beiträge zur bedeutung der gaswechsel-untersuchungen für die klinik der lungentuberkulose

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2326 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 6. JAHI~GANG. Nr. 49 Tage. 3. bis 12. IX. Fortsetzung mit Cardiazol, dazu 3 X 0,2 Theo- cin suppos. Ham: 4oo-- 13oo , t~glich im Mitte192o. 13. his 15. VIII. 2 • o, 4 Aminocoffein t~.glich, Ham : 125o, I ioo, 15oo; 15. bis I9.VII 2 • 2 g NHaCI, Ham: ilOO, 22oo, 225o, 136o; 20. bis 25. VIII. 3 • 2 g NH,C1 + 2 x o, 4 Aminocoffein; Harn: 3o4 o, 298o, 3o5 o, 165o, 215o; 0deme weitgehend geschwunden. 26. bis 28. VIII. 2 • o, 4 Aminocoffein t~glich, Ham: 119o, 112o, 125o. Ist ent- w~ssert. Tabelle I. 55 Jahre Emphysem. Herzinsu/Jizienz. Anasarka. H6hlen- hydrops. 9. his 13. X. Digipurat 3 X t~glich 0,1, d X 1 Cardiazol, 3 • 0,2 Coffeinnatriobenz. Datum 14./15. 15./16. I6./I7. 17./18. I8./I9. I9./20. 2o./21. 22.]2I. 22./23 . ~tt (in zahl-] Cl Ham- reichen !Milliae- menge Einzel- quiva- portionen) lente lO9O 253 I516 6,o--6,75 283 1312 6,o--6,8 266 3712 6,8--7,2 464 3454 6,9--7,3 852,5 2230 -- 338 18o5 !6,9--7,2 309 2128 %1 --7,2 446 4026 ]6,7--6,9 69 ~ 153 ~ -- 349 209o 6,5 409 174 ~ -- 343 257 ~ -- 383 3 • 0,5 Diuretin, 3 X i,o CardiazoI 3 • I,O Digitalysat • 2 • 0,4 Aminocoflein, 3 • i,o Digipurat, 3 • 1,o Acid. muriat, dilut. I • i,o Cardiazol t~gIich. 3 • o,5 Theacylon, 1 • 1,o Digitalysat ti~glich 2 • 0,4 Aminocoffein, 2 • 0,2 Scillaren t~glich. 3 • 25 Tropfen Acid. tour. dilat. am 22./23 . ohne Medikation. 2 X 0,2 Scillaren, 4 • o,5 Theacylon, 3 X 25 Tr. HCI, 6demfrei. 23./24. 24./25. 25./26. 26./27. Theocin hat also noch nicht zur H/~lfte die Harnmenge so gesteigert wie Salmiak, und noch bedeutend wirksamer war die Kombination yon Salmiak und Aminocoffein. In den wiedergegebenen Beobachtungen ist die Diurese natfirlich nicht ether etwa einsetzenden Digitaliswirkung zu verdanken, da die Cardiaca in beiden Fgllen bereits vorher lgngere Zeit verabreicht worden waren; ihre 13eteiligung am Gesamterfolg ist selbstverst~ndlich. Es set noch bemerkt, dab sich die Wirkung des Salmiaks ebenso wie zu Aminocoffein natfirlich auch zur Wirkung anderer Purinderivate addieren kann. Bet Verabreichung yon 6 g Salmiak einige Tage hintereinander (am besten 1,o g in caps. gelodurat.) unter Beobachtung der Harnreaktion haben wit sch~dliche oder unangenehme Wir- kungen des Salmiaks nie beobachtet. Selbstverst~ndlich empfiehlt sich seine Anwendung nicht bet Niereninsuffizienten, denen die Ausscheidung des Wasserstoffions an sich schon Schwierigkeiten bereitet. ~berhaupt wird praktisch die S/turetherapie bet kardialen Odemen wohl nur dann zu versuehen sein, wenn die bisher gefibten Methoden nicht zum Ziele ffihren. Nach unserer Er- fahrung ist das, wie gesagt, nicht h~ufig, Und wie oft sie als- dann mehr leistet, steht noch dahin. Ebenso bedarf es der Kl~rung, wie der Mineralwechsel bet verschiedenen Arten tier kardialen Dekompensation, ohne renale Erkrankung, sich im einzelnen auf diesen Eingriff in den Sgure-Basenhaushalt~ insbesondere den Puffervorrat, verh~lt. Derartige yon uns begonnene Untersuchungen dfirften auch dazu beitragen. das Indikationsgebiet der Sguretherapie zur Entwgsserung genauer abzustecken. Li• 1 Niederrhein. Ges. f. Natur- u. Heilkunde, 3 o. Okt. 1922; s. Klin. Wochenschr. 1923, S. ioi und Klin. Wochenschr. Nr. I, S. 4; Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. lO2, 41. 1924. -- 2 YON WYSS, Dtsch. Arch. f. klin. Med. 111, 93- 1913. -- s HEISLER, Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 34, III. 1923. -- 4 W~LT- MANN, Wien. Arch. f. Min. Med. 2, 124. 1921. -- 5 Vgl. auch GONZ- BuRa, Biochem. Zeitsehr. 129, 549- -- 6 Arch. f. exp. Pathol. n. Pharmakol. lO4. -- 7 $TAUB, Verhandl. d. Schweizer Naturforsch.- Ges., Bern 1922, II. Teil, S. 281. -- s OEHME, Klin. Wochenschr. 1924, S. 1195 und Ergebn. d. inn. Med. u. Kinderheilk. 