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Gere BP Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendwelcher Form kopiert, vervielfältigt, verarbeitet, übersetzt oder in analoger bzw. digitaler Form reproduziert werden. Quellennachweis: Dieses Lehrmittel basiert teilweise auf Fachliteratur und Prospekten. Für die Verwendung gewisser Texte und Abbildungen gebührt den betroffenen Autoren und Verlagen bester Dank. © Copyright by Allpura-Autorenteam 040522 – 2014 Lernziele • Die Nachweis-Methoden zum Bestimmen von Insekten kennen. • Die Nachweis-Methoden bei Wirbeltieren. • Kenntnisse über Merkmale bei Gliederfüsslern erwerben. • Das System der Urinsekten und der geflügelte Insekten kennen. 1 Nachweis vorhandener Insekten........................................................................................................................... 1 2 Insekten bestimmen ........................................................................................................................................................... 3 Abkürzungen .................................................................................................................................................................................. 3 3 Nachweis bei Insekten ................................................................................................................................................... 4 4 Nachweis bei Wirbeltieren......................................................................................................................................... 6 5 Merkmale bei Gliederfüsslern ................................................................................................................................. 7 6 Körperbau der Insekten................................................................................................................................................... 9 Entwicklung der Insekten...................................................................................................................................................... 9 Teile des Insektenkörpers..................................................................................................................................................... 11 Verdauungssystem .................................................................................................................................................................... 13 Atmung .............................................................................................................................................................................................. 15 Kreislauf............................................................................................................................................................................................ 16 Nervensystem, Sinnesorgane ............................................................................................................................................ 17 7 Vermehrung, Entwicklung ............................................................................................................................................ 21 Metamorphose ............................................................................................................................................................................. 23 Stützskelett, Häutung .............................................................................................................................................................. 24 8 Das System der Insekten ............................................................................................................................................... 25 Lernkontrolle Nachweis/Bestimmung der Insekten 08

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Page 1: 08_Nachweis Bestimmung Der Insekten_d

Gere BP

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendwelcher Form kopiert,vervielfältigt, verarbeitet, übersetzt oder in analoger bzw. digitaler Form reproduziert werden.

Quellennachweis: Dieses Lehrmittel basiert teilweise auf Fachliteratur und Prospekten. Für die Verwendung gewisser Texteund Abbildungen gebührt den betroffenen Autoren und Verlagen bester Dank.

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Lernziele• Die Nachweis-Methoden zum Bestimmen von Insekten kennen.• Die Nachweis-Methoden bei Wirbeltieren.• Kenntnisse über Merkmale bei Gliederfüsslern erwerben.• Das System der Urinsekten und der geflügelte Insekten kennen.

1 Nachweis vorhandener Insekten........................................................................................................................... 1

2 Insekten bestimmen ........................................................................................................................................................... 3Abkürzungen .................................................................................................................................................................................. 3

3 Nachweis bei Insekten ................................................................................................................................................... 44 Nachweis bei Wirbeltieren......................................................................................................................................... 65 Merkmale bei Gliederfüsslern ................................................................................................................................. 7

6 Körperbau der Insekten................................................................................................................................................... 9Entwicklung der Insekten...................................................................................................................................................... 9Teile des Insektenkörpers..................................................................................................................................................... 11Verdauungssystem .................................................................................................................................................................... 13Atmung .............................................................................................................................................................................................. 15Kreislauf............................................................................................................................................................................................ 16Nervensystem, Sinnesorgane ............................................................................................................................................ 17

7 Vermehrung, Entwicklung ............................................................................................................................................ 21Metamorphose............................................................................................................................................................................. 23Stützskelett, Häutung .............................................................................................................................................................. 24

8 Das System der Insekten ............................................................................................................................................... 25

Lernkontrolle

Nachweis/Bestimmung der Insekten 08

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Nachweis / Bestimmung der Insekten 08

1 Nachweis vorhandenerInsekten

Normalerweise wird eine spezialisierte Firma für Schädlingsbe-kämpfung dann gerufen, wenn Schädlinge entdeckt werden oderwenn Stiche oder Bisse durch Schädlinge vorkommen. Es gilt dannherauszufinden, was für ein Insekt vorhanden ist, und wo es sichaufhält. Erst wenn dies festgestellt ist, kann die Bekämpfung be-ginnen.

Je nach dem vorliegenden Befund, den Voraussetzungen und Be-sonderheiten, kommen für das Feststellen und Prüfen der Schäd-linge folgende Methoden zur Anwendung:

Umherlaufen (trotz Lichtscheuheit) aufmerksam beobachten, Mot-ten an den Wänden, Raupen und Gespinste erspähen, absuchenusw. Auch Geräte und Maschinen und andere Gegenstände kon-trollieren.

Vor allem natürliche, auch künstliche Verstecke absuchen, zumBeispiel Wellpappe, Tapeten und dergleichen.

Käfer in Lebensmitteln mit einem geeigneten Sieb heraussieben.Von Vorteil ist ein 3-teiliges Standardsiebmit 2,5mm/ bis 1,0mm/bis 0,5 mm Maschenweite.

Durch Bewegen, Schütteln oder Rühren gelangen Schädlinge andie Oberfläche und können so beobachtet werden.

Bei Vorratsschädlingen, Käfern = SondenBei Fliegen, Schaben udgl. = KlebefallenBei Schmetterlingen, Käfern = PheromonfallenBei Mäusen, Ratten = Schlagfallen

Mittels Mikroskop Bruchstücke, Haare, Kot und dergleichen fest-stellen und das Erkennen vornehmen.

Das Austreiben, zum Beispiel von Milben, durch Wärme undLicht (rauhe Oberfläche im darunter stehenden Gefäss)

Schädlinge in Körnern mit Trennsubstrat, Wasser oder Alkoholaufschwemmen.

Absuchen

Verstecke

Absieben

Bewegen

Fallen stellen

Mikroskopieren

Wärme/Licht

Aufschwemmen

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Nachweis / Bestimmung der Insekten08

Je nach Schädlingsart und deren Lebensweise sind mehrere Fakto-ren von Bedeutung. Es muss folgendes kontrolliert werden:

■ Raumbeschaffenheit■ Temperatur■ Luftfeuchtigkeit■ Art von Verpackungen, z. B. von Lebensmitteln■ Lagerraumbeschaffenheit usw.

