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Die

UnfallverlHitungsvorschrirten dcr

Berafsgenossenscliaft der chemischm Indnstrie

ANHANG Bekanntmachungen betreffend:. 1. Anlagen zur Herstellung von Alkalichromaten; 2, Anlagen zur Herstellung von Blei- farben und anderen Bleiprodukten; 3. Anlagen zur Vul- kanisierung von Oummiwaren; 4. Anlagen, in denen Thomas- sehlacke genialilen oder Thomasschlackenmehl gelagert wird

V ierte Auflage

BERLIN Carl Heymanns Vcrlag

1906

Die

UnfallverhutungsYorschriflen der

Bernfsgenossenscliaft der cliemischen Indnstrie

ANHANG Bekanntmachungen betreffend: 1. Anlagen zur Herstellung von Alkalichromaten; 2. Anlagen zur Herstellung von Blei- farben und anderen Bleiprodukten; 3. Anlagen zur Vul- kanisierung von Gummiwaren; 4. Anlagen, in denen Thomas- schlacke gemahlen oder Thomasschlackenmehl gelagert wird

V Ierte Auflage

BERLIN Carl Heymanns Vcrlag

1906

Besti&aHte ^et-^rdnungen der Landes- Polizeibehttrden und sonstige allgemeine obrigkeitliche Vorschriften werden durch die nachstehenden Unfallverhutungsvor- schriften nicht bertihrt.

Gedrackt bet Julius Sittenfeld in Berlin.

^Vprlags-Archiv 4147.

INHALT.

Seite

I. Revidierte allgemeine Unfallverhutungs- vorschriften . . 5

11. Besondere Unfallverhiitungsvorschriften: 1. Vorschriften fur Sprengstoff-Fabriken:.

A.Fabriken zur Herstellung vonSchwarz- pulver und schwarzpulverahnlichen Stoffen 44

B. Fabriken zur Herstellurg von Nitro- pulver (rauchschwachem Pulver) . . 71

C. Sprengztindhutchen- und Ziindhutchen- x Fabriken 94

D. Nitroglyzerinsprengstoff-Fabriken . 106 2. Vorschriften fur das Laden und Entladen

von Patronen 116 3. Vorschriften fiir Betriebe zur Herstellung

von Feuerwerkskorpern 127 4. Vorschriften fiir Ziinder-Fabriken . . 137 5. Vorschriften fiir die Anlage und den

Betrieb von Pikrinsaure-Fabriken . . 149 6. Vorschriften fiir die Fabrikation und

Verwendung von komprimierten Gasen 157 7. Vorschriften fur die gewerbsmaBige Her¬

stellung, Verdichtung und Verfliissigung von Acetylengas 163

8 Vorschriften zum Schutz gegen die Wir- kung salpetriger („nitroser*) Gase . . 168

9. Vorschriften gegen Vergiftung durch Arsenwasserstoff 177

Seite 10. Vorschriften fiir die Lagerung leichter

Kohlenwasserstoffe 181 i i. Vorschriften fiir den Betrieb von Dampf-

fassern 185 12. Vorschriften fur den Betrieb von Appa-

raten und Gefafien unter Druck, welche den Bestimmungen fur Dampffasser nicht unterlieo en ....199

13. Vorschriften fiir Diingerfabriken: A. Diingerfabriken (einschliefilich Ab-

deckereien) mit Knochenverarbeitung 206 B. Diingerfabriken (einschliefilich Tho-

masschlackenmiihlen) mit AusschluB der Knochenverarbeitung . . . . 214

14. Vorschriften fiir Lack-und Firnisfabriken 223 15. Vorschriften fiir Mineralwasserfabriken 229 16. Vorschriften fur Seifenfabriken . . . 233

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ANHANG.

Bekanntmachung, betreffend die Einrich- tung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Alkali-Chromaten . . 238 Bekanntmachung, betreffend die Einrich- tung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Bleifarben und anderen Bleiprodukten 244 Bekanntmachung, betreffend die Einrich- tung und den Betrieb gewerblicher An¬ lagen zur Vulkanisierung von Gummi¬ waren 255 Bekanntmachung, betreffend die Ein- richtung und den Betrieb gewerblicher Anlagen, in denen Thomasschlacke ge¬ mahlen oder Thomasschlackenmehl ge¬ lagert wird 262

Revidierte

Allgemeine UnMYerMtangsYorscbriften der

Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie.

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 5. August 1897, 22. Juli 1899 und 16. Mai 1903.

Ver6ffentHcht im „Reichs-Anzeiger" vom 14. August 1897, 31. Juli 1899 und 19. Juni 1903.

I. Vorschriften fiir Arbeitgeber und Betriebsleiter.

/. Allgemeine Vorschriften.

A. Betriebsanlage. (Verkehrswege, bauliche Anordnung-, Hofe, Treppen, Leitern, Ventilation,

Beleuchtung.)

1. Alle zum Betriebe gehorigen baulichen Anlagen sind in bausicherem Zustande zu er- halten.

2. Es ist Sorge zu tragen, dass die Verkehrs- wege in alien Arbeitsraumen in gutem Zustande erhalten und durch Anhaufung von Material oder durch den Transport von Gegenstanden nicht versperrt werden, sofern dies nicht durch die Betriebsweise voriibergehend bedingt ist.

3. Zwischen bewegten Maschinen- und Trans- m ssionsteilen befindliche enge Raume, die nur mit Gefahr betreten werden konnen, sind fur Unberufene abzusperren.

4. Alle Fussboden sind, soweit es die Natur des Betriebes gestattet, in gutem Zustande zu erhalten; sofern das Entstehen schlupfriger oder glatter Stellen nach der Art des Betriebes oder nach den Witterungsverhaltnissen nicht ver- mieden werden kann, ist einem Ausgleiten durch geeignete Mittel nach Moglichkeit vor- zubeugen.

5. Galerien, Buhnen, feste Uebergange und Treppenoffnungen sind mindestens von einer Seite mit einem festen Gelander und mit Fuss- leiste zu versehen.

6. Laufbretter und Laufplanken miissen eine geniigende Breite besitzen und so stark oder derart unterstutzt sein, dass beim Betreten oder Befahren ein Kippen und grossere Schwankun- gen vermieden werden.

7. Feststehende Treppen sind mindestens an einer Seite mit Handleiste oder Handseil zu versehen.

8. Bewegliche Treppen, Leitern und Treppen- leitern (Stehleitern) miissen geniigend stark sein und sind in betriebssicherem Zustande zu er¬ halten.

9. Leitern sind der Beschaffenheit des Fuss- bodens und dem oberen Stutzpunkte entsprechend so auszurusten, dass sie gegen Abgleiten und Ausrutschen moglichst gesichert sind.

10. Leitern, welche zu Aufmauerungen, Buhnen, Luken usw. fuhren, mussen mindestens

o,75 m fiber die Oberkante der zu besteigenden Stellen hinausragen, falls nicht eine andere Vor- richtung eine genugende Sicherheit fiir das Hin- auf- und Hinabsteigen bietet.

11. Um Personen aus Feuersgefahr leicht retten zu konnen, ist fur zweckentsprechende Bauart von Ausgangen, Ausgangstiiren, Treppen und Fenstern Sorge zu tragen.

12. Alle ins Freie fiihrenden und bis zum Fussboden reichenden Luken der oberen Stock- werke sind an beiden Seiten mit Handgriffen und mit einer Brustwehr zu versehen.

13. Gruben, Kanale, versenkte Gefasse und andere gefahrbringende Vertiefungen in den Arbeitsraumen und auf den Arbeitsplatzen sind, soweit dies mit der Arbeitsweise vereinbar ist, sicher abzudecken oder mit festem Gelander oder vorstehendem Rand zu versehen.

Wo eine Verwehrung des Zuganges, ein Abdecken, eine Einfriedigung oder ein Abschluss durch Gelander nicht moglich ist, ist bei ein- tretender Dunkelheit fur Beleuchtung zu sorgen. Gestattet die Art des Betriebes, die Beschaffen¬ heit der Raume und Arbeitsplatze oder der Verkehr in denselben eine geeignete Beleuchtung nicht, so sind die Arbeiter zu verpflichten, beim Begehen dieser Raume und Arbeitsplatze Laternen bei sich zu fuhren.

Fur die im Fussboden befindlichen Luken genugen selbstschliessende Falltiiren.

14. Behalter, welche atzende, heisse oder giftige Stoffe enthalten, sind, soweit dies mit der Arbeitsweise vereinbar ist, sicher abzudecken oder einzufriedigen, oder mit ihrem Rande so hoch iiber den Standort des Arbeiters zu legen,

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dass bei gewohnlicher Vorsicht ein Hineinsturzen von Personen verhindert wird.

15. Alle Arbeitsstatten und Verkehrswege sind, soweit die Natur des Betriebes es ge¬ stattet, fur die Dauer ihrer Benutzung aus- reichend zu beleuchten.

B. Betriebsfiihrung.

16. Der Unternehmer hat fiir die Instand- haltung der Schutzvorrichtungen Sorge zu tragen und die Ausfuhrung der fiir den Betrieb er- lassenen Unfallverhtitungsvorschriften zu iiber- wachen oder geeignete Personen mit diesen Obliegenheiten zu betrauen.

17. Alle im Gebrauch befindlichen Gerate, Apparate und maschinellen Einrichtungen sind in betriebssicherem Zustande zu erhalten.

18. Personen, von denen dem Arbeitgeber bekannt ist, dass sie an Trunksucht, Fallsucht, Krampfen, zeitweiligen Ohnmachtsanfallen, Schwindel, Schwerhorigkeit oder anderen kor- perlichen Schwachen oder Gebrechen in dem Masse leiden, dass sie dadurch bei gewissen Arbeiten einer aussergewohnlichen Gefahr aus- gesetzt sind, durfen mit derartigen Arbeiten nicht beauftragt werden.

19. Betrunkenen Personen ist der Aufenthalt an den Betriebsstatten nicht zu gestatten.

20. Besonders gefahrliche Arbeiten durfen nur solchen Personen ubertragen werden, denen die damit verbundene Gefahr bekannt ist.

21. Eine Auf be wahrung von feuergefahrlichen und explosiven Stoffen in grosseren Mengen innerhalb der Arbeitsraume ist, soweit die Natur des Betriebes es nicht erfordert, zu verbieten.

22. Eine Anhaufung von gebrauch tern Putz- material und selbstentzundlichen Fabrikabfallen in den Arbeitsraumen ist zu verbieten.

23. Fur Raume, geschlossene Gefasse und Apparate, in welchen bei gewohnlicher Vor¬ sicht eine gefahrdrohende Entwickelung, An- sammlung oder Ausbreitung leicht entziind- licher oder explosiver Gase, Dampfe oder staubformiger Korper eintreten kann, ist die Verwendung jedes offenen Feuers unzulassig. Das Betreten solcher Raume bei Dunkelheit ist, sofern sie nicht mittelst zuverlassig iso- lierter Innen- oder umschlossener Aussen- beleuchtung erhellt sind, nur mit DAVYschen bezw. die gleiche Sicherheit bietenden Lampen zu gestatten.

24. Auf Arbeitsstellen oder in geschlossenen Gefassen und Apparaten, wo zu befurchten ist, dass trotz gewohnlicher Vorsicht gesundheits- schadlicher Staub, gesundheitsschadliche Gase oder gesundheitsschadliche Dampfe in gefahr- drohender Menge sich ansammeln konnen, sind den daselbst beschaftigten Arbeitern Mund- schwamme, Respiratoren und andere zweck¬ entsprechende Schutzmittel zur Verfiigung zu halten.

25. Bei alien Arbeiten, die ihrer Natur nach zu Augenverletzungen leicht Veranlassung geben konnen, sind den damit beschaftigten Personen geeignete Schutzmittel (Brilien, Masken, Schirme) zur Verfiigung zu halten.

. 26; Das Ab- und Anlegen, sowie das Auf- bewahren von Kleidungsstucken in unmittel- barer Nahe bewegter Triebwerke ist zu ver¬ bieten.

C. Fiiraorge fttr Verlctzte.

27. In jedem Betriebe ist mindestens eine Tafel auszuhangen, auf der die erste Hilfe- leistung bei Unfallen allgemein verstandlich be- schrieben und durch entsprechende Abbildungen, soweit erforderlich, erlautert ist.

28. In jedem Betriebe ist das notwendigste Verbandmaterial vorratig zu halten und zum Schutze gegen Verunreinigung durch Staub, unreine Hande usw. zweckentsprechend aufzu- bewahren.

29. Es ist darauf zu halten, dass, so lange eine offene Wunde nicht wenigstens durch einen Notverband geschiitzt ist, der Verletzte die Arbeit unterbricht.

30. Verletzte, welche infolge eines Unfalls, der eine drei Tage ubersteigende Arbeits- unfahigkeit zur Folge hatte, arztlich behandelt worden sind, durfen erst dann zur Arbeit wieder zugelassen werden, wenn durch den Arzt die Wiederherstellung ihrer Arbeitsfahigkeit be- scheinigt ist.

2. Betrieb von Dampfkesseln.

A. Allgemeines.

31. Bei jeder Kesselanlage ist eine „Dienst- vorschrift fur Kesselwarter" an einer in die Augen fallenden Stelle in Plakatform anzu- bringen und in lesbarem Zustande zu erhalten. Wo eine solche von den zustandigen Behorden nicht erlassen ist, sind die von der Berufs¬ genossenschaft erlassenen beziiglichen MVor- schriften fiir Arbeitnehmer" als Dienstvorschrift zum Aushang zu bringen.

Bei beweglichen Kesseln ist die Dienstvor¬ schrift dem Revisionsbuche anzuheften.

32. Jede absichtliche Ueberschreitung des erlaubten hoehsten Dampfdrucks, insbesondere jede eigenmachtige Ueberlastung des Sicherheits- ventils ist zu verbieten.

33. Es ist Sorge zu tragen, dass, sofern die Wasserstandsglaser mit Schutzhiilsen versehen sind, diese die Beobachtungen des Wasserstandes nicht wesentlich beeintrachtigen.

34. Das Manometer des Kessels und der Wasserstandsanzeiger mussen vom Heizerstande aus kontrollierbar sein.

35. Die Abblasevorrichtungen sind so ein- zurichten, dass ein Verbriihen von Personen beim Abblasen ausgeschlossen ist.

36. Das Betreten des Kesselraumes und der Aufenthalt in demselben ist Unbefugten durch Anschlag zu verbieten.

37. Es ist Sorge zu tragen, dass aus dcr unmittelbaren Umgebung des Kessels alles fern- gehalten wird, wodurch der Zugang zu dem¬ selben, insbesondere zu denSicherheitsapparaten, erschwert werden kann.

38. Fiir ausreichende Beleuchtung der Kessel¬ anlage, insbesondere der Wasserstandsanzeiger und Manometer, ist Sorge zu tragen.

B. Betrieb der Kessel. 39. Die sorgfaltige Reinigung des Kessels

ist in angemessenen Zwischenraumen zu veran- lassen. Der zu befahrende Kessel ist von den gemeinschaftlichen Ablass-, Dampf- und Speise- leitungen in geeigneter Weise abzuschliessen. Ebenso sind gemeinschaftliche Feuerungseinrich- tungen sicher abzusperren.

40. Die im Verkehrsbereiche liegenden Dampf- und Heisswasserleitungen sind zur Ver- hiitung von Verbrennungen zweckentsprechend zu verkleiden.

j, Kra/tmaschineu. 41. Es ist dafur zu sorgen, dass Dampf-,

Gas- und dergleichen Kraftmaschinen, bezw. Teile derselben, sofern sie nicht in besonderen Raumen aufgestellt oder unmittelbar mit Arbeits- maschinen verbunden sind, durch ein festes Ge¬ lander oder auf andere geeignete Weise von den Arbeitsraumen abgeschlossen werden.

42. Wasserrader und Turbinen sind in be¬ sonderen Raumen aufzustellen, oder, wenn sie durch ihre Lage fiir Unberufene nicht unzugang- lich sind, mit schiitzender Einfriedigung zu um- geben.

43. Das Anlassen und Abstellen der Kraft- maschine muss durch ein in alien Betriebsraumen horbareSjbestimmtesZeichen angekundigt werden konnen.

Von einer solchenEinrichtung kann abgesehen werden, wenn die Kraftmaschine nur zum Betriebe einer mit ihr unmittelbar verbundenen Arbeits- maschine dient, die der Warter zugleich bedient und unter Augen hat.

44. Die Schwungrader, Hauptriemen oder -Seile sind im Verkehrsbereiche in geeigneter Weise einzufriedigen.

45. Alle im Verkehrsbereiche freiliegenden bewegten Teile einer Kraftmaschine (Kurbel, Kreuzkopf, Lenk- und Kolbenstangen, Schwung- kugeln) sind zweckentsprechend zu umwehren.

46. Rader, hervorstehende Keile und Schrau- ben der sich drehenden Teile an Kraftmaschinen

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sind, soweit der Maschinenwarter dadurch ge- fahrdet werden kann, in geeigneter Weise zu verdecken.

47. Sofern das Oelen und Schmieren einzelner Teile der Kraftmaschinen wahrend des Ganges erforderlich ist, sind geeignete Einrichtungen zu treffen, welche dies ohne Gefahr ermoglichen.

Kurbelzapfen, Kreuzkopf, Exzenter, Haupt- lager, Gleitbalken und Stopfbiichsen sind mit selbsttatigen Schmiervorrichtungen zu versehen.

48. Das Reinigen schnellgehender Kraft- maschinenteile ist nur wahrend des Stillstandes zuzulassen.

49. Bei alien Kraftmaschinen, einschliesslich der Wasserrader und Turbinen, sind Einrich¬ tungen zu treffen, welche ein sicheres Stillsetzen ermoglichen.

4. Transmissionen.

50. Alle bis zu einer Hohe von 1,3 m iiber dem Fussboden liegenden Transmissionswellen sind in geeigneter Weise zu umwehren.

Wellen, welche an einzelnen Stellen iiber- schritten werden mussen, sind an den Ueber- gangsstellen zu iiberdecken.

51. Stehende Wellen sind bis zur Hohe von i,5 m iiber dem Fussboden der Verkehrsstelle in geeigneter Weise zu umwehren.

52. Sofern die Transmissionswellen wahrend des Ganges gereinigt oder geputzt werden sollen, sind die dazu geeigneten Werkzeuge zur Verfiigung zu halten.

53. Werden in unmittelbarer Nahe bewegter Transmissionsteile Bau- oder Montagearbeiten ausgefuhrt, so sind voriibergehend geeignete Schutzvorkehrungen zu treffen.

54- Es ist zu verbieten, dass Treibriemen von mehr als 30 mm Breite, sowie Seile und Ketten, sofern siemiteiner grosserenGeschwindig- keit als 10 m in der Sekunde laufen, wahrend des Ganges von Hand aufgelegt oder abgeworfen werden. Dieses Verbot gilt auch fur langsamer laufende Treibriemen von mehr als 60 mm Breite.

55. Zum Verschieben der Riemen zwischen Los- und Festscheibe sind Riemenausriicker fest anbringen zu lassen.

56. Fiir abgeworfene Riemen oder Seile miissen, falls dieselben nicht ganz entfernt wer¬ den, feste Trager so angeordnet sein, dass die Riemen usw. mit bewegten Teilen der Wellenleitung nicht in Beruhrung kommen konnen.

57. Riemen, welche mit einer Geschwindig- keit von mehr als 10 m in der Sekunde laufen, und alle Riemen von mehr als 180 mm Breite mussen in sicherer Weise unterfangen werden, sofern sie sich iiber einer Arbeits- oder Ver¬ kehrsstelle befinden.

58. Alle Riemen sind, soweit sie niedriger als i,8 m iiber dem Fussboden der Verkehrs¬ stelle \aufen, zu umwehren.

Riemen, welche durch Fussboden gehen, sind mit einem i,8 m hohen Schutzverschlag zu versehen, sofern nicht eine Umwehrung der be- treffenden Transmissionsabteilung vorhanden ist. Im letzteren Falle sind die Durchgangsoffnungen mit mindestens o,25 m hohen Fussleisten zu um- geben.

59. Das Fetten und Harzen der Riemen ist nur beim langsamen Gange der Transmissionen zu gestatten.

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60. Auf Seiltriebe} mit Ausnahme derjerjigen von Laufkrahnen, finden die vorstehenden, in Nr. 53—58 enthaltenen Vorschriften sinngemasse Anwendung.

61. Bei samtlichen bewegten Teilen von Transmissionen sind hervorstehende Keile, Schrauben u. dergl. zu vermeiden oder durch glatte Umhiillungen zu verdecken. Das Um- wickeln der hervorstehenden Teile mit Lappen, Putzwolle oder dergleichen ist zu verbieten.

62. Riemenscheiben, Zahnrader, Friktions- scheiben, deren niedrigster Punkt tiefer wie 1,3 m fiber dem Fussboden der Verkehrsstelle liegt, sind bis zu dieser Hohe in geeigneter Weise zu umwehren.

63. Die Transmission ist, soweit es die Betriebs- und baulichen Verhaltnisse gestatten, so einzurichten, dass sie in jedem Arbeitsraum selbstandig stillgestellt werden kann.

Wo eine solche Einrichtung nicht yurhanden ist, ist in den einzelnen Arbeitsraumen eine Signalvorrichtung anzubringen,. mittelst welcher nach der nachstliegenden Ausriickstelle hin ein Zeichen zum Stillstellen der Transmission oder nach der Kraftmaschine hin ein Zeichen zum Abstellen und Wiederanlassen gegeben werden kann.

Die Ausriickvorrichtungen sind so einzurich¬ ten, dass eine selbsttatige Inbetriebsetzung aus¬ geschlossen ist.

j*. Arbeitsmaschinen.

A. Allgemeines. 64. Jede von einer Wellenleitung aus an-

getriebene Arbeitsmaschine ist mit einer Aus- ruckvorrichtung zu versehen, falls die Arbeits-

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maschinen nicht in Serien gebraucht und gleich- zeitig ausgeriickt werden.

Die Ausriickvorrichtung muss vom Stand- platz des Arbeiters aus bequem gehandhabt werden konnen; sie muss sicher wirken und so gebaut sein, dass eine Selbsteinriickung aus¬ geschlossen ist.

Die Fuhrung der Antriebsriemen auf die feste und lose Riemenscheibe, mit Ausnahme der Stufenscheiben, muss mittelst festangebrachtem Ausriicker erfolgen.

65. Alle im Verkehrsbereiche liegenden Riemenscheiben, Zahnrader, Friktionsscheiben und Schneckengetriebe sind zweckentsprechend zu umwehren.

66. Keile und Stellringschrauben sind ent- weder versenkt anzuordnen oder es sind deren hervorstehende Teile glatt zu verkleiden.

67. Ausbessern, Schmieren und Putzen der Maschine wahrend des Ganges ist zu verbieten; sofern aber das Oelen und Schmieren einzelner Teile der Arbeitsmaschine wahrend des Ganges erforderlich ist, sind geeignete Einrichtungen zu treffen, welche dieses ohne Gefahr ermog¬ lichen.

68. Die vorgeschriebenen Ausruck- und Bremsvorrichtungen sind stets in gutem Zustande zu erhalten und wo die Ausruck- und Brems¬ vorrichtungen nicht standig in Gebrauch sind, solche auf ihre Wirksamkeit zeitweise zu prufen.

B. Besonderes.

69. Bei Bohrmaschinen ist die Befestigung des Bohrers ohne hervorstehende Teile zu ge- stalten und sind die Antriebsrader der Bohr- spindel zu verdecken.

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70. Die Kreissagen sind mit Schutzhaube (moglichst selbsttatig) und Spaltkeil und unter dem Tisch mit Schutzkasten oder Schutzscheiben um das Sageblatt auszuriisten. Fiir Kreissagen, bei denen die Schutzhaube auch den hinteren Teil des Sageblattes bedeckt, ist der Spaltkeil nicht erforderlich.

71. An Bandsagen ist das Sageblatt derart zu verkleiden, dass nur der zum Schneiden notige Teil frei bleibt und der Arbeiter gegen Verletzungen durch das Abspringen des Sage¬ blattes geschiitzt ist.

Die untere Bandseite ist nach der Arbeits- seite hin ganz zu verkleiden.

72. An Abrichthobelmaschinen ist dieMesser- spalte mit Schutzvorrichtung zu verdecken.

73. Schneidemaschinen jeder Art mussen tunlichst mit einer Schutzvorrichtung versehen sein, welche Verletzungen durch die Messer wahrend des Ganges ausschliesst.

74. Stanzmaschinen sind tunlichst mit einer Schutzvorrichtung zu versehen, welche eine Ver- letzung der Hande durch die Stanze ausschliesst.

Exzenter- und Kurbelpressen sind tunlichst mit einer Schutzvorrichtung zu versehen, welche ein Erfasstwerden der Hand durch den Stempel ausschliesst.

Bei Spindelpressen mit Balancier, sofern letzterer sich bei der Arbeit in Kopfhohe des Arbeiters bewegt, ist der Weg der Kugeln resp. Handstangen zu sichern.

75. Durch Motoren bewegte, zum Nach- schleifen von Werkzeugen bestimmte Schleif- steine durfen nur mit Hilfe von Druckscheiben, nicht aber mittelst Holzkeilen auf der Welle befestigt werden.

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Die Druckscheiben mussen mittelst Schrauben- nmttern angezogen werden. Zwischen Druck¬ scheiben und Stein sind elastische Zwischenlageo einzulegen.

Die Schleifflache der Schleifsteine ist mog¬ lichst glatt und rundlaufend zu erhalten.

76. Bei den Schmirgelmaschinen mussen die Schmirgelscheiben von 200 mm Durchmesser aufwarts, soweit es die auf ihnen auszufiihrenden Arbeiten gestatten, mit entsprechend starken Schutzkappen versehen sein. Die Schmirgel- scheibe muss leicht auf die Spindel zu schieben sein. Sie darf auf letzterer nur mit Druck¬ scheiben befestigt werden, die etwa den halben Durchmesser der Schmirgelscheibe haben und mittelst Schraubenmuttern angezogen werden mussen.

Zwischen Befestigungs- und Schmirgelscheibe sind elastische Zwischenlagen einzulegen.

Jede neue Schmirgelscheibe muss, bevor sie in Gebrauch genommen wird, durch ein unter Beobachtung der notigen Vorsichtsmassregeln zu veranstaltendes Probelaufen, womoglich mit erhohter Umlaufgeschwindigkeit, auf ihre Festig- keit gepruft werden.

77. Die zulassig grosste Geschwindigkeit ffir Schleifsteine und Schmirgelscheiben ist wesentlich von der Gute des Materials, der Konstruktion der Maschine und der Art der Verwendung abhangig, deshalb nur von Fall zu Fall unter sachverstandiger Leitung festzus teilen.

Es darf angenommen werden, dass bei An¬ wendung nur guten Materials folgende Umlaufs- geschwindigkeiten ohne Gefahrdung der Arbeiter zugelassen werden konnen:

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bei Sandsteinen hochstens i2,s m in der Sekunde;

bei Schmirgelscheiben: a) beim Nassschleifen hochstens i2,5 m in der

Sekunde; b) beim Trockenschleifen hochstens 25 m in

der Sekunde. 78. Die Einfiill- und Entleerungsoffnungen

anZerkleinerungsmaschinen, Brechwerken, Kugel- muhlen, Desintegratoren, Knet- und Misch- maschinen und sonstigen Riihrapparaten usw. sind moglichst so einzurichten, dass der Arbeiter mit den gefahrlichen Stellen nicht in Beruhrung kommen kann.

Der Weg der Becher, Transportgurte und Transportschnecken ist in ausreichender Weise zu sichern.

Das Nachstossen der Einfiillmasse darf nur mittels geeigneter Werkzeuge erfolgen.

Storungen an den Maschinen durch Verstopfen durfen nur bei Stillstand der Maschine beseitigt werden.

79. An Stampfwerken ist der Weg der Hebe- daumen abzusperren, sobald derselbe im Ver- kehrsbereich liegt.

80. Sofern der Rand der Lauferteller an Lauferwerkeh nicht mindestens 90 cm fiber dem Fussboden liegt, ist das Lauferwerk mit einem Schutzringe zu umgeben.

Mussen zum Schmieren der Kollergange die Teller derselben betreten werden, so ist der Anfrieb derselben in solcher Weise ausser Tatigkek zu setfcen, dass eine Inbetriebsetzung ohnt Wisseri des betreffenden Arbeiters aus¬ geschlossen ist.

8i. Die Arbeiter mussen gegen gefahr¬ bringende Berfihrung von Exhaustoren und Ventilatoren durch geeignete Schutzmittel hin- reichend geschiitzt werden.

82. Walzen und Kalander mussen, wo die Eigenart des Materials dieses bedingt und sich die Gefahr der Walzen durch geeignete Schutz¬ vorrichtungen nicht vollstandig beseitigen lasst, m.'t einer vom Standpunkte des Arbeiters bei dtr Arbeit leicht erreichbaren und sofort wir- kenden Ausruck- oder Bremsvorrichtung ver¬ sehen sein.

83. Bei Zentrifugen soil die grosste zu- lassige Belastung und Tourenzahl auf einem Schild sichtbar angegeben sein*

Zentrifugen mit eigenem Motor sind mit Ge- schwindigkeitsmesser zu versehen, auf welchen die grosste zulassige Geschwindigkeit markiert ist. Jede Zentrifuge ist mit Bremse zu ver¬ sehen, ausgenommen solche, bei denen Gefahr fiir Entzfindung explosibler Gase oder des Schleudergutes vorliegt.

Der Aussenmantel der Zentrifuge muss aus zahem Material — Schmiedeeisen, Kupfer oder Stahl — hergestellt sein; Gusseisen und Hart- blei sind ausgeschlossen. Ausgenommen sind bereits in Betrieb befindliche, anders konstruierte Zentrifugen, doch empfiehlt es sich, deren Mantel durch schmiedeeiserne Bandagen, wo irgend moglich, zu verstarken.

Wahrend des Betriebes ist das Hinein- greifen in die Zentrifuge mit oder ohne Werk- zeug zu verbieten. Das Verteilen der Fullung darf nur bei langsamem Gang der Trommel statt- finden.

6. Fahrstuhle und Hebeseuge.

A, Fahrstuhle.

Die nachstehenden Unfallverhutungsvorschrif- ten gelten nur fiir Aufzuge mit festgefiihrten Forderschalen (Forderkorb, Fordergefass) zur Beforderung von Lasten mit oder ohne Per- sonenbeforderung in Fabriken, Warenhausern, Speichern, Gasthofen und Wohngebauden. Aus¬ genommen sind die Aufzuge fiir ausschliessliche Personenbeforderung, ferner die Aufzfige in Hochofenanlagen und Bergwerken, sowie die kleinen Aufzuge.

Unter letzteren sind solche zu verstehen, deren Forderschale nicht betreten wird und deren Schachtquerschnitt o,70 qm nicht fiber- steigt.

84. Es ist dafur Sorge zu tragen, dass bei den im Innern der Gebaude liegenden Fahr- stuhlen der Raum, welchen der Fahrkorb oder die Forderschale einer Fahrstuhlanlage bestreicht, von alien Seiten bis auf mindestens i,8 m Hohe vom Fussboden an jeder Ladestelle so einge- friedigt ist, dass Unberufene nicht in den Fahr- schacht geraten konnen.

Bei Fahrstfihlen an den Aussenfronten der Gebaude ist der tiefste Stand der Forderschale im Erdgeschoss, gegebenenfalls a^uch im Keller, auf mindestens 1,8 m Hohe zu umwehren.

85. Die Zugange zu dem Fahrschacht sind in zweckentsprechender Weise absperren zu lassen.

Die Fahrschachtzugange ausschliesslich durch Ketten oder Seile abzusperren, ist zu verbieten,

86. An jedem Schachtzugange ist eine Tafel anzubringen, mittelst welcher Vorsicht geboten und Unbefugten der Zutritt untersagt wird.

