte Sehichten beschranken, sondern bald in jene, bald in diese fibergreifen, decken sich v611ig mit den Erfahrungen, die wir in der menschlichen Pathologic gemacht haben. Es sei nur an die KreislaufstSrungen bei der Kohlenoxydvergiftung, bei der Eklampsie, bei Spatnarkosetodesfallen usw. erinnert. Auch hicr muft man wieder die Frage aufwerfen, warum oft ganz gleiche Prozesse so launenhafte Bilder an den verschiedenen Stellen geben. Dabei ist es nicht so, daft etwa an bestimmten Rindenstellen nur pseudolaminare oder nur keil- f6rmige oder runde Ausfalle vorkommen, sondern in ein und derselben Windung sehen wir beide nebeneinander. Erklaren k6nnen wir bis heute diese Bilder noch nicht, und wir mfissen wieder darauf hinweisen, dal3 uns hier die nStigen normalanatomischen Grundlagen iiber die Angioarehitektonik fehlen, die uns vielleicht bei der LSsung dieser Frage unterstfitzen kSnnten.

Wahrscheinlich ist, dab fiir die Verteilung dieser durch blande Emboli hervorgerufenen Ausf~lle rein physikalische Momente in Frage kommen, wie sie uns in dem GrSt~enverhaltnis von Embolus zu Gefaft, in der StrSmungsart, in der Aufteilung der Gefatte bestimmter GefaIt- gebiete in ihre Endzweige, im Injektionsdruck usw. vorliegen.

Im Hinblick auf die Zeit des Eintretens der Sehadigung zeigen die Experimente ebenso wie viele andere, dal~ es im Gehirn nach auffallend kurzer Zeit schon zu ausgepragten, typischen Formen der bekannten Erkrankungsform der Ganglienzellen kommen kann, eine Tatsache, die uns durch Erfahrungen aus der menschliehen Pathologie (0. und C. Vogt, Neubi~rger u. a.) schon teilweise bekannt war.

Da$ das verschiedene Embolusmaterial im allgemeinen zu ganz ahnlichen histologischen Bildern, wenigstens im Hinbhck auf die Gang- lienzellveranderungen fiihrt, geht aus den oben angeffihrten Befunden hervor. Ob es bei geschickter Auswahl andcrer Emboliemittel sowohl im Hinblick auf das zeitliche Auftretcn, als auch nach der Art der Zell- erkrankungsformen zu anderen Reaktionsbildern kommt, ob man dies z. B. vor allem dureh Verwendung von giftigen 01en, also durch An- wendung zweier Konstellationsfaktoren erreichen kann, ware fiir die Erforschung dcr Konstellationspathologie des Gehirns eine interessante Teilfrage.

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