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Naunyn-Sehmiedeberg's Arch. ex1). Path. u. Pharmak. 240, 171--178 (1960) Aus dem Pharmakologischen Institut der Universität Mainz (Direktor: Prof. Dr. G. KVSCHI~SKY) Die Ausbildung verschieden starker Stauungsödeme bei der Ratte und ihre Beseitigung durch Chlorothiazid Von F. A. HORSTER Mit 3 Textabbildungen (Eingegangen am 27. Juni 1960) In früheren Versuchen (BI~uNNE~, HO~ST]~R u. KUSCHI~SKr 1960) fanden wir, daß sich die Ausbildung eines Stauungsödems einschränken oder verhindern läßt, wenn man nach Unterbindung der Jugularvenen -- die bei Flüssigkeitsbelastung die Ausbildung des Stauungsödems zur Folge hat -- Glucoeorticoide oder Oxytocin (HO~STER 1960) in zeitlicher Abhängigkeit von den Flüssigkeitsbelastungen injiziert. Vasopressin und Chlorothiazid beeinflußten trotz natrinretischer bzw. diuretiseher und saluretischer Wirksamkeit die Ödembildung nicht. Es war daher anzu- nehmen, daß bei der Verhinderung der Ausbildung eines 0dems nicht nur eine Steigerung der renalen Wasser- und Elektrolytausscheidung von- hören ist, sondern zusätzlich im Stauungsbereich die Ödembereitschaft des Gewebes beeinflußt werden muß. Die folgenden Versuche sollten dazu dienen, festzustellen, ob ein Dinreticum wie Chlorothiazid in der Lage ist, ein voll ausgeprägtes experi- mentelles StauungsÖdem auszuschwemmen. Zugleich wurde untersucht, ob sich die Ödemstärke variieren läßt und ob das Ausmaß eines Stauungs- ödems Einfluß auf die diuretische Wirkung verschiedener Chlorothiazid- dosen hat. )Iethodik Die Versuche wurden an männlichen und weiblichen Ratten im Gewicht zwischen 200 und 300 g durchgeführt. Den Ratten wurden in Äthernarkose beide Venae jugulares unterbunden. Bei den Kontrolltieren wurden die Venen freigelegt, aber nicht unterbunden. Es wurden drei Versuchsgru1)1)en gebildet: a) Tiere ohne Flüssigkeitsgabe, b) Tiere mit einmaliger Plüssigkeitsgabe 1 Std post o1). und c) Tiere mit dreimaliger Flüssigkeitsgabe 1 Std, 8 Std und 20 Std post oi). Es wurden pro Plüssigkeitsgabe 5 ml/100 g Kör1)ergewicht einer 0,9°/0igen NaC1-Lösung mit Magensonden zugeführt. Nach der Operation wurden die Tiere in ttarnsammelgefäße gesetzt./)er Harn wurde für 24 Std gesammelt.

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Naunyn-Sehmiedeberg's Arch. ex1). Path. u. Pharmak. 240, 171--178 (1960)

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universität Mainz (Direktor: Prof. Dr. G. KVSCHI~SKY)

Die Ausbildung verschieden starker Stauungsödeme bei der Ratte und ihre Beseitigung durch Chlorothiazid

Von F. A. HORSTER

Mit 3 Textabbildungen

(Eingegangen am 27. Juni 1960)

In früheren Versuchen (BI~uNNE~, HO~ST]~R u. KUSCHI~SKr 1960) fanden wir, daß sich die Ausbildung eines Stauungsödems einschränken oder verhindern läßt, wenn man nach Unterbindung der Jugularvenen -- die bei Flüssigkeitsbelastung die Ausbildung des Stauungsödems zur Folge hat -- Glucoeorticoide oder Oxytocin (HO~STER 1960) in zeitlicher Abhängigkeit von den Flüssigkeitsbelastungen injiziert. Vasopressin und Chlorothiazid beeinflußten trotz natrinretischer bzw. diuretiseher und saluretischer Wirksamkeit die Ödembildung nicht. Es war daher anzu- nehmen, daß bei der Verhinderung der Ausbildung eines 0dems nicht nur eine Steigerung der renalen Wasser- und Elektrolytausscheidung von- hören ist, sondern zusätzlich im Stauungsbereich die Ödembereitschaft des Gewebes beeinflußt werden muß.