Das Vorhandensein von tierischen Schädlingen und deren Be-kämpfung ist grundsätzlich mit ökologischen Grundgesetzen undErkenntnissen zu verbinden. In modernen Bauwerken sind zumBeispiel vermehrt durchgehend warme Nischen, tote Elektro-, Lift-oder andere Schächte sowie übrige temperierte Hohlräume vorhan-den, welche die Niederlassung, die Erhaltung und Ausbreitung vonSchädlingspopulationen fördern. Es gilt diese für Schädlinge vor-handenen Lebensräume mit angepassten Gegenmassnahmen aus-zurüsten. Dies umso mehr, weil die Menschen einerseits immeranspruchsvollere Hygiene und Lebensqualität fordern und anderer-seits hat sich eine zunehmend kritische Einstellung zur Verwendungvon Chemikalien entwickelt. Die Bestrebungen, möglichst nur nochbiologische Grundlagen zu berücksichtigen und integrierte Systemezur Schädlingsbekämpfung einzusetzen, sind zunehmend. Der Um-weltschutz hat an Bedeutung gewonnen. Es ist bedenklich undkontraproduktiv, wenn die Bekämpfung einer Ursachenbehebungvorgezogen wird. Behandlungen sollen ausschliesslich aufgrundeiner Befallsanalyse und nicht direkt oder periodisch durchgeführtwerden. Vorbeugen ist angesagt, das heisst ein konsequentesMonitoring. Für eine direkte Bekämpfung von Schädlingen solltegenerell ein minimaler Behandlungsaufwand nötig sein.

DasMonitoring dient dazu, die Art und Stadien von vorkommendenSchädlingen sowie das Ausmass und den Aufenthaltsort von vor-handenen Populationen zu ermitteln. Ein Monitoring besteht vorallem aus folgenden Teilen:■ Visuelle Inspektion, das heisst Beobachtung von Kot-, Urin-, Frass-,Kriech-, Schmutzspuren, von Spinnennetzen und dergleichen.

■ Geruchsempfinden analysieren, zum Beispiel von Nagerurin,Schaben usw.

■ Aufstellen von Indikatoren wie Köder-, Klebe-, UV-Schwarz-lichtfallen und ähnlichen Vorrichtungen zur Aufdeckung vonverstecktem Befall.

■ Dokumentation von Schwachstellen, von Mängeln baulicher,hygienischer, organisatorischer Art.

■ Mögliche Verbesserungen konsequent verfolgen und direktumsetzen.

UmfassendeSichtweise

Monitoring

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Nachweis / Bestimmung der Insekten 08

2 Insekten bestimmen

Das Bestimmen von Insekten ist eine anspruchsvolle und sehrwichtige Angelegenheit.

Grundsätzlich ist Folgendes von Bedeutung:

■ Lebensraum, der Ort des Insektes■ Auftragsabwicklung■ Bekämpfungsmethode

Im Wesentlichen wird die Bestimmung von Insekten nach folgen-den Kriterien vorgenommen:

■ Form■ Farbe■ Grösse■ Beine■ Fühler■ Flügel■ Zeichnung

Zur Bestimmung dienen vor allem folgende Hilfsmittel:

■ starke Taschenlampe■ Spachtel oder Taschenmesser■ Uhrfederpinzette■ Lupe (evtl. Mikroskop)■ Probegläser, Reagenzröhrchen■ Tuschpinsel

In der Fachliteratur werden vielfach folgende Abkürzungen eingesetzt:

ab. aberratio, Aberrationca. circa, etwaf. forma, vom Typus abweichendFl. Flügelhfg. häufigHfl. HinterflügelHlb. HinterleibOS. Oberseitept. partim, teilweise, zum Teils.l. sensu latiore, im weiteren Sinnes.str. sensu strictu, im engeren Sinnevar. variatio, Varietät

Vfl. Vorderflügelvgl. vergleichem. Männchenw. WeibchenL LarveØ Durchmesser– bis± mehr oder weniger> grösser als, mehr als< kleiner als, weniger als≥ gleich oder grösser als≤ gleich oder kleiner als

Abkürzungen

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Nachweis / Bestimmung der Insekten08

3 Nachweis bei InsektenEinige Beispiele, wie Insekten festgestellt und bestimmt werden.

Tiere Methode Nachweis

Flöhe ■ Haustiere gegen den Strich überdas Fell streichen.

■ Weisses Laken über den Bodenziehen.

Menschenfloh:Vorderansicht Seitenansicht

■ Schwarze Krümel im Fell(trockenes Blut)

■ Flöhe springen auf das Laken.

■ Wenn eine Person gestochenwurde, hat es meistens 3 Ein-stiche beieinander. 2 etwa 1 cmauseinander, der dritte bis zu5 cm entfernt. Meistens aufge-stellt wie ein längliches Dreieck.

Motten ■ Nahrungsmittel untersuchen.■ Die Schränke, Ecken, Ränderusw. absuchen.Tote Falter ermitteln.

Dörrobstmotte

Dörrobstlarve

■ Die Mottenlarven machen ineinem geeigneten Substrat einGespinst.

■ In den Küchenschränken gibt esfür die Tablare Löcher, in solchenverpuppen sie sich gerne. Siewandern aber auch durch dieganze Wohnung, um ein ge-eignetes Versteck zu suchen.

■ Quelle muss gefunden werden.

Mücken ■ Ein Stich an Mensch und Tier.

Pharaoameise ■ Ameisen ermitteln.

Pharaoameise

Ameise

■ Ameisen, die anscheinend wahl-los umherlaufen, sind sogenanntePilotameisen. Sie suchen nacheiner geeigneten Nahrungsquelle.Wenn sie eine gefunden haben,legen sie eine Duftspur, an derdann die Arbeiterinnen folgen(Ameisenstrasse). Beobachten,woher die Ameisen kommen.

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Nachweis / Bestimmung der Insekten 08

Tiere Methode Nachweis

Schaben ■ Geruch aufnehmen.