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Ausserdem ist an den Zugangen in augefl* falliger Weise anzugeben: a) bei Lastenaufziigen: die grosste zulassige Belastung in Kilogramm, sowie die Vorschrift, dass Personen mit dem Aufzuge nicht befordert werden durfen; b) bei Lastenaufziigen mk Personenbeforderung: die grosste zulassige Belastung, sowie die ausser ihr noch zulassige hochste Personenzahl, ein¬ schliesslich des Fahrstuhlfiihrers.

87. Die Forderschale ist bei Lastenaufzugen an den nicht zum Be- oder Entladen bestimmten Seiten so einzufriedigen, dass das Herabfallen des Ladegutes verhindert wird. Bei Lastenauf¬ ziigen mit Personenbeforderung sind die nicht zum Be- oder Entladen benutzten Seiten mit einer i,8 m hohen Schutzwand zu umgeben. Die Zugangsseiten sind mindestens durch eine Quer- stange abzuschliessen. Die Forderschale ist mit einem Dach derart zu iiberdecken, dass die den Fahrstuhl benutzenden Personen durch herab- fallende Gegenstande nicht verletzt werden konnen.

88. Bei Lastenaufziigen ohne Personen¬ beforderung muss das Seil (Kette, Gurt usw.), an welchem die Forderschale hangt, die grosste zulassige Belastung mit fiinffacher Sicherheit, bei solchen mit Personenbeforderung' mit zehn- facher Sicherheit tragen konnen.

Die Forderschalen der unmittelbar wirkenden hydraulischen Fahrstuhle sind mit dem Kolben derartig fest und sicher zu verbinden, dass die Forderschale vom Kolben nicht durch etwa angebrachte Gegengewichte abgehoben w;erden kann.

89. Fahrstuhle, deren Fdrderschale an Seilen (Ketten usw.) hangt, sind mit einer sicher wirken¬ den Fangvorrichtung oder Geschwindigkeits-

bremse zu versehen. Letztere darf eine Nieder- gangsgeschwindigkeit von hochstens r,s m in der Sekunde gestatten.

Bei unmittelbar wirkenden hydraulischen Fahrstfihlen ist zwischen Steuerungsapparat und Treibzylinder eine Sicherheitsvorrichtung ein- zuschalten, durch welche ein zu schnelles Nieder- gehen der Forderschale im Falle eines Rohr- bruches verhindert wird.

90. Werden Gegengewichte angewendet, so sind dieselben an Seilen (Ketten usw.) aufzu- hangen, welche sie mit fiinffacher Sicherheit zu tragen vermogen.

Die Gegengewichte sind auf ihrer ganzen Bahn so sicher zu ffihren, dass sie weder aus ihr heraustreten noch bei etwaigem Niederfallen Menschen oder die Forderschale beschadigen konnen.

91. Jeder mit elementarer Kraft betriebene Fahrstuhl ist mit selbsttatiger Ausrfickung fiir die hochste und tiefste Stellung zu versehen.

92. Bei alien Fahrstfihlen, welche durch mehrere Stockwerke gehen, ist an jeder Lade¬ stelle eine Sperrvorrichtung anzubringen, durch welche das Steuerseil oder die Steuerstange in der Ruhelage der Forderschale festgehalten wird.

93. Bei Fahrstfihlen ohne Zwischenstationen muss die obere Schachtoffnung mit selbsttatigem Verschluss versehen sein.

94. Wenn ein Fahrstuhl von mehreren Stockwerken aus in Bewegung gesetzt werden kann, so muss eine Verstandigung zwischen den verschiedenen Ladestellen gesichert oder eine Zeigervorrichtung angebracht sein, die den je- weiligen Stand der Forderschale erkennen lasst. Wird die Steuerung nur von einer Stelle aus

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gehandhabt, so muss eine sichere Verstandigung zwischen dieser Stelle und den einzelnen Lade¬ stellen ermoglicht werden konnen.

An jedem Fahrstuhl ist eine Signal- oder Zeigervorrichtung anzubringen, welche anzeigt, dass der Fahrstuhl sich bewegt.

95. Jede Fahrstuhlanlage ist mindestens ein- mal jahrlich auf ihre Tragfahigkeit und sichere Wirksamkeit zu prfifen.

Die Tragfahigkeit der Seile, Ketten und Gurte' ist mit der doppelten grossten zulassigen Be¬ lastung, die Wirksamkeit der Sicherheitsvorrich- tungen mit der einfachen grossten Belastung zu prfifen.

96. Es ist anzuordnen, dass Fahrstuhle, die ausschliesslich zur Forderung von Lasten be- stimmt sind, von Personen nur benutzt werden, soweit es die Untersuchung und Instandhaltung erfordert.

97. Die Bedienung von Fahrstfihlen darf nur Personen, die mit der Handhabung der Steuerung genau vertraut sind, ubertragen werden.

B. Hebezeuge.

98. An samtlichen Hebezeugen ist die Trag¬ fahigkeit derselben in deutlich sichtbarer Weise anzugeben.

99. Die Einlaufstellen der Zahnrader und Reibungsrader sind, sobald sie nicht an sich ge¬ schiitzt liegen, zu verkleiden.

100. Hebezeuge mit Kurbel- oder Zugseik antrieb sind mit einer wirksamen Sperrvorrich¬ tung zu versehen, sofern sie nicht selbstsperrend sind.

Geschieht das Herablassen der Last nur durch das Eigengewicht der letzteren, so muss

eine zuverlassige Bremsvorichtung' vorhanden sein.

Vorrichtungen, durch welche die Forder- geschwindigkeit verandert wird, mussen so ein- gerichtet sein, dass sie sich nicht von selbst verstellen.

IOI.» Alle Teile der Hebezeuge sind minde¬ stens jahrlich einmal auf ihre Tragfahigkeit und sichere Wirksamkeit zu prfifen.

7. Transport zu Lande.

Fuhrwerke und Karren aller Art, nicht auf Schienen laufend.

102. Jeder Wagen, welcher mit Pferden oder Rindvieh bespannt und in bergigen Gegenden oder Ortschaften verwendet wird, ist mit einer wirksamen, jederzeit gebrauchsfahigen Brems- bder Hemmvorrichtung zu versehen.

103. Wagen miissen, soweit es ihre Bauart oder Benutzung zulasst, einen mit Rfick- und Seitenlehne versehenen Sitz ffir den Kutscher haben. Sofern ein solcher Sitz nicht vorhanden' ist oder die Ladung selbst einen sicheren Sitz oder Stand nicht gewahrt, ist dem Kutscher die Ffihrung vom Wagen aus nicht zu gestatten.

104. Fuhrwerke aller Art sind auf Fahrten wahrend der Dunkelheit so zu beleuchten, dass die Annaherung des Gefahrtes erkennbar ist.

105. Zum Lenken eines mit Pferden be- spannten Fuhrwerks sind nur des Fahrens kun- dige Personen zu verwenden,

106. Bissige Zugtiere sind mit einem sicheren Maulkorbe zu versehen.

107. Zugtiere, welche erfahrungsmassig beissen, schlagen oder stossen, sind in ihren Standen als solche besonders zu kennzeichnen

±6

Schmalspu*-, Roll-, Hange-, Seil- und Kettexi-» bahnen.

108. Fur Einzelfahrzeuge auf Schmalspur- bahnen mussen Bremsmittei vorhanden sein.

109. Werden mehrere Fahrzeuge auf einer Schmalspurbahn zu einem Zuge vereinigt, so ist, wenn keine Lokomotive am Zuge, minde¬ stens ein mit Bremsvorrichtung versehener Wagen einzuschalten. Die Bremse muss wah¬ rend der Bewegung des Zuges bedient und so stark sein, dass sie fur alle vorhandenen Ge- falle genfigt.

no. Bei Hangebahnen, Seilbahnen, Ketten- bahnen und solchen Anlagen, bei denen das Mitfahren von Bremsern ausgeschlossen ist, muss mindestens an der Zentralstelle eine wirksame Bremsvorrichtung vorhanden sein.

in. Falls die Fahrzeuge durch Zugtiere bewegt werden, sind diese bei Gefallen von mehr als 1 : 100 mit dem Wagen derart zu kuppeln, dass ein Aushangen der Zugstrange leicht und sicher bewerkstelligt werden kann. Bei Gefallen von mehr als 1:30 mussen die Zug¬ tiere bei Talfahrten unbedingt abgekuppelt sein,

112. Personen, von denen dem Arbeitgeber bekannt ist, dass sie an Epilepsie, Krampfen oder Ohnmachten leiden oder dem Trunke er- geben sind, durfen im Fahrdienst nicht ver¬ wendet werden.

113. An jeder Drehscheibe und Schiebebuhne muss eine Vorrichtung zum Feststellen ange¬ bracht sein,

114. Zur Verhfitung von Einklemmungen zwischen den Schienen der Drehscheiben und Schiebebuhnen einerseits und den. Schienen der Anschlussgleise andererseits mussen geeignete

*7

Vornclitungeri angebracht sein. Ebenso ist an den Hauptverkehrswegen ffir gefahrloses Ueber- schreiten der Schienengleise durch Pflasterung oder Dielung Sorge zu tragen.

115. An Kurven, welche nicht von alien Seiten vollstandig ubersehen werden konnen, miissen Warnungstafeln in entsprechender Weise angebracht werden.

116. Kippwagen miissen so konstruiert sein, dass sie bei normaler Beladung nicht von selbst kippen.

117. Verkehrswege auf dem Fabrikterrain unter Seil- und Hangebahnen miissen gegen herabfallende Stficke gesichert sein.

118. Gleise, wie Schienenstosse, ferner Weichen, Kreuzungen, Drehscheiben, Schiebe- bfihnen mit Anschlfissen daran sind stets gut instand zu halten.

119. Bei Hange- und Seilbahnen ist das zu starke Schwanken der Wagen, sowie das schnelle Durchfahren der Kurven und Weichen moglichst zu verhindern. Es sind Einrichtungen zu treffen, durch die ein Ausgleisen an den Weichen nach Moglichkeit vermieden wird. Bei letzteren ist eine Sicherung anzubringen, welche eine Ver- letzung durch die freischwebende Spitze der Weiche ausschliesst.

120. Hochliegende Absturzgleise sind so zu sichern, dass ein Hinabfallen von Personen ver¬ hindert wird.

Normalspurbahnen. i2i. Alle Rangierarbeiten dfirfen nur unter

Leitung von damit vertrauten Personen aus¬ gefuhrt werden.

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122. An jeder Drehscheibe und Schiebebuhne muss eine Vorrichtung zum Feststellen derselben angebracht sein.

123. Zur Verhfitung von Einklemmungen zwischen den Schienen der Drehscheiben und Schiebebfihnen einerseits und den Schienen der Anschlussgleise andrerseits miissen geeignete Vorrichtungen angebracht sein. Ebenso ist fur gefahrloses Ueberschreiten der Schienengleise an den Hauptverkehrswegen durch Pflasterung oder Dielung Sorge zu tragen.

124. Die Drehscheiben mussen bedeckt oder eingefriedigt sein.

125. Laderampen und Gebaude sowie die beiden Seiten von Durchfahrtsoffnungen mussen von der Mitte der Gleise eine Entfernung von mindestens 2 Meter haben. Die zur Zeit des Erlasses dieser Vorschriften bereits vorhandenen Rampen, Gebaude und Durchfahrtsoffnungen werden von dieser Vorschrift nicht betroffen, doch ist bei einem geringeren Abstand Vorsorge zu treffen, dass beim Wagenschieben niemand an die gefahrdete Stelle tritt.

126. Hochliegende Absturzgleise sind so zu sichern, dass ein Hinabfallen von Personen ver¬ hindert wird.

127. Bei Befahren von Gefallen ohne Loko¬ motive ist Sorge zu tragen, dass die Wagen durch geeignete Mittel gebremst werden konnen.

128. Gleise, wie Schienenstosse, ferner Weichen, Kreuzungen, Drehscheiben, Schiebe¬ bfihnen mit Anschlfissen daran sind stets gut instand zu halten.

129. Barrieren und Torabschlusse in Bahn- gleisen sind im offenen Zustande gegen selbst- tatiges Zuschlagen zu sichern.

29

II. Vorschriften fiir Arbeitnehmer u Allgemeine Vorschriften

i. Jeder Arbeiter hat vor der Benutzung von Werkzeugen, Geraten, Apparaten und maschinellen Einrichtungen diese, sowfe die da- bei angebrachten Schutzvorrichtungen daraufhin zu prfifen, ob dieselben sich im ordnungsmassigen Zustande befinden. Sofern dies nicht der Fall ist, hat er sofort die vorhandenen Mangel zu beseitigen oder seinem Vorgesetzten davon An- zeige zu machen.

2. Die Arbeitsgerate" und Schutzvorrich¬ tungen sind nur zu dem Zwecke, ffir den sie bestimmt sind, zu benutzen. Der Missbrauch, die eigenmachtige Beseitigung, absichtliche Be- schadigung, Nichtbenutzung der vorhandenen Skherheitsvorrichtungen und vorgeschriebenen Schutzmittel ist strafbar. Schutzvorrichtungen, die aus Betriebsrficksichten fur bestimmte Zwecke entfernt worden sind, miissen, nachdem dieser Zweck erreicht ist, sofort wieder angebracht werden.

3. Alle den Zwecken des Betriebes zuwider- laufenden Beschaftigungen, insbesondere Spiele- reien, Neckereien, Zankereien und sonstige mutwillige Handlungen, die geeignet sind, den Urheber selbst oder andere zu gefahrden, sind verboten.

4. Arbeiter, die an Fallsucht, Krampfen, zeit¬ weiligen Ohnmachtsanfallen, Schwindel, Schwer- horigkeit, Kurzsichtigkeit, Bruchschaden oder anderen nicht in die Augen fallenden korper- lichen Schwachen oder Gebrechen in dem Masse leiden, dass sie dadurch bei gewissen Arbeiten einer aussergewShnlichen Gefahr ausgesetzt sind,

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haben die Verpflichtung, ihren Vorgesetzten hiervon Kenntnis zu geben, sofern sie mit einer derartigen Arbeit beauftragt werden.

5. Betrunkene Arbeiter dfirfen die Be¬ triebsstatten weder betreten, noch sich dort aufhalten.

6. Jeder Arbeiter hat die Pflicht, diejenigen Personen, welche ihm zur Hilfe oder Unterweisung beigegeben sind, insbesondere Lehrlinge und jugendliche Arbeiter, auf die mit ihrer Beschaf- tigung verbundenen Gefahren aufmerksam zu machen und darauf zu achten, dass die gege- benen Verhaltungsvorschriften seitens dieser ihm unterstellten Personen befolgt werden.

7. Jeder Arbeiter ist verpflichtet, etwa von ihm wahrgenommene Beschadigungen oder son¬ stige auffallende Erscheinungen an den Betriebs- einrichtungen sofort anzuzeigen.

8. Dem Arbeiter ist es verboten, sich an Maschinen zu schaffen zu machen, deren Be¬ dienung, Benutzung oder Instandhaltung ihm nicht obliegt.

9. In Arbeitsraumen und auf Arbeitsplatzen dfirfen die Arbeiter nur die ihnen zugewiesenen Verkehrswege, Ein- und Ausgange benutzen. Unbefugten ist es verboten, abgesperrte Raume zwischen bewegten Maschinen- und Transmissions- teilen zu betreten.

10. Verkehrswege dfirfen durch Anhaufung von Material, oder durch den Transport von Gegenstanden nicht versperrt werden, sofern dieses nicht durch die Betriebsweise bedingt ist.

11. Das Ausruhen und Schlafen an Feuer- stellen, auf Oefen, Kesselmauerungen, Dachern, hohen Gerusten oder in besetzten Pferdestanden, sowie in unmittelbarer Nahe von laufenden

3*

Maschinen, Gruben oder Gleisen ist nicht ge¬ stattet.

12. Das Ab- und Anlegen sowie das Auf- bewahren von Kleidungsstficken in unmittelbarer Nahe bewegter Triebwerke ist verboten.

13. Das Betreten nicht beleuchteter Arbeits¬ statten und dunkler Raume ist, soweit die Natur des Betriebes eine Beleuchtung zulasst, nur mit Licht gestattet.

14. Arbeiter dfirfen die ihnen fiir bestimmte Zwecke fiberwiesenen Leitern nur zu diesen verwenden. Die Benutzung nicht betriebssicherer Leitern ist verboten.

15. Das Ansammeln feuergefahrlicher und explosiver Stoffe innerhalb der Arbeitsraume in grosseren Mengen, als dies die Natur des Betriebes bedingt, ist verboten.

16. Gebrauchtes Putzmaterial und selbst- entzfindliche Fabrikabfalle durfen in den Arbeits¬ raumen nicht angehauft werden.

17. Raume, ffir welche die Benutzung von Sicherheitslampen vorgeschrieben ist, dfirfen nur mit solchen und nur von Befugten betreten werden. In solchen Raumen ist das Anziinden von Streichholzern, die Benutzung von Feuer- zeugen und das Oeffhen der Lampen verboten.

18. Arbeitsraume und Arbeitsplatze mit Gruben, Kanalen, versenkten Gefassen und an¬ deren gefahrbringenden Vertiefungen, welche weder abgedeckt noch eingefriedigt, noch durch Gelander eingeschlossen sind, durfen bei Dunkel¬ heit, insoweit sie nicht beleuchtet sind, nur mit Laternen begangen werden.

19. In Betriebsraumen, in denen sich feuer- gefahrliche oder explosive Stoffe befinden, darf nicht geraucht werden.

3*

20. Die mit der Wartung und Bedienung von Motoren und Transmissionen beschaftigten Arbeiter sind verpflichtet, anschliessende Klei- dung zu tragen.

21. Den in der Nahe bewegter Maschinen- teiie beschaftigten Personen ist das Tragen lose hangender Haare und Zopfe, freihangender Kleiderteile, Schleifen, Bander, Halstuchzipfel und dergleichen verboten.

22. Jede im Betriebe erhaltene Verletzung ist von dem Verletzten, sobald er hierzu im- stande ist, an zustandiger Stelle zu melden.

23. Der Arbeiter hat dafur Sorge zu tragen, dass jede Wunde, auch wenn sie noch so ge- ringffigig erscheint, sofort gereinigt und gegen das Eindringen von Staub und sonstigen Un- reinlichkeiten sorgfaltig geschiitzt wird.

So lange die Verletzung nicht mindestens durch einen Notverband geschiitzt ist, hat der Verletzte die Arbeit zu unterbrechen.

2* Betrieb von Dampfkesseln A. Allgemeines.

24. Die Kesselanlage ist stets rein und in Ordnung, alles nicht dahingehorige fern zu halten.

25. Der Kessel warter darf Unbefugten das Betreten des Kesselraums und den Aufenthalt in demselben nicht gestatten.

26. Der Kesselwarter darf wahrend des Be¬ triebes seinen Posten, so lange nicht fur Ersatz gesorgt ist, nicht verlassen und ist fur die Wartung des Kessels verantwortlich.

27. Der Kesselwarter muss wahrend des Be¬ triebes den Ausgang stets frei upd unyerschlossen halten.

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28. Der Kesselwarter hat bei eintretender Dunkelheit fiir die Beleuchtung der Kesselanlage, insbesondere der Wasserstandsanzeiger und Manometer, Sorge zu tragen.

B. Betrieb des Kessels. 29. Der Kesselwarter hat sich vor dem

Ffillen des Kessels von dem ordnungsmassigen Zustande desselben sowie der samtlichen dazu gehorigen Apparate zu fiberzeugen.

30. Das Anheizen darf erst erfolgen, nach¬ dem der Kessel geniigend mit Wasser ver¬ sehen ist.

31. Wahrend des Anheizens soil das Dampf- ventil geschlossen, das Sicherheitsventil dagegen so lange geoffnet bleiben, bis Dampf entweicht.

32. Das Nachziehen der Dichtungen hat wahrend des Anheizens zu erfolgen.

33. Dampfabsperrventile sind langsam zu offnen und zu schliessen.

34. Der Kesselwarter darf den Wasserstand nicht unter die Marke des niedrigsten Standes sinken lassen; geschieht dies dennoch, so ist die Einwirkung des Feuers aufzuheben und dem Vorgesetzten Mitteilung zu machen.

35. Die Wasserstandszeiger sind unter Be¬ nutzung samtlicher Hahne oder Ventile taglich wiederholt zu probieren. Sind zwei Wasser¬ standsglaser vorhanden, so sind beide dauernd zu benutzen.

36. Samtliche Speisevorrichtungen sind tag¬ lich zu benutzen und stets in brauchbarem Zu¬ stande zu erhalten.

37. Das Manometer ist zeitweise daraufhin zu prufen, ob der Zeiger bei Absperrung des Drucks auf Null zurfickgeht.

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38. Der Dampfdruck soil die festgesetzte hochste Spannung nicht fiberschreiten.

39. Die Sicherheitsventile sind taglich durch vorsichtiges Anheben zu Ififten. Jede Vergrosse- rung der Belastung der Sicherheitsventile ist verboten.

40. Kurz vor oder wahrend der Stillstands- pausen ist der Kessel fiber den normalen Wasser¬ stand zu speisen und der Zug zu vermindern.

41. Beim Schichtwechsel darf der abtretende Warter sich erst dann entfernen, wenn der antretende Warter den Kesselbetrieb fiber- nommen hat.

42. Steigt der Dampfdruck fiber die zulassige Spannung, so ist der Kessel zu speisen und der Zug zu vermindern. Genfigt dies nicht, so ist die Einwirkung des Feuers aufzuheben.

43. Gegen Ende der Arbeitszeit hat der Warter den Dampf tunlichst aufzubrauchen, das Feuer allmahlich zu massigen und eingehen zu lassen bezw. vom Kessel abzusperren. Ausserdem muss der Rauchschieber geschlossen und der Kessel bis fiber den normalen Stand gespeist werden.

44. Bei aussergewohnlichen Erscheinungen: Undichtigkeiten, Beulen, Erglfihen von Kessel- teilen usw. ist die Einwirkung des Feuers sofort aufzuheben und dem Vorgesetzten unverzfiglich Meldung zu machen.

C. Ausserbetriebsetzung des Kessels. 45. Das vollstandige Entleeren des Kessels

darf erst vorgenommen werden, nachdem das Feuer entfernt und das Mauerwerk moglichst abgekfihlt ist. Muss die Entleerung unter Dampf¬ druck erfolgen, so darf solches mit hochstens einer Atmosphare Druck geschehen.

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46. Das Einlassen von kaltem Wasser in den entleerten heissen Kessel ist verboten.

D. Reinigung des Kessels.

47. Der zu befahrende Kessel muss von anderen im Betriebe befindlichen Kesseln in samtlichen Rohrverbindungen und Feuerungs- einrichtungen sicher abgesperrt werden.

48. Beim Befahren des Kessels und der Feuerziige ist die Benutzung von Petroleum und ahnlichen, bei hoherer Temperatur» leicht ent- zfindlichen Beleuchtungsstoffen verboten.

?. Kraftmaschinen,

49. Der Maschinenwarter hat bei eintreten¬ der Dunkelheit fiir die vorschriftsmassige Be¬ leuchtung des Maschinenraumes Sorge zu tragen.

50. Der Maschinenwarter darf unbefugten Personen das Betreten des Maschinenraumes und den Aufenthalt in demselben nicht gestatten.

51. Nach jedem langeren Stillstande der Kraftmaschine hat sich der Warter vor ihrer Inbetriebsetzung von dem ordnungsmassigen Zu¬ stande derselben und ihrer Schutzvorrichtungen zu fiberzeugen, sowie insbesondere fiir aus- reichendes Oelen und Schmieren zu sorgen. Nicht sofort abstellbare Mangel sind dem Vor¬ gesetzten zu melden.

52. Ist das Oelen und Schmieren einzelner Teile der Kraftmaschine wahrend des Ganges erforderlich, so darf dies nur mittelst der pas- senden, hierzu bestimmten Einrichtungen erfolgen.

53. Das Reinigen schnellgehender Kraft- maschinenteile darf niemals wahrend des Ganges derselben geschehen.

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54- Das Anziehen der Keile und Schrauben an sich drehenden Teilen von Kraftmaschinen wahrend des Ganges derselben ist verboten.

55. Beim Schichtwechsel darf der abtretende Warter sich erst dann entfernen, wenn der an¬ tretende Warter die Maschine fibernommen hat.

56. Vor dem jedesmaligen Anlassen und Ab¬ stellen der Kraftmaschine muss xdas vorgeschrie- bene Zeichen gegeben werden.

Wird von einem Arbeitsraume aus das Zeichen zum Stillstand der Kraftmaschine gegeben, so ist sie sofort still zu stellen und erst dann wieder anzulassen, wenn das dafur vorgeschriebene Zeichen gegeben ist.

57. Der Maschinenwarter hat vor Andrehen des Schwungrades der Dampfmaschine das Dampfeinstromungsventil zu schliessen und vor- handene Zylinderhahne zu offnen.

4. Transmissionen.

58. Unverdeckte Wellenleitungen, Riemen, Seile usw., die sich in Bewegung befinden, dfirfen nicht uberschritten werden.

59. Umwehrte oder abgeschlossene Raume, innerhalb deren Transmissionen laufen, dfirfen nur von besonders dazu befugten Personen be¬ treten werden.

60. Die Bedienung der Transmission (Schmie¬ ren, Reinigen, Putzen, das Ausbessern, Auflegen und Abwerfen der Transmissionsriemen und -Seile) darf nur von den hierzu bestimmten Per¬ sonen bewirkt werden. Diese Verrichtungen dfirfen nur beim Stillstande vorgenommen werden, sofern ein solcher durch die Natur des Betriebes nicht ausgeschlossen ist.

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Alle Transmissionswellen dfirfen wahrend des Ganges nur von festem Standorte aus und nur mittelst geeigneter Werkzeuge gereinigt oder geputzt werden.

61. Treibriemen von mehr als 30 mm Breite, sowie Seile und Ketten, sofern sie mit einer grosseren Geschwindigkeit als 10 m in der Se¬ kunde laufen, dfirfen wahrend des Ganges nicht von Hand aufgelegt oder abgeworfen werden. Dieses Verbot gilt auch ffir langsamer laufende Treibriemen von mehr als 60 mm Breite.

62. Abgeworfene Riemen und Seile miissen entweder ganz entfernt oder an festen Triigern so aufgehangt werden, dass sie mit bewegten Teilen nicht in Berfihrung kommen konnen.

Dieselben Vorsichtsmassregeln sind beim Nahen, Verbinden und Ausbessern der Riemen zu treffen.

63. Das Fetten und Harzen der Riemen darf nur bei langsamem Gange vorgenommen werden.

64. Wenn eine die gewohnliche Zeit des Still¬ standes fiberdauernde Arbeit an der Transmission vorgenommen wird, so muss an zustandiger Stelle hiervon und auch von der Beendigung der Arbeit Mitteilung gemacht werden, sofern nicht die betreffende Transmission sicher aus¬ geriickt. werden kann.

j*. Arbeitsmaschinen.

65. Das Ausbessern, Schmieren, Reinigen und Putzen der Maschinen wahrend des Ganges derselben ist verboten; das Schmieren wahrend des Ganges ist zulassig, wo Vorrichtungen vor¬ handen sind, welche dasselbe gefahrlos ermog¬ lichen.

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66. Die Arbeiter sind verpflichtet, die vor¬ handenen Schutzvorrichtungen aufs gewissen- hafteste zu benutzen.

67. Werden von den im Gange befindlichen Zerkleinerungsmaschinen, Brechwerken, Kugel- mfihlen, Desintegratoren, Knet- und Misch- maschinen Stficke des Zerkleinerungsgutes oder demselben beigemengte Fremdkorper nicht er- fasst, so sind diese Stficke oder Fremdkorper nur wahrend des Stillstandes zu entfernen.

Ein Nachstossen des Einffillgutes ist nur mittelst geeigneten Werkzeuges gestattet.

68. Das Hineingreifen in die Zentrifuge mit oder ohne Werkzeug und das Berfihren der Trommel mit der Hand wahrend des Ganges ist verboten und sind die vorhandenen Schutz¬ vorrichtungen gewissenhaft zu benutzen. Das Verteilen der Ffillung darf nur bei langsamem Gange der Trommel stattfinden.

Die an dem Geschwindigkeitsmesser mar- kierte, zulassig grosste Umdrehungszahl darf nicht fiberschritten werden.

6, Fahrstuhle und Hebezeuge.

A. Fahrstuhle. 69. Die an dem Schachtzugange angegebene

grosste zulassige Belastung des Fahrstuhls darf in keinem Falle fiberschritten werden.

70. Das Beladen der Fahrstfihle hat so zu erfolgen, dass die Last moglichst gleichmassig fiber die Forderschale verteilt ist, das Ladegut nirgends fiber dieselbe hervortritt und nicht herabfallen kann.

Fahrstuhle, die ausschliesslich zur Forderung von Lasten bestimmt sind, dfirfen von Personen

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nur benutzt werden, soweit es die Untersuchung und Instandhaltung erfordert.

71. Die Bewegung des Fahrstuhls darf erst eingeleitet werden, nachdem der Zugang zu ihm geschlossen worden ist, bei Fahrstfihlen, deren Steuerung nur von einer Stelle aus gehandhabt wird, erst dann, wenn eine Verstandigung von der Be- oder Entladestelle aus fiber die.vor- genommene Abschliessung erfolgt ist.

Bei alien Aufzugen, welche durch mehrere Stockwerke gehen, ist die Sperrvorrichtung, welche das Steuerseil oder die Steuerstange in der Ruhelage der Forderschale festhalt, zum Feststellen zu benutzen und vor Ingangsetzung auszulosen.

B. Hebezeuge. 72. Die an den Hebezeugen angegebene

grosste zulassige Belastung darf in keinem Falle fiberschritten werden.

73. Die zum Befestigen der Last am Hebe- zeug zu benutzenden Ketten oder Seile sind in zweckentsprechender Starke zu wahlen und sorgfaltig an der Last und am Hebezeug zu befestigen. Sofern die Gefahr einer Beschadi- gung der Ketten oder Seile durch die Last vorliegt, sind sie durch elastische Zwischenlagen: Strohseiie, Holzstficke, Lappen u. dgl. zu schiitzen.

74. Die Arbeiter haben sich so zu stellen, dass sie von den beim Niedergange der Last etwa mitlaufenden Kurbeln nicht getroffen werden konnen.

75. Unter frei schwebenden Lasten ist jeder Verkehr verboten.

76. Beim Aufwinden der Last muss die Sperrklinke im Sperrrade liegen.

Geschieht das Herablassen der Last mittelst Bremse, so ist dieselbe zur Vermeidung von Stossen gleichmassig zu handhaben.

Die Bremse darf nicht friiher gelost werden, als bis die an den Kurbeln beschaftigten Arbeiter. diese losgelassen haben und zur Seite getreten sind.

7. Transport zu Lande. Fuhrwerke und Karren aller Art, nicht auf

Schienen laufend.

77. Die Ffihrer von Fuhrwerk dfirfen das¬ selbe nicht verlassen, ehe Sicherheitsmassregeln getroffen sind, um das Durchgehen der Zugtiere zu verhindern.

78. Beim Abwartsfahren ist die Hemmvor¬ richtung sachgemass zu benutzen.

79. Wagentritte (Trittstufen) sind dauernd in solchem Zustande zu erhalten, dass bei ge- horiger Aufmerksamkeit ein Ausgleiten auf den¬ selben verhfitet wird.

80. Der Ffihrer eines Fuhrwerks hat das¬ selbe auf Fahrten wahrend der Dunkelheit so zu beleuchten, dass die Annaherung des Gefahrtes erkennbar ist.

81. Ffihrer von Fuhrwerk durfen wahrend der Fahrt nicht schlafen.

82. Fuhrwerke, die nicht mit einem sicheren Sitz versehen sind, oder deren Ladung einen sicheren Sitz oder Stand nicht gewahrt, dfirfen nicht vom Wagen aus gefiihrt werden. Das Sitzen auf der Deichsel oder auf dem Langbaum wahrend der Fahrt ist untersagt.

Es ist verboten, wahrend der Fahrt auf der Langseite des Wagens mit nach aussen herab- hangenden Beinen zu sitzen.