Die folgenden Versuche sollten dazu dienen, festzustellen, ob ein Dinreticum wie Chlorothiazid in der Lage ist, ein voll ausgeprägtes experi- mentelles StauungsÖdem auszuschwemmen. Zugleich wurde untersucht, ob sich die Ödemstärke variieren läßt und ob das Ausmaß eines Stauungs- ödems Einfluß auf die diuretische Wirkung verschiedener Chlorothiazid- dosen hat.

)Iethodik Die Versuche wurden an männlichen und weiblichen Ratten im Gewicht

zwischen 200 und 300 g durchgeführt. Den Ratten wurden in Äthernarkose beide Venae jugulares unterbunden. Bei den Kontrolltieren wurden die Venen freigelegt, aber nicht unterbunden.

Es wurden drei Versuchsgru1)1)en gebildet: a) Tiere ohne Flüssigkeitsgabe, b) Tiere mit einmaliger Plüssigkeitsgabe 1 Std

post o1). und c) Tiere mit dreimaliger Flüssigkeitsgabe 1 Std, 8 Std und 20 Std post oi).

Es wurden pro Plüssigkeitsgabe 5 ml/100 g Kör1)ergewicht einer 0,9°/0igen NaC1-Lösung mit Magensonden zugeführt.

Nach der Operation wurden die Tiere in ttarnsammelgefäße gesetzt./)er Harn wurde für 24 Std gesammelt.

172 F .A. HORSTER:

24 Std nach der Operation wurde Chlorothiazid (Fa. Pharma-Stern AG, Ham- burg 1) i.v. injiziert und der Harn für weitere 3 Std gesammelt. Die Injektionsmenge betrug stets 0,2 ml/100 g Körpergewicht.

Es wurden folgende Dosen injiziert: 2 mg, 10 mg und 50 mg/kg Chlorothiazid. Die Kontrolltiere erhielten physiologische Kochsalzlösung i.v.

Die Versuche wurden voll alternierend durchgeführt, d.h. in jedem Versuch waren scheinoperierte und venös gestaute Tiere mit und ohne Chlorothiazid- behandlung.

Als Maß für die Ödembildung diente die Änderung des Kopfvolumens, das vor der Operation, am Ende der 24stündigen und am Ende der dreistündigen ttarn- sammelperiode bestimmt wurde. Im Harn wurde der Natrium- und Kaliumgehalt flammenphotometrisch, der Chloridgehalt mercurimetrisch bestimmt.

Die statistische Auswertung der Versuche erfolgte in üblicher Weise (S~EI)E- COR 1950).

Die Versuche wurden zwischen Februar und Mai 1960 durchgeführt.

Ergebnisse 1. Die Ausbildung verschieden starker Stauungsödeme

I n Abb. 1 is t dargeste l l t , welchen Einf luß die Anzah l der Flüss igkei ts- be las tungen (a = keine Belas tung, b = einmalige Belas tung, c - - drei- mal ige Belas tung) au f die Wasser- und E lek t ro ly taussche idung und au f die Ödembi ldung ha t .

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Abb. 1. Die Wasser - und E lek t ro ly taussche idung und die J~nderung des Kopfvo lumens i n t a k t e r und venös ges t au te r R a t t e n in 24 8 td nach der Opera t ion bei versch iedener F l t i ss igke i t sbe las tung: Gruppe a : ke ine Flüss igkei tsgabe , Gruppe b : e inmal ige F lüss igke i t sgabe von 5 nil/100 g K G 0,9 °/0ige NaC1-Lösüng oral 1 S td pos t op., Gruppe c: d re ima l ige F lüss igke i t sgabe 1 Std, 8 S td und 20 S td post op. Die H ä k c h e n m a r k i e r e n die S t r euung des Mit te lwer tes und die S ternchen symbol is ie ren die Signif ikanz der Unterschiede (~ - - s~): * ~ p < 0 , 0 5 , ** = p < 0 , 0 1 , *** = ~<0 ,001 . Die Signif ikanzzeichen s ind s te ts a u f die Kont ro l lwer te der mlbehande l t en Tiere jeder Gruppe bezogen

(gil t auch f ü r die Abb. 2 und 3)

Bei den scheinoperierten Kontrolltieren is t eine deut l iche Abhi ingigkei t der Wasser - und der Na t r i um- und Chlor idausscheidung von der Menge

1 Der Fa. Pharma-Stern AG, Hamburg, sei auch an dieser Stelle für die Über° fassung größerer Mengen Chlorothiazid-Reinsubstanz gedankt.