30, 75ff- 1926. 3. DEZEMBER I927 BEITR~GE ZUR BEDEUTUNG DER GASWECHSEL- UNTERSUCHUNGEN FOR DIE KLINIK DER LUNGENTUBERKULOSE*. Von Dr. GUSTAV GIEGLER. Aus dem Tuberkulose-Krankenhaus der StadtBerlinin Sommerfeld-0sthavelland (Arztlicher Dkektor:Dr. ULRICI). Gestattet eine auf hinreichende Erfahrung gestfitzte physi- kalische Untersuchung der Lungen, ergXnzt durch ebenso kritische Analyse der R6ntgenaufnahme bestenfalls, sich eine Vorstellung fiber das Zustandsbild der Lungentuberkulose zu machen, so besitzen wir heute noch wenig sichere Iiennt- nisse fiber das eigentliche Krankheitsgeschehen im tuber- kul6sen Organismus, fiber das Wie und Warum im patho- physiologischem Sinne. Bet dem konsumierendem Charakter der Phthise lag es nahe, dab die Forschung, sobald eine hinreichend erprobte Methodik vorhanden war, sich mit dem Kraft- und Stoff- wechsel bet dieser Iirankheit besch~ftigte. ~r jedoch die klinische Bedeutung der Grundumsatzbestimmungen f fir die Erkrankungen und Funktionsprtifungen der Schilddrfise und Hypophyse, wohl anch der Tumoren im Sc!irifttum fiber- einstimmende Anerkennung gefunden hat, ergaben die Un- tersuchungen bei der Lungentuberkulose ganz verschiedene zum Tell sich widersprechende Resultate. I)a viele davon sich auf eine nut geringe Zahl yon Untersnchungen s• war es unsere Aufgabe, unsere Nachprfifungen auf m6glichst breiter Basis aufzubauen, um nns so ein endgfiltiges Urteil fiber die gegenw~rtige klinische Bedeutung dieser Unter- suchungsmethode bet der Lungentuberkulose bilden zu k6nnen. Unter den verschiedenen bekannten Apparaten wurde der nach der ]Benediktschen IViethode gew~hlt in seiner Modifi- kation nach ATZLER (S. IViOLLER, iWffinch. ]ned. Wochenschr. 1926, Nr. 38). Zur Bewertung unserer Ergebnisse set betont, dab neben der I3eobachtung all der bekannten notwendigen Voraussetzungen in der Versuchsanordnung wie 12stfindiger l~uhe-IWfichternzustand, vollkommene rnuskul~re Entspan- nung des im Bert ins Untersuchungszimmer gebrachten Pa- tienten u.a. in. nut nach wiederholten I{ontrollversuchen geeignete liranke herangezogen wurden. Ausgeschlossen sind alle, die vegetativ siark stigmatisiert waren oder Verdacht auf endokrine St6rungen erweckten. An Stelle der dem Druck- ausgleich im Apparat dienenden Gummiblase wurde das Spiro- meter zur l~egistrierung der Aimung angeschlossen. Einwand- freie Atemkurven war das liriterium f fir die Verwertung un- serer Untersuchungen. Selbst bet gleichm~Biger, ruhiger At- mung war dutch allm~hliche Gew6hnung noch eine geringe Senkung zu beobachten, so dab uns erst der niedrigste Wert, der sich bet Kontrollversuchen wiederholte, schlieB1ich als Mindestgrundumsatz gait. Nebenbei set bemerkt, dab die Mindestdifferenz des R. Q. yon o,o2 im Doppelversuch bet dem gleichen Patienten ebenfalls eine Sicherung ffir den augenblicklich konstanten Grundumsatzwert bietet. Die Dichtigkeit des Apparates wurde vor jedem Versuch gepriift, der sich uns in der Tat bet ca. 8oo Untersuchungen, die wir in fiber einem Jahr an fund 13o Kranken vornahmen, voll- kommen bewMlrte. Die Berechnung erfolgte nach den Nor- maltabellen yon HARRIS und BENEDICT und den MaBen der Oberfl~che, dem Diagramm yon DU BOlS; bet Diiierenzen derselben wurden letztere verwertet. Bet der nun folgenden ]3esprechung unserer umfangreichen Untersuchungen soll versucht werden, AuischluB zu geben auf die Fragen: Wdche Bedeutung und Gesetzmdifiigkeit besitzt die Gaswechselbestimmung ]i~r die Diagnose und Therapie der Lun- gentuberlculose? -- Besteht eine Abhdingigkeit des Grundumsatzes yon Temperatur und Atemgr6fie -- schlieflZich: welches sind die den Grundumsatz bestimmenden Falctoren? Fassen wir unter beginnender Tuberkulose alle gering- ffigigen produktiven Herde in den Spitzen oder in den Ober- * Die Beschaffung der Apparatur wurde dutch die Unterstiitzung des preuBischen Wohlfahr t sministeriums erm6glicht.

