beschaftigungssicherung durch 加itszei...

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〔論文〕 弘前大学経済研究第 21 November 1998 Beschaftigungssicherung durch At itszei exibilisierung Das Beispiel der Vo swagenAG vonWolfgangDorow I. Arbeitsmarktentwicklung inDeutschland II. Arbeitskostenund TarifkartellalsBelastungsfaktoren desBeschaftigungssystems 1. Arbeitskosten,Produktivitat undArbeitslosigkeit 2. TarifkartellundderKonfliktum Arbeitszeitverkiirzung III. ArbeitszeitflexibilisierungalsLoungswegdesInteressenausgleichszwischen Arbeitgebem undArbeitnehmem 1. ZielsetzungenundFormender Arbeitszeitflexibilisierung 2. DasVolkswagen-Modellder atmendenFabrik a) DieAusgangssituation b) DieklassischenMethodender Personalanpassung c) DieVolkswagen-Losung von1993:Die4-Tage-Woche d) DieImplementation der 4-Tage-Woche e) DieWeiterentwicklung zur Volkswagen-Wocheim Jahr1995 IV. Resiimee * Prof.Dr.WolfgangDorow,Europa-Universitat Viadrina,Fra f t(Oder),LehrstuhlftirUntemehmensplanung, OrganisationundPersonalwesen,Postfach 776,15207 Frankfurt(Oder),Germany,F 回:49-(0)335-5534-668 - 1 -

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Page 1: Beschaftigungssicherung durch 加itszei …human.cc.hirosaki-u.ac.jp/economics/pdf/treatise/21/...Beschaftigungssicherung durch Arbeitszei凶exibilisierung Das Beispiel der Volkswagen

〔論文〕 弘前大学経済研究第 21号 November 1998

Beschaftigungssicherung durch At加itszei凶exibilisierung

Das Beispiel der Vo肱swagenAG

von Wolfgang Dorow本

I. Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland

II. Arbeitskosten und Tarifkartell als Belastungsfaktoren des Beschaftigungssystems

1. Arbeitskosten, Produktivitat und Arbeitslosigkeit

2. Tarifkartell und der Konflikt um Arbeitszeitverkiirzung

III. Arbeitszeitflexibilisierung als Loungsweg des Interessenausgleichs zwischen Arbeitgebem

und Arbeitnehmem

1. Zielsetzungen und Formen der Arbeitszeitflexibilisierung

2. Das Volkswagen-Modell der atmenden Fabrik

a) Die Ausgangssituation

b) Die klassischen Methoden der Personalanpassung

c) Die Volkswagen-Losung von 1993: Die 4-Tage-Woche

d) Die Implementation der 4-Tage-Woche

e) Die Weiterentwicklung zur Volkswagen-Woche im Jahr 1995

IV. Resiimee

* Prof. Dr. Wolfgang Dorow, Europa-Universitat Viadrina, Fra山fぽ t(Oder), Lehrstuhl ftir Untemehmensplanung,

Organisation und Personalwesen, Postfach 776, 15207 Frankfurt(Oder), Germany, F回:49-(0)335-5534-668

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I. Arbeitsmarktentwicklung in Deutschlandiiao

Nach dem II. Weltkrieg schien es, als ob in Deutschland das Problem der Massenarbeitslosigkeit

prinzipiell iiberwunden ware. Bis 1970 lag die Arbeitslosigkeit stets unter 5 %. Wahrend in den jahren

1960 bis 1970 (bei 1 % Arbeitslosigkeit) Vollbeschaftigung herrschte und der groBe Bedarf an

Arbeitskrfilten zu einer enormen Zuwanderung von auslandischen Arbeitskraften fiihrte, stieg nach

1970 die Arbeitslosigkeit bis Mitte 1980 auf 10 %. Bemerkenswert ist, daB der steile Anstieg der

Arbeitslosigkeit nach 1970 in einer Zeit rnassiver staatlicher Unterstiitzungen bei hoher

Staatsverschuldung erfolgte. In Westdeutschland ist der Prozentsatz an Arbeitslosigkeit mit regionalen

und saisonalen Schwankungen bis 1998 nahezu unverandert geblieben. Die Wiedervereinigung

Deutschlands hat die Arbeitslosigkeit drarnatisch verscharft, wobei die Zahl der Arbeitslosen in

Entwicklung der Arbeitslosigkeit seit 1991 Deutschland insgesamt

F.nde Februar 1998: 5,0 Mio ,--4,819 Million n l'.N8

(West: 3,214 Millionen, Ost: 1,605 Millionen)

4,5 Mio

4,0Mio

3,5 Mio

3,0 Mio

2,5 Mio

2,0Mio J M M J S N J1

Monat des jeweiligen Jahres

D januar des Folgejahres.

Quelle: in Anlehnung an F. A. Z. (Frankfurter Allgerneine Zeitung)-Grafik Heumann, FAZ vorn 6.

Marz 1998

Anmerkung: Zurn Zeitpunkt der Drucklegung dieses Beitrags im Oktober 1998 ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland nach offiziellen Angaben unter 4 Millionen gesunken. Die Reduktion der Arbeitslosigkeit beruht dabei im wesentlichen auf statistisch wirksamen, zeitlich begrenzten, staatlichen Arbeitsbeschaffungs・undQualifizierungsmaBnahmen. Regionale Verteilung der Arbeitslosigkeit in Deutschland-Februar 1998

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Beschaftigungssicherung durch Arbeitszei凶exibilisierungDas Beispiel der Volkswagen AG

Regionale Verteilung der Arbeitslosigkeit也 Deutschland-Februar 1998

11,3%

22,4% 12,2%

17,5% 22,3%

13,8% 18,9%

25,0%

12,6%

21,8%

23,1%

11,1%

11,0%

13,8%

10,0%

8司8%

Monat des jeweiligen Jahres

i> Januar des Folgejahres.

Quelle: Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt白rArbeit; 46. Jg. Nr. 3, Ntimberg, Marz 1998

(eigene Darstellung)

Ostdeutschland aufgrund der obsoleten Produktionsbedingungen im Februar 1998 auf 21,3 % gestiegen

ist. Insgesamt sind im Februar 1998 4,819 Millionen Arbeitslose gemeldet (3,214 Millionen in

Westdeutschland; 1,605 Millionen in Ostdeutschland) bei insgesamt 34 Millionen Erwerbstatigen im

o伍ziellenArbeitsmarkt in Deutschland.

Eine weitere drastische Veranderung der Struktur des Arbeitsmarktes hat sich im Bereich der

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branchenorientierten Arbeitsplatzverteilung vollzogen. So ist die Zahl der Arbeitsplatze in der

Landwirtschaft von 1950 bis 1996 stetig zuriickgegangen (von ca. 5 Millionen auf weniger als 1

Million), wahrend die Zahl der Arbeitsplatze im Bereich Handel und Verkehr in diesem Zeitraum von

α. 2,5 Millionen auf 5,1 Millionen gestiegen ist. Von 1950 bis 1996 hat sich die Zahl der Arbeitsplatze

im Dienstleistungssektor erheblich erh凸ht:Von ca. 0,8 Millionen im Jahr 1950 aぱ ca.15 Millionen im

Jahr 1996, wahrend die Zahl im produzierenden Bereich allerdings mit erheblichen Schwankungen-nur

relativ geringfiigig von ca. 9 Millionen im Jahr 1950 bis auf 12 Millionen Arbeitspliitze im Jahr 1996

(einschlieBiich Ostdeutschland) angestiegen ist. Eine dramatische,益uBerstbesorgniserregende

Veranderung betrifft die Relation von Selbstandigen und abhangig Besch泊igten.Heute sind nahezu 90

% der Erwerbst tigen Beamte, Angestellte oder Arbeiter, nur noch 10 % Selbstandige mit

mithelfenden Familienangehorigen. Von 1950 bis 1996 ist die Zahl der Selbstandigen von 5,2 Millionen

auf 2,6 Millionen gesunken, wahrend sie noch in den Jahren 1925 bis 1939 bei gleichbleibend 10

Millionen lag.

