53. jahresversammlung (1935) in münchen

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Deutsche Ornithologische Gesellschaft, 53. Jahresversammlung (1935) in Mfinchen. Um die engen Beziehungen zm" Ornithotogischen Gesellschaft in Bayern zu pflegen und zu vertiefen, hatte die Deutsche Ornithologische Gesellsehaft Mfinehen zu ihrem Tagungsort ffir 1935 erw~hlt. Neben einer vielseitigen Vortragsfolge fibten auch die nahen Alpen mit reich- haltigem Ausflugsprogamm eine besondere Anziehungskraft aus. Der Zusammenklang yon wissenschaftlieher Arbeit, Feldbeobachterfreuden und Mfinehner Gastliehkeit verlieh der Tagung einen abwechslungs- reichen Verlauf und liel~ sie zu einem vollen Erfolg fiir beide G-e- se]]schaften werden. Anwesend warcn 57 5Iitglieder der D. O. G. : O. t{einroth, F. S~einbaeher, :E. Stresemann; ~V. Buemeister (Stuttgart), Miss Barclay-Smith (London)~ Frh. yon Bodmann (~adolfszell), Brumme (Mfinchen), Fr]. G. Cadow (Berlin), Diesselhort (Mfinehen), Drost (Itelgoland), Dultz (M[inchen), Fehringer (I-Ieidelberg), A. Fischer /Augsburg}, It. Frieling (Mtinchen), Gebhardt (Nfirnberg), Frh. @eyryon Sehweppenburg (Hann.-Mfinden), ttaenel (Cxarmisch), ]=Iartmann (Casse]), Geheimrat Heck (Berlin), K. tteinroth (Berlin), Henrici (Frankfurt a. 3'[.)~ D. tterzog (M[inehen)~ Hildebrandt (A]tenburg), Hilprecht (Magdeburg), B. Hoffmann (Dresden), yon Jordans (Bonn), D. KSnig (Jena), K. Xteinstg.nber (Limbach), Laubmann (Mfinchen), LShrl (Sehw~.b. ]=IaI1), Masarey (Basel), Meise (Dresden), Fr]. B. Mfitler (Cassel), Frl. Namislo (Berlin), O. zNeumann (Berlin), I~iethammer (Berlin), Noll {Basel), PSnitz (Leipzig), E. yon Roy (Berlin), FrL yon Roy (Berlin), ]~fippell (Berlin), Sick (Berlin), Siewer~ (Werbellinsee), Scharnke (1Y[finehen),B. Schmid (Mfinchen), B. Schneider (Leipzig), W. Schneider (Leipzig), Schoof (Cassel), Stadler (Lohr), J. Steinbacher (Berlin), H. Steinmetz jun. (Berlin), Schiiz (Rossitten), Stolpe (Berlin), Technau (Berlin), Trettau (Gimmel), VS]ker (tteidelberg)~ Wfst (Mfinehen). Dazu 28 G[[ste, darunter yon der Bayrischen Gesellschaft u. a. die Herren A. Bachmann, Ball~, yon Besserer, Jakobs~ Krieg, Lehrs, b. Miiller-Mainz, Sehuh- reacher, Schwangard~ Gebr. Stimmelmeyr. Ein Begrii~ungsabend mit Anspraehen der Vorsitzenden leitete die Tagung am 3. J uli in den Sfilen des Kfinstlerhauses ein. In harmonischer G-eselligkeit bot sich hier die beste Gelegenheit zur freundsehaftlichen Ffihkmgnahme aller Teitnehmer untereinander. Im grol3en HSrsaal des neuen Zoologisehen Instituts der Universit~t~ den Herr Professor vo~ FnlscH ffir s~mtliehe Sitzungen freund]icher- weise zur Verffigung geste]lt hatte, erSffnete Herr HE1N~O¢~ am 4. J uli, 9 Uhr, die Geschaftssitzung der D.O.G. Er erstattete Berieht fiber die T~tigkeit der Gesellschaft, deren Mitgliederzahl sieh gegen das Vorjahr yon 660 auf 674 erhSht hat. Durch Erheben yon den Pliitzen ehrten die anwesenden Mitglleder das Andenken derer, die nnserem Kreise dureh den Tod entrissen worden wa.ren: Oberfinanzrat Dr. J. PONE~E~: ([3. I. 1935), F~LIX Graf ScI~w~m~'-BoH~Av (23. I. 1935)~ Oberlehrer F~ixD~IC~ Zu~scEi~ (1. IV. 1935). --

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Page 1: 53. Jahresversammlung (1935) in München

Deutsche Ornithologische Gesellschaft,

53. Jahresversammlung (1935) in Mfinchen.

Um die engen Beziehungen zm" Ornithotogischen Gesellschaft in Bayern zu pflegen und zu vertiefen, hatte die Deutsche Ornithologische Gesellsehaft M f i n e h e n zu ihrem Tagungsort ffir 1935 erw~hlt. Neben einer vielseitigen Vortragsfolge fibten auch die nahen Alpen mit reich- haltigem Ausflugsprogamm eine besondere Anziehungskraft aus. Der Zusammenklang yon wissenschaftlieher Arbeit, Feldbeobachterfreuden und Mfinehner Gastliehkeit verlieh der Tagung einen abwechslungs- reichen Verlauf und liel~ sie zu einem vollen Erfolg fiir beide G-e- se]]schaften werden.

Anwesend warcn 57 5Iitglieder der D. O. G. : O. t{einroth, F. S~einbaeher, :E. Stresemann; ~V. Buemeister (Stuttgart), Miss Barclay-Smith (London)~ Frh. yon Bodmann (~adolfszell), Brumme (Mfinchen), Fr]. G. Cadow (Berlin), Diesselhort (Mfinehen), Drost (Itelgoland), Dultz (M[inchen), Fehringer (I-Ieidelberg), A. Fischer /Augsburg}, It. Frieling (Mtinchen), Gebhardt (Nfirnberg), Frh. @eyr yon Sehweppenburg (Hann.-Mfinden), ttaenel (Cxarmisch), ]=Iartmann (Casse]), Geheimrat Heck (Berlin), K. tteinroth (Berlin), Henrici (Frankfurt a. 3'[.)~ D. tterzog (M[inehen)~ Hildebrandt (A]tenburg), Hilprecht (Magdeburg), B. Hoffmann (Dresden), yon Jordans (Bonn), D. KSnig (Jena), K. Xteinstg.nber (Limbach), Laubmann (Mfinchen), LShrl (Sehw~.b. ]=IaI1), Masarey (Basel), Meise (Dresden), Fr]. B. Mfitler (Cassel), Frl. Namislo (Berlin), O. zNeumann (Berlin), I~iethammer (Berlin), Noll {Basel), PSnitz (Leipzig), E. yon Roy (Berlin), FrL yon Roy (Berlin), ]~fippell (Berlin), Sick (Berlin), Siewer~ (Werbellinsee), Scharnke (1Y[finehen), B. Schmid (Mfinchen), B. Schneider (Leipzig), W. Schneider (Leipzig), Schoof (Cassel), Stadler (Lohr), J. Steinbacher (Berlin), H. Steinmetz jun. (Berlin), Schiiz (Rossitten), Stolpe (Berlin), Technau (Berlin), Trettau (Gimmel), VS]ker (tteidelberg)~ Wfst (Mfinehen).