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Page 1: Beiträge zur Bedeutung der Gaswechsel-Untersuchungen für die Klinik der Lungentuberkulose

2326 KLINISCHE W O C H E N S C H R I F T . 6. J A H I ~ G A N G . N r . 49

Tage. 3. bis 12. IX. Fortsetzung mit Cardiazol, dazu 3 X 0,2 Theo- cin suppos. Ham: 4oo-- 13oo , t~glich im Mitte192o. 13. his 15. VIII . 2 • o, 4 Aminocoffein t~.glich, H a m : 125o, I ioo, 15oo; 15. bis I9.VII 2 • 2 g NHaCI, H a m : ilOO, 22oo, 225o, 136o; 20. bis 25. VIII . 3 • 2 g NH,C1 + 2 x o, 4 Aminocoffein; Harn: 3o4 o, 298o, 3o5 o, 165o, 215o; 0deme weitgehend geschwunden. 26. bis 28. VIII . 2 • o, 4 Aminocoffein t~glich, Ham: 119o, 112o, 125o. Ist ent- w~ssert.

Tabelle I. 55 Jahre Emphysem. Herzinsu/Jizienz. Anasarka. H6hlen- hydrops. 9. his 13. X . Digipurat 3 X t~glich 0,1, d X 1 Cardiazol,

3 • 0,2 Coffeinnatriobenz.

Datum

14./15. 15./16. I6./I7.

17./18. I8./I9.

I9./20. 2o./21.

2 2 . ] 2 I .

22./23 .

~tt (in zahl- ] Cl Ham- reichen ! Milliae- menge Einzel- quiva-

portionen) lente

lO9O 253 I516 6,o--6,75 283 1312 6,o--6,8 266

3712 6,8--7,2 464 3454 6,9--7,3 852,5

2230 -- 338 18o5 !6,9--7,2 309

2128 %1 --7,2 446 4026 ]6,7--6,9 69 ~

153 ~ -- 349 209o 6,5 409 174 ~ -- 343 257 ~ -- 383

3 • 0,5 Diuretin, 3 X i,o CardiazoI 3 • I,O Digitalysat •

2 • 0,4 Aminocoflein, 3 • i,o Digipurat, 3 • 1,o Acid. muriat, dilut. I • i,o Cardiazol t~gIich.

3 • o,5 Theacylon, 1 • 1,o Digitalysat ti~glich 2 • 0,4 Aminocoffein, 2 • 0,2 Scillaren t~glich. 3 • 25 Tropfen Acid. tour. dilat.

am 22./23 . ohne Medikation. 2 X 0,2 Scillaren, 4 • o,5 Theacylon, 3 X 25 Tr. HCI, 6demfrei.

23./24. 24./25. 25./26. 26./27.

Theocin h a t also noch n ich t zur H/~lfte die H a r n m e n g e so ges te iger t wie Salmiak, und noch b e d e u t e n d wi rksamer war die K o m b i n a t i o n yon Sa lmiak und Aminocoffein . In den wiedergegebenen B e o b a c h t u n g e n is t die Diurese natf i r l ich n ich t ether e twa e inse tzenden Digi ta l i swirkung zu ve rdanken , da die Cardiaca in be iden Fgl len bere i t s vorhe r lgngere Zeit ve rab re i ch t worden waren ; ihre 13eteiligung am Gesamter fo lg is t se lbs tvers t~ndl ich . Es set noch bemerk t , dab sich die Wi rkung des Salmiaks ebenso wie zu Aminocoffe in natf ir l ich auch zur W i rkung andere r Pu r inde r iva t e addieren kann. Bet Verabre ichung yon 6 g Salmiak einige Tage h in t e r e inande r (am bes ten 1,o g in caps. gelodurat .) u n t e r B e o b a c h t u n g der H a r n r e a k t i o n h a b e n wi t sch~dliche oder u n a n g e n e h m e Wir- kungen des Salmiaks nie beobach te t . Se lbs tvers t~ndl ich empf ieh l t sich seine A n w e n d u n g n ich t bet Niereninsuff iz ienten, denen die Aussche idung des Wassers tof f ions an sich schon Schwier igkei ten bere i te t .

