dgl - medizinberatungsgesellschaft gmbh & co....
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DGL - Medizinberatungsgesellschaft GmbH & Co. KG Hamburg - Greifswald - Passau
Stärken / Schwächen und
Chancen / Risiko - Analyse
(SWOT- Analyse) einer Gemeinschaftspraxis
von
Priv. Doz. Dr. med. Johannes B. Dahm MBA
Dr. med. Jan Gatermann MBA
Loissin und Hamburg im November 2001
Ohlendiekskamp 61 in 22399 Hamburg
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
2
1. Beurteilung der Ausgangssituation
1.1. Situation der derzeitigen ärztlichen Versorgung
2. Beschreibung der SWOT- Analyse
2.1. Chancen
2.2. Gefahren
2.3. Geschäftsfeld
2.4. Analyse der Leistungsfähigkeit
2.5. Analyse der Leistungsziele
3. Unternehmensexterne Analyse
3.1. Sozioökonomische Umfeldanalyse
3.2. Nachfragenanalyse
4. Unternehmensinterne Analyse
4.1. Angebotsanalyse
4.2. Beschreibung der Praxis
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
3
4.3. Leistungsspektrum der Praxis
4.4. Betriebsanalyse
4.5. Betriebswirtschaftliche Kenndaten der Praxis
4.6. Aufschlüsselung der Einzelleistungen
4.7. Standortanalyse
5. Zusammenfassung
6. Literatur und Quellennachweis
7. Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
4
1. Beurteilung der Ausgangssituation
Die monetären Ressourcen werden in unserem Gesundheitssystem immer knapper. Die
Gründe hierfür sind vielfältig. Einerseits kommt es in den nächsten Jahren zu
altersstrukturellen Verschiebungen, da immer mehr Menschen in der Bevölkerung, nicht
zuletzt durch die Fortschritte in der Medizin, älter als 60 Jahre sein werden. Mit dem Altern
der Bevölkerung wird die Morbidität steigen und damit wird es zu einer Zunahme der
ambulanten und stationären Behandlungen kommen.
Auf der anderen Seite ist seit den siebziger Jahren eine anhaltend bestehende niedrige
Geburtenrate zu verzeichnen. Folglich werden immer weniger Erwerbstätige in unserer
Solidargemeinschaft finanziell für immer mehr Menschen aufkommen müssen. Ein weiterer
Punkt ist, dass die Fortschritte in der so genannten „high– tech“ Medizin immer teurer erkauft
werden und dies bei sinkenden Einnahmen der Krankenkassen, die ja an die
Erwerbstätigenrate gekoppelt sind. Die Ursache hierfür ist in der anhaltend hohen
Arbeitslosigkeit seit Beginn der neunziger Jahre zu finden.
1.1 Ausgangssituation der derzeitigen ärztlichen Versorgung
Die Honorare der niedergelassenen Ärzte sind in den letzten Jahren zum Teil ganz erheblich
zurückgegangen und dies bei steigenden Kosten. Die medizinischen Leistungen, die erbracht
werden dürfen, sind in der Regel seit 1996 budgetiert und Überschreitungen werden, wie auch
mehr als 5 % Wachstum der Patienten- Fallzahl per annum zum Teil ganz empfindlich von
Seiten der Kassenärztlichen Vereinigungen abgestraft. Ebenso werden Praxen mit einer
überdurchschnittlichen Anzahl von Patienten im Quartal mit 10 - 20 % Honorarabschlag
gestraft 1
1 EBM 2001
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
5
Hinzu kommen der zunehmende Konkurrenzdruck der niedergelassenen Ärzte untereinander
und der Niederlassungsboom der letzten Jahre.
So nahm die Zahl der niedergelassenen Vertragsärzte in freier Praxis in Hamburg von 2144
(1970) auf 3297 (2000) zu 2.
Gleichzeitig wurden von 1970 bis zum Jahr 2000 rund 7000 Krankenhausbetten abgebaut 3.
In der Gesundheitsreform 2000 hat die Regierungskoalition aus SPD und Bündnisgrünen die
gesetzlichen Vorraussetzungen für integrierte Versorgungssysteme geschaffen. Verträge
zwischen Kostenträgern (Krankenkassen) und Leistungserbringern (Krankenhäuser und
niedergelassene Vertragsärzte) sind somit erstmals unter Umgehung der Kassenärztlichen
Vereinigungen möglich4. Ob diese Anreize jedoch ausreichend sind den Wettbewerb im
Gesundheitssystem zu entwickeln, bleibt abzuwarten. Unserer Meinung nach sind weitere
grundlegende Reformen dazu notwendig.
Umso bedeutsamer ist es, sich auf den kommenden Wettbewerb einzustellen und die
Vorraussetzungen zu schaffen, dass sich das Unternehmen Arztpraxis erfolgreich am Markt
wird behaupten können. Hierzu ist die S W O T- Analyse aus unserer Sicht gut geeignet, die
Stärken- und Schwächen- Analyse mit der Chancen- und Risiken- Analyse miteinander zu
verbinden und zu untersuchen.
2 Statistisches Landesamt Hamburg 3 Statistisches Landesamt Hamburg 4 §§ 140a- 140 h SGB V
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
6
2. Beschreibung der S W O T- Analyse
Die zusammenfassende Bewertung der Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken
eines Unternehmens wird als SWOT- Analyse bezeichnet. SWOT ist die englische
Abkürzung für die vier Bewertungskomponenten „ strength, weakness, opportunities und
threats “ 5 .
2.1. Chancen
Bei der Umfeldanalyse geht es in erster Linie darum, neue Chancen für das Unternehmen
Arztpraxis auszumachen. „Eine Marketingchance ist ein mögliches Marketingvorhaben des
Unternehmens, bei welchem das Unternehmen Arztpraxis einen Wettbewerbsvorteil genießen
könnte. Die Marketingchancen müssen auf ihre Attraktivität und Erfolgswahrscheinlichkeit
hin für das Unternehmen untersucht werden“ 6.
Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist nicht nur von den unternehmerischen Stärken (besondere
Kompetenz sowohl medizinisch als auch betriebswirtschaftlich gesehen) und den
Erfolgserfordernissen im Zielmarkt abhängig, darüber hinaus müssen die Stärken der
Konkurrenz übertroffen werden. Dies bedeutet für die Arztpraxis und auch das Krankenhaus
gesehen, dass diejenigen medizinischen Betriebe langläufig am besten abschneiden, die den
größten Patientennutzen schaffen und langfristig aufrechterhalten können.
5 Kotler / Bliemel, 2001, S. 132 6 Kotler / Bliemel, 2001, S. 132
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
7
Um sich einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, muss das Unternehmen
Arztpraxis in Sachen Kompetenz medizinisch-fachlich und unternehmerisch überlegen sein.
Es reicht heute bei weitem nicht mehr aus, „ ein guter Arzt zu sein “ und keine
betriebswirtschaftlichen Kenntnisse zu haben. In unserer Analyse werden wir uns
ausschließlich auf eine Arztpraxis konzentrieren und die Krankenhäuser außen vor lassen.
2.2. Gefahren
Einige Entwicklungen im externen Umfeld stellen für das Unternehmen Arztpraxis eine
Gefahr dar. Dies sind zum Beispiel: Gebiete der Überversorgung, Niederlassungsboom der
letzten Jahre, floatende Punktwerte, zunehmende Konkurrenz durch Apotheker und
Heilpraktiker und andere Anbieter im Gesundheitsmarkt und die anhaltend hohe
Arbeitslosigkeit und damit die Beitragsausfälle der Versicherten für das Solidarsystem und
die zunehmende Überalterung in unserer Gesellschaft, was finanziell von der jungen
arbeitsfähigen Generation in unserem Solidarsystem nicht mehr aufgefangen werden kann.
Die umweltinduzierte Gefahr ist eine Herausforderung, die dem Unternehmen Arztpraxis aus
einer ungünstigen Tendenz oder Entwicklung des Umfelds erwächst und die Praxis sowie den
gesamten niedergelassenen Bereich der versorgungsärztlichen Tätigkeit bedroht, wenn keine
Marketingmaßnahmen dagegen ergriffen werden. Die Gefahren, die ein Unternehmen in
seinem Umfeld erkennt, werden nach ihrem Gefährdungspotential und dem
Wahrscheinlichkeitsgrad ihres Eintretens klassifiziert 7.
So ist die Gefahr, dass sich andere Praxen der Umgebung zu Netzwerken zusammenschließen
oder auch Kooperationsverträge mit Kliniken und Krankenkassen schließen, als sehr groß
anzusehen, seit die Regierungskoalition von SPD und Bündnisgrüne in der Gesundheitsreform
2000 die integrierten Versorgungsformen gesetzlich festgeschrieben hat. So hat nicht nur die
Konkurrenz der niedergelassenen Vertragsärzte untereinander stark zugenommen, sondern
auch die Konkurrenz zwischen niedergelassenen Ärzten und den Krankenhäusern hat sich in
den letzten Jahren deutlich verschärft.
7 Kotler / Bliemel, 2001, S. 133
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
8
In Zukunft werden also nur noch Praxen und Kliniken wettbewerbsfähig sein können, die in
einer Netzstruktur eine Leistung am Patienten möglichst kostengünstig unter Vermeidung
von unnötigen Doppeluntersuchungen und auf den Grundlagen der evidenz basierten
Medizin erbringen können.
So genannte „Einzelkämpferpraxen“ werden das Nachsehen haben und zum Beispiel über die
zu erwartenden Qualitätskontrollen und Fortbildungen ins Abseits gedrängt werden, da die
Zeit einen limitierenden Faktor zwischen der täglichen Arbeit und den Fortbildungen darstellt.
Es ist leicht vorstellbar, dass kooperierende Praxen nicht nur über ein Mehr an
medizinischem Wissen verfügen, sondern z.B. auch über Apparategemeinschaften, die eine
medizinische Leistung, über eine bessere Auslastung und auch über bessere
Abschreibungsmöglichkeiten deutlich kostengünstiger wird anbieten können.
2.3. Geschäftsfeld
„Aus dem Gesamtbild aller Chancen und Gefahren ergibt sich, wie attraktiv ein
Geschäftsfeld ist. Die Arztpraxis kann ihr Geschäft einer der folgenden vier Kategorien
zuordnen:
- Ein ideales Geschäftsfeld bietet zahlreiche gute Chancen bei nur wenigen oder
keinen Gefahren.
- Ein spekulatives Geschäftsfeld bietet viele positive Entwicklungsmöglichkeiten,
ist aber gleichzeitig einer Reihe ernster Gefahren ausgesetzt.
- Im Gegensatz dazu gibt es das ausgereifte Geschäftsfeld, wo es weder große
Chancen noch ernste Gefahren gibt.
- Ein problembehaftetes Geschäftsfeld bietet kaum Chancen, aber viele
Gefahren“ 8.