Dazu 28 G[[ste, darunter yon der Bayrischen Gesellschaft u. a. die Herren A. Bachmann, Ball~, yon Besserer, Jakobs~ Krieg, Lehrs, b. Miiller-Mainz, Sehuh- reacher, Schwangard~ Gebr. Stimmelmeyr.

Ein Begrii~ungsabend mit Anspraehen der Vorsitzenden leitete die Tagung am 3. J u l i in den Sfilen des Kfinstlerhauses ein. In harmonischer G-eselligkeit bot sich hier die beste Gelegenheit zur freundsehaftlichen Ffihkmgnahme aller Teitnehmer untereinander.

Im grol3en HSrsaal des neuen Zoologisehen Instituts der Universit~t~ den Her r Professor vo~ FnlscH ffir s~mtliehe Sitzungen freund]icher- weise zur Verffigung geste]lt hatte, erSffnete Herr HE1N~O¢~ am 4. J u l i , 9 Uhr, die G e s c h a f t s s i t z u n g der D . O . G . E r erstattete Berieht fiber die T~tigkeit der Gesellschaft, deren Mitgliederzahl sieh gegen das Vorjahr yon 660 auf 674 erhSht hat. Durch Erheben yon den Pliitzen ehrten die anwesenden Mitglleder das Andenken derer, die nnserem Kreise dureh den Tod entrissen worden wa.ren: Oberfinanzrat Dr. J . PONE~E~: ([3. I. 1935), F~LIX Gra f ScI~w~m~'-BoH~Av (23. I. 1935)~ Oberlehrer F~ixD~IC~ Zu~scEi~ (1. IV. 1935). - -

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Herr STR:ESEMANiN" gab bekannt, dal3 der Vorstand der D. O. G. Herrn Professor Dr. A. LAUBMANN in den A u s s c h u l ] gewghlt und die Herren Professor Dr. K. LA~SREC~T (Budapest) und R. E. MOI~EAU (Amani~ Tanganyika-Territory) zu K o r r e s p o n d i e r e n d e n M i t g l i e d e r n ernannt babe. Als T a g u n g s o r t fii r 1 9 3 6 wurde B o n n bestimmt. - - InVer t re tung des Kassenfiihrers legte Herr F. STEI~BAC~E~ den Kassen- bericht vor, der yon den Herren K L I ~ Z nnd B~Ass gepriift und richtig befunden war. Naeh einstimmiger Entlastung des Kassenfiihrers wurde Herrn S T E I S ~ z tier besondere Dank der Gesellschaft fiir seine un- ermiidliche nnd aufopfernde Tatigkeit ausgesproehen.

Abredanung fiir die Zeit vom 1. Januar 1934 bis 31. Dezember 1934.

Einnahmen ~j~ ~pf

1. Von G~sten eingenommen 2. Jonrnale etc. verkauft 3. Mitglieder-Beitrgge 1934 4. Saldo 1934

Borlin, d. 18. Juni 1935. Dr. Augus t Bral].

~'~' ~ d Ansgaben

37 50 1. Saldo 1933 1179 05 2. Journal(Druckkosten, Kli- 8299 50 schee's, Versand, Fracht,

77 56 Papier, Arbeiten in der Geseh~ftsstelle etc.)

3. Sohstige Drueksachen, Umschliige, Briefbogen, Einladungen zur Jahres- versammlung, Unkosten bet der Jahresversamm- lung, Versandtaschen etc.

4. Anteil am Vogelzug 1933 5. Erg~nzung zur Bibliothek,

Beitrag £tir andere Ver- eine, gekaufte Journale, unvorhergesehene Fglle

6. Vortrgge, Honorare, Eh- rungen, Kranzspenden

7. Porti in der Gesch~fts- stelle, Invalidenstr. 43, Einziehen der Beitriige, Mahnungen, Porti in der Kassenstelle

8. S~almiete, Einladungen zu den Versammlnngen, Be- dienung bet Vortr~gen, Versand der ~[itglieds- karten

~]~ 9586 61 ~g~.

Berlin, d. 26. Juni 1935. E r n s t Kl ie tz .

11

7360

682 510

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9586 61

BeEin, d. 31. Dezember1934. H. S t e i n m e t z .

Von unserem Protektor KSnig F~DINASD war ein Schreiben ein- gelaufen, in dem Seine Majestgt der Tagung einen guten Verlauf wiinschte und sein Bedauern ausdrtickte, durch Krankheit an der Teitnahme ver- hindert zu sein. Weitere Griil~e gingen eta yon unserem Ehrenvorsitzenden Geheimrat R~Ic~E~OW, unseren Ehrenmitgliedern Dr. O ~ A R R,EISE~

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[J. Orn. 604 53. Jahresversammlung (1935) in Miinchen. k 1935

und Dr. OTto KImINSCgMI:OT, den Korrespondiernden Mitgliedern HEnri JovAiu) (Dijon), JAcon SOR~K (Kgl. Ungarisches Ornitho- logisehes Institut) und yon Herrn Prof. Dr. A. Glumi (Bologna); auch Herr Prof. G ~ o ~ s (H~mburg) iibermittelte Gr~iBe und wiinschte dieser Tagung, die ein erfreu]iches Bekenntnis zur Ganzheit sei, erfolg- reichen Verlauf. - - Im Auftrag des Magistrats der Stadt Magdeburg spr~ch Herr Stadtgartendirektor K ~ u ~ A ~ und driickte den Wunseh tier Magdeburger Ornithotogen ans, eine der n~.chsten Jahresver- sammlungen der D. O. G. in den Mauern ihrer Stadt zn sehen. - - Zum AbschluB der Gesehifftssitzung fibersandte die Gesellsehaft telegraphisehe GriiBe ihrem Protektor KSuig Fnm)iNa~9, ferner den Herren Geheimrat R~c~IE~ow, Professor Gmei und Herrn Geheimrat Koala-Bonn.