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83. Bissigen Zugtieren ist fiir die Dauer der Fahrt der Maulkorb anzulegen.

84. Auf- und Absteigen wahrend der Be¬ wegung des Fuhrwerks ist verboten.

Schmalspur-, Roll-, HSnge-, Seil- und Ketten- bahnen.

85. Die Ffihrer des Zuges haben sich vor der Fahrt davon zu fiberzeugen, dass die Wagen fest gekuppelt sind.

86. Die Ffihrer des Zuges haben die Pflicht;

die innerhalb der Gleise verkehrenden Personen durch Zuruf oder durch ein deutliches Signal auf die Annaherung des Zuges rechtzeitig auf¬ merksam zu machen.

87. Bei Befahren von Kurven, welche nicht von alien Seiten vollstandig fibersehen werden konnen, miissen die Ffihrer des Zuges recht¬ zeitig Warnungssignale geben und langsamer fahren.

88. Das Besteigen oder Verlassen eines Wagens, so lange er sich schneller bewegt, als ein Fussganger gehen kann, ist verboten.

89. Das Gleise der Drehscheiben und Schiebe¬ bfihnen muss, so lange dieselben nicht in Ge¬ brauch sind, in der Richtung des Zufahrtstranges festgestellt sein.

90. Wagen sind ffir die Dauer eines lange¬ ren Stillstandes durch geeignete Vorrichtungen gegen ein unbeabsichtigtes Fortbewegen fest- zustellen.

Normalspurbahnen. 91. Das Stehenbleiben und Gehen inner¬

halb der Gleise, sowie das Ueberschreiten der¬ selben vor einem herannahenden Zuge ist ver¬ boten.

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92. Das Fortbewegen der Wagen durch Per¬ sonen darf nur von der Seite oder von hinten geschehen. Das Drficken an Puffern ist verboten.

93. Das Besteigen oder Verlassen eines Wagens, so lange er sich schneller bewegt als ein Fussganger gehen kann, ist verboten.

94. Das Durchkriechen unter den Wagen ist verboten, selbst wenn sie stehen.

95. Das Gleise der Drehscheiben und Schiebe¬ bfihnen muss, so lange dieselben nicht in Ge¬ brauch sind, in der Richtung des Zufahrtstranges festgestellt werden.

96. Wagen sind ffir die Dauer eines lange¬ ren Stillstandes durch geeignete Vorrichtungen gegen ein unbeabsichtigtes Fortbewegen fest- zustellen.

97. Bei Befahren von Gefallen ohne Loko¬ motive mussen die Wagen durch geeignete Mittel gebremst werden.

98. Gleise, wie Schienenstosse, ferner Weichen, Kreuzungen, Drehscheiben, Schiebebfihnen mit Anschlfissen daran sind stets gut instand zu halten.

III. Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. 1. Ffir die in Gemassheit vorstehender Be¬

stimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von 6 Mo- naten vom Tage der amtlichen Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger gewahrt.

Wenn es sich herausstellen sollte, dass die Vorschriften in einzelnen Fallen ohne erhebliche Schwierigkeiten und unzutragliche Kosten nicht ausgeffihrt werden konnen, so sollen etwaige Abweichungen auf Antrag des Betriebsunter- nehmers und nach Anhorung des technischen

43

Aufsichtsbeamten der Genehmigung des Go- nossenschaftsvorstandes unterliegen.

2. Die von der Berufsgenossenschaft er¬ lassenen allgemeinen, sowie die ffir den betreffen¬ den Betrieb in Frage kommenden besonderen Unfallverhfitungsvorschriften sind durch Aushang In Plakatform an geeigneter, alien Arbeitern leicht zuganglicher Stelle bekannt zu geben.

3. Genossenschaftsmitgliederj welche den Un¬ fallverhfitungsvorschriften zuwiderhandeln, kon¬ nen durch den Genossenschaftsvorstand mit Geldstrafen bis zu eintausend Mark belegt, oder mit ihren Betrieben in eine hohere Gefahren- klasse eingeschatzt oder, falls sich die letzteren bereits in der hoehsten Gefahrenklasse befinden, mit Zuschlagen bis zum doppelten Betrage ihrer Beitrage belegt werden. (§112 Abs. 1 Ziffer 1 und § 116 des Gewerbe - Unfallversicherungs- gesetzes vom 30. Juni 1900).

4. Versicherte Personen^ welche den Unfall¬ verhfitungsvorschriften zuwiderhandeln, oder welche die angebrachten Schutzvorrichtungen nicht benutzen, missbrauchen oder beschadigen, konnen mit einer Geldstrafe bis zu 6 </!(, be¬ legt werden. Die Festsetzung dieser Strafe er¬ folgt durch den Vorstand der Betriebs- (Fabrik-) Krankenkasse oder, wenn eine solche ffir den Betrieb nicht errichtet ist, durch die Ortspolizei- behorde. Die Straf betrage fliessen in die Kranken¬ kasse, welcher der zu ihrer Zahlung Verpflich- tete zur Zeit der Zuwiderhandlung angehort oder, wenn er keiner Krankenkasse angehort, in die Kasse der Gemeinde-Krankenversicherung des Beschaftigungsorts. (§112 Abs. 1 Ziffer 2, §§ 116 und 154 Abs. 1 des Gewerbe-Unfall- versicherungsgesetzes vom 30. Juni 1900.)

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Besondere UnMyerMtungsvorscMten der

Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie.

—&-—

1. Vorsehpiften fur Sprengstoff-Fabriken.

A. Fabriken zur Herstellung von Schwarzpulver und schwarzpulverahnlichen Sprengstoffen.

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 24. Februar 1906. Veroffentlicht im nReichsanzeiger*' vom 10. Marz 1906.

Die nachstehenden Vorschriften treten an die Stelle der Vor¬ schriften fiir Pulver- (Schwarzpulver-) Fabriken, genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 16. September 1891 und 16. Mai 1903, veroffentlicht im ..Reichsanzeiger' vom 10. Oktober 1891

und 19. Juni 1903.

AuOer den Revidierten allgemeinen Unfall- verhutungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten fur Schwarz- pulverfabriken folgende Bestimmungen:

a) Vorschriften fiir die Arbeitgeber. I. Lage und bauliche Einrichtungen der Pulver-

fabriken.

Warnungstafeln. § 1. Das Fabrikgelande ist, soweit dies seine

Lage erfordert, gegen unbeabsichtigtes Betreten in geeigneter Weise zu schiitzen.

An den Zugangen und offentlichen Verkehrs- wegen mussen Schilder augenfallig angebracht

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sein, welche das Gelande als Pulverfabrik be- zeichnen sowie das Rauchen und den Zutritt Un- befugter verbieten.

Abgrenzung.

§ 2. Die Fabrik ist, sofern sie nicht eingezaunt ist, durch die Anordnung der Gebaude oder durch Schranken, Warnungstafeln oder in sonst er- kennbarer Weise in das Gebiet des explosions- gefahrlichen und ungefahrlichen Betriebes zu trennen. Wo eine solche Trennung wegen der Ortlichen Lage bei bestehenden Werken nicht moglich ist, sind die einzelnen Gebaude mit Explosionsgefahr durch geeignete Absperrungen oder Warnungstafeln gegen das unbefugte Be¬ treten zu sichern.

Unter Gebauden mit Explosionsgefahr sind solche zu verstehen, in denen Pulversatze her¬ gestellt, verarbeitet oder aufbewahrt werden, so¬ wie solche, in denen fertiges Pulver gelagert wird.

Umkleider&ume.

§ 3. Den Pulverarbeitern sind geeignete Raume zum Waschen und Umkleiden sowie fiir den Aufenthalt wahrend eines Gewitters zur Verfugung zu stellen.

Schutz gegen die tTbertragung von Explosionen.

§ 4. Bei Neuanlagen sind die Gebaude mit Explosionsgefahr einzeln mit einem Erdschutz- walle oder einer Erdschutzwand zu umgeben.

Diese Schutzeinrichtungen mussen die Dach- traufe der eingeschlossenen Gebaude um min¬ destens 1 m uberragen. Erdschutzwalle sincl mit mindestens 0,5 m starker Krone bei ent¬ sprechender Basis herzustellen und sorgfaltig,

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moglichst mit Mutterboden und Quecken, zu bekleiden. Die Erdschutzwande bestehen aus zwei senkrecht und parallel aufgestellten, gegen- seitig verankerten Wellblechwanden, denen ein Abstand von mindestens i m zu geben und deren Zwischenraum mit Erde auszufullen ist.

Die Erdschutzwalle oder Erdschutzwande konnen bei Gebauden, in welchen Mengen von nicht iiber 500 kg Pulver gleichzeitig verarbeitet werden, durch Mauern ersetzt werden. Den letzteren ist eine Kronenbreite von mindestens 0,75 m und eine Basis von mindestens 1 m zu geben. (Siehe auch § 8 Abs. 2). Erdschutz¬ wande und Schutzmauern miissen einen Abstand von mindestens 1 m von der Gebaudewand haben.

Bei bestehenden Anlagen sind Gebaude mit Explosionsgefahr, sofern sie nicht nach dem Ausblasesystem (§ 8) gebaut sind und ihr Ab¬ stand von einander weniger als 50 Meter betragt, gegen die Ubertragung einer Explosion auf Nachbarwerke in geeigneter Weise durch Walle usw., wie vorstehend, zu sichern.

Pulverwerke mit Kraftbetrieb (Kornwerk, Preflwerk, Stampfwerk usw.), sofern sie nicht nach dem Ausblasesystem gebaut sind, durfen nur dann baulich mit einander verbunden sein, wenn in ihnen insgesamt nicht mehr als 4 Ar¬ beiter beschaftigt werden und die Raume durch massive Wande von geniigender Starke von einander getrennt sind.

Die Aufstellung mehrerer Pulverbearbeitungs- maschinen in einem Raum ist nur zulassig, wenn entweder zu ihrer Bedienung nicht mehr als 2 Arbeiter im Raume anwesend zu sein brauchen, oder durch die Maschinen eine ineinander-

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greifende, zusammengehorige Bearbeitung ver- richtet wird, deren Trennung nicht moglich oder nur unter unverhaltnismaOiger Arbeits- erschwerung ausfiihrbar ist. In diesem Fall darf die Zahl der im Raum beschaftigten Arbeiter nicht iiber 4 betragen.

Ablagestellen.

§ 5, In der Nahe der Pulverarbeitshauser und gegen diese geschiitzt sind nach Bedarf (siehe § 31) Ablagestellen zur einstweiligen Unter- bringung der aus einer Arbeitsstatte in die andere iibergehenden Zwischenfabrikate anzulegen.

Umgebung.

§ 6. Das Fabrikgelande jst, soweit es die Art des Gelandes gestattet, mit Laubholzbaumen und Strauchwerk zu bepflanzen; auOerdem ist, besonders in der nachsten Umgebung der Pulver- hauser, fiir die Unterhaltung eines guten, kurz zu haltenden Graswuchses zu sorgen. Liegt die Fabrik in einem Nadelholzwalde, so sind Vor- kehrungen zur Verhiitung der Feueriibertragung durch Lauffeuer zu treffen, z. B. durch Ab- holzung eines entsprechend grof3en Streifens um die gefahrlichen Werke und durch Anlage eines kleinen, von Pflanzenwuchs freizuhaltenden Sicherheitsgrabens am Rande des Nadelholzes.

VorplStze.

§ 7. Zur Verhiitung des Einwehens von Sand, Staub usw. sind die Gebaude mit Explosions¬ gefahr mit einem Vorflur zu versehen und die unmittelbar an den Pulver arbeits- und Auf- bewahrungsgebauden liegenden Wege mit Ger- berlohe, einem ahnlichen Material oder Brettlagen

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zu bedecken, oder es ist auf sonst geeignete Weise der erwahnten Gefahr vorzubeugen.

Bauart. § 8. Bei Neuanlagen sind Gebaude mit Feuer-

statten massiv zu erbauen. Die Gebaude mit Explosionsgefahr sind moglichst leicht herzustellen und leicht zu iiberdachen.

Gebaude, in denen nicht mehr als 500 kg Pulver gleichzeitig bearbeitet werden, konnen bei geeigneter ortlicher Lage nach dem soge- nannten Ausblasesystem, namlich aus drei min¬ destens 75 cm starken, massiv gemauerten Wanden und einer leichten Glasfensterwand sowie aus einem leichten Pultdache von schwer verbrennlichem Material hergestellt werden. Die Mauern miissen die Dachflache um mindestens 0,5 m uberragen.

Tiiren. Fenster. § 9. Tiiren und Fenster miissen moglichst

grofl sein und erstere nach auflen aufschlagen. Zu den Fenstern ist blasen- und warzenfreies Glas zu verwenden. Die der Sonnenseite zu belegenen Fensterscheiben miissen aus Mattglas hergestellt oder geblendet sein.

Innen-Anstrich. § 10. Die Innenwande und Decken der Ge¬

baude mit Explosionsgefahr, in denen sich Pulver- staub entwickelt, sind mit Ausnahme von alteren Werken, bei denen es nicht ausfiihrbar ist, mit einem hellen Firm's-, Emaillefarben- oder sonsti- gem abwaschbaren Anstrich zu versehen.

Das Holzwerk ist gegen die erste Ein¬ wirkung des Feuers widerstandsfahig zu machen.

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FuBbeden. § 11. Die Fuflboden in den Gebauden mit Ex¬

plosionsgefahr sind aus Holz ohne eiserne Be- festigungsmittel, aus Asphalt oder ahnlichem elastischen Material herzustellen. Dieselben sind glatt und dicht zu halten, Fugen mit Holz oder elastischem Material sorgfaltig auszufiillen.

Die nicht aus Holz, Asphalt oder ahnlichem fugenlosen elastischen Material bestehenden FuG- boden der Gebaude mit Explosionsgefahr sind mit Linoleum oder einem ahnlichen weichen Belag zu versehen, der die Eigenschaft hat, bei einem Brande nicht nachzuglimmen.

Eiserne Beschlage usw. § 12. In Gebauden mit Explosionsgefahr sind

die Beschlage fiir Fenster und Tiiren so herzu¬ stellen, dafl eine Reibung von Eisen auf Eisen ausgeschlossen ist. Bei Neubauten und Repa- raturen ist die Verwendung eiserner Nagel, Schrauben, Klammern verboten. Die Verwen¬ dung von Eisen ist in diesen Gebauden in reibender Verbmdung nur mit Kupfer, Bronze, WeiOmetall oder Messing gestattet.

Wege. § 13. Der Weg fiir den Pulvertransport mufj

vonFeuerungsanlagen soweit entfernt bleiben, daU eine Gefahrdung durch Funken ausgeschlossen ist, auch darf er, soweit das Gelande es zu- laOt, nicht an den gefahrlichen Seiten der nach dem Ausblasesystem gebauten Werke oder an anderen gefahrdeten Stellen vorbeifiihren.

Blitzschutz.

§ 14. Gebaude mit Explosionsgefahr sind mit einer zuverlassigen Blitzschutzanlage zu versehen,

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wenn diese bei der ortlichen Lage, Bodenbe- schaffenheit und Bauart geboten erscheint. Vor- handene Blitzschutzanlagen sind stets in gutem Zustande zu erhalten und miissen jahrlich mindestens einmal sachverstandig gepruft werden. Das Ergebnis der Priifung ist in ein dauernd aufzubewahrendes Buch einzutragen, welches dem Aufsichtsbeamten auf Verlangen vorzulegen ist. Dieselbe hat sich sowohl auf die oberirdische wie auf die Erdleitung zu erstrecken.

//. Beleuchtung.

Beleuchtung.

§ 15. Die Beleuchtung darf nur entweder durch elektrisches Gluhlicht in Doppeibirnen, deren Hauptleitung, Ausschaltung und Sicherung, auflerhalb des Gebaudes liegt, oder von auOen durch Lampen oder Kerzen geschehen, die durch ein Gehause geschiitzt und durch starke, dicht- schlieflende Glasscheiben von den Pulverraumen abgeschlossen sind. Lampen durfen nur mit Riibol oder solchen Brennstoffen gespeist werden, bei denen eine Explosion ausgeschlossen ist.

Als bewegliche Beleuchtungskorper im Innern der Gebaude sind nur elektrische, mit Elemen- ten oder Akkumulatoren versehene Gliihlampen zulassig.

Jede Ablagerung von explosivem Staub an der Lichtquelle ist zu verhiiten. Elektrische Beleuchtungen mussen stets in gutem Zustande erhalten und daraufhin alle Jahre einmal sach¬ verstandig gepruft werden.

Die Besorgung der Laternen und Lampen hat in einem dafur bestimmten Raume zu ge¬ schehen und sind damit besondere Arbeiter zu

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beauftragen, welche sie brennend wieder an Ort und Stelle zu schaffen haben. Den Laternen- anziindern ist das Betreten der Raume mit Explo¬ sionsgefahr zu verbieten.

///. Heizung. Heizung.

§ 16. Bei Neuanlagen sind zur Erwarmung der Raume mit Explosionsgefahr ausschliefilich Dampf- oder Warmwasserheizungen zulassig, die auch als Luftheizung ausgebildet sein konnen. Die Heizkorper, die in geniigender Entfernung von Holz und anderen brennbaren Materialien angebracht sein mussen, sind mit einem weiflen Anstrich zu versehen.

Bei bestehenden Anlagen sind auch andere Heizeinrichtungen gestattet, sofern sie ein Dicht- halten der Heizkorper und Feuerziige sowie ein Innehalten der vorgeschriebenen Temperatur gewahrleisten.

Die Feuerstellen selbst mussen durch eine massive Wand vom Trockenraum getrennt sein.

Die Feuerung der Wasser- oder Dampf- heizung mufJ sich in einem besonderen, massiv gebauten, Raume befinden.

Die Durchgange der Leitungsrohre durch die Mauer sind dicht zu halten.

Die Feuerziige der Heizanlage und der Schornstein durfen nicht in die Umfassungsmauer der Betriebs- oder Lagerraume eingebaut sein. Die Schornsteine, deren Hohe nicht mindestens 20 m betragt, sind mit Funkenfangern zu ver¬ sehen.

An den Heizapparaten sind Thermometer anzubringen.

Die Bedienung der Feuerung ist besonderen

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Arbeitern zu ubertragen, welche Raume mit Explosionsgefahr nicht betreten durfen.

Zum Anheizen der Feuerungen ist die Ver¬ wendung von Stroh, Hobelspanen oder anderen leicht funkengebenden Brennmaterialien zu ver¬ bieten.

Die Heizkorper sind nach Moglichkeit gegen das Ablagern von Pulver staub zu schiitzen. Ein haufiges, regelm&Oig zu wiederholendes Ab- wischen derselben ist anzuordnen. In den Pulver- trockenraumen mussen Thermometer so an¬ gebracht sein, dafl die Temperatur von auOen beobachtet werden kann; auflerdem sind in der Nahe der Heizkorper Thermometer anzubringen.

Die Temperatur in der Trockenkammer darf 750 C. nicht iiberschreiten.

Die Schornsteine sind haufig zu fegen, die Anhaufung von Brennmaterial in den Heizraumen ist zu vermeiden.

IV. Maschinen. Kraftmaschinen, Vorgelege, Ausriicker.

§ 17. In den Pulverherstellungsraumen durfen keine Kraftmaschinen aufgestellt werden, Elektro- motoren auch nicht in Nebenraumen, in denen sich Pulverstaub ablagern konnte. Transmis¬ sionen und Vorgelege sind, soweit der Betrieb Oder die Raumlichkeit es nicht unbedingt anders erfordert, in Nebenraumen unterzubringen. Riemen- und sonstige Transmissionsoffnungen in den Wanden mussen abgedichtet werden. Aus- schalter und Reguliervorrichtungen der Elektro- motoren sind auflerhalb der Gebaude in dicht schlieflenden Kasten unterzubringen.

Pulverbearbeitungsmaschinen, die eine fort- laufende Bedienung erfordern, wie Kornwerke,

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Patronenpressen, Sor tier maschinen usw. mussen sowohl vom Arbeitsraume aus wie auch vofn Vorgelegeraumebezw. Maschinenraume her ausge¬ riickt werden konnen. Bei Pulverarbeits- maschinen, die nach der Beschickung einer dauernden Bedienung nicht bediirfen, wie Laufer- werke, Stampfwerke, Meng- und Polierwerke, ist eine. Ausriickvorrichtung nur auflerhalb des Arbeitsraumes erforderlich.

Schmierung, Regulatoren. § 18. An den Pulverarbeitsmaschinen ist die

Reibung von Eisen auf Eisen zu vermeiden sowie fiir zuverlassige Schmierung der sich reibenden Teile, fiir leichte Zuganglichkeit derselben und fur moglichste Fernhaltung des Pulverstaubes zu sorgen.

Wasserrader, Turbinen und sonstige Trieb¬ werke ohne Regulator, deren Umdrehungszahl Schwankungen ausgesetzt ist, mussen mit Vor¬ richtungen versehen sein, welche eine leichte Regulierung von Hand ermoglichen.

Stampfwerke. § 19. Bei Neuanlagen ist die Aufstellung von

mehr als 36 Stampfen in einem Raume nicht zu¬ lassig; auch darf sich in der Stampfmiihle nicht zugleich eine andere Arbeitsmaschine befinden.

Fur die Schuhe der Stampfwerke darf Eisen nicht verwendet werden. Zulassig sind Kupfer, Zink, Bronze oder entsprechende Legierungen. Die Schuhe miissen stets fest an den Stampfen sitzen.

Kollergange. § 20. Lauferwerke (Kollergange,) deren

Laufer aus Gufleisen oder Hartgufl bestehen und

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keine Aufhangevorrichtung besitzen, mussen eine holzerne mit Messingschrauben befestigte Laufer- bahn haben; bei eisernem Lauferteller sind die Laufer so aufzuhangen, dafl eine direkte Beriihrung zwischen Laufer und Lauferteller ausgeschlossen ist.

Der § 80 Abs. 1 des Abschnitts I der Revi¬ dierten allgemeinen Unfallverhiitungsvorschriften findet hier keine Anwendung.

Den Arbeitern ist der Aufenthalt in dem Ar¬ beitsraum wahrend schnellen Betriebsganges zu verbieten.

Kornwalzen.

§21. Die Walzen der Kornmaschinen durten weder aus Eisen noch aus Porzellan bestehen und sind derart einzurichten, dafl sie sich beim Laufen nicht beriihren konnen.

Hydraulische Pressen.

§ 22. Bei den hydraulischen Pulverpressen ist die Verwendung eiserner oder stahlerner Prefl- platten oder solcher aus Hartgummi nicht ge¬ stattet. Die unmittelbare Beruhrung von Metall mit Metall ist zu vermeiden.

Beim Pressen der Pulvermasse sind zwischen Platten und Pulver Presstiicher einzulegen. Das Pressen der Masse in Kasten ist unstatthaft.

An der Preflleitung mussen Manometer an¬ gebracht sein, deren Beobachtung im Preflraume moglich ist und die mit Maximalmarke versehen sind.

Es sind Vorrichtungen (Wasserwage oder Senkel) am Holm der Presse anzubringen, die eine Kontrolle der wagerechten Lage desselben ermoglichen. Die eisernen Saulen der Pressen

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sind mit Leder oder einem ahnlichen Material zu verkleiden.

Meng- und Poliertrommeln. § 23. Die Mengtrommeln fiir Pulversatz durfen

nur aus Holz mit oder ohne Ledereinlage her¬ gestellt sein. Eisenteile im Innern der Trommel sind zu vermeiden. Die etwa durch die Trommel gefuhrte eiserne Achse ist mit Leder zu iiber- ziehen oder mit Holz ohne eiserne Befestigungs- teile zu verkleiden. Zu den Verschluflteilen darf Eisen in reibender Verbindung mit Eisen nicht verwendet werden.

Die zum Mischen des Pulversatzes erforder- lichen Kugeln mussen aus Holz (Pockholz) her¬ gestellt sein.

Von den Poliertrommeln gilt beziiglich des Materials und der Verschliisse das fiir Meng¬ trommeln Bestimmte.

V. Gefafey Transport- una Arbeitsgerate.

Transportgef&fle. § 24. Die zum Transport und bei der Her¬

stellung von Pulver und Pulversatz benutzten Gefafle durfen nicht aus Eisen bestehen und mussen haltbar und dicht sein. Die Verwendung von eisernen Stiften oder Nageln zu diesen Ge- faflen, besonders zum Diibeln der Fafldeckel und Faflboden ist nicht gestattet.

Zum Transport der Pulvermasse von einem Werk zum andern sind nur gut geschlossene Gefafle oder dichte Sacke zu verwenden.

Sonstige Gefafle und Gerate. § 25. Die in den Gebauden mit Explosions¬

gefahr benutzten Gefafle und Gerate durfen nicht

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von Eisen hergestellt sein, auch keinen Beschlag aus Eisen und keine eisernen Nagel, Schrauben oder Nieten haben. Ebenso ist fur dieselben die Verwendung von verzinntem oder verzinktem Eisen unstatthaft.

Weich gelotete Gefafle oder Gerate, welche mit Pulver in Beruhrung kommen konnen, diirfen in Pulverwerken nicht benutzt werden.

Wagen. § 26. Die fiir den Pulvertransport von einem

zum anderen Werk zu benutzenden Karren oder Wagen diirfen, sofern sie auf eisernen Schienen laufen, keine eisernen Laufflachen haben.

VI. Rohstoffe und Pulversatze.

Verunreinigungen der Rohmaterialien.

§ 27. Die Rohmaterialien sind vor dem Ver- mahlen griindlich von mechanischenBeimengungen zu reinigen. Holzkohle, Kuchen- und Stangen- schwefel sind sorgfaltig auszulesen, um Fremd¬ korper wie Steine und dergleichen zu entfernen, Salpeter, pulverisierter Schwefel, Kohle und Graphit sind durch entsprechend feine Siebe durchzulassen. Die Siebe diirfen nicht aus Eisen bestehen.

Zerkleinerung.

§ 28. Die Zerkleinerung von Satzen aus Schwefel und Salpeter oder aus Schwefel und Holzkohle in eisernen Trommeln bei Anwendung von Bronzekugeln ist zulassig; dagegen ist die Zerkleinerung des Schwefels allein in eisernen Trommeln nicht zulassig.

Frisch gebrannte Pulverkohle darf nicht vor Ablauf von acht Tagen gekleint werden.

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Verunreinigung der Pulversatze.

§ 29. Die in den Zerkleinerungs- und Meng¬ trommeln hergestellten Pulversatze mussen vor ihrer weiteren Verarbeitung durch engmaschige Siebe, die nicht aus Eisen bestehen durfen, durch- gelassen werden. '

VII Abfallstoffe.

Verschuttetes.

§ 30. Durch Unvorsichtigkeit verschiittete Satzmaterialien und Pulvermasse durfen, soweit dieselben als verunreinigt anzusehen sind, zur weiteren Verarbeitung nicht verwendet werden. Das Verunreinigte ist in ein besonders dafiir bezeichnetes Kehrichtfafl zu schiitten, welches sich in oder bei jedem Pulverarbeitsraume be¬ finden mufl. Der Inhalt des Kehrichtfasses ist sofort anzufeuchten und so oft als notig, spatestens bei der wochentlichen Reinigung, an den dafiir bestimmten Ort zu schaffen.

VIII. Besondere Vorschriften fiir den Betrieb,

Anhaufung von Materialien.

§ 31. In den Pulverherstellungs- und Ver- packungsraumen ist jede durch den Betrieb nicht gebotene Anhaufung von Pulver und Roh- stoffen zu vermeiden.

Pulver und Pulversatze, deren Bearbeitung in einem Arbeitsraum beendet ist, sind aus diesem sofort zu entfernen. Zur einstweiligen Unter- bringung sowohl der fertigen als der zu be- arbeitenden Satze sind, soweit erforderlich, die Ablagestellen zu benutzen.

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Ordnung und Reinlichkeit. § 32. In den Pulverfabriken mufl iiberall die

groflte Ordnung und Reinlichkeit herrschen. Das Hineintragen oder Hineinwehen von

Erde oder Sand in die Raume mit Explosions¬ gefahr ist zu verhindern.

Vor den Eingangen miissen geeignete Vor¬ richtungen zum Reinigen des Schuhzeuges vor¬ handen sein. (Matten, Decken, holzerne Ab- streichroste.)

Fuflbekleidung.

§ 33. Jeder in ein Gebaude mit Explosions¬ gefahr Eintretende hat vorher seine Fuflbekleidung zu reinigen. Er mufl Filzschuhe oder Lederschuhe ohne Eisenstifte und ohne eiserne Beschlage oder ebensolche Pantoffeln tragen oder sein Schuhzeug ablegen.

Filz- oder Lederschuhe oder Pantoffeln vor- genannter Art mussen am Eingang zu jedem Pulverraume in geniigender Anzahl vorratig ge- halten werden.

Reinigung der Raume. § 34. Samtliche Werke und Arbeitsraume

miissen mindestens in jeder Woche einmal grund- lich gereinigt werden. Hierbei sind die Fufl- decken aufzunehmen und an einem geeigneten Orte auszuklopfen. Der Fuflboden, die Wande, Decken, Maschinen usw. sind vom Staube zu reinigen.

Umgang mit GefSBen.

§ 35. Fasser und andere Gefafle mussen vor dem Hineinbringen in ein Pulverhaus sorgfaltig von Sand und Erde befreit, die leeren Gefafle auch innen gut gereinigt werden.

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In Pulverherstellungs- und Lagerraumen darf wahrend des Betriebes nicht gescharrt, ge- schoben, geworfen oder mit Metallgeraten ge- klopft werden. Die Gefafle sind unter Vermeidung vonStoflen undSchieben behutsamfortzubewegen.

NaChalten der Vorplatze. § 36. Bei anhaltend trockener Witterung

mussen die Tiirschwellen und die unmittelbare Umgebung der Pulverhauser ausreichend genaflt werden.

Vor den Pulverwerken mufl stets Wasser zur Verfugung stehen, soweit die Temperaturver- haltnisse es gestatten.

Freihalten der Ausgange. § 37. Tiiren und Vorplatze der Gebaude mit

Explosionsgefahr mussen stets frei bleiben und diirfen auch voriibergehend nicht verstellt, die Turen wahrend der Arbeitszeit auch nicht ver- schlossen werden.

Putzwolle. § 38. Gebrauchte Putzwolle und gebrauchte

Putzlappen sind am Tage im Arbeitsraum in besonderen Behaltern aufzubewahren und abends aus den Betriebsgebauden zu entfernen. Auch die Anhaufung leicht brennbarer Stoffe neben diesen Gebauden ist unstatthaft.

Wirkungskreis der Arbeiter. § 39. In den Arbeitsstatten durfen sich nur

diejenigen Arbeiter aufhalten, welche darin nach den Bestimmungen der Betriebsleitung beschaf¬ tigt werden. Jedem Arbeiter ist ein bestimmter Wirkungskreis anzuweisen. Der Betrieb ist so anzuordnen, dafl die Arbeiten regelmaflig in

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einandergreifen und nirgends Verwirrung oder eine groflere Ansammlung von Menschen und Material entstehen kann.

Die Anzahl der in jedem Gebaude mit Explosionsgefahr beschaftigten Arbeiter ist auf das auflerste Maafl zu beschranken.

In gehenden Pulverherstellungswerken, mit Ausnahme der hydraulischen Pressen und der im § 4 Abs. 6 bezeichneten Werke, sollen nicht mehr als 2 Arbeiter beschaftigt werden.

Zutrager sind anzuweisen, das Werk sofort nach Ausfuhrung ihrer Verrichtung zu verlassen.

Gewitter. § 40. Wahrend der Dauer eines Gewitters,

welches sich uber dem Betriebsort entladet, ist die Arbeit in den Raumen mit Explosionsgefahr sowie die Verlade- und Packarbeit einzustellen. Die Arbeiter haben diese Raume zu verlassen. Maschinen, die unter Aufsicht arbeiten miissen, sind still zu setzen.

Verhalten bei Brand, Explosionen. § 41. Samtliche Arbeiter sind iiber ihr Ver- .

halten bei vorkommenden Explosionen und bei Brandungliick genau zu belehren.