8 Kotler Bliemel, 2001, S. 133
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
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2.4. Analyse der Leistungsfähigkeit (Stärken und Schwächen)
Es ist nicht damit getan, im externen Umfeld attraktive Marktchancen für eine Arztpraxis
aufzutun. Das Unternehmen „Arztpraxis“ muss auch über die notwendigen Fähigkeiten
verfügen, diese Chancen erfolgreich wahrzunehmen. Dies kann beispielsweise mit einer
Checkliste geschehen.
Danach werden die Fähigkeiten der Praxis im Bereich Marketing, Qualität der
Patientenbehandlung und Management der Finanzen und der Personalführung untersucht.
Jeder Einflussfaktor erhält eine von fünf Leistungsbewertungen: große Stärke, kleine Stärke,
ausreichende Leistung, kleine Schwäche und große Schwäche. Da nicht alle diese Faktoren
für den Erfolg oder die Marketingchancen gleichbedeutend sind, muss die Wichtigkeit jedes
Faktors berücksichtigt werden (hoch, mittel, gering)9.
Stellt man nun die Leistungsausprägung und die Erfolgswichtigkeit der Faktoren gegenüber,
so ergeben sich vier mögliche Kombinationen (siehe Abbildung 1).
Feld A beinhaltet Faktoren von großer Bedeutung, bei denen die Leistung der
Geschäftseinheit ungenügend ist. Als Beispiel sei hier genannt: Lange Wartezeiten durch
schlechte Organisation. Folglich müssen hier die Anstrengungen verstärkt werden.
Im B Feld befinden sich wichtige Faktoren, welche die Praxis bereits bestens erfüllt ( z.B.
Qualifikation der Ärzte und des Personals, Erreichbarkeit).
Feld C beinhaltet unbedeutende Faktoren, bei denen die Geschäftseinheit schlecht
abschneidet; hier sind infolgedessen Verbesserungen nicht dringlich ( z. B. ausstehende
Renovierung der Praxisräume oder ggf. Umzug der Praxis).
In Feld D schließlich sind unbedeutende Faktoren angesiedelt, bei denen die Praxis gute
Leistungen erbringt, sich aber vor übertriebenem Einsatz hüten sollte ( z. B. innovative
Behandlungsformen).
9 Kotler / Bliemel, 2001, S.134 / 134.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
10
Gering Groß
A. Anstrengungen
verstärken
B. Weiter gute
Arbeit leisten
C. Verbesserung
nicht dringlich
D. Vorsicht vor
übertriebenem
Einsatz
Leistungsausprägung
Abbildung 1: Matrix der Leistungsausprägung
und der Erfolgswichtigkeit mit normativen
Handlungsempfehlungen 10
„Diese Analyse zeigt, dass selbst dann, wenn eine Geschäftseinheit über eine besondere
Kompetenz verfügt, daraus nicht unbedingt ein Wettbewerbsvorteil erwachsen muss“ 11.
Diese Situation ist z B. dann gegeben, wenn die betreffende Stärke für den Patienten völlig
irrelevant ist. Beispielsweise der hochspezialisierte Facharzt in einer Praxis mitten in einem
Wohngebiet, im ersten Stock, ohne Fahrstuhl und mangelnder Verkehrsanbindung.
Oder dann, wenn sie für den Erfolg im Markt zwar bedeutsam ist, die Wettbewerber jedoch
das gleiche Leistungsniveau aufzuweisen haben (jeder Arzt in dem oben genannten
Wohngebiet endoskopiert oder röntgt zum Beispiel selbst ).
10 Kotler / Bliemel, 2001, S. 135. 11 Kotler / Bliemel, 2001, S. 135.
E R F O L G S W I C H T I G K E I T
Hoch
Gering
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
11
Es kommt also darauf an, beim jeweiligen Faktor relativ stärker zu sein als die
konkurrierenden Praxen. Wenn zwei Konkurrenten relativ niedrige Fixkosten haben, so wird
die Praxis den Wettbewerbsvorsprung für sich verbuchen, die den niedrigsten Fixkostenanteil
aufweist.
„Die Analyse der Leistungsfähigkeit zeigt, dass man weder alle Schwächen beseitigen (einige
sind bedeutungslos) noch alle Stärken beklatschen soll (auch hier sind einige irrelevant). Die
große Frage lautet vielmehr, ob man das Geschäft künftig auf diejenigen Marketingchancen
beschränken soll, für die man die erforderlichen Stärken schon besitzt, oder ob man auch
andere, möglicherweise bessere Chancen suchen sollte, für deren Wahrnehmung noch
bestimmte Fähigkeiten zu erwerben sind“12.
Boston Consulting ist der Auffassung, dass die Unternehmen im Wettbewerb erfolgreich sind,
wenn sie nicht nur ihre Kernkompetenzen, sondern darüber hinaus die besseren
unternehmensinternen Fähigkeitspotenziale entwickelt haben. Jedes erfolgreiche
Unternehmen „Arztpraxis“ muss Fähigkeitspotenziale zu einigen grundlegenden Prozessen
besitzen, wie z.B. die Wartezeitoptimierung für den Patienten, die Qualitätskontrolle der
Behandlung oder auch in der Prophylaxe von Erkrankungen.
Jeder dieser Prozesse ist wertschaffend und jeder erfordert Teamarbeit zwischen den
Praxismitarbeitern. Es reicht nicht aus, dass jeder Mitarbeiter oder jede Abteilung ihre
Kernkompetenz besitzt. Es ist vielmehr die Aufgabe des Unternehmens, überlegende
Wettbewerbsfähigkeiten zu entwickeln, indem es diese Prozesse managt. Boston Consulting
bezeichnet dieses Konzept als Wettbewerb durch Fähigkeitspotenziale“ 13.
Es gilt also diese Fähigkeitspotenziale der Praxis …… und ihrer Mitarbeiter zu erkennen, zu
verdeutlichen und umzusetzen. Nur so kann die Praxis einen Wettbewerbsvorteil für sich
erarbeiten.
2.5. Analyse der Leistungsziele
Nach der SWOT- Analyse kann die Praxis ihre Betriebs- und Ergebnisziele formulieren.
Diese Stufe im Planungsprozess legt fest, was die Praxis im Planungszeitraum
12 Kotler / Bliemel, 2001, S. 136.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
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erreichen will, und zwar patientenorientiert und zeitlich definiert, um messbar und steuerbar
zu sein. Es existieren oft mehrere Ziele gleichzeitig, z.B. Erhöhung der Profitabilität,
Umsatzsteigerung, Erhöhung des Privatpatientenanteils, Innovationsförderung, Imagepflege
etc.. Die Praxis erstellt die Leistungsziele und orientiert sich bei allen Entscheidungen und
Handlungen an diesen Zielen. Dieses System bezeichnet man als leistungsorientiertes
Management oder Management by Objectives (MBO- Konzept). Damit es funktionieren
kann, sollten die Leistungsziele hierarchisch gegliedert, quantitativ definiert, realistisch und
ausgewogen sein 14.
3. Unternehmensexterne Analyse
In der Unternehmensforschung unterscheidet man innerhalb der unternehmensexternen
Analysen die so genannte Makroanalyse und die Mikroanalyse. Bei Makroanalyse, wird der
Makrozensus, also die äußeren Rahmenbedingungen des „Gesundheitsmarktes“ untersucht.
Hierzu gehören die Entwicklungen neuer Technologien (z. B. neue Op-Techniken, neue
bildgebende 3-D-Verfahren zur Op.- Planung). Weiterhin befasst sich die Makroanalyse mit
der Beurteilung der Ressourcen (z. B. neue Therapien und diagnostische Fortschritte, sowie
medizinische Erkenntnisse). Hinzu kommt der Bereich der Sozioökonomie. Dieser umfasst
unter anderem Konjunkturschwankungen, das Wirtschaftswachstum, politische, ökonomische
und rechtliche Rahmenbedingungen. In der Makroumwelt werden also für die Praxis
unspezifische und auch spezifische Gegebenheiten immer wieder verändert
festgelegt. Hieraus kann sich für die Praxis eine positive wie negative Wirkung ergeben.
Entwicklungen der Makroumwelt sind jedoch marketingspezifisch eher unbedeutend15.
Bei der Mikroanalyse werden die Verbraucher (Patienten), die sog. Absatzmittler und
Konkurrenten bzw. der Wettbewerb im Mikrokosmos untersucht und beurteilt (z.B.
Verbrauchertrends, Kundenprobleme und -bedürfnisse, Pharmavertriebsstrukturen). Für
marketingspezifische Bedingungslagen ist die Entwicklung der Mikroumwelt von sehr großer
Bedeutung.
13 Kotler / Bliemel, 2001, S. 135. 14 Kotler / Bliemel, 2001, S. 136 f. 15 Dietrich, M, 2001, S. 41.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
13
3.1. Sozioökonomische Umfeldanalyse
Hamburg ist eine Stadt mit ca. 1 700 000 Einwohnern 16 und es sind 3297 Ärzte in freier
Praxis niedergelassen17. Die Interessen der niedergelassenen Vertragsärzte werden nach
außen hin von der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVHH)und der Ärztekammer
Hamburg vertreten. Übergeordnet sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die
Bundesärztekammer als Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Im Stadtteil … -Süd, in der sich die untersuchte Arztpraxis befindet, leben ca. 30000
Einwohner. Im Krieg wurde ein Grossteil durch die Bombenangriffe zerstört. Nach dem Krieg
wurden große Wohnhäuser mit 4 - 5 Stockwerken wiederaufgebaut. Es handelt sich hierbei in
der Regel um 2 - 3 Zimmerwohnungen mit durchschnittlich 56,1 qm Wohnfläche ohne
Fahrstuhl18. ……-Süd war vor und nach dem Krieg eine Arbeiterwohngegend. Die Familien
lebten hier im Durchschnitt mit 3 - 4 Kindern.
Die Praxis wurde 1950 von Dr. Senior …. in einer Mietwohnung im ersten Stock
gegründet. Die sanitären Einrichtungen in den Wohnungen waren damals auf das
Notwendigste beschränkt (warmes Wasser nur in der Küche, keine Dusche etc.).
Heute leben überwiegend 1 bis 2- Personen in einer Wohnung. Die Einkünfte je
Steuerpflichtigen betrugen 1995 in diesem Stadtteil rund 52000 – DM 19. In ….. Süd haben
sich in den letzen Jahren zunehmend verschiedene Gewerbe und Dienstleistungsunternehmen
angesiedelt, was dieser Gegend sehr zugute kommt. Nordwestlich der Praxis in ca. 1 km.
Entfernung ist die so genannte „ Alster -City“, ein Bürokomplex mit mehr als tausend
Arbeitsplätzen entstanden.
Das Einzugsgebiet der Praxis … wird, unserer Meinung nach insbesondere für ältere
Menschen, durch große Straßenzüge im Norden und Westen, namentlich die ……. Strasse
und die -Strasse, in südlicher Richtung durch die vierspurige ……… -Strasse einschließlich
des großen Einkaufszentrums und Richtung Ost durch den ….-Weg begrenzt (siehe
Abbildung 2 auf der nächsten Seite).