In der anschlieBenden wissenschafflichen Sitzung begann als erster Herr Dr. W. Rii~rELI~ (Berlin) mit seinem Vortrag: , E r g e b n i s s e m e i n e r H e i m f i n d e v e r s u c h e mi t V S g e l n 1935". HerrRi)I~pELL wird selbst in dieser Zeitsehrift ausfiihrlieh fiber seine Erfolge be- riehten. U.a. konnte er experimenteI1 nachweisen, dab kinaesthetische Fernorientiernng bei den VersuehsvSgeln jedenfalls a u s s c h i e d . - Im AnsehluB an seine Ausfiihrungen ergriff Herr STI~ESE~A~ das Wort und sprach iiber die sinnesphysiologisehe Seite des Problems, wobei er besonders auf die Arbeiten ViGclnt~s (1882) und MAVl~AINS (19~3) hinwies. 0 Ferner ~uBerten sieh dazu die Herren BAST IA~ ScI~mI), HEIbIROTIt und G~YR vo~ SCHWE1)PE]NBURC -.

Herr Dr. FnlnLI~-G (Miinchen) behandelte das Thema , ,Car iama c r i s t a ta a l s A n p a s s u n g s f o r m an d a s S a v a n n e n l e b e n " , filBend guf dem reiehen, yon Prof. Kn1Ea aus Sfidamerika mitgebrachten Material. Er zeigte die versehiedenen Entwicklungsstadien im Lichtbild und erSrterte die Zwisehenstetlung, die Cariama hinsiehtlich Nesthockern und Nestfliichtern einnim,nt. Die eigenartig gekriimmte gralie deutete er als Anpassung - - ,,H~ikel"-Werkzeng - - der im Baumnest ge- schliipften Jungen. Besonderen Wert legte der Vortragende auf Merk- male, die das Laufen begiinstigen und zugleich die Riickbildung des FlugvermSgens einleiten. SchlieBlieh warnte er davor, Cariama auf dem Wege yore Baron- zum Steppenvogel sehen zu wollen. Einen Ueber- gang yore Baum- zum Steppenbiotop stelle lediglich die Baumsavanne dar, also gergde der Lebensraum, dem der Vogel ideal angep~t erscheint.

Herr Dr. HERzo(~ (Miinchen) sprach fiber , ,Das B l u t b i l d d e r V S g e l im R ~ h m e n de r W i r b e ] t i e r e " . Erbesehriinktesiehdabei nieht nur auf die Morphologie der roten BlutkSrperchen, sondern sehlol3 auch physiologisehe Verhiiltnisse (relative GrSBe, Gerinnungsf~higkeit u. a.) in seine Betrachtungen ein. Ausfiihrlich ist das Thema dargestellt in einem Buch HE~zoGs fiber das Blut der Wirbeltiere, 193'2 bei UJ~BAS und SCHWA~ZE~DER~ erschienen.

1) S. demni~chst in ,,Arden".

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83 Heft ~] 53. Jahresversammlung (1935) in Mfinchen. 605

Herr Professor Dr. Baron Geyr yon Sc~w~ePnNBu~e (Hann.- Miinden) hielt einen Vortrag , S t o r c h z u g u n d M i t t e l m e e r " . Die Tatsache, dal~ die StSrche den direkten Zug fiber das Mittelmeer ver- meiden, brachte der Vortrageude damit in Zusammenhang, dal~ auf dcm Meere im allgemeinen thermisehe Aufwinde fehlen, die dem Storch als Segelflieger erwtinscht sind. Also verl~uft der Storchzug entlang der thermisch gfinstigen Kiistenlinien. Weiterhin g]aubt Geyr, da$ der Storch (ira Gegensatz etwa zum Kranich) besonders empfindlieh gegen Nahrungsmangel ist und daher seine Zugwege dureh mehr oder minder grofie Nahrungsffille bestimmt werden.

Eine kurze Pause diente zugleieh der Herstelhng der iibliehen Gruppenaufnahme.

Als letzter Redner des ersten Vormittags beriehtete Herr Professor Dr. B]~t~NI:/AttD HO~'~IANI~ (Dresden) i ibe r s e i n e E r f a h r u n g e n als V o g e l s t i m m e n f o r s e h e r . Er sprach zun~chst fiber die MSglich- keit der Wiedergabe der ger~uschhaften Seite der Vogelstimmen durch mensehliehe Laute und veranschaulichte seine Erkl~rungen mit bekannter Gewandtheit durch rasches, verbltiffend naturgetreues l~aehsprechen zahlreicher Vogelges~nge und -rule. Die Brauehbarkeit dieser Methode beweisen seiner Meinung nach u. a. die vielen Vogelnamen, welehe die Naturlaute vSllig befriedigend wiedergeben (I(uekuek, Triel, Kiere ---- See- schwalbe usw.). Weiterhin liet] sich der Vortragende a-usffihrlich dar- fiber, dab die Stimmen mancher V5gel yon verschiedenen Forschern oft reeht versehieden gehSrt und dargestellt werden, aus und bezeichnete das als unvermeidliehen Mil~stand der Methode, der indessen bei einiger Erfahrung und etwas Geschick auf ein ertragliches Mindestmal~ zuriiek- zuschrauben sei. Einige musikalische Bef~higung und Ausbilduug h~lt Prof. Ho~F~A~ ffir die notwendige Grundlage jeder Vogelstimmen- forsehung.

~n tier Diskussion wies Herr Dr. H ~ i ~ o ~ darauf bin, da~ man nieht immer neue und durehaus ,eigene" Formulierungen ffir Vogel- stimmen publizieren sollte, wenn ffir die gleichen Stimmen in den ver- l~]ichen und altgemein bekannten Standardwerken tier Ornithologie, wie ~AUMA~.~ ~ und HA~En~, bereits gute Formulierungen niedergelegt sind nnd yon dort zitiert werden k6nnen.

