chronische pankreatitis muss umfassend behandelt werden

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Bei der chronischen Pankreatitis wird das Pankreasparenchym durch fibroti- sches Bindegewebe ersetzt. Dies führt zu einem fortschreitenden Verlust der exokrinen und endokrinen Pankreasfunktion. Daraus resultieren eine Reihe von Komplikationen wie Pseudozysten, Maldigestion mit Mangelernährung und Schmerzen, die eine dauerhafte effektive Therapie erfordern. - Der häufigste auslösende Faktor der chronischen Pankreatitis ist der Alkohol- abusus. „Aber auch genetische Faktoren, genauer gesagt Mutationen im Trypsino- gen-Gen, sind eine häufige Ursache“, sagte Prof. Julia Mayerle, Greifswald. Die Er- krankung führt nicht nur zu einer wesent- t t lichen Beeinträchtigung der Lebensquali- tät, sondern verkürzt auch die Lebensdau- t t er: Die Mortalitätsrate ist um das 3,6- t t Fa- che erhöht. „Dabei dürſte auch eine Rolle spielen, dass die chronische Pankreatitis einen wichtigen Risikofaktor für das Pan- kreaskarzinom darstellt“, so Mayerle. Das vorrangige erapieprinzip ist strikte Alkoholkarenz. Gleiches gilt für das Rauchen. „Der Nikrotinabusus be- schleunigt nicht nur die Krankheitspro- gression, sondern begünstigt auch das Ri- siko für eine maligne krankung“, so Mayerle. Führendes klinisches Symptom: r Schmerz Leitsymptom chronischen is sind Schmer- 90% aller Pati- n unter diesem Symptom. Die Schmerzen ist iell: Narben, und Entzün- esse sind betei- einer chroni- is sollte sich die Schmerztherapie an den Richt- linien der WHO orientieren, d. h. zu- nächst kommen peripher wirksame An- algetika wie Paracetamol oder Metami- zol zum Einsatz, bevor bei unzureichen- der Wirksamkeit zusätzlich schwach zentral wirkende Analgetika wie Trama- dol oder sogar stark wirksame Opiate wie Buprenorphin bzw. Pentazocin eventuell in Kombination mit einem Psychopharmakon eingesetzt werden müssen. „Die regelmäßige Medikamen- tenapplikation sollte der Einnahme bei Bedarf vorgezogen werden“, sagte May- erle. Nicht wirksam sind Octreotid und Antioxidanzien. Ausreichende Substitution mit Pankreasenzymen Indikationen zur Substitution mit Pan- kreasenzymen sind ein Gewichtsverlust von mehr als 10% des Körpergewichts, eine Steatorrhoe mit einer Stuhlfettaus- scheidung von < 15 g/Tag, dyspeptische Beschwerden mit starkem Meteorismus und Diarrhöen. Bezüglich der Ernährung empfehlen sich drei Hauptmahlzeiten und drei klei- ne Zwischenmahlzeiten pro Tag, wobei 25 00050 000 IU Lipase zu den großen Mahlzeiten und etwa 25 000 IU zu den kleinen eingenommen werden sollten. Überdies sollten fettlösliche Vitamine substituiert werden. Die Gabe eines Pro- tonenpumpenhemmers ist nur sinnvoll, wenn eine Refluxsymptomatik oder eine Hyperaszidität des Magens vorliegt. Cave Pankreaspseudozysten Eine der häufigsten und gefürchtetsten Komplikationen der chronischen Pan- kreatitis sind Pankreaspseudozysten. Sie treten bei ca. 2040% aller Betroffenen auf, vor allem bei Patienten mit alkoho- lischer chronischer Pankreatitis. Bei Nachweis einer Pseudozyste sollten zu- nächst kurzfristige Kontrolluntersu- chungen erfolgen, da sich 40% dieser Pseudozysten spontan zurückbilden und nur 20% Komplikationen verursa- chen. „Nur dann ist eine interventionel- le oder operative Behandlung unum- gänglich“, so Mayerle. Bei symptomati- schen Pankreaspseudozysten empfiehlt sich dann zunächst die endoskopische Drainage, bei einem Rezidiv dürſte die operative Pseudozystendrainage sinn- voller sein. Weitere Komplikationen, die ggf. eine Intervention erfordern, sind Stenosen der abführenden Gallenwege, Stenosen bzw. Obstruktionen des Pankreasgangs und sehr selten Duodenalstenosen. „Bei Pankreasgangsteinen ist heute die extra- korporale Stoßwellenlithotripsie ein sehr schonendes und effektives era- pieverfahren“, so Mayerle. Ultima Ratio Operation Die Indikation für eine chirurgische In- tervention sollte nur als Ultima Ratio ge- stellt werden, wenn keine ausreichende medikamentöse Schmerzkontrolle er- reicht werden kann oder Komplikatio- nen auſtreten, die interventionell nicht beherrschbar sind. Dann kommen im Einzelfall resezierende Verfahren mit unterschiedlicher Ausdehnung zum Einsatz. „Grundsätzlich gilt, dass bei Pa- tienten mit geringer Lebenserwartung ein interventioneller Eingriff immer der Operation vorgezogen werden sollte“, sagte Mayerle. Je besser jedoch der All- gemeinzustand und je niedriger die zu erwartende Morbidität und Mortalität des operativen Eingriffs seien, desto eher empfehle sich ein operatives Vorgehen. Dr. med. Peter Stiefelhagen Quelle: 68. Jahrestagung der DGVS, 12.9.2013 in Nürnberg Schmerzen, Mangelernährung, Pseudozysten Chronische Pankreatitis muss umfassend behandelt werden AKTUELLE MEDIZIN _ KONGRESSBERICHTE 30 MMW-Fortschr. Med. 2013; 155 (20)