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland zeigt allerdings erhebliche regionale, sektorale und professionale

Unterschiede in Deutschland. Wahrend im Siiden Deutschlands Unternehmungen im Bereich der

Hochtechnologie Arbeitsplatze schaffen, verlieren in Nord-und Ostdeutschland Branchen der Grundstoff

-, Bau-und Maschinenindustrie permanent Arbeitsplatze. In Nord-und Ostdeutschland ist die

Arbeitslosigkeit doppelt bis dreimal so hoch wie in Siiddeutschland. Jeder zweite Arbeitslose hat keine

abgeschlossene Berufsausbildung oder eine nicht mehr einsetzbare Qualifikation.

Die folgenden Abbildungen verdeutlichen die Arbeitsmarktentwicklung seit 1991 sowie die Verteilung

der Arbeitslosigkeit nach Regionen in Deutschland:

Vor dem Hintergrund dieser dramatischen Entwicklung des Arbeitsmarktes ist zu仕agen,welche

spezifischen Faktoren der deutschen Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung eine L凸sungdes

Arbeitsmarktproblems erschweren und welchen Losungsweg Unternehmungen in Deutschland

entwickeln kりnnen.Um diese Frage zu beantworten, werden zunachst die Arbeitskosten und das

Tarifkartell als Determinanten des Handlungsspielraumes der Unternehmungen diskutiert.

AnschlieBend wird der Losungsansatz der Volkswagen AG (AG = Aktiengesellschaft) zur Besch雄igungssicherungin der Arbeitsmarktkrise vorgestellt.

II. Arbeitskosten und Taritkartell als Belastungsfaktoren des Beschaftigungssystems

1. Arbeitskosten, Produktivitat und Arbeitslosigkeit

Die Volkswirtschaftslehre halt eine Reihe von konkurrierenden Erklarungskonzepten fiir die

Entstehung der Arbeitslosigkeit bereit. Die Olpreisschocks in den 70er Jahren, die Politik der

Geldwertstabilitat als Ausloser der Rezession, der ”post-war-baby-boom”und die zunehmende

Nach仕agenach Arbeitsplatzen durch weibliche Arbeitnehmer sowie die Wirkungen des sprunghaften

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Beschaftigungssicherung durch Arbeitsze1凶以ibilisierungDas Beispiel d釘 VolkswagenAG

technologischen Fortschritts oder die Saturierungsthese werden beispielsweise als Erklarungsgro/3en

angeboten. Keine dieser Erklarungsgr凸/3enist jedoch ilberzeugend. Fur die Entstehung und die

Dauerhaftigkeit der Arbeitslosigkeit in Deutschland dilrften hingegen zwei Faktoren von besonderer

Bedeutung sein: (1) Die im internationalen Vergleich relativ hohen Arbeitskosten und (2) die

lnflexibilit語tdes Tarifkartells in Deutschland.

Die nachstehenden Abbildungen zeigen die Lohnentwicklung in Deutschland seit 1991 sowie einen

intemationalen Vergleich der Arbeitskosten:

Die Diskrepanz zwischen den Bruttoausgaben der Unternehmungen filr Lohnzahlungen und den

tatsachlichen-in den letzten jahren gesunkenen-Reallohnen der Arbeitnehmer hat sich stetig

vergrり/3ert.Die schwierige Lohnsituation zeigt sich an folgendem Beispiel: Obgleich es zur Zeit fast

400.000 arbeitslose Bauarbeiter gibt, fordert die lndustriegewerkschaft Bau filr ihre 1,3 Millionen

4.500DM

brutto

4.000DM 4.200DM

3.000DM

net to 2.710DM

real 2.285DM

Quelle: Die Zeit, Nr. 10 vom 26.02.1998

Arbeitskosten international

Arbeitskosten je Arbeiter-Stunde in der Verarbeitenden lndustrie 1995 in DM

50. 00 r

・10. 00 口同rsonalzusa包lαt朋

30. 00

20. 00

JO.。。0. 00

D CH B N A DK SF NL J L S D F USA I CON E AUS GB IRL GR P

(W) (0)

Quelle: in Anlehnung an IWD日WD= Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft, Nr.

18 vom 02.05.1996, Jg. 22, S. 3

pa

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Mitglieder jetzt eine Lohnerhりhungvon 4 %, um die Reallohnabsenkung aufzufangen. Da marginal巴

Unternehmungen diese Kostensteigerung nicht verkraften konnen, ist mit einer weiteren Zunahme an

Arbeitslosigkeit zu rechnen. Deutsche Bauunternehmungen tragen im europaischen Vergleich die

hりchsteLohnbelastung. Sie ist dopp巴Itso hoch wie in Frankreich und dreimal so hoch wie in Spanien.

Die hohen Kosten fiir die Unternehmungen resultieren aus der iiberproportionalen Steigerung der

Lohnzusatzkosten seit 1970. W詰hrendder Nettolohn des A工beitnehmersnur 14,77 DM betr詰gt,liegen

die Arbeitskosten fiir den Arbeitgeber bei 54,52 DM je Arbeitsstunde. Hohere Dir巴ktlohnesind nur

mりglich,wenn die Lohnzusatzkosten 【lurcheine Reform des Sozialversicherungssystems gesenkt

werden.

Di巴 folgendeAbbildung verdeutlicht die Relationen von direkten Lりhn巴nund Lolmneb巴nkostenin

WestべmdOstdeutschland:

In einer Marktwirtschaft kann sich der Produktionsfaktor Arbeitsleistung-wie andere

Produktionsfaktoren auch-letztlich nicht dem Preismechanismus entziehen. W巴nnsich in der

Personalkosten im Produzierenden Gewerbe Westdeutschlandsl)

-DM je Arbei回ehmerund Jahrー

100,αXJ

m,αXJ・

Jahre剖U「出schnitt

ZlM廊オ)S悶ten19花/1渓あ:

口r依t伺 1伊It: 5,1 %

Zu田包k田 1四 6,8%

N凶 tsk田 t凹 5,8%印,α氾

σ9,2)

40,αXJ ・ー

20,αXJ

。NhoF

のhoF

∞ドOF

F

∞OF

∞∞αF

寸∞∞F

NO∞F

的。αF寸∞OF

ωOOF

1972 1975 1978 1981 1984 1988 1992 1993 1994 1995

Arbeitskosten insg. 22.928 31.105 38.443 46.729 53.988 62.057 75.197 77.450 80.200 83.770

Direktentgelt 14.737 18.776 22.603 26.630 30.131 34.383 41.671 42.950 44.500 46.510

Zusatzkosten 8.191 12.329 15.840 20.099 23.857 27.674 33.526 34.500 35.700 37.260

ll Unternehmen mit 10 und mehr Beschaftigten.