Verschieden starke Stauungsödeme bei der Ratte und ihre Beseitigung 173

der zugeführten Flüssigkeit feststellbar. Die Kaliumausscheidung blieb dagegen bei allen drei Gruppen die gleiche.

Die Jugularvenenunterbindung brachte bei den Tieren der Gruppe a eine etwa 50 °/oige Einschränkung der Wasser- und Koehsalzausseheidung mit sich. Einmalige und dreimalige Flüssigkeitsbelastung steigerte die renale Ausscheidung, die aber stets deutlich geringer war als die der seheinoperierten Kontrollen. Die Kaliumausscheidung wurde durch die venöse Stauung nicht geändert und blieb auch bei den Tieren mit den

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Abb. 2. Die Wasser-, hTatrium- und Kaliumausscheidung sehsinoperlerter BaUen, denen 24 Std nach der Scheinoperation verschiedene Dosen Chlorothiazid i .v. injiziert wurden. Dreistlindige

Harnsammelperiode. Gruppeneinteilung und Signiflkanzzeichen wie in Abb. 1

unterbundenen Jugularvenen unabhängig von der zugeführten Flüssig- keitsmenge. Entsprechend der unterschiedlichen Flüssigkeits- und Salz- retention fand sieh bei den venös gestauten Tieren eine deutliche Diffe- renzierung der Ödembildung: das Kopfvolumen nahm in der Gruppe a am wenigsten, in der Gruppe c am stärksten zu. In der Gruppe a fanden sich nur selten Pfotenödeme, die dagegen in der Gruppe c ausgeprägt waren und teilweise von einem Scrotalödem begleitet wurden. Eine Ascitesbildung wurde in diesen Versuchen nicht beobachtet.

2. Die Wir]cung verschiedener Chtorothiaziddosen Bei den scheinoperierten Kontrollen (Abb.2) hatte das nach einer

24stündigen Harnsammelperiode i.v. injizierte Chlorothiazid in einer Naunyn-Schmlodeberg's Arch. exp. Pa$h. Pharmak., Bd. 240 12

174 F.A. HORSTER:

Dosis von 2 mg/kg keine Wirkung auf die Wasser-, Natrium-, Kalium- und Chloridausseheidung in den der Injektion folgenden 3 Std. 10 mg/kg Chlorothiazid steigerten bei allen Versuehsgruppen die Wasser- und Natriumausscheidung. In den Gruppen a und b nahm auch die Kalium- ausscheidung zu. Die Chloridausscheidung war nach 10 mg/kg Chloro- thiazid bei Gruppe a auf 70,0 :i: 5,6 (Kontrollen: 27,0 _~: 4,0), bei Gruppe b auf 80,0 i 7,2 (41,4 ::~ 8,6) und bei Gruppe e auf 151,0 -:~ 17,3 (84,4 ~: 10,7)/~Äq/100 g • Std vermehrt. Noch deutlicher wirkten 50 mg/kg Chlorothiazid i.v. auf die Diurese und Salurese scheinoperierter

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Abb.3. Das Harnvolumen, die iffatriumausscheidung und die Änderung des Kopfvolumens (als ]~Iaß ftlr die 8demabnahme) bei venö~ gestauten Ratten, denen 24 Std nach der Operation verschiedene Dosen Chlorothiazld i.v. injiziert wurden. Dreistündige narnsammelI~eriode. Alle Ilbrigen

Bezeichnungen wie in Abb. 1

Ratten (Abb.2). Die Chloridausscheidung dieser mit 50 mg behandelten Tiere betrug 107,3 ± 13,6 (Gruppea), 116,3 ~: 7,5 (Gruppeb) und 199,8 ± 21,0 (Gruppe c) pÄq/100 g • Std.

In Beziehung zur Flüssigkeitsbelastung gesetzt, war die Chlorothiazid- wirkung bei der Gruppe a der scheinoperierten Tiere deutlicher als bei Gruppe b und am st'~rksten bei Gruppe e.