■ Nach Kot suchen.■ Hinter dem Kühlschrank,Kochherd und Gefrierschrankschauen. Tote Schaben ermitteln

Deutsche Schabe

■ Wenn es sehr viele Schaben hat,riecht es nach ihnen.

■ Kot sieht aus wie Kaffeesatz.■ Schaben lieben die Wärme undFeuchtigkeit. Viele Geräte gebenWärme und Kondenswasser ab.Schaben verstecken sich amTag (ausser die einheimischeWaldschabe). Nur dann, wennes so viele Schaben hat, dass siein ihrem Versteck keinen Platzhaben, kommen sie am Tag her-vor.

Silberfischchen

Silberfischchen

■ Optisch sichtbar.

Wanzen ■ Geruch aufnehmen.

■ Hinter Bildern, Steckdosen,Tapetenritzen, Sockelleisten,unter der Matratze und demLättlirost nachschauen.

■ Räume, in denen sich Wanzenaufhalten, haben einen süssli-chen Geruch. So, wie etwa unserBlut riecht.

■ Wanzen können sich, wenn sieihre Mahlzeit verdaut haben, sodünn wie ein Papier machen undsich in die allerkleinsten Ritzeverstecken. Sie können sich auchin eine Totenstarre versetzen.

Wespen ■ Die Schlupfwespe ist häufigin Bäckereien anzutreffen alsnatürlicher Feind der Mehl-motten.

Zecken(Holzbock)

(Der Strich gibt die natürliche Grösse an.)

■ Haut absuchen, ganzer Körper,rötende Stelle/Juckreiz

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Nachweis / Bestimmung der Insekten08

Tiere Methode Nachweis

Mäuse ■ Geruch aufnehmen.

■ Nach Kot suchen.

■ Nach angenagten Gegenständensuchen (Naschfresser)

■ Mäuselöcher ermitteln.

■ Hausmäuse haben einentypischen Eigengeruch (muffig).

■ Kot sieht wie ein Reiskorn aus,nur fast schwarz (Rundkornreis).

■ Mäuse nagen alles an, wasihnen zwischen die Zähnekommt. Ihr Nest ist nie weit vonder Nahrungsquelle entfernt.Revier etwa 9 m2 gross.

■ Mäuse kommen durch Löcher,die etwa so gross sind wie dasLoch einer Flasche.

Ratten ■ Rattenwechsel (Weg der Ratten)suchen

■ Kot suchen.

■ Rattenlöcher ermitteln.

■ Eingang WC.

■ Ratten benutzen immer dengleichen Weg und sind mit ihrenHaaren immer in Berührung mitder Wand. Wo Ratten durch-gehen, sind Wände, Ränder usw.speckig (fettig). Ratten sehensehr schlecht, deshalb sindsie immer in Kontakt mit denWänden.

■ Der Kot der Ratten ist etwadreimal so gross wie Mäusekot,hat aber die genau gleiche Farbeund Form.

■ Ratten brauchen einen Durch-gang, der etwa dreimal so grossist wie ein Mauseloch.

■ Wenn man ins WC Essensresteschüttet und es im Keller Rattenhat, wo das Abwasserrohrdurchgeht, nagen sie ein Lochin das Rohr und suchen sich denWeg zur Nahrungsquelle.

Marder Keine Schädlinge, können jedoch Lästlinge sein.

Siebenschläfer Keine Schädlinge, können jedoch Lästlinge sein.

4 Nachweis bei Wirbeltieren

Zwei Beispiele, wie Wirbeltiere festgestellt und bestimmt werden.

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Nachweis / Bestimmung der Insekten 08

Insekten Spinnentiere Tausendfüssler Krebse

Bockkäfer SpinneSkorpionMilbeZecke

Doppelfüssler

Wenigfüssler(Steinbeisser)

GrosskrebsKrabbeGarneleAssel

Vorkommen überall, ausserin Meeren

weit verbreitet,Gras, Gebüsch,Sand, Wasser,Wohnungen

an feuchten,dunklen Stel-len (Erde, unterSteinen)

Meer, Süsswasser,feuchte Stellen(Kellerasseln)

Lebens-weise undErnährung

sehr verschieden Räuber und Schma-rotzer Nahrungs-aufnahme saugend

z.T. fressen sieabgestorbenePflanzenteile;t.T. leben sieräuberisch

Grosse Krebse sindmeist Einsiedler,Fleischfresser;kleine Krebse imPlankton

Merkmale

Aussen-skelett

Chitin Chitin Chitin Chitin und Kalk

Gliederungdes Körpers

Kopf, Brust,Hinterleib

Kopfbrust,Hinterleib

Kopf, Leib mitvielen gleichartigenSegmenten

Kopfbrust,Hinterleib

Beine 6 Beine 8 Beine 1 oder 2 Paare proSegment

Meist mehr als8 (bis 40)

Fühler 1 Paar keine 1 Paar 2 Paare

Augen 2 Netzaugen undevtl. Punktaugen(= einfacheLinsenaugen)

bis 8 Linsenaugen Punktaugen kleine Netzaugen,bei einigenKleinkrebsen nurein Auge

Atmung Tracheen Tracheen undFächerlungen

Tracheen Kiemen, seltenHautatmung

5 Merkmale bei Gliederfüsslern

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Nachweis / Bestimmung der Insekten08

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Nachweis / Bestimmung der Insekten 08

6 Körperbau der Insekten

Entwicklung der Insekten

Die Entwicklung fast aller Insekten beginnt mit einem Ei. Geschütztdurch eine derbe, wasserdichte, oft schön gemusterte Schale,kann dieses von Dürre bis zu scharfem Frost usw. vieles überste-hen. Viele Arten überwintern als Ei, oft auf den kahlen Zweigen derzukünftigen Futterpflanze. Sieht man von einigen ursprünglich flü-gellosen Insekten ab, so entspricht das ausschlüpfende Geschöpfkaum den Eltern. Es hat niemals Flügel und ernährt sich oft auchvöllig anders. Die bemerkenswerte Verwandlung, die ein Insekt imVerlaufe des Heranwachsens durchläuft, wird als Metamorphosebezeichnet.