16 Dietrich, M, 2001, S. 41. 17 Handbuch für das Gesundheitswesen ,2001, S. 359 ff. 18 Statistisches Landesamt Hamburg 19 Statistisches Landesamt Hamburg
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
14
Im Stadtteil …..-Süd sind im Radius von 750 Metern um die Praxis herum 21 Ärzte
niedergelassen, die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen 20. Im Durchschnitt finden
wir hier auf je 1428 Einwohner einen Facharzt für Allgemeinmedizin bzw. einen hausärztlich
tätigen Internisten.
20 Handbuch für das Gesundheitswesen, 2001, S. 359 ff.
Abbildung: 2: Kartenausschnitt von Barmbek- Süd Maßstab 1:60.000 Der äußere Radius entspricht 750 Meter
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
15
Die Praxis befindet sich im ersten Stockwerk eines mehrgeschossigen Wohnhauses. Ein
Fahrstuhl existiert nicht. Im Erdgeschoss befindet sich eine Praxis für Krankengymnastik und
Physiotherapie, mit der eine Kooperation besteht.
Netz- bzw. integrierte Versorgungskonzepte sind bisher nur in Ansätzen vorhanden. Im
Umkreis von maximal 5 km gibt es vier Krankenhäuser der Maximalversorgung: Im Norden
das AK Barmbek, im Südosten das AK Eilbek, und westlich das Marienkrankenhaus und das
AK St. Georg. Es bestehen zu den einzelnen Kliniken und Abteilungen unterschiedliche mehr
oder weniger gut ausgebaute Kontakte.
Das Allgemeine Krankenhaus Eilbek und das Marien- Krankenhaus planen große
Ambulanzzentren einzurichten.
3.2. Nachfrageanalyse
Unter einer Nachfrageanalyse versteht man die Untersuchung der Praxisbesucher, um daraus
Informationen für die unternehmensexterne Praxisanalyse zu gewinnen. Informationen über
die für die Praxis interessanten Nachfrager sind für eine Situationsanalyse von großer
Wichtigkeit. Als Nachfrager kommen alle bisherigen bzw. ehemaligen aber auch alle
zukünftigen Patienten in Betracht. Bei den niedergelassenen Spezialisten müssen zusätzlich
auch alle überweisenden Kollegen als Nachfrager angesehen werden.
Die zu untersuchenden Fragen können etwa folgendermaßen lauten: Handelt es sich um
einmalige oder sporadische Praxisbesucher, was sind die Gründe für die seltenen
Konsultationen? Wie können Praxisbesuche z.B. durch kürzere Wartezeiten und ein netteres
Ambiente besser gestaltet werden? Ist ein Erstbesuch für den Patienten zufrieden stellend
verlaufen? Kommt der Patient überhaupt wieder? Oder besteht ein Mangel an Vertrauen über
die Kompetenz des Arztes und seines Teams?
Wie verhält es sich mit dem regelmäßigen Patienten der Praxis, einschließlich der
Dauerpatienten? Werden hier Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen sowie die vereinbarten
Behandlungen vollständig durchgeführt (Qualitätskontrolle) 21?
21 Riegel, G., F., 1990.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
16
Dauerpatienten bieten nicht nur Vorteile. Einerseits sind sie aus wirtschaftlicher Sicht gut für
die Grundauslastung des Praxisbudgets, andererseits können sie jedoch die
Behandlungskosten so erhöhen, dass sich für den Arzt auch wirtschaftliche Nachteile ergeben
können.
Für die niedergelassenen Spezialisten sind, wie schon oben erwähnt, die Überweisungspartner
ein wichtiger Aspekt der Nachfrageanalyse. Man unterscheidet hier zwei Situationen:
Eine starke Stellung am Markt kann ein Eindringen eines „neuen Kollegen gleicher
Fachrichtung“ durch fest gefügte Überweisungsstrukturen der zuweisenden Ärzte verhindern,
ohne dass die Patienten in der Lage sind, den besonderen Nutzen oder Vorzug eines Arztes
zu bewerten, wenn mehrere Spezialisten gleicher Fachrichtung ansässig sind.
Die relativ „schwache“ Marktstellung einer Arztpraxis kann z. B. dadurch gekennzeichnet
sein, dass der Fachkollege A eine Alleinstellung hat. Kommt es nun zu einem Eindringen
eines neuen Fachkollegen B, wird sich die Marktstellung von A sofort ändern und unter
Umständen dauerhaft geschwächt und dies zugunsten von B. Oder auch, dass die
zuweisenden Kollegen des Fachspezialisten keine festen Überweisungsstrukturen und
Gewohnheiten haben 22 .
Eine Nachfrageanalyse ist zurzeit für die Praxis … in Vorbereitung. Da es sich bei der zu
untersuchenden Arztpraxis um eine hausärztliche Schwerpunktpraxis handelt, spielen die
Überweisungsaufträge durch andere niedergelassene Kollegen hier keine Rolle. Unter den
niedergelassenen Kollegen herrscht Konkurrenzdenken, so dass z.B.
Ultraschalluntersuchungen, die vom Internisten der Gemeinschaftspraxis ohne Probleme für
Kollegen, die nicht über ein eigenes Sonographiegerät verfügen, durchgeführt werden
könnten, lieber an weiter entfernte Ärzte überwiesen werden.
In der Umgebung gibt es von den 21 bestehenden potenziellen Konkurrenten fünf Praxen, die
aufgrund ihrer Stellung am Markt, den Patientenstamm der Praxis …... sofort übernehmen
könnten. Andererseits gibt es drei Einzelpraxen von älteren Kollegen in unmittelbarer Nähe,
die Patienten an sich binden. Diese potenziellen Kunden müssen mittel- bis langfristig
gesehen für die Praxis …… geworben werden.
22 Dietrich, M, 2001, S.48.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
17
3.3. Wettbewerbsanalyse
Trotz der Bemühungen aller Beteiligten kommt es zu stetig steigenden Kosten in unserem
Gesundheitssystem. Die Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversicherung werden im Jahr
2002 mit ca. 14 % des Bruttoeinkommens Rekordniveau erreichen.
Die hohe Arztdichte sowie das Aufkommen anderer Heilberufe führen zu einem verstärkten
Wettbewerb unter den niedergelassenen Ärzten. Die durchschnittliche Zuwachsrate der
niedergelassenen Ärzte betrug in den letzten Jahren ungefähr 1,19 % jährlich. Eine ähnliche
Entwicklung ist bei den Heilpraktikern festzustellen. Nach Angaben des Bundes Deutscher
Heilpraktiker hat deren Anzahl von ca. 11.000 (1985) auf 15.000 (im Jahr 2001)
zugenommen23.
Trotz der Niederlassungssperre, die dem bereits niedergelassenen Arzt eine gewisse
Schutzfunktion bietet, werden immer wieder junge hochqualifizierte und motivierte Kollegen
auf den Markt drängen. Da jede Niederlassung mit Investitionen einhergeht, wird sich auch
die Praxisausstattung ändern, und es werden andere Behandlungsschwerpunkte gesetzt. Dies
kann und wird Einfluss auf die Wettbewerbssituation haben.
Von großer Bedeutung ist, dass die niedergelassenen Vertragsärzte ihre Zulassung mit dem
Erreichen des 68. Lebensjahres zurückgeben müssen. Bei der Betrachtung der aktuellen
Altersstruktur der Ärzte wird deutlich, dass es innerhalb der nächsten 10 Jahre zu einer
erheblichen Fluktuation der heute 58. -jährigen Ärzte kommen wird.
Die Krankenhäuser sind dabei, ihre Ambulanzen verstärkt auszubauen und Polikliniken
einzurichten, um besser Aufgaben übernehmen zu können, die bisher den niedergelassenen
Vertragsärzten vorbehalten waren.
23 Dietrich, M, 2001, S. 48.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
18
Konkurrenz ist für den Arzt in freier Praxis jeder Anbieter einer Gesundheitsdienstleistung,
der die gleiche Zielgruppe abdeckt, also auch Apotheken, die zum Teil kostenlos kleinere
Untersuchungen und Beratungen anbieten. Bedenken muss man auch die zunehmende
Selbstversorgung bzw. Selbstmedikation der Patienten (RR- Messgeräte, Gesundheitsbücher
u.s.w.) und Medikamentenbestellung und Beratung über das Internet 24 .
Bei all diesen verschiedenen Einflüssen ist es von großer Wichtigkeit, durch die
Wettbewerbsanalyse zu folgenden Bereichen Informationen zu erlangen:
• Standortanalyse vor der eigenen Niederlassung und Standortüberprüfung nach der
Niederlassung
• Verbesserung des Wissensstandes vor wichtigen Praxisentscheidungen
• Umsatz und Praxisplanung
• Profilierungsmöglichkeiten gegenüber der Konkurrenz
• Mögliche präventive Marktmaßnahmen
• Erkennen des relevanten Wettbewerbsstils und -verhaltens
• Überprüfung der Wettbewerbsreaktionen auf die eigenen Praxisaktivitäten 25.
24 Dietrich, M, 2001, S. 49. 25 Dietrich, M, 2001, S. 50.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
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4. Unternehmensinterne Analyse
Zweck einer unternehmensinternen Analyse ist es u.a. herauszufinden, was ein Unternehmen
(Arztpraxis) am Markt tun kann, um seine Stellung zu halten oder zu verbessern. Die
unternehmensinterne Analyse hat Bedeutung bei der Zielbildung, („Wenn man nicht weiß
wohin man will, darf man sich auch nicht wundern, wenn man ganz woanders ankommt“).
Die unternehmensinterne Analyse wird Sinnvollerweise in eine Angebotsanalyse, eine
Betriebsanalyse und eine Standortanalyse differenziert. Durch die Analyse sollte es möglich
sein, an die eigenen Stärken und Schwächen anzuknüpfen.
Grundsätzlich gibt es generelle Unternehmensmerkmale, die für die meisten Praxen gelten.
Daneben gibt es aber auch sehr praxisindividuelle Merkmale, die ebenfalls bei der Analyse
berücksichtigt werden müssen. Für die Durchführung einer solchen so genannten Stärken-
Schwächen-Analyse sind die Kriterien, die für die Beurteilung relevant sind, zu bestimmen.
Um einen möglichst breiten und ausreichenden Merkmalskatalog zu erlangen, ist es in aller
Regel nicht ausreichend, dass ein Arzt alleine die für ihn maßgeblichen Merkmale entwickelt.
Es besteht dann die Gefahr, durch möglicherweise subjektive und eingeschränkte interne
Sichtweisen relevante Merkmale zu vergessen. Vielmehr sollten zur Merkmalsfindung auch
Patienten und Kollegen sowie die Mitarbeiter befragt werden. Entscheidend für die
Zielableitung ist die schlüssige Zusammenführung von unternehmensexternen und -internen
Daten.