2> In Prozent des Direktentgelts

Quelle: Statistisches Bundesamt; entnommen aus Hemmer, E.: Oberdurchschnittliche Dynamik in

Ostdeutschland. In: Arbeitgeber, Jg. 48, Nr. 9, 1996, S. 283

- 6一

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Bescha丘igungssicherungdurch Arbeitsze1凶exibilisierungDas Beispiel der Volkswagen AG

Personalkosten im Produzierenden Gewerbe Ostdeutschlands1'

-DM je Arbeitnehmer und Jahr -

100 000

pb

nu

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%守。一

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6

3

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69 9

(Pe rs onalz usatzkos le nquote )2>

80,000

66,3

67 8 66 s I

Zusatzkosten 40,000

20,000

。1992 1993 1994 1995

1992 1993 1994 1995

Arbeitskosteninsg. 41.494 49.000 55.340 60.420

Direktentgelt 24.957 29.380 32.980 35.560

Zusarzkosten 16.537 19.620 22.360 24.860

1> Unternehmen mit 10 und mehr Besch油igten. 2> 1n Prozent des Direktentgeltes

Quelle: Statistisches Bundesamt; entnommen aus Hemmer, E.: Dberdurchschnittliche Dynamik in

Ostdeutschland. In: Arbeitgeber, Jg. 48, Nr. 9, 1996, S. 283

Austauschbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kein Gleichgewicht zwischen den

Forderungen und Leistungszusagen hinsichtlich des Preises fiir Arbeitsleistungen einstellt, entsteht

Arbeitslosigkeit. Der Gleichgewichtspreis ist dabei von den Preisen fiir substitutive

Produktionsfaktoren abhangig. Wenn kostengiinstigere Alternativen zur Arbeitsbeziehung vorhanden

sind, reagieren Arbeitgeber auf zu hohe Lohnforderungen mit der Abwanderung aus der

Arbeitsbeziehung. Sie werden z.B. Internationalisi巴rungschancennutzen und Arbeits-pl語tzeim Ausland

aufbauen und/oder Arbeitsleistungen im Inland <lurch Maschinenleistung

叩 de伍zientereOrganisationsstrukturen ersetzen.

2. Tarifkartell und der Konflikt um Arbeitszeitverkiirzung

Tarifvertrage werden in Deutschland <lurch Arbeitgeberverbande und Industriegewerkschaften zentral

ausgehandelt. Es sind Flachentarifvertrage, die fiir alle Mitglieder der Koalitionen gelten. Die

Regierung hat die Mりglichkeit,Tarifvertr話geauch fiir nicht angeschlossene Arbeitgeber und

Arbeitnehmer fiir allgerneinverbindlich zu erk!通ren,hat dies allerdings nur in sehr seltenen Fallen

praktiziert.

Durch <las Warnstreikurteil von 1976 ist die sogenannte”Waffengleichheit”zwischen den Tarifpartnern

zuungunsten der Arbeitgeber verschoben worden. Seit 1976 k凸nn巴ndie Gewerkschaften in

- 7 -

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Tarifverhandlungen <lurch Warnstreiks und verki.irzte Friedenspflicht verstarkten Druck auf die

Arbeitgeber ausiiben, wobei gleichzeitig <las Recht auf Ausspemmg von Arbeitnehmern eingeschrankt

wurde. Allerdings wurde auch die Moglichkeit der Finan-zierung von Streiks <lurch Steuergelder in

Form von Zahlungen der Bundesanstalt fi.ir Arbeit fiir Arbeitnehmer auBerhalb des bestreikten

Tarifbezirkes, die aufgrund von Streiks beschaft:igungslos wurden, beendet. Da dies die Streikkosten

der Gewerkschaften in Deutschland potentiell erhoht, wurde von den Gewerkschaften die Strategie der

Warnstreiks, der Schwerpunktstreiks und der rollenden S仕eiksausgebaut.

Die Lohnh凸henund sonstigen Arbeitsbedingungen werden in Deutschland nicht durch Arbeitsangebote

einzelner Arbeitgeber(gruppen) und Arbeitsnachfrage einzelner Arbeitnehmer(gruppen) am Markt

reguliert. Sie sind Folge der von Verbandsinteressen beeinfluBten Tarifaushandlungen zwischen

Arbeitgeberverbanden und Gewerkschaften, in denen Streikdrohungen und Abwanderungsdrohungen

eine zentrale Rolle spielen. Statt der bei anhaltend hoher Arbeitslosigkeit zu erwartenden

Lohnstabilisierung oder-reduzierung, setzten Gewerkschaften zwischen 1970 und 1984 Lohnerh凸hungen

iiber dem Produktivitatsfortschritt durch (vgl. folgende Abbildung).

Die IG Metall (IG = Industriegewerkschaft) versuchte erstmalig, aber vergeblich, 1978 den Einstieg in die 35-Stunden-Woche zu erreichen. Danach beherrschte 10 Jahre lang das Ziel der Durchsetzung der

Reallohn und Prod也 ti吋tatje Stunde in Westdeutschland

Index 1970 = 100

220

200

180

160

140

120

100

Cト、コ EトW. ト守‘

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<D 00 0 N 寸 CD 00 0 N マド h 00 00 00 00 00 0) 0) CJ')

Quelle: Vgl. Stille, F JR. Zwiener: Arbeits-und Betriebszeiten in Deutschland: Analysen zu

Wettbewerbsfahigkeit und Beschaftigung. Berlin, Duncker und Humblot, 1997

(Sonderheft/Deutsches Institut白rWirtschaftsforschung; Nr. 160, S. 97)

35-Stunden-Woche die tarifpolitische Auseinandersetzung. Nach einem massiven, sechswochigen

Arbeitskampf im Jahr 1984 wurde der erste Schritt der Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 38,5

Stunden ab April 1985 erreicht. Es folgte die stufenweise Reduzierung der Arbeitszeit bis zur

Einfiihrung der 35-Stunden-Woche im Jahr 1995 in der Metall-und der Druck-und Medien-Branche. Die

Gewerkschaftsstrategie der Arbeitszeitverkiirzungen beruhte auf der These, daB die Arbeitgeber die

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Beschfiltigungssicherung durch Arbeitszei凶exibilisierungDas Beispiel der Volkswagen AG

<lurch Arbeitszeitverkiirzung freigewordenen Arbeitsvolumina <lurch neue Arbeitsplatze abdecken.

Tats詰cblichsetzten aber allmiihlich in den Unternehmungen Rationalisierungsprozesse ein, marginale

Unternehmun-gen verlieo13en den Markt und die Auslagerung der Produktion in <las kostengiinstigere

Ausland verstarkte sich. Der behauptete positive Beschaftigungseffekt <lurch Arbeitszeitverkiirzung

blieb somit aus. Die Unternehmungen bauten”organizational slack" ab und bewaltigten Auftragsspitzen

<lurch Dberstundenarbeit trotz erheblicher Zuschlage. Tatsachlich hat die Arbeitszeitverkiirzung neben

anderen Faktoren wie hohe Steuersatze und hohe Lohnnebenkosten dazu beigetragen, die

Schattenwirtschaft in Deutschland erheblich zu vergr613ern. Der Anteil der Schattenwirtschaft am

Bruttoinlandsprodukt wird gegenw訂tigauf 15 % (565 Milliarden DM) gesch語包t.

Das zentralistische Modell der Tarifaushandlung fiihrte in Deutschland zu einer Nivellierung der

Lohnhohen und Arbeitsbedingungen iiber Branchen, Branchensegmente, Regionen und Qualifikationen

hinweg. Es entstanden normierte Arbeitsverh通ltnisse,die nach und nach von allen Gewerkschaften

durchgesetzt wurden. Durch Ausbandlung von Sockelbetragen wurden unabhangig von

Tarifliche Jahres-Sollarbeitszeit eines Industriearbeiters 1996 in Stunden

Arbcitszciten international in Stundcn

Westdeutschland

Dtlnemark

Ostdeutschland 695

Niederlanclc I 1722

Osterreich

Nornegcn 11 0

It alien I 1752

Frankreich

GB

]コドド円88 Spanien

Sch¥¥Cdell

I 1848

I I 18l8

Griechenlancl

Japan

I I 8;58~ Sch、、eiz

Portugal

USA I 1912

I 000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 I 700 1800 1900 2000

Quelle: in Anlehnung an IWD, Nr. 27 vom 03.07.1997, Jg. 23, S. 3

- 9 -

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Leistungsdifferenzen niedrige Lohngruppen angehoben. Dies bewirkte aber,白Bgerade die einfachen

Tatigkeiten der unteren Lohngruppen durch Automatisierung ersetzt wurden und der Arbeitsplatzabbau

vers凶rktwurde.