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Page 1: Chronische Pankreatitis muss umfassend behandelt werden

Bei der chronischen Pankreatitis wird das Pankreasparenchym durch � broti-sches Bindegewebe ersetzt. Dies führt zu einem fortschreitenden Verlust der exokrinen und endokrinen Pankreasfunktion. Daraus resultieren eine Reihe von Komplikationen wie Pseudozysten, Maldigestion mit Mangelernährung und Schmerzen, die eine dauerhafte e� ektive Therapie erfordern.

−Der häu� gste auslösende Faktor der chronischen Pankreatitis ist der Alkohol-abusus. „Aber auch genetische Faktoren, genauer gesagt Mutationen im Trypsino-gen-Gen, sind eine häu� ge Ursache“, sagte Prof. Julia Mayerle, Greifswald. Die Er-krankung führt nicht nur zu einer wesent-t nicht nur zu einer wesent-tlichen Beeinträchtigung der Lebensquali-tät, sondern verkürzt auch die Lebensdau-t auch die Lebensdau-ter: Die Mortalitätsrate ist um das 3,6-ist um das 3,6-ist Fa-che erhöht. „Dabei dür� e auch eine Rolle spielen, dass die chronische Pankreatitis einen wichtigen Risikofaktor für das Pan-kreaskarzinom darstellt“, so Mayerle.

Das vorrangige � erapieprinzip ist strikte Alkoholkarenz. Gleiches gilt für das Rauchen. „Der Nikrotinabusus be-schleunigt nicht nur die Krankheitspro-gression, sondern begünstigt auch das Ri-

siko für eine maligne Erkrankung“, so

Mayerle.

Führendesklinisches

Symptom: der Schmerz

Das Leitsymptom der chronischen

Pankreatitis sind Schmer-ber 90% aller Pati-

enten leiden unter diesem quälenden Symptom. Die Ursache der Schmerzen ist multifaktoriell: Narben, Sekretstau und Entzün-dungsprozesse sind betei-

bei einer chroni-schen Pankreatitis sollte sich die Schmerztherapie an den Richt-

linien der WHO orientieren, d. h. zu-nächst kommen peripher wirksame An-algetika wie Paracetamol oder Metami-zol zum Einsatz, bevor bei unzureichen-der Wirksamkeit zusätzlich schwach zentral wirkende Analgetika wie Trama-dol oder sogar stark wirksame Opiate wie Buprenorphin bzw. Pentazocin eventuell in Kombination mit einem Psychopharmakon eingesetzt werden müssen. „Die regelmäßige Medikamen-tenapplikation sollte der Einnahme bei Bedarf vorgezogen werden“, sagte May-erle. Nicht wirksam sind Octreotid und Antioxidanzien.