Hieraus können die Möglichkeiten einer fundierten Zielplanung abgeleitet werden, die sich
sowohl an den Gegebenheiten der Märkte als auch an den Fähigkeiten des
Unternehmens orientiert 26.
Das für die untersuchte Praxis erstellte Profildiagramm ist mit den für diese Praxis relevanten
Merkmalen in Abbildung 3 dargestellt.
26 Dietrich, M, 2001, S.42.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
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1= sehr schwach, 7= sehr stark Abbildung 3
Kriterien 1 2 3 4 5 6 7 Medizinische Behandlungserfolge Kriterien neue Behandlungsformen Weiterbildungen Geräteausstattungen Labor Akupunktur Tauchmedizin Ernährungsmedizin Patienten- Wartezeiten orientierung Wartebereich Erreichbarkeit Sprechzeiten Informationssservice Personalqualifikation Anmeldung Recall-System Telefon-Sprechstunde Notfall-Sprechstunde Internetauftritt Betriebs- Umsatz wirtschaftliche Praxiskosten Kenngrößen Behandlungszahlen Marktanteil Deckungsbeiträge
Stärken-Schwächen-Analyse der Praxis ……….
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
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4.1. Angebotsanalyse
In der Angebotsanalyse geht es darum, welche Leistungen in der Praxis …. überhaupt
angeboten werden. Leistungen bestehen bekanntlich aus einem Bündel von Eigenschaften,
welche jeweils einzeln bewertet werden können und vom Patienten auch getrennt
wahrgenommen werden. Diese Leistungseigenschaften lassen sich in eine hierarchische
Ordnung bringen. Die Einordnung der Produkt- bzw. Leistungseigenschaften erfolgt nach
Kotler und Bliemel 27 in:
1. den Kernnutzen,
2. die Basisleistung,
3. die vom Patienten erwartete Leistung,
4. die erweiterte Leistung und
5. die potentielle Leistung
Der Kernnutzen ergibt sich aus der Berufswahl des Arztes und der ärztlichen Standesordnung.
In der Standesordnung ist festgelegt, welches die primären Ziele des Arztes sind:
• das Leben zu erhalten,
• die Gesundheit zu schützen und wiederherstellen,
• das Leiden zu lindern,
• den Sterbenden Beistand zu leisten,
• die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf die Bedeutung
für die Gesundheit der Menschen
Die Realisierung des Kernnutzens muss anhand von Basisleistungen erfolgen. Dieses bedeutet
für den niedergelassenen Arzt, dass er mindestens so ausgestattet sein muss, dass
Behandlungen durchführt werden können.
27 Kotler / Bliemel, 2001.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
22
Hierzu gehört in der Regel ein Behandlungsraum, die Grundausstattung an medizinischen
Mitteln, eine Anmeldung und ggf. ein Wartezimmer und Fachpersonal. Hinzu kommen noch
die Diagnose und Behandlung bzw. Therapie, die sich zurzeit noch am ärztlichen
Berufsstandard zu orientieren hat. In Zukunft könnte dies anders aussehen z.B. wenn die
Krankenkassen als Geldgeber noch mehr bestimmen, wie die Behandlung des Patienten
auszusehen hat. Das Ganze wird dann als Basisleistungspaket des niedergelassenen
Vertragsarztes definiert und richtet sich nicht nach gesundheitlichen, sondern ausschließlich
nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus.
Ein Nachfrager (Patient) erwartet aber in der Regel nicht nur die Basisleistungen, sondern
weitere nützliche Eigenschaften und Rahmenbedingungen, die sogenannten erwarteten
Leistungen. Ein Patient erwartet einen freundlichen Empfang durch das Personal, er erwartet
Zeitschriften sowie weitere Informationen über aktuelle Gesundheitsthemen im Wartezimmer.
Die Wartezeit sollte heute so kurz wie möglich (unter 10 Minuten) sein. Es ist hier die
kalkulatorische Wartezeit des Patienten zu sehen, dass ist die Zeit, die der Patient im
Wartezimmer wartet und wo er sonst etwas anderes machen könnte (z.B. Geld verdienen).
Weiterhin erwartet der Patient, dass der Arzt ihm Diagnose und Therapie verständlich
vermittelt, dass der Arzt dem Patienten zuhört und sich Zeit für ihn nimmt.
Eine Stufe höher liegt die erweiterte Leistung, bei der die Erwartungen des Patienten
übertroffen werden. Hierbei handelt es sich um solche Leistungen, die nicht jede Praxis
anbietet oder anbieten kann. Neben allgemeinen Serviceleistungen handelt es sich hierbei um
eine überdurchschnittlich hohe Qualität in allen Bereichen.
Hierzu zählen beispielsweise eine höchst effiziente Praxisorganisation mit sehr geringen
Wartezeiten dank einer guten Terminverwaltung sowie eine sehr schnelle und gute Diagnostik
„just in time“ (Diagnosestellung und ggf. Therapieeinleitung vor dem Beginn des
Wochenendes und nicht erst nächste Woche), um nur einige Beispiele zu nennen.
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23
Zusammenarbeit mit exzellenten Spezialisten im niedergelassenen Bereich wie auch in der
Klinik ist bei der erweiterten Leistung von großer Wichtigkeit. Bedingt sie doch ein
Höchstmaß an Effizienz und Genauigkeit der Diagnose oder Analyse von Laborergebnissen.
Entscheidend ist hierbei, dass die Verbindungen so gut sind, dass man Termine für die
Patienten nicht erst in einigen Wochen, sondern sofort, d.h. am gleichen Tag, oder in der
gleichen Woche vereinbaren kann.
Hier wird nicht nur die Dringlichkeit der Erkrankung selbst berücksichtigt. Recall- Service
und ggf. Nachfrage nach dem Befinden des Patienten am Wochenende gehören ebenso zur
erweiterten Leistung wie eine eventuell notwendige Intervention.
Die potenzielle Leistung befasst sich mit einer möglichen zukünftigen Entwicklung des
Leistungsangebotes, welches aber noch nicht realisiert ist. Bezogen auf bestehende Praxen
könnte dies die Bündelung von Ressourcen und Kompetenzen z.B. in großen
Gemeinschaftspraxen, Ärztehäusern oder Polikliniken sein, die ggf. durch die Kliniken
unterstützt werden. Die Bündelung von Leistungen hat Nutzen für den Patienten als auch für
den Arzt, indem z. B. unnötige Doppeluntersuchungen vermieden werden, kürzere Wege Zeit
sparen, sich eine höhere Auslastung der Apparate und des Labors ergeben und Mitarbeiter
gemeinsam genutzt werden können.
Der Wettbewerb der ärztlichen Dienstleistungen findet im Bereich der erweiterten und der
potenziellen Leistung statt. Der Patient beurteilt subjektiv die Praxis auf diesen beiden
Ebenen, und dies hat wesentlichen Einfluss auf seine Entscheidungsfindung, für welchen
Arzt oder für welche Praxis er sich letztendlich entscheidet.
Die medizinischen Leistungen werden in unserem Krankenversicherungssystem, in dessen
Anschauung wir es hier mit dem Segment der gesetzlichen Krankenversicherung zu tun
haben, nicht direkt mit dem Versicherten abgerechnet. Eine Ausnahme hiervon bilden die
Zahnärzte, aus deren Leistungskatalog einige Abrechnungen direkt mit dem Patienten geführt
werden.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
24
Ansonsten ist keine direkte Verbindung zwischen Leistungsinanspruchnahme und
Leistungsfinanzierung gegeben. Somit wirkt das Preisargument für medizinische Behandlung
hier nicht, außer bei Leistungen außerhalb der gesetzlichen Krankenkasse. Hier kann der
Patient die medizinischen Behandlungsangebote nach Preis und Leistung genau vergleichen.
Deshalb ist die Qualität der medizinischen Versorgung entscheidend. Für den Patienten
besteht das Problem, dass er es bei dieser ärztlichen Versorgung mit Vertrauens- bzw.
Erfahrungsgütern zu tun hat, die er erst im Nachhinein, wenn überhaupt, beurteilen kann. Dies
ist dann der Fall, wenn sich der Behandlungserfolg einstellt. Oder er kann die Qualität
überhaupt nicht beurteilen, weil ihm das Fachwissen fehlt.
Wenn der Mensch eine bestimmte Sache oder eine Handlung nicht beurteilen kann, sucht er
sich sog. Ersatzindikatoren zur Beurteilung der Qualität. In der Medizin wird dies als
Kausalitätsbedürfnis bezeichnet. Leistungsbestandteile, die er nicht beurteilen kann, sind für
ihn nicht relevant. Die Ersatzindikatoren für eine Qualitätsbeurteilung werden zum Teil vom
Arzt selbst vorgegeben, indem er sein Handeln, die Diagnostik und die Therapie sowie die
Prognose kommunizieren kann.
Der Patient entwickelt ein Gespür für die Fähigkeit des Arztes, mit der Unwissenheit des
Patienten umzugehen. Diese Fähigkeiten kann der Patient beurteilen. Des weiteren besteht
heutzutage für den Patienten die Möglichkeit, eine zweite oder auch eine dritte ärztliche
Meinung einzuholen, um sich dadurch eher in die Lage versetzen zu können, eine wenn auch
subjektive Meinung des ersten Arztes bewerten zu können und gegebenenfalls aus der
erweiterten Sicht eine Änderung der Therapieform herleiten zu können. Diese Fähigkeiten
haben sich aber erst in den letzten Jahren weiter entwickelt. Es gibt auch heute noch viele,
nicht nur ältere Patienten, die dies als Untreue ihrem Arzt gegenüber empfinden. Auf der
anderen Seite gibt es auch heutzutage genügend Ärzte, die es als persönliche Beleidigung
ansehen, wenn ein Patient sich eine Zweitmeinung einholen will. Jedoch wird der Patient im
Laufe der Zeit mündig und mit dem veränderten Informationsangebot zunehmend interessiert
an einer breiten Basis von medizinischen Grundkenntnissen. Die Vielzahl der in den Medien
und in der Presse hervorgebrachten Sendungen und Artikel sprechen in dieser Hinsicht eine
eindeutige Sprache.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
25
Daneben gibt es weitere Indikatoren, die die Meinungsbildung des Patienten über einen Arzt
und seine Praxis entscheidend mitbestimmen. Ein ganz entscheidendes Kriterium für die
Patienten sind Freundlichkeit und Geduld der Ärzte und deren Personal. Ebenfalls gilt als
Erfolgsfaktor die gute und die für den Heilungsverlauf entsprechende Qualifikation des
Arztes, keine oder nur geringe Wartezeiten, sowohl in der Praxis als auch die
Voranmeldungszeit bis zu einem persönlichen Termin beim Arzt. Und andere für den
Patienten relevante Indikatoren wie die Praxisausstattung und Gestaltung, das Image der
Praxis, bilden ein Eigenschaftsbündel, welches dem Patienten angeboten wird und das der
Patient beurteilt oder zu beurteilen versucht. Bei verschiedenen Alternativen zu
Problemlösungsangeboten ist bekannt, dass diejenige gewählt wird, die den größten
Nettonutzen für den Nachfrager liefert (Prinzip des Nettonutzens).