Der Nachrnittag des 4. duli war dem Besueh des M fi n c h n e r T i e r p a r k s H e l l a b r u n n gewidmet. Herr Direktor HEI~CZ HECK ffihrte seine G~iste selbst durch die weitl~iufigen Anlagen des Gartens. Sein Tierbestand ist naeh dem Prinzip der geographisehen Verbreitung geordnet, nnd groJ3e Gehege beherbergen individuenreiche Tiergemein- schaften der betreffenden Regionen, S~iuger und VSgel in buntem Durch- einander. Die geschiekte Anlage vieler neuer Gehege erregte allerseits grol]en Beifall. - - Naeh Ende der Fiihrung verweilten viele Teilnebmer in angeregtem Gedankenaustauseh noch auf tier Kaffeeterrasse des Gartens, und aueh der Abend verging in zwangloser Geselligkeit, wobei sich das

J o u r n . f. Orn. 83. J ~ h r g . Ok tobe r 1935. 4:0

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[ J. 0rm 606 53. Jahresvesammhmg (1935) in M~;mehen. I_ 1935

gesunde Bestreben kundtat, ,,miinchnerisehste" Lokale wie das ,,Platzl" (Weig-Ferdl!) zu bevorzugen.

Am Vormittag des 5. J u l i versammelte man sieh wiederum im Zoologisehen Institut, diesmal, um der Vorfiihrung dreier Vogelfilme beizuwohnen. Herr Dr. Wi)sT (Mtinchen) braebte L i e h t b i l d e r u n d F i l m a u f n a h m e n yon den I s m a n i n g e r T e i e h e n . Die Fiille der Durehztigler und maneh seltner Brutvogel ersehien in guten, veto Vortragenden und Pr~parator Scnum~Ac~Ea gemaehten Bildern auf der Leinewand. Als tebendige Demonstration folgte am 8. Jnli ein Ausflug in dieses interessante Gebiet (s. da).

Als ngchster zeigte [-Ierr Dr. NoLn (Basel) einen L a e h m S w e n - fi lm. In einzigartiger Weiss ist die gesamte Brutbiologie dieses Vogels yon dem Sehweizer Forseher im Film festgehalten worden - - eine hervorragende Leishmg, die unsere Kenntnisse yon der LaehmSwe sehr erweitert hat. Die wichtigsten Angaben aus dem begleitenden Vortrag sind kurz folgende: Brutzeit 22--~3 Tage, die Bebrtitung er- folgt vom 1. Ei ab. Die Jungen sehltipfen - - entgegen anders lautenden A n g a b e n - wie andere VSgel dutch Absprengen einer Kalotte am spitzen Pol. In den ersten Lebenstagen werden die Jungen aus dem K:ropf geffittert, nnd zwar in der Weise, dab sie das hervorgewiirgte Futter veto Sehnabel der Eltern wegpieken. Veto 4. his 5. Lebenstage an wird die Nahrung auf das Nest erbroehen und dort yon den Jun'gen aufgenommen. Die ersten zwei Tage verlassen die Jungen das Nest nieht, veto dritten (manehmal schon veto zweiten) Tage an jedoeh bei jeder Entfernung tier Eltern. Die Nahrung besteht die ersten 10 his 14 Tage aussehlieglieh ans Insekten; Fische werden sehon gebraeht, k6nnen aber yon den Kleinen noeh nieht bewgltigt werden. Bereits am 3. und zi. Tage schnappen die jungen V6gel beim I~erumsehwimmen selbstgndig naeh Prel3barem, trotzdem fiittern sie die Alten his zum Fliiggewerden weiter, und zwar auf dem Nest, we sich die Familie, deren Gheder sieh sehr woht kennen, immer wieder zusammenfindet (fremde Altv6gel werden abgesehlagen). Naeh dem Fliiggewerden ver- tassen die Tiere sofort das Brutgebiet und sugen die Winterherberge auf.

Im Gegensatz zu dem NoLLseben Film und Vortrag, der fast s~mtliehe Lebensumst~.nde des Untersuehungsvogels hintereinander ent- wiekelte, bet der dritte Film des Tages - - , ,Die B a l z de r Grol~- t r a p p e" yon Forstassessor Hoas~ S:r~WE~T (Werbellinsee)-- priiehtigste Aussehnitte aus einem Vogelleben, deren vollendete Wiedergabe dem Ornithologen und Kameramann gleiehermaBen riibmli&stes Zeugnis ausstellte. Zun~ehst kamen einftihrende Bilder zur Kennzeiehnung des eigenartigen Lebensraumes der Trappe - - ziehende Wolken iiber miirkisehem Lueh, Friihlingswiesen, Rehe im ungestSrten Frieden ihres I~uheplatzes, briitende Triele im Saatfeld. Und dann folgten Serien fiber Serien MlersehSnsten Trappenaufnahmen : naeh einigen allgemeineren Situationen die spannenden Szenen der hSehsten Kraftentfaltung - - der

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B a l z dieser gewaltigen VSgel. Ohne Bildbeigaben kaan bier nur Un- zureichendes gesagt werden. Man mul3 jedem Ornithologen wiinschen, dal] er diesen Film einrnal selbst zu sehen bekommt, und dag fernerhin eine reeht grol~e Auswahl dieser einzigartigen Natururkunden wei~eren Kreisen dureh Drucklegurg zug~tngig gemaeht wird. - - Der brausende Beifallssturm am Ende der Filmvorfiihrung liel3 erkennen, das hiermit der H6hepunkt der Darbietungen auf der Mfinchner Tagung erreicht war.

In den Mittagsstunden war Gelegenheit zur Besiehtigung einer kleinen A u s s t e l l u n g M t i n c h n e r T i e r m a l e r , - g r a p h i k e r und - p l a s t i k e r , die anliil3lieh der Jahresversammlnng der D. O. G. mit viel Liebe in den Ri~umen der Alten Akademie aufgemacht worden war. Hier wurde dem anfmerksamen Betrachter in mancher un- vergel~lichen Darstellung die seltene t~rende des Anblicks wirklich gekonnter Synthese van Kunst und Wissenschaft. Herrn Prof. Dr. KRIEC, gebiihrt auch an dieser Stelle besonderer Dank Nr die Anregung zu dieser gelungenen 8onderschau.