Ausreichende Substitution mit PankreasenzymenIndikationen zur Substitution mit Pan-kreasenzymen sind ein Gewichtsverlust von mehr als 10% des Körpergewichts, eine Steatorrhoe mit einer Stuhlfettaus-scheidung von < 15 g/Tag, dyspeptische Beschwerden mit starkem Meteorismus und Diarrhöen.

Bezüglich der Ernährung empfehlen sich drei Hauptmahlzeiten und drei klei-ne Zwischenmahlzeiten pro Tag, wobei 25 000–50 000 IU Lipase zu den großen Mahlzeiten und etwa 25 000 IU zu den kleinen eingenommen werden sollten. Überdies sollten fettlösliche Vitamine substituiert werden. Die Gabe eines Pro-tonenpumpenhemmers ist nur sinnvoll, wenn eine Re� uxsymptomatik oder eine Hyperaszidität des Magens vorliegt.

Cave PankreaspseudozystenEine der häu� gsten und gefürchtetsten Komplikationen der chronischen Pan-kreatitis sind Pankreaspseudozysten. Sie

treten bei ca. 20–40% aller Betro� enen auf, vor allem bei Patienten mit alkoho-lischer chronischer Pankreatitis. Bei Nachweis einer Pseudozyste sollten zu-nächst kurzfristige Kontrolluntersu-chungen erfolgen, da sich 40% dieser Pseudozysten spontan zurückbilden und nur 20% Komplikationen verursa-chen. „Nur dann ist eine interventionel-le oder operative Behandlung unum-gänglich“, so Mayerle. Bei symptomati-schen Pankreaspseudozysten emp� ehltsich dann zunächst die endoskopische Drainage, bei einem Rezidiv dür� e die operative Pseudozystendrainage sinn-voller sein.

Weitere Komplikationen, die ggf. eine Intervention erfordern, sind Stenosen der abführenden Gallenwege, Stenosen bzw. Obstruktionen des Pankreasgangs und sehr selten Duodenalstenosen. „Bei Pankreasgangsteinen ist heute die extra-korporale Stoßwellenlithotripsie ein sehr schonendes und e� ektives � era-pieverfahren“, so Mayerle.

Ultima Ratio OperationDie Indikation für eine chirurgische In-tervention sollte nur als Ultima Ratio ge-stellt werden, wenn keine ausreichende medikamentöse Schmerzkontrolle er-reicht werden kann oder Komplikatio-nen au� reten, die interventionell nicht beherrschbar sind. Dann kommen im Einzelfall resezierende Verfahren mit unterschiedlicher Ausdehnung zum Einsatz. „Grundsätzlich gilt, dass bei Pa-tienten mit geringer Lebenserwartung ein interventioneller Eingri� immer der Operation vorgezogen werden sollte“, sagte Mayerle. Je besser jedoch der All-gemeinzustand und je niedriger die zu erwartende Morbidität und Mortalität des operativen Eingri� s seien, desto eher empfehle sich ein operatives Vorgehen.

Dr. med. Peter Stiefelhagen ■

■ Quelle: 68. Jahrestagung der DGVS, 12.9.2013 in Nürnberg

siko für eine maligne Erkrankung“, so

Mayerle.

Symptomder Schmerz

Das Leitsymptom der chronischen

Pankreatitis sind Schmer-zen. Über 90% aller Pati-

enten leiden unter diesem quälenden Symptom. Die Ursache der Schmerzen ist multifaktoriellSekretstau und Entzün-dungsprozesse sind betei-ligt. Auch bei einer

schen Pankreatitis sollte sich die Schmerztherapie an den Richt-

Schmerzen, Mangelernährung, Pseudozysten

Chronische Pankreatitis muss umfassend behandelt werden

AKTUELLE MEDIZIN_KONGRESSBERICHTE

30 MMW-Fortschr. Med. 2013; 155 (20)