«wirjungenhabenein grossesbedürfnisnachsinn · projekt 2008 angefangen, alles andere...

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menschen | interview | Nr. 30, 22. Juli 2013 | migros-magazin |

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PhilippRiederle,SiehabenkürzlichdasAbiturhinter sich gebracht.Wie liefs?Ich kannmich nicht beklagen.Zwarwarich ziemlich nervös, aber mit demNotenschnitt von 1,9 bin ich zufrieden.

Wareshart,denSchulalltagund IhreanderenVerpflichtungenalsAutor,PodcasterundUn­ternehmer unter einen Hut zu bringen?Mein Podcast hat ja als Kinderzimmer-projekt 2008 angefangen, alles andereist nach und nach hinzugekommen. Alsdie ersten Anfragen für Auftritte beiFirmenundMedien kamen,habe ichdieSchulleitung gefragt, ob ich ausnahms-weise einen Tag freibekommen könne.Die haben das erlaubt und waren auchspäter immer flexibel. Ich muss mirmeine Tage gut einteilen, aber mir istwichtig, dass auch Zeit für Freunde undFreundinbleibt, ich sagedannhalt liebereinen Termin ab.

HabenSie IhrBuch«Werwir sindundwaswirwollen» ganz alleine geschrieben?Schon,aber ichhabenatürlich imVorfeldviel recherchiert, mit Leuten geredetund zusammengearbeitet. Das Formu-lieren hat etwa ein halbes Jahr gedauert,die Vorarbeit ein Jahr. Das Grundgerüstwaren die Vorträge, die ich schon seiteinerWeile bei Firmen halte.

So ein Buch ist eine ziemlich altmodischeSache.Weshalb gerade diesesMedium?Nach den Auftritten bei Unternehmenbekam ich oft das Feedback von denLeuten, dass sie dank meiner Ausfüh-rungen nun auch ihre eigenen Kinderbesserverstehen.DieZielgruppemeinesBuchs ist also nicht meine Generation,sondern die ältere. Und die hat ein vielselbstverständlicheres Verhältnis zumMedium Buch als wir. Ausserdem er-reicht man damit noch immer eine sehrbreiteÖffentlichkeit. Ichpersönlich leseE-Books, ist halt einfach praktischer.

Ist es fürdieErwachsenenwirklichsoschwie­rig, dieWelt der Jugend zu verstehen?Inmeinen Vorträgen habe ich ab und zuerlebt, wie mich das Publikum an-geschaut hat, als käme ich von einemanderen Planeten.

Wobesteht der grösste Erklärungsbedarf?Bei den Firmen am meisten gefragt istdas Thema Arbeitsleben. In meinerGeneration ist das Bedürfnis nach Sinnsehr ausgeprägt, wir wollen einen Job,den wir als sinnvoll empfinden. Bei derGeneration meiner Eltern war es wich-tiger, gutesGeld zu verdienenund einenprestigeträchtigen Job zu haben. Beidesist meiner Generation ausgesprochenunwichtig. Und je flexibler die Arbeits-zeiten, desto besser.

EinensolchensinnvollenJobzu finden,dürfteaber nicht so leicht sein.Es sollte etwas sein, für dasmanbrennt,etwas, das einem ein Funkeln in dieAugen zaubert, wenn man es tut. Unddas ist für jeden etwas anderes. InDeutschland haben wir das Glück, dasses für Junge viele Jobs gibt,wir eher so-gar einen Fachkräftemangel haben. DieHerausforderung für die Unternehmenist, uns Jungen die Arbeitsbedingungenzubieten,mitdenenwirunswohlfühlen.Ich höre von vielen grossen Unter-nehmen, dass die Jungen nach der Aus-bildung wieder gehen, weil sie sich zusehr in einem Hamsterrad gefangenfühlen. Kleine Familienunternehmensind da oft flexibler und bieten hochspannende Jobs,aberhabenes schwerer,auf den Radar der Jungen zu kommen.