In Abb.3 wird gezeigt, welche Wirkung die verschiedenen Chloro- ~hiaziddosen auf das Harnvolumen, die Natriumausseheidung und die Ödemminderung der venös gestauten Ratten hatten. Die unbehandelten KontroUtiere schieden in der 24.--27. Std post op. etwa gleich viel Wasser

Verschieden starke Stauungsödeme bei der Ratte und ihre Beseitigung 175

und Natr ium in der Zeiteinheit aus wie in den vorhergehenden 24 Std. Das Kopfvolumen der unbehandelten, venös gestauten Tiere nahm in der 24.--27. Std weiter zu: die Differenz gegenüber dem pr/~operativ be- s t immten Wert betrug jetzt bei Gruppe a 9,0 ~ 0,5 (24 Std post op. war die Differenz 8,0 ± 0 ,4)ml/Rat te , bei der Gruppe b 15,7 ± 0,5 (14,2 B 0,6) und bei Gruppe c 24,0 d: 0,6 (21,0 J: 1,0) tal /Ratte.

2 mg/kg Chlorothiazid steigerten das Harnvolumen aller drei Ver- suchsgruppen und die Natriumausscheidung der Gruppe a. Die Kalium- und Chloridausscheidung blieben nach 2 mg Chlorothiazid unverändert . Das Kopfvolumen nahm lediglich in der Gruppe a etwas ab.

10 mg/kg Chlorothiazid bewirkten eine deutliche Steigerung der Diurese und Elektrolytausscheidung. Diese Dosis beseitigte die nicht sehr ausgeprägten Ödeme der Gruppe a fast vollständig und reduzierte das Kopf- volumen der Gruppe b um 7,8 ~: 0,6 tal/Ratte, d.h. um etwa 50°/0. U m ebenfalls 50°/0 nahm das Kopf- volumen der Gruppe c nach der Injekt ion von 10 mg/kg Chlorothiazid ab.

50 mg/kg Chlorothiazid über t raf in seiner diure- tischen und saluretischen Wirkung deutlich diejenige von 10mg (Abb.3). Auch die Kahum- und Chlorid- ausseheidung - - die Werte sind aus der Tabelle er- sichtlich - - w a r bei den Tieren mit einem Stauungs- ödem nach der Injekt ion von 50 mg größer als nach

Tabelle. Die Kalium- und Chloridausseheidung öäematöser Ratten in der 24.--27. Std nach Unter- bindung der Juguhtrvenen bei verschiedener Flüs- si9keitsbelastun9 (a, b und c) und nach der Injek- tion verschiedener Dosen von Chlorothiazid (2 mg,

10 mg und 50 mg/kg i.v.)

Gruppe Kal ium- Chlorid- Behandlung ausscheidung ausscheidung

/~J~q/100 g • S td g-Ä-q/100 g • S td

Kontrolle

2 mg/kg

10 mg/kg

50 mg/kg

14,2 -- 2,0 18,0 ± 3,2 21,9 ± 3,2

24,6 :~ 4,2 28,9 ± 4,1 64,0 ± 6,1

18,2 -4- 2,0 22,0 i 5,0 16,6 ± 2,0 32,6 4- 4,3 20,0 ± 1,8 66,8 ± 8,7

26,9 ± 2,1 55,1 :J: 5,7 28,7 ~ 2,0 91,1 :J: 3,6 24,6 :J: 2,6 159,3 :d: 15,0

33,5 :~ 3,1 34,0 ± 2,8 32,2 ± 2,1

84,2 :t: 8,3 106,1 Π9,3 200,7 ~: 11,6

10 mg/kg Chlorothiazid. Trotz dieser starken Wirkung auf die renale Aus- scheidung nahm das Ödem nach 50mg nicht mehr ab als nach 10 mg Chlorothiazid. Bei der Gruppe a blieb 3Std nach der Injekt ion der 50-mg-Dosis immer noch eine Kopfvolumensdifferenz von 5 tal, bei Gruppe b von 7,6 ml und bei Gruppe e von 8,6 tal /Ratte, verglichen mit den präoperat iv best immten normalen Kopfvolumina.