AbschlieDen der Tiiren. § 42. Nach Schlufl der Arbeit sind die Tiiren

der Werke zu verschlieflen und die Schliissel an den dazu bestimmten Ort zu bringen.

IX. Ausbessenmgs- und Erneuerungsarbeiten.

Reparaturen. § 43. Wenn in Pulverwerken Ausbesserungs-

arbeiten auszufuhren sind, so ist samtliches Pulver

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aus dem Raume zu entfernen und dieser sowie der auszubessernde Gegenstand von Pulver und Pulverstaub zu reinigen.

Hierauf ist der auszubessernde Gegenstand und die Stelle im Umkreise von wenigstens 3 m mit Wasser zu begieflen und wahrend der Aus- besserungsarbeiten so nafl zu erhalten, dafl ein etwa entstehender Funke keine Entziindung be- wirken kann.

Wahrend der Dauer der Reparatur ist an der Arbeitsstelle eine mit Wasser ge- fiillte Brandspritze oder Gieflkanne bereit zu halten.

Alle Reparaturarbeiten durfen erst dann be- gonnen werden, nachdem der zustandige Be- triebsfiihrer oder Meister auf Grund vorher er- langter Uberzeugung, dafl alle Vorsichtsmafl- regeln genau erfiillt sind, die besondere Erlaubnis dazu erteilt hat.

X. Sonstige Vorschriften.

Fremde Personen,

§ 44. Frauen und Kindern der Arbeiter sowie fremden Personen, soweit nicht gesetzliche Vor¬ schriften dem entgegenstehen, ist der Zutritt zu dem Gebiet des gefahrlichen Betriebes nur mit Genehmigung der Betriebsleitung und in Gegen- wart eines Betriebsbeamten gestattet.

Jugendliche Arbeiter.

§ 45. Bei Herstellung und Verpackung des Puivers durfen jugendliche Arbeiter nicht an- gestellt werden. Es sind nur nuchterne und zu¬ verlassige Leute zu beschaftigen.

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Geistige Getranke, Mahlzeiten. § 46. In der Fabrik ist der Genufl geistiger

Getranke, aufler Bier und Obstwein, zu ver¬ bieten, bei der Arbeit auch der Genufl der letzteren.

Das Einnehmen der Mahlzeiten in den Raumen mit Explosionsgefahr ist zu verbieten.

Rauchen. § 47. Soweit das Rauchen iiberhaupt gestattet

ist, darf es nur in den von den Betriebsleitern angewiesenen Raumen geschehen, woselbst dann eine Gelegenheit zur Aufbewahrung der Rauch- gerate vorhanden sein mufl.

Streichholzer. § 48. Innerhalb des Fabrikgelandes durfen

nur Sicherheitsziindholzer verwendet werden.

Mitbringen eiserner Gegenstande. § 49. Feuerzeug und eiserne Gegenstande,

wie Schliissel, Messer und dergleichen, diirfen in die Betriebsraume nicht mitgenommen werden. Es ist hieruber eine geeignete Kontrolle aus- zuiiben.

Arbeitsanziige. § 50. Den Pulverarbeitern sind taschenlose

Arbeitsanziige, den Pulverarbeiterinnen Schiirzen zur Verfugung zu stellen, die nach Beendigung der Arbeit im Umkleideraum zuriickzubehalten sind.

Dienstvorschrift fiir Beamte, Meister. § 51. Betriebsbeamte und Meister sind mit

ausfiihrlicher Dienstvorschrift zu versehen und hierauf durch Handschlag von der Betriebs¬ leitung zu verpflichten.

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FeueriaschgerSte.

§ 52. Die Fabrik mufl mit stets gebrauchs¬ fahigen Feuerloschgeratschaften versehen sein, welche monatlich mindestens ein Mai einer Priifung auf ihre Brauchbarkeit zu unterziehen sind.

Anziinden von Feuer.

§ 53. Es ist darauf zu halten, dafl im Umkreis von 300 m um die Fabrik keine Feuer im Freien angeziindet werden.

b) Vorschriften fiir Arbeitnehmer. Geistige Getranke.

§ 54. In der Fabrik ist der Genufl geistiger Getranke, aufler Bier und Obstwein, streng untersagt, bei der Arbeit auch der Genufl der letzteren.

Rauchen. Mitbringen eiserner Gegenstande. ZundhSlzer.

§ 55. Soweit das Rauchen iiberhaupt gestattet ist, darf es nur in den von den Betriebsleitern an¬ gewiesenen Raumen geschehen. Pfeife, Zigarren, Ziindholzer und Feuerzeug, ebenfalls Schliissel, Messer und sonstige eiserne Gegenstande diirfen in das Gebiet des gefahrlichen Betriebes nicht mitgenommen werden, sondern sind in den dafiir angewiesenen Raumen im Gebiet des ungefahr¬ lichen Betriebes zuriickzulassen.

Auf Arbeiter zur Bedienung der Feuerungen findet die vorstehende Bestimmung beziiglich der Ziindholzer keine Anwendung, doch durfen sie nur Sicherheitsziindholzer benutzen; sie sind dafur verantwortlich, dafl letztere im Betriebe nicht in die Hande der Pulverarbeiter kommen.

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Arbeitsanziige und Schuhzeug.

§ 56. In gehenden Werken mussen die Arbeiter anschlieflende Kleider tragen. Kittel, lose han- gende Halstucher und sonstige lose Kleidungs- stiicke sind verboten.

Die mit der Herstellung von Pulver be¬ schaftigten Arbeiter haben vor Beginn der Arbeit die ihnen von der Fabrikleitung zu¬ gewiesenen Anziige ohne Taschen und eiserne Bestandteile anzuziehen und nach beendeter Arbeit im Umkleideraume zuriickzulassen. In den Pulverraumen darf keine Fuflbekleidung, die mit Eisenstiften genagelt oder mit eisernem Beschlag versehen ist, getragen werden.

Entspricht das eigene Schuhzeug diesen Be¬ stimmungen nicht, so ist dasselbe vor dem Be¬ treten der Pulverraume gegen dort vorhandenes vorschriftsmafliges zu vertauschen und nach Schlufl der Arbeit wieder auszuwechseln.

Vor dem Betreten der fur das Rauchen zu- gelassenen, sowie der Speise- und Umkleide¬ raume ist die Kleidung vom Pulverstaub zu reinigen. Es hat dies gleich nach dem Ver¬ lassen der Pulverraume zu geschehen. Hande und Gesicht sind zu waschen oder wenigstens vom Pulverstaub zu befreien.

Wirkungskreis.

§ 57. Die Arbeiter haben den ihnen zuge¬ wiesenen Wirkungskreis einzuhalten; sie durfen andere Arbeitsstellen und Raume mit Explosions¬ gefahr, in denen sie nicht zu arbeiten haben, ohne besondere Erlaubnis nicht betreten.

Zutrager miissen das Werk sofort nach Aus¬ fuhrung ihrer Verrichtung verlassen.

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Den in Pulverherstellungsraumen beschaftigten Arbeitern ist der Eintritt in die Raume der Feue- rungsanlagen strenge verboten, ebenso ist den in letzteren tatigen Arbeitern sowie den Laternen- anzundern verboten, Pulverwerke zu betreten.

Ordnung und Reinlichkeit. § 58. In den Pulverraumen ist die groflte

Reinlichkeit und Ordnung zu beach ten. Jeder Arbeiter hat sich der an den Ein¬

gangen der Pulverherstellungs - Raume ange¬ brachten Vorrichtungen zum Reinigen des Schuh¬ zeuges auf das sorgfaltigste zu bedienen. Wo bei der Beschaffenheit der Wege das Hinein¬ tragen von Schmutz oder Sand durch Abtreten der Fufle nicht verhindert werden kann, ist beim Betreten der Raume das Schuhzeug ab- zulegen oder zu wechseln oder es sind die vor¬ handenen Cberschuhe zu benutzen.

Pulvermagazine und Trockenkammern durfen nur mit Filzschuhen oder ohne Schuhzeug be¬ treten werden.

Die auf dem Boden liegenden Decken und Laafer sind sorgfaltig zu reinigen und, wenn notig, auszuklopfen.

VerscMttetes. § 59. Jedes Verstreuen von Materialien in

Pulverwerken ist sorgfaltig zu vermeiden. Durch Unvorsichtigkeit verschuttete Satzmaterialien urid Pulvermasse, soweit sie als verunreinigt anzu¬ sehen sind, durfen zur weiteren Verarbeitung nicht verwendet werden; sie sind sofort aufzu- nehmen, in das Kehrichtfafl zu schutten und anzufeuchten. Der Inhalt des letzteren ist nach Bedarf, spatestens bei der wochentlichen griind-

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lichen Reinigung, an die dafur von der Fabrik¬ leitung bestimmte Stelle zu schaffen.

Anhaufung von Materialien.

§ 60. In den Pulverherstellungs- und Ver- packungsraumen ist jede durch den Betrieb nicht gebotene Anhaufung von Pulver und Rohstoffen verboten.

Pulver und Pulversatze, deren Bearbeitung in einem Arbeitsraum beendet ist, sind aus diesem sofort zu entfernen. Zur einstweiligen Unter- bringung sowohl der fertigen als der zu be- arbeitenden Satze sind, soweit erforderlich, die Ablagestellen zu benutzen.

Freihalten der Ausgange.

§ 61. Tiiren und Vorplatze der Gebaude mit Explosionsgefahr mussen stets frei bleiben und durfen auch voriibergehend nicht verstellt, die Tiiren wahrend der Arbeitszeit auch nicht ver- schlossen werden.

Putzwolle.

§ 62. Gebrauchte Putzwolle und gebrauchte Putzlappen sind am Tage im Arbeitsraum in be¬ sonderen Behaitnissen aufzubewahren und abends aus den Betriebsgebauden zu entfernen. Holz- stapel, trockenes Gras und sonstige leicht ent- zundliche Stoffe durfen neben diesen Gebauden nicht lagern.

NaDhalten der Vorplatze.

* § 63. Bei anhaltend trockener Witterung mussen die Turschwellen und die unmittelbare Umgebung der Pulverhauser ausreichend genaflt werden.

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Wo sich bei den Pulverraumen Wasserbehalter befinden, sind dieselben, soweit die Temperatur- verhaltnisse es gestatten, stets gefiillt zu halten.

Gewitter. § 64. Wahrend eines Gewitters, welches sich

uber dem Betriebsort entladet, darf sich niemand in den Raumen mit Explosionsgefahr aufhalten, die Pack- und Verladearbeit ist einzustellen. Es sind die dafur angewiesenen Raume aufzusuchen.

Maschinen, die unter Aufsicht arbeiten miissen, sind still zu setzen.

Heizung. § 65. Zum Anheizen der Feuerungen ist

die Verwendung von Stroh, Hobelspanen und derartigem funkenerzeugenden Material verboten.

Rufl und Asche aus den Heizapparaten und Ofen sind nach Abloschung mit Wasser an den dafur bestimmten Ort zu bringen.

Beleuchtung. § 66. Das Anziinden der Laternen und

Lampen darf nur von den dafur bestimmten Arbeitern und nur in den hierzu angewiesenen Raumen geschehen.

Trockenhaus. § 67. Heizrohre und Ofen der Trockenhauser

sind frei von Pulverstaub zu halten. Die Temperatur in der Trockenkammer darf

750 Celsius nicht ubersteigen.

Triebwerke. Maschinen. Verbot eigenm&chtiger Reparaturen.

§ 68. Wo Pulverarbeitsmaschinen durch WTasserkraft bewegt werden, ist darauf zu achten *

5*

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dafl die normale Geschwindigkeit nicht erheblich uberschritten wird.

Jedes Warmlaufen der Lager in Pulverherstel¬ lungsraumen ist besonders gefahrlich. Die Lager sind daher gut zu schmieren und haufig nachzusehen. Tritt trotzdem ein Warmlaufen ein, so ist das Werk stillzusetzen und Meldung davon zu machen.

Bei sonstigen Unregelmafligkeiten im Gang der Maschinen ist in gleicher Weise zu verfahren.

Keinesfalls diirfen Reparaturen an den Maschinen und Gebauden von den Arbeitern ausgefuhrt werden, bevor der zustandige Betriebs- fiihrer oder Meister die ausdruckliche Erlaubnis dazu erteilt hat.

Hammer. § 69. Die Benutzung metallener Hammer zu

Arbeiten in Pulverherstellungsraumen ist streng untersagt, ausgenommen bei Reparaturen, die auf ausdruckliche Anordnung nach vorherge- gangener Ausraumung des Gebaudes und grundlicher Anfeuchtung vorgenommen werden.

Stampfwerke. § 70. An den Stampfschuhen oder in den

Kumplochern (Trogen) festsitzende harte Pulver- krusten sind durch Aufweichen mit Wasser und mittelst holzerner Schaber oder solcher aus Kupfer, Zink oder entsprechender Legierung herauszunehmen.

Lauferwerke. § 71. Beim Beschicken der Lauferwerke ist die

Pulvermasse von vornherein auf dem Lauferteller gleichmassig zu verteilen.

Die Schicht, auf welcher die L&ufer sich bewegen, darf nie weniger als 1 cm stark seiji.

69

Das Ausnehmen der Lauferwerke hat im Stillstande oder bei langsamem Gang zu erfolgen.

Die an den Laufern festsitzenden Krusten durfen nur nach vorherigem Aufweichen mittels holzerner Spatel ohne Anwendung von Hammern entfernt werden. Die durch das Stehen der Laufer unter diesen entstandenen harten Pulver- kuchen sind ebenfalls nur mittels holzerner Spatel, wenn notwendig, unter Anwendung bleierner oder holzerner Hammer herauszuholen.

Jeder nicht durch den Betrieb bedingte Auf¬ enthalt im Lauferwerk ist verboten.

Hydraulische Pressen.

§ 72. Schief aufgesetzte Stapel durfen nicht gepreflt werden.

Der Druck darf die von der Betriebsleitung festgesetzte, auf dem Zifferblatt des Manometers durch die rote Marke bezeichnete Grenze nicht iiberschreiten.

Die Pulvermasse darf nicht unmittelbar zwischen den Preflplatten gepresst werden, sondern es sind zwischen Platten und Pulver Prefltucher einzulegen.

Prismen- und Patronen-Pressen.

§ 73. Es ist den Arbeitern der Prismen- und Patronen-Presse streng verboten, bei gehender Presse zwischen die Stempel zu greifen oder Pulverkorper mit der Hand von den Unter- stempeln abzuheben.

Verstopfte Kanale der Stempel und Tra- versen der Pressen sind nur mit Holzstabchen und Wasser oder Ol frei zu machen.

Im Gange befindliche Prismen- und Patronen- Pressen durfen nie ohne Aufsicht gelassen werden.

Trommeln. § 74. Die uber den Meng-, Korn- und Polier¬

trommeln angebrachten holzernen Schutzhauben gegen das Verstauben sowie die Auslauftrichter sind wiederholt darauf zu untersuchen, dafl sie mit der rotierenden Trommel nicht in Beruhrung kommen und daran schleifen.

Transport. § 75. Fasser und andere Gefafle mussen

vor dem Hineinbringen in ein Pulverhaus sorg¬ faltig von Sand und Erde befreit, die leeren Gefafle auch innen gut gereinigt werden.

In Pulverherstellungs- und Lagerraumen darf wahrend desBetriebes nicht gescharrt, geschoben, geworfen oder mit Metallgeraten geklopft werden. Die Gefafle sind unter Vermeidung von Stoflen und Schieben behutsam fortzubewegen.

c) Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 76. Fur die in Gemaflheit vorstehender Be¬

stimmungen zu treffenden Anderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von sechs Mo- naten vom Tage der Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger gewahrt.

§ 77. Der Genossenschaftsvorstand ist be- rechtigt, die Frist fur die Einfuhrung der Be- triebseinrichtungen, wie sie in diesen Vorschriften gefordert werden, auf Antrag des betreffenden Unternehmers und Befurwortung des Sektions- vorstandes zu verlangern.

Wenn es sich herausstellen sollte, dafl diem den §§ I—75 gegebenen Vorschriften in einzelnen Fallen ohne erhebliche Schwierigkeiten und unzu¬ tragliche Kosten nicht ausgefuhrt werden konnen, so sollen etwaige Abweichungen der Genehmigung

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des Genossenschaftsvorstandes auf Antrag des Be- triebsuntemehmers und nach Anhorung des tech¬ nischen Aufsichtsbeamten unterliegen.

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die Aus¬ fuhrung der Vorschriften fur die Arbeitnehmer zu ermoglichen und fur die Erfiillung derselben Sorge zu tragen.

§ 78. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vor¬ schriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhutungsvor- schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhiitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

B. Fabriken zur Herstellung von Nitropulver (ranch- schwachem Pulver.)

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 24. Februar 1906. Veroffentlicht im ..Reichsanzeiger" vom 10. Marz 1906.

AuOer den Revidierten allgemeinen Unfallver¬ hiitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten fur die Fabriken zur Herstellung von Nitropulver (rauchschwachem Pulver) folgende Bestimmungen:

a) Vorschriften fiir Arbeitgeber. /. Lage und bauliche Einrichtung.

Warnungstafeln. § 1. Das Fabrikgelande ist, soweit dies

seine Lage erfordert, gegen unbeabsichtigtes Betreten in geeigneter Weise zu schutzen.

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An den Zugangen und offentlichen Ver- kehrswegen mussen Schilder augenffallig ange¬ bracht sein, welche das Gelande als Pulver¬ fabrik bezeichnen, das Rauchen und den Zutritt Unbefugter verbieten.

Gebaude mit Explosionsgefahr.

§ 2. Gebaude mit Explosionsgefahr, wie Trockenhauser fur Nitrozellulose und solche, in denen rauchschwaches Pulver in Vakuum- schranken getrocknet wird, sind, soweit das Ge¬ lande es zulaOt, mindestens 50 m von einander und von anderen Gebauden zu errichten und einzeln mit Erdwallen oder Erdschutzwanden zu versehen. Diese Schutzvorrichtungen mussen die Dachtraufe der eingeschlossenen Gebaude um mindestens i m iiberragen. Erdschutzwalle sind mit mindestens 0,5 m starker Krone bei entsprechender Basis herzustellen und sorgfaltig moglichst mit Mutter¬ boden und Quecken zu bekleiden. Die Erdschutz¬ wande bestehen aus zwei senkrecht und parallel aufgestellten, gegenseitig verankerten Wellblech¬ wanden, denen ein Abstand von mindestens 1 m zu geben und deren Zwischenraum mit Erde auszufiillen ist.

Geb&ude mit Staubentwicklung.

§ 3. Arbeitsstatten mit Staubentwicklung, wie gewisse Polierwerke sowie Abstaubwerke und Siebwerke mussen, wenn sie nicht mindestens 50 m von einander und von anderen Gebauden entfernt liegen, entweder, bei geeigneter Lage, nach dem Ausblasesystem gebaut oder durch Feuerschutzwande oder Brandmauern gegen einander geschiitzt sein.

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In jeder solcher Arbeitsstatte durfen nicht mehr als 750 kg Pulver vorhanden sein.

Betr&gt die zu bearbeitende Menge trockenen Puivers nicht mehr als 100 kg, so geniigt ein Abstand von 10 m, ohne dafl die vorstehenden Schutzmafiregeln notig sind.

Die nach dem Ausblasesystem hergestellten Gebaude bestehen aus 3 gemauerten Wanden und einer leichten Wand sowie aus einem leichten Pultdach.

Brandmauern miissen die Dachflache, Feuer¬ schutzwande die First der Gebaude um mindestens 0,5 m uberragen; letztere sind als Mauern oder gut versteifte Blechwande auszufuhren.

GebSude mit Brandgefahr. § 4. Die ubrigen Gebaude oder Arbeitsstatten,

bei welchen nur Brandgefahr in Frage kommt, bediirfen keines besonderen Schutzes, wenn sie einen Abstand von mindestens 10 m von einander haben oder bei zusammenhangenden Gebauden Fursorge getroffen ist, daO die rasche Fort- pflanzung des Feuers von einer auf die andere Arbeitsstatte oder auf Nebenraume nicht ein¬ treten kann und die daselbst beschaftigten Per¬ sonen schnell und unbehindert ins Freie gelangen konnen. Betragt der Abstand weniger als 10 m, so sind die einander gegeniiberliegenden Wande als Brandmauern auszubilden, oder es sind Feuer¬ schutzwande zwischen ihnen anzubringen.

Magazine und Pulver trockenhauser ohne Vacuumschranke mussen, wenn sie nicht min¬ destens 50 m von anderen- Gebauden und von einander entfernt liegen, feuersicher hergestellt sein oder mit Feu erschutz wanden umgeben werden.

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AufenthaltsrSume.

§ 5. Den Pulverarbeitern sind geeignete Raume fur den Aufenthalt wahrend eines Gewitters zur Verfugung zu stellen.

Baumaterial.

§ 6. Bei Neubauten sind die Gebaude mit Ex¬ plosionsgefahr aus leichtem, gegen die erste Ein¬ wirkung des Feuers widerstandsfahigem Material, die Gebaude des brandgefahrlichen Betriebes feuersicher herzustellen.

Ablagestellen..

§ 7. In der Nahe der Pulverarbeitshauser sind nach Bedarf (siehe § 31) feuersichere Ablage¬ stellen zur einstweiligen Unterbringung der aus einer Arbeitsstatte in die andere iibergehenden Zwischenfabrikate anzulegen.

Fenster, Tiiren, Innenanstrich, FuBbSden.

§ 8. Die Arbeitsraume sind mit grofien Fenstern und Tiiren zu versehen, letztere mussen nach auOen aufschlagen. Zu den Fenstern ist blasen- und warzenfreies Glas zu verwenden. Die nach der Sonnenseite zu gelegenen Fenster¬ scheiben sind aus Mattglas herzustellen oder zu blenden.

Die inneren Wandflachen sind in Werken, in welchen sich Pulverstaub bildet, mit einem abwaschbaren Anstrich zu versehen.

Die FuOboden sind entweder aus Zement herzustellen und mit Linoleum zu belegen oder aus einem weichen, elastischen Material ohne besonderen Belag anzufertigen.

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Umgebung. § 9. Das Fabrikgelande ist, soweit es die Art

des Gelandes gestattet, mit Laubholzbaumen und Strauchwerk zu bepflanzen; auOerdem ist besonders in der nachsten Umgebung der Pulver¬ hauser fur die Unterhaltung eines guten, kurz zu haltenden Graswuchses zu sorgen.

Vorplatze. § 10. Zur Verhiitung des Einwehens von Sand

und Staub usw. sind die unmittelbar an den Pulverarbeits- oder Aufbewahrungsgebauden liegenden Wege mit Brettlagen oder Gerber- lohe und dergleichen zu bedecken, oder es ist auf sonst geeignete Weise der erwahnten Ge¬ fahr vorzubeugen.

Gerberlohe, Brettlagen usw. sind feucht zu halten.

Trockenhorden.

§II. In den Trockenhausern ist das fiir die Gestelle und Horden zur Verwendung gelangende Holz gegen die erste Einwirkung des Feuers widerstandsfahig zu machen.

Entluftung.

§ 12. In Pulverherstellungsraumen, in denen sich entziindliche oder gesundheitsschadliche Dampfe entwickeln konnen, ist fur gute Ent¬ luftung zu sorgen.

LQschvorrichtung.

§ 13. Uber den Walz- und Schneidewerken, die zur Verarbeitung leicht entziindlicher Pulver¬ masse, insbesondere von nitroglyzerinhaltigen Pulvern, gebraucht werden, ist eine Kippmulde

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oder dergleichen fur Loschwasser anzubringen, die sowohl im Raume selbst als auch von aufler¬ halb des Gebaudes zu rascher Entleerung ge- bracht werden kann.

Ableiten der Elektrizitat. § 14. Metallene Gefafle und Apparate, welche

Aceton oder Ather oder mit diesen getrankte Pulvermasse enthalten, sind zur Vermeidung elektrischer Ladungen in alien ihren Teilen zu erden.

Blitzschutz. § 15. Alle Gebaude, in welchen sich Pulver

und leicht brennbare Stoffe befinden, sind mit einer Blitzschutzanlage zu versehen, wenn diese bei der ortlichen Lage, Bodenbeschaffenheit und Bauart geboten erscheint. Vorhandene Blitz¬ schutzanlagen sind stets in gutem Zustande zu erhalten und mussen jahrlich mindestens einmal sachverstandig gepruft werden. Das Ergebnis der Prufung ist in ein dauernd aufzubewahrendes Buch einzutragen, welches dem Aufsichtsbeamten auf Verlangen vorzulegen ist. Die Prufung hat sich sowohl auf die oberirdische wie auf die Erdleitung zu erstrecken.

II. Beleuchtung.

Beleuchtung. § 16. Die Beleuchtung dart nur entweder

durch elektrisches Gluhlicht in Doppeibirnen, deren Hauptleitung, Ausschaltung und Sicherung auflerhalb des Gebaudes liegt, oder von auflen durch Lampen geschehen, die durch ein Ge¬ hause geschiitzt und durch starke, dicht schlieflende Glasscheiben von den Pulverraumen

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abgeschlossen sind. Lampen diirfen nur mit Riibol oder solchen Brennstoffen gespeist werden, bei denen eine Explosion ausgeschlossen ist.

Als bewegliche Beleuchtungskorper im Innern der Gebaude sind nur elektrische, mit Elementen oder Akkumulatoren versehene Gliihlampen zu- liissig.

Jede Ablagerung von explosivem Staub -an der Lichtquelle ist zu verhiiten. Elektrische Beleuchtungen miissen stets in gutem Zustande erhalten und daraufhin alle Jahre einmal sach¬ verstandig gepruft werden.

Die Besorgung der Laternen und Lampen hat in einem dafiir bestimmten Raume zu ge¬ schehen; es sind damit besondere Arbeiter zu beauftragen, welche sie brennend wieder an ihren Bestimmungsort zu schaffen haben. Den Laternenanziindern ist das Betreten der Pulver¬ raume zu verbieten.

/// Heizung und Trocknung.

Heizung.

§ 17. Zur Erwarmung der Raume, in denen Nitrozellulose getrocknet wird, darf, wenn die Heizung im Raume selbst liegt, nur Warmwasser- heizung, fur die Pulverherstellungs-, Trocken- und Lagerraume, sowie fiir die Raume zur Auf¬ bewahrung nitroglyzerinhaltiger Rohmasse auch Niederdruck - Dampfheizung verwendet werden. Liegt die Heizung auflerhalb dieser Raume, so kann Hochdruck-, Dampf- oder Wasserheizung in Anwendung kommen.

Die Heizkorper, die in geniigender Ent¬ fernung von brennbaren Materialien angebracht sein mussen, sijid gegen die Ablagerung von

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Pulverstaub zu schutzen. Zur Beobachtung etwaiger Staubablagerung ist ein geeigneter Anstrich zu verwenden.

Die Durchgange der Leitungsrohre durch die Mauern sind dicht zu halten. Die Feuer¬ ziige der Heizanlage und der Schornsteine diirfen nicht in die Mauer der Betriebs- oder Lagerraume eingebaut sein. Die Schornsteine, deren Hohe nicht mindestens 20 m betragt, sind mit Funkenfanger zu versehen. Die Bedienung der Feuerungen ist besonderen Arbeitern zu ubertragen, welche Pulverraume nicht betreten diirfen.

Die Feuerung der Wasser- oder Dampf¬ heizung mufl sich in einem besonderen, massiv gebauten Raume befinden.

Zum Anheizen ist die Verwendung von Stroh, Hobelspanen und ahnlichem funkengebenden Brennmaterial zu verbieten.

Trocknung. § 18. Das Trocknen von Nitrozellulose ist,

soweit es deren Verwendungszweck gestattet, zu vermeiden.

Die Hochsttemperatur in den Trockenhausern fur Nitrozellulose und nitroglyzerinhaltiges Pulver soil + 500 C., fur Nitrozellulosepulver -f 850 C. nicht iiberschreiten. Auf einer entsprechenden Vorrichtung mufl die Temperatur auf zh. 1 0 C. genau abgelesen werden konnen, ohne dafl ein Betreten des Trockenhauses notig wird.

Beim Trocknen der Nitrozellulose ist ein Verstauben derselben nach Moglichkeit zu ver¬ meiden. Die Darrhorden mussen so beschaffen sein, dafl sich der Staub auf denselben iiberall leicht erkennen (dunkle Beizung) und beseitigen

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laflt. Das Abwischen mit feuchten Schwammen oder Tuchern hat taglich wiederholt griindlich zu erfolgen.

Die Darrhorden diirfen auf ihren Unterlagen nicht geschoben werden, wie iiberhaupt jede Reibung bei trockener Nitrozellulose vermieden werden mufl.

IV. Maschinen.

Kraftmaschinen. Elektrische Anlagen.

§ 19. Die Aufstellung von Kraftmaschinen in Pulverarbeitsraumen ist nicht zulassig.

Elektromotoren durfen auch in Raumen, in welchen sich entziindliche Dampfe (Ather, Ace¬ ton, Alkohol usw.) entwickeln, nicht aufgestellt werden; ebensowenig in Raumen, in welchen sich Pulverstaub ablagern kann.

Die Verwendung gekreuzter Riemen ist zu vermeiden.

Ausschalter und Regulierwiderstande fiir Elektromotoren sind auflerhalb der Gebaude resp. Pulverherstellungsraume in verschlieflbaren Kasten unterzubringen.

Starkstromanlagen und zugehorige Schalter, Drahtleitungen, Sicherungen usw. sind nur auflerhalb der Gebaude zulassig.

Arbeitsmaschinen.

§ 20. An den Pulverarbeitsmaschinen ist die Reibung von Eisen auf Eisen zu vermeiden so¬ wie fur zuverlassige Schmierung der sich reiben¬ den Teile, fur leichte Zuganglichkeit derselben und fur m6glichste Fernhaltung des Pulverstaubes zu sorgen.

So

V. Transportgefafe.

Glasb aliens.

§ 21. Transportgefafle fur Ather, Alkohol, Aceton usw. aus Glas durfen innerhalb des eigentlichen Fabrikationsbetriebes nicht ver¬ wendet werden.

FSsser, SScke usw. § 22. Die Fasser,Sackeund sonstigen Behalter,

in welche Pulver oder Pulvermasse auf genommen werden soil, miissen dicht sein, so dafl ein Ver¬ streuen oder Verstauben ausgeschlossen ist.

Zum Fortschaffen der Pulvermasse von einem Werk zum andern sind nur bedeckte Gefafle oder dichte Sacke zu verwenden.

Zum Transport der getrockneten Nitrozellu¬ lose durfen die Gefafle nur aus Holz oder Papier- masse bestehen, sie mussen innen glatt sein und gutschlieflende Deckel sowie Handgriffe zum Tragen haben.

Eiserne Nagel und eiserne Schrauben oder sonstige Befestigungs- oder Verschluflteile aus Eisen durfen zu diesen Gefaflen nicht verwendet werden.

VL Rohstoffe und Rohmasse.

Verunreinigungen in den Rohstoffen. § 23. Die Rohmaterialien sind von Fremd-

korpern zu reinigen. Die zur Verwendung kommende Nitrozellulose und Paste ist in feuchtem Zustande durch geeignete Siebe durchzulassen.

Temperatur in den Lagerraumen. § 24. Fur nitroglyzerinhaltiges Pulver darf die

Temperatur in den Raumen zur Aufbewahrung

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der Rohmasse, den Ablagehausern, den Pulver¬ werken und den Trockenhausern nicht unter + 100 C. sinken.

VII. Abfallstoffe.

Verschiittetes,

§ 25. Verschuttetes Pulver, Pulverstaub und verschiittete Pulvermasse sind, soweit sie als verunreinigt anzusehen sind, in ein besonders dafiir bezeichnetes Kehrichtfafl zu werfen, welches in oder bei den Arbeitsraumen vorhanden sein mufl.

Diese Abgange durfen nicht in den Boden vergraben werden. Soweit ihre Reinigung mog¬ lich, konnen sie zur weiteren Fabrikation ver¬ wendet werden, anderenfalls sind sie an einem hierfur bestimmten Ort unter Aufsicht mindestens wochentlich zu verbrennen.

