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Betriebsweise Ausgabe 2 · Februar 2018 17 Liebe Imkerkolleginnen und Imkerkollegen in Österreich und Südtirol, wir werden uns dieses Jahr imker- lich in Form der Monatsbetrach- tungen begegnen. Ich werde Ihnen meine Art zu imkern darlegen und mit Ihnen über zweckmäßige im- kerliche Eingriffe am Bienenvolk diskutieren. Viele Traditionen und derzeit praktizierte Methoden wer- den dabei auf den Prüfstand ge- stellt. Und ich freue mich darauf, Sie kennenzulernen. Meine Ausführungen gelten für alle Maße von Magazinbeuten gleichermaßen. Auch sind sie nicht speziell für Carnica oder Buckfast geschrieben. Der Angepasste Brut- raum kann mit allen europäi- schen Bienenrassen realisiert wer- den. Er lässt sich direkt aus dem Verhalten von Naturschwärmen und ihres Brutraumaufbaus ablei- ten. Ich werde Ihnen zeigen, wie ich den Angepassten Brutraum ganzjährig umsetze. Seit ich diese Betriebsweise praktiziere, habe ich gesündere Völker und bessere Ho- nigernten. Ich möchte Sie an die- sem imkerlichen Erfolg teilhaben lassen. Persönliches Mein Name ist Jürgen Binder, ich bin Imkermeister und führe einen Imkereibetrieb mit 100 bis 200 Völ- kern. Neben meiner Imkerei gebe ich seit einigen Jahren Lehrgänge und habe vor vier Jahren mit Gleichgesinnten die Prof. Ludwig Armbruster Imkerschule gegrün- det. Ich unterrichte im ganzen deutschprachigen Raum und ver- anstalte Imker-Studienreisen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Sie finden alle diese Aktivitäten auf der Webseite der Prof. Ludwig Arm- bruster Imkerschule (www.armbruster-imkerschule.de). Hier spricht der Praktiker Die Ausführungen, die ich hier ein Jahr lang veröffentliche, beziehen sich auf unsere klimatischen Ver- hältnisse in Süddeutschland. Sie unterscheiden sich jedoch nicht sehr von den Verhältnissen an vie- len Stellen in Österreich. Natürlich wird man im Gebirge die meisten Eingriffe etwas später vornehmen. Jede Imkerei, egal welcher Größe, kann meine Anregungen umset- zen. In anderen klimatischen Ver- hältnissen wird man zu anderen Betriebsweisen kommen, vor allem wenn man andere Bienenprodukte und nicht Honig gewinnen möch- te. Ich werde Ihnen keine soge- nannten „wissenschaftlichen Er- kenntnisse“ zu vermitteln versu- chen, sondern über meine Erfah- rungen und Beobachtungen spre- chen. Dabei werde ich nicht immer alles beweisen können oder wol- len. Manches müssen Sie einfach erst einmal ausprobieren. Eines kann ich Ihnen nicht ersparen: Sie werden in meinen Monatsbetrach- tungen vieles finden, was den Aus- sagen meiner Vorgänger wider- spricht. Dies wird sicher viele Fra- gen aufwerfen und Diskussionen in Gang setzen. Sie können jeder- zeit im Forum der Armbruster Im- kerschule Rat zu allen aufgetauch- ten imkerlichen Fragen einholen. Unsere Bienen sind das verbindende Glied des ökologischen Netzwerkes Als Imker sind wir Naturnutzer und Naturschützer zugleich. Unse- re Bienen sind das verbindende Gut Imkern im Angepassten Brutraum IM JÜRGEN BINDER Schwäbisch Hall (Deutschland) E-Mail: [email protected] www.armbruster-imkerschule.de Bienen sind Bindeglied.