~ b e r h a u p t wird p rak t i sch die S/ turetherapie bet kardia len Odemen wohl nu r d a n n zu versuehen sein, wenn die b isher gef ibten Methoden n i ch t zum Ziele ffihren. Nach unserer Er - f ah rung is t das, wie gesagt, n ich t h~ufig, U n d wie of t sie als- d a n n mehr leistet , s t e h t noch dahin . Ebenso bedar f es der Kl~rung, wie der Mineralwechsel bet ve r sch iedenen A r t e n tier kard ia len Dekompensa t ion , ohne renale E rk rankung , sich im einzelnen auf diesen Eingr i f f in den Sgure-Basenhaushal t~ insbesondere den Puf fe rvor ra t , verh~lt . Derar t ige yon uns begonnene U n t e r s u c h u n g e n dfirf ten auch dazu be i t ragen . das Ind ika t ionsgeb ie t der Sgure therap ie zur E n t w g s s e r u n g genauer abzus tecken .

L i • 1 Niederrhein. Ges. f. Natur- u. Heilkunde, 3 o. Okt. 1922; s. Klin. Wochenschr. 1923, S. io i und Klin. Wochenschr. Nr. I, S. 4; Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. lO2, 41. 1924. -- 2 YON WYSS, Dtsch. Arch. f. klin. Med. 111, 93- 1913. -- s HEISLER, Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 34, I I I . 1923. -- 4 W~LT- MANN, Wien. Arch. f. Min. Med. 2, 124. 1921. -- 5 Vgl. auch GONZ- BuRa, Biochem. Zeitsehr. 129, 549- -- 6 Arch. f. exp. Pathol. n. Pharmakol. lO4. -- 7 $TAUB, Verhandl. d. Schweizer Naturforsch.- Ges., Bern 1922, II. Teil, S. 281. -- s OEHME, Klin. Wochenschr. 1924, S. 1195 und Ergebn. d. inn. Med. u. Kinderheilk. 30, 75ff- 1926.

3. DEZEMBER I927

B E I T R ~ G E Z U R B E D E U T U N G D E R GAS W ECH S EL- U N T E R S U C H U N G E N FOR D I E KLINIK D E R

L U N G E N T U B E R K U L O S E * . Von

Dr. GUSTAV GIEGLER. Aus dem Tuberkulose-Krankenhaus der Stadt Berlin in Sommerfeld-0sthavelland

(Arztlicher Dkektor: Dr. ULRICI).

Gestattet eine auf hinreichende Erfahrung gestfitzte physi- kalische Untersuchung der Lungen, ergXnzt durch ebenso kritische Analyse der R6ntgenaufnahme bestenfalls, sich eine Vorstellung fiber das Zustandsbild der Lungentuberkulose zu machen, so besitzen wir heute noch wenig sichere Iiennt- nisse fiber das eigentliche Krankheitsgeschehen im tuber- kul6sen Organismus, fiber das Wie und Warum im patho- physiologischem Sinne.

Bet dem konsumierendem Charakter der Phthise lag es nahe, dab die Forschung, sobald eine hinreichend erprobte Methodik vorhanden war, sich mit dem Kraft- und Stoff- wechsel bet dieser Iirankheit besch~ftigte. ~r jedoch die klinische Bedeutung der Grundumsatzbestimmungen f fir die Erkrankungen und Funktionsprtifungen der Schilddrfise und Hypophyse, wohl anch der Tumoren im Sc!irifttum fiber- einstimmende Anerkennung gefunden hat, ergaben die Un- tersuchungen bei der Lungentuberkulose ganz verschiedene zum Tell sich widersprechende Resultate. I)a viele davon sich auf eine nut geringe Zahl yon Untersnchungen s• war es unsere Aufgabe, unsere Nachprfifungen auf m6glichst breiter Basis aufzubauen, um nns so ein endgfiltiges Urteil fiber die gegenw~rtige klinische Bedeutung dieser Unter- suchungsmethode bet der Lungentuberkulose bilden zu k6nnen.

Unter den verschiedenen bekannten Apparaten wurde der nach der ]Benediktschen IViethode gew~hlt in seiner Modifi- kation nach ATZLER (S. IViOLLER, iWffinch. ]ned. Wochenschr. 1926, Nr. 38). Zur Bewertung unserer Ergebnisse set betont, dab neben der I3eobachtung all der bekannten notwendigen Voraussetzungen in der Versuchsanordnung wie 12stfindiger l~uhe-IWfichternzustand, vollkommene rnuskul~re Entspan- nung des im Bert ins Untersuchungszimmer gebrachten Pa- tienten u.a. in. nut nach wiederholten I{ontrollversuchen geeignete liranke herangezogen wurden. Ausgeschlossen sind alle, die vegetativ siark stigmatisiert waren oder Verdacht auf endokrine St6rungen erweckten. An Stelle der dem Druck- ausgleich im Apparat dienenden Gummiblase wurde das Spiro- meter zur l~egistrierung der Aimung angeschlossen. Einwand- freie Atemkurven war das liriterium f fir die Verwertung un- serer Untersuchungen. Selbst bet gleichm~Biger, ruhiger At- mung war dutch allm~hliche Gew6hnung noch eine geringe Senkung zu beobachten, so dab uns erst der niedrigste Wert, der sich bet Kontrollversuchen wiederholte, schlieB1ich als M i n d e s t g r u n d u m s a t z gait . Nebenbe i set bemerk t , dab die Mindes td i f fe renz des R. Q. yon o,o2 im Doppe lve r such bet d e m gleichen P a t i e n t e n ebenfal ls eine S icherung ffir den augenbl ickl ich k o n s t a n t e n G r u n d u m s a t z w e r t b ie te t . Die Dich t igke i t des A p p a r a t e s wurde vor j e d e m Versuch gepriift , der sich uns in der Ta t bet ca. 8oo U n t e r s u ch ungen , die wir in fiber e inem J a h r an f u n d 13o K r a n k e n v o r n a h m e n , voll- k o m m e n bewMlrte. Die Be rechnung erfolgte nach den Nor- mal tabe l len yon HARRIS und BENEDICT und den MaBen der Oberfl~che, dem D i a g r a m m yon DU BOlS; bet Di i i e renzen derse lben w u rd en le tz tere ve rwer te t .