Das bedeutet, dass neben medizinischen Eigenschaften auch nichtmedizinische Eigenschaften
eine wichtige Rolle bei die Arztpraxiswahl spielen. So besteht neben der freien Arztwahl die
zunehmende „Pseudo- Mündigkeit“ des Patienten überhaupt einen Arzt aufzusuchen.
Entscheidend ist also die rein subjektive Bündelung der oben genannten Eigenschaften des
Patienten für seine Arztwahl. Augrund dieser subjektiven Wahrnehmung entscheidet der
Patient, welchem Arzt er sich anvertraut und vorbehandeln lässt. Und nur der Arzt, dem der
Patient seinen Behandlungsfall übergibt, erhält die Grundlage zur Generierung von Umsatz 28.
4.2. Beschreibung der Praxis
Die von uns analysierte Praxis wird als Gemeinschaftspraxis geführt. Sie beschäftigt neben
einem Assistenzarzt/-ärztin eine Vollzeitkraft, zwei Teilzeitkräfte für den Praxisbetrieb sowie
eine Teilzeitkraft für die Buchhaltung und eine Reinigungskraft. Die Praxis befindet sich in
einem Wohnmischgebiet, in einem Vieretagenmietshaus, und dort im ersten Stock. Ein
Fahrstuhl ist nicht vorhanden. Die Praxisfläche beträgt ca. 110 qm. Nach Eintritt in die Praxis
gelangt man in den Flur, der gleichzeitig Wartezimmer ist. Von hier kommt man in die
Anmeldung. Hier werden die Patienten in Empfang genommen und die gesamte
Administration durchgeführt.
28 Dietrich, M, 2001, S. 55.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
26
Telefonische Terminvergabe und Rezeptbestellungen werden von hier aus gesteuert. Vom
Flur gehen die zwei Arztbehandlungszimmer und ein so genannter Multifunktionsraum sowie
Labor und die Toilette ab. Ein Aufenthaltsraum für das Personal ist nicht vorgesehen.
In der Anmeldung wird neben der Patientenannahme und der ganzen Administration auch die
Kurzwellentherapie durchgeführt. Alle Räume sind mit EDV (Quincy) und Telefon
ausgestattet und intern vernetzt. Die Patientenkarteikarte und Terminierung wird nur noch
elektronisch geführt. Das bedeutet, dass der Patient ohne nochmalige Rücksprache des Arztes
mit der Helferin bereits sein Rezept fertig ausgefüllt an der Patientenannahme abholen kann.
Im Multifunktionsraum werden folgende Leistungen durchgeführt: EKG, Ergometrie,
Lungenfunktionsprüfung, Infusionen, Akupunktur, Blutentnahmen, Untersuchungen,
Therapie und Patientenschulungen bei Diabetikern. In seltenen Fällen kann dieser allerdings
auch als Sprechzimmer genutzt werden.
Daneben gibt es für jeden Arzt ein Behandlungszimmer. In dem einen steht das
Sonographiegerät und kann von beiden Ärzten zu gleichen Teilen genutzt werden.
Notwendige Gastroskopien werden in einer in der Nähe befindlichen internistischen
Praxisgemeinschaft durchgeführt. Es besteht eine Apparategemeinschaft mit dieser
Praxisgemeinschaft. Weitere Kooperationsverträge bestehen nicht.
Die Praxis ist bis auf die Wochenenden und die gesetzlichen Feiertage immer geöffnet. Die
Sprechzeiten sind täglich von Montag bis Freitag vormittags von 08.00 - 12.00 Uhr und
Montag- bis Donnerstagnachmittag von 16.00 -18.00 Uhr.
Beide Ärzte nehmen einmal im Monat am vertragsärztlichen Notfalldienst teil. Dieser wird
von der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVHH) in den sprechstundenfreien Zeiten
(abends ab 19.00 Uhr bis morgens 07.00 Uhr, und Mittwochnachmittags von 13.00 Uhr bis
19.00 Uhr sowie samstags und sonntags ganztägig) organisiert.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
27
Die Praxis ist zu Fuß von der näheren Umgebung aus gut zu erreichen. Eigene Parkplätze für
PKW sind nicht vorhanden und wegen der sehr hohen Verkehrsdichte in dieser Gegend
Mangelware, da kaum Tiefgaragen bei dem alten Wohnungsbestand vorhanden sind. Die U-
Bahn- und Bushaltestellen sind in ca. 10 - 15 Minuten zu Fuß erreichbar.
4.3. Leistungsspektrum der Praxis
Die Praxis … ist eine Schwerpunktpraxis der hausärztlichen Versorgung.
Das Angebot umfasst das gesamte Spektrum der Allgemeinmedizin wie auch das Fachgebiet
der Inneren Medizin mit den Segmenten Diagnostik und Therapie. Die Praxisinhaberin
verfügt über die Zusatzbezeichnungen Sportmedizin, Ernährungsmedizin und Tauchmedizin
nach GTÜM und ist ärztliche Qualitätsmanagerin einschl. EFQM- Assessorenausbildung.
Neben den Zusatzbezeichnungen verfügt die Praxis über so genannte Zusatzbudgets, die bei
besonderem Versorgungsbedarf der Bevölkerung auf Antrag bei der Kassenärztlichen
Vereinigung genehmigt werden können. Dies gilt für die psychosomatischen Behandlungen,
für die Sonographie, Langzeit - EKG - Untersuchungen, die Beinvenensonographie und die
Betreuung von Patienten in beschützenden Einrichtungen.
Neben den Grundleistungen werden in geringem Umfang auch schon erweiterte Leistungen
angeboten. Die Kassenleistungen sind in der folgenden Tabelle mit „K“ und erweiterte
Leistungen mit„ E“ gekennzeichnet.
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28
Leistungsangebot der Praxis ……. sind:
• Hausbesuche bei Indikation K
• psychosomatische Grundversorgung K
• Gesundheitscheck K / E
• Krebsfrüherkennung für Männer K
• Diabetikerschulung K
• kleine chirurgische Wundversorgung K
• Infusionstherapie K / E
• Lungenfunktionsdiagnostik K
• Gastroskopie K
• EKG K
• Langzeit- EKG K
• Belastungs- EKG K
• Langzeit-Blutdruckmessung K
• Sonographie des Abdomens und ggf. Thorax K
• Sonographie der Schilddrüse K
• Sonographie der Gefäße K
• Kurzwellenbehandlung K
• Nemectrodyn- Behandlung K
• Laboruntersuchungen K / E
• Impfberatung K / E
• Akupunktur E
• Tauchtauglichkeitsuntersuchungen E
• Ernährungsberatung E
• Adipositasberatung K / E
• Reisemedizinische Beratung E
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29
Als Besonderheiten werden von Frau Dr. … sportmedizinische Untersuchungen und
Behandlungen angeboten. Ihr Spezialgebiet ist die Tauchmedizin. Ihr Schwerpunkt liegt hier
in der Untersuchung auf die Tauchtauglichkeit, aber auch in der Behandlung und dem
Management von Tauchunfällen sowie dem Behindertentauchen. Seit einigen Jahren ist sie
Landesverbandsärztin des Hamburger Tauchsportbundes (H.T.S.B) und betreut hier viele
Mitglieder.
Daneben hat Frau Dr. … die Zusatzbezeichnung in der Ernährungsmedizin erworben und die
Ausbildung als ärztliche Qualitätsmanagerin einschl. dem EFQM- Assessor erfolgreich
absolviert. Die Ernährungsmedizin bietet neben der Tauchmedizin einen weiteren Bereich
der so genannten und weiter oben von uns beschriebenen „erweiterten Leistungen“ für die
Patienten, aus denen sich für die Praxis ein Wettbewerbsvorteil ergeben kann.
Akupunktur wurde bis zum September 2001 von der Weiterbildungsassistentin durchgeführt.
Nach ihrem Ausscheiden aus der Praxis besitzt zurzeit keiner der beiden Ärzte Qualifikation,
diese Gesundheitsleistungen weiterhin erfolgreich am Markt anzubieten.
Beide Ärzte und eine Arzthelferin verfügen über die Qualifikation zur Diabetesschulung von
Typ 2 Diabetikern mit und ohne Insulinbehandlung. Das Angebot der Diabetikerschulung
spricht sich positiv bei den Patienten herum, so dass sich auch hier ein Wettbewerbsvorteil für
die Praxis zeigt. Daraus entwickelt sich, so die individuelle Praxisplanung, mittelfristig eine
erhöhte Marktdurchdringung von Beratungsdienstleistungen des erweiterten Angebotes.
Eine Ertragssteigerung ist jedoch bis zum heutigen Zeitpunkt nur in Teilbereichen erkennbar.
Hier können bereits vorhandene Ressourcen und Stärken weiter ausgebaut werden und damit
einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten geschaffen worden.
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30
4.4. Betriebsanalyse der Praxis
Die Betriebsanalyse des Unternehmens beschäftigt sich mit den wirtschaftlichen und den
betriebswirtschaftlichen Kenndaten der Arztpraxis. Als wichtigste Grunddaten sind hier der
Umsatz, die Kosten und der daraus resultierende Gewinn zu nennen. Bei der Angebotsanalyse
spielen die Deckungsbeiträge eine aus wirtschaftlicher Sicht wichtige Rolle. Unter
Deckungsbeitrag (auch Bruttogewinn oder auch als Grenzkostenergebnis bezeichnet) versteht
man die in der Grenzplankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung ausgewiesene
Differenz aus den Erlösen und den rechenbaren Kosten (variable Kosten, Grenzkosten). In
der Kalkulation werden Deckungsbeiträge pro Kostenträgereinheit ausgewiesen, in der
Erfolgsrechnung werden sie mit den umgesetzten medizinischen Leistungen multipliziert.
Die Summe aller Deckungsbeiträge dient zur Deckung der nach Kostenstellen gegliederten
fixen Kosten und darüber hinaus zur Erzielung eines Gesamtgewinns. Anders ausgedrückt
wird erst eine Deckungsbeitragsrechnung durchgeführt, dann folgt eine Bruttogewinnanalyse
und schließlich erstellt man ein gewinnmaximales Fertigungsprogramm 29
Dies ist jedoch so nicht ohne weiteres auf den ärztlichen Bereich übertragbar, denn in der
Praxis müssen vom Arzt auch Leistungen angeboten werden, die nicht kostendeckend oder
gar gewinnbringend sind ( z. B. Betreuung von Sterbenden oder die Sonographie, die bei
abdominalen Schmerzen durchgeführt werden muss, obwohl das Budget bereits voll ist).