Am Nachmittag des 5. Juli kamen die letzten Vortrgge zu ihrem Recht. Herr Dr. ~V[ASAI~EY (Basel) sprach fiber zwei Themen, zuerst fiber , ,Die v o r t g n f i g e n E r g e b n i s s e des S c h w e i z e r i s c h e n U n t e r n e h m e n s zu r E r f o r s c h u n g des V o g e l z u g s in den Alpen" ' . Nach einem ersten, yon AL~'J~tSD Sc:gl~'~'ts:aLI san. im Herbst 1933 bei Realp (1540 m fi. d. 3i.) im @otthardgebiet unternommenen Beringungsversneh wurde dort vein 17. IX.--19. X. 1934 eine grSl3ere Fangaktion und Ptanbeobaehtung mit insgesamt 23 Teilnehmern dureh- gefiihrt. Die Beringung (1245 Exemplare in 38 Arten) erfal3te zum groBen TeiI VSgel, die das Gebiet als Winterquartier benutzen (zahI- reiche Wiederf~nge in Abst~nden his zn 19 Tagen). Eigentliehe Durch- ziigler seheinen bier ohne l~ngere Zwisehenrasten zu passieren (z. B. GartenrStel). Die Wetterverhgltnisse zeigten keinen maggeblichen Ein- fluB auf die Abwicldung des Zuges. - - Fliigehnessungen an 250 Exem- plaren in 2l Arten ergaben bei ~/5 der untersuchten VSgel kleinere als die bei I-IART~:RT angefiihrten, fiir Mitteleuropa als normal geltenden Mage. Einer Deutung dieser Befunde mug noeh mehr Material zn- grundegelegt werden. ~)

Weiterhin beriehtete Herr Dr. MASAn~Y fiber seine A k i n e s e - v e r s u e h e , die er 1934 in Realp anstellte. Die k6rperliehen und psychisehen Symptome wnrden streng getrennt betraehtet. Diese Arbeitsweise ftihrte den Vortragenden als Faehmediziner zu der Er- kenntnis, daft yon einer suggestiven Beeinflussnng der V6gel dnreh den Experimentator - - die WAR~KE als entseheidend hinstellt - - zumindesten nicht als auslSsendem Moment die Rede rein kann. Ebenso wie die Rtiekenlage seheint die Immobilisierung, sowie die abnorme Steigerung des Muskeltonus an rich sehon Akinese herbeizuNhren, sodag dieselbe

1) N~iheres s. in: ,~Der ornith. Beobachter", h{ai 1935, p. 119--139: Dr. A. MASA~Y~ ,,Schweizerisehes Unternehmen zur Erforsehung des Alpenzuges%

40 ~

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demnaeh allein aus mechanisch-kSrperliehen Ursachen entstehen kann und keineswegs psyehisch vorbedingt zu sein braueht.

Herr Professor Dr. DRos¢ (Helgoland) sprach fiber ,,D as Z a h l e n v e r h ~ i l t n i s yon A l t e r u n d ( ~ e s c h l e c h t a u f dem t t e r b s t - u n d F r f i h j a h r s z u g e (nach den Feststellungen im Fang- garten der Vogelwarte auf Helgoland)". Er bewies an Hand zahlreieher Tabellen das starke Ueberwiegen der Weibehen yon Amsel und Garten- rotschwanz besonders auf dem Prfihjahrszuge. Als Grfinde hierffir fiihrte ervor anderen die MSgliehkeit versehiedener Zugwege und einer anderen Todesrafe an. Der Vortragende erhoffte im Uebrigen weitere Gesichts- punkte zur Kliirung dieser bisher noeh nicht befriedigend deutbaren Erscheinung aus den Reihen der Versammhng. Solcher Ratsehlag blieb ihm jedoeh versagt.

Ansehliel]end Melt Herr Dr. W. MEISE (Dresden) seinen an- gekfindigten Vortrag: , ,Zur S y s t e m a t i k a n d A u s b r e i t u n g s - g e s c h i e h t e de r H a u s - und W e i d e n s p e r l i n g e " , der demn~ehst im Journal ffir Ornithologie zum Abdruek ge!angt.

Als n~ichster berichtete Herr Dr. E. ScRi~z (Rossitten) fiber: , D i e W a n d e r u n g e n des P o l a r - S e e t a u c h e r s " . DasBrutgebiet der im Herbst fiber die Kurisehe Nehrung und das innere Ostpreugen in SO- und S-Richtung abziehenden Polartaueher ist anscheinend nieht auf Skandinavien beschr~inkt, sondern erstreekt sich fiber Finnland weir nach dem Osten Nord-Ruglands (Ringfund yon der Taimyr-Halbinsel). Die im Ostseegebiet zahlreieh fiberwinternden arcticus sind herkunfts- gem~ig yon den Sfidwanderern (Ringfunde aus Sfid-Rugland and Griechenland) bisher nicht zu unterseheiden und m a u s e r n - Klein- und Grol~gefieder - - entsprechend den anderen klimatisehen Ver- h~ltnissen offenbar sp~iter als die letzteren (HI, IV gegen etwa I, II). Im Uebrigen sei bier auf die inzwisehen im ,,Voge]zug" (6. Jahrg. Nr. 3, p. 113 ft., Dr. E. S c ~ z , ¥om Zuge des Polar-Seetaucher) erschienene und die demn~ichst in den Ornith. Monatsberiehten abgedruekte Arbeit desselben Autors ,,Von tier h~[auser des Potar-Seetanehers" verwiesen.

Sehliel~lieh spraeh Herr Prof. Dr. F. S~Ir~ACHEa fiber das Thema: W e l e h e n G e w i n n kann d ie S y s t e m t i k aus K l e i n s e h m i d t s F o r m e n k r e i s l e h r e z i e h e n P War die Systematik urspriinglieh blol~ auf eine i~ugere Ordnung der Tierformen bedaeht~ so hat sie seither t~ngst den Ansprtleh erhoben, diese Formen naeh ihrem inneren Zusammen- hang zu verbinden, der in letzter Linie ein entwieklungsgesehiehtlieher ist. Wenn wir heute betonen, daft die uns vorliegenden Typen das Ergebnis yon erblieher Anlage und Auslese sind, so haben wir die Aufgabe, die systematischen Kategorien naeh beiden Iliebtungen hin zu kl~ren und zu unterbauen. So ist uns die einfaehste dieser Kategorien, die Art, als die Tr~gerin bestimmter Erbanlagen aufs neue die feste Grundlage des Systems geworden, so suehen wir weiter an ihren Rassen