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Betriebsweise

Ausgabe 2 · Februar 2018 17

Liebe Imkerkolleginnenund Imkerkollegen in Österreichund Südtirol,

wir werden uns dieses Jahr imker-lich in Form der Monatsbetrach-tungen begegnen. Ich werde Ihnenmeine Art zu imkern darlegen undmit Ihnen über zweckmäßige im-kerliche Eingriffe am Bienenvolkdiskutieren. Viele Traditionen undderzeit praktizierte Methoden wer-den dabei auf den Prüfstand ge-stellt. Und ich freue mich darauf,Sie kennenzulernen.Meine Ausführungen gelten füralle Maße von Magazinbeutengleichermaßen. Auch sind sie nichtspeziell für Carnica oder Buckfastgeschrieben. Der Angepasste Brut-raum kann mit allen europäi-schen Bienenrassen realisiert wer-den. Er lässt sich direkt aus demVerhalten von Naturschwärmenund ihres Brutraumaufbaus ablei-ten. Ich werde Ihnen zeigen, wieich den Angepassten Brutraumganzjährig umsetze. Seit ich dieseBetriebsweise praktiziere, habe ichgesündere Völker und bessere Ho-nigernten. Ich möchte Sie an die-sem imkerlichen Erfolg teilhabenlassen.

PersönlichesMein Name ist Jürgen Binder, ichbin Imkermeister und führe einenImkereibetrieb mit 100 bis 200 Völ-kern. Neben meiner Imkerei gebeich seit einigen Jahren Lehrgängeund habe vor vier Jahren mitGleichgesinnten die Prof. LudwigArmbruster Imkerschule gegrün-det. Ich unterrichte im ganzendeutschprachigen Raum und ver-anstalte Imker-Studienreisen mitunterschiedlichen Schwerpunkten.Sie finden alle diese Aktivitäten aufder Webseite der Prof. Ludwig Arm-bruster Imkerschule(www.armbruster-imkerschule.de).

Hier spricht der PraktikerDie Ausführungen, die ich hier einJahr lang veröffentliche, beziehen

sich auf unsere klimatischen Ver-hältnisse in Süddeutschland. Sieunterscheiden sich jedoch nichtsehr von den Verhältnissen an vie-len Stellen in Österreich. Natürlichwird man im Gebirge die meistenEingriffe etwas später vornehmen.Jede Imkerei, egal welcher Größe,kann meine Anregungen umset-zen. In anderen klimatischen Ver-hältnissen wird man zu anderenBetriebsweisen kommen, vor allemwenn man andere Bienenprodukteund nicht Honig gewinnen möch-te. Ich werde Ihnen keine soge-nannten „wissenschaftlichen Er-kenntnisse“ zu vermitteln versu-chen, sondern über meine Erfah-rungen und Beobachtungen spre-chen.Dabei werde ich nicht immer

alles beweisen können oder wol-len. Manches müssen Sie einfacherst einmal ausprobieren. Eineskann ich Ihnen nicht ersparen: Siewerden in meinen Monatsbetrach-tungen vieles finden, was den Aus-sagen meiner Vorgänger wider-spricht. Dies wird sicher viele Fra-gen aufwerfen und Diskussionenin Gang setzen. Sie können jeder-zeit im Forum der Armbruster Im-kerschule Rat zu allen aufgetauch-ten imkerlichen Fragen einholen.

Unsere Bienen sind dasverbindende Glied desökologischen Netzwerkes

Als Imker sind wir Naturnutzerund Naturschützer zugleich. Unse-re Bienen sind das verbindende

Gut Imkernim AngepasstenBrutraumIM JÜRGEN BINDERSchwäbisch Hall (Deutschland)E-Mail: [email protected]

Bienen sind Bindeglied.

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Glied in unserer Nahrungskette.Mit ihrer Bestäubungsleistung ma-chen sie eine hochwertige Lebens-mittelproduktion erst möglich. Siefliegen heute auf das eine Feld,morgen auf das andere; sie über-winden Flurstücksgrenzen und be-fliegen Äcker selbst zerstrittenerBauern und Nachbarn, sie beflie-gen ökologisch und konventionellbewirtschaftete Flächen gleicher-maßen. Damit bringen sie allenPflanzen, die auf eine Insektenbe-stäubung angewiesen sind, Früchteund uns den Honig. Egal welcheFarbe ihr Hinterleib hat, bestäu-ben sie, als eines der wichtigstenNutztiere Kultur- und Wildpflan-zen. Diskussionen über die Frageder Bienenrasse sind meist poli-tisch motiviert bei denen es haupt-sächlich um wirtschaftliche Inter-essen geht. Ein fruchtbares Neben-und Miteinander ist in vielen Län-dern Europas möglich – die Imke-rinnen und Imker haben das be-wiesen.