AbwSsser.

§ 26. Nitroglyzerinhaltige, beim Walzen usw. frei werdende Abwasser sind zu sammeln und durch Behandlung mit Kalk, Soda oder der¬ gleichen unschadlich zu machen.

VIII. Besondere Vorschriften fiir den Betrieb.

KnetmasiQhinen.

§ 27. Vor dem Beschicken der Knet- und Mischwerke mit Nitrozellulose-Pulvermasse sind die Stellen, an welchen die Welle durch den Be¬ halter £eht, gut mit Losemitteln anzufeuchten.

Bei nitroglyzerinhaltigen Pulvermassen sind diese Stellen von anhaftender Pulvermasse sorg¬ faltig zu reinigen und zu schmieren. *

8J

Trockene Nitrozellulose. § 28. Das Einbringen trockener Nitrozellulose

in Knetmaschinen ist aufs strengste zu untersagen, ebenso jedes Schieben und Stoflen von Gefaflen, die mit trockener Nitrozellulose gefiillt sind. Im Ansatzraum darf sich nie mehr als ein mit Nitro¬ zellulose gefulltes Gefafl befmden.

Die getrocknete Nitrozellulose darf erst dann von den Trockenhorden in die TransportgefaOe eingefiillt werden, wenn sie sich bis auf die Auflentemperatur abgekiihlt hat.

Reinhalten der GefaCe. § 29. Fasser und andere Gefafle mussen vor

dem Hineineinbringen in ein Pulverhaus sorgfaltig von Sand und Erde befreit, die leeren Fasser auch innen gut gereinigt werden. Die Gefafle sind unter Vermeidung von Stoflen und Schieben behutsam fortzubewegen.

Verbotene Arbeiten in den Pulverraumen. § 30. In den Pulverarbeitsraumen diirfen keine

anderen Arbeiten, als der Betrieb erfordert, vor¬ genommen werden.

AnhSufung von Materialien. § 31. In den Pulverherstellungs- und Ver-

packungsraumen ist jede durch den Betrieb nicht gebotene Anhaufung von Pulver und Roh¬ stoffen zu vermeiden.

Magazine. § 32. In den Magazinen fiir rauchschwaches

Pqlvcr durfen nicht gleichzeitig andere Spreng- stoffe, wie Schwarzpulver, Schieflbaumwolle usw, gelagert werden.

83

Freihalten der Ausg&nge. § 33. Turen und Vorplatze der Gebaude

mit Explosionsgefahr mussen stets frei bleiben und durfen auch voriibergehend nicht verstellt, die Turen wahrend der Arbeitszeit auch nicht verschlossen werden.

Putzwolle. § 34. Gebrauchte Putzwolle und gebrauchte

Putzlappen sind am Tage im Arbeitsraum in be¬ sonderen Behaitnissen aufzubewahren und abends aus den Betriebsgebauden zu entfernen. Auch die Anhaufung leicht brennbarer Stoffe neben diesen Gebauden ist unstatthaft.

Ordnung und Reinlichkeit. § 35. In den Pulverfabriken mufl iiberall die

groflte Ordnung und Reinlichkeit herrschen. Das Hineintragen oder Hineinwehen von Erde oder Sand in die Pulverraume ist moglichst zu ver¬ hindern. Vor den Eingangen mussen geeignete Vorrichtungen zum Reinigen des Schuhzeuges vorhanden sein (Matten, Decken, holzerne Ab- streichroste.)

Fuflbekleidung. § 36. Jeder in die Pulverarbeitsraume Ein¬

tretende hat vorher seine Fuflbekleidung zu reinigen. Beim Eintritt in Trockenhauser fur Nitrocellulose und in Gebaude mit Pulverstaub- entwicklung mussen Filzschuhe oder Lederschuhe ohne Eisenstifte oder ebensolche Pantoffeln ge¬ tragen wsrdep, oder das Schuhzeug ist abzu- legen.

Es sbd Filz- oderLederglchuhe oder Pantoffeln vorgeoamHier Art in geniigender Anzahl bereit zu halten*

8*

Reinigung der R&ume. § 37. Samtliche Werke und Arbeitsraume

mussen mindestens in jeder Woche einmal griind¬ lich gereinigt werden. Fuflboden, Wande, Decken, Maschinen usw. sind vom Staube zu reinigen.

Bereithalten von Wasser. § 38. Vor den Pulverwerken mufl stets

Wasser zur Verfugung stehen, soweit es die Temperaturverhaltnisse gestatten.

Gewitter. § 39. Wahrend der Dauer eines Gewitters,

welches sich uber dem Betriebsort entladet, ist die Arbeit in den Pulverherstellungs-, Pack- und Lagerraumen einzustellen. Die Arbeiter sind an- zuhalten, diese Raume zu verlassen. Maschinen, die unter Aufsicht arbeiten mussen, sind still¬ zusetzen.

AbschlieDen der Tiiren. § 40. Nach Schlufl der Arbeit sind die Turen

der Werke zu verschlieflen und die Schliissel an den dazu bestimmten Ort zu bringen.

IX. Ausbesserungs- und Erneuerungsarbeiten.

Reparaturen.

§ 41. Vor Beginn von Ausbesserungs- oder Er¬ neuerungsarbeiten an Gebauden, Einrichtungen und Maschinen in den Raumen mit feuergefahr- Hchem Inhalt sind samtliche leicht entzundlichen Stoffe aus dem Raume zu entfernen. Auch sind vorher die Maschinen und der Fuflboden von anhaftendem Staub oder festsitzender Pulver¬ masse griindlich zu reinigen und nach Erfordern anzufeuchten.

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Alle Reparaturarbeiten durfen erst dann be- gonnen werden, nachdem der zustandige Be- triebsfuhrer oder Meister auf Grund vorher er- langter Oberzeugung, dafl alle Vorsichtsmafl- regeln genau erfiillt sind, die besondere Erlaubnis dazu erteilt hat.

X. Sonstige Vorschriften.

Fremde Personen. § 42. Frauen und Kindern der Arbeiter sowie

fremden Personen, soweit nicht gesetzliche Vor¬ schriften dem entgegenstehen, ist der Zutritt zu den Herstellungs- und Lagerraumen nur mit Ge¬ nehmigung der Betriebsleitung und in Gegen- wart eines Betriebsbeamten gestattet.

Jugendliche Arbeiter.

§ 43. Bei der Herstellung und Verpackung von rauchschwachem Pulver durfen jugendliche Arbeiter nicht angestellt werden. Es sind nur nuchterne und zuverlassige Leute zu beschaftigen.

Geistige Getranke. Mahlzeiten.

§ 44. In der Fabrik ist der Genufl geistiger Getranke aufler Bier und Obstwein zu verbieten; bei der Arbeit auch der Genufl der letzteren. Das Einnehmen der Mahlzeiten in den Pulver¬ arbeitsraumen ist zu verbieten.

Rauchen. § 45, Soweit das Rauchen iiberhaupt gestattet

ist, darf es nur in den von den Betriebsleitern angewiesenen Raumen geschehen, woselbst dann eine Gelegenheit zur Aufbewahrung der Rauch- gerate vorhanden sein mufl.

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Ziindholzer. § 46. Innerhalb des Fabrikgelandes durfear

nur Sicherheitsziindholzer verwendet werden.

Mitbringen von eisernen Gegenstanden. § 47. Feuerzeug und eiserne Gegenstande,

wie Schliissel, Messer und dergleichen, diirfen in die Betriebsraume nicht mitgenommen werden. Es ist hieruber eine geeignete Kontrolle auszuiiben.

Dienstvorschrift fttr Beamte, Meister. § 48. Betriebsbeamte und Meister sind mit aus¬

fiihrlicher Dienstvorschrift zu versehen und hierauf durch Handschlag von der Betriebsleitung zu verpflichten.

Feuerlbschgerate. § 49. Die Fabrik mufl mit stets gebrauchs¬

fahigen Feuerloschgeratschaften versehen sein, welche monatlich mindestens ein Mai einer Priifung auf ihre Brauchbarkeit zu unterziehen sind.

Anziinden von Feuer. § 50. Es ist darauf zu halten, dafl im Um

kreis von 300 m um die Fabrik keine Feuer im Freien angeziindet werden.

Wirkungskreis, § 51. In den Arbeitsraumen durfen skh nur

diejenigen Arbeiter aufhalten, welche darin nach den Bestimmungen der Betriebsleitung beschaftigt werden. Jedem Arbeiter ist ein bestimmter Wirkungskreis anzuweisen. Der Betrieb ist so anzuordnen, dafl die Arbeiten regelmaflig inein- andergreifen und nirgends Verwirrung oder eine groflere Ansammlung von Menschen ufld Material entstehen kann.

a?

Verhalten bei Branden. § 52. Samtliche Arbeiter sind uber ihr Ver¬

halten bei vorkommenden Branden genau zu be¬ lehren. Sie sind besonders auf die Gefahren der sich dabei entwickelnden nitrosen Gase aufmerk¬ sam zu machen. Das Wiederbetreten der Raume nach einem Brande ist erst nach ausreichender Luftung zu gestatten.

b) Vorschriften fiir Arbeitnehmer. /. Allgemeine Vorschriften.

Geistige Getranke. § 53. In der Fabrik ist der Genufl geistiger4

Getranke, aufler Bier und Obstwein, verboten; bei der Arbeit auch der Genufl der letzteren.

Das Einnehmen der Mahlzeiten in den Pulver¬ arbeitsraumen ist untersagt.

Rauchen, ZttndhSlzer. § 54. Soweit das Rauch&i iiberhaupt gestattet

ist, darf es nur in den von der Betriebsleitung angewiesenen Raumen geschehen, woselbst auch Zigarren und Rauchgerate, wie Pfeifen, Ziind¬ holzer und Feuerzeug, aufzubewahren sind.

Auf Arbeiter zur Bedienung der Feuerungen findet die vorstehende Bestimmung beziiglich der Ziindholzer keine Anwendung, doch durfen sie nur Sicherheitsziindholzer benutzen und sind dafiir verantwortlich, dafl letztere nicht in die Hande der Pulverarbeiter kommen.

Vor dem Betreten der fur das Rauchen zu- gelassenen Raume ebenso wie vor dem Ver¬ lassen der Fabrik sind die Arbeitsiiberkleider abzulegen und Kleidung, Hande und Gesicht von Pulverstaub zu reinigen.

Mitbringen eiserner Gegenstande. § 55. Messer, Schliissel und sonstige eiserne

Gegenstande sind beim Betreten der Fabrik abzuliefern.

Verkehr in der Fabrik. § 56. Die Arbeiter haben den ihnen zu¬

gewiesenen Wirkungskreis einzuhalten, sie durfen Raume, in denen sie nicht zu arbeiten haben, ohne besondere Erlaubnis nicht betreten. Nament- lich ist den in Pulverarbeitsraumen beschaftig¬ ten Arbeitern der Eintritt in die Raume der .Feuerungsanlagen streng verboten, sowie um- gekehrt den in Feuerungsanlagen Beschaftigten und den Laternenanzundern das Betreten der Pulverraume.

Zutrager sind anzuweisen, das Werk sofort nach ihrer Verrichtung su verlassen.

Reinlichkeit § 57. In den Pulverarbeitsraumen mufl uber-

all die groflte Reinlichkeit herrschen. Jeder Ein¬ tretende hat sich der an den Eingangen ange¬ brachten Vorrichtungen zum Reinigen des Schuhzeuges auf das Sorgfaltigste zu bedienen. Wo bei der Beschaffenheit der Wege das Hinein¬ tragen von Schmutz oder Sand durch Abtreten der Fufle nicht verhindert werden kann, ist beim Betreten der Raume das Schuhzeug zu wechseln oder es sind Uberschuhe zu benutzen.

Beim Betreten der Raume mit Pulverstaub- entwicklung und der Trockenhauser fiir Nitro¬ zellulose mussen Filzschuhe oder nicht mit Eisen¬ stiften genagelte Lederschuhe oder ebensolche Pantoffeln getragen werden, oder das Schuh¬ zeug ist abzulegen.

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Ordnung. § 58. In den Pulverarbeitsraumen mufl iiber¬

all die groflte Ordnung herrschen. Die Tiiren und Vorplatze der Gebaude mit Explosions, oder Brandgefahr mussen stets frei bleiben und durfen auch voriibergehend nicht verstellt, die Tiiren wahrend der Arbeitszeit auch nicht verschlossen werden.

Gebrauchte Putzwolle oder gebrauchte Putz¬ lappen sind am Tage im Abreitsraum inbesonderen Behaitnissen aufzubewahren und abends aus den Betriebsgebaudfn zu entfernen. Auch die An¬ haufung leicht brennbarer Stoffe neben diesen Gebauden ist untersagt. In den Pulverherstel¬ lungs- und Verpackungsraumen ist jede durch den Betrieb nicht gebotene Anhaufung von Pulver und Rohstoffen zu vermeiden.

Andere Arbeiten, als der Betrieb es erfordert, diirfen in diesen Raumen nicht vorgenommen werden.

Nafihalten der Vorplatze. § 59. Bei anhaltend trockener Witterung

mussen die Turschwellen und die unmittelbare Umgebung der Pulvergebaude ausreichend ge¬ naflt werden.

Gewitter. § 60. Wahrend der Dauer eines Gewitters,

welches sich uber dem Betriebsort entladet, haben die Arbeiter die Pulverherstellungs- und Pack- r&ume zu verlassen. Maschinen, die unter Auf¬ sicht arbeiten mussen, sind stillzusetzen.

Brand. § 61. Bei vorkommenden Br&nden haben sich

die Arbeiter, wenn nitrose D&mpfe (rotbrauner

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Rauch) in groflerer Menge entstehen, schleunigSt aus dem Bereich derselben zu entfernen. Das Wiederbetreten der Raume ist erst nach aus¬ reichender Luftung erlaubt.

IL Besondere Vorschriften fiir den Betrieb.

Beleuchtung. § 62. Das Anziinden der Laternen und

Lampen darf nur von den dafiir bestimmten Arbeitern und nur in den hierfiir angewiesenen Raumen geschehen.

Jede Ansammlung von Pulverstaub auf den Lampen ist zu verhiiten.

Heizung. § 63. Die Verwendung von funkenerzeugenden

Brennmaterialien, wie Stroh oder Hobelspane, zum Anheizen ist verboten.

Heizkorper und Rohrleitungen sind frei von Staub zu halten.

Trockenr&ume. § 64. In denTrockenraumen fiir Nitrozellulose¬

pulver darf die Temperatur +85° C., in den Trockenfaumen fiir Nitrozellulose und nitro¬ glyzerinhaltiges Pulver + 500 C. nicht uber¬ steigen und in den letzteren niemals unter + 100 C. sinken.

Beim Trocknen der Nitrozellulose ist ein Ver¬ stauben nach Moglichkeit zu vermeiden. Die Trockenhorden miissen frei von Staub gehalten werden und sind bei Nitrozellulose vor der Neubeschickung, bei Pulver dfters, mit feuchten Schwammen oder Tiichern abzuwischen.

Die Darrhorden durfen auf ihren Unterlagen nicht geschoben werden, wie iiberhaupt jede

Reibung der trockenen Nitrozellulose vermieden Werden mufl.

Die getrocknete Nitrozellulose darf erst dann von den Trockenhorden in die Transportgefafle eingefiillt werden^ wenn sie sich bis auf die Auflen¬ temperatur abgekiihlt hat.

Temperatur in den Lagerraumen. § 65. Fur nitroglyzerinhaltiges Pulver darf die

Temperatur in den Raumen zur Aufbewahrung der Rohmasse, den Ablagestellen und den Pulver¬ werken nicht unter -h 100 C. sinken.

Verschuttetes. § 66. Jedes Verstreuen von Pulver oder

Materialien ist sorgfaltig zu vermeiden. Ver- schiittetes Pulver, Pulverstaub und verschiittete Pulvermasse sind, soweit sie als verunreinigt anzu¬ sehen sind, in ein besonderes, dafiir bezeichnetes Kehrichtfafl zu werfen. Diese Abgange durfen nicht in den Boden vergraben werden.

Knetmaschinen. § 67, Vor dem Beschicken der Knet- und

Mischmaschinen mit Nitrozellulose-Pulvermasse sind die Stellen, an welchen die Welle durch den Behalter geht, gut mit Losemitteln anzufeuchten.

Bei nitroglyzerinhaltigen Pulvermassen sind diese Stellen von anhaftender Pulvermasse sorg¬ faltig zu reinigen und zu schmieren.

Trockene Nitrozellulose, § 68. Das Einbringen trockener Nitrozellulose

in Knetmaschinen ist aufs strengste verboten, ebenso jedes Schieben und Stoflen von Gefaflen, welche mit trockener Nitrozellulose gefiillt sind.

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tm Ansatzraum darf sich nie mehr als ein mit Nitrozellulose gefulltes Gefafl befinden.

Ableiten der Elektrizitat. § 69. Metallene Gefafle und Apparate, welche

Aceton oder mit diesem getrankte Pulvermasse enthalten, sind zur Vermeidung elektrischer Ladungen in alien ihren Teilen zu erden.

GlasgefaDe. § 70. TransportgefaOe fur Ather, Alkohol,

Aceton usw. aus Glas durfen innerhalb des eigent¬ lichen Fabrikationsbetriebes nicht verwendet werden.

Fasser, S&cke. § 71 * ■ Fasser, Sacke oder sonstige Behalter,

in welche Pulver oder Pulvermasse aufgenommen werden soil, mussen dicht sein, so dafl ein Ver¬ streuen oder Verstauben ausgeschlossen ist. Zum Fortschaffen der Pulvermasse von einem Werk zum andern sind nur bedeckte Gefafle oder dichte Sacke zu verwenden.

Fasser und andere Gefafle mussen vor dem Hineinbringen in ein Pulverhaus sorgfaltig von Sand und Erde befreit, die leeren Fasser auch innen gut gereinigt werden.

Die Gefafle sind unter Vermeidung von Stoflen und Schieben behutsam fortzubewegen.

Reparaturen. § 72. Das eigenmachtige Vornehmen von

Reparaturen an Maschinen oder Gebauden ist verboten. Alle Reparaturen durfen erst dann be- gonnen werden, nachdem der zustandige Betriebs- ftibrer oder Meister auf Grund vorher erlangter Oberzeugung, dafl alle Vorsichtsmaflregeln

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genau erfiillt sind, die besondere Erlaubnis dazu erteilt hat.

•Vor Beginn der Ausbesserungs- oder Er¬ neuerungsarbeiten in den Raumen mit feuer- gefahrlichem Inhalt sind samtliche leichtent- zundliche Stoffe aus dem Raum zu entfernen. Auch sind vorher die Maschinen und der Fufl¬ boden von anhaftendem Staub oder festsitzender Pulvermasse griindlich zu reinigen und nach Erfordern anzufeuchten.

c) Atfsfiihrungs- und Strafbestimmungen.

§ 73. Fur die in Gemaflheit vorstetender Bestimmungen zu treffenden Anderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von sechs Monaten vom Tage der amtlichen Bekannt¬ machung durch den Reichsanzeiger gewahrt.

§ 74. Der Genossenschaftsvorstand ist be- rechtigt, die Frist fur die Einfuhrung der Betriebs- einrichtungen, wie sie in diesen Vorschriften gefordert werden, auf Antrag des betreffenden Unternehmers und Befurwortung des Sektions- vorstandes zu verlangern.

Wenn es sich herausstellen sollte, dafl die in den §§ 1 — 72 gegebenen Vorschriften in einzelnen Fallen ohne erhebliche Schwierig¬ keiten und unverhaltnismaflige Kosten nicht aus¬ gefuhrt werden konnen, so sollen etwaige Ab¬ weichungen der Genehmigung des Genossen¬ schaftsvorstandes auf Antrag des Betriebsunter- nehmers und nach Anhorung des'technischen Aufsichtsbeamten unterliegen.

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, dije Ausfuh¬ rung der Vorschrifteft fur die Arbeitnehmer zu

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ermoglichen und fur die Erfiillung derselben Sorge zu tragen.

§ 75. Bezuglich der Bekanntgabe dieser-Vor¬ schriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhiitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnittes III der Revi¬ dierten allgemeinen Unfallverhiitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen In¬ dustrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

C. Sprengzlindhatcfcen- und Ztindhtitchen-FabfikeD. Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 5. August 1897

und 16. Mai 1903. Veroffentlicht im MReichs-Anzeigera vom 14. August 1897

und 19. Juni 1903.

An die Stelle der Abteilung II der unter dem

16. September ■l89I erlassenen besonderen Unfall¬ verhiitungsvorschriften fur Sprengstpff-Fabriken treten mit dem Tage der Verdffentlichung im Reichs-Anzeiger nachstehende Bestimmungen:

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhiitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten fur Spreng- ziindhutchen- und Ziindhutchen - Fabriken fol¬ gende Bestimmungen:

a. Vorschriften fiir die Arbeitgeber. /. Allgemeine Bestimmungen.

§ 1. Bei Herstellung der Sprengetoffe diirfen jugendliche Arbeiter nicht angestellt wtjrden. Es sind nur nuchterne und zuverlassige Leute zu beschaftigen.

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§ 2. Fremden Personen soil der Zutritt nur unter besonderer Erlaubnis und in der Regel nur unter zuverlassiger Begleitung gestattet sein,

Bauanlagen und GebSude.

§ 3. Das Fabrikgrundstiick, auf welchem die Sprengstoffe hergestellt werden, muss mit einer geeigneten Umzaunung umgeben sein, welche das unbeabsichtigte Betreten moglichst verhindert. Das unbefugte Betreten ist auch durch Warnungstafeln an den Zugangen zu verbieten.

§ 4. Die Gebaude, in denen trockner Spreng- stoff aufbewahrt und verarbeitet wird, sowie Sprengzundhiitchen verpackt und letztere, oder solche Ziindhutchen, welche gleiche Explosions¬ gefahr haben, gelagert werden, mussen einzeln mit sicheren Erdwallen (vergl. § 37) oder Mauern umgeben sein. Der Anbau der Lademaschine ist nach der Ausblaseseite durch Erdwall zu sichern.

Die Walle miissen die Dachtraufe der ein¬ geschlossenen Gebaude um mindestens 1,0 m iiberragen.

Die Gange durch die Walle durfen nicht in der Schusslinie nach Verkehrswegen oder nahen Gebauden angelegt sein.

§ 5. Die Vorplatze der von den Schutz- wallen eingeschlossenen Gebaude und die Gange durch die Walle mussen so hergestellt sein, dass sie sich leicht reinhalten lassen.

Fusswege und Treppen innerhalb der Fabrik, auf denen Sprengstoffe transportiert werden, sind im Winter schneefrei zu halten und bei Glatteis zu bestreuen.

§ 6. Die Gebaude zur Aufbewahrung von trocknem Sprengstoff, das Trocken-, Korn- und Siebhaus, sowie Vorderwand unci Daeh des An-

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baues des Ladehauses miissen in leichtem Ma¬ terial ausgefuhrt sein.

§ 7. Das Holzwerk der Gebaude mit Ex- plosivgefahr muss tunlichst mit Wasserglas oder sonstigen geeigneten Mitteln gegen die Ein¬ wirkung von Feuer moglichst widerstandsfahig gemacht sein.

§ 8. Die der Sonnenseite zu* belegenen Fensterscheiben der Gebaude mit Explosivgefahr miissen geblendet sein.

§ 9. Die Tiiren der Gebaude mit Explosiv¬ gefahr sollen nach aussen aufschlagen.

§ 10. Die Fussboden der Raume, in denen Sprengstoff in losem trockenem Zustande auf¬ bewahrt, Sprengstoff getrocknet, gekornt, ge- siebt, sowie in die Transporibehdlter gefiillt wird, miissen aus Asphalt oder Zement oder aus Brettern durchaus glatt und dicht hergestellt sein. Im letzteren Falle sind die metallischen Befestigungsmittel zu versenken und zu verkitten.

Diese Fussboden miissen einen Belag aus Weichblei, Kautschuk, Linoleum oder einem ahnlichen dichten weichen Stoff erhalten. Dar- iiber ist an den Verkehrsstellen nocli ein Teppich- oder Wachstuch-Laufer zu legen.

Die Fussboden der Raume, in den$n Ziind¬ hutchen gepresst werden, mussen ebenfalls aus Asphalt oder Zement, oder aus Brettern glatt und dicht hergestellt sein, so dass sich der Sprengstoffstaub leicht entfernen lasst.

Die Fussboden aller Raume zur Gewinnung des Knallquecksilbers sind aus Asphalt oder Zement oder sonstigem festen Material glatt und ohne Fugen herzustellen.

Die Innenseite der Wande der Raume, in denen Sprengstoff verarbeitet wird, mussen dicht

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und glatt und so gearbeitet sein, dass sie ni ;lit abbrockeln.

§11. Vorhandene Blitzableiter miissen stets in gutem Zustande gehalten und jahrlich min¬ destens einmal durch Sachverstandige gepriift werden. Die Prufung hat sich sowohl auf die oberirdische, wie auf die Erdleitung zu er¬ strecken.

§ 12. In Sprengzundhiitchen- und Ziind- hutchenfabriken muss die grosste Ordnung und Reinlichkeit herrschen.

§ 13. Das Hineintragen oder Hineinwehen von Erde oder Sand in die Raume mit Explo¬ sionsgefahr ist moglichst zu verhindern. Vor den Eingangen mussen geeignete Vorrichtungen zum Reinigen des Schuhzeuges angebracht sein.

§ 14. Fremden Personen darf das Betreten solcher Raume nur mit Filzschuhen gestattet werden.

Heizung.

§ 15. Die Beheizung der Raume muss durch Dampf oder Wasserheizung bewirkt werden.

Die Heizkorper sind gegen das Auflagern von Sprengstoff-Staub moglichst zu schiitzen.

Transportgef&sse. § 16. Zum Transport und zur Herstellung

von Sprengstoff durfen mangelhafte oder unganze Gefasse nicht benutzt werden.

Die Transportbehalter fur den zum Ein- fullen fertigen Sprengstoff mussen aus leichten unzerbrechlichen Gefassen mit glatten innern und aussern Wandungen bestehen, welche mit leichten, keine Reibung verursachenden Deckeln verschlossen sind. Diese Gefasse mussen leicht zu handhaben sein. 7

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Die samtlichen anderen Gefasse fiir halb- trockene und trockene Explosivstoffe mussen aus Guttapercha, Oelpappe oder ahnlichen glatten nicht metallischen Stoffen bestehen.

Bewegliche Henkel durfen an den vorge- nannten Gefassen nicht angebracht sein.

Es ist strenge daruber zu wachen, dass die Gefasse, in denen sich Sprengstoff befunden oder niedergeschlagen hat, nach dem Gebrauch stets sorgfaltig gereinigt oder im Innern feucht erhalten werden.

Abfallstoffe.

§ 17. Unbrauchbare Abfalle von Explosiv- stoffen sind unter Wasser aufzubewahren und ist denselben die Explosionsfahigkeit nach den besten bekannten Methoden moglichst bald zu ent- ziehen.

Der lose Sprengstoff aus den Sprengzund¬ hiitchen und den Ziindhutchen ist im Wasser oder in sonstiger Weise ungefahrlich zu machen,

Verschiedene Vorschriften.

§18. Bei der Herstellung von Knallqueck- silber und bei der Verarbeitung von dessen Neben- und Abfallprodukten mussen die Arbeiter durch geeignete Vorrichtungen moglichst gegen das Einatmen der sich dabei entwickelnden schadlichen Gase geschiitzt sein.

Diese Vorrichtungen mussen auch dort an¬ gebracht sein, wo sich Quecksilberdampfe in grosserer Menge entwickeln.

§ 19. Ueberall, wo Sprengstoffe zur Ver¬ arbeitung kommen, ist strenge daruber zu wachen, dass der sich entwickelnde Staub sich nicht ge- fahrbringend irgend wo anhaufen kann.

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Ii. Bestimmungen fur besondere Abteilungen., Knallquecksilber.

§ 20. Knallquecksilber ist bis zu dessen Ver- mischung in dichten glatten Gefassen in feuchtem Zustande zu bewahren und zu erhalten.

KSrnen, Trocknen, Sieben und Mischen. § 21. Das Kornen und das Sieben von

halbtrockenem und trockenem Sprengstoff muss moglichst auf maschinellem Wege erfolgen, unter Anwendung geeigneter Schutzvorrichtungen.

Im Siebhause darf nur ein einziger Arbeiter beschaftigt werden.

§ 22. Die Arbeitstische der Raume, in denen Sprengstoff gemischt, getrocknet, gekornt oder gesiebt wird, sind, wo es die Arbeitsweise ge¬ stattet, mit dickem Wollgewebe oder Teppich, und diese wieder mit Wachstuch allein so zu belegen, dass der Belag nicht abrutscht. Es ist aber auch die Verwendung von Platten aus Hart¬ gummi oder ahnlichem Material allein gestattet.

§ 23. Die Rahmen, auf denen die Spreng¬ stoffe zum Trocknen ausgelegt werden, miissen aus leichtem glatten Holz und einem zwischen- gespannten Geflecht aus Bindfaden, Seide, Gaze oder einem ahnlichen Stoff hergestellt sein.

Wenn diese Rahmen in den Trockenhausern auf die Latten lose aufgelegtvj^xA^w^ so mussen letztere mit Wollstoff und dieser wieder mit glattem Wachstuch dicht umhiillt sein.

Ftillen, Laden, Pressen. § 24. Das Einbringen der leeren Sprengzund-

hutchen-Hiilsen In die Ladeloffel soli in einem Raum vorgenommen werden, der von dem Raume zur Bedienung der Lademaschinen und Pressen ab-

getrennt und mit demselben nur durch eine Oeffnung zum Durchreichen der Ladeloffel verbunden ist.

§ 25. Das Oberteil der Ladeloffel soil aus einem durch die Luftfeuchtigkeit nicht beein- flussten Material, wie z.'B. Hartgummi, hergestellt sein, und die Hiitchen in den Lochern einen moglichst geringen Spielraum haben.

§ 26. Gegen die Wirkung von Explosionen in der Lademaschine sind die Arbeiter in den Ladehausern durch Panzerplatten an diesen Ma¬ schinen und sonstige Einrichtungen zu schiitzen.

§ 27. Die Lademaschinen miissen so ein- gerichtet sein, dass sie keine grossere Menge als 500 Gramm Sprengstoff fassen.

Dieselben miissen taglich wiederholt gereinigt werden, jedoch erst, nachdem sie vom Pressen- raum aus entleert worden sind.

§ 28. Ueberall, wo die gefiillten Transport¬ behalter des zum Einfiillen fertigen Sprengstoffes zur Aufbewahrung hingestellt werden, muss die Unterlage mit Sagemehl bedeckt werden.

§ 29. Bei Sprengzundhiitchen oder Ziind- hiitchen mit gleicher Explosionsgefahr ist dafiir Sorge zu tragen, dass die Arbeiter gegen die Einwirkung einer Explosion in der Presse ge¬ schiitzt sind, ebenso sind geeignete Vorrichtungen zu treffen, dass eine Explosion in der Presse sich nicht auf die fertig gwordenen Spreng¬ zundhiitchen ubertragen kann. Auch mussen letztere so aufgehoben und so aufbewahrt werden, dass eine Explosion derselben die Arbeiter im Pressraume nicht gefahrdet.

Der Sammelkasten der Sprengzundhiitchen muss ausserhalb des Arbeitsraumes hinter einer solide befestigten und genugend starken Panzer- platte stehen.

|0I

Verpackung* | 30. In dem Raum, in welchem Spreng¬

zundhiitchen in die Schachteln gefiillt, sowie in dem Verpackungsraum, in dem die Schachteln mit Etiketten, Klebestreifen und Umschlag ver¬ sehen und zu Paketen verpackt werden, durfen hochstens je drei Arbeiter oder Arbeiterinnen beschaftigt werden.

Diese Raume sind von einander durch einen Schutzwall zu trennen.

Laden von gew. Ziindhutchen und FloberU Ziindhutchen.