Die Leistungszusagen des Arbeitgebers wurden nicht nur durch Lohnsteigerungen und

Arbeitszeitverkiirzungen bei vollem Lohnausgleich, sondern auch durch eine Steigerung der

Urlaubstage immer starker in Anspruch genommen. Dies bedeutete einen weiteren Anreiz fiir

RationalisierungsmaBnahmen.

Die folgende Abbildung gibt einen Uberblick iiber die Entwicklung der Wochenarbeitstage,

Wochenarbeitszeiten, des Jahresurlaubs, der tariflichen und tatsachlichen Jahresarbeitszeiten unter

Beriicksichtigung von Mehrarbeit, Krankheit und iibrigen Ausfallstunden. Es folgt ein internationaler

Vergleich der Jahresarbeitszeiten.

1960 1970 1974 1980 1984 1990

Tarifliche Vorgaben: 5,5 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0

Wochenarbeitstage dis 44,6 41,5 40,8 40,1 40,0 38,5

Wochenarbeitszeit h/s 15,5 21,2 23,7 27,3 29,9 30,7

Jahresurlaub cl/a

Tarifliche jahrliche Arbeitszeit h/a 2.12 1.89 1.83 1.78 1.76 1.67

+ Mehrarbeitsstunden h/a 95 157 116 74 60 64 -Ausfallstunden durch Krankheit h/a 113 109 107 101 78 82

-Ubrige Ausfallstunden勺h/a 5 16 12 13 14 9

Tats achliche Jahres-arbeitszeit h/a 2.10 1.93 1.82 1.75 1.72 1.64

In vH der tariflichen Jahresarbeitszeit

Mehrarbeit 4,5 8,3 6,3 4,5 3,7 4,2

Krankheit 5,3 5,7 5,8 6,1 4,8 5,5

Ubrige Ausfallstunden 0,2 0,8 0,7 0,7 0,9 0,2

Tats achliche Jahres- 98,9 101,7 99,8 97,9 98,2 98,4

arbeitszeit

Nachrichtlich: Vollzeitarbeitnehmer (1000) 20.85 21.22 20.55 21.63

Arbeitnehmer insgesamt (1000) 20.07 22.13 22.94 23.81 23.25 25.45

* > Kurzarbeit, Schlechtwetter, Arbeitskampf, Arbeitszeitvariation, Erziehungsurlaub. Geringe Differenzen durch Runden der Zahlen. h = Stunden; d = Tag; s = Woche; a = Jahr. Quellen: IAB; Berechnungen des DIW.

Quelle: Vgl. Stille, F JR. Zwiener: Arbeits-und Betriebszeiten in Deutschland: Analysen zu

Wettbewerbsf higkeit und Besch仕igung.Berlin, Duncker und Humblot, 1997

(Sonderheft/Deutsches Institut血rWirtscha丘sforschung;Nr. 160, S. 12)

- 10一

1994

5,0

37,8

31,0

1.66

51

72

19

1.62

3,7

5,2

0,5

97,6

21.20

25.57

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Beschaftigungssicherung durch Arbeitszeitflexibilisierung Das Beispiel der Volkswagen AG

Der Handlungsspielraum des Arbeitgebers gegentiber dem Arbeitnehmer wird dariiber hinaus durch

arbeitsrechtliche Regeln und die Mitbestimmungsgesetze stark eingeengt. Diese zum Schutz des

Tariflicher Jabresurlaub in Westdeutschland

1957 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990. 1995

Soviet Prozent der Arbeitnehmer batten 1995 einen jahresurlaub von ... Wochen:

Westdeutschland Ostdeutschland

4 bis unter 5

5 bis unter 6

6 oder mehr

Quelle: IWD, Nr. 41 vom 10.10.1996, Jg. 22, S. 1

Arbeitnehmers entwickelten Rechte wirken aber als zusatzlicher, negativer Anreiz fiir den Arbeitgeber,

neue Arbeitsplatze zu schaffen. Die Zahl von arbeitsrechtlichen Klagen gegen den Arbeitgeber ist

permanent gestiegen, wobei der Arbeitgeber grundsatzlich die Kosten von Klagen des Betriebsrates

gegen ihn zu位agenhat. Hinzu kommen hohe Abfindungszahlungen bei Entlassungen. Die Inflex.ibilitat

des Beschaftigungssystems (Ktindigungs schutzrechte; Abfindungen) hat heute die Auswirkung, daB der

Arbeitgeber dazu tendiert, den AbschluB von Dauerarbeitsplatzen zu vermeiden und durch Vertrage

der sogenannten”Scheinselbstandigkeit”oder durch”geringfilgige Beschaftigungsverhaltnisse”zu

ersetzen, um auf diese Weise Flexibilitat wiederzugewinnen.

Die Wiedervereinigung Deutschlands hat die Gesamtarbeitslosigkeit dramatisch erhoht. Die mangelnde

Investitionsneigung der Arbeitgeber in Ostdeutschland hat komplexe Griinde: Kapitalknappheit lokaler

Firmengrtinder, unklare Eigentumsverhaltnisse, strenge Umweltschutzauflagen, extrem lange,

btirokratische Beantragungsverfahren, mangelnde Bereitschaft zum Aufbau von

Unternehmungskooperationen, Infrastrukturprobleme, technologische Lticken und eine Unterschatzung

一日一

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der Bedeutung von MarketingmaBnahmen erschweren Unternehmungsgriindungen und damit die

Schaffung von Arbeitsplatzen in Ostdeutschland.

Die immer intensiver ausge仕ageneoffentliche Diskussion iiber die Handhabung der Arbeitslosigkeit ist

auBerordentlich emotional aufgeladen. Nur langsam entwickelt sich die Bereitschaft,

betriebswirtschaftliche Analysen der Beschaftigungskosten und-bedingungen zur Kenntnis zu nehmen

und sich an erfolgreichen Losungsansatzen anderer Lander zu orientie・ren.In der凸ffentlichen

Diskussion besteht immer noch die Vorstellung, die knappen Arbeits-platze durch eine weitere

generelle Arbeitszeitreduzierung auf eine hOhere Zahl von Arbeit・nehmernzu verteilen. Hierzu geh凸此

die jiingst erhobene Forderung nach einer 32-Stunden-Woche durch die Industriegewerkschaft Metall,

die allerdings (noch) nicht mit einer Forde-rung nach Lohnausgleich verbunden ist.

Die standig steigende Arbeitslosigkeit nach der Wiedervereinigung Deutschlands entwickelte sich zu

einer Bewahrungsprobe釦rdas Tarifvertrags-und Mitbestimmungssystem. Zu Beginn der 90er Jahre

wurde immer deutlicher, daB die Politik der starren Arbeitszeitverkiirzungen nicht weiter verfolgt

werden kann. Die Arbeitgeber forderten zunehmend, die Nachteile der Arbeitszeitverkiirzungen durch

eine Arbeitszeitflexibilisierung auszugleichen. Der Konflikt um die Arbeitszeitverkiirzung verwandelt

sich in einen Koぱliktum Arbeitszeitflexibilisie-旦旦g.

Um eine Arbeitszeitflexibilisierung zu erreichen, war es aber notwendig, die bisherigen starren

Flachentarifvertrage mit Normalarbeitszeiten fiir eine Flexibilisierung zu offnen. Die sogenannten

tariflichen”O曲mngsklauseln”sollenes den Arbeitgebern erm凸glichen,betriebsbezogene Losungen der

Arbeitszeitflexibilisierung mit den Betriebsraten auszuhandeln. Der in die Betriebe verlagerte

AushandlungsprozeB um die Flexibilisierung hat die Konfliktaustragungskosten erhoht und teilweise zu

einer Spaltung zwischen Betriebsraten und Belegscha丘gefiihrt.