Bienenhalten ist „in“geworden – helfen wirden vielen Anfängern!

Die Biene braucht eine gesundeLandoberfläche. Aktuell stellt diekonventionelle Landwirtschaft mitihren Herbiziden und Insektizidendie größte Bedrohung für Bienenund andere Insekten, aber auch fürVögel dar. Sie sind in ihrer Gesamt-heit für ein intaktes Ökosystemnotwendig. Deshalb sehen wir unsmit der abstrusen Situation kon-frontiert, dass Stadthonig insge-samt weniger Rückstände hat, alsHonig vom Land. Das zeigt wieschlimm die Situation für unsereBienen heute bereits ist, und das istein absolutes Alarmsignal. Freilichhat die öffentliche Diskussion überdas Bienensterben viel Interesse inder Bevölkerung für die Bienen ge-weckt. Nicht zuletzt deshalb ent-scheiden sich viele Menschen, Bie-nen zu halten, vor allem auch Städ-ter. Das ist zu begrüßen, denn vonirgendwoher muss ja der Imker-

nachwuchs kommen. Ihr ökologi-sches Interesse an der Bienebraucht nun noch eine gute imker-liche Schulung. Dann ist mir umden Nachwuchs nicht bange.

Was ist im Spätwinterzu tun?

Die immer noch weit verbreiteteAuffassung, dass Bienenvölker kaltüberwintern sollen, stützt sich aufdie Aussage, dass die „Traube nursich selbst“ wärmt. Das hat schonFerdinand Gerstung beschriebenund dem stimme ich auch zu.Doch sobald die Tage wieder län-ger werden, und das ist ab dem 22.Dezember, kann das Bienenvolkwieder anfangen zu brüten. Auslö-ser für die beginnende Brut ist vorallem die Zunahme der Tageslicht-länge. Natürlich spielt auch dieAußentemperatur eine Rolle. So-bald also das Bienenvolk in Brutgeht, müssen die Bienen die Wabean den Stellen, an denen die Brut-zellen sind, auf 35 Grad Celsius er-wärmen. Wenn jetzt durch den of-fenen Boden durch eine ständigeLuftbewegung Kälte an die Unter-seite der Traube herandringt, dannentzieht dies dem Bien Energie, dieer mit einem höheren Eigenener-gieverbrauch kompensieren muss.Wie kam es aber zum offenen Bo-den? Diese Frage beantwortet be-reits Josef Bretschko in seinem

1985 erschienenen Buch „Naturge-mäße Bienenzucht“ (6. Auflage,Seite 5): „Durch die spontane In-vasion der Varroamilbe (…) wur-de das Bienenvolk zur Nebensache,alles konzentrierte sich auf den Pa-rasiten.“ Mit der Notwendigkeitder Varroakontrolle im Herbstwurde der offene Gitterboden zumStandard. Also lässt man offen, imFrühwinter vor allem, weil manglaubt, dass das Bienenvolk da-durch besser aus der Brut geht.Dies ist jedoch nicht relevant. Nor-malerweise sind die Völker auchmit geschlossenem Boden bereitsim November oder in der erstenDezemberhälfte aus der Brut, so-dass eine Behandlung an odernach Weihnachten in den meistenFällen also viel zu spät ist. ZögernSie also nicht, im November bei ei-nigen Völkern reinzuschauen, obsie brutfrei sind. Und wenn das derFall ist, behandeln Sie. Ich behand-le normalerweise zwei Mal im Ab-stand von einigen Tagen, jeweilsmit 25 ml Oxalsäuredihydrat (zumBeispiel Bienenwohl), und zwardurch Träufeln in die Wabengas-sen. Dabei spielt es keine Rolle, obdas Volk bereits in der Traube sitztoder nicht. Die Flüssigkeit musssich in der Traube verteilen undwirkt als Kontaktgift über dieHaftlappen der Milbe. Diese Ver-teilung funktioniert sogar besser,

So eine Wabe hat im Bienenvolk nichts verloren.