Deshalb ist es sinnvoller, die Aufmerksamkeit auf die Gesamtheit aller Deckungsbeiträge zu
richten und diese den Fixkosten gegenüberzustellen, um dann den Gewinn der Arztpraxis zu
errechnen und zu bestimmen ist die Gewinnsituation des Unternehmens Arztpraxis
unbefriedigend, so gibt es in der betriebswirtschaftlichen Theorie drei Ansatzpunkte, um den
Gewinn des Unternehmens zu maximieren. Diese lauten wie folgt 30:
29 Sellin, u. H., 1980, S. 972. 30 Dietrich, M, 2001, S 55.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
31
1. Preiserhöhung
Man versucht, eine Preiserhöhung durchzusetzen. Dies ist nur begrenzt möglich
und auch nur bei solchen Leistungen erzielbar, die privatärztlich angeboten werden.
Bei Leistungen, die im Rahmen des gesetzlichen Erstattungskataloges der
Krankenversicherung erbracht werden, besteht bekanntlich keinerlei Möglichkeit,
eine Preiserhöhung am Markt durchzusetzen. Die Vergütung erfolgt durch die
Kassenärztlichen Vereinigungen an die niedergelassenen Ärzte, die wiederum
Verträge mit den Krankenkassen abgeschlossen haben. Da aber auch die
gesetzlichen Krankenkassen als Sozialversicherungsträger defizitär arbeiten,
werden die Summen letztendlich über eine Erhöhung der Beiträge der Versicherten
finanziert.
2. Stückkosten
Die zweite Möglichkeit, die Gewinnsituation in einer Arztpraxis zu verbessern, ist
die Stückkosten ( d.h. die auf eine betriebliche Leistungseinheit bezogenen Kosten)
der einzelnen Leistungen zu reduzieren. Hier gibt es unserer Auffassung nach in
fast jeder Praxis Potenzial, die Stückkosten zu senken.
3. Fixkosten
Die Fixkosten in einer Artpraxis sind bekanntermaßen sehr hoch. Dies liegt an den
hohen Personalkosten und der Praxismiete. Da medizinische Leistungen nicht auf
Vorrat produziert werden können, muss also Personal und Medizintechnik
vorgehalten werden, unabhängig von der tatsächlichen Nutzung ( z.B.
Operationsräume, Hubschrauber einschl. Personal u.s.w.). Hier bestehen ebenfalls
z. B. durch Synergieeffekte erhebliche Einsparungen für die Praxis und damit eine
Gewinnmaximierung.
Unseres Erachtens ergibt sich bei genauerer Untersuchung allerdings ein weiterer nicht
unerheblicher Ansatzpunkt zur Gewinnmaximierung.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
32
4. Umsatzsteigerung
Eine weitere Möglichkeit sehen wir in einer Umsatzsteigerung und einer daraus
resultierenden Gewinnmaximierung. Wenn es der Arztpraxis gelingt, durch
unspezifische oder spezifische Veränderungen den Umsatz zu steigern, dann
müssen nicht zwangsläufig auch die Fixkosten steigen. In der Regel werden sich
jetzt zunächst die variablen Kosten verändern. Variable Kosten sind veränderliche
Kosten, deren Höhe vom Beschäftigungsgrad der Arztpraxis abhängt. Hierdurch ist
es möglich, z. B. durch eine bessere Auslastung der Instrumente und der
medizinischen Geräte, eine Umsatzsteigerung herbeizuführen. Dies geschieht z. B.
dann, wenn der Arzt aus differenzialdiagnostischen Gründen weitere
Untersuchungen durchführt.
Da aber durch die Kassenärztlichen Vereinigungen geregelt ist, dass eine Praxis nur eine
Wachstumsrate von 5 % per annum bei den GKV-Patienten haben darf, ist die
Umsatzsteigerung zumindest in diesem Bereich doch sehr begrenzt. Anders verhält es sich
jedoch bei den Privatpatienten und den Leistungen, die vom Versicherten privat getragen
werden müssen.
Für die Arztpraxis existiert die Möglichkeit einer Preiserhöhung nicht, da die Preise für
ärztliche Leistungen sowohl im privaten als auch im gesetzlich versicherten Be-reich durch
Gebührenordnungen vorgegeben sind. Es bleibt deshalb nur die Möglichkeit der
Fixkostensenkung, der Reduzierung der Stückkosten für die einzelne Leistung sowie die
Umsatzsteigerung und der daraus resultierenden Gewinnoptimierung. Die Betriebsanalyse für
die Arztpraxis versucht, diese Kostensituation darzustellen. Der besseren
Stückkostenentwicklung dient ein effizientes Prozessmanagement, dass die
Behandlungsmöglichkeiten auf eine möglichst wirtschaftliche Art und Weise darzustellen
versucht. Hier sind jedoch schon die Grenzen aufgezeigt, da eine berechnungsfähige
Behandlung weitgehend definiert ist und selbst Zeitvorgaben für die einzelnen
Untersuchungen bzw. Gesprächsleistungen bestehen. Hiermit soll Abrechnungsbetrug
vermieden werden. Durch die Zeitvorgaben und die bestehende Budgetierung der Leistungen
kann eine Umsatzsteigerung der Praxis nur durch mehr
Behandlungsfälle erreicht werden. Hierzu sind geeignete Marketingstrategien zu entwickeln
und anzuwenden.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
33
Um die sowieso anfallenden Fixkosten möglichst optimal zu nutzen, ist eine wirtschaftliche
Praxisorganisation sowie ein möglichst wirtschaftliches Personal-Management für eine
optimale Leistungserstellung unabdingbar. Hier sind die Kosten der Mitarbeiter, Überstunden,
Unterauslastung, Apparate und Labordaten sowie Praxismiete usw. anzuführen. Hieraus
ergibt sich die Praxisauslastung in ihrer Gesamtheit 31 .
Weiterhin gehört zur Betriebsanalyse auch die Untersuchung der finanziellen Situation einer
Arztpraxis. Dies gestaltet sich nicht immer einfach, da in der Regel der Gewinn über eine
Einnahme-Überschuss-Ermittlung festgestellt wird. Diese Form der Gewinnermittlung lässt
jedoch die eigentliche Vermögensfeststellung eines Betriebes nicht zu. Dennoch ist die
Untersuchung und Aufstellung nicht nur aller Schulden, des Verschuldungsgrades und der
Kreditlinie einer Praxis von Bedeutung, ebenso sind die Rücklagen eines Unternehmens
genauso aufzuführen und mitzubewerten ggf. einschließlich der stillen Reserven, die gebildet
wurden. Nur bei genauer Kenntnis dieser Daten ist es möglich, die zukünftigen
Investitionsmaßnahmen zu planen, mit denen sich die Praxis wirtschaftlich dem Wettbewerb
stellt.
4.5. Betriebswirtschaftliche Kenndaten der Praxis
Die folgenden Angaben beschränken sich auf die von uns für wesendlich erachteten
betriebswirtschaftlichen Kenndaten.
• Zum Patientenstamm zählen zurzeit etwa 8.000 Personen, hiervon sind ca. 1/3
Rentner, die restlichen 2/3 sind Erwerbstätige, Jugendliche und Kinder.
• Die Praxis rechnet im Durchschnitt einschließlich des ärztlichen Notdienstes 1350 –
1600 Behandlungsfälle pro Quartal ab.
• Pro Quartal werden 130 - 170 Privatpatienten betreut.
• Der Gesamtumsatz der Praxis betrug im Jahr 2000 rund: 708 000,- DM.
• Der Anteil der Privatpatienten am Gesamtumsatz liegt bei ca. 12 %.
31 Dietrich, M, 2001, S. 55.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
34
Die Betriebsausgaben im Jahr 2000 lagen unter 33 % des Gesamtumsatzes. Diese gliedern
sich in:
Summe der Betriebsausgaben: 236. 500 266.690
Quelle: Gewinnermittlung der Praxis ….., 2000 35
Werden nun die Betriebsausgaben vom Gesamtumsatz abgezogen verbleibt ein Bruttogewinn
vor Steuern von 471 000,- DM für beide Ärzte zusammen. Steuerliche Aspekte und
Abschreibungen lassen wir hier aus Gründen der Vereinfachung unberücksichtigt. Nach den
Statistiken der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ( KBV ) von 1999 liegen die
Betriebskosten für eine Arztpraxis im Schnitt bei 59,3 % des Gesamtumsatzes. Am
35 Heinemann & Munstermann, Steuerberater / Wirtschaftsprüfer, 2000.
Betriebsausgaben: Geschäftsjahr: DM Vorjahr: DM Aufwendungen für Praxisbedarf 18. 400 18. 700 Personalkosten 71.300 70.700 Raumkosten 35. 700 36. 400 Steuern, Versicherungen, Beiträge 6. 300 8. 700 Besondere Aufwendungen 0. 890 1. 990 Fahrzeugkosten 19.700 17. 300 Werbe- u. Reisekosten 2. 500 3. 600 Instandhaltung 2. 200 6. 200 Abschreibungen auf Anlagevermögen und Abschreibungen auf geringwertige 25. 500 29. 300 Anlagegüter Ansparabschreibungen nach § 7g Abs. 3, 6 EstG Bildung Ansparabschreibung 0,00 40. 000 Auflösung Ansparabschreibung 2.500 2. 500 Verschiedene Kosten 54. 200 30. 500
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
35
niedrigsten sind die Betriebskosten bei den Allgemein- / Praktischen Ärzten mit 56,3 % des
Gesamtumsatzes und am höchsten bei den Fachspezialisten mit 60,7 % vom Umsatz 32 .
Der Gesamtumsatz je Arzt lag bei den Ärzten für Allgemeinmedizin und den Praktischen
Ärzten bei rund 320 000,- DM. Die Fachspezialisten erwirtschafteten einen Gesamtumsatz
von rund 404 000,- DM pro Arzt. Diese Zahlen gelten für das gesamte Bundesgebiet.
Der Gewinn vor Steuern betrug im Jahresdurchschnitt 1996- 1998 vor Steuern bei den
Allgemeinmedizinern 167 000,- DM und bei den Internisten 225 000,- DM.
Hier ist nicht zwischen hausärztlich tätigen Internisten und fachärztlich tätigen Internisten
differenziert worden.
Der durchschnittliche Honorarumsatz je Arzt lag 1999 nach Statistiken der KBV für die
Allgemeinärzte und die Praktischen Ärzte bei rund 327 000 DM. 53,5 % der Kollegen liegen
unter diesem Durchschnitt.
Der durchschnittliche Honorarumsatz bei den Fachspezialisten lag 1999 bei 406,500,- DM.
Laut KBV- Statistik liegen fast 62 % der Kollegen unter diesem Durchschnitt.
Nicht ersichtlich aus den Statistiken der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist, ob es sich
bei den hier angegebenen Umsätzen um reine Umsätze aus der gesetzlichen
Krankenversicherung handelt, oder ob die privaten Umsätze und sonstige Einnahmen hier mit
berücksichtigt worden sind.