Wie andere Arthropoden auch, besitzen Insekten ein festes Au-ssenskelett, das nicht mitwächst, sondern periodisch durch eingrösseres ersetzt werden muss. Dieser Vorgang wird als Häu-tung (Ecdysis) bezeichnet. Ist der Zeitpunkt gekommen, stellt dasInsekt die Nahrungsaufnahme ein, wird für Stunden oder Tagebewegungslos, und eine Auflösung der inneren Schichten desAussenskeletts setzt ein. Unter dem nun dünnen und spröden Pan-zer wird eine neue Aussenhaut gebildet. Durch Luft- oder Was-seraufnahme und Muskelkontraktionen wird der alte Panzer danngesprengt, und das Insekt zieht sich langsam heraus. Bis zur Er-härtung der neuen Körperhülle ist das Tier sehr verwundbar. VieleArten verbergen sich daher vor der Häutung.

Ist die neue Hülle erhärtet, gibt das Tier die aufgenommene Luftbzw. das Wasser ab – nun ist Raum für weiteres Wachstum. DieKörperhülle besitzt einige Elastizität, besonders bei Raupen, dochkommt der Zeitpunkt, da eine weitere Häutung stattfinden muss.Bei einigen Arten kann dies 50-mal geschehen, bei anderen weni-ger als 10-mal – bei den meisten Schmetterlingen nur 4- bis 5-mal.Zwischen den Häutungen liegen die einzelnen Entwicklungssta-dien: das 2. Stadium zwischen der 1. und 2. Häutung usw.

Daserwachsene Insektwirdals Imagobezeichnet. Springschwänzeund Borstenschwänze häuten sich während des gesamten Lebens– alle übrigen beenden dies bei Erreichen der Geschlechtsreife.Kein Insekt wächst mehr, sobald es voll entwickelte Flügel besitzt,wenn auch die Eintagsfliegen sich noch einmal in geflügeltem Zu-stand häuten.

Die geflügelten Insekten werden nach der Form ihrer Metamor-phose in zwei Sektionen eingeteilt. Bei Libellen, Heuschrecken,

Metamorphose

Häutung

Entwicklungsstadien

Imago

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Nachweis / Bestimmung der Insekten08

Wanzen und einigen anderen Gruppen entwickeln sich die Flü-gel schrittweise ausserhalb des Körpers. Sie werden daher alsExopterygota bezeichnet. Die Jugendstadien ähneln den erwach-senen Tieren, leben oft am gleichen Ort und haben gleiche Ernäh-rungsweisen. Mit der Vergrösserung der Flügelanlagen bei jederHäutung wird die Ähnlichkeit immer grösser.

Eine schrittweise Veränderung führt zum adulten Insekt. Sie wirdals unvollkommene Verwandlung bezeichnet, die Entwicklungs-stadien werden Nymphen genannt. Bei Schmetterlingen, Käfern,Fliegen, Hautflüglern und einigen anderen Gruppen ähneln die Ent-wicklungsstadien den adulten Tieren jedoch überhaupt nicht. Siehaben keine Flügel und oft völlig andere Lebens- und Ernährungs-weisen.

Sie werden als Larven bezeichnet. Bei jeder Häutung entstehenlediglich grössere Larven. Nach Erreichen der vollen Grösse kommtbei der letzten Häutung die Puppe (Pupa, Chrysalis) zum Vorschein,nach äusserem Anschein ein Ruhestadium ohne Nahrungsauf-nahme. Im Inneren der Puppe kommt es jedoch zur Auflösung desalten und zum Aufbau eines neuen Körpers. Äusserlich sind an derPuppe schon Abzeichen der Flügel und der späteren Körperformerkennbar, doch entwickeln sich diese Merkmale im Inneren derPuppe.

Man bezeichnet diese Sektion daher als Endopterygota. Die Um-wandlung dauert wenige Tage oder Monate. Danach schlüpft dieImago aus der Puppe. Dies ist die vollkommene Verwandlung.Einige Insekten können sofort fliegen, wenn sie die Nymphenhautoder Puppe verlassen. Die meisten müssen jedoch die Flügel aus-härten lassen, bevor sie abfliegen können. Die meisten Endop-terygota schlüpfen mit kleinen, verknüllten Flügeln. Sie müssenzunächst einen Halt finden, wo sie die Flügel ohne Schaden vollentfalten können. Blut wird in die Flügeladern gepumpt, die Flügelwerden gewöhnlich in wenigen Minuten zur vollen Grösse entfal-tet. Das Aushärten braucht länger, meist wenigstens eine Stunde.

Exopterygota

Nymphen

Larven /Puppe

Endopterygota

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Nachweis / Bestimmung der Insekten 08

Teile des Insektenkörpers

Der Körper der Insekten ist in 3 Abschnitte gegliedert und dazu kommen die Beine und Flügel

Antenne(Fühler)

Fuss (Tarsus)

Schiene (Tibia)

Schenkel (Femur)SchenkelringHüfte (Coxa)

3 Beinpaare

Mandibeln

Komplexauge

Ocellen

Vorderbrust (Prothorax)

Mittelbrust (Mesothorax)

Hinterbrust (Metathorax)

Hinterleib(Abdom

en)

Brust(Thorax)

Kopf(Caput)

Schema eines weiblichen geflügelten Insekts *(*aus Eidmann/Kühlhorn 1970)

1 Komplexauge2 Ocellus3 Gehirn4 Speicheldrüse5 Vorderdarm6 Ovarium7 Herz

8 Enddarm9 Cercus10 Antenne11 Oberlippe12 Mandibel (Oberkiefer)13 Maxille (Unterkiefer)14 Maxille (Unterlippe)

15 Unterschlundganglion16 Bauchmark17 Coxa (Hüfte)18 Trochanter19 Femur (Schenkel)20 Tibia (Schiene)21 Tarsus (Fuss)

22 Mitteldarm23 Malpighische Gefässe24 Samentasche25 Anhangdrüsen am

Geschlechtsausführgang

Körperbau

Körperbau

Vorderflü

gel

Hinterflüg

el

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Nachweis / Bestimmung der Insekten08

■ Fühler / Antennen■ Komplexaugen■ Mundwerkzeuge

Scheitel (Vertex) Kiefer (Mandibel)Wangen (Genae) Unterkiefer (Maxillen)Fühler (Antennen) Unterlippen (Labium)Komplexaugen (Facetten) Tastern (Palpen)Punktaugen (Ocelli) Oberlippe (Labrum)Mundwerkzeug Rüssel (Proboscis)