A. Maschinelle Laderei. § 31. Die Lademaschinen mussen so ein-

gerichtet sdn, dass sie keine grossere Menge als 500 Gramm Sprengstoff fassen.

Besondere Anbauten fur die Lademaschinen sind hier nicht erforderlich, falls die in der Lade¬ maschine enthaltene Zundsatzmenge 50 Gramm nicht ubersteigt und durch eine Explosion dieser Menge eine fiir die Gesundheit gefahrliche Ver¬ unreinigung der Luft des Arbeitsraumes aus¬ geschlossen erscheint. Die Lademaschinen sind von dem Full- und Pressraume und von einander durch genugend starke und hohe eiserne Blech- schirme oder Mauern zu trennen, so dass die in dem Raume befindlichen Personen gegen Explosionen geschiitzt sind. Der . § 6 findet, soweit er das Ladehaus betrifft, fur das ma- .sehinelle und Hahdladen keine Anwendung.

§34?, Die fur das Laden verwendeten Loffel ■durfen auch aus Eisen oder Stahl hergestellt sein.

§ 33. Das Reinigen der Lademaschinen hat taglich wiederholt zu erfolg|en, jiachdem sie ver¬ ier entleert sind. Daa Entleeren hat in der

to*

Weise 2u geschehen, dass wahrend desselben keine Person hinter der Schutzwand sich befindet.

§ 34. Die Bedienung der Lademaschinen, insbesondere das Einsetzen, Fiillen und Heraus- nehmen derselben darf nur von erwachsenen zuverlassigen Arbeitern ausgefuhrt werden.

§ 35. Die fertig gepressten Hiitchen sind in ein besonderes Sammelgefass zu entleeren. Ehe dieselben in dieses Sammelgefass gelangen, miissen sie uber ein Messingsieb oder dgl. rollen, damit sie von anhaftendem Zundstaube moglichst befreit werden. Der Ziindstaub ist ' in einem besonderen Kasten so aufzufangen, dass eine Gefahrdung der Arbeiter durch denselben aus¬ geschlossen erscheint.

§ 36. Die Pressen sind nach Moglichkeit mit Schutzblechen zu versehen, so dass bei Explosionen der Ladeloffel die Arbeiter gegen umherfliegende Kupferstiickchen usw. moglichst geschiitzt sind.

B. Handladerei.

§ 37. Das Laden der Ziindhutchen und Flobertziindhiitchen auf Handapparaten ist ge¬ stattet. Hierbei geniigt fiir die Umfassungswande des Gebaudes und die Trennungswand des Laderaums vom Press- und Fiillraum eine einen Stein starke Mauer. Erdschutzwalle sind hier, ebenso wie bei der im Vorhergehenden behan- delten maschinellen Ladeweise — abweichend von der Vorschrift des § 4 — nicht erforderlich. Bei Neuanlagen ist dafur Sorge zu tragen, dass die einzelnen Ladestellen in geeigneter Weisie gegen einander gesichert sind.

§ 38. Bei Handfiillung darf die an einer Ladestelle vorhandene Zundsatzmenge 50 Gramm

*o3

nicht ubersteigen. Bei Verwendung wesentlich geringerer Quantitaten Ziindsatz an einer Lade¬ stelle geniigt es, dass Sicherungen der Arbeiter gegen Verbrennungen getroffen werden, ohne obligatorische Trennung der Raume.

Die Verbindungsoffnungen zwischen Lade- und Pressraum miissen moglichst klein gehalten werden und mit einer selbsttatigen Abschluss- vorrichtung versehen sein. — Die Arbeiter au den Ladestellen sind durch Glasplatten gegen Verbrennungen zu schiitzen. Die Fiillkasten miissen vor Bewegung des Fiillschiebers hintet einen Blechschirm gestellt werden. Das Ab- streichen des Ziindsatzes darf nur mit einem Abstreicher aus weichem Material wie Gumml oder dergl. erfolgen.

Verpackung von gew. Zilndhiiichen und Flobertziindhiitchen.

§ 39. Das Verpacken von gew. Ziindhutchen und Flobertziindhiitchen in Schachteln, Pakete, Beutel oder dergleichen darf nicht mit denjenigen von Sprengzundhutchen in demselben Raume vorgenommen werden. Die Vorschrift des § 30 Abs. 2 findet hierauf keine Anwendung.

b. Vorschriften fiir die Arbeiter. I. Allgemeine Bestimmungen.

§ 40. Soweit das Rauchen iiberhaupt ge¬ stattet ist, darf es nur in den von den Betriebs¬ leitern angewiesenen Raumen geschehen, woselbst sich auch eine Gelegenheit zur Aufbewahrung der Rauchgerate vorfindet.

§ 41. Andere Rauchgerate, als die dort aufzubewahrenden, sowie Feuerzeug darf iiber¬ haupt nicht mit zur Fabrik gebracht werden.

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§ 42- Nach Beendigung der Arbeit mussefi die Arbeiter ihre Kleider, an denen Sprengstoff¬ staub haftet, an gesicherter Stelle im Freien reinigen und Gesicht und Halnde waschen.

Die vorgenannten Kleidungsstucke sind beim Verlassen der Arbeit in der Fabrik zuriickzulassen.

§ 43. Die Arbeiter durfen Raume mit Ex¬ plosionsgefahr, in denen sie nicht zu arbeiten haben, ohne besondere Erlaubnis durchaus nicht betreten.

v§ 44. Die Raume, in denen Sprengstoff ge¬ mischt, getrocknet, gekornt oder gesiebt wird, durfen nur auf Filzschuhen oder Socken betreten werden.

§ 45. Die Raume, in welchen an Sprengstoffen gearbeitet wird, sind stets sorgfaltig rein zu halten.

Namentlich sind auch die Heizkorper stets frei yon Staub zu halten.

§ 46. Zur Herstellung und zum Transport von Sprengstoffen durfen mangelhafte oder un¬ ganze Gefasse, Gerate und Apparate nicht be¬ nutzt werden.

Es ist strenge vorgeschrieben, dass Gef&sse, in denen sich Sprengstoff befunden oder nieder¬ geschlagen hat, nach dem Gebrauch stets sorg¬ faltig gereinigt oder im Innern feucht erhalten werden.

§ 47. Wahrend eines Gewitters, welches sich uber dem Betriebsort entladet, darf sich niemand in den Raumen, in denen Sprengstoff verarbeitet wird, aufhalten.

/Z Besondere Bestimmungen fur einzelne Abteilungen.

Mischen, Kdrnen, Trocknen, Sieben. § 48. Die Raume, in denen das Kdrnen

und Sieben von halbtrockenem oder trockenem

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Sprengstoffe auf maschinellem Wege geschieht, durfen nur beim Stillstande der maschinellen. Vorrichtung betreten werden, ebenso deren Zu¬ gange.

Lademaschine. § 49. Die Lademaschinen sollen taglich

wiederholt gereinigt werden, jedoch erst, nach¬ dem sie vom Pressraume aus entleert worden sind.

c. Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 50. Fur die in Gemassheit vorstehender Be¬

stimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von 6 Monaten vom Tage der offiziellen Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger gewahrt.

Wenn es sich herausstellen sollte, dass die Vorschriften in einzelnen Fallen ohne erhebliche Schwierigkeiten und unzutragliche Kosten nicht ausgefuhrt werden konnen, so sollen etwaige Abweichungen der Genehmigung des Genossen¬ schaftsvorstandes auf Antrag des Betriebsunter- nehmers und nach Anhorung des. technischen Aufsichtsbeamten unterliegen.

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die Aus¬ fuhrung der Vorschriften fiir die Arbeitnehmer zu ermoglichen und fur die Erfiillung derselben Sorge zu tragen.

§ 51. Bezuglich der Bekanntgabe dieser Vorschriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhiitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revi¬ dierten allgemeinen Unfallverhiitungsvorschriften dcr Berufsgenossenschaft der chemischen In¬ dustrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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D. Nitroglyzerinsprengstoff-Fahriken. Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 16. September i8gt

und 16. Mai 1903. Veroffentlicht im BReichs-Anzeiger* vom 10. Oktober 1891

und 19. Juni 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhiitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten fur Nitroglyzerin- sprengstoff-Fabriken folgende Bestimmungen:

a. Vorschriften fiir die Arbeitgeber. I Allgemeine Bestimmungen.

§ 1. Bei Herstellung und Verpackung der Sprengstoffe diirfen jugendliche Arbeiter nicht angestellt werden. Es sind nur nuchterne und zuverlassige Leute zu beschaftigen.

§ 2. Fremden Personen soil der Zutritt nur unter besonderer Erlaubnis und in der Regel nur unter zuverlassiger Begleitung ge¬ stattet sein.

Bauanlagen und Gebaude. § 3. Das Fabrikgrundstuck, auf welchem

die Sprengstoffe hergestellt werden, muss mit einer geeigneten Umzaunung umgeben sein, welche das unbeabsichtigte Betreten moglichst verhindert. Das unbefugte Betreten ist auch durch Warnungstafeln an den Zugangen zu verbieten.

§ 4. Die Gebaude, in denen Nitroglyzerin oder Nitroglyzerinpraparate hergestellt und ver¬ arbeitet werden, miissen einzeln mit einem Erd¬ wall umgeben sein.

Magazine, in denen Nitroglyzerin-Sprengstoffe auf den Fabriken gelagert werden, miissen ent¬ weder vollstandig mit einer dicken Erdschicht bedeckt oder mit Wallen, wie oben, umgeben sein.

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Die Walle mussen die Dachtraufe der ein¬ geschlossenen Gebaude um mindestens i)0 m iiberragen.

Die Gange durch die Walle durfen nicht in der Schusslinie nach Verkehrswegen oder nahen Gebauden angelegt sein.

§ 5. Die Vorplatze der von deij Schutz- wallen eingeschlossenen Gebaude und die Gange durch die Willie mussen so hergestellt sein, dass sie sich leicht rein halten lassen.

Fusswege und Treppen innerhalb der Fabrik, auf denen Sprengstoffe transportiert werden, sind im Winter schneefrei zu halten und bei Glatteis zu bestreuen.

§ 6. Die Gebaude, in denen Nitroglyzerin oder Nitroglyzerinpraparate hergestellt und ver¬ arbeitet werden, miissen in leichtem Material ausgefiihrt sein.

§' 7. Das Holzwerk der Gebaude mit Ex¬ plosionsgefahr muss tunlichst mit Wasserglas oder sonstigen geeigneten Mitteln gegen die Einwirkung von Feuer moglichst widerstands¬ fahig gemacht sein.

§ 8. Die der Sonnenseite zu belegenen Fensterscheiben der Gebaude mit Explosivgefahr mussen geblendet sein.

Samtliche Fensterscheiben dieser, sowie auch in der Nahe belegener Gebaude sind innen mit Drahtnetzen zu versehen.

§ 9. Die Tiiren der Gebaude mit Explosiv¬ gefahr sollen nach aussen aufschlagen.

§ 10. Vorhandene Blitzableiter miissen stets in gutem Zustande gehalten und jahrlich min¬ destens einmal durch Sachverstandige gepruft werden. Die Prufung hat sich sowohl auf die ober¬ irdische, wie auf die Erdleitung zu erstrecken.

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§ 11. InNitroglyzerinsprengstofffabrikenmiiSS die grosste Ordnung und Reinlichkeit herrschen*

Beleuchtung. § 12. Die kunstliche Beleuchtung von Be-

triebsabteilungen mit Explosivgefahr darf nur mittelst zuverlassig isolierter Lampen (Kerzen) bewirkt werden.

Jede Ablagerung von explosiblem Staub an der Lichtquelle muss verhfitet sein.

Bei elektrischer Beleuchtung muss erne Ef* hitzung der Leitungsdrahte und jede Funfcen- erzeugung ausgeschlossen sein. Die Anlage ist von Zeit zu Zeit auf ihre Feuersicherheit sach¬ verstandig zu untersuchen.

DJe Besorg;ung der Lampen und Laternen ist bestimmten Arbeitern zu ubertragen.

Heizung. § 13. Die Beheizung der Raume muss durch

Dampf oder Wasserheizung bewirkt werden.

Abfallstoffe. § 14. Verschuttetes Nitroglyzerin ist sofort

mittelst: Schwamm, Guhr oder in anderer ge¬ eigneter Weise aufzunehmen. Wo dies bet durchlassigem Boden nicht moglich ist, muss die durchtfankte Stelle vorsichtig aufgenommen und an ungefahrlichem Orte nach Anweisung eines Be- amten oder Meisters unschadlich gemacht werden*

Der Filterschlamm ist sorgfaltig auszti- waschen.und an ui^gefahrlicher Stelle aufzube¬ wahren. Die angesammelten Mengen sind von Zeit zu Zdt durch Verbrennung oder in Erd* iSchern durch starke Initialiadungen voti Dyna- mit unter Aufsichj eines Beamten oder Meisters unschadlich zu jnochen.

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§ 15. Filterschlamm, sowie verunreinigtes Nitroglyzerin und Nitroglyzerinpraparate durch Versenken in fliessende Wasser oder Vergraben in die Erde unschadlich machen zu wollen, ist verboten.

Verschiedene Vorschriften.

§16. Bei der Herstellung von Nitroglyzerin- sprengstoffen miissen die Arbeiter durch ge¬ eignete Vorrichtungen moglichst gegen das Ein¬ atmen der sich dabei entwickelnden schadlichen Gase geschiitzt sein.

§ 17. Auf den Saurelagerplatzen sind Kiibel mit Wasser vorratig zu halten, damit bei Ver¬ brennungen durch Saure die Arbeiter die Brand- wunden sogleich mit grossen Mengen Wasser auswaschen konnen.

§ 18. Metall - Gefasse und Leitungen, die mit Nitroglyzerin in Beriihrung gekommen sind, diirfen nicht durch Loten oder Hammern aus- gebessert werden.

Ausgenommen sind diejenigen Gefasse und Leitungen, in denen Nitroglyzerin - Abfallsdure enthalten war. Diese diirfen nach sorgfaltiger Reinigung ausgebessert werden.

Eingeschmolzen diirfen Metallgegenstande, die mit Nitroglyzerin in Beruhrung waren, erst werden, nachdem sie unter Beobachtung der notigen Vorsichtsmassregeln mit hellem Feuer griindlich abgebrannt sind und man sich ver¬ ge wissert hat, dass kein Nitroglyzerin mehr am Gegenstand haftet.

Holz darf da, wo Nitroglyzerin an dem¬ selben haftet, mit Werkzeugen nicht bearbeitet werden.

Bei Abbrtccharbeiten ist die unvermeidliche Anwendung von Werkzeugen nach moglichst sorgfaltiger Reinigung der abzubrechenden Gegenstande und unter Beobachtung der notigen Vorsichtsmassregeln (§ 22) gestattet.

Unbrauchbar gewordene Gegenstande irgend welcher Art, die mit Nitroglyzerin oder Nitro- glyzerinpraparaten in Beruhrung gewesen sind, mussen durch Sprengung oder Verbrennung vernichtet oder, wenn dieses nicht angangig ist, vor weiterer Aufbewahrung durch Abbrennen iiber offenem, hellem Feuer vollstandig unschad¬ lich gemacht werden.

§ 19. Gefrorenes Nitroglyzerin oder Nitro¬ glyzerin enthaltende Praparate und solche ent- haltende Gefasse, Rohrleitungen und Hahne diirfen nur in erwarmten umwallten Raumen oder mittelst warmen Wassers aufge taut werden und zwar nur unter Aufsicht eines Beamten oder Meisters.

§ 20. In den Raumen, in denen Nitrogly¬ zerin hergestellt und verarbeitet wird, darf die Temperatur nicht unter +10° Celsius sinken.

Der auf den Heizkorpern in diesen Raumen sich ablagernde Staub ist griindlich zu entfernen.

§ 21. Wahrend eines sich fiber dem Be¬ triebsort entladenden Gewitters ist die Arbeit in den Patronen - Meng-, Pack- und Trocken- Raumen und wenn moglich auch im Nitrierraum zu unterbrechen.

§ 22. Bei zeitweiligen Umanderungs- oder Ausbesserungs-Arbeiten mit Explosionsgefahr ist nicht nur die Zahl der beschaftigten Arbeiter auf die durchaus notwendige zu beschranken, sondern auch der Verkehr und der Aufenthalt anderer Arbeiter in der Nahe zu verbieten.

IL Bestimmungen fur besondere Abteilungen.

Rohstoffe. § 23. Bevor das Glyzerin in die Nitrier-

gefasse einfliesst, muss es ein Sieb passieren, damit etwaige grobe Verunreinigungen ausge- schieden werden.

§ 24. Samtliche Aufsaugestoffe und Zumisch- -pulver bei der Dynamitfabrikation sind vor ihrer Verwendung durch moglichst feine Siebe zu geben.

Alle fertigen, nicht gelatinierten Nitroglyzerin¬ praparate sind vor ihrer Verarbeitung in Pa- tronenmaschinen aufs sorgfaltigste durchzusieben, zur Auscheidung etwa darin noch vorhandener Fremdkorper.

Die zur Gelatinierung von Nitroglyzerin be¬ stimmte Kollodiumwolle ist in feuchtem Zustande durch moglichst feine Siebe durchzureiben.

Nitrierung, Leitungen. § 25. Nitriergefasse und Scheidetrichter

miissen eine Einrichtung haben, um bei drohen- der Gefahr den ganzen Inhalt in kfirzester Frist in geeignet aufgestellte, mit Wasser gefiillte Sicherheits-Bottiche ablassen zu konnen.

§ 26. Nitriergefasse und Scheidetrichter sind mit Thermometern zu versehen.

§ 27. Da wo die Kegel der Tonhahne an Be¬ haltern oder in Leitungen der Gefahr ausgesetzt sind, herauszufliegen, sollen sie durch geeignete Vorrichtungen daran verhindert werden.

b. Vorschriften fiir die Arbeiter. 1. Allgemeine Bestimmungen.

§ 28. Soweit das Rauchen iiberhaupt ge¬ stattet ist, darf es nur in den von den Betriebs-

leitern angewiesenen Raumen geschehen, wo¬ selbst sich auch eine Gelegenheit zur Aufbe¬ wahrung der Rauchgerate vorfindet.

Andere Rauchgerate, als die dort aufzube¬ wahrenden, sowie Feuerzeug darf iiberhaupt nicht mit zur Fabrik gebracht werden.

§ 29. Das Einnehmen der Mahlzeiten in den Raumen mit Explosionsgefahr, mit Aus¬ nahme im Nitrierungs-, Wasch- und Nachscheide- raum ist verboten.

Gebaude. § 30. Die Arbeiter dfirfen Raume mit Ex¬

plosionsgefahr, in denen sie nicht zu arbeiten haben, ohne besondere Erlaubnis durchaus nicht betreten.

§ 31. Die Raume, in welchen an Spreng¬ stoffen gearbeitet wird, sind stets sorgfaltig rein zu halten.

Namentlich sind auch die Heizkorper stets frei von Staub zu halten.

§ 32. Verschuttetes Nitroglyzerin ist sofort mit Schwammen, Guhr und dergleichen aufzunehmen.

Wenn dasselbe vom Boden aufgesaugt wor¬ den ist, so ist die durchtrankte Stelle sorg¬ faltig aufzunehmen.

Derart verunreinigtes Nitroglyzerin, sowie auch andere verunreinigte Nitroglyzerinprapa¬ rate sind nach Anweisung und unter Aufsicht des Meisters oder Betriebsfiihrers unschadlich zu machen.

Verschiedenes.

§ 33. Gefasse, Apparate, Leitungen und Gerate, an denen Nitroglyzerin haftet, diirfen nicht mit Werkzeugen bearbeitet, gestossen oder geworfen werden. Eingeschmolzen dfirfen sie

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erst werden, nachdem das anhaftende Nitro¬ glyzerin fiber lebhaftem Feuer nach Angabe des Meisters oder Betriebsleiters zerstort ist.

Holz und Holzteile, die mit Nitroglyzerin in Beruhrung gekommen sind, dfirfen ebenfalls nicht mit Werkzeugen bearbeitet, gestossen oder ge¬ worfen werden.

Das Verbrennen darf nur unter Aufsicht eines Meisters oder Betriebsleiters erfolgen.

§ 34. Gefrorenes Nitroglyzerin oder- Nitro¬ glyzerinpraparate oder Gefasse, Hahne und Lei¬ tungen mit gefrorenem Nitroglyzerin dfirfen nur nach Anweisung eines Meisters oder Betriebs¬ leiters aufgetaut und bearbeitet werden.

§ 35. In den Raumen, in denen Nitrogly¬ zerin hergestellt und verarbeitet wird, darf die Temperatur nicht unter -f- 100 C. sinken.

Der auf den Heizkorpern in diesen Raumen sich ablagernde Staub ist griindlich zu ent¬ fernen.

§ 36. Wahrend eines Gewitters, welches sich fiber dem Betriebsort entladet, darf sich niemand in den Raumen, in denen Sprengstoff verarbeitet wird, aufhalten. Ausgenommen ist der Aufenthalt in der Nitroglyzerinfabrik, wenn die Arbeit darin nicht unterbrochen werden kann.

IL Besondere Bestimmungen fur einzelne Abteilungen.

SSureleitungen, Nitrierung und Scheidung. § 37. Hahne aus Ton, Metall, Hartgummi

oder anderem Material, welche mit Nitroglyzerin oder nitroglyzerinhaltigen Sauren in Berfihrung kommen, miissen sorgfaltig in geeigneter Weise geschmiert werden und haben sich die Arbeiter stets fiber die leichte Gangbarkeit zu vergewis-

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sern. Namentlich hat dies auch stets vor Be¬ ginn der Arbeit zu geschehen.

Patronenarbeit. § 38. Den Patronenarbeitern ist strenge unter¬

sagt, Justierungen an ihren Maschinen selbst vorzu- nehmen, an denselben zu hammern oder zu schlagen.

Justierungen.dfirfen nur durch den damit be- auftragten Meister ausgeffihrt werden.

Das Auswechseln der Hulsen, wenn die Pa- tronenmaschine auf andere Patronendurchmesser eingestellt werden soil, darf ebenfalls nur von dem betreffenden Meister vorgenommen und die Patronenmaschine erst dann von dem Arbeiter benutzt werden, nachdem sich der Meister per- sonlich von dem ordnungsmassigen Gange der Maschine fiberzeugt hat.

Kollodiumwolle, Trocknen. § 39. Es ist darauf zu achten, dass ein Ver¬

stauben der Kollodiumwolle in den Trocken¬ hausern ffir dieselbe moglichst vermieden wird.

Jedenfalls ist Sorge zu tragen, dass der ent- wickelte Staub von den Wandungen und Horden- gestellen durch Abwischen mit feuchten Schwam¬ men oder Tiichern griindlich entfernt wird.

Die Darrhorden dfirfen auf ihren Unterlagen nicht geschoben werden.

Ueberhaupt ist jede Reibung bei trockener Kollodiumwolle zu vermeiden.

c. Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 40. Ffir die in Gemassheit vorstehender

Bestimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von 6 Mo¬ naten vom Tage der offiziellen Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger gewahrt.

Wenn es sich herausstellen sollte, dass die in den §§ i—39 gegebenen Vorschriften in ein¬ zelnen Fallen ohne erhebliche Schwierigkeiten und unzutragliche Kosten nicht ausgefiihrt wer¬ den konnen, so sollen etwaige Abweichungen der Genehmigung des Genossenschaftsvorstandes Anhorung des technischen Aufsichtsbeamten unterliegen.

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die Aus- ffihrung der Vorschriften ffir die Arbeitnehmer zu ermoglichen und ffir die Erfiillung derselben Sorge zu tragen.

§41. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vorschriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhiitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revi¬ dierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen In¬ dustrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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2. Vorschriften fur das Laden von Revolver-, Jagd-, Sport- und Militftr- patronen mit Schwarzpulver oder rauch¬ schwachem Pulver und fur das Entladen

derselben. Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 5. August 1897

und 16. Mai 1903. Veroffentlicht im ..Reichs-Anzeiger" vom 16. August 1897

und 19. Juni 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten vom Tage ihrer Veroffentlichung im Reichsanzeiger ffir die Be¬ triebsstatten, in denen Patronen der oben be¬ zeichneten Art geladen und entladen werden, folgende Bestimmungen:

a. Vorschriften fiir die Arbeitgeber und Betriebsleiter.

§ 1. Das Fabrikgrundstuck, auf welchem das Laden der Patronen mit Schiesspulver vor¬ genommen wird, muss mit einer geeigneten Umzaunung umgeben sein, welche das unbeab¬ sichtigte Betreten verhindert. Das unbefugte Betreten ist durch Warnungen an den Zugangen zu verbieten.

§ 2. Fusswege und Treppen, auf denen Pulver transportiert wird, sind schneefrei zu halten und bei Glatteis zu bestreuen.

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§ 3. Gr6ssere Mengen von Schiesspulver dfirfen nur vorschriftsmassig und in solchen Raumen gelagert werden, deren Benutzung ffir diesen Zweck polizeilich genehmigt ist.

§ 4. Das Holzwerk samtlicher nach Inkraft- treten dieser Unfallverhfitungsvorschriften neu zu errichtender Gebaude, in denen Patronen geladen werden, muss mit Wasserglas oder sonstigen geeigneten Mitteln gegen die Ein¬ wirkung von Feuer moglichst widerstandsfahig gemacht sein.

§ 5. Die der Sonnenseite zugelegenen Fen¬ sterscheiben der Raume, in welchen sich loses Pulver befindet, miissen geblendet sein.

§ 6. Die Tfiren der Gebaude miissen nach aussen aufschlagen.

§ 7. Die Fussboden in denjenigen Raumen, in denen Patronen geladen werden, miissen glatt und dicht gehalten und, wenn sic nicht aus Holz bestehen, mit einem weichen, dichten Belag be¬ deckt sein.

§ 8. Vorhandene Blitzableiter mussen stets in gutem Zustande gehalten, jahrlich mindestens einmal durch Sachverstandige gepriift, und der Revisionsbefund in ein Buch eingetragen werden. Die Priifung hat sich sowohl auf die oberirdische wie auf die Erdleitung zu erstrecken.

§ 9. In samtlichen Gebauden und Raumen muss die grosste Ordnung und Reinlichkeit herrschen.

Das Hineintragen und Hineinwehen von Erde oder Sand in dieselben ist mdglichst.zu ver¬ hindern. Vor den Eingangen miissen zum Rei¬ nigen des Schuhzeuges geeignete Vorrichtungen angebracht sein.

Das Betreten der Pulvermagazine, Lade- raume und Entladeraume ist nur in solchem

ii8

Schuhwerk gestattet, welches nicht mit eisefnen Nageln oder solchen Beschlagen 4 versehen ist.

§ lo. Die Arbeits- und Lagerraume dfirfen nur vermittelst zuverlassig abgeschlossener Aussenbeleuchtung oder durch elektrische, mit Ueberglopken versehene Gliihlampen erhellt werden. —r Jede Ablagerung von explosivem Staub an der Lichtquelle muss verhfitet werden. Bei elektrischer Beleuchtung muss eine Erhitzung der Leitungsdrahte und jede Funkenerzeugung ausgeschlossen sein. Die elektrische Anlage ist halbjahrlich mindestens einmal auf ihre /Feuer¬ sicherheit sachverstandig zu untersuchen und hierfiber.ein Revisionsbuch zu ffihren.

In rdringenden Fallen ist der Zutritt zu den Raumen mit Sicherheitslampen gestattet,. die vor ihrer Benutzung auf ihren ordnungsmassigen Zustand gepriift sind. Das Betreten der Raumel mit offenem Licht, sowie das Anziinden von Streichholzern oder die Benutzung eines sonsti¬ gen Feuerzeuges ist unbedingt verbotein.

§ II. Die Heizung der Raume muss durch Dampf oder Wasser bewirkt werden. , Die Heiz¬ korper . sind gegen das Auflagern von Pulver¬ staub moglichst zu schiitzen. / § 15. Das Rauchen sowie das Mitbringeo

von Zfindjbolzern, Feuerzeugen oder Rauchr geraten in die Arbeits- oder Lagerrtume ist zu verbieten. .-..''>

§ 13, Die Ladeapparate, in denen das in die Patronenhfilsen zu bringende Pulver eht* halten ist und welche von Hand bedient und in Betrieb gesetzt werden, miissen von den Raiir men, in welchen sich Personen auf halten^. durch eine Papzerwand oder Mauer getrennt sein. In diesen Scheidewanden dfirfen aur Oeffnungen

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s,eifi, durch welche die Formen mit den zu la^ denden Hiilsen unter den Ladeapparat gebracht werden. Diese Oeffnungen miissen tunlichst klein gehalten und durch eine selbsttatig wir- kende Vorrichtung geschlossen werden, bevor die Ladeapparate in Betrieb gesetzt werden. Die Ausblasseite des Raumes, in dem sich die Ladeapparate befmden, muss aus einer leichten Wand, Fenstern oder dergl. bestehen; die Um¬ gebung ist gegen Explosionswirkung durch eine Mauer oder Erdwall in geniigender Hohe zu sichern.

Vor dem Ffillen der Apparate mit Pulver mussen dieselben still gestellt werden.

Auf Ladevorrichtungen, welche nicht mehr als 100 g Pulver enthalten, beziehen sich die Vorschriften dieses Paragraphen nicht. Doch mfissen bei diesen Apparaten solche Vorkehrun- gen getroffen sein, dass bei einer Entzfindung- des Puivers eine Verbrennung der Arbeiter oder die Verbreitung einer Entzfindung nach Moglichkeit vermieden wird.

Andere Pulvervorrate, als jeweils zum Laden der Patronen notig sind, dfirfen in dem Arbeits¬ raum unter keinen Umstanden lagern. Ebenso¬ wenig darf das Absieben des Puivers in diesem! Raume geschehen.

§ 14. Bei den durch Elementarkraft be- triebenen Lademaschinen mussen die Anordtiun- gen, soweit dies moglich ist, den in § 13 ffir Handbetrieb angegebenen sinngemass ent- sprechen. Auf jeden Fall mfissen wenigstens die Pulverbehalter dieser Maschinen hinter genugend starken Panzerwanden oder dergl. angeordnet sein, falls man nicht die ganzen Maschinen in ,der Weise aufstellen kann, dass

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sie durch diese Scheidewande von dem Raume^ in welchem sich die die Maschinen bedienenden Arbeiter befinden, abgeschlossen sind. In dem so abgeteilten Raume ffir die Pulverbehalter darf sich wahrend des Ganges der Maschinen keine Person befinden. Im fibrigen muss dieser Raum nach den im § 13 ffir die Ladeapparate gegebenen Vorschriften hergestellt sein. Bei rauchschwachem Pulver konnen die Pulver¬ behalter auch fiber den Maschinen auf dem Dachboden der Gebaude angeordnet sein, und das Pulver den Maschinen vermittelst eines Rohres durch die Decke zugeleitet werden. In diesem Falle ist das Dach fiber den Pulver- behaltern moglichst leicht, die Decke fiber den Maschinen moglichst fest und solide zu kon- struieren.

Auf Maschinen mit Pulverbeh&ltern von we¬ niger als 100 g Inhalt beziehen sich die Vor¬ schriften dieses Paragraphen nicht, doch muss der Pulverbehalter durch Schutzbleche so ge¬ sichert sein, dass bei einer Entzfindung des in demselben enthaltenen Puivers die an der Ma¬ schine beschaftigten Arbeiter nicht verbrannt und die fertigen Patronen nicht entzfindet werden konnen.

Die Abffihrungsrohre an den Maschinen ffir die fertigen Patronen mfissen abnehmbar und leicht zuganglich sein und sind so zu kon- struieren, dass ein Verstopfen derselben m5g- lichst vermieden wird. Sollte ein Verstopfen eintreten, so sind die Abffihrungsrohre abzu- nehmen und in einem gesonderten Raume zu entleeren.

§15. Die fertigen Patronen mfissen in einer solchen Weise von der Maschine zum Sammel*

tat

kasten gefuhrt werden, dass Stosse, die eine Ent¬ zfindung herbeiffihren konnten, vermieden werden.