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wenn das Volk etwas in Bewegungist. Der Vorteil der Träufel-Metho-de ist, dass es dazu keiner weiterenHilfsmittel bedarf, jedoch ist dasVerdampfen wirkungsvoller undnoch bienenschonender (http://www.imkerei-fischermueh-le.de/fix/doc/OS0110.pdf).

Die Wärme ist dasLebenselement des Bien

Sobald nun also das Brutgeschäftbeginnt, leistet das BienenvolkSchwerstarbeit. Aller Erfahrungnach passen die Bienen in eineZarge, mehr noch, sie benötigengar nicht alle Waben. Daher wer-den alle Waben, die nicht benötigtwerden, bereits im Oktober oderNovember aus der Beute herausge-nommen. Nicht benötigt werdenalle Waben, auf denen keine Bie-nen sitzen. Sie haben keine Funk-tion. Diese funktionslosen Waben– vor allem wenn sie bis an dieAußenwand gerückt sind – ver-schimmeln ohnehin. Meistens istdarauf auch noch Pollen. Soweitdarf es gar nicht erst kommen, sol-che Waben müssen bereits im Ok-tober oder November aus dem Volkentfernt werden. Wenn das imSpätherbst also nicht erledigt wur-de, muss das jetzt nachgeholt wer-den. Daher springen wir jetzt gleichins kalte Wasser indem ich Ihnensage: Das Bienenvolk will warmund eng sitzend überwintern.

Das Bienenvolk soll auf einemmöglichst kompakten Raum über-wintern. So verhindert man einVerschimmeln von Randwaben, ei-nen Futterabriss (der vor allem imsogenannten Warmbau auftretenkann), freie Flächen in denen Pol-len im Übermaß abgelagert wer-den können und unnötige Ener-gieverluste während des ganzenWinters.Um den Raum anzupassen, ver-wenden wir ein Trennschied. Die-ses Trennschied hat exakt dieAußenmaße eines Rähmchens.Dies ist nötig, damit die Bienen dasTrennschied auf allen vier Seitenüberwinden können. Das Über-

winden des Schiedes ist vor allemim März und April wichtig. AlsSchied kann man ein Rähmchenbenutzen, auf das beidseitig eindünnes Sperrholz getackert wird.Etwas besser ist aber ein Sperrholz(8 mm), da dies in einer engenBeute nicht so viel Platz weg-nimmt.Meine Schiede sind seit einigerZeit alle isoliert. Ich verwende eineThermofolie (Kombination aus Luft-polster und reflektierender Alu-schicht), um den Wärmeverlustauf beiden Seiten der äußerenWabenflächen zu minimieren. Siekönnen aber auch andere gut iso-lierende Materialien verwenden.Der seitliche Wärmeschutz ist vorallem in Holzbeuten wichtig.

Futterverbrauch – bisjetzt kein Problem

Die Waage, die Sie auf www.armbruster-imkerschule.de beobach-ten können, zeigt an, dass der Fut-terverbrauch von November bisjetzt gerade einmal drei Kilo-gramm beträgt. Haben unsereVöl-ker nun aber noch genug Futter? Inden nächsten Wochen werden un-sere Bienenvölker einige tausendBrutzellen anlegen. Diese müssengepflegt und geheizt werden. DasBienenvolk fängt an, wesentlich

Dadant-Volk wenige Wochen vor dem Aufsetzen des ersten Honigraumes.Die Futter-Reservewaben hinter den Schieden können erreicht werden.

Zandervolk, angepasst auf die Bienenmasse. Zum Reizfüttern stets dieFuttertasche parat.

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mehr Futter zu verbrauchen. Werseine Bienen wie beschrieben an-gepasst hat, muss sicherstellen,dass genügend Futter im Brutnest-bereich vorhanden ist. Das sindin unseren Breitengraden 5 bis 6 kg.Normalerweise haben wir nun zweioder drei Handtellergroße Brutflä-chen und Futterkränze oben undhinten auf den Waben. Hier zeigtsich der Nachteil von DN-Wabenam deutlichsten.Während bei grö-ßeren Waben wesentlich mehrEntwicklungsmöglichkeit besteht,bevor eine neue Wabe besiedeltwerden muss, kommen Brutnesterbei der DN-Wabe rasch ans Holz.