■ aus 3 Segmenten mit je einem Zweipaar = 6 Beine■ Urinsekten sind flügellos■ Dipteren haben nur 1 Flügelpaar■ meist sind es jedoch 2 Flügelpaare = 4 Flügel:■ 1. Brustsegment flügellos (Halsschild)■ 2. Brustsegment trägt Vorderflügel■ 3. Brustsegment trägt Hinterflügel

Vorderbrust (Prothorax) Hinterbrust (Metothorax)Mittelbrust (Mesothorax) Rückenteil (Pronotum)

Meistens 3 Beinpaare Schienen (Tibia)Hüfte (Cova) Fuss (Tarsus)Schenkel (Femur) Schenkelring (Trochanter)

Vorderflügel (Tegmina) QueradernSchutzdecken (Elytren) ZellenSchwingkölbchen (Halteren) geschlossene ZellenAdern offene Zellen

■ deutlich in relativ gleichförmige Segmente gegliedert■ ohne Beine■ evtl. mit Schwanzfäden (Cerci)■ trägt Legeröhre/Kopulationsorgane

Hinterleib, 11 Segmente Anhänge (Cerci)Rückenplatte (Tergit) Geschlechtsorgane (Genitalia)Bauchplatte (Sternit) Legesäbel (Ovipositor)

Kopf (Caput)

Brust (Thorax)

Beine

Flügel

Hinterleib (Abdomen)

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Nachweis / Bestimmung der Insekten 08

Verdauungssystem

Das Verdauungssystem beginnt mit der Mundöffnung am Kopf.Die Nahrungsaufnahme wird durch in deren Nähe liegende Mund-werkzeuge unterstützt. Entsprechend der sehr unterschiedlichenNahrung der Insekten sind diese Mundwerkzeuge verschiedenausgeprägt.

a) Beissend-kauende MWZ (Schabe) b) Leckend-saugende MWZ (Biene)

c) Saugende MWZ (Schmetterlinge) d) Stechend-saugende MWZ (Mücke, Wanze)

9 Labium (Unterlippe)11 Aussenlade12 Taster

13 Maxillen (Unterkiefer)14 Hypopharynx15 Labrum (Oberlippe)

16 Mandibel (Oberkiefer)19 Saugrohr20 Speichelrinne

Mundwerkzeugtypen

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Nachweis / Bestimmung der Insekten08

Eine mehr oder weniger gut entwickelte Speicheldrüse produziertVerdauungssekret. An die Mundhöhle schliesst nach dem Schlund(Pharynx) die Speiseröhre (Ösophagus) an, die bei einigen Arten ineinem Kropf zur Nahrungssammlung endet.

Der Darm ist in drei Abschnitte, Vorder-, Mittel- und Enddarm,unterteilt. Besonders die Ausprägung des Vorderdarms ist vonder jeweiligen Nahrung abhängig. So findet man bei Arten mitkauend-beissenden MWZ eine Art Kaumagen, da die MWZ nurabbeissen können. Der Mitteldarm ist häufig mit Bakterien zur Ver-dauungsunterstützung angefüllt. Er ist im Gegensatz zu Vorder- undEnddarm nicht mit einer chitinösen Auskleidung versehen undbesitzt auch keine Schleimhaut zum Schutz. Im Darmepithel wer-den Verdauungssäfte produziert und Nahrungsbestandteile aufge-nommen.

In den Enddarm münden die Malpighischen Gefässe. Ihre Funktionentspricht der von Nieren. Sie sammeln Stoffwechselschlackenund scheiden sie als Urin aus.

Der Enddarm ist im hinteren Abschnitt mit Rectalpapillen besetzt.Diese Verdickungen der Darmwand führen Wasser aus dem Darm-inhalt zurück in den Körper.

Duftstoffe, die mit dem Kot abgegeben werden und ein Signal zurZusammenrottung für Artgenossen darstellen (Fallen!). Am Aftersitzen bei einigen Arten Wachsdrüsen.

Speiseröhre

Darm

Malpighische Gefässe

Rectalpapillen

Duftstoffe

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Nachweis / Bestimmung der Insekten 08

Atmung

Bei den Insekten bestehen die Atmungsorgane aus einem Sys-tem feinverzweigter Luftröhren (Tracheen). Die Tracheenstämmeverzweigen sich zu feineren Tracheenästen, die sich wiede-rum in noch feinere Tracheenkapillaren spalten, die Organe undGewebe umspinnen und hier den Gasaustausch ermöglichen.urch Atemöffnungen (Stigmen) wird sauerstoffreiche Luft auf-genommen und kohlendioxidreiche Luft an die Oberfläche abgege-ben. Stigmen finden sich vorwiegend am Hinterleib. Sie sind mitfeinen Haaren besetzt, um die Aussenluft zu filtern und zu vielFlüssigkeitsverlust zu verhindern. Zudem können sie verschlossenwerden. Bei guten Fliegern findet man zusätzlich Luftsäcke (Tra-cheenblasen).

Tracheen- und Nervensystem eines geflügelten Insekts

1 Gehirn

2 Unterschlundganglion

3 Stigma

4 Luftsack

5 Cercus

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Nachweis / Bestimmung der Insekten08

Kreislauf

Die Körperflüssigkeit (Blut) der Insekten fliesst grösstenteils frei inder Leibeshöhle und wird lediglich von den Zirkulationsorganen inBewegung gehalten. Man spricht darum auch von einem offenenKreislauf. DasBlut istmeist gelblich und dient nicht demSauerstoff-transport, sondern hauptsächlich dem Transport von Nährstoffen,Stoffwechselendprodukten und Hormonen. Weiterhin werden hierEnzyme produziert und Abwehr gegen Fremdstoffe geleistet.

Das Gefässsystem der Insekten ist stark reduziert und offen. EinRückengefäss lässt sich in Herz und Aorta gliedern. Das Herz isteine von Muskeln umgebene schlauchförmige Gefässerweiterung,die oft in Kammern geteilt ist. Es pulsiert im oberen Hinterleib undpumpt so das Blut durch die Aorta zunächst in die Gehirnregion.Von dort muss das Blut durch den Thorax in die abdominale Lei-beshöhle zurückströmen, bevor es wieder vom Herz aufgenommenwerden kann.