32 Statistiken der KBV, 2001.
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
36
4.6. Aufschlüsselung der Einzelleistungen
Nachfolgend werden die wichtigsten Häufigkeiten, auf- oder abgerundet, der Praxis …... für
das Jahr 2000 aufgeführt:
• Ordinationsgebühr 5.800
• Konsultationsgebühr 15.600
• Beratungsleistungen 2.680
• Psychosomatische Grundversorgung 850
• Neurologische Untersuchungen 452
• Gründliche körperl. Untersuchungen 720
• Gesundheitsuntersuchungen 520
• Hausbesuche 1080
• Mitbehandlung von Angehörigen bei Hb 832
• EKG 400
• Ergometrie 88
• Lungenfunktion 160
• Langzeit RR 64
• Langzeit – EKG 60
• Gastroskopien 40
• Impfungen 400
• Tauchtauglichkeitsuntersuchungen: 94
• Sonographien Abdomen u. SD. 620
Summe aller erbrachten Leistungen einschl. Laborleistungen: 49.880
================
Quelle: Interne Leistungsziffernstatistik der Praxis .…… , 2000 36
36 interne Praxisstatistiken., 2000
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
37
Bei den Leistungen nach GOÄ und EBM ist zu beachten, dass zum Teil mehrere Leistungen
im Bündel nebeneinander erbracht werden dürfen, andere wiederum schließen sich
gegenseitig aus und dürfen nur einzeln abgerechnet werden 33.
4.7. Standortanalyse
Die folgenden Überlegungen orientieren sind an dem Buch von M. Dietrich und den daraus
abgeleiteten Überlegungen von Oehme / Oehme 1995 34. Diese Überlegungen dienen dazu,
die Grundanforderungen einer Standortanalyse für Arztpraxen darzustellen.
Man geht hier davon aus, dass für das Überleben einer Praxis mindestens 1000 Scheine oder
wahlweise die angewendeten Chipkarten pro Quartal notwendig sind. Weiterhin nimmt man
an, dass pro abgerechneten Schein (Chipkarte) 3,5 Besuche bzw. Behandlungen erfolgen.
Dies bedeutet, dass bei 1000 Scheinen 3500 Behandlungen im Quartal erfolgen müssen. Teilt
man diese Zahl durch 64, die der durchschnittlichen Anzahl der Arbeitstage pro Quartal
entspricht, so kommt man auf 55 Behandlungen pro Tag. Nehmen wir nun weiterhin an, dass
der Arzt 10 - 12 Stunden pro Tag arbeitet, so muss er pro Stunde 5,5 Behandlungen
durchführen.
Mit in diese Betrachtung einzubeziehen sind ebenfalls alle anfallenden administrativen und
sonstigen Aufgaben (einschl. der Fahrzeit zu Krankenbesuchen außerhalb des
Praxisbetriebes). Zu bedenken ist hierbei jedoch, dass um diesen statistischen Mittelwert von
55 Patienten pro Tag erhebliche Abweichungen bestehen können.
Ein Beispiel hierfür ist die Tatsache, dass an einem Tag mit geringer Patientenfrequenz
vielleicht nur 30 Patienten zu behandeln sind, hingegen an einem anderen Tag mit hoher
Frequenz ca. 175 Behandlungen bzw. Besuche pro Tag durchgeführt werden müssen. Wird,
wie hier, dann ein 16-Stunden-Tag angenommen, bleiben dem Arzt unter diesen
Voraussetzungen 5,4 Minuten pro Behandlungsfall. Je nach der Verteilung der
Patientenkontakte, die ja aus den Praxisunterlagen ersichtlich sind, müssen nach gängiger
33 Statistiken der KBV, 2001. 34 Oehme W. u. S., 1995
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
38
Lehrmeinung auch solche Tage für die Patienten aber auch für das Praxispersonal erträglich
gestaltet sein. Hierbei spielt die Praxisgestaltung und Organisation eine wichtige Rolle.
In dem Buch Arztpraxismarketing geht M. Dietrich davon aus, dass in Deutschland 3 - 6
Arztbesuche pro Einwohner im Jahr erfolgen, und dass die Größe des für die Praxis
festgestellten Einzugsgebietes ca. 5000 Einwohner beträgt. Dann ergeben sich pro Jahr 15.000
- 30.000 Behandlungen, d.h. pro Quartal 3.750 – 7.500 Behandlungen bzw. Besuche.
Berechnet man nun die Behandlungen pro Tag, kommt man auf knapp 59 bzw. 117
Behandlungsfälle täglich. Pro Quartal werden 3,5 Behandlungen bzw. Besuche angenommen,
so dass man in dieser Untersuchung von 1.071 bzw. 2.142 Scheinen pro Quartal ausgeht.
Hieraus folgt, dass nach diesen Überlegungen ein bis maximal zwei Praxen existieren
können, aber auf keinen Fall für drei Praxen ein wirtschaftliches Überleben gesichert ist.
In einem Gebiet mit einem Radius von 750 Metern um die Praxis …… herum, sind insgesamt
21 Ärzte hausärztlich tätig. Im Stadtteil Barmbek- Süd leben ca. 30000 Personen. Statistisch
gesehen kommt hier 1 Facharzt für Allgemeinmedizin bzw. hausärztlich tätiger Internist auf
1.428 Einwohner.
Werden, wie oben angeführt, 3,5 Behandlungen (Besuche) pro Quartal pro Patient
angenommen und legt man 1.428 Scheine (Chipkarten) im Quartal zugrunde, so ergeben sich
theoretisch für die Praxis ……. im Durchschnitt 4998 Behandlungen im Quartal. Pro Jahr
würden danach im Schnitt 19992 Behandlungen durchgeführt. Geht man weiterhin von 64
Arbeitstagen im Quartal aus, so ergeben sich 78 Behandlungen täglich für beide Ärzte
zusammen. Dies entspricht 39 Behandlungen pro Tag pro Arzt. Nicht berücksichtigt sind hier
administrative Tätigkeiten, wie Begutachtungen oder Kassenanfragen. Es handelt sich hierbei
um die Tätigkeiten, die nicht den unmittelbaren persönlichen Kontakt mit dem Patienten
voraussetzen.
Für Hamburg werden 500 Scheine als Minimum angenommen, um am Markt bestehen zu
können.
Die Rechnung sieht dann wie folgt aus: Es werden 3,5 Behandlungen pro Quartal und pro
Patient angenommen, dies ergibt 1750 Behandlungen pro Arzt im Quartal. Wird nun von
einer Anzahl von 3 – 6 Arztbesuchen pro Einwohner im Jahr ausgegangen, so ergibt dies bei
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
39
1428 Einwohnern pro niedergelassenem Hausarzt 4284 bis 8568 Behandlungen p.a.. Dies
ergibt 1071 bis 2142 Behandlungen im Quartal. Bei 64 Arbeitstagen pro Quartal ergibt das
rund 17 bis 33 Behandlungsfälle pro Tag pro Arzt. Geht man von der Annahme aus, dass ein
Arzt 5,5 Behandlungen (Besuche) pro Stunde leistet und dies einschließlich der gesamten
Administration, so ergibt sich eine Arbeitszeit von etwas über drei bis sechs Stunden täglich!
Unter der Annahme, das wie im Script beschrieben, die Patienten im Einzugsgebiet pro
Quartal 0,8 mal zum Arzt gehen und ihre Versicherungskarte einspielen lassen, ergibt sich auf
……-Süd bezogen folgendes Bild. Die Praxis braucht 500 Scheine im Quartal pro Arzt, um
überlebensfähig zu sein. Bei einer angenommenen Arztdichte von 1428 Einwohnern pro
niedergelassenen Hausarzt und 3 – 6 Arztbesuchen ergibt das 4284 bis 8568 Behandlungen
im Jahr. Pro Quartal werden rein rechnerisch 1071 bis 2142 Behandlungen durchgeführt.
Geht man weiterhin von 3, 5 Behandlungen pro Schein im Quartal aus ergeben sich 306 bis
612 Scheine rein rechnerisch pro niedergelassenen Hausarzt.
Hier zeigt sich nun dem Betrachter ein völlig anderes Bild als erwartet.
Die Auswertung der Patiententagesstatistik belegt eine mittlere statistische Auslastung für
die Praxis …. in Höhe von 28,5 Behandlungsfällen pro Arzt und Tag. Im Durchschnitt
behandelten beide Ärzte 57 Patienten täglich und nicht die, wie weiter oben als
durchschnittliche zum Überleben einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis erforderliche Anzahl
von angenommenen 55 Patienten pro Arzt! Das Minimum waren 32 Behandlungen pro Tag,
das Maximum lag im Jahr 2000 bei 77 Patientenbehandlungen (Besuche) täglich für beide
Ärzte. Die Streuung ist hier doch deutlich geringer als im Buch angenommen.
Dies hat vermutlich mit der Praxisorganisation zu tun. Zu beachten ist, dass hier nur die
tatsächlich angefallenen Arztkontakte berechnet wurden. Die Patientenkontakte zu den
Arzthelferinnen (Rezept-Ausstellungen und Formularwesen, EKG-Untersuchungen,
Blutentnahmen, Infusionen, Lungenfunktionstests etc.) sind hierbei nicht erfasst.
Von großer Wichtigkeit und mit erheblicher rechtlicher Konsequenz ist, dass nach EBM und
GOÄ die einzelnen Leistungen nur berechnungsfähig sind, wenn sie vollständig erbracht
wurden. Dies gilt insbesondere für die so genannten Gesprächsleistungen, ebenso für die
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meisten anderen Leistungen. Zusätzlich gibt es feste Zeitvorgaben für das Erbringen der
meisten Leistungen.
Als Beispiel seien hier die Gesprächsleistungen aber auch technische Leistungen genannt, für
die ein Minimum von 10 Minuten von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV)
vorgegeben ist, sonst dürfen diese Leistungen vom Arzt nicht abgerechnet werden. Hierdurch
soll Abrechnungsbetrug verhindert werden. Erbringt ein Arzt also, wie weiter oben
angenommen, 55 Behandlungen täglich in Form von Gesprächsleistungen, so darf er nur noch
wenige andere Leistungen, z. B. technischer Art erbringen, um nicht auffällig zu werden und
in die Überprüfung durch die Kassenärztliche Vereinigung und ggf. der Staatsanwaltschaft zu
gelangen. Von daher halten wir die weiter oben angegebenen extremen Schwankungen von
bis zu 175 Patientenkontakten pro Arzt täglich, zumindest aus abrechnungstechnischer Sicht,
für höchst problematisch. Hier werden die Abrechnungsprofile der Praxis Aufschluss geben.
An Tagen mit einer so hohen Patientenbelastung können kaum noch medizinische Leistungen
abgerechnet werden, da, wie eingangs erwähnt, die Vollständigkeit der Leistung zur
Berechnungsfähigkeit unabdingbar ist.