Völker, die im Warmbau in derBeute sitzen, können verhungern,obwohl im hinteren Bereich derBeute volle Futterwaben sind. Wa-rum ist das so? Die Völker haltensich vorne, fluglochnah, auf. Dortist die Sauerstoffversorgung ambesten, und diese Anordnung ent-spricht der Natur des Biens am op-timalsten. Hat ein Volk begonnen,zu brüten, und kommt es dann zueinem Kälterückschlag, dann kannleicht der Kontakt zum Futter aufweiter hinten hängenden Wabenabreißen. Denn das Volk wird dieBrut nicht verlassen. Bei Völkern,die im Kaltbau angeordnet sind, ist

die Gefahr des Futterabrisses we-sentlich geringer.

Jetzt muss die Brutgewärmt werden

Nun ist der Zeitpunkt gekommen,wo eine gute Wärmedämmungausschlaggebend ist für eine rapideEntwicklung des Biens. SobaldBrut vorhanden ist, muss der offe-ne Gitterboden mit einem Brettoder einer Isofolie geschlossenwerden. Die Schiede, mit denender Brutraum begrenzt wird, müs-sen gut isoliert sein. In der Seege-berger Styroporbeute kann dasVolk auf einer Seite auch an derAußenwand sitzen. In Holzbeutenwürde ich unbedingt auch zwi-schen der äußersten Wabe und derAußenwand ein Thermoschiedeinsetzen. Sie werden sehen, dassdie gute Isolierung der Brutwabenauf beiden Seiten des Brutnestesdie Entwicklung weiter beschleu-nigt. Im Februar passt die Bienen-masse noch ganz zwischen dieSchiede, innerhalb des Brutnestbe-reiches (es werden zu diesem Zeit-punkt etwa 3 bis 4 Dadant- oder4 bis 6 Deutsch-Normal-Wabensein). Im Verlauf des Märzes wer-den viele Bienen schlüpfen, diedann unter Umständen nichtmehr Platz im Brutkorpus haben.Bevor die Waben nicht mindestenszu 80 Prozent durchgebrütet sind,wird nicht erweitert. Im März dür-fen dann auch Bienen jenseits desSchiedes sitzen, von den dort plat-zierten Futterwaben Futter holenund die nächste Wabe hinter demSchied anwärmen. Die Entschei-dung, ab wann erweitert wird, er-fordert viel Fingerspitzengefühl.Generell gilt: je später man er-weitert, desto besser ist die Brut-nesttemperierung und umso lang-lebiger werden die Bienen. Ein spä-tes Erweitern ist also zu diesemZeitpunkt einem frühen Erweiternvorzuziehen. Gleichzeitig ist zu be-achten, dass bei sehr ungünstigerAußentemperatur der Kontaktzum Futter nicht abreißen darf

Thermofolie zum Betackern eines Schiedes oder der Seitenwände.

Volk angepasst auf die Anzahl der Brutwaben im Februar.

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und – wenn es zu kalt ist – gegebe-nenfalls aus diesem Grund docheine ganze Futterwabe direkt ander äußeren Brutwabe hängenmuss, auch wenn der Platz nochnicht benötigt wird. Übrigens fin-den wir nicht nur in alter Literaturdiese Hinweise zur Auswinterung.Auch Dr. Wolfgang Ritter (Bienennaturgemäß halten, 2014, Seite 54)erweitert den Brutraum im Früh-jahr stückweise, und zwar „wennalle Wabengassen bis zur Beuten-wand mit Bienen besetzt sind“.

Je wärmer, desto besserDie Verbesserung der Wärmeöko-nomie kann auch durch das Zu-sammenführen von zwei odermehreren Bienenvölkern erreichtwerden. Ferdinand Gerstung hatals eine Möglichkeit der besserenVölkerführung bereits den soge-nannten „Thüringer Zwilling“ ent-wickelt. In diesem sind zwei Bie-nenvölker in einer von einem dün-nen Brett getrennten Beute gehal-ten, so dass sie sich gegenseitigwärmen. Die daraus weiter modi-fizierte Zwei-Volk-Betriebsweise,die bei uns noch weitgehend unbe-kannt ist, treibt diesen Vorteil aufdie Spitze. So können in einemausreichend großen Brutraum, derdurch ein dünnes Sperrholz ge-trennt wird, zwei Völker in einerBeute überwintert und währendder Tracht geführt werden. Be-sonders bei schwachen Völkernbietet sich diese Möglichkeit an.Am Flugloch muss jedoch sicher-gestellt werden, dass die Königinnicht auf die andere Seite wechselnkann.Nur durch eine starke Einengungdes Brutkörpers und dessen Isolie-rung lassen sich Energieverluste ef-fizient verringern.Erweitert wird der Brutraum imFrühjahr immer nur mit ganz,mindestens aber mit halb vollenFutterwaben, und zwar immerlinks oder rechts am äußerstenRand des Brutkörpers. EineMittelwand ist, wenn überhaupt,