1

23

4

1 Gehirn und so genanntes Strickleiter-Nervensystem, das sichauf der unteren Bauchlänge befindet.

2 Offenes Blutkreislaufsystem: Röhrenherz, Herzschlauch mitseitlichen Öffnungen, durch die das Blut gepumpt und zurückge-nommen wird.

3 Verdauungstrakt: Mundraum, Speiseröhre, Magen, Mitteldarm,Kotblase, Enddarm

4 Speicheldrüsen

Körperflüssigkeit

Herz

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Nachweis / Bestimmung der Insekten 08

Nervensystem, Sinnesorgane

Das Nervensystem befähigt den Organismus, auf Reize zu reagie-ren. Reize werden von Sinnesorganen (Rezeptoren) aufgenommenund als Erregungen (Impulse) über Leitungsbahnen (Nerven) an dieErfolgsorgane (Effektoren), z.B. Muskeln, übertragen. Reize könnenzudem als Eindrücke gespeichert werden. Dies bezeichnen wir alsGedächtnis, die Grundlage fürs Lernen.

Das Zentralnervensystem (ZNS) der Insekten besteht aus demGehirn und dem Bauchmark. Letzteres wird gebildet aus paarigangeordneten Knoten (Ganglien), die durch Brücken miteinanderverbunden sind. Hierdurch entsteht das Bild eines Strickleiter-Nervensystems. Bei den höheren Insekten sind vielfach einzelneGanglien verschmolzen.

Das periphere Nervensystem (für Reize der Umwelt) und das sym-pathische Nervensystem (für Innenreize) werden gebildet aus densich immer feiner verzweigenden Ausläufern der das ZNS verlas-senden Nervenstränge.

Reize werden von Rezeptoren aufgenommen. Dies können einzelneSinneszellen oder auch zusammengesetzte Sinnesorgane sein.Man kann sie nach der Art der Reize unterteilen:

a Chemische Sinne (Chemorezeptoren)b Feuchtigkeitssinn (Hygrorezeptoren)c Temperatursinn (Thermorezeptoren)d Mechanische Sinne (Mechanorezeptoren)e Lichtsinn (Photorezeptoren)

Bei Landlebewesen versteht man allgemein unter Geruch den Sinnfür gasförmige Stoffe und unter Geschmack den Sinn für gelösteStoffe.

Geruchsorgane sind oft Sinneshaare oder zu Stäbchen verkürzteSensillen. Sinneszellen können auch gebündelt in so genanntenRiechgruben stehen. Bei den Insekten findet man diese hauptsäch-lich auf den Antennen und auf den Mundwerkzeugen. Die Bedeu-tung des Geruchssinnes im Leben der Insekten ist unterschiedlich.Er dient der Nahrungssuche, dem Auffinden von Geschlechtspart-nern und Erkennen von Artgenossen. Einige Insekten orientierensich sogar vorwiegend am Geruch, z.B. Ameisen. Die Riechschärfeist bei einigen Insekten erstaunlich gross. So können männlicheApfelwickler noch einige Moleküle der Sexuallockstoffe ihrerWeibchen über grosse Entfernung wahrnehmen.

Chemische Sinne

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Geschmacksorgane treten als stäbchenförmige oder in Gruben ver-senkte Sensillen auf. Zwar sind diese überwiegend auf den Mund-werkzeugen lokalisiert, sind jedoch bei einigen Arten auch auf denAntennen (Ameisen, Wespen, Bienen) und auf den Tarsen (Fliegen)zu finden. Der Geschmack dient der Nahrungssuche und -prüfung.Man nimmt an, dass auch Insekten die 4 Geschmacksqualitäten«süss», «sauer», «salzig» und «bitter» unterscheiden.

Einige Insektenarten haben die Fähigkeit, Schwankungen der Luft-feuchtigkeit zu erkennen. Dafür verantwortlich sind haar- oder ke-gelförmige Sensillen aus mehreren Sinneszellen auf der Haut. Siegestatten den Arten, feuchte bzw. trockene Lebensräume, je nachPräferenz, gezielt aufzusuchen.

Insekten können Temperaturdifferenzen und Wärmestrahlungwahrnehmen. Zunächst wurde nur eine allgemeine Wärmeemp-findung der ganzen Körperfläche vermutet. Jedoch ist nachgewie-sen, dass bei einigen Arten bestimmte Körperteile wie Antennen,Flügel oder Tarsen mit Sinneszellkomplexen besetzt und besondersempfindlich sind. Der Temperatursinn dient zur Vermeidung zu gro-sser Hitze oder Kälte. Eine besondere Rolle spielt er zusammenmit dem Geruchssinn bei der Wirtssuche blutsaugender Insekten.

Insekten haben unterschiedlichemechanische Sinne, die auf Druck-und Zugreize ansprechen.

Der Tastsinn ermöglicht über vom Körper abstehende Kontakt-rezeptoren, meist Haare, eine Orientierung im Raum. Tasthaarekönnen am ganzen Körper verstreut sein, sind oft aber besondershäufig an MWZ, Antennen, Cerci und Tarsen.

Durch den Lage- und Bewegungssinn können Insekten z.B. durchdie Neigung empfindlicher Haare den Biegungsgrad ihres Körperswahrnehmen. Sogenannte Sinneskuppeln an den Flügeln sind vonBedeutung für den geregelten Ablauf der Flugbewegung.

Zur Orientierung im Raum dient auch der Gleichgewichtssinn.Meist wird dieser durch das Zusammenwirken von empfindsamenHaaren und einen der Schwerkraft unterworfenen Reizkörper dar-gestellt. Es wird erkannt, dass die Richtung des Reizkörpers immerhin zum Erdboden führt und die Bewegung danach ausgerichtet ist.

Wichtig für Beutefänger und auch für Beutetiere ist der Erschütte-rungssinn. Er stellt einen Übergang zwischen Tast- und Gehörsinndar und ist von diesen nicht eindeutig zu trennen. Insekten könnendurch ihn selbst kleinste Vibrationen einer Unterlage spüren.