Bei Lefaucheux-Patronen muss dieser Kasten durch eine Blechwand derartig gesichert sein, dass bei einer Entzfindung von Patronen keine Person verletzt werden kann.

§ 16. Diejenigen Teile der Apparate und Maschinen, welche direkt mit dem Schwarzpulver in Berfihrung kommen, wie z. B. die Schieber zum Abmessen der Ladung usw., sind aus Messing, Hartgummi oder anderem geeigneten Material herzustellen.

Die Herstellung dieser Teile aus Stahl oder Eisen ist bei Apparaten und Maschinen ffir das Verladen von rauchschwachem Pulver gestattet.

§ 17. Ffir die Werkzeuge, Formen usw., welche beim Laden von Patronen angewendet werden, ist die Verwendung von Eisen und Stahl moglichst einzuschranken. Nur ffir solche Werkzeuge, welche eine gewisse Widerstands- fahigkeit haben mfissen, wie z. B. Stempel und Matrizen zum Festkneifen der Geschosse auf den Patronenhfilsen und dergl., ist die Ver¬ wendung von Eisen und Stahl zulassig. Im fibrigen ist an Stelle dieser Materialien Messing, Hartgummi, Holz usw. zu verwenden.

§ 18. Zum Transport und zur Aufbewahrung des zur Verarbeitung kommenden Puivers sind nur dichte und haltbare bedeckte Gefasse zu benutzen; die Verwendung von Eisen bei diesen Gefassen ist verboten.

§ 19. In den Raumen, in denen mit Schwarz- oder rauchschwachem Pulver gefiillte Patronen¬ hfilsen verarbeitet werden, ist jede durch den Betrieb nicht gebotene Anhaufung von nur erst mit Pulver geladenen HfilseA zu vermeiden.

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§ 20. Das Entladen von Patronen hat in einem Raume zu geschehen, in welchem keinerlei andere Arbeiten zu gleicher Zeit vorgenommen werden dfirfen. In ein und demselben Raume sind moglichst wenig Personen zu beschaftigen. Die Einrichtungen sind so zu treffen, dass die einzelnen Personen moglichst gegen die Wir- kungen von Explosionen geschiitzt sind/ und dass ein Ueberschlagen der Flamme bei etwaiger Explosion moglichst ausgeschlossen ist.

Falls diese Arbeit im Freien ausgeffihrt wird, muss dies an einer vom Verkehr nicht berfihrten Stelle geschehen.

§ 21. Die mit dem Entleeren von Patronen beschaftigten Personen dfirfen nicht mehr als hochstens 50 g loses Pulver bei sich stehen haben. Ist diese Menge erreicht, so ist das Gefass in ein grosseres zu entleeren, welches hinter einer Panzerwand oder Mauer aufgestellt ist, damit im Falle einer Entzfindung des Puivers die Arbeiter geschiitzt sind. Die Einrichtung kann auch so getroffen sein, dass das Pulver aus den Patronen direkt in das hinter der Schutzwand be¬ findliche Gefass entleert wird, wenn eine Be- schadigung des Arbeiters bei einer eventuellen Ent¬ zfindung des Puivers ausgeschlossen erscheint.

Hinter der Schutzwand dfirfen sich nicht mehr wie 10 kg Pulver befinden. Ist diese Menge erreicht, so ist das Gefass in das Pulvcr- magazin zu bringen und dort zu entleeren.

§ 22. Fur das Entladen von Lefaucheux^ Patronen wird vorgeschrieben, dass zunachst in einem geeigneten Apparate der Stift aus der Patrone entfernt wird, so dass bei dem Losgehen der Patrone, welches bei Entfernung des Stiftes erfolgen konnte, der Arbeiter geschiitzt ist.

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Erst nach Entfernung des Zfindstiftes ist die Patrone zu entleeren.

Aus Centralfeuer-Patronen ist stets zuerst die Ladung und dann erst aus der leeren Hfilse eventucl! .das Ziindhfitchen zu entfernen.

§ 23. Die Werkzeuge, tvelche zu dem Ent¬ leeren von Patronen verwendet werden, sind aus Kupfer, Messing oder ahnlichen Materialien herzustellen. Unbedingt erforderlich ist dieses bei den Instrumenten, welche zur Lockerung und Entfernung des Puivers in bezw. aus den, Hiilsen verwendet werden.

§ 24. Pulver, welches schon einmal in Pa¬ tronen verladen gewesen ist, darf nur dann wieder zum Verladen verwendet werden, wenn mit Sicherheit angenommen werden kann, dass in demselben keinerlei Ziindsatz enthalten ist.

§ 25. Durch Ziindsatz, Sand oder andere harte Korpier verunreinigtes Pulver ist zu ver- nichtefr.

§ 26. Ffir das Ffillen von Geschfitzhiilsen mit Schwarzpulver oder rauchschwachem Pulver finden die Vorschriften ffir die Pulverfabriken sinngemasse Anwendung mit folgender Mass- gabe: J

; In dem Full- (Verpackungs-) Raum ist das jeweils - vorhandene Pulverquantum auf das geringst mogliche Mass zu beschranken.

Die zur Aufnahme des Puivers verweijdeten Hiilsen dfirfen keine Zfindung (Zfindkapsel) ent¬ halten.

Ein etwa erforderlich werdendes Entladen vorn Geschfitzpatrpnen hat entweder im Freien in.ungefahrli'cher',Umgebung oder in einem ge- trenntem sicheren Raume, In dem sich keine explosiven Gegenstande befinden, stattzufinden.

t*4

| 27. Fur das Laden und Entladen Vott Patronen diirfen nur nfichterne und zuverlassige Leute. verwendet werden. Die Beschaftigung jugendlicher Arbeiter ist verboten.

§ 28. Fremden Personen ist der Zutritt zu den Betriebsraumen nur auf besondere Er¬ laubnis und unter zuverlassiger Begleitung zu gestatten.

§ 29. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, diese Unfallverhfitungsvorschriften durch Aus¬ hang an geeigneter Stelle in den Betriebsraumen bekannt zu machen.

b. Vorschriften fiir die Arbeitnehmer, § 30. Das Rauchen, das Mitbringen von

Zfindholzern, Feuerzeugen oder Rauchgeraten ist untersagt.

, § 31. Arbeits- oder Lagerraume, in denen sich loses Pulver befindet, dfirfen nicht mit offenem Licht betreten werden;

Das Anziinden von Streichholzern oder die Benutzung eines sonstigen Feuerzeugs ist ver¬ boten. In dringenden Fallen ist der Zutritt zu solchen Arbeits- und Lagerraumen mit einer Sicherheitslampe gestattet, die vor ihrer Be¬ nutzung auf ihren ordnungsmassigen Zustand geprfift worden ist.

§32. Als Fussbekleidung wahrend der Arbeit in Pulvermagazinen, Laderaumen und Entladeraumen haben die Arbeiter solches Schuhwerk zu tragen, welches nicht mit eisernen Nageln oder solchen Beschlagen versehen ist.

§ 33. Die Arbeiter dfirfen Arbeitsraume und Magazine, in denen sie nicht zu arbeiten haben, ohne besondere Erlaubnis nicht betreten.

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§ 34* ^e Arbeitsraume sind durch die da¬ mit betrauten Personen stets ^sorgfaltig rein und sauber, namentlich auch die Heizkorper stets rein vom Staube zu halten.

§ 35. Die etwa auf dem Boden liegenden Teppiche und Laufer sind mindestens taglich sorg¬ faltig zu reinigen und wenn notig auszuklopfen.

§ 36. Der Gang der Lade- oder sonstigen Maschinen darf die normale Geschwindigkeit nicht fiberschreiten. Dieselben sind stets auf das sorgfaltigste rein zu halten. Jedes Warm¬ laufen der Lager ist als besonders gefahrlich zu vermeiden. Die Lager sind daher gut zu schmieren und haufig nachzusehen.

Lose gewordene Maschinenteile mfissen so¬ fort mit gehoriger Vorsicht und nur beim Still¬ stand wieder befestigt werden. Sollten Teile der Maschine nicht ordnungsmassig funktionieren, so ist ebenfalls die Maschine anzuhalten und der Schaden vorsichtig zu beheben. Im all¬ gemeinen wird es in diesem Falle angezeigt sein, den Pulverbehalter oder, falls derselbe sich in einem anderen Raume befindet, das von demselben herffihrende Pulverzuleitungsrohr, so¬ wie die geladenen Patronen von der Maschine zu entfernen, dieselbe sorgfaltig von Pulver zu reinigen und die Reparatur vorzunehmen. Erst wenn die Maschine wieder tadellos funktioniert, darf dieselbe in Gang gesetzt werden.

Die Anhaufung gebrauchter Putzlappen usw. innerhalb der Raume ist untersagt.

§ 37. Zum Transport des Puivers wie der geladenen Patronen dfirfen mangelhafte oder unganze Gefasse, Gerate und Apparate nicht benutzt werden.

Dieselben sind stets rein zu erhalten.

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§ 38. Wahrend eines Gewitters, welches sich fiber dem Betriebsorte entladet, darf sich niemand in den Raumen, in denen Pulver ver¬ arbeitet oder aufbewahrt wird, aufhalten.

Die Maschinen sind wahrend dieser Zeit ausser Betrieb zu setzen.

c. AusfQhrungs- und Strafbestimmungen. § 39. Ffir die in Gemassheit vorstehender

Bestimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von sechs Monaten vom Tage der offiziellen Bekannt¬ machung durch den Reichsanzeiger gewahrt.

Wenn es sich herausstellen sollte, dass die Vorschriften in einzelnen Fallen ohne erhebliche Schwierigkeiten und unzutragliche Kosten nicht ausgeffihrt werden konnen, so sollen etwaige Abweichungen auf Antrag des Betriebsunter- nehmers und nach Anhorung des technischen Aufsichtsbeamten der Genehmigung des Ge¬ nossenschaftsvorstandes unterliegen. Behordliche Vorschriften, welche den in den vorstehenden Bestimmungen gegebenen widersprechen, sind dem Genossenschaftsvorstande anzuzeigen.

§ 40. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vorschriften sowie hinsichtlich der bei Zu- widerhandlungen gegen die Unfallverhiitungs¬ vorschriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Be¬ rufsgenossenschaft der chemischen Industrie ent- iialtenen Bestimmungen Anwendung.

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3. Vorschriften fur Betriebe zur Herstellung von Feuerwerkskorpern.

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 13. November 1893, 5. August 1897 und 16. Mai 1903.

Veroffentlicht im „Reichs-Anzeiger" vom 25. November 1893, 16. August 1897 und 19. Juni 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten ffir Betriebe zur Herstellung von Feuerwerkskorpern die folgenden Bestimmungen:

a. Vorschriften fiir die Arbeitgeber. § 1. Bei der Herstellung von Feuerwerks¬

korpern sind nur nfichterne und zuverlassige Leute zu verwenden.

§ 2. Das Rauchen in den Arbeitsraumen und auf dem Fabrikgrundstiick ist zu verbieten.

§ ^. Fremden Personen soil der Zutritt in die Arbeitsraume nur mit Erlaubnis des Eigen- tfimers oder Betriebsleiters und nur unter zu¬ verlassiger Begleitung gestattet sein.

§ 4. Die Betriebsunternehmer sind ver¬ pflichtet, die. Arbeiter fiber die gefahrlichen Eigenschaften der von ihnen zu verarbeitenden Materialien und Erzeugnisse zu unterrichten.

§ 5. Die Betriebsunternehmer sind ver¬ pflichtet, dafiir zu sorgen, dass die Vorschriften

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fiir die Arbeiter auch von fremden Personen wahrend ihres Aufenthaltes in dem Betriebe sinngemass befolgt werden.

Bauanlagen und Gebaude.

§ 6. Bei Neuanlagen ist das Fabrikgrund¬ stiick in vorschriftsmassiger Weise zu um- friedigen; es sind an den Eingangen Warnungs¬ tafeln anzubringen, welche das unbefugte Be¬ treten, sowie das Rauchen verbieten.

Bei bestehenden Anlagen mfissen jedenfalls an den Zugangen und offentlichen Verkehrs¬ wegen Warnungstafeln aufgestellt sein, welche das unbefugte Betreten des Fabrikgrundstficks, sowie das Rauchen auf dem letzteren verbieten.

§ 7. Die Vorplatze der einzelnen Gebaude miissen so hergestellt sein, dass sie sich leicht rein halten lassen.

§ 8. Bei Neuanlagen mfissen die ffir Her¬ stellung von Feuerwerkskorpern bestimmten Raume mindesens eine Hohe von 3 Meter und eine Bodenflache von 16 Quadratmeter ffir jede Arbeitsstelle haben.

§ 9. In Gebauden, in denen ausser einem zur Herstellung von Feuerwerkskorpern be¬ nutzten Raume noch andere Raume zu dem gleichen Zwecke oder zur Lagerung explosiver oder leicht entziindlicher Stoffe benutzt werden sollen, sind diese Raume durch massive, weder durch Tfiren, noch Fenster, noch sonstige Oeff¬ nungen durchbrochene Mauern vollstandig von .einander abzuschliessen.

§ 10. Raume, in denen mehrere Arbeiter gleichzeitig mit der .Herstellung von Feuerwerks¬ korpern beschaftigt werden, mfissen mit min¬ destens zwei Ausgangen versehen sein.

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§ II. Die Fensterscheiben der Gebaude miissen aus mattem Glase hergestellt oder der¬ artig geblendet sein, dass das Eintreten der direkten Sonnenstrahlen verhindert wird. Die Fenster dfirfen nicht vergittert sein.

§ 12. Die Tfiren und Fenster der Gebaude, in denen explosive Stoffe lagern oder verarbeitet werden, mfissen nach aussen aufschlagen.

§ 13. Die Fussboden derjenigen Raume, in welchen mit Pulver und entzundlichen Satzen gearbeitet wird, mfissen glatt und dicht ge¬ halten sein. Die metallischen Befestigungsmittel sind zu verdecken.

Bei Neuanlagen und Reparaturen alter Fuss¬ boden dfirfen nur Holz- oder Messingstifte ver¬ wendet werden.

Soweit der Fussboden nicht aus Holz oder Asphalt besteht, muss derselbe mit weichem, den Staub nicht durchlassenden Belag versehen sein.

§ 14. Alle Gebaude mfissen, soweit es die Bodenbeschaffenheit nach dem Urteil eines Sach- verstandigen zulasst, mit Blitzableitern versehen sein; letztere mfissen in gutem Zustande erhalten und alle Jahre einmal durch Sachverstandige ge¬ prfift werden. Die Priifung hat sich sowohl auf die oberirdische als auch auf die Erdleitung zu er¬ strecken. Dem technischen Aufsichtsbeamten sind die Prfifungsatteste auf Erfordern vorzulegen.

§ 15. In Betrieben zur Herstellung von Feuerwerkskorpern muss die grosste Ordnung und Reinlichkeit herrschen. Das Hineintragen und Hineinwehen von Erde oder Sand in die Fabrik- und Lagerraume ist moglichst zu ver¬ hindern. Das Betreten dieser Raume ist nur ohne Schuhzeug oder mit Schuhzeug ohne Metall- teile oder mit Ueberschuhen von Filz gestattet.

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Beleuchtung.

§ 16. Die kfinstliche Beleuchtung von Be- triebsabteilungen, in denen explosive Stoffe lagern oder verarbeitet werden, ist mittelst zu¬ verlassig isolierter Lampen und, insoweit sie nicht aus elektrischen Gliihlampen mit Schutz- glocken bestehen, als Aussenbeleuchtung zu bewirken. Als fliissiges Beleuchtungsmaterial darf nur Riibol verwendet werden. Jede Ab¬ lagerung von explosivem Staub an der Licht¬ quelle ist sofort zu beseitigen. Elektrische Be¬ leuchtungen mfissen stets in gutem, jede Gefahr ausschliessenden Zustand erhalten und daraufhin alle Jahre einmal durch Sachverstandige geprfift werden.

Heizung.

§ 17. Zur Erwarmung der Innenraumeu in denen explosive Stoffe lagern oder verarbeitet werden, sind ausschliesslich Dampf- oder Wasser- heizungen von einerTemperatur nicht fiber 1200 C. zulassig. Die Ofenheizschlangen und die Leitungs¬ rohre derselben, die in geniigender Entfernung von Holz und anderen brennbaren Materialien angebracht sein mfissen, sind dicht zu halten, gefundene Fehler sind zu beseitigen.

Die Feuerung der Wasser- und Dampf- heizungsanlage muss als Aussen feuerung an¬ gelegt und von den Raumen, in denen explosive Stoffe lagern oder verarbeitet werden, durch eine massive Wand abgeschlossen sein. Die Durchgange der Leitungsrohre mfissen dicht und verschmiert sein. Die Heizungskanale dfirfen mit der Umfassungsmauer der Betriebs- oder Lagerraume nicht verbunden werden.

Transportgefasse. § 18. Zum Transport von Pulver und ent-

zfindlichen Satzen, sowie zur Herstellung und Aufbewahrung von letzteren sind nur dichte und haltbare Gefasse aus Holz ohne Eisen- beschlag oder aus sonstigem weichen Material zu benutzen.

Gefasse aus Eisen, aus Steingut oder anderem zerbrechlichen Material sind ausgeschlossen,

Abfallstoffe. § 19. Verschfittetes, verstreutes oder ab-

gestaubtes Pulver und entziindliche Satze sind behutsam aufzunehmen. Sie sind zu weiterer Verarbeitung nicht zu verwenden, sondern in ein mit Wasser gefulltes Gefass zu schutten oder in sonstiger Weise, jedenfalls aber ohne Anwendung von Feuer, unschadlich zu machen.

Verschiedene Vorschriften. § 20. In den Herstellungs- und Verpackungs¬

raumen ffir entziindliche Satze und Feuerwerks- korper ist jede durch den Betrieb nicht ge¬ botene Anhaufung von Pulver, entzundlichen Satzen und Rohstoffen zu vermeiden.

Rohmaterialien und fertige Fabrikate sind in besonderen Gebauden, keinesfalls in den Arbeitsraumen aufzubewahren.

§ 21. Der Betriebsunternehmer hat die Pflicht, sich die Gewissheit zu verschaffen, dass die zur Verarbeitung kommenden Materialien diejenige chemische und mechanische Reinheit besitzen, die notig ist, um die Gefahren bei der Verarbeitung und Aufbewahrung moglichst zu vermeiden. Im besonderen soil das chlorsaure Kali moglichst frei von anderen Chlorverbindun-

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gen sein. Die Kohle muss vor dem Gebrauch besonders durchgesiebt werden, um etwaige Verunreinigungen auszuscheiden. Schwefelblfite darf zu Feuerwerkskorpern nicht verwendet werden; es ist statt dessen fein gepulverter Schwefel zu benutzen.

§ 22. Es sind Vorkehrungen zu treffen, dass das chlorsaure Kali nicht in Satze gelangt, ffir die es nicht bestimmt ist. Siebe, Gefasse und andere Gerate fiir chlorsaure Satze sind daher ausschliesslich nur fur diese zu verwenden. Damit dieselben nicht verwechselt werden, sind diese Apparate in auffallender Weise, etwa durch besonderen farbigen Anstrich, zu be¬ zeichnen.

§ 23. Mit der Herstellung von Feuerwerks¬ korpern dfirfen — sofern nicht ffir gewisse Arbeitstatigkeiten besondere Vorschriften ge¬ geben sind (§ 24) — nicht mehr als drei Per¬ sonen gleichzeitig in demselben Raum beschaftigt werden.

§ 24. Das Schlagen und Pressen von Ra- keten und Brandern jeder Art darf nur in be¬ sonderen Gebauden, und in jedem Raume von nur je einem einzigen Arbeiter, vorgenommen werden. Auch dfirfen in solchen Raumen keine anderen Arbeiten ausgefiihrt werden.

Das Festschlagen des Satzes darf nur mit Holzstempeln — Setzern -- geschehen.

§ 25. Raume, in denen Pulversatze her¬ gestellt und aufbewahrt werden, dfirfen nicht gleichzeitig zur Herstellung oder Aufbewahrung von Satzen, welche chlorsaure Salze und Schwefel enthalten, benutzt werden.

§ 26. Das Mitbringen, die Aufbewahrung und Benutzung von Zfindholzern und Feuerzeugen

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aller Art (auch sogen. Bengalen) in den Her- stellungsraumen mit Explosionsgefahr, sowie die Benutzung von Zfindholzern und Feuerzeugen in den Lagerraumen ist verboten.

§ 27. In den Herstellungsraumen fur Feuer- werkskorper dfirfen sich nur die notwendigsten Gerate befinden.

§ 28. In unmittelbarer Nahe der Arbeits¬ raume ist wahrend des Betriebes stets Wasser in ausreichender Menge zur Verfugung zu halten.

Ausbesserungs- und Erneuerungsarbeiten. § 29. Wenn in Betrieben zur Herstellung

von Feuerwerkskorpern Ausbesserungs- oder Erneuerungsarbeiten auszufuhren sind, so sind alle entzundlichen Satze und samtliches Pulver aus dem betreffenden Raume zu entfernen und dieser, sowie der auszubessernde Gegenstand von Staub zu reinigen. Hierauf ist der auszu¬ bessernde Gegenstand und die Stelle im Um¬ kreise von wenigstens 3 m mit Wasser zu be- netzen und wahrend der Arbeiten so nass zu halten, dass ein etwa entstehender Funke keine Entziindung bewirken kann.

Wahrend der Dauer der Ausbesserung diirfen in dem betreffenden Raum keine Feuerwerks- arbeiten nebenbei ausgeffihrt werden. An der Arbeitsstelle ist geniigend Wasser, sowie Hand- spritze oder Giesskanne bereit zu halten.

b. Vorschriften fiir die Arbeiter. § 30. Jede in der Fabrik beschaftigte Person

hat sich stets der grossten Gewissenhaftigkeit und Zuverlassigkeit zu befleissigen.

§ 31. Das Rauchen auf dem Fabrikgrund- stiick und in alien Raumen ist verboten.

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§ 32' Arbeiter dfirfen Ziindholzer, Feuer- zeuge irgend welcher Art, Rauchtabak, Zigarren und Tabakspfeifen nicht mit in die Fabrik bringen.

Kleider.

§ 33. Die Arbeiter mfissen ihre Kleider tunlichst frei von gefahrlichem Staube halten und dieselben nach beendigter Arbeit im Freien reinigen. Das Tragen von Schuhen mit eisernen Nageln oder eisernem Beschlag ist verboten.

Jede gefahrliche Annaherung an Feuerstatten oder Licht ist verboten.

GebSude.

§ 34. Die Arbeiter dfirfen Herstellungs- und Lagerraume mit Explosionsgefahr, in denen sie nicht zu arbeiten haben, ohne Erlaubnis oder Anweisung nicht betreten.

§ 35. In den Herstellungs- und Lager¬ raumen ist die grosste Reinlichkeit zu beob- achten. Jeder Arbeiter hat sich der an den Eingangen der obengenannten Raume ange¬ brachten Vorrichtungen zum Reinigen des Schuhzeuges auf das sorgfaltigste zu bedienen, bezw. auch die unbekleideten Ffisse zu reinigen.

Die Beleuchtungslampen der Herstellungs- raume sind im Innern frei von Staub zu halten.

Nur diejenigen Arbeiter dfirfen Lampen und Heizungen bedienen, denen diese Arbeiten be¬ sonders fibertragen sind.

§ 36. Jedes Verstreuen von Pulver oder entziindlichem Satz ist sorgfaltig zu vermeiden, verschfittetes Material aber sofort behutsam vollstandig aufzunehmen und in das dafiir be¬ stimmte mit Wasser gefiillte Gefass zu schfitten,

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Es ist iiberhaupt darauf zu achten, dass die Arbeits- und Lagerraume, sowie besonders die Arbeitstische moglichst staubfrei gehalten werden.

§ 37. In samtlichen Arbeitsraumen darf nur das der Bearbeitung unterliegende Material sich befinden; der Arbeiter hat das von der be¬ treffenden Verarbeitung fibrig bleibende Mate¬ rial und angesammelte fertige Produkte in den dafiir bestimmten Raum zu schaffen. Ebenso ist auch das zu verarbeitende explosible Mate¬ rial nicht friiher in das Arbeitsgebaude zu bringen, als es zur Verwendung kommt.

Transport. § 38. Die Gefasse, in welchen Pulver, Satz

oder Rohmaterialien aus einem Gebaude in das andere geschafft werden, sind stets zugedeckt zu halten und nie offen zu transportieren.

Mit Pulver oder Satz gefiillte Transport¬ gefasse — Fasser, Kisten — dfirfen nicht ge- rollt, geschoben oder gekantet werden. Die Fortbewegung ist vielmehr nur durch Heben oder Tragen zu bewirken. Das Hinsetzen der Gefasse darf nur mit grosster Vorsicht geschehen.

Verschiedenes. § 39. In den Arbeits- und Aufbewahrungs-

raumen darf der Arbeiter nur solche Werkzeuge und Gerate verwenden, die ihm von seinem Vor¬ gesetzten fibergeben worden sind oder zu deren Verwendung letzterer vorher seine Zustimmung gegeben hat. Die Werkzeuge und Gerate sind mit Vorsicht so hinzulegen, dass sie nicht um- fallen oder umgestossen werden konnen.

§ 40. Beim Reinigen der Kohle und bei Verarbeitung aller Rohmaterialien, insbesondere

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des chlorsauren Kali, haben die Arbeiter die grosste Sorgfalt anzuwenden.

§ 41. Es darf kein Arbeits- oder Lager- raum mit offenem Licht betreten, auch nicht in solchen Raumen durch Streichholzer oder auf andere Art Licht angeziindet werden.

Muss in einem dringenden Falle ein Arbeits- oder Lagerraum bei Nacht betreten werden, so darf dies nur unter Anwendung einer Sicher¬ heitslampe geschehen.

§ 42. Wahrend eines Gewitters darf sich niemand in den Raumen mit Explosionsgefahr aufhalten.

§ 43. Nach Beendigung der Arbeit darf die Arbeitsstatte nicht eher verlassen werden, als bis alles in Ordnung gebracht worden ist, alle Gefasse, Behalter und dergleichen zugedeckt und an ihren Platz gesetzt sind.

c. Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 44. Beziiglich der Bekanntgabe dieser

Vorschriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungs-Vor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungs-Vorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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4. Vorschriften fur Fabriken von Ziindern jeder Art.

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 22. Juli 1899 und 16. Mai 1903.

Veroffentlicht im ..Reichs-Anzeiger" vom 31. Juli 1899 und 19. Juni 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungs-Vorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten ffir Fabriken von Ziindern jeder Art folgende Bestimmungen:

a. Vorschriften fur die Arbeitgeber. I. Allgemeine Bestimmungen.

§ 1. In Raumen, in denen mit Ziindsatz bezw. Pulver gearbeitet wird, dfirfen jugendliche Arbeiter nicht beschaftigt werden. Es sind nur nuchterne und zuverlassige Leute zu verwenden.

§ 2. Fremden Personen soil der Zutritt nur unter besonderer Erlaubnis und nur unter zu¬ verlassiger Begleitung gestattet sein.

§ 3. Das Rauchen in den Arbeitsraumen und auf dem engeren Fabrikgrundstiick ist zu verbieten, ebenso das Mitbringen und die Be¬ nutzung von Feuerzeug, jedoch darf letzteres, soweit es der Betrieb erfordert, bestimmten Ar¬ beitern erlaubt werden.

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Bauanlagen und GebSude. § 4. Bei Neuanlagen ist das Fabrikgrund¬

stiick zweckentsprechend zu umfriedigen. An den Eingangen sind Warnungstafeln anzubringen, welche das unbefugte Betreten, sowie das Rauchen verbieten.

Bei bestehenden Anlagen miissen jedenfalls an den Zugangen und offentlichen Verkehrs¬ wegen derartige Warnungstafeln aufgestellt sein.

§ 5. Die vorhandenen Walle mfissen bei ge¬ niigender Boschung bis zur Firsthohe des Ge¬ baudes reichen. Die Walleingange dfirfen nicht Gebauden mit Explosionsgefahr gegenfiberliegen.

§ 6. Das Hineintragen oder Hineinwehen von Erde oder Sand in die Gebaude mit Ex¬ plosionsgefahr ist moglichst zu verhindern. Der Eingang dieser Gebaude ist mit einem Vorbau zu versehen, in welchem das Schuhzeug zu wechseln ist.

Die Vorplatze der einzelnen Gebaude mfissen so hergestellt sein, dass sie sich leicht rein halten lassen.

§ 7. Vorhandene Blitzableiter sind in gutem Zustande zu erhalten und alle Jahre einmal durch einen Sachverstandigen prfifen zu lassen. Die Prufung hat sich sowohl auf die ober¬ irdische, als auf die Erdleitung zu erstrecken. Das Priifungsattest ist dem technischen Auf¬ sichtsbeamten auf Erfordern vorzulegen.

§ 8. Die Tfiren und Fenster der Gebaude, in denen explosible Stoffe lagern oder ver¬ arbeitet werden, mfissen nach aussen aufschlagen. In Raumen, in welchen sich loses Pulver oder Ziindsatz befindet, miissen die Fenster auf der Sonnenseite geblendet sein.

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§ 9* Die Fussboden der Raume, in denen Sprengstoffe oder Ziindsatz verarbeitet oder verpackt werden, mfissen aus Asphalt oder Zement, oder aus Brettern durchaus glatt und dicht hergestellt sein. Im letzteren Fall sincl die metallenen Befestigungsmittel zu versenken und zu verkitten. Diese Fussboden mfissen einen Belag aus Kautschuk, Linoleum oder einem ahnlichen dichten, weichen Stoff erhalten.

§ 10. Die Wande und Decken der Raume, in denen Sprengstoff und Ziindsatz verarbeitet wird, mfissen dicht und glatt und so gearbeitet bezw. gesichert sein, dass sie nicht abbrockeln.

Bei den Tfir- und Fensterbandern, den Schlossern und Riegeln darf nicht Eisen auf Eisen gehen.

§ II. Ffir die Arbeiter sind besondere Raume zur Einnahme der Mahlzeiten und zur Aufbewahrung der Kleider einzurichten.

Beleuchtung. § 12. Die kfinstliche Beleuchtung darf nur

mittelst zuverlassig isolierter Lampen bewirkt werden. — Jede Ablagerung von explosivem Staub an der Lichtquelle muss verhfitet werden. Bei elektrischer Beleuchtung muss eine Erhitzung der Leitungsdrahte und jede Funkenerzeugung ausgeschlossen sein. Die einzelnen Gliihlampen mfissen mit Glasfiberglocken versehen sein. Die Anlage ist mindestens alljahrlich auf ihre Feuer¬ sicherheit sachverstandig zu untersuchen und hier fiber ein Revisionsbuch zu ffihren. Die Besorgung der Lampen und Laternen ist be¬ stimmten zaverlassigen Arbeitern zu fibertragen.

Es darf kein Arbeits- oder Lagerraum — in welchem sich loses Pulver oder Ziindsatz be-

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findet — mit offenem Licht betreten, auch nicht in solchen Raumen durch Streichholzer oder auf andere Art Licht angeziindet werden. Muss ein solcher Arbeits- oder Lagerraum mit Licht be¬ treten werden, so darf dies nur unter Anwendung einer Sicherheitslampe geschehen.

Die Ausschaltung der elektrischen Lampen und die Sicherungen mussen ausserhalb der be- leuchteten Raume liegen.

Heizung. § 13. Die Heizung der Raume muss durch

Dampf oder heisses Wasser bewirkt werden. Die Heizkorper sind gegen das Auflagern von explosiblem Staub moglichst zu schiitzen, miissen sich reinigen lassen und ebenso wie die Leitungs¬ rohre in geniigender Entfernung von Holz oder anderen brennbaren Materialien angebracht werden.

Abfallstoffe.

§ 14. Verschuttetes Pulver, Pulverkehricht Ziindsatz und Abfallstucke von fertigen Ziindern mussen durch Eintragen in Wasser oder in sonst geeigneter Weise unschadlich gemacht werden.