Bei einem Vergleich der Ergebnisse in den einzelnen Versuehsgruppen ist festzustellen, daß die Dosis von 2 mg/kg Chlorothiazid unter den ange- gebenen Versuchsbedingungen bei normalen Tiefen die Wasser- und

12"

176 F.A. ]-IoI¢STER:

Elektrolytausscheidung nicht beeinflußte und bei den Tieren mit Stauungsödemen zwar zu einer Diuresesteigerung, aber nicht zu einer Abnahme des Ödems führte.

Die Dosen von 10 mg und 50 mg/kg steigerten die Diurese und Salu- rese aller Tiere deutlich. Bei einem prozentualen Wirkungsvergleich ergibt sich, daß Chlorothiazid bei den ödematösen Tieren eine größere Wirkung hatte als bei den scheinoperierten Kontrollen. Letztere hat ten in Gruppe a ohne Chlorothiazid eine Diurese von 0,17 tal/100 g • Std, die durch die Injektion von 10 mg/kg Chlorothiazid um 100°/o auf 0,35 ml und durch 50 mg/kg Chlorothiazid um 300o/o auf 0,70 ml gesteigert wurde.

Bei den ödematösen Tiefen der Gruppe a betrug das Harnvolumen der nicht mit Chlorothiazid behandelten Rat ten 0,07 ml und stieg nach 10 mg Chlorothiazid um 310 °/o auf 0,36 ml und nach 50 mg Chlorothiazid um 670 °/o auf 0,54 ml/100 g • Std an. Vergleicht man andererseits die für Diurese und Natriurese bei den scheinoperierten Kontrollen (Abb. 2) und den ödematösen Ra t t en (Abb. 3) ermittelten Werte, so erkennt man, daß die absolute Ausscheidung von Wasser und Natr ium nach der Injektion von 10 mg/kg Chlorothiäzid und auch nach der Injektion von 50 mg gleich ist. Zum Beispiel schieden in der Gruppe c die scheinoperierten Ra t t en nach 10 mg/kg Chlorothiazid 1,10ml Wasser und 140,6/~Äq Nat r ium aus, die ödematösen Tiere 1,20 ml/100 g . Std Wasser und 139,6/xÄq/100g. Std Natrium. Nach der Injektion von 50mg/kg Chlorothiazid bei Gruppe c hat ten die nichtödematösen Tiere ein Harn- volumen von 1,70 ml/100 g . Std und eine Natriumausscheidung von 228,5/~Äq/100 g" Std, die ödematÖscn Rat ten ein Harnvolumen von 1,66 ml und eine Natriumausscheidung von 203,0/~Äq.

Vergleicht man die diuretischen Wirkungen der einzelnen Chloro- thiaziddosen mit der prozentualen Änderung des Kopfvolumens, dann findet man, daß z.B. 10 mg Chlorothiazid die Diurese in Gruppe a um 310 °/o (Natriurese um 140°/o), in Gruppe b um 2400/0 (200°/o) und in Gruppe c um 220 °/o (140 °/o ) steigerte. ])as Ödem war bei den Tiefen der Gruppe a fast vollständig beseitigt, bei der Gruppe b um 55 °/o und der Gruppe c um 50o/0 vermindert. Die Chlorothiazidinjektion von 50 mg steigerte die I)iurese (und Natriurese) in der Gruppe a um 670 °/o (260 °/o), Gruppe b um 500 °/o (350 °/o ) und Gruppe c um 450 °/o (240 °/o); t rotzdem nahm das Ödem der Gruppe a nur um 40 °/o, der Gruppe b um 50 °/o und der Gruppe c um ebenfalls nur 50 °/o ab.

Diskussion Bei der Berechnung der vorliegenden Ergebnisse wurden die extra-

renalen Flüssigkeitsverluste nicht berücksichtigt, die nach früher unter den gleichen äußeren Bedingungen vorgenommenen Untersuchungen in

Verschieden starke Stauungsödeme bei der Ratte und ihre Beseitigung 177

24 Std etwa 20--25 o B der ren~l ausgeschiedenen Flüssigkeitsmenge be- tragen (HoRsT~R, KVSC~~SKY, P~TE~S U. BRUmmeR 1960).