Ein Sammelorgan für mechanische Sinne ist das Johnstonsche Or-gan im zweiten Antennenglied. Es dient der Wahrnehmung vonLuftströmung und Annäherung an feste Gegenstände. Gleichzei-

Feuchtigkeitssinn

Temperatursinn

Mechanische Sinne

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tig ist es Erschütterungssinn und kann bei einigen Arten sogar alsGehörorgan dienen. Schallwellen werden aber meist durch Haar-sensillen mit akustischer Funktion aufgenommen. Eine Beson-derheit ist hingegen eine Art Trommelfell, das freischwingend ineinem Tracheenast nahe der Körperoberfläche befestigt ist. Esnimmt Druckwellen wahr. Dies spielt besonders bei Arten eineRolle, bei denen die Lauterzeugung im Dienste der Sexualbiologiesteht, z.B. Grillen, Zikaden.

Die Organe des Lichtsinns werden Augen genannt. Sie sind in An-passung an die Lebensweise der Insekten sehr verschieden gebautund leistungsfähig. So sind besonders Räuber auf sehr gut ent-wickelte Augen angewiesen, Parasiten oder unterirdisch lebendeInsekten brauchen diese jedoch kaum. Wir unterscheiden Einzel-augen und zusammengesetzte Augen.

Schema Einzelauge Schema Komplexauge

ak

ct

fa

rl

p

kr

ak Augenkapselfa Facetten

ct Cuticula (Haut)kr Kristallkegel

p Pigmenthüllerl Stäbchen

Lichtsinn

Chitinlinse

Zellkern

Kristallkegel

Pigmentzellen

Zellkern

Sehzellen

Sehstab (Rhabdom)

ableitende Nervenfasern

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Bei erwachsenen Insekten sind ursprünglich drei Einzelaugen(Ocellen) als Scheitel- und Stirnocellen vorhanden. Sie können aberauch reduziert sein oder ganz fehlen. Sie dienen hauptsächlich demHell-dunkel-Sehen und werden als Hilfsorgane der anderen Augenangesehen. Viele Larven besitzen nur Einzelaugen (Stemmata), diez.T. aber viel leistungsfähiger sind. Larven können auch blind sein.

Typisch für Insekten sind die seitlich am Kopf angelegten Komplex-augen (Facettenaugen), die aus vielen sechseckigen Einzelaugenzusammengesetzt sind. Das Einzelauge besteht aus einem Licht-brechungsapparat (Linse, Kristallkörper), Pigmentzellen zur gegen-seitigen optischen Abschirmung und einem Stäbchen (Rhabdom),das zusammen mit den eigentlichen Sinneszellen für die Lichtre-zeption verantwortlich ist.

Jedes Einzelauge besitzt ableitende Nervenfasern zur Reizwei-terleitung. Da jedes Einzelauge in eine etwas andere Richtungblickt, nimmt es einen etwas anderen Ausschnitt aus der Um-gebung wahr. Das von den Einzelaugen entworfene Gesamtbildist aufrecht und setzt sich mosaikartig aus vielen Bildpunktenzusammen.

Die Sehschärfe hängt daher von der Zahl der Facetten ab. Prob-lematisch ist die geringe Lichtstärke. Einige Arten können darumbeim Dämmerungssehen das Licht mehrerer Kristallkörper auf einStäbchen lenken und so die Lichtstärke erhöhen. Das Bild wirddabei aber unschärfer.

Neben dem Hell-dunkel-, Formen- und Bewegungssehen könnenviele Insekten auch Farben erkennen. Das Farbspektrum entsprichtjedoch nicht dem desmenschlichen Auges. Bei den hoch entwickel-ten Bienen sind es z.B. die Farben Gelb, Blaugrün, Blau und zweispezielle Mischfarben. Bienen sind rotblind, können aber wie vieleInsekten ultraviolette Strahlung wahrnehmen (UV-Lichtfallen!).Farbsehen dient in erster Linie der Erkennung von Futterpflanzenund Frassfeinden.

Sehschärfe

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7 Vermehrung,Entwicklung

Vermehrung dient der Erhaltung der Art. Vermehrungsart und-rhythmus sowie die Anzahl der Nachkommen sind bei Insekten anihre Lebensweise angepasst und sehr verschieden. Die Vermeh-rungsfähigkeit ist abhängig von vielen Faktoren, wie z.B. Tempe-ratur, Nahrungskapazität, Populationsdichte usw. Sie ist allgemeinumso höher, je grösser die Gefahr ist, dass die Nachkommen derUmwelt zum Opfer fallen, und geringer, wenn Brutpflege ein Über-leben wahrscheinlicher macht.

Die häufigste Vermehrungsart der Insekten ist die getrenntge-schlechtige Vermehrung. Hierbei werden von einem weiblichenTier- Eizellen und von einemmännlichen Tier Samenzellen gebildet.Bei der Paarung werden diese Geschlechtszellen zusammenge-führt. Aus dem so befruchteten Ei entwickelt sich das neue Insekt.

Bei einigen Dipteren (Zweiflügler) kommt es vor, dass beide Ge-schlechtszellen von einem Individuum gebildet werden (Zwittrig-keit). Es kommt aber auch zur Paarung von zwei Tieren entgegen-gesetzter Ausrichtung.

Häufiger ist jedoch die Fähigkeit der Entwicklung aus unbefruch-teten Eiern. Dies nennt man Jungfernzeugung oder Parthenoge-nese. Bei Bienen entstehen aus unbefruchteten Eiern Drohnen.Blattläuse können sogar fertile Weibchen auf diesem Weg her-vorbringen.

Vermehrung durch Geschlechtszellen

Verschmelzen vonEi- und Samenzellen

(Befruchtung)

Entwicklung ausunbefruchtetem Ei(Parthenogenese)

getrenntgeschlechtigeBildung der

Geschlechtszellen

Bildung in einemIndividuum(Zwittrigkeit)

Hauptvermehrungsarten

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Insekten unterscheiden sich auch darin, dass die Keimesentwick-lung nach der Befruchtung stattfindet. Die häufigste Form ist dieOviparie, bei der die Eiablage vor Beginn der Keimesentwicklungerfolgt. Der Keim kann sich auch in der Mutter entwickeln. Dannwerden lebende Junge geboren (Viviparie). Letzteres wird z.B. beiBlattläusen beobachtet und ist, wenn sie zudem parthenogentischerfolgt eine effektive und sichere Vermehrungsart.