Bet der n u n folgenden ]3esprechung unsere r umfangre ichen U n t e r s u c h u n g e n soll ve r such t werden, AuischluB zu geben auf die F ragen : Wdche Bedeutung und Gesetzmdifiigkeit besitzt die Gaswechselbestimmung ]i~r die Diagnose und Therapie der Lun- gentuberlculose? -- Besteht eine Abhdingigkeit des Grundumsatzes yon Temperatur und Atemgr6fie -- schlieflZich: welches sind die den Grundumsatz bestimmenden Falctoren?

Fassen wir u n t e r beg innende r Tuberkulose alle gering- ffigigen p r o d u k t i v e n Herde in den Spi tzen oder in den Ober-

* Die Beschaffung der Apparatur wurde dutch die Unterst i i tzung des preuBischen Wohlfahr t sministeriums erm6glicht.

Page 2: Beiträge zur Bedeutung der Gaswechsel-Untersuchungen für die Klinik der Lungentuberkulose

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lappen ohne oder mit subfebriler Temperatur (bis etwa 37,5) bet positivem Bacillenbefund zusammen, so konnten wir nie eine Abweichung vom Normalsollumsatz, d .h . um mehr als s feststellen; desgl, bei infraclavicul~ren Infiltraten, yon denen einige leichte Erh6hung zeigten. Diese Frage wurde besonders kritisch untersucht, da bekanntlich LANZ und VOGEL-EYSERN geringe Vermehrung des Energieumsatzes in ihren FXllen gefunden haben. Anscheinend fibereinstimmend sind unsere Ergebnisse bei den wetter fortgeschrittenen Tu- berkulosen mit den bisherigen Untersuchern. Sowohl bet afebrilen progredienten wie besonders bet hochfiebernden Kranken zeigte sich deutliche Erh6hung his zu einem H6chst- wert yon 60 % vom Sollumsatz. Freilich weichen schon bier unsere Beobachtungen sehr hAufig yon der ,,Regel" ab, worfiber wetter unten noch die Rede sein wird. Fast durchweg normale Werte ergaben die indurierten cirrhotischen Pro- zesse, w~hrend die fibrokavern6sen F&lle, anscheinend ganz unabh~ngig yon der Gr613e der Kaverne, leichte Erh6hung bis zu 18 % oder ebenfalls normale Werte darboten. Wieder- holt schwankender Befund yon sehr starker oder unbedeuten- der Steigerung und deutlieher Verminderung land sich bet den fiebernden exsudativen Erkrankungen, die sich damit den schwersten hoffnungslosen F~illen n~hern, die nach zeit- weiser vorfibergehender m~Biger Erh6hung eine dem Grade der I~achexie entsprechende Verminderung zeigten. Unter mehreren kurz ante exitum untersuchten Pat ienten land sich gleich einem von ~RIEGER beschriebenen Tall ein solcher mit 26 70 Steigerung r Tage vor dem Exitus letalis. In Erg~nzung zu den zahlreichen progredienten fieberhaften und afebrilen F~llen (produktiv-cirrhofischen und ausgedehnten produk- l iven mit beginnender Einschmelzung) mit mehr oder weniger gesteigertem Umsatz muB ich fiber fast ebenso viele gleict~- artige Befunde berichten, die bei wiederholter Prfifung einen normalen bzw. leicht verminderten Grundumsatz zeigten. Ich kann schon hier darauf hinweisen, dab also eine aktive Tuberkulose dutch einen scheinbaren normalen Basalstoff- wechsel auch bet Fehlen einer Dysfunktion der Schitddrfise keineswegs ausgeschlossen ist (im Gegensatz zu LANZ), ein erh6hter Umsatz ebensowenig in entsprechendem Verhaltnis zum Grade der Aktivi tat stehen mug.