nur als letzte Wabe vor Beginn derTracht sinnvoll. Vorher ist sie sogarschädlich, denn solange keine(Entwicklungs-)Tracht eingetragenwird, kann eine Mittelwand nichtbesiedelt werden. Sie wirkt wie einHemmschuh in der Entwicklungdes Volkes.Generell gilt, dass das Brutnest nieauseinandergerissen werden darf.Es gibt Imker, die (zu einem späte-ren Zeitpunkt im Mai) Mittelwändeins Brutnest hängen mit dem Ar-gument, dies würde den Schwarm-trieb dämpfen. Diese Maßnahmeschwächt das Bienenvolk, da derBrutkorpus auseinandergerissen

wird. Eine solche Mittelwand wirktwie ein Trennschied zwischen denzwei Brutblöcken.DasVolk wird inseiner Entwicklung und Honigleis-tung geschwächt. Schadlos funk-tioniert das nur zu einem Zeit-punkt, an dem das Bienenvolk sei-nen Entwicklungshöhepunkt An-fang Mai erreicht hat und vorÜberschuss aus allen Nähten plat-zen möchte. Schauen wir in dieNatur: Ein Naturschwarm würdenie eine leere Wabe inmitten desBrutkerns dulden. Dieses schritt-weise Erweitern des Brutraumeswurde übrigens bereits von EduardBertrand, dem Herausgeber der

Das Volk verliert Wärme bei einem schlecht isolierten Deckel.

Zu viel Pollen behindert die Brutentwicklung im Frühjahr.

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„Revue internationale d’Apicultu-re“ und Professor für Landwirt-schaft in Lausanne beschrieben(in: Der Führer am Bienenstande,1899). Schon Eduard Bertrandkam zu der Erkenntnis, dass einhäufig wiederkehrendes Reizfüt-tern in kleinen Gaben von AnfangMärz an, zu einem Anstieg derBrutproduktion führt und so dieBienenvölker früher Trachtreife er-langen. Heute ist das im romani-schen Sprachraum überall eineSelbstverständlichkeit und ichkann bestätigen, dass vor allem beischwächeren Völkern die Früh-jahrsreizfütterung sehr vorteilhaftist.In alten Werbeanzeigen von Ferdi-nand Gerstung ist zu sehen, dassder sogenannte „Thüringer Ballon“,der, da er direkt über dem Brutnesteingesetzt wird, zur ganzjährigenFütterung verwendet werden kann.Heute bieten sich Futtertasche an,um flüssig zu füttern. Im Frühjahrkann aufgrund der oft niedrigenTemperaturen auch Futtersirupgefüttert werden, besser ist jedochin jedem Fall selbst angerührtesZuckerwasser im Verhältnis 3 :2(Dies gilt nur für die Frühjahrsfüt-terung! Im Spätsommer fütternwir dünnflüssig!). Gefüttert wird1 Mal pro Woche 1 Liter, norma-lerweise 3 Mal insgesamt.