Es ist also aus wirtschaftlicher Sicht für den Arzt besser, z. B. 30 mal die Gesprächs- und
Behandlungsleistungen von 10 Minuten zu erbringen, als 50 oder 70 mal die EBM- Ziffer 2,
die nur mit Pfennigen vergütet wird, aber nicht unter das Zeitraster fällt. Von daher vermuten
wir, dass in dem Buch nicht nur die Arzt / Patientenkontakte, sondern auch die Kontakte der
Helferinnen zu den Patienten mit eingerechnet sind.
Sehr wichtige Folgerungen ergeben sich aus all diesen Überlegungen für eine
Standortanalyse. Zum einen muss eine Standort-Mikro-Analyse durchgeführt werden, die
angibt, welche Kapazitäten die jeweilige Praxis bewältigen muss und zwar auf dem Standard–
Mindest-Niveau. Weiterhin muss eine Standort-Makro-Analyse durchgeführt werden, um
herauszufinden ob der Ort, an dem eine Praxis niedergelassen ist oder sich niederlassen will,
für die Zukunft weiterhin Vorteile erbringt, oder ob gar mit Nachteilen gerechnet werden
muss. Dies könnte der Fall sein, wenn sich in Zukunft ein Ärztezentrum oder ein
Krankenhaus in dieser Region ansiedeln würde.
Treten solche Prognosen ein, muss die Praxis entsprechend reagieren können. Dies bedeutet,
dass die Praxis auch vermehrt monetäre Rücklagen bilden muss, um bei den zu erwartenden
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gravierenden Veränderungen der nächsten Jahre in unserem Gesundheitssystem auch
finanziell auf neue Herausforderungen reagieren zu können. Nur dann wird es der Praxis
möglich sein, z. B. ein Ärztehaus etc. mit zu gestalten und die neuen Herausforderungen
anzunehmen und davon zu profitieren. Deshalb sind neben der S W O T- Analyse weitere
Untersuchungen und Überlegungen notwendig, um am Markt weiter erfolgreich bestehen zu
können. Wir denken hier an Marketingmanagementprozesse, Überlegungen zur
Produktpolitik, der Distributionspolitik und der Kommunikationspolitik etc. Bei Kenntnissen
aus diesen und anderen Bereichen und der ständigen Beobachtung des Marktes wird die von
uns untersuchte Praxis weiterhin erfolgreich sein. Nach Durchführung dieser Analysen kann
eine Zielableitung mit Bestimmung des Zielinhaltes, des Zielausmaßes und der Festlegung
der Zielperiode erfolgen. Ebenso müssen dann die Marketing- ziele geplant und mit Hilfe von
Marketingstrategien umgesetzt werden.
5. Zusammenfassung
Im Folgenden soll die Stärken / Schwächen-Analyse mit der Chancen / Risiken- Analyse
für die Praxis ……… verbunden werden; denn je nachdem, wie die internen Stärken,
Schwächen und die unternehmensexternen Chancen und Risiken gesehen werden, ergeben
sich unterschiedliche strategische Vorgehensweisen, siehe Abbildung 4 auf der folgenden
Seite 37.
37 Weis, C, 2001, S. 36 / 37.
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Stärken ( S):
- hoher Bekanntheitsgrad
- seit über 50 Jahren am Markt
- gutes Image
- langjähriges Stammpersonal
- geringe Betriebskosten
- Fort- u. Weiterbildungen der Ärzte
- gute Behandlungserfolge
- kurze Wartezeiten
- Teamfähigkeit mit Fachkollegen
- gute Erreichbarkeit zu Fuß
- breites Behandlungsspektrum
- hohe Patienten- Compliance
Schwächen ( W):
- Lage der Praxis im ersten Stock
- z. T. ungeeignete Praxisräume
- mangelnde Parkplätze
- ungünstige Verkehrsanbindung
- keine Abendsprechstunde
- keine Notfallsprechstunde
- kein Pat.- Recall- System
- mangelnder Patienteninformationsservice
- geringe betriebswirtschaftliche und
unternehmerische Kenntnisse
- keine Netz- od. integrierte Versorgung
- zu geringe Kooperationen m. Krhs.
- keine Marketingstrategien
Chancen ( O ):
- Übernahme kleinerer Praxen
- Anwerbung neuer Patienten
- Vernetzung mit anderen Praxen
- Ausbau von Igel Leistungen
- Ausbau der Tauchmedizin
- Ausbau der Ernährungsmedizin
- Ausbau von Akupunkturleistungen
- Erweiterung d. Sprechzeiten
- Jugendsprechstunde
- Umsatzerhöhung
- neue Praxisräume
- Aufnahme neuer Partner
Gefahren ( T ):
- Innovation der Konkurrenz
- neue Konkurrenten
- sinkender Umsatz bei rückläufigen
GKV- Einnahmen
- keine Attraktivität für Privatpatienten
bei unmoderner Praxisausstattung
- mangelnde Entwicklung neuer
Potenziale
- ungleiche Arbeitsteilung
- Überschuldungsgefahr mit
Verlust der Liquidität
Abbildung 4: S. W. O. T. – Analyse der Praxis .
Dres. med. Dahm / Gatermann SWOT- Analyse
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Die Bereiche mit den Stärken und Chancen geben die Situationen wieder, in der durch
Investitionen, und zwar nicht nur monetär, sondern auch mental und durch die Kreativität des
einzelnen aber auch des Praxisteams, der Marktdurchbruch geschafft werden kann. Die Praxis
leistet hier schon sehr gute Arbeit und muss diese aber weiterhin so leisten und ausbauen.
Daneben gibt es den Vergleich der Stärken und Risiken (Gefahren). Der Praxis wird hier
empfohlen, die Marktsituation abzusichern. Dies bedeutet, dass bei der heutigen unsicheren
Situation im Gesundheitswesen bzgl. der gesetzlichen Krankenkassen ein zweiter
Arbeitsschwerpunkt auf angebotene Leistungen außerhalb der gesetzlichen
Krankenversicherung liegen sollte. Hier gilt es, für die untersuchte Praxis, die Anstrengungen
zu verstärken und abzusichern.
Beim Vergleich der Schwächen gegen die Chancen kommt es darauf an, bereits sichtbare
Potenziale zum Abbau der eigenen Schwächen zu nutzen. Für die untersuchte Praxis
empfiehlt es sich beispielsweise, erweiterte Sprechzeiten thematisch gebunden, zu nutzen
(Jugendsprechstunde, Notfallsprechstunde, etc.). Auch könnte durch verstärkte Ausnutzung
bereits vorhandener Kontakte zu umliegenden Kollegen und Kliniken die Schaffung von
ersten Netzstrukturen entwickelt werden.
Für den Bereich der Schwächen und Gefahren gilt Vorsicht vor übertriebenem Einsatz. Die
für die untersuchte Praxis notwendige Basisabsicherung liegt in der Erhaltung der
bestehenden Grundleistungen, ohne im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherungen
größere Innovationen zu tätigen.
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6. Literaturverzeichnis und Quellennachweis
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3. Statistisches Landesamt Hamburg, Download vom 16.10.01, Homepage Stadtteil …..-
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4. § 140 a - 140 h, Sozialgesetzbuch (SGB) 5.
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Auflage , S. 132 ff.
6. Kotler / Bliemel, 2001, Marketing Management. Analyse, Planung und Verwirklichung ,
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9. Kotler / Bliemel, 2001, Marketing Management. Analyse, Planung und Verwirklichung,
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10. Kotler / Bliemel, 2001, Marketing Management. Analyse, Planung und Verwirklichung,
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11. Kotler, Bliemel, 2001, Marketing Management. Analyse, Planung und Verwirklichung,
10. Auflage, S. 135.
12. Kotler / Bliemel, 2001, Marketing Management. Analyse, Planung und Verwirklichung,
10. Auflage, S. 136.
13. Kotler / Bliemel, 2001, Marketing Management, Analyse, Planung und Verwirklichung,
10. Auflage, S.135.
14. Kotler / Bliemel, 2001, Marketing Management, Analyse, Planung und Verwirklichung,
10. Auflage, S.136 f.
15. Dietrich, M. 2001, Script Arztpraxismarketing, S. 41.
16. Dietrich, M. 2001, Script Arztpraxismarketing, S. 41.
17. Handbuch für das Gesundheitswesen, 2001, Ärztekammer Hamburg, S. 359 ff.
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18. Statistisches Landesamt Hamburg, Download vom 12.10.01, Homepage Stadtteil …..-
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19. Statistisches Landesamt Hamburg, Download vom 12.10.01, Homepage Stadtteil ……-
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20. Handbuch für das Gesundheitswesen, 2001, Ärztekammer Hamburg, S. 359 ff.
21. Riegel, G. F., 1990, Marketing für die Arztpraxis. Großes Handbuch der Praxisführung
und- Kommunikation, 3 Auflage, Augsburg: PR. U. P.
22. Dietrich, M. 2001, Script Arztpraxismarketing, S. 48.
23. Dietrich, M. 2001, Script Arztpraxismarketing, S. 51.
24. Dietrich, M, 2001, Script Arztpraxismarketing, S.49.
25. Dietrich, M. 2001, Script Arztpraxismarketing, S.50
26. Dietrich, M. 2001, Script Arztpraxismarketing, S. 42.
27. Kotler / Bliemel, 2001, Marketing Management. Analyse, Planung und Verwirklichung,
10. Auflage, S.
28. Dietrich, M. 2001, Script Arztpraxismarketing, S. 55.
29. Sellien, R, Sellien, H, 1980, Gabler`s Wirtschaftslexikon, Band 2, S. 972.
30. Dietrich, M. 2001, Script Arztpraxismarketing, S. 55.
31. Dietrich, M. 2001, Script Arztpraxismarketing, S. 55.
32. Statistiken der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Download, 2001,
Honorarumsatz / Praxiskosten D 1- D 14.
33. Statistiken der KBV, Download, 2001, Honorarumsatz / Praxiskosten D 4 ff.
34. Oehme, W., Oehme, S. 1995, Marketing für niedergelassene Ärzte. Der Arzt als
Mediziner und Unternehmer, München, Vahlen.
35. Heinemann G., Munstermann J, Steuerberatungs- u.- Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,
Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EstG, 2000, Gemeinschaftspraxis
Dr …………., aus Hamburg,
36. Interne Leistungsstatistik der Praxis ……………..
37. Weis, C., 2001, Kompakt-Training-Marketing, 2 Auflage, S. 36, 37.
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6. Verwendete Abkürzungen
EBM Einheitlicher Bewertungsmaßstab für Ärzte
GOÄ Gebührenordnung für Ärzte
Hb Hausbesuche
KBV Kassenärztliche Bundesvereinigung
KV Kassenärztliche Vereinigung
KVH Kassenärztliche Vereinigung Hamburg
p.a. per annum
z. B. zum Beispiel
etc. et cetera
bzw. beziehungsweise
SGB V Sozialgesetzbuch V
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Genehmigung der Praxisinhaber oder der Verfasser.