III. Arbeitszeitflexibilisierung als Losungsweg des Interessenausgleiches von Arbeitgebem und Arbeitnehmem

1. Zielsetzungen und Formen der Arbeitszeitflexibilisierung

In fast allen ab 1984 abgeschlossenen Tarifvereinbarungen iiber verkiirzte Wochenarbeitszeiten konnten

die Arbeitgeber die Aufnahme von Regelungen durchsetzen, die eine Arbeits-

zeitflexibilisierung erm凸glichen.Allerdings war der Spielraum白rArbeitszeitflexibilisierung bis 1993

auBerst begrenzt, da im allgemeinen eine Flexibilisierung des Arbeitseinsatzes nur innerhalb einer

Woche erfolgen konnte. Seit 1993 haben sich jedoch die tariflichen und gesetzlichen

Rahmenbedingungen der Arbeitszeit erheblich verandert. Der Anteil der Beschaftigten in

Normalarbeitszeit ist seitdem erheblich zugunsten flexibler Arbeitszeiten gesunken. Im Jahr 1995 sind

bereits 83% der westdeutschen und 75 % der ostdeutschen Arbeitnehmer nicht mehr in einem

Normalarbeitszeitverhaltnis tatig. Als Formen der Flexibilisierung dominieren Uberstundenarbeit mit

- 12 -

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Besch説igungssicherungdurch Arbeitszei凶凶ibilisiぽ llllgDas Beispiel der Volkswagen AG

Jahresarbeitszeitkonten, Schicht-und Nachtarbeit, Wochenendarbeit, Gleitzeitarbeit, Teilzeitarbeit und

Vorruhestandsregelungen. Andere Konzepte wie”Sabbaticals", Mehrjahresarbeitszeitkonten und Job

sharing spielen bislang nur eine untergeordnete Rolle in deutschen Unternehmungen.

Die Einftihrung flexibler Formen der Arbeitszeit kann allerdings nicht nur auf die rigorosen

Arbeitszeitverkiirzungen zuri.ickge釦hrtwerden, sondern beruht letztlich auf generellen wirtscha立lichen

und gesellschaftlichen Veranderungen der vergangenen Jahrzehnte. Dabei verfolgen Arbeitgeber und

Arbeitnehmer sowie die jeweiligen Koalitionen (Gewerkschaften und Arbeitgeberverbande) nicht

grundsatzlich konfliktare, sondern teilweise durchaus kongruente Zielvorstellungen.

Zu den wirtschaftlichen Grunden der Arbeitszeitflexibilisierung zahlt die Verscharfung der

Wettbewerbssituation durch Globalisierung, die Ausdehnung des Dienstleistungssektors und die

Abl凸sungtayloristischer Arbeitsmethoden durch flexible Organisationsstrukturen durch hoch-

technologisierte Produktionskonzepte, die eine Flexibilisierung der Arbeitszeit bedingen. Im

gesellschaftlichen Bereich hat sich ein Wertewandel vollzogen, der eine starke auf individuelle

Lebensbediirfnisse ausgerichtete Gestaltung von Arbeitszeiten beansprucht. Gleichzeitig wird eine

Absicherung des Arbeitsplatzes bzw. des Arbeitseinkommens gefordert, die ohne

Arbeitszeitflexibilisierung nicht mehr m凸glichist.

Die lnteressen der Arbeitgeber an der Arbeitszeitflexibilitat beziehen sich auf drei Bereiche:

(1) Durch eine Entkopplung von individueller (verkiirzter) Arbeitszeit und der Betriebszeit soll eine

erh凸hteBetriebszeit erreicht werden.

(2) Durch flexiblere Jahres-oder Mehrjahresarbeitszeiten soll eine verbesserte Anpassung an saisonale

und konjunkturelle Auftragslagen der Unternehmen erreicht werden.

(3) Normalarbeitsverhaltnisse mit hohen Kosten sollen durch kostengiinstigere flexible Formen der

Arbeitszeit ersetzt werden, da-wie oben gezeigt-die im internationalen Vergleich sehr hohen

Arbeitskosten bei gleichzeitig sehr niedrigen Soll-Jahresarbeitszeiten die internationale

Wettbewerbsfahigkeit erheblich einschranken.

Da sich die Gemeinschaft der Arbeitnehmer durch unterschiedliche Professionalisierung und

Lebensanspriiche immer starker differenziert, sind-wie eine Reihe empirischer Untersuchungen belegen

-die Interessen der Arbeitnehmer an der Flexibilisierung hochst inkonsistent. Gemeinsam ist zwar der

Wunsch nach erh凸hterZeitsouveranitat, aber die individuelle Konkretisierung f剖Itunterschiedlich aus.

Vorstellungen hinsichtlich von Partizipation und Selbstverwirklichung im Beruf sowie unterschiedliche

private Interessen im Familien-und Freizeitbereich, die auch mit dem Lebensalter variieren, fiihren zu

individuell divergierenden Praferenzen der Arbeitszeitflexibilisierung. Je gr凸Berdie zeitliche

Dispositionsfreiheit ftir den einzelnen Arbeitnehmer ist, desto gr凸βerist die Moglichkeit der

Realisierung eigener Interessen. Sofern Arbeitnehmer an unterschiedlichen Arbeitszeiten interessiert

sind, besteht die Moglichkeit, die Arbeitnehmerinteressen mit dem Arbeitgeberinteresse an

verlangerten Betriebszeiten in Ubereinstimmung zu bringen. Eine am Lehrstuhl fiir

9d

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Unternehmensplanung, Organisation und Personalwesen der Europa Universitat Viadrina durchge釦hrte

Untersuchung in einem groBen ostdeutschen Elektrizitatswerk hat jedoch gezeigt, daii die

Arbeitnehmerinteressen durchaus noch sehr homogen ausfallen konnen. Die Arbeitnehmer entschieden

sich fast ausnahmslos, den friihestmoglichen Arbeitsbeginn und das friihestm凸glicheArbeitsende zu

w泊ilen.Die vom Arbeitgeber gewiinschte kundenorientierte Betriebszeitverlangerung kann folglich nur

durch Einschrankung der Dispositions仕eiheiterreicht werden.

Ziel der Gewerkschaften ist, durch Flachentarifvertrage eine einseitige, nur den Interessen der

Arbeitgeber dienende Arbeitszeitflexibilisierung zu verhindern. Vor allem sind die Gewerkschaften・ an

beschaftigungswirksamen Arbeitszeitmodellen, wie z.B. vermehrte Teilzeitarbeit, interessiert. Die

Arbeitgeberverbande sind dagegen interessiert, tarifliche Regelungen zu vereinbaren, die weitere

Lohnkostensenkungen erm凸glichen.Gemeinsames Interesse von Gewerkschaften und

Arbeitgeberverband ist es, den Fortbestand des iibertariflichen, flachen deckenden Tarifvertragssystems

zu sichern, da es die beiderseitige Legitimationsgrundlage liefert.