Welche sind für Sie die grössten Reibungs­flächen zwischen Jungen und Erwachsenen?Die Interpretation unserer Nutzungvon digitalen Medien und Geräten.Der grosse Vorwurf lautet immer, wirwürden damit in eine virtuelle Welt

eintauchen, uns quasi abkapseln. Aberdas ist Unsinn. Ein Smartphone oderTablet ist ein Instrument, um unsereFreundschaften zu pflegen und Infor-mationenauszutauschen,sowiedasalleanderen Generationen vor uns auchschon gemacht haben — einfach aufanderen Kanälen. Es geht also umKommunikation nicht ums Abkapseln.Aber mit den neuen Instrumenten ent-stehen ganz neue Möglichkeiten, undentsprechend wünschen wir uns aucheine andere Organisation von zumBeispiel Arbeit oder Bildung. Da hinkendie Schulen und die Arbeitgeber aller-dingsmächtig hinterher.

Sie sprechen von einem eigentlichen Epo­chenwechsel, der durch Internet, Smartpho­nes und Social Media eingeleitetwurde.Absolut. Nicht nur können wir heutetheoretisch ständigmit fast jedemande-ren auf der Welt kommunizieren, wirhaben auch pausenlos Zugang zu einerüberwältigendgrossenMengevonWis-sen, und jeder von uns kann jederzeitselbst Informationen publizieren. Undfüruns ist das alles ganz selbstverständ-lich, schliesslich sind wir damit aufge-wachsen.Der nächste Schritt allerdingswird auch für uns neu sein: das Internetder Dinge. Da bestellt dann der Kühl-schrank beim Supermarkt automatischLebensmittel nach, die langsam ausge-hen, und die Toilette analysiert neben-bei gleich noch unseren Gesundheits-zustand. Ein bisschen beängstigendfinde ich die Vorstellung, dass man mitseinerGoogle-Brille zu einemDate gehtund auf dem Bildschirm vor dem AugeHinweisekriegt,wiedasGegenüber aufsGespräch reagiert und was jetzt zu tunist, um es rumzukriegen.

HaltenSie sicheigentlich für repräsentativ für«die Jugend»?Nein, das geht ja auch gar nicht. Neben

«Wir JungenhabeneingrossesBedürfnis nachSinn»Werwissenwill, wie die junge Generation tickt, der fragt Philipp Riederle. Der 18­jährigeDeutsche fordert in seinemBuch «Werwir sind undwaswirwollen» einen Umbau desBildungssystems und derArbeitswelt.

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eigenen Erfahrungen beziehe ich michim Buch auf Erkenntnisse aus StudienundStatistikenübermeineGeneration.Ich bin anfänglich eher so in die Rollereingerutscht, eine Stimme der heu-tigen Jugend zu sein — und um diesenAnspruch erfüllen zu können, habe ichmich mit den verschiedenen Facettendes Themas auseinandergesetzt. Klartrifft nicht jedes Detail, über das ichschreibe, auf jeden Jugendlichen derwestlichenWelt zu.

IhreGeneration ist esgewohnt,Relevanteszuselektieren, was dazu führt, sehr effizient zudenken und zu handeln, schreiben Sie. ImBuch klingen Sie manchmal beinahe schon

zu erwachsen. Gilt das wirklich für Ihre ge­samte Generation?Die Ausprägung dieser Eigenschaft istnatürlich eine individuelle Charakter-frage. Ich bin aber überzeugt, dass die-sesVerhalten inmeinerGenerationweitverbreitet ist, denn jeder von uns ist ja,seit er denken kann, mit all diesenunzähligenMöglichkeitenkonfrontiert.Wir hatten schon immer 150 Kanäle imFernsehen und später auch noch Milli-onen von Webseiten auf dem Compu-terbildschirm zur Auswahl. Wir muss-ten immer und immerwieder entschei-den,waswir unsnäher ansehenundwaswir ignorieren. Das heisst aber auch,dass für uns alles sehr viel offener ist.Eine Jugendstudie kam 2010 zumSchluss, dass meine Generation keinenvorgegebenen Lebensverlauf mehr hat,was zu einem erhöhten Bewährungs-druck und einem eng durchgetaktetenLebensstil führt.

