alternative antriebe sind nicht alternativlos

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1943 Grafische Darstellung einer Imbert-HB-Gaserzeugeranlage ALTERNATIVE ANTRIEBE SIND NICHT ALTERNATIVLOS Als vor 75 Jahren die MTZ erstmalig erschien, war der ehemals alter- native benzinangetriebene Pkw das erstrangige Fortbewegungsmittel. Dampf- und Elektroantrieb hatten ihren Zenit bereits mehr als ein Vierteljahrhundert überschritten. Seither gibt es neben den Otto- und Dieselmotoren immer wieder Überlegungen und Entwicklungen zu alternativen Antrieben. Und darunter verstehen wir nicht nur Elektro- fahrzeuge, wie die Entwicklung zeigt. HISTORIE

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Page 1: Alternative Antriebe sind nicht alternativlos

1943 Grafische Darstellung einer Imbert-HB-Gaserzeugeranlage

ALTERNATIVE ANTRIEBE SIND NICHT ALTERNATIVLOSAls vor 75 Jahren die MTZ erstmalig erschien, war der ehemals alter-

native benzinangetriebene Pkw das erstrangige Fortbewegungsmittel.

Dampf- und Elektroantrieb hatten ihren Zenit bereits mehr als ein

Vierteljahrhundert überschritten. Seither gibt es neben den Otto- und

Dieselmotoren immer wieder Überlegungen und Entwicklungen zu

alternativen Antrieben. Und darunter verstehen wir nicht nur Elektro-

fahrzeuge, wie die Entwicklung zeigt.

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HISTORIE

Page 2: Alternative Antriebe sind nicht alternativlos

In Coburg entwickelte im Jahr 1888 die Maschinen­fabrik A. Flocken (Andreas Flocken, ehemaliger Mitarbeiter der Fa. Lanz, Mannheim) den vermut­

lich weltweit ersten elektrisch angetriebenen vierräd­rigen Pkw. Neben den dampfgetriebenen Fahrzeugen beherrschte diese Art von Fahrzeugen das Straßenbild der Jahre um 1900. Mit Ottomotor angetriebene Fahr­zeuge stellten zu diesem Zeitpunkt eine Alternative dar. Bis ins Jahr 1912 war das Realität. Danach wandelte sich der Automobilmarkt. Ab diesem Zeitpunkt spricht man von der „Alternativen Antriebstechnik“ und meint in aller Regel Elektrofahrzeuge. Eine sehr kurzsichtige Einschätzung.

Im Gründungsjahr der MTZ (1939) beherrschten mili­tärische Entwicklungen die Motorenabteilungen der ver­schiedenen Hersteller. Ihre vorrangige Aufgabenstellung hatte den rein zivilen Nutzungscharakter der Otto­ und Dieselmotoren in den Hintergrund gedrängt. Die sich in den Kriegsjahren ergebende Mangelwirtschaft führte dazu, dass unterschiedlichste Brennstoffalternativen immer mehr in den Fokus der Entwicklungsabteilungen rückten. Benzinersatzstoffe wurden überlebensnotwen­dig. So ist in einem Artikel in der MTZ 3/1943 recht aus­giebig der holzgasbetriebene Antrieb von Imbert beschrie­ben. „Kraftstoffgleichgültigkeit“ bedeutete in diesem Fall die Nutzung von Holz, Braunkohlebriketts, Torf oder Schwelkoks. Selbst in diesem Bereich suchte man immer wieder nach Erweiterungsmöglichkeiten. Als ein Bei­spiel sei hier getrockneter Kuhdung genannt. Kraftstoff­substitute bleiben bis in die Gegenwart ein Thema.

In den 1970er­Jahren erzielten Erd­ und Autogas einen ersten größeren Durchbruch. Grund wie so oft in der Vergangenheit war eine „Ölkrise“. Das Argument der Ressourcenknappheit wird anhand immer neu gefun­dener Ölvorkommen unglaubwürdig. Bis hierher hat die Entwicklung des Zweitakters im Otto­ wie auch im Dieselmotorenbereich an Attraktivität verloren. Diese motorsteuerungstechnische Alternative zum Viertakter wurde von Anfang an in außergewöhnlicher Vielfalt in MTZ­Fachartikeln beschrieben. Seit den 1950er­Jahren wurde mit großem Interesse über die Patentarbeit und Umsetzung von Prof. Dr. Ing. e.h. Felix Wankel berichtet. Sein Rotations­ oder Kreiskolbenmotor ist in mehrfacher Art über Jahrzehnte interessant. Die MTZ berichtete unter anderem in Heft 1/1961 ab Seite 1 und in der MTZ Ausgabe 12/1983 erneut über dieses Motoren­konzept. Dieses Mal wurde der Betrieb mit Wasserstoff erläutert. In der jüngsten Vergangenheit ist er wieder Thema, in Form einer Konzeptstudie, vorgestellt 2010 in Genf: als Range Extender Audi A1 e­tron. Trotz einiger Erfolge gilt der Rotationskolbenmotor als gescheitert. Selbst eine kritische Betrachtung unterschiedlicher Themenschwerpunkte ist redaktionell selbstverständ­lich. Das Thema ungeeigneter Motorenkonzepte wird ausführlich in Heft 11/1997 ab Seite 660 erörtert. Ob Range­Extender­, Hybrid­, Brennstoffzellenfahrzeug, alle alternativen Antriebe erfahren ihre Beachtung auch zukünftig in der MTZ.

Detlef Krehl

2010 Auf dem Automobilsalon in Genf stellte Audi die Konzeptstudie Audi A1 e-tron vor (Bild © Audi)

1961 Schon früh beschäftigte sich die MTZ mit dem NSU-Kreiskolbenmotor (oben: Darstellung des Zündzeitpunkts, links OT, rechts UT; unten: Schnittmodell des Motors Patent Wankel)

7 02I2014 75. Jahrgang