Ueberall, wo Sprengstoffe zur Verwendung gelangen, ist strenge darfiber zu wachen, dass der sich entwickelnde Staub sich nicht in ge- fahrbringender Menge irgend wo ansammeln kann.

// Bestimmungen fiir die besonderen Fabrikationen.

a) Ziindschmire. § 15. Das Pulvermagazin muss in hin-

reichender Entfernung von den fibrigen Fabrik- gebauden gelegen sein.

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Das in der Nahe der Arbeitsgebaude be- legene Siebhaus muss zwischen Erdwallen oder im Erdboden liegen und darf nie mehr wie 150 kg Pulver enthalten.

Das Betreten des Pulvermagazins, des Sieb- hauses, sowie der Pulverffillraume ist nur einem bestimmten mannlichen Arbeiter zu ubertragen. Diese Raume sind bei Nichtgebrauch stets ver¬ schlossen zu halten.

Eiserne und gelotete Transportgefasse durfen ffir Pulver nicht benutzt werden.

Zu Sieben darf Eisendrahtgeflecht nicht ver¬ wendet werden.

§ 16. Die einzelnen Spinnraume mfissen entweder durch Brandmauern von einander ge- schieden sein oder sich in einzelnen Gebauden befinden, welche zweckentsprechend durch Hof- raume oder Walle getrennt sind. Brandmauern mfissen 50 cm fiber das Dach hinausragen.

§ 17. Die Aufstellung der Pulvertrichter muss im Dachraum fiber der Decke des Spinnraumes erfolgen. Die Bedachung soil moglichst leicht ge¬ halten werden. Der Zugang zu den Dachraumen muss von aussen mittelst Treppen erfolgen und kann der Zugang zu den einzelnen Abteilungen durch eine Aussengalerie vermittelt werden.

§ 18. Jeder Pulvertrichter darf hochstens 3 kg Pulver enthalten.

§ 19. Das Pulverzuffihrungsrohr muss zum Pulveraufnahmerohr an der Spinnmaschine so genau zentriert sein, dass jede Reibung aus¬ geschlossen ist. Auch dfirfen die Rohre nicht gelotet sein.

§ 20. Die Spinnraume miissen zu ebener Erde liegen; in jedem Raume dfirfen nicht mehr als 2 Personen beschaftigt werden und mfissen

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deren Arbeitsplatze sich in der Nahe der Aus¬ gangstiiren befinden.

Wenn bei bestehenden Anlagen 4 Arbeiter in einem Spinnraum beschaftigt sind, muss ffir je 2 Arbeiter ein Ausgang vorhanden sein.

§ 21. Die Zfindschnfire mfissen, wenn sie von den Spinnmaschinen abgenommen sind, bal- digst aus den Spinnraumen entfernt werden.

§ 22. Bei Neuanlagen ist das Montieren der Spinnmaschine im Holzrahmen verboten; bei bestehenden Anlagen sind locker werdende Holz¬ rahmen durch Metallrahmen zu ersetzen.

Bei der echten Fadenffihrung darf nur Bronze Verwendung finden.

Unregelmassigkeiten am Mechanismus der Spinnmaschinen dfirfen nur von einem daffir be¬ stimmten, mit der Maschine genau vertrauten Angestellten oder Arbeiter beseitigt werden.

Bei Reparaturen ist der Pulvertrichter zu entleeren, Pulverstaub sorgfaltig zu entfernen, die betreffende Stelle in genfigendem Umfange zu benetzen und wahrend der Ausbesserung feucht zu erhalten.

§ 23. Die Arbeiter in den Spinnraumen sind anzuweisen und streng anzuhalten, sich der ffir diese Arbeitsraume bestimmten Fussbekleidung zu bedienen.

Die ffir den aussern Verkehr benutzten Schuhe sind im Vorraum abzulegen.

§ 24. Den Arbeitern in den Spinnraumen mfissen Sicherheitskleider oder Ueberwiirfe zur Benutzung bei der Arbeit zur Verfiigung gestellt werden.

§ 25. In den Ueberspinnraumen mfissen ge¬ niigend Ausgange vorhanden sein, welche von den Arbeitern leicht erreicht, werden konnen.

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§ 26. Die Gebaude, in denen das Teeren der Zfindschnfire stattfindet, mfissen von den anderen Gebauden getrennt sein.

Die Zfindschnfire mfissen durch eine enge Oeff¬ nung in der massiven Wand in den Trocken¬ raum gefiihrt werden, und muss Vorsorge ge¬ troffen werden, dass bei Feuersgefahr eine Ab- trennung der Zfindschnur und Schliessung der Oeffnung sofort bewirkt werden kann.

Die Teerkocherei ist feuersicher herzustellen und mit' nach aussen aufschlagenden eisernen Tiiren und eisernen Fensterladen zu versehen. Bei Neuanlagen ist Dampfkocherei anzuwenden.

Der Teer muss von den leichtfliichtigen Oelen befreit sein.

§ 27. Der Leim darf nicht fiber freiem Feuer erwarmt werden.

§ 28. In Raumen, in denen Guttapercha mit leicht entzundlichen Losungsmitteln verarbeitet wird, muss elektrische oder Aussenbeleuchtung angewendet werden.

b) Elektrische Ziinder. § 29. Die Verwendung von eisenhaltigem,

sowie von kfinstlich dargestelltem Schwefel- antimon ist nicht gestattet.

§ 30. Das Mahlen der Rohmaterialien muss in besonderen Gebauden, und zwar ffir chlor- saures Kali und ffir Schwefelantimon getrennt stattfinden.

§ 31. Das Mischen und Sieben des Ziind¬ satzes muss in einem besonderen durch Walle oder Mauern geschfitzten Gebaude vorgenommen werden. Zum Sieben ist eine mechanische Vor¬ richtung anzuwenden, die von einem Punkt ausserhalb der Walle bezw. Mauern bedient

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wird. Die einzelnen Abteilungen sind durch genugend hohe Brandmauern zu trennen. In jeder Abteilung dfirfen jeweiiig nicht mehr als 300 g Ziindsatz sich befinden und verarbeitet werden.

Ziindsatz mit chlorsaurem Kali darf nur in glatten Gefassen von Gummi, Leder oder ahnlichem weichen haltbaren Material trans¬ portiert und aufbewahrt werden.

§ 32. Ziindsatz, welcher chlorsaures Kali enthalt, darf in Ffillraume nur durch eine kleine Oeffnung in der fibrigens massiven Wand hinein- gereicht werden. Diese Oeffnungen mfissen durch Schieber oder Drehteller mit senkrechter Mittelwand verschliessbar sein.

§ 33. In den Ffillraumen .dfirfen sich je¬ weiiig nicht mehr als 200 g Ziindsatz befinden.

Den einzelnen Arbeitern ist der Ziindsatz in glatten Schalchen von Gummi u. dgl. zuzu- teilen.

Bei der Verwendung von Klebemasse hat die Erwarmung durch Dampf zu erfolgen.

Die Fiillarbeit darf bei trockenem Satz nur unter dem Schutz starker Glasplatten vorge¬ nommen werden und mussen dabei die Arbeiter mit anschliessendenLedermanschetten undSicher- heitskleidern oder solchen Ueberwfirfen versehen sein. Das Schuhzeug muss Filzsohlen haben.

Die zur Verwendung gelangenden metallenen Handwerkzeuge dfirfen nur auf weiche Unter¬ lage niedergelegt werden. Die Arbeitsstellen der Fiiller sind durch Blechschirme gegen das Ueberschlagen von Flammen zu sichern.

Der Fussboden muss mit Linoleum oder einem ahnlichen dichten weichen Stoffe bedeckt sein. Ffir die Erwarmung ist Dampf- oder

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Wasserheizung, zur Beleuchtung elektrisches Licht oder Aussenlicht zu verwenden.

Ffir je 2 Arbeiter muss mindestens ein Aus¬ gang ins Freie vorhanden sein.

§ 34. Wenn das Ffillen in Ladeloffeln ge¬ schieht, so hat das Einbringen der leeren Ziinder in die Ladeloffel in einem vom Ffill- oder Press¬ raum abgetrennten Raume zu erfolgen, der mit dem Fiillraum nur durch Durchreich-Oeff¬ nungen verbunden ist, die durch Schieber oder Drehteller mit Wand verschliessbar sind.

§ 35. Das Einbringen der Ziinder in die Sprengkapseln muss in besonderen Gebauden erfolgen, in denen die einzelnen Arbeitsraume voneinander in sicherer Weise getrennt sind.

In jedem dieser Arbeitsraume dfirfen nicht mehr als vier Personen beschaftigt werden, deren Arbeitsstellen durch Panzerschirme von¬ einander genfigend getrennt sind. Es darf jedes- mal nur ein einziges Ziindhutchen aus dem Vorrat entnommen, aufgesteckt und befestigt werden. Die fertigen Ziinder, sowie der Vorrat von Sprengziindhiitchen mfissen in einer vom Arbeiter durch einen Panzerschirm getrennten Abteilung sich befinden; in einer solchen dfirfen nie mehr als 60 g Knallquecksilber vorhanden sein.

§ 36. Ffir das Montieren der Ziinder aul Stabchen und das Fertigstellen gelten sinn¬ gemass die Bestimmungen des § 35.

§ 37. In alien Raumen muss grosste Ord¬ nung und Reinlichkeit herrschen. Namentlich ist darauf zu achten, dass sich im Kehricht keine Ziinder oder Sprengkapseln befinden.

§ 38. Das Trocknen der fertigen Ziinder darf nur in einem mit Wallen umgebenen Ge-

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baude unter Anwendung von Dampf oder Heiss- wasser erfolgen.

§ 39. Das Sortieren und Packen darf nur in besonderen Einzelgebauden erfolgen. In jedem Sortierraum und in jedem Packraum diirfen nicht mehr als drei Personen beschaftigt werden*

Kisten mit fertigen Ziindern diirfen nur zu- geschraubt, nicht aber zugenagelt werden. Die Schrauben dfirfen nicht mit dem Hammer ein- getrieben werden.

§ 40. Die Raume, in denen Sprengziind¬ hiitchen und fertige Ziinder gelagert werden, miissen einzeln mit sichern Erdwallen oder Mauern umgeben sein.

b. Vorschriften fur die Arbeiter. § 41. Es darf in den Arbeitsraumen und auf

dem Fabrikgrundstuck nicht geraucht werden. Das Mitbringen und die Benutzung von Feuer¬ zeugen jeder Art ist verboten, soweit es nicht bestimmten Arbeitern zu Fabrikzwecken aufge- tragen ist.

§ 42. Die Arbeiter dfirfen Raume mit Ex¬ plosions- und Entzfindungsgefahr, in denen sie nicht zu arbeiten haben, ohne besondere Er¬ laubnis nicht betreten.

§ 43. Die Vorrichtungen zum Reinigen des Schuhzeuges mfissen vor dem Betreten der Ar¬ beitsraume stets benutzt werden.

§ 44. Raume mit Explosionsgefahr dfirfen nur unter Benutzung der hierfiir bestimmten Schuhzeuge betreten werden. Das Wechseln des Schuhzeuges hat in den Vorbauten der Ge¬ baude zu erfolgen.

§ 45. Die Arbeiter mfissen die ihnen fiber¬ wiesenen Sicherheitskleider benutzen. Das An-

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legen derselben hat in dem daffir bestimmten Raume zu erfolgen.

§ 46. Bei Verarbeitung von Pulver und Ziindsatz dfirfen nur die hierfiir fiberwiesenen Gerate benutzt werden.

§ 47. Verschfittetes Pulver, Ziindsatz, Abfall- stiicke von fertigen Ziindern und Kehricht miissen durch Eintragen in Wasser oder in sonst von der Fabrikleitung vorgeschriebener Weise un¬ schadlich gemacht werden. Namentlich ist sorg¬ faltig nachzusehen, ob nicht Ziinder oder Spreng¬ kapseln sich in dem Abfall finden, die dann auszulesen sind.

§ 48. Wahrend eines sich fiber der Fabrik entladenden Gewitters soil sich niemand in den Raumen aufhalten, in denen Sprengstoff, Ziind¬ satz bezw. Pulver verarbeitet oder gelagert wird.

§ 49. Die Mahlzeiten dfirfen nur in den dazu bestimmten Raumen eingenommen werden.

§ 50. In Brand geratener Teer darf nur durch Ersticken der Flamme (Aufwerfen von Sand oder Bedecken des Kessels), nicht aber durch Flfissigkeiten irgend welcher Art, auch nicht durch sogenannte Loschpraparate, geloscht werden.

c. Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 51. Ffir die in Gemassheit vorstehender

Bestimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von 6 Mo¬ naten vom Tage der Bekanntmachung durch den Reichs-Anzeiger gewahrt, soweit nicht durch Konzessionsnachsuchung der Beginn der Frist verzogert wird.

Der Genossenschaftsvorstand ist berechttig, die Frist der Einffihrung der Betriebseinrich-

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tungen, wie sie in diesen Vorschriften gefordert werden, auf Antrag des betreffenden Unter¬ nehmers und Befurwortung des Sektionsvor- standes zu verlangern.

Wenn in einzelnen Fallen die in den §§ 1 bis 40 gegebenen Vorschriften nachweislich ohne erhebliche Schwierigkeiten und unver- haltnismassige Kosten nicht ausgeffihrt werden konnen, so soil der Vorstand ermachtigt sein, auf Antrag des Betriebsunternehmers und nach Anhorung des technischen Aufsichtsbeamten Ab¬ weichungen unter den nach Massgabe der Um- stande festzusetzenden Bedingungen zuzulassen.

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die Aus¬ fuhrung der Vorschriften ffir die Arbeitnehmer zu ermoglichen und ffir die Erfiillung derselben Sorge zu tragen.

§ 52. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vorschriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungs-Vor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungs -Vorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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5. Vorschriften fiir die Anlage und den Betrieb von Pikrinsaurefabriken.

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 14. November 1903. Veroffentlicht im „Reichs-Anzeiger" vom 25. November 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten vom Tage ihrer Veroffentlichung im „Reichsanzeiger" ffir die Anlage und den Betrieb von Pikrinsaurefabriken folgende Bestimmungen:

a. Vorschriften fiir Arbeitgeber. /. Vorschriften fiir die Anlage.

a. Neu-Anlagen. § 1. Die Anlage ist in folgende Abteilungen

raumlich zu trennen: a) Herstellung der Rohpikrinsaure und ihre

Scheidung von der Nitrinsaure. b) Umwandlung der rohen in Reinpikrinsaure. c) Trocknen der Reinpikrinsaure. d) Sieben und Verpacken. e) Lagerung. § 2. Die Abteilungen b, c und d sind jede ffir

sich mit Erdwallen zu umgeben. Von der Um- wallung von b kann nur Abstand genommen werden, wenn sowohl Gebaude wie innere Ein-

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richtungen ausreichende Garantien fiir Feuer¬ sicherheit bieten.

§ 3. Bei einer Tagesproduktion bis zu 100 kg konnen die Abteilungen c und d in einem Walle vereinigt werden.

§ 4. Andere zu dem Betriebe gehorige Ge¬ baude, in denen keine Pikrinsaure vorhanden ist, sind mindestens 30 m entfernt zu legen.

§ 5. Das Lager e ist ebenfalls zu umwallen und von den Abteilungen a—d mindestens 100 m, bei einem Bestande von mehr als 10 000 kg aber mindestens 200 m entfernt zu legen.

§ 6. Die Abteilungen a—d und das Lager e sind mit einem 2,2S m hohen Zaun zu umgeben, der von den Gebauden wenigstens 5 m entfernt ist; an den Zugangen sind, soweit sie nicht ver¬ schlossen sind, Warnungstafeln anzubringen; ausserdem mussen die Zugange so bewacht wer¬ den, das Unbefugte keinen Zutritt finden konnen.

§ 7. Die Erdwalle sollen 1 m Kronenbreite und von den Gebauden 1 m Abstand haben. Bei den Abteilungen b, c und d mfissen die Walle die Hohe der Dachtraufen der Gebaude, bei dem Lager e die Firsthohe 1 m iiberragen.

§ 8. Alle Walle mfissen mit doppelseitiger gleichwinkeliger Boschung angelegt Werden.

Die Walle sind so anzulegen, dass eine direkte Schusswirkung ausgeschlossen ist.

§ 9. Bei den Abteilungen b, c und d sind zum Schutz gegen eintretende Gefahr sichere Deckungen ffir die Arbeiter anzubringen.

§ 10. Fiir die Aufnahme solcher Produkte, deren sofortige Weiterverarbeitung nach dem Gange des Betriebes nicht moglich ist, sind in der Nahe der Abteilungen in der im § 7 angegebenen Weise umwallte Ablagemagazine anzulegen.

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§ 11. Die Wande der Abteilungen a—d sollen glatt und leicht zu reinigen sein. Die Fussboden sollen undurchlassig, leicht abzuspiilen und mit Gefalle versehen sein.

Das Dach soil moglichst leicht und moglichst feuersicher konstruiert werden.

Die Tiiren sollen nach aussen aufschlagen. § 12. Die Fenster der Abteilungen b, c und

d sind auf der Sonnenseite zu blenden. Zu den Fussboden sollen keine Metalle (Nagel) und keine kalk- oder gipshaltigen Materialien benutzt werden.

§ 13. Das Lager e ist entweder aus feuer¬ sicher impragniertem Holz oder aus Zementbeton zu erbauen. In dem letzteren Falle ist die innere Flache mit dichtem Material (Linoleum) zu ver¬ kleiden. Die Fenster sind auf der Sonnenseite zu blenden.

§ 14. Die Heizung darf nur durch Dampf oder Heisswasser von nicht fiber 1200 C geschehen. Das Lager darf nicht geheizt werden.

§ 15. Die Beleuchtung muss durch elektrische Gliihlampen erfolgen, deren Zuleitungen getrennt zu verlegen sind. Die Lampen sind mit Schutz- glocken zu umgeben.

§ 16. Bei den Abteilungen b, c, d und e muss die Beleuchtung von aussen erfolgen. Die Lampen oder ihre Leitungen dfirfen mit dem Hause nicht in Verbindung stehen.

§ 17. Alle Lichtleitungen sollen den Vor¬ schriften des Verbandes Deutscher Elektro- techniker entsprechen und halbjahrlich durch einen Sachverstandigen geprfift werden. Ueber die Prfifungen ist Buch zu ffihren.

§ 18. Vorhandene Blitzableiter sind halbjahr¬ lich und nach jedem starken Gewitter auf ihre

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Zuverlassigkeit sachverstandig zu prfifen. Ueber diese Prfifungen ist Buch zu ffihren.

§ 19. Jede Abteilung ist zur Reinigung mit einer Wasserleitung zu versehen. In den Ab¬ teilungen b—e sind Streudfisen anzubringen. Die Dfisen sollen sich beim Brande entweder selbsttatig offnen oder von der Deckung aus in Tatigkeit gesetzt werden konnen.

b. Bestehende Anlagen.

§ 20. Ffir bestehende Anlagen sind die vor¬ stehenden Bestimmungen innerhalb 6 Monaten auszufuhren, soweit sie sich nicht auf die Bau¬ art oder auf die ortliche Lage der Gebaude beziehen.

// Vorschriften fiir den Betrieb.

§ 21. Ausser einem zuverlassigem Betriebs- ffihrer ist ein mit dem Betriebe vertrauter Stell- vertreter vorzusehen.

§ 22. Ffir die Abteilungen a und b sowie c und d ist je ein Aufseher einzustellen. Die Arbeiter sollen nicht unter 18 Jahre alt sein und sollen auf die Gefahren des Betriebes besonders auf¬ merksam gemacht werden. Akkord-Arbeiten sind zu vermeiden.

§ 23. Den Arbeitern ist ein besonderer Speise- raum anzuweisen. In den Betrieben ist das Essen zu untersagen.

§ 24. Den Arbeitern sind taschenlose Arbeits¬ anziige zu liefern, welche regelmassig zu reinigen sind. Feuerzeuge und Metallgegenstande sind vor dem Betreten des Betriebes abzulegen.

§ 25. Das Betreten des Gebietes der Pikrin- saurefabrik und der Gebaude mit Feuer oder

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offenem Licht und das Rauchen daselbst ist verboten.

§ 26. Die Abteilungen c—e sind nur mit nicht genagelten Sohlen zu betreten.

§ 27. Bei Reparaturen in den Abteilungen a—e darf Feuer nur in Gegenwart des Betriebsfiihrers angeziindet werden.

§ 28. Fremden Personen ist, soweit nicht gesetzliche Vorschriften dem entgegenstehen, der Zutritt nur mit Genehmigung der Direktion und in Gegenwart des Betriebsfiihrers gestattet.

§ 29. Heizvorrichtungen und sonstige Dampf- leitungen innerhalb der Gebaude sind taglich von Staub, insbesondere von Pikrinsaurestaub zu reinigen.

§ 30. In jedem Fabrikationsraume darf sich nur soviel Pikrinsaure befinden, wie der geregelte Fortgang des Betriebes es erfordert. Produkte, welche nicht gleich weiter verarbeitet werden, sind entweder unter Wasser zu setzen oder in die Ablagemagazine zu bringen.

§ 31. Trockene Pikrinsaure, welche um- kristallisiert werden soil, ist unter Aufsicht in den Arbeitsraum und sogleich in Wasser zu bringen.

§ 32. Bei den Einrichtungen zum Trocknen, Mahlen, und Sieben ist eine Reibung von Eisen auf Eisen und eine Verstaubung von Pikrin¬ saure zu vermeiden.

§ 33. Alle Einrichtungen sind so zu treffen, dass die Bildung von Pikraten verhindert wird; insbesondere ist es in den Abteilungen b—e moglichst zu vermeiden, dass zwischen Pikrinsaure und Metallen eine Berfihrung ein- trete, welche eine Pikratbildung veranlassen k6nnte.

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§ 34- Verschiittete oder verunreinigte Pikrin¬ saure ist sofort in ein -Gefass mit Wasser zu bringen, welches zu diesem Zweck in jeder Ab¬ teilung vorhanden sein muss.

§ 35. Es durfen keinerlei Abgange aus der Fabrikation in den Boden vergraben werden. Ab¬ gange, welche feuer- oder explosionsgefahrliche Stoffe enthalten, sind an einem hierfiir bestimmten Ort unter Aufsicht durch Verbrennen zu ver- nichten.

§ 36. Reparaturen an Apparaten und Gegen¬ standen, die mit Pikrinsaure in Beriihrung ge¬ kommen sind, diirfen nur unter Aufsicht und nach Entfernung der anhaftenden Pikrinsaure ausgefiihrt werden. Unbrauchbar gewordene Holzgegenstande sind unter Beobachtung der notigen Vorsichtsmassregeln zu verbrennen.

b. Vorschriften fiir Arbeitnehmer. § 37. Die Arbeiten im Betriebe diirfen nur

in taschenlosen, von den Betriebsinhabern zu liefernden Anzfigen verrichtet werden.

§ 38. Feuerzeug und Metallgegenstande sind vor dem Beginn der Arbeit abzuliefern.

§ 39. In den Abteilungen c—e dfirfen Schuhe mit genagelten Sohlen nicht getragen werden.

§ 40. Das Einnehmen der Mahlzeiten darf nur in den zu diesem Zwecke angewiesenen Raumen geschehen.

§ 41. Das Rauchen innerhalb des Gebietes der Pikrinsaurefabrik, sowie das Betreten desselben und der Gebaude mit Feuer oder offenem Licht ist verboten.

§ 42. In den Abteilungen a—e darf bei Reparaturen Feuer nur in Gegenwart des Be¬ triebsfiihrers angeziindet werden.

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§ 43. Heizvorrichtungen und Dampfleitungen innerhalb der Gebaude sind taglich von Staub, insbesondere Pikrinsaurestaub zu reinigen.

§ 44. Es ist dafur Sorge zu tragen, dass in jedem Fabrikationsraume nur soviel Pikrinsaure sich befindet, als es der geregelte Fortgang des Betriebes fordert. Produkte, welche nicht gleich weiter verarbeitet werden, sind entweder unter Wasser zu setzen oder in die Ablagemagazine zu bringen.

§ 45. Trockene Pikrinsaure,die umkristallisiert werden soil, ist nur unter Aufsicht in den Arbeits¬ raum und sogleich in Wasser zu bringen.

§ 46. Es ist darauf zu achten, dass beim Mahlen, Trocknen und Sieben eine Reibung von Eisen auf Eisen oder eine Verstaubung von Pikrinsaure nicht stattfindet.

§ 47. Verschfittete und verunreinigte Pikrin¬ saure ist sofort in ein Gefass mit Wasser zu bringen, welches in jeder Abteilung zu diesem Zwecke vorhanden sein muss.

§ 48. Keinerlei Abgange aus der Fabrikation durfen in den Boden vergraben werden. Ab¬ gange, welche feuer- oder explosionsgefahrliche Stoffe enthalten, sind an einem hierfiir bestimmten Ort unter Aufsicht durch Verbrennen zuvernichten.

§ 49. Reparaturen an Apparaten und Gegen¬ standen, die mit Pikrinsaure in Berfihrung ge¬ kommen sind, dfirfen nur unter Aufsicht und nach Entfernung der anhaftenden Pikrinsaure ausgeffihrt werden. Unbrauchbar gewordene Holzgegenstande sind unter Beobachtung der notigen Vorsichtsmassregeln zu verbrennen.

§ 50. Bei eintretender Gefahr in den Raumen c und d sind die zum Schutze angebrachten Deckungen aufzusuchen.

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c. Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 51. Ffir die in Gemassheit vorstehender Be¬

stimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von 6 Monaten vom Tage der Bekanntmachung durch den „Reichsanzeiger" gewahrt.

Der Genossenschaftsvorstand ist berechtigt,die Frist der Einfuhrung der Betriebseinrichtungen, wie sie in diesen Vorschriften gefordert werden, auf Antrag des betreffenden Unternehmers und Beffirwortung des Sektionsvorstandes zu ver¬ langern.

§ 52. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vor¬ schriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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6. Vorschriften ffir die Fabrikation und Verwendung von komprimierten Gasen. Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 24. Februar 1906

Veroffentlicht im ..Reichsanzeiger" vom 10. Marz 1906.

AuOer den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten fiir Betriebe, in welchen komprimierte oder verflfissigte Gase hergestellt oder verwendet werden, folgende Be¬ stimmungen:

a) Vorschriften fiir Arbeitgeber.

§ .1. Auf den Flaschen ffir komprimierte und verflfissigte Gase ist der Inhalt durch Auf- schlag zu bezeichnen. Flaschen fiir brennbare Gase sind mit rotem Anstrich zu versehen.

§ 2. Flaschen und Abfiillbehalter ffir kom¬ primierte Gase mfissen mit Normalgewinde ver¬ sehen sein, welches so beschaffen ist, dafl Ver- wechslungen der Flaschen bei der Ffillung tun¬ lichst ausgeschlossen werden. Ventile ffir brenn¬ bare Gase, (Wasserstoff, Leuchtgas und Gruben- gas usw.) sind mit Linksgewinde zu versehen. Die Ventile ffir alle fibrigen Gase dfirfen das¬ selbe Gewinde haben, wie es ffir Kohlensaure

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fibiiofi* is../'jedoch kAuiS --fob ^Chlor und Chlor- kohlenoyyd ,eii>. ^nderer Gewindedurchmesser in Anwendung J^Oivm^a.

§ "3. Vor jeder Neuffillung mit verfliissigten Gasen ist durch Verwiegung jeder einzelnen Flasche und Offnen des Ventiis festzustellen, dafl die Flaschen vollig leer sind.

§ 4. Bei Anlagen ffir Kompression brenn¬ barer Gase, in denen der Kompressionsdruck 20 Atmospharen fibersteigt, ist der Abfiillraum von dem Raum ffir die Kompression und Sammel- gefafle (Kiihler) durch eine genfigend wider- standsfahige Wand von mindestens 2 I/a m Hohe zu trennen. Bei bestehenden Anlagen ist die Anderung innerhalb 3 Jahren durchzuffihren.

§ 5. Beim Abfiillen brennbarer Gase, deren Spannung 20 Atmospharen fibersteigt, ist der Stand des damit beschaftigten Arbeiters gegen eine Explosionswirkung der zu ffillenden Flasche in geeigneter Weise zu schutzen. Bei bestehenden Anlagen ist diese Vorschrift innerhalb eines Jahres auszuffihren.

§ 6. Bei Flaschen ffir Sauerstoff und andere ox^dierend wirkende Gase mfissen Armaturteile, Dichtung und Schmiermittel frei von Fett, Ol und Schwefel sein. Die Flaschen ffir Ammoniak dfirfen nur Ventile aus Schmiedeeisen oder Stahl haben.

§ 7. Jeder Druckzylinder eines Kompressors ist mit einem zuverlassigen Sicherheitsventil und Manometer zu versehen, bei Chlor, schwefliger Saure und Gasen, welche leicht eine Zerstorung dieser Ventile bewirken, mit solchen Einrichtungen, die mittels Kontaktes den zulassigen Maximal- druck laut anzeigen, z. B. durch Ertonen einer Glocke.

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§ 8. Die Druckprobe der Flaschen ist in regelmafligen Zeitabschnitten1) zu wiederholen. Nur solche Flaschen, welche dieser Druckprobe unterworfen sind, dfirfen in Gebrauch genommen werden.

§ 9. Die Flaschen mfissen mit Ventilschutz- kappen aus Stahl, Schmiedeeisen oder schmied- barem Gufl und mit einer das Rollen verhin- dernden Vorrichtung versehen sein. Die Vor¬ richtung gegen das Rollen mufl mit der Flasche fest verbunden sein. Die Ventilschutzkappen mussen mit einer Offnung fur etwa entweichende Gase versehen sein.

Auf die zur Zeit des Erlasses dieser Vor¬ schriften bereits im Verkehr befindlichen, nicht zum Bahnversand Verwendung findenden Kohlen- saureflaschen findet die Bestimmung, dass die Vorrichtung gegen das Rollen mit der Flasche fest verbunden sein mufl, keine Anwendung.

§ 10. Die Angaben fiber das Leergewicht, das Gewicht der zulassigen Ffillung oder bei verdichteten Gasen des zulassigen Fiillungs- druckes, ferner die Hohe des Prufungsdruckes und das Datum der letzten Priifung sind auf der Flasche durch Stempel anzubringen.

§ 11. Es empfiehlt sich, die Flaschen ffir verflfissigte Gase, sofern die chemischen Eigen¬ schaften der Gase es gestatten, mit einer Sicherheitsvorrichtung auszustatten, durch die das Gas entweicht, sobald die Spannung in der

!) Zu vergleichen die Vorschriften der Eisenbahnverkehrs- ordnung Nr. XLIV, Ziff. lb der Anlage B zu g 50:

^Die Druckprobe ist bei den Behaltern fiir Kohlensaure, btickoxydul und Ammoniak alle 4 Jahre, bei den Behaltern fur Chlor, schweflige Siiure und Chlorkohlenoxyd alio 2 Jahre zu wiederholen."

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Flasche den zulassigen Druck (etwa ^ des Probe- drucks) fibersteigt.

§ 12. Flaschen ffir verflfissigte Gase sind auf der Wage zu ffillen. Das auf ihnen angegebene zulassige Ffillungsgewicht darf nicht uberschritten werden. Zur Kontrolle ist jede Flasche einer Nachwagung zu unterziehen.

§ 13. Die mit verfliissigten oder verdichteten Gasen gefiillten Flaschen dfirfen nicht geworfen werden und sind gegen Umfallen, Abrollen vom Stapel und ahnliche Erschfitterungen zu schfitzen.

Gefiillte Flaschen dfirfen weder der un¬ mittelbaren Einwirkung der Sonnenstrahlen oder anderer Warmequellen, noch einer Lufttemperatur von mehr als 400 C. ausgesetzt werden.

§ 14. Das Umffillen verflfissigter und ver- dichteter Gase in andere Behalter darf nicht unter Zuhilfenahme von offenem Feuer oder von Gasflammen erfolgen; auch ist Vorsorge zu treffen, dass die Temperatur nicht fiber 400 C. steigen kann. Ausgenommen sind grosse stationierte Behalter von 1 cbm ab; diese konnen auