die gegenwart von insulinoid in den bösartigen geschwülsten

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(Aus dem Institut ffir Krebsforschung, Buenos Aires. Direktor: Prof. Dr. A. H. Ro[[o.) Die Gegenwart yon Insulinoid in den bSsartigen Geschwiilsten. Von Dr. A. H. Roffo und Dr. L. M. Correa. (Eingegangen am 31. Januar 1927.) Eine in der Klinik h~ufig genlaehte Beobaehtung ist das Verh~ltnis, das zwischen der Zuekerkrankheit und der Evolution der mMignen Gesehwiilste besteht. Dieses ~uftert sieh haupts~ehlich dnrch eine gr6ftere BSsartigkeit, welche der Tumor zeigt, der sich in einem solchen Terrain entwickelt. Diese BSsartigkeit zeicbnet sich auch durch ein rascheres Wachstum aus, ferner durch eine Infiltration der benachbarten Gewebe und eine vorzeitige Kachexic. Diese Frage war uns interessant genug, um n/~her darauf einzugehen. Wenn man sich vergegenwartigt, daft der Diabetes nicht nur ein Produkt ungenfigender Eliminierung oder einer vollst~ndigen Unf~hig- keit der betreffenden Organe zugunsten einer energetischen Ausniitzung der Kohlenhydrate ist, sondern sieh vor Augen h~lt, dal~ sie als das Pro- dukt einer Serie gleiehzeitig bestehender Ph/inomen angesehen werden kann, die tiefe St6rungen im Stoffwechsel hervorrufen, kann man sieh leieht vorstellen, daft ein so ver/~ndertes Terrain seine Riiekwirkung auf die Neoplasie haben mu/3. Dies kann m~n um so eher annehmen. wenn man sich vergegenw/irtigt, daft auch die Neoplasie ein Produkt eines TerrMns mit ver/mdertem Stoffweehsel ist. Dies stimmt mit unseren Ideen fiber die J~tiologie der Tumoren fiberein, die wir uns auf Grund der im Institut angestellten Versuche gemaeht haben. Andererseits kennen wir aber den Einfluft, den das Insulin auf ge- wisse Ione ausfibt. In friiheren VerSffentlichungen haben wir die ioni- sehen Ver/s beschrieben, welche in einem krebskranken Terrain bestehen. In Verbindung hiermit wurde eine Erh6hung des Phosphors, des Calciums und des Kaliums beobaehtet und festgestellt, daft eine ErhShung im Serum einer Verminderung des Insulins unter- geordnet ist (Wiggles Worth, Woochow, Smith Winter, Staub, G~2nther und Fr6hlich, Briggs, Doisy und Weber, Morera und Mazoco usw.). Zeitschrift fiir Krebsforschung. 2t. Bd. 33

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Page 1: Die Gegenwart von Insulinoid in den bösartigen Geschwülsten

(Aus dem Institut ffir Krebsforschung, Buenos Aires. Direktor: Prof. Dr. A. H. Ro[[o.)

Die Gegenwart yon Insulinoid in den bSsartigen Geschwiilsten.

Von Dr. A. H. Roffo und Dr. L. M. Correa.

(Eingegangen am 31. Januar 1927.)

Eine in der Klinik h~ufig genlaehte Beobaehtung ist das Verh~ltnis, das zwischen der Zuekerkrankheit und der Evolution der mMignen Gesehwiilste besteht. Dieses ~uftert sieh haupts~ehlich dnrch eine gr6ftere BSsartigkeit, welche der Tumor zeigt, der sich in einem solchen Terrain entwickelt. Diese BSsartigkeit zeicbnet sich auch durch ein rascheres Wachstum aus, ferner durch eine Infiltration der benachbarten Gewebe und eine vorzeitige Kachexic. Diese Frage war uns interessant genug, um n/~her darauf einzugehen.

Wenn man sich vergegenwartigt, daft der Diabetes nicht nur ein Produkt ungenfigender Eliminierung oder einer vollst~ndigen Unf~hig- keit der betreffenden Organe zugunsten einer energetischen Ausniitzung der Kohlenhydrate ist, sondern sieh vor Augen h~lt, dal~ sie als das Pro- dukt einer Serie gleiehzeitig bestehender Ph/inomen angesehen werden kann, die tiefe St6rungen im Stoffwechsel hervorrufen, kann man sieh leieht vorstellen, daft ein so ver/~ndertes Terrain seine Riiekwirkung auf die Neoplasie haben mu/3. Dies kann m~n um so eher annehmen. wenn man sich vergegenw/irtigt, daft auch die Neoplasie ein Produkt eines TerrMns mit ver/mdertem Stoffweehsel ist. Dies stimmt mit unseren Ideen fiber die J~tiologie der Tumoren fiberein, die wir uns auf Grund der im Insti tut angestellten Versuche gemaeht haben.

Andererseits kennen wir aber den Einfluft, den das Insulin auf ge- wisse Ione ausfibt. In friiheren VerSffentlichungen haben wir die ioni- sehen Ver/s beschrieben, welche in einem krebskranken Terrain bestehen. In Verbindung hiermit wurde eine Erh6hung des Phosphors, des Calciums und des Kaliums beobaehtet und festgestellt, daft eine ErhShung im Serum einer Verminderung des Insulins unter- geordnet ist (Wiggles Worth, Woochow, Smith Winter, Staub, G~2nther und Fr6hlich, Briggs, Doisy und Weber, Morera und Mazoco usw.).

Zeitschrift fiir Krebsforschung. 2t. Bd. 33

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490 A. It. Roffo und L. M. Correa:

F/Jr alle lone ist dieses VerhSltnis jedoch nicht das gleiche. Wenn sicb das Calcium in umgekehrtem und konstantem Verh~ltnis zu dem Gehalt an hmulin ver.m~t~dert~, bemerkt man bei dem Phosphor vortiber- gehende Veriinderungen, w/~hrend das MgC1 sich iiberhaupt nicht ver- /tndert (Briggs, Koeching, Morera, Mazoco usw.). Dagegen erfi~hrt das Sodium eine leichte Erh6hung, wenn auch diese nicht durehh/~lt (Staub).

]~hnliehe Ver/inderungen wurden bei den organisierten Elementen beobachtet, wie z. B. eine Erh6hung des Gesamtwasserstoffes und ein gr613erer S/~uregehalt.

Aul~er diesen Ver/inderungen, die bei dem Diabetes zu gleicher Zeit wie die ErhShung des Blutzuckers bestehen, bemerkt man die Vermeh- rung der Fettsguren, deren Ziffern manchmal 5,12% ~ betr/igt, diejenige des Lecithins mit 2,6% ~ und des Cholesterins mit 2,9% ~ (BIoor). Alle diese Werte mul~ man als Exponenten eines veri~nderten Terrains zufolge der Entwicklung des Tumors in Betracht ziehen, denn sie ent- wickeln sieh ihrerseits und bringen Ver~nderungen der physikalisch- chemischen Konstanten hervor, wie: die Oberfliiehenspannung (tenso- aktive Substanzen), die Konduktibilit/~t (ionische und S~ureveriinderun- gen), die Viskosit~t (Lipoide und Proteine), das Ph (Verminderung der Alkalireserve). Wir glauben zwar nicht, diesen Ver~nderungen einen absoluten Wert in der Tumorentwicklung beimessen zu miissen, wir glauben aber, dal3 sie trotzdem eine grol~e golle dabei spielen, um so mehr, wenn man berticksichtigt, dab das Insulin gar keine Wirkung auf die Reduktions- oder die oxydierende Tgtigkeit der Gewebe austibt.

Im Einklang mit diesen Betrachtungen und unter Beriicksichtigung, daI3 in den Tumoren und entsprechenden Seren sich die im Serum der Diabetiker erw/ihnten Varianten vorfinden (Fetts~ure, Lecithin, Chole- sterin), glauben wir an die MSglichkeit des Nichtbestehens des In- sulins, welche Ansicht auch andere Autoren geihlgerb haben.

Unsere Versuche haben das Gegenteil ergeben, in welchen wir die klassische Extraktionsmethode mit tier Sordellisehen Ab/mderung an- wendeten. Wir haben ohne Schwierigkeit einen K6rper erhalten, der den chemisehen und biologischen Charakteren des Insulins entspricht.

Zu diesen Versuehen nahmen wir das Spindelzellensarkom der weiBen Ratte. Wir nahmen 500 g Tumormasse, welche zusammen 8--12 Einheiten ergeben. Die Resultate waren folgende:

a) Vorhergehende Versuche, die ausgeftihr~ wurden, indem wit den ganzen Extrak~ im Vakuum durch Konzentration auf 3 ccm reduzierten. Wit spritzten 1 ccm in die Ader eines jeden Kaninchens ein, worauf sich nach 11/2 Stunde Kon- vulsionen und der Tod der Tiere mit einer starken Hypoglykami~ der folgenden Form cinstellten: Glycemia Glycemia

vor der Injektion nach der Injektion .1 ccm 0,70 0,02

2 kg schwere Keninchen 1 ccm 0,66 0,018 1 ccm 0,73 0,02

Page 3: Die Gegenwart von Insulinoid in den bösartigen Geschwülsten

Die Gegenwart yon Insulinoid in den b~sartigen Geschwtllsten. 491

b) Dieses 1. Resu]tat zeigt das Bestehen in dem Sarkom einer hypogluce- mischen Substanz, welche, gem/tB dem, was durch das Comit6 yon Toronto fest- gesetzt wurde, mit einem Insulinoid in Beziehung steht. Wir schritten hierauf zur Bestimmung der Anzahl der Einheiten und glaubcn, dab uns dies auch ge- lungen ist. Wir haben die Konzentration in der folgenden Form vermindert:

Der Totalextrakt befindet sich im Vakuum mit 4 ccm. Man geht wie bei dem vorherigen Versuch vor und spritzt den Kaninchen 1 ccm in die Ader ein. Dabei erhielten wir das folgende Resultat:

Glycemia Glycemia vor der Injektion 2 St. nach der Injektion

1,12 0,60 1,05 0,72

I 0,98 0,51 2 kg schwere Kaninchen { 0,86 0,49

i 1,41 0,42 0,33 0,75 1,33 0,94

~Vir glauben nicht, dab in dcm cxtrahiertcn Produkt sich das gesamte im Tumor enthaltene Insulinoid befindet. In einzelnen F~llen haben wir 15 Einheiten extrahicrt.

I s t dieses Insu l ino id n u n ein P roduk t des Tumors oder k a n n m a n es nur als eine Reserve ansehen ?

W e n n m a n sich die Resul ta te vergegenw/~rtigt, die zahlreiche Auto ren erhielten, als sie das Insu l ino id in verschiedenen Organen isolierten (Thymusdri ise, Maxillar, Thyroide, Milz, Leber, Muskel, Hirn , Lunge, Herz, Niere, Knochen usw.), und zwar n ich t nu r beim Mensehen, sondern auch bei verschiedenen Tieren, Hund , Ochse, K a n i n e h e n (Best Scott, Banting, Smith), so kSnnte m a n das Ph/~nomen eher als eine Akku- mul ie rung als ein spezifisches P roduk t ansehen. Aber anderersei ts stel l t der Beweis der Exis tenz des Insul inoids in gewissen Pf lanzen e inen wichtigen Beitrag dar, naeh welchem m a n diese Subs tanz als das spezifische P roduk t bes t immter Gewebe ansehen kann . Es s teht aber aulter Zweifel, dab es zur Bestgt igung dieser Ansicht weiterer Ver- suche bedarf.

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