Zwei Bruträumesind einer zuviel

Weshalb empfehlen manche Lehr-meister das Erweitern mit Mittel-wänden oder gar das Aufsetzenganzer Zargen mitMittelwänden? Es gibtdafür weder einen ver-nünftigen imkerlichenGrund, noch ist wissen-schaftlich erwiesen, wasdafür spricht. Allerdingsist das Thema emo-tionsbehaftet – völlig zuUnrecht. Wir machen,was besser für uns unddie Bienen ist.Beim zweizargigenÜberwintern ist EndeMärz die untere Zargeleer und kann entferntwerden. Sie sollten imMärz oder April dannkeinesfalls einen zweitenBrutraum aufsetzen.Unbesehen der Tatsa-che, dass eine Erweite-rung des Brutraumeszur vollen Volksent-wicklung überhauptnicht erforderlich ist,trägt diese Maßnahmeauch nichts zur Sen-kung des Schwarmtrie-bes bei. Der Schwarm-trieb wird – wir werden

noch darauf zu sprechen kommen– nicht durch zu wenig, sonderndurch zu viel Platz im Brutraumausgelöst. Dieses Thema bespre-chen wir aber dann detailliert imApril. Die von uns angestellte Be-rechnung über die notwendigeZellenzahl im Bienenvolk ergibt,dass kein zweiter Brutraum (wederin der Normalbeute noch in Zan-der oder Langstroth) erforderlichist. Einen zweiten Brutraum auf-setzen (der womöglich noch auslauter Mittelwänden besteht) istnicht nötig, sondern bremst dieVolksentwicklung um drei Wo-chen. Wir zerstören nicht nur denkompakten Brutraum, sondernverlieren auch die erste Hälfte derHonigernte im Frühjahr. Außer-dem erspart uns die einzargigeBetriebsweise die aussichtsloseSchwarmkontrolle mit 20 bis 24Rähmchen.

Brutentwicklung im Frühjahr in mehreren Phasen.

Volk angepasst auf die Anzahl der Brutwabenim Februar. Angepasster Brutraum im Früh-jahr auf Normalmaß mit Seegeberger Styro-porbeute (Bild Schweiz).

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Ausgabe 2 · Februar 2018 23

Eduard Bertrand bringt hier dasWesentliche noch einmal auf denPunkt: „Die Brut muss immer be-brütet, d.h. von Bienen belagertwerden; die Waben, die solche ent-halten, müssen daher immer imZentrum gruppiert sein, und esdarf weder eine Wabe noch eineMittelwand zwischen hinein ge-hängt werden, so lange nicht eineerhöhte Temperatur herrscht undder Stock nicht sehr volkreich ist.Die Waben werden nach und nach,eine um die andere, am einen Endedes Brutnestes hinzugefügt. In denStöcken mit ungefähr zwölf Qua-dratzentimetern Wabenfläche ge-schieht die Einwinterung auf vier,fünf oder sechs Waben. Wenn esbei der Frühjahrsrevision vor-kommt, dass ein Volk, das imHerbst fünf Waben besetzte, derernur noch vier belagert, dann wirddie nicht besetzte Wabe herausge-nommen und der Schied entspre-chend näher gesetzt“ (S. 74ff).

Bienen würden Naturbaubevorzugen

Bienen würden Naturwaben imBrutraum bevorzugen. Das Prob-lem am Naturwabenbau ist nur die

unkontrollierte Anordnung vonDrohnenbrut im Brutkörper. Einbis zwei Naturbauwaben im Brut-körper halte ich für durchaus vor-teilhaft. Und da wir ohnehin dieBrutwaben das ganze Jahr übernicht vertauschen oder anders an-ordnen, spielen die unterschied-lichen Zellhöhen, auf die dann dieNachbarwabe mit einem leichtenZurückweichen antwortet, keineRolle. Man kann so ganz auf eineDrohnenwabe verzichten, denndas Volk benötigt Drohnen, um imNetzwerk mit den anderen Bie-nenvölkern für die Vermehrungausreichend männliches Potentialbereitzustellen. Die komplette Ent-

nahme von Drohnen senkt zwardie Entwicklungskurve der Varroa,stört jedoch den Gesamtorga-nismus. Die Auswirkungen ständi-gen Drohnenschneidens sind einThema, das noch nicht ausrei-chend erforscht ist. Nach ThomasD. Seeley stellt sich ein Volk natur-gemäß auf etwa 15 Prozent Droh-nen ein. Das sollten wir bei unse-rem Umgang mit Drohnen imBrutbereich berücksichtigen. �

Kurse und Studienreisen der Imker-schule finden Sie auf der Webseite:www.armbruster-imkerschule.de

Themen imMärz:Das Auswintern begleiten.

Erster Brutsatz:Ohne zu viel Pollen entstehtein kompaktes Brutnest.