Der Flachentarifvertrag entwickelt sich aber zunehmend zu einem Konfliktgegenstand fiir einzelne

Unternehmungen. Diese Entwicklung zeigt sich insbesondere in Ostdeutschland. Obwohl das

Lohnniveau in Ostdeutschland um ca. 10,5 % niedriger ist als in Westdeutschland und die w凸chentliche

Arbeitszeit 38 Stunden (in der Metallindustrie) betragt, scheren kleine und mittlere Unternehmungen

zunehmen aus dem Tarifkartell aus, um nicht an die Tarifvertragsbedingungen gebunden zu sein. Im

Bereich”Ostmetall”sind es schon jetzt nur noch ca. 400 Betriebe mit 80.000 Beschaftigten, die dem

Arbeitgeberverband angeh凸ren.Arbeitgeberverbande und Gewerkschaften sind daher gezwungen,

tarifliche Offnungsklauseln fiir betriebsbezogene Losungen zu formulieren. Da aber eine

betriebsbezogene Arbeitszeit-flexibilisierung die Delegation von Regelungskompetenzen an die

einzelnen Arbeitgeber und Betriebsrate erfordert, stehen Arbeitgeberverbande und Gewerkschaften

insofern vor dem Problem, ihre Verbandsautoritat schrittweise zu verlieren. Hier entsteht ein

komplexes Konfliktfeld zwischen Arbeitgeberverband, Gewerkschaften, einzelnen Arbeitgebem und

Betriebsraten. Ein aktuelles Beispiel liefert die Fa. Viessmann, die mit ihrem Betriebsrat bei voller

Zustimmung der Arbeitnehmer eine Verlangerung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden ohne

Lohnanhebung ausgehandelt hat. Gegen diese Betriebsvereinbarung hat die Industriegewerkschaft

Metall erfolgreich geklagt.

Trotz der Interessenkonflikte um Formen und AusmaB der betriebsbezogenen Arbeitszeit-

flexibilisierung wird sie als Losungsansatz fiir die Sicherung der Wettbewerbsfahigkeit der

Unternehmungen und der Erfiillung der differenzierten Arbeitnehmerinteressen gesehen. Die

Gewerkschaften bekampfen aber stark bestimmte Formen der Flexibilisierung, wie vor allem die *

berstundenarbeit, da sie Zusatzbesch*ftigung verhindert. Formen, die Besch*ftigungswirkungen

vermuten las sen, wie z.B. Vorruhestandsregelungen und Teilzeitarbeit, werden von den

Gewerkschaften durchaus unters凶包t.

Vorreiter eines weitreichenden Modells der Kombination von Verkiirzung und Flexibilisierung von

duτ ,,ι

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Beschliftigungssicherung durch Aぬeitsz目tflexibilisierungDas Beispiel dcr Volkswagen AG

Arbeitszeit, das sowohl Arbeitgeber-als auch Arbeitnehmerinteressen in partielle Dbereinstimmung

bringt, ist das Volkswagen-Modell der atmenden Fabrik. Dieses Modell wird im folgenden in

seinen Grundziigen dargestellt.

2. Das Volkswagen-Modell der atmenden Fabrik

a) Die Ausgangssituation

Das umfassendste und am starksten beachtete Modell der Umstrukturierung von Arbeitszeit hat die

Volkswagen AG im Jahr 1993 entwickelt. Bei einem weltweiten Kapazitatsiiberhang von ca. 10

Millionen Einheiten bei einer Weltjahresproduktion von ca. 39 Millionen Auto-mobilen setzte zu Beginn

des Jahrzehnts ein globaler Verdrangungswettbewerb der Auto-mobilindustrie ein, der mit einer

Schrumpfung des Absatzmarktes in Deutschland und Europa zusammen自el.Hinzu kamen die durch

jahrzehntelange Personalhortung entstandenen be-甘ieblichenStrukturprobleme, die die Volkswagen AG

zu einschneidenden Mallnahmen der Kostensenkung und Produktivitatsverbesserung zwangen. Die

MIT-Studien iiber”Die zweite Revolution in der Automobilindustrie”l zeigte deutlich die niedrigere

Arbeitsproduktivitat der europaischen Automobilindustrie gegeniiber der japanischen Konkurrenz auf.

Um diesen Riickstand aufzuholen, sah sich Volkswagen mit dem Problem konfrontiert, in den Jahren

1994 und 1995 einen Personaliiberhang von ca. 30.000 Arbeitnehmern bei einem

Beschiiftigungsszenario: Die Prognose von 1993 hat sich bestatigt

Beschiiftigungsszenario vor Volkswagen Model

103.000

Tatsiichliche Entwicklung 1993-1996

103.000

Prognose: -30 %

Personalkapazitat ぬ田

4・Tage-W国治e

1st: -29%Beschaftigungs-anpassung iiber Ar-beitszeitmodelle und

nicht arbeitsmarkt-wirksame Aus仕itte

73.000 ぬm

""'官、 ge.W低he

1993 Bedarf End巴1995

1993 Personal-bedarf 1996

Quelle: Hartz, P.: Das atmende Untemehmen. Jeder Arbeitsplatz hat einen Kunden. FrankfurνMain,

New York. Campus, 1996, S. 21

1 Womack, ]./Jones, D. T JRoss, D.: The machine that changes the world. New York 1990: Rawson

kd

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Gesamtpersonalbestand von 100.000 Arbeitnehmern in Deutschland abzubauen. Eine genaue

Ursachenanalyse ergab, daB der Personalilberhang zu zwei Dritteln auf organisatorische und

produktionstechnische Ine伍zienz,zu einem Drittel auf den Konjunktureinbruch zurilckz凶血renist. Die

folgende Abbildung vergleicht die Beschaftigungsentwicklung der Volkswagen AG ohne und mit der 4-

Tage-Woche.

b) Die klassischen Methoden der Personalanpassung

Die klassischen, in Deutschland tiber alle Branchen hinweg angewandten Instrumente der

Personalanpassung sind:

(1) Personalabbau <lurch m凸glichstsozialvertragliche MaBnahmen, wie z.B. Vorruhestands-regelungen

oder Aufhebungsvertrage

(2) Einsatz von Kurzarbeit mit Zuschlagen und staatlichen Ausgleichszahlungen

(3) Massenentlassungen auf der Basis von Sozialplanen

Alie drei Instrumente wurden von der VW (Volkswagen) AG aus folgenden Grunden ausgeschlossen:

Bereits Ende der 80er jahre wurde der Personalbestand in den deutschen Werken von 130.000

Mitarbeitern auf 100.000 Mitarbeiter durch Vorruhestandsregelungen, Aufhebungsvertrage und

Fluktuation reduziert. Fur diese MaBnahmen gab es daher weder ein ausreichendes

Mitarbeiterpotential noch konnte die VW AG die damit verbundenen seit 1995 gesetzlich erh凸hten

Entschadigungszahlungen leisten.

Da Kurzarbeit in Deutschland gesetzlich auf zwei Jahre befristet ist, bietet sie keine langfristige

L凸sungfur den Personaltiberhang.

Das世itteInstrument der Massenentlassung auf der Basis eines Sozialplanes wollte die

VW AG gesellschaftspolitisch nicht verantworten und hatte auch erheblichen okonomischen Schaden

verursacht, da wertvolles Humankapital dauerhaft verloren gegangen ware.

Der Weg aus der Beschaftigungskrise war insofern nur mit Hilfe eines innovativen Konzeptes zu

finden.

c) Die Volkswagen-Losung von 1993: Die 4-Tage-Woche

Um einen Orientierungspunkt fur die L凸sungder Beschaftigungsproblematik zu gewinnen, wurde eine

unternehmungspolitische Leitidee entwickelt, die als”'Neue Zumutbarkeit'’definiert wurde. Danach

werden vier Zumutbarkeitsdimensionen den Rahmen filr die ktinftigen VW-Arbeitssysteme ziehen: Eine

materielle, eine funktionale, eine geographische und eine soziale Dimension. Zweck der Setzung dieser

neuen Zumutungen ist die Sicherung von Arbeitsplatzen, die ohne Anspruchsreduzierungen der

KU

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Beschaftigungssicherung durch Arbeitszeitflexibilisierung Das Beispiel der Volkswagen AG

Arbeitnehmer nicht verwirklicht werden kann.