Die vergleichende Betrachtung der Versuchsergebnisse zeigte, daß Dosen von 10 und 50 mg/kg Chlorothiazid die Diurese und Salurese von Ratten mit experimentellem Stauungsödem auf gleiche Werte wie bei intakten l~atten steigerte. Diese Zunahme der renalen Ausscheidung war von einer Ödemabnahme begleitet. Die Ödemabnahme ging aber quanti- tativ nicht parallel der jeweiligen Diurese- oder Natriuresesteigerung in den verschiedenen Versuchsgruppen. Es konnte deshalb keine Beziehung aufgestellt werden zwischen dem Schweregrad des Ödems und der diure- tischen Chlorothiazidwirkung. Das gleiche Phänomen einer unterschied- lichen Wirkung auf die renale Ausscheidung und auf die Ausbildung eines experimentellen Stauungsödems wurde schon bei Versuchen mit Gluco- corticoiden beobachtet (HoRSTER 1960). Die Befunde stärken die Ansicht, daß die Beeinflussung eines Stauungsödems nicht nur von der diuretischen Wirksamkeit eines Präparates abhängt.

Der lVlüssigkeitsaustausch zwischen Geweben und Capillaren beruht auf einem Gleichgewicht zwischen hydrostatischem und kolloidosmo- tischen Druck. Dieses Gleichgewicht dürfte unter den Bedingungen einer venösen Stauung gestört sein. Der gesteigerte venöse Druck im Stauungsbereich fördert wahrscheinlich den Austritt von Flüssigkeit in den Extracellulärraum bei zunehmender Flüssigkeitsbelastung der Tiere.

Bei diesem Prozeß der Ödembildung können z.B. Glucocoßicoide durch Änderung der Gefäßpermeabilität oder auf einem anderen Wege wirksam sein. Chlorothiazid ist bei der Ödembildung im Stauungsbereich wirkungslos. Eine durch Chlorothiazid ausgelöste Diurese kann anschei- nend erst bei einem ausgeprägten Stauungsödem auch zu einer Ödem- abnahme führen. Ob dabei Volumenreceptoren eine RoHe spielen, kann nach den vorliegenden Befunden nicht gesagt werden.

Weitere Untersuchungen sollen die Frage klären, ob die kombinierte Gabe von Glucocorticoiden und Chlorothiazid bzw. von Oxytocin mit einem Diureticum in der Lage ist, die Ödembildung undÖdembeseitigung über die diuretische Wirkung hinaus zu beeinflussen.

Summary 1. After tying of the jugular veins a congestion edema of differing

intensity was produced by oral loading of rats with varying amounts of saline.

2. Chlorothiazid (10 or 50 mg./kg, i.v.) given 24 hours after tying of the jugular veins increased the diuresis and sodium excretion to approxi- mately the same values in edematous and normal animals.

178 F.A. HORSTER: Stauungsödeme bei der Ratte und ihre Beseitigung

3. The effect of chlorothiazid on renal excretion is no t influenced by the severi ty of the edema and is no t quan t i t a t ive ly related to reduct ion of edema.

Für verst~ndnisvolle und wertvolle technische Mitarbeit danke ich Herrn Dr. phil. nat. P. R. BI-IAI~DARI.

Literatur BRUN1N-ER, H., F. A. HOBSTER U. G. KUSCHINSKY: Die Beeinflussung eines experi-

mentellen Stauungsödems der Ratte durch Chlorothiazid, Hydrocortison, Dexa- methason, DOCA und Vasopressin. Naunyn-Schmiedeberg's Arch. exp. Path. Pharmak. 289, 359 (1960).

HORSTER, F. A. : Die Wirkung von Corticosteroiden auf die Ausbildung eines experi- mentellen Stauungsödems der Ratte. Vortrag 1. Frühjahrstagung Deutsche Pharmakol. Gesellschaft (im Druck) (1960).

HORSWER, F. A., G. KUSCmNSKY, G. PETERS U. H. BRVNNER: Der Einfluß einer venösen Stauung im Kopf bereich auf die Wasser- und Elektrolytausscheidung von Ratten. Naunyn-Schmiedeberg's Arch. exp. Path. Pharmak. 289, 345 (1960).

SNEDECOa, E. : Statistical methods applied to experiments in agriculture and biology. Ames, Iowa: The Iowa Stare Co[lege Press 1950.

Dr. med. F. A. HORSTER, II. Medizinische Klinik und Poliklildk der Medizinischen Akademie, Düsseldorf,

Moorenstraße 5