FrüherwaresdasPrivilegderJugend,wenigs­tens eine Weile ziellos rumzuhängen. Gehtdas heute gar nichtmehr?Ich gebe mir jetzt nach dem Abitur einJahr, um etwas Freiheit zu haben…

… und ein bisschen ziellos rumzuhängen?Ähm…doch,einbisschenauchdas.ZeitmitFreundenundfürsTheaterwerde ichsicher haben, ich bin ein grosser Thea-terfan. Ich gehe aber auch ins Ausland,Ende Juli halte ich zum Beispiel bei derNational Speakers Association in Phila-delphia meinen ersten Vortrag auf Eng-lisch,wasmichschon jetztnervösmacht.Und ich will ein paar Praktika machenundmichorientieren,wieesdanachwei-tergehen soll. Vermutlich ein Studium,aber ichweiss noch nicht,was.

Das klingt nicht nach viel freier Zeit.Schon, aber meine Eltern sind ein biss-chen entsetzt, dass ich noch fast gar

Autor und JungunternehmerPhilipp Riederle (18) hat gerademal das Abitur hinter sich,ist aber bereits Jungunternehmer, Gast in Talkshows undBuchautor. in «Wer wir sind und was wir wollen» erklärt derjunge Deutsche, wie seine Generation tickt und welche Fol-gen das für die Gesellschaft haben wird. riederle hat schonals 13-Jähriger mit seinem Podcast «Mein iPhone und ich»Furore gemacht und berät als Digital Native heute unterneh-men. Er wohnt bei seinen Eltern im bayrischen Burgau.

Philipp Riederle: «Wer wir sind und was wir wollen», Knaur 2013;bei Ex Libris erhältlich für 15.60 Franken.

Wenn Philipp Riederle Vorträge vorManagern hält, schauen die ihnmanchmal an, als käme er von einemanderen Planeten.

«Die Schulen unddieArbeitgeberhinkenmächtighinterher.»

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nichts konkret organisiert habe für die-ses Jahr. Ich will das ein bisschen aufmich zukommen lassen. Und mal ehr-lich:EinpaarTagenuramSee rumliegenist dochauchganz schön.Mankannsichallerdings schon fragen, ob es diesesFreiheitsprivileg der Jugend,wieman essich so romantisch vorstellt, überhauptnoch gibt. Es fängt ja schon damit an,dass man früh viel lernen muss, um esans Gymnasium zu schaffen, und dannweiterarbeiten, um sich dort zu haltenundmöglichst schnellwas zu studieren.

Klingt ziemlich anstrengend, jung zu sein.Irgendwie schon, zumindest, was denTeil der Verpflichtungen betrifft. DieFreiräume muss man sich bewusstschaffen. Da sind wir dann wieder beider Effizienz, zu der wir fast schongezwungen sind.

In Ihrem Buch schreiben Sie, der grössteTraumIhrerGenerationsei,dereinsteinHaus,einen Garten und einen Hund zu haben. Giltdas auch für Sie?

Riederle ist zwar viel beschäftigt, sagtaber lieber einen Termin ab, als zuwenigZeit für Freunde und Freundin zu haben.

«WertewieHeimat sind fürmeineGenerationextremwichtig.»

lesensieonlineDer Vortrag von Philipp riederle zur Kom-munikation der Generation Y und weiterestilbildende Jungblogger.

www.migrosmagazin.ch

Auchdaberufe ichmichaufexistierendeStudien. Das, was bei früheren Genera-tionen als spiessig galt, ist heute dergrosse Traum. Es geht um Heimat undumpersönlicheBindungen—Werte,diefür meine Generation enorm wichtigsind. Die Erklärung ist wohl, dass wiruns angesichts unserer vielenMöglich-keiten und Optionen nach einer Kons-tante imLebensehnen,einemruhendenPol.Ob das auch fürmich gilt,wird sichnoch zeigen.Was ichmir für die nächs-ten Jahrewünsche, ist,weiterdieFreiheitzu haben, mich mit den Dingen zu be-schäftigen, die meine Augen zum Fun-keln bringen. Text: Ralf Kaminski

Bilder: CiraMoro

www.philippriederle.de

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