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die Wirkung der Auslese kennen zu lernen. In dieser Flinsicht ist KnmNsc~n)~ 's Arbeit eine Leistung yon hSchster FolgeHehtigkeit und Vollendung. Soweit sie bisher durehgefiihrt ist, verdanken wit ihr nicht nut eine vertiefte Kenntnis der morphologisehen und anatomischen Zusammefifassung, sondern wir haben aueh die Lebensi~ul]erungen in den Bereich der Untersuehung einzuziehen gelernt: Fortpflanzungs- biologie, Ethologie und die Beziehungen zur Umwelt sind fttr den Systematiker heute eben so wiehtig wie die ~ul]ere Form. Des Ziel der gns:i>~scg~D~sehen Arbeit ist die Aufl6sung des Systems in Formen- kreise, die isoliert nebeneinander stehen, mit ihrer Wurzel in ein Zeit- alter der SehSpfung hinabreiehen, sich seitdem entwiekeln oder absterben, abet nicht mehr neu entstehen kSnnen. Die Stih-ke dieser Gedanken zeigt sieh aueh darin, dab die Genetiker sieh ihnen ebenfatls weitgehend ansehlieBen kSnnen, und dal] sie den Systematikern eine Ftille wiehtiger Aufgaben stellt, insbesondere aueh die Aufdeekung tier Weehselwirkung yon Erbanlagen und Umweltauslese. Mit dieser positiven Einstellung zu KI~EINSCIINIIIS Arbeit verbindet sieh abet andrerseits aueh eine Kritik ihrer Grenzen, soweit es sieh um die praktisehe systematisehe Aus- nutzunghandelt. Der Umfang eines Formenkreises wird oft so weit gezogen, im Gegensatz hierzu die innere Aufspaltung oft so weir getrieben, dal] naeh KLEr~SCE~n)TS eigenen Worten der Systematiker sich kaum ent- sehliegen wird, ihm auf diesem Wege mit der NomenMatur zu folgen. ]Vichtiger aber Ms dies ist die Frage, ob auf Kosten des Formenkreises alle anderen systematisehen ga.tegorien ihre Bedeutung einbtigen miissen, denn er allein ist nun der Ausdruek eines biologisehen Zusammenhangs, alle anderen, 0}attung, Familie, Ordnung u. s. w. sinken wieder auf die Stufe bloger pra,ktiseher Hilfsmittel herab. Des Leben entwiekelt sieh demnaeh nieht naeh dem Bilde eines immer weiter sich verzweigenden Bamnes aus einer einzigen Wurzel, sondern es wird aufgel6st in des Strauehwerk der selbstgndigen Formenkreise. Es erseheint sehr fraglieh, ob das System sieh in dieser Weise in Atome wird aufl6sen diirfen unter Verz ig t auf ein grol~es tibergeordnetes Prinzip, wie es nun ein- real der Entwieklungsgedanke ist.

Die ansehliel3ende Diskussion best~tigte den sehon vorher ge- wonnenen Eindruek, dal] die anwesenden Faehornithologen den Stand- punkt yon Herrn Prof. STEI~Ja~C~ER durehaus teilten. Somit stellte dieser Vortrag einen wohl gerundeten Absehlug der zahlreiehen wissen- sehaftlichen ErSrterungen dieser zwei Tage dar.

Der Vorsitzende schlog den wissensehaftliehen Teil der Tagung mit einem Dank an alle, die sich um die Vorbereitung verdient gemaeht hatten, insbesondere die Herren Dr. i t . F~mLisa, Dr. SCm~KE, Dr. Wt~sT und Frgulein M. STAmSLAUS, und dank4e iterrn Prof. vosr FRISC~ ftir die Gastfreundschaft, die wit in seinem sehSnen Institut genossen hatten.

Am Abend sucht man nunmehr ,,verdiente" Ausspannung in dem vor den Toren der Stadt gelegenen ,,Aumeister". Der Weg dorthin

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ftibrt darch Miinchens sehSnsten Park, dee Englisehen Garten, der sieh im sommerlichen Abenddiimmer yon seiner reizvollsten Seite zeigte. In fr6hliehem Znsammensein wird im ,Aumeister" yon denjenigen Ab- schied genommen, deren Abreise sehon jetzt eri'orderlieh ist. Doch bleibt erfreu]ieherweise noeh ein grol~er Kreis zuriiek, soda~ bei den nun folgenden E x k u r s i o n e n auf gate Beteiligung zu reehnen ist.

Ii. Scharnke.

Am Morgen des 6. J u l i trifft sioh die Gesellschaft gegen 5 Uhr zum Ausflug naeh dem W e n d e l s t e i n . Zwei bequeme Autobusse bringen die etwa 50 Teilnehmer in ilotter Fahrt durch sonnJges Vor- alpenland -- eine Strecke lang auf der Reichs-Autobahn! - - Each G e i t a u (776 m fi. d.M.). Dal] sieh beim Eintritt ins Gebirge der Himme] langsam verdiistert, und der Sehliersee die um ihn aufragenden Waldberge in blauschwarzer Regenbeleuehtung widerspiegelt, rut tier guten Zuversieht der tatendurstigen Ornithologen keine Einbul]e.