Die materielle Zumutbarkeitsdimension bezeichnet eine mit kilrzeren Arbeitszeiten einhergehende

degressive Einkommensminderung, die zu akzeptieren ist, wenn auf Entlassungen verzichtet werden

soll. Die funktionale Dimension bezieht sich auf die Notwendigkeit einer permanenten Qualifizierung

白rneue Tatigkeiten einschlieBlich der Umschulung von Angestellten釦rproduktionsnahe Tatigkeiten.

Die geographische Dimension nutzt das Arbeitsplatzpotential benachbarter Werke aus, so daB ein

geographischer Arbeitsplatzwechsel zuzumuten ist. Die soziale Dimension zielt auf die O飴mngdes VW

-Arbeitsmarktes filr eine breitere Gemeinschaft, indem einzelne Gemeinschaftsmitglieder Arbeit

zugunsten anderer Mitglieder abgeben.

Diese vier Dimensionen flankieren das Ziel der Personalreduzierung bei gleichzeitiger

Besch雄 igungssicherung.

Im November 1993 nahm die VW AG Tarifverhandlungen mit der IG Metall auf, um das Ziel einer

Arbeitszeitverkiirzung olme vollen Entgeltausgleich verbunden mil Fonnen der Arbeits-zeitjlexibilisiemng釦r

die gesamte Belegschaft durchzusetzen.

Das Gesamtkonzept der VW AG umfaBt drei Bausteine:

(1) Das Modell”ALLE”-die 4-Tage-Woche

Das Schwerpunktmodell ”Alie

Arbeitszeitver』cilrzungvon 20 % vor. Die bisherige 36-Stunden-Woche wird auf vier Arbeitstage mit

insgesamt 28,8 Arbeitsstunden reduziert. Diese Arbeitszeitreduzierung ist mit einem Brutto・

Jahreseinkommensverlust von ca. 12 % verbunden, bezogen auf die im Oktober 1993 geltenden

tariflichen Regelungen. Dem Einkommensverlust der Mitarbeiter steht eine eingeschrankte Zusage

eines Verzichts auf be甘iebsbedingteKilndigungen gegenilber.

Dieses Teilmodell des Gesamtkonzeptes甘atbereits im Rahmen eines Haustarifvertrages zwischen der

VW AG und der IG Metall am 1. Januar 1994 in Kraft.

(2) Das Modell”Blockzeit”

Da mit der Volkswagen-Woche keine volle Kompensation des Personalilberhanges von ca. 30.000

Bescha丘igtenerreicht werden konnte, wurde die Arbeitszeitverkilrzung durch das Konzept einer

Unterbrechung des Beschaftigungsverhaltnisses filr eine Blockzeit von drei bis sechs Monaten

erganzt. Diese Blockzeit richtet sich insbesondere an Mitarbeiter zwischen 18 und 30 Jahren,

womit ca. 40.000 Belegschaftsmitglieder in das Modell ein-bezogen werden. Diese Blockzeiten

sollen der betrieblichen Weiterbildung dienen, sie k凸nnenaber auch白rpers凸nlicheZiele genutzt

werden. Die Gewahrung von Blockzeiten richtet sich jedoch nach den Produktionsanforderungen

der Unternehmung. Dauer, Lage und Teilnehmerauswahl unterliegen der Mitbestimmung des

Betriebsrates. Die Beschaftigten erhalten wahrend der Blockzeit ca. 85 % ihres monatlichen

ヲ’,,z-

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Einkommens.

(3) Modell "Stafette"

Das Stafetten-Modell erganzt ebenfalls das Konzept der 4-Tage-Woche. Es setzt sich aus zwei

Ansatzen zusammen: (a) Stafette fiir Ausgebildete und (b) Stafette fur Altere. Grundgedanke der ”

Stafette ftir Ausgebildete”ist, jungen Mitarbeitern nach der Ausbildung einen Arbeitsplatz zu

g紅 antieren.Der Einstieg in das Besch詰ftigungsverh量ltniserfolgt aber nur schrittweise mit zunachst

20 Stunden fiir zwei Jahre, mit 24 Stunden fiir anschlieBend巴 eineinhalbJahre bevor das voile

Arb巴itszeitvolumenvon 28,8 Stunden erreicht wird. Di色”Stafettefiir Alt巴re"ist fi.ir den

schrittweisen Ausstieg aus dem Arbeitsleben konzipiert. Yorn 56. bis zum 63. Lebensjahr reduziert

sich die Arbeitszeit von 28,8 Stunden Uber 24 Stunden bis zum 59. Lebensjahr und schlieBlich auf

20 Stunden bis zum 63. Lebensjahr.

d) Die Implementation der 4-Tage Woche

Die grob skizzierten Teilkonzepte”All巴”,”Blockzeit"und ”Stafette" erweisen sich in der praktischen

Umsetzung als auBerst kompliziert.

Die Implementation des ”Alie”-Modells erforderte intensive Verhandlungen mit den Betriebsraten der

Akzeptanz des Volkswagen-Modells

Arbeitszeitverkiirzung und Einkommensverzicht bei Erhalt von Arbeitsplatzen

Meinung der Bev凸lkerung

Ist das Volkswagen-Modell grundsatzlich geeignet, um Arbeitsplatze zu sichern und zu erhalten?

nein-20%

weiB nicht-29%

ja 51一%

Meinung der Belegschaft

Wie zu企iedensind Sie mit der

28,8-Stunden-Woche?

sehr unzu仕ieden-5%

unzu企ieden-11%

teils-teils-35%

a・卸会ieden-39%

Sehr:ヂ~曲jeden-l(Xlる

Quelle: FORSA Institut fiir Soziologi巴, UniversitatErlangen/

WSI, Diisseldorf

- 18一

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Besch説igungssicherungdurch Arbeitszeitflexibilisierung Das Beispiel der Volkswagen AG

verschiedenen Werke tiber die Verteilung der 28,8 Stunden auf die einzelnen Wochentage, Beginn und

Ende der Arbeitszeit sowie Pausenregelungen. Die Arbeitszeitverktirzung erforderte zudem eine

grundlegende Veranderung der Arbeits-und Produktions ablaufe. Es muBte eine differenzierte

Arbeitszeitorganisation aufgebaut werden, die fiir die sechs deutschen VW-Werke 12

Hauptarbeitszeitmodelle mit 150 Varianten umfaBt. Einerseits muBten die technisch-organisatorischen

Rahmenbedingungen der Unternehmungen bertick-sichtigt werden, andererseits sollte ein hoher

individueller Zufriedenheitsgrad mit der neuen Arbeitszeitverteilung erreicht werden. Aufgrund

verschiedener Ursachen zeigten kaufmannische Angestellte eine erheblich geringere Zu仕iedenheitals

Montagearbeiter.

Um die Zufriedenheit der Arbeitnehmer zu erhohen, forderte die IG Metall Arbeitszeitverteilungen, die

die Lebensqualitat und den Freizeitwert der Bescha仕igtenerhohten. Die notwendigen Versetzungen

zwischen den Werken erforderten kostenintensive Umschulungen und die Bereitschaft der

Arbeitnehmer, ihre geographische Einsatzflexibilitat zu erhohen. In der lmplementationsphase des

Jahres 1994 wurden die bezweckten Kostenreduzierungen <lurch die lmplementationskosten erheblich

gemindert.