Die Einwirkung aktiver Therapie (Pneumothorax, Ex- hairese, Plastik) auf den Basalstoffwechsel wurde an 47 Pa- t ienten w~hrend einer Behandlungsdauer yon 4 Monaten bis zuweilen nahezu I Jahr vor und nach dem Eingriff untersucht. Alle F~lle, bet denen die mechanische Wirksamkeit der Biol- lapsbehandlung infolge ZwerchfelIhochstand oder schnell sich entwickelnden Lungenkollapses durch erschwerte Atmung und dadurch bedingte vermehrte T~tigkeit der Atemmusku- latur zum Ausdruck kam, zeigten unmit telbar nach dem Ein- grill entsprechend gesteigerten Energieverbrauch, der nach l~ngerer oder kfirzerer Zeit sich dem Ausgangswert wieder n~iherte. AuBer diesen mechanisch bedingten Atembeschwer- den dfirfte in F~llen besonderer Umsatzerh6hung die M6glich- keit einer durch den Kollaps hervorgerufenen Ausschwemmung und Resorption yon Bakterientoxinen nicht abzulehnen sein. Fehlten jedoch diese akuten Folgeerscheinungen des Eingriffs, so waren nur unbedeutende Schwankungen im Stoffwechsel zu beobachten. Diese wenig charakteristischen Ausschl~ge der Therapie auf den Energieverbrauch dfirften indes wenig fiber- raschen. K6nnen doch die operativen MaBnahmen, abgesehen yon den oben genannten vorfibergehenden mechanischen Ein- wirkungen, erst dann zur Geltung kommen, wenn ihnen eine Umst immung der komplizierten biologischen Gewebsvorg~nge im Organismus vorausgegangen ist und diese sich im Ablauf bestimmter Lebensvorg~tnge, im Stoffwechsel und Energie- haushalt allm~hlich auswirkt. Ahnlich verh~lt es sich wohl auch mit dem Erfolg der R6ntgenhehandlung. Unmit te lbar nach der Bestrahlung zeigte sich bei IO Patienten, die inner- halb einer Bestrahlungsserie systematisch untersucht ~mrden, eine deutliche Oxydationssteigerung, die sich in den Iolgenden Tagen in einer gleichm~Big auf- und absteigenden Kurve be- wegte; nach weiteren Bestrahlungen flachte diese immer mehr ab, um schliel31ich kaum mehr yon dem Ausgangswert abzu- weichen. Vergleiche ich die Umsatzwerte der bet konservati-

ver Behandlung Gebesserten mit den unter Kollapsbehand- lung stehenden, nach verschieden langen Intervallen noch- mals Untersuchten, so l~Bt sich bei vorher erh6htem bzw. vermindertem Stoffwechsel eine Ann~herung zur Norm er kennen.

Bet dem Versuch den Bestimmungen des Basalstoffwech- sels evtl. prognostische Bedeutung zuzurechnen, wurde mehr- fach die Senkungsgeschwindigkeit der r. B1. pk. in Vergleich gezogen. W~hrend ROTn eine weitgehende Lrbereinstimmung zu beobachten glaubte, land sich bet der Mehrzahl unserer Vergleiche eine off sogar groBe Diskrepanz, und zwar bet station/irem wie klinisch wechselndem Befund, wobei es die S.G. (nach WESTERGR]~N) w a r , die der Schwere des Krank- heitsbildes anscheinend gerecht wurde. Diese Differenz dfirfte an und ffir sich nicht wundernehmen, da es $ich bet der S. G. auf Grund einer vermehrten Fibrinogenfraktion bzw. ver- ~nderten elektrischen Ladung der r. B. kp. um eine Einzel- frage, beim Grundumsatz dagegen um ein Zusammenspiel zahlreicher Faktoren im Gewebsstoffwechsel handelt.

Ein Gegenstand wiederhoIter Er6rterung ist die Beeinflus- sung yon Temperatur und Gaswechsel. GRAVES Feststeliung der Umsatzsteigerung bet afebriler schwerer Tbc. konnten wit, wie schon oben erw~hnt, in zahlreichen F~Ilen best~tigen. Damit ist erwiesen, dab es Oxydationssteigerung unabh~ngig vom im Zwischenhirn angenommenen w~rmeregulatorischem Zentrum gibt, wobei nicht ausgeschlossen ist, dab dieser afebrilen Phase irgendwann einmal ein Fieberzustand voraus- ging, der jetzt reguliert bzw. kompensiert scheint oder dessen Erregbarkeit j etzt herabgesetzt ist. Sehen wit doch gerade bet den Heilst/tttenpatienten fast in jedem Stadium der Phthise (yon Kollapszust~nden im Finalstadium ganz abgesehen) langdauernde afebrile Zust/inde, denen alien anamnestisch Fieberperioden vorangi~gen.