Die meisten Insekten legen Eier, aus denen nach einer spezifischenEntwicklungszeit Larven schlüpfen. DurchWachstumwird die end-gültige Gestalt (Imago) erreicht. Hierzu muss der äussere Chitin-panzer, der einmal gebildet nicht veränderbar ist, durch Häutungenmehrfach abgestossen werden. Die Tiere durchlaufen eine mehroder weniger ausgeprägte innere und äussere Verwandlung – dieMetamorphose. Sie ist von Art zu Art unterschiedlich und abhängigvon Umweltfaktoren wie Temperatur und Ernährungslage.

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Metamorphose

Es werden zwei Hauptarten der Metamorphose unterschieden:

HemimetabolieUnvollkommene Verwandlung. Die Larven sehen dem Imago ähn-lich und zeigen von Stadium zu Stadium mehr imaginale Merkmale.Ein echtes Puppenstadium fehlt. Beispiele: Schaben, Wanzen,Läuse…

Hemimetabolie der Deutschen Schabe*

E Ei L Nymphenstation J Imago, hier männlich

HolometabolieVollkommene Verwandlung. Die Larven sehen dem Imago nichtähnlich. Dem Imago geht ein Ruhestadium ohne Nahrungsauf-nahme voraus, das die grösste Veränderung bringt – die Puppe.Beispiele: Käfer, Schmetterlinge, Fliegen…

Holometabolie der Forleule*

E Ei L aufeinander folgende LarvenstadienP Puppe J Imago, hier männlich

* aus Eidmann/Kühlhorn, 1970

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Stützskelett, Häutung

Insekten besitzen zur Stützung des Körpers ein Aussenskelett.Dieses besteht hauptsächlich aus Chitin, einer Substanz, die vonInsekten, aber auch von Pilzen, Sporentieren, Ringelwürmern usw.gebildet wird.

Chitin besteht aus langen Kettenmolekülen und ist weich. Erstdurch die Einlagerung von Pigmenten und härtenden Substanzenwird es fest.

Bei der Metamorphose kann der harte Aussenpanzer nicht mit-wachsen. Darum müssen sich die Tiere häuten. Es wird aber nichtder gesamte Panzer abgelöst. Zuerst werden die härtenden Subs-tanzen ins Körperinnere zurückverlagert, und auch das Chitin wirdumgebaut, so dass es weich wird und sich ausdehnen kann. Dieäussere Schicht reisst und kann abgestossen werden. Das frischgehäutete Tier ist von einer neuen Chitinhülle umgeben, die nochweiss und empfindlich ist. Erst nach Einlagerung der Pigmente undhärtender Substanzen ist das Tier wieder besser geschützt. Er-wachsene Insekten häuten sich nur in Ausnahmefällen.

Aussenskelett

Häutung

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8 Das System der Insekten(Ordnung)

Urinsekten (Apterygota = Flügellose Insekten)

Collembola (Springschwänze)Protura (Beintaster)Diplura (Doppelschwänze)Thysanura (Borstenschwänze)Silber-, Ofenfischchen, Felsenspringer

Geflüglete Insekten PterygotaEphemeroptera (Eintagsfliegen)Odonaten (Libellen)Plecoptera (Stein- und Uferfliegen)Embioptera (Fussspinner/Tassenspinner)Notoptera/Grylloblatta (Grillenschaben)Saltatoria (Heu- oder Springschrecken)Phasmida (Gespenst- oder Stabschrecken)Dermaptera (Ohrwürmer)

Blattaria (Schaben)Mantodea (Fangschrecken/ Gottesanbeterin))Isoptera (Termiten oder weisse Ameisen)Zoraptera (Bodenläuse)Psocoptera (Staubläuse)Phtiraptera (Tierläuse)Mallophagen (Haar- oder Federlinge), Anoplura (echte Läuse)

Heteroptera (Wanzen)Bettwanzen, Taubwanzen, Schwalbenwanzen, BaumwanzenHomoptera (Gleichflügler)Zikaden, Blattflöhe, Blatt-, Schildläuse…Thysanoptera (Fransenflügler) ThripseColeoptera (Käfer)Laufkäfer, Stutzkäfer, Buntkäfer, Glanzkäfer, Plattkäfer, Schimmel-käfer, Moderkäfer, Speckkäfer, Bohrkäfer, Klopfkäfer, Diebskäfer,Bockkäfer, Schwarzkäfer, Blattkäfer, Rüsselkäfer, Borkenkäfer

Apterygota

Pterygota

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Strepsiptera (Fächerflügler)

Hymenoptera (Hautflügler)Holzwespen, Halmwespen, Gallwespen, Blattwespen, Schlupf-wespen, Erzwespen, Wegwespen, Faltenwespen, Ameisen, Bienen

Megaloptera (Schlammfliegen)Raphidioptera (Kamelhalsfliegen)Planipennia (Echte Netzflügler) Florfliege, AmeisenlöweSiphonaptera (Flöhe)Menschenfloh, Katzenfloh, Hundefloh,

Vogelflöhe, Kaninchenfloh, RattenflohMecoptera (Schnabelfliegen) Skorpionsfliegen

Mücken: Kriebelmücken, Zuckmücken, Schmetterlingsmücken,Gallmücken, Stechmücken, GnitzenFliegen: Bremsen, Trauerfliegen, Rennfliegen,Schwebfliegen, Käsefliegen, Minierfliegen, Tau- oderEssigfliegen, Halmfliegen, Dungfliegen, Echte Fliegen(Muscidae), Schmeissfliegen, Dasselfliegen, Lausfliegen

Trichoptera (Köcherfliegen)Lepidoptera (Schmetterlinge)Motten, Wickler, Zünsler, Spanner,

Weisslinge, Schwärmer, Spinner

Mit über 1 Million Arten sind die Insekten die umfangreichsteKlasse im Tierreich. Hierzu zählen viele Schädlinge und Lästlinge.

Pterygota(Fortsetzung)

Diptera (Zweiflügler)