Da sich im Jahr 1995 die Auftragslage fiir die VW AG erheblich verbesserte, wurden die Zusatzmodelle

”Blockzeit”und ”Stafette”nicht implementiert. Nach zweijahriger Laufzeit des Modells der 4-Tage-

Woche kann festgestellt werden, daB die Grundziele der Besch組igungs-sicherungund damit Erhalt der

betriebsspezifischen Qualifikationen bei gleichzeitiger Personalkostenreduzierung realisiert werden

konnten. Im Jahr 1994 reduzierten sich die Personalkosten um 1,4 Mrd. DM, und es konnten sogar

2.000 neue Arbeitsplatze besetzt werden. Die Tarifvereinbarungen des Jahres 1993 erwiesen sich

jedoch zunehmend als zu starr und bedurften daher einer Weiterentwicklung.

e) Die Weiterentwicklung zur Volkswagen-Woche im Jahr 1995

Die Grundschwache der 4-Tage-Woche wurde bei steigender bzw. schwankender Au丘ragslagedeutlich:

Die Arbeitszeit konnte nicht flexibel angepaBt werden, und die Tarifvereinbarungen verhinderten

weitere Absenkungen des Beschaftigungsniveaus, die <lurch die Qualifizierungsprozesse (KVP) m凸glich

wurden. Es wurde notwendig, die Arbeitszeit auszudehnen und sie am Marktbedarf, am betrieblichen

Innovationszyklus und speziellen Leistungs-und Terminzielen auszurichten. Neue Tarifverhandlungen

im Jahr 1995如hrtenzur Entwicklung der ”Volkswagen-Woche". Kernelemente der Volkswagen-Woche

sind:

(1) Erhりhungder Arbeitszeit ab 01.01.1996 um 1,2 Stunden auf durchschnittlich 30 Stunden je Woche

ohne Entgelterh凸hung.Um das Konzept der atmenden Fabrik zu verwirklichen, kann die

wochentliche Arbeitszeit innerhalb der Volkswagen・Wocheauf 38,8 Stunden verlangert werden. Das

Monatsentgelt bleibt aber konstant, da im Jahresdurchschnitt die 28,8 Stunden-Woche als

Berechnungsgrundlage beibehalten wird. Einftihrung von Samstagsarbeit und Mehrarbeit bei

reduzierten tariflichen Zuschlagen in Hohe von 30% ab der 36. Arbeitsstunde je Woche.

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Gleitende Arbeitszeit

Wesentliche Veranderungen des Tarifergebnisses von 1995 zu 1993

Arbeitszeit

Sollarbeitszeit

4-Tage-Woche

5-Tage-Woche

Arbeitszeiterfassung

Arbeitszeit (Minimum)

Arbeitszeit (Maximum)

28ふStd.-Wocheim Jahres- 28,8-Std. Woche im Jahres-durchschnitt durchschnitt + 1,2 Std. Lei-

stungsbeitrag pro Woche

7,2 Std. 7,5 Std.

5,76 Std. 6,0 Std.

Stempelkarte 山1ternehmensseitigeErfassung

entfallt

5 Std. 48 Min. 4 Std.

9,5 Std. 9,5 Std.

im Zeitrahmen von 13 Std.

(07:00-20:00 Uhr)

Quelle: H訂tz,P.: Das atmende Unternehmen. Jeder Arbeitsplatz hat einen Kunden. Frankfurt/Main,

New York. Campus, 1996, S. 124

Fahrz巴uge

100.00

Die Volkswagen-Woche

Kundenorientiertes Atmen

Wochen-arbeitszeit

80.000

60.000

3-Monats-Fenster

40.000

20.000

-AU

ゐEL

b84Ill--

口。qJ

28,8 Std

。Jan Fed Marz April Mai Juni Juli Aug Sept Okt Nov Dez

・・・・Produktionsanforderung

Quelle: Hartz, P.: Das atmende Unternehrnen. Jed巴rArbeitsplatz hat einen Kunden. Frankfurt/Main,

New York. Campus, 1996, S. 40

- 20 -

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Besc凶食i忠mgssichぽungdurch Arbeitszeiぜlexibilisien

(2) Einfiihrung der Flexibilitatskaskade mit fiinf Entscheidungsstufen, die von einem flexiblen

stilndlichen Arbeitseinsatz pro Tag ilber eine flexible Zuordnung zu Tagesschichten, zu

Wochenschichten und zu Samstagen reicht und schlieBlich eine flexible Zuordnung zu

verschiedenen Standorten erm凸glicht.

(3) Weiterfilhrung und Verbesserung der Stafetten白rAusgebildete und Altere

(4) Fortfiihrung des Konzeptes der Blockzeiten

(5) Ausbau von Gleitzeitregelungen <lurch Gewahrung individueller Dispositionsspielraume mit

Ausgleichszeitraumen白rZeitguthaben

(6) Einfiihrung von Besch組igungsschecks(Zeit-Wertpapiere)釦rMehrarbeit, die innerhalb eines Jahres

<lurch Freizeit einzul凸sensind

(7) Gewahrung von Sabbaticals bis zu釦nfJahre mit Wiedereinstellungszusagen

IV. Resiimee

In der schweren Beschaftigungskrise in Deutschland hat das Volkswagenwerk auf die klassischen

personalwirtschaftlichen Instrumente der Anpassung an schrumpfende Markte verzichtet und statt

<lessen ein filr deutsche tarifliche Rahmenbedingungen innovatives Konzept entwickelt, das die Ziele

der Besch訂tigungssicherungund Kostenreduzierung verwirklicht hat. Das Modell erforderte Konsens

zwischen den Tarifparteien, wobei dieser <lurch den Sonderfall des ”Haustarifvertrages”erleichtert

wurde, da er auf die spezielle Unternehmungssituation ausgerichtet werden konnte. Wesentlich

erleichtert wurde der KompromiB durch die Tatsache, daB die Entgelth凸henim Volkswagenwerk

durchschnittlich 20 % ilber der Entgelth凸heder Metallindustrie lagen. Das Modell zeigt aber auch,也B

sich das Tarifvertragssystem und die Mitbestimmung in Deutschland auch in Krisenzeiten bewahren.

Das deutsche Modell der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung kann nicht einseitig als ein”

Schりnwetter-Modell”・wiehaufig in der angloamerikanischen Diskussion zu finden-interpretiert werden.

Die VW-Losung belegt aber auch, daB fundamentale Konfliktsituationen in der Arbeitgeber・

Arbeitnehmer-Beziehung produktiv losbar sind, wenn ein Vertrauensverhaltnis zwischen Betriebsrat

und Unternehmensleitung besteht.

Obwohl die Volkswagen-Woche eine spezielle L凸sungdarstellt, wird das Modell in Deutschland eine

Leitzielfunktion einnehmen. Daraus kann gefolgert werden, daB sich in Deutschland das Konzept der

Flachentarifvertrage reformieren wird und zunehmend betriebsbezogene Losungen im Rahmen von

O飴mngsklauselnentwickelt werden milssen. In Deutschland muB weiterhin die Oberzeugung Raum

gewinnen, daB eine wirtschaftlich und sozial konstruktive Bewaltigung betrieblicher

Beschaftigungskrisen ohne die im § 2 Abs. 1 des Betriebsverfas sungsgesetzes formulierte

Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kaum zu

erwarten ist. Eine vertrauensvolle Kooperation auf betrieblicher Ebene kann sich jedoch im

gegenwartigen Tarifvertragssystem Deutschlands nur konstruktiv auf gesellschaftlicher Ebene

auswirken, wenn auch auf der ilberbetrieblichen Ebene zwischen Arbeitgeberverbanden und

Gewerkschaften Bereitschaft besteht, Konflikte auf der Basis kompromiBorientierter

Verhandlungsstrategien zu 16sen. Um Spielraume filr Kompromisse zu 6飴ien,sind allerdings die

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Versaumnisse der Politikebene, negative Standortfaktoren Deutschlands abzubauen, dringend

auszugleichen.

Literatur:

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