Das Verhalten der erh6hten Temperatur und des Grund- umsatzes im Ablauf der Tageskurve sowie die Gestaltung der- selben unter Nahrungszufuhr prfiften wit unter Verwendung des elektrischen Dauerfieberregistrierapparates (Siemens & Halske) an 26 Patienten. Wie BRIEFER fanden wir weit- gehende Abweichung beider: wenig ver~nderten Gaswechsel trotz groBer Temperaturschwankungen, andrerseits starkes An- und Absehwellen des Grundumsatzwertes bet ruhiger Temperatur. Auch nach Darreichung yon Antipyretica (An- tipyrin, Allional) stellte sich fast jedesmal prompt eine Ver- minderung des Energieverbrauches ein. An mehreren fort- laufend registrierten Tagesversuchen konnten wir jedoch eine dem Temperaturanstieg voraz~sgehencle Stoffwechselerh6hung wiederholt einwandfrei beobachten, desgIeichen eine n~cht- lichen Schfittelfr6sten folgende Verminderung des Gaswechsels bet scheinbar normaler Morgentemperatur (s. Abb. I u. 2).

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20 ~8o I . . .~><.

70 37o

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Abb. I.

7 3 8 ~ ~ q~ 3& d 7~ 7 h- - - - Grundumsatzsteigerung; ~ Temperatur.

Diese ]3eobachtung lieBe sich wohI vergleichen mit den ex- perimentellen Ergebnissen GRAFES im fieberlosen Inkubations- stadium akuter Infektionskrankheiten. Aus unseren Tages- versuchen dfirfte welter zu folgern sein, dab im allgemeinen die W~irmeproduktion bei hochfieberhaften F~llen dort mit dem Temperaturanstieg gleich lief, wo sich der Kranke noch im leidlichen Ern~hrungszustand befand. Ganz ~thnlich scheint es sich rmt deI spezifisch-dynamischen Wirkung auf den Calo- rienverbraueh zu verhalten. Ihre Gr6Be ist sicher variabel in erster Linie durch die Menge der zugefiihrten Nahrung (KNIP- PING) und durch deren Umsetzung im Organismus nach dem Grade des Ern~hrungszustandes, wobei wir erst bei hochgradi-

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Abb. 2. - , - Grundumsatzsteigerung; ~ Temperatur.

ger Kachexie kurz ante exitum tiefliegende Werte bekamen, wohl infolge versagender Oxydatiolisfiihigkeit der Zellen.

Bezfiglich der Atemgr6Be decken sich unsere Ergebnisse vollkommen mit denen BRIEGERS: nach lgngerer Sauerstoj/- atmung jedesmaliges Absinken des Atemvolumens und der Calorienproduktion. Bei diesen Untersuchungen gelang es gleiehzeitig, das Experiment freilich nu t wenige Stunden fiber- dauernd, die Temperatur deutlich zu driicl~en, so dab Patient. deshalb wiederholt um Sauerstoffatmung baten.

Aus den bisherigen Feststellungeli ergibt sich, dab der Gaswechsel wohl in manchen F~tlen eilie gewisse {)bereinstim- mung zu bieten scheint, dab jedoeh nirgends eine Gesetzmggig- keit zutage tritt , die sich im Formenkreis der Lungentuberku- lose etwa tabellarisch fixieren lieBe. Gegenfiber der Konstanten beim gesunden Einzelindividuum zeichnet sicherlich den Gas- wechsel des Phthisikers -- bei Ausschattung exogener Mo- mente -- eine Labilitdt aueh bei anscheinend stationgren Be- fund aus. Will man unbedingt den Grundumsatz in Beziehung zum klinischen Bild bringen, so wgre vielleicht die H6he des Umsatzes dem Kompensationszustand der Erkrankung (STERN- BER~) gleichzusetzen, wonach ,,subkompensiert" der begin- nenden, ,,dekompensiert" einer maximalen ErhShung wie der Verminderung (negative Phase) zuzurechnen w~re.

Das Suchen nach den den Grundumsatz bestimmenden Faktoren war ill den meisten Arbeiten die I4ernfrage. An- erkannt ist, dab im offenen 14ampf des Organismus mit der Bacilleniuvasion ein starker Energieverbrauch stattfindet, ausgel6st yon dem Infekt und dem jeweiligen Fieberzustand, beide unabhgngig voneinander. Ist der Infekt such life die einzige Ursache; so ist doch dessen vorwiegende Bedeutung durch die experimentetlen Untersuchungen yon GRaFE und KNIPPING neuerdings wieder gesichert. Sehen wir voli den exogenen physiologischen Faktoren, wie sie in den Normal- tabellen berticksichtigt werden, ierner yon der Rolle der Atem- und Herzmuskuiatur ab, so kommt 2weffellos den endogelien Einflfissen des vegetativen Nervensystems und besonders den endokrinen Drfisen, gerade bei der Tbc., ein sehr wesentlicher Anteil zu. Treten doch auch ohne pathologi- sche St6rung dieser Systeme im klinischeI1 Bild der Lungen- tuberkulose so hgufig Zeichen ihrer Aktivierung auf, dab man analog anderen Infektionskrankheiten hgufig einen Reiz- 2ustand annehmen muB, der seinerseits wieder individuellen Schwankungen unterliegt. Damit berfihren sich auch in dieser Frage immunbiologische und konstitutionelle Momente. Die Wahrscheinliehkeit zentralnerv6ser Stoffwechselregulation wurde yon GRaFE erst neuerdings wieder betont.