Unter der kundigen Ffihrung yon Herrn Kunstmaler F l ~ z MuR~ und Dr. W. W~sT begibt man sieh -~- yon nun an zu F u ] - zur nord~stlieh fiber Geitau emporziehenden Berglehne~ die unten yon pr~iehtigem Mischwald bereits alphlen Charakters bestanden ist. In- folge der vorgeschrittenen Jahreszeit kann man Ear wenig Vogelgesang erwarten; alsbald wird ein B e r g l a u b s i i n g e r geh5rt, ,,leiernde" M 5 n c h e erregen das besondere Interesse der Tieflandbeobaehter. Dreimal ert5nt nab am Wege alas feine Stimmcben yon ~egulus igni- capillus, zuletzt noch in der bemerkenswerten HShe yon 1480 m, we nebenan im Waldesdunkel tier T a n n e n h a h e r kr~iht und an offene~ Stetle Heekenbraune]len zwitschern. Die Waldgrenze verlockt zur Rast mit freiem Bliek in die Tiefe und zu den jenseits aufsteigenden Bergen nm Rotwand und Breeherspitze. Im hohen Kraut zwischen dem Gefels steht hier knospiger T f i r k e n b u n d (tier in den n~,ehsten Tagen noch erfreulieh oft gefunden, wird); eir~e A t p e n w e i d e n m e i s e meIdet sieh aus unzug~ng]ichem G--estriipp, und hoeh iiber dem Tal zieht ein Ko lk - r a b e dahin. - - Der Rest des Weges geht fiber steile Marten - - dem :Reich der ~ T a s s e r p i e p e r und Hausrotsehw~Eze- und sehliel~lieh dureh den brSckligen Kalk~ in dem man vergebens Each MauerI~ufern Ausschau h~ilt. - - Ira Wendelsteinhaus (1728 m) sind inzwischen die Benutzer tier Bergbahn eingetroffen, die ebenso wie die FuBg~nger gerade noch die Fernsieht yon hier oben (~m Besonderen anf Zillertal und Venediger) genie~en k6nnen End aueh zur Beobaehtung Gelegen- heir haben, indem A 1 p e n d o h 1 e n auf dem gfittenmfill umherspazieren und eine A l p e n b r a u n e l l e singend voriiberfliegt - - dann aber ist pl6tzlieh alles ,,zu", man sitzt endgfiltig in den Wolken und mu] sieh nach einigen Stuuden angeregter Unterhaltung in sehiitzender Be; hausung aueh unter diesen Umst~nden zum Abstieg entschliel~en. Der Weg ffihrt steil herunter naeh B a y r i s ch z e 11, einige der Teilnehmer zweigen zur Uebernacbtung naeh dem Sudelfeld ab und wissen am n~ehsten Tag yon den Reizen einer kleinen Verirrung im Nebel zu beriehten~ ~hnlieh wie Herr Forstassessor S I ~ w ~ tier bei einem

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anderen Abstieg einen ,,Bergrutseh" tat and beinahe auf einen Tatzel- wurm gefallen wgre. Das Ende abet ist ffir alle gleieh: nag bis auf die Knochen und abends Grund genug, etwas ,,einzuheizen". So weig man in Bayrisehzell die entspreehenden Lokale, und zwar immer zfinftigere, zu finden. Es ist nicht ganz nngefiihrlieh, im hitzigen CTe- dr~nge der Aelpler mitznsehwingen; zwischenhinein wird geschuhplattett and einheimisehe Freundsehaft geschlossen.

Am ngchsten Morgen (7. J u l i ) ist das Wetter wesentlich ge- bessert und Mart ira Lauf des Tages noeh ~ollends~*n auf. In mehr- stfindigem, sehr abwecbslungsreichen Marsch gehts fiber die Sadelfeld- Alto (singende R i n g d r o s s e t n ! ) und das ,,Gasthaus zum Femigen Tatzelwurm" (s. Scheffel!) nach Ob e r a u d o r f . Bewundernng erregt u. a. der zu einer Klamm verengte Tell des Auerbachtales, wo man auf schmaler Briicke hoch fiber dem durch Felsspalten und GletsehertSpfe bransenden Wasser steht. Vom ,,Tatzelwurm" an ffihrt der Weg fast eben die sanften, Misehwald-bestandenen and Wiesen-dureh- zogenen H~nge fiber dem nun stark erweiterten Auerbachal entlang.

An ¥Sgeln ist allerlei zu hSren und zu sehen~ u. a. Berglanbsgmger, Alpenmeise~ Baehamsel nnd Gebirgsbaehstelze- aber das beste ist fiir den Sehlug ~'orbehalten: F e l s e n s e h w a l b e n an der Luegstein- wand bet Oberandorf. ~) Keiner l~gt es sieh nehmen, in das kleine Waldtal hinterm Luegsteinsee aufzusteigen. Ein im hohen Gras kaum siehtberer Pfad fiihrt steil gegen den Talgrund empor, zu beiden Seiten ragt hoher Bergwald, dartiber im Norden die senkreehte Wand. Zu- n~ehst erseheint da oben ein Wanderfalk (er hatte hier ebenso wie ein Kolkrabe and zwei TurmfMken gehorstet, die Jungen der ersteren sind bereits ausgeflogen), doeh suehen die vielen Glgser aueh naeh den Felsensehwalben nieht vergeblieh. 2--3 der VSgel fliegen vor der Wand bin nnd her, an zwei Stellen sieht man sie in Felsl6ehern ein- and ansfahren, oft nehmen sie aneh nut auf Vorspriingen Platz nnd streichen dann wetter. Nieht selten kommt die eine nnd die andere zwischen den Tannenwipfeln ganz nah heran and zeigt beim Sehwenken den weigen Fleekensaum am Sehwanzende.

Damit ist das Programm der ,,Wendelstein-Exkursion" zu bester Zufriedenheit abgewickelt. Am selben Ahead bringen die Autobusse die Gesellsehaft zurfiek naeh Miinehen, wo in altbewi~hrter Unermiidlieh- keit im ,,Neuen Spatenbr~iu" zum 2. Mal Absehied gefeiert wird.

Am 8. J n l i wird einem kleineren Kreis yon Interessenten die MSglichkeit gegeben, das jedem Ornithologen aus der Literatur bestens bekannte I s m a n i n g e r T e i c h g e b i e t zu besuchen. Herr Dr. Wi~s~ iibernimmt zusammen mit Herrn Pr~parator SCHIm~AC~ER die Ffihrung. Bet strahlendem Wetter erlebt man bier sch6nste Stunden der Wasser- vogel-Beobaehtung, anch diesbeziiglieh verwShnte norddeutsche Ansprfiche

1) Auger dieser Oertlichkeit sind nur noeh 2 weitere Brutvorkommen der FelsenschwMbe auf deutschem Boden bekannt :im Allggu und Berchtesgadener Land.

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werden votlauf befriedigt. Es ist erstaunlich, welche Mengen yon Limi- colen und Enten sich auch zu dieser relativ nngiinstigen Zeit dort auf- halten. So sind alle hiiufigeren Wassert~ufer vorhanden - - besonders erfreuen fast reinschwarze Tringa ewthropus; der K a m p f l ~ n f e r hat hier ein ganz isoliertes Brutvorkommen, desgl, die S ch war z s chwiin zig e U f e r s c h n e p f e . Unter den Enten (9 Arten nisten regetmggig!) inter- essiert vor anderen die R e i h e r e n t e, die hier ihren einzigen Brutplatz in Siiddeutschland hat nnd auch jetzt mit Jungen beobachtet wird. Die Taucher waren 1934 zahlenmii[~ig am stgrksten dm'ch den S c h w a r z - h a 1 s t a nch e r vertreten, ausgerechnet die seltenste Podiceps-Art sonst in Bayern (mit Ausnahme des Rothalstauchers); er hatte eine Kolonie yon 150 Paaren auf dem Speichersee. In diesem Jahr hat sich sein Bestand verringert~ sodal~ nun der Haubentaucher obenan steht. - - Das Ismaninger T e i c h g e b i e t - Grogkl~ranlage yon Miinchen - - ist eins der leider seltenen Beispiele dafiir, dag die Technik nicht nur die Natur ver~iden und verschandeln mug, sondern bei entsprechender Planm~l]igkeit auch biologisch im groi~en Stile Mittlerin werden kann.