Arts unsereli Untersuchungen und Erw~igungeli ergibt sich also, dab die Gaswechselbestimmung mit manchen Phasen der Phthisiogenese fibereinzustimmen scheint, in anderen aber wesentlich yore Zustandsbild abweicht. Da die Regulation der Energiebildung im Gesamtstoffwechsel ganz verschiedene voli- einander IInabh/iligige Faktoren besfimmen, die Einwirkung des spezilischen Infektes abet nicht isoliert geprfift werden

kann, muB die der Gaswechsel- best immung zugeschriebene dia- gnostische und prognostische Bedeutulig ffir die Lungentuber- kulose abgelehnt werden. Wieweit jedoch die Analyse des Gasaus- tausches zur Untersuchung an- deter spezieller Frageli yon Wert seili kann, darfiber wird an an- deter Stelle berichtet werden.

W o c h e n s c h r . 192o, N r . 38; 1927 , Nr. 8. -- LANZ, ]3eitr. z. t(lin, d. TuberkuI. 6I, H. 2. -- ROTH, ]3eitr. z. Klin. d. Tuberkul. 63, H. 3 . - BRIEGER, Beitr. z. Klin. d. Tuber- kul. 63, H. 4/5. -- VOGEL-EYsERN, Beitr. z. Klin. d. Tuberkul. 57, H . I . -- KNIPPING, Ergebn. d. inn. Med. u. Kinderheilk. 3x. --

By JONATHAN C. MEAKINS, The Canadian lVIedcal Assoc. Journ. 1927, Vol. I7,III. - GRAFE, Die Pathologische Physiologie des Gesamtstoff- und Kraftwechsels 1923.

G E H I R N A N T I K O R P E R B E I S Y P H I L I S . (IV. Mifteilung.) Tierversuche.

Won

FELIX GEORGI u n d 0D6N FlSCHEI~. Aus der Psychiatrkc~cen und Nezvenklinik der Universit~t Breslau

(Direktor: Geh. Medizinakat Prof. Dr. WOLLENBERG).

Die klinische Auswertung einer positiven Wassermann- schen Reaktion grfindet sich, soweit sie nicht empirisch erfolgt, auf unsere Auffassung yon dem Wesen der Reaktion. Bekannt- lich sind die Meinungen darfiber bis in die neueste Zeit recht divergent. Gegen die ursprfingliche Ansicht yon WASSER- MANN, NZlSSXR und BRUCK, dab es sich bei der yon ihnen inaugurierten Reaktion um eine spezifische Antigen-Anti- k6rperreaktion zwischen syphilitischem Serum und Spiro- ch~tenbestandteilen handeln mtigte, sprach schon kurz nach dem Erscheinen der Reaktion die Feststellung yon LAND- STIZINER, M / J L L E R - P O T Z L , PORGES und MEIER u. a., wonach das syphilitische Serum auch mit alkoholischen Extrakten gesunder Organe in Reaktion tritt . Diese Tatsache fiihrte dann auch zu den yon ]~RAuN-WEIL und CITRON ausgeftihrten theoretischen 13etrachtungen, die das Wesen der Reaktion im Sinne einer Antik6rperbildung gegen kSrpereigne Lipoide gedeutet wissen wollten. Gegen eilie solche Auffassung sprach zun~tchst das Tierexperiment, da ganz a!lgemein eine Fghigkeit der Lipoide, Antik6rper zu erzeugen, diesen zu fehlen schien.

LANDSTEINER kommt das Verdienst zu, den anscheinenden Widerspruch zwischen der Fghigkeit der Lipoide in vitro als Antigen, in vivo abet nicht als solches zu fuligieren, auf- gekl~rt zu haben. Er konnte ngmlich 2eigen, dab Lipoide aus heterogenetisehen Organen mit EiweiB gekoppelt sehr wohl imstande shad, Lipoidantik6rper zu erzeugen. Diese Befunde wurden yon SACHS und seinen Mitarbeitern auf- genommen. Ihre grundlegenden Versuche haben das Wesen der syphilitischen Blutver~nderung in neuer Beleuchtung gezeig%. Nach ihren Befundeli kalin eine der syphilitischen entsprechende Blutvergnderung durch Injektion arteigener, mit artfremdem EiweiB gekoppelter Lipoide erzeugt werden. SACHS, I{LOPSTOCK und WNIL sprechen daher die syphilitische Blutvergnderung als den Ausdruek einer Autoantik6rperbil- dung an, welche dutch die bei der syphilitischen Erkrankung freiwerdenden Gewebslipoide IIach deren Koppelung mit SpirochgteneiweiB entsteht. Inwieweit eine solche Auffassung trotz der Befunde yon L A N D S T E I N E R - S C H E E R und F. I~LOP- STOCK ZU Recht besteht, haben wit in unseren frfiheren Mit- teilungen an dieser Stelle mehrma!s erSrtert.