Als Abschlng des reiehhaltigen Ausflugsprogramms ist ftir den 9. Juli eine F a h r t a u f die Z u g s p i t z e vorgesehen. -- Die Unter- nehmnng ist aul~erordentlich yore Wetter begiinstigt und wird damit im doppelten Sinn HShepunkt der Freilandveranstaltnngen fiir die 30Teil- nehmer. Herr Oberforstmeister Dr. HA~NEL hat die Fiihrung. Sehr sehSn ist sehon die Auffahrt: zur Linken in beinah erdrtickender N~he das gewaltige Massiv der Waxensteine und Riffelspitzen - - die andere Seite mit weitem Blick ins Land hinaus. Zudem schaut iippige alpine Vegetation zum Fenster herein, am auffallendsten die bliihenden A l p e n r o s e n (Rhododendron hirsutum). In dem 4500 Meter langen Tunnel weiB selbst der Kingsthet Herr Dr. MEISE die Himmelsriehtungen nicht mehr lagegem~g anzugeben. - - Die Aussieht yore Gipfel (2964 m) ist umfassender, als kiihnste Hoffnung sich ausgemalt hatte. Ueber den nahen~ a~ch sehon imposanten Kalkbergen ttirmen sich yon West bis Ost ferne Eisgebirge. So zeigt sich iiberm Schneefernerkopf die Bernina mit all ihren markanten Gipfeln, weiter nach Osten die Ortler-Gruppe, dann das Oetztal und Stubai, und ansehliegend der massive Habieht, der gerade noch einige eharakteristisehe Dolomitzacken freilN3t; sehlieglieh die zerMiifteten KalkkSgel nnd das schneebedeekte Zillertal. Lediglieh Tauern nnd Karwende] sind zum grogen Tell in leiehten blauweigen Wolken verborgen. Aus dem Dunst des Alpenvorlandes 15sen sieh Ammer- und Starnbergersee Ms eigentttmlieh wesenlose Fl~ehen - - eindrucksvoller ist der fast s enkreeht unter dem Besehauer liegende Eibsee mit seinem tief-blansehwarzen Wasser, das allein an den Ufern nnd um die Inseln herum giftig-griine FarbtSne annimmt, ein iiberrasehender Anbliek. - - Zahlreiehe (stark mausernde!) Alpen- dohlen werden aueh yon den Ornithologen eifrig gefiittert und photo- graphiert, man wird sogar Zeuge einer hiibsehen Balzszene dieser sehmueken V6gel. Endlich pr~isentiert sieh no& ein S e h n e e f i n k . - -

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Nach 4 Uhr fa, hrt man hochbefriedigt nach Garmisch zurfick, und es schliel3t sich die Besichtigung der Einrichtungen der ,,Y o g e 1 w a r t e G a r m i s c h" an. Bei der schSn gelegenen ,,Almhfitte MaximilianshShe" uuterh~It Herr Dr. HAENEL neben einer kleinen Auswahl gekgfigter VSgel eine RaubvogelangewShnungsstelle. Es handelt sich um eine Anzahl freifliegender Tag- und NachtraubvSgel, die bier regelmgl]ig zur Ffitterung kommen. Man ist erstaunt, in diesem Zusammenhang auch einen jungen Kornweih am Hang vorfiberstreichen zu sehen. - - Die Vogelwarte selbst ist inmitten des hfibsehen Kurparks, der auch wieder einige Vogelgehege aufweist, eingerichtet. Ihr Schauraum zeigt eine kleine heimatkundliche Sammlung und Material fiber Vogelschutz und Schiidlingsbek~mpfung. Alles wird yon Herrn Oberforstmeister H n x ~ n and seinen Mitarbeitern in bereitwilligster Weise erkl~rt.

Die meisten Teilnehmer der Garmisch-Exkursion benutzen den Abendzug nach Miinchen. Hier wird numnehr zum 3. und letzten Male Abschied gefeiert. It. Sick.

XIV. Bericht des Bibliothekars.

In der Zeit yore 1. IX. 1934 bis zum 31. VIII . 1935 ist die Bficherei der D. O. G. um 56 Nummern vermehrt worden. Sonder- drucke stifteten die Herren: H. v. BOE~TICnE~, W. BA~ZttAF, g~. BXSECKE, H. DATHE, R. D~os% W. EICHLER, G. F~BIOER, H. G~ANVm, L. GRIsco~, H. [-IA~PE, T. JVANAUSKAS, F. C. R. JOURDAI~ H. KV~ER- LOWE, H. ROLL, F. SCHWANGA]~T, H. SCtIUTTE, R. STADIa, G. ST~IX- BACtt]]R~ J. STEINBACttER~ l:~. TANTZEN~ S. S. TER]~$A.

Vermehrung der Bibliothek durch s e l b s t ~ n d i g e r s c h i e n e n e S e h r i f t e n :

H. B~Kss~, Einffihrung in die vergleichende biologische Anatomie der Wirbeltiere. Bd. 1, Jena 1935 [Geschenk des Verfassers].

N. W. CAYLEY~ Australian Fiilches in Bush and Aviary. Sydney 1932 [Kauf].

U. DUSFd~L, Ruheloses Volk. - - Vom Vogelleben auf den Inseln Usedom und Wollin. Swinemtinde 1935 [Geschenk des Verfassers].

H. ttAMPE, Die Unzertrennlichen. Braunschweig 1935 [Geschenk des Verfassers].

B. [.IO~F~A~, Kunst und Vogelgesang. Leipzig 1908 [Kauf]. G. & A. ~¢][A~P~ES, Sea Terns or Sea Swallows, their habits, language,

arrival and departure. London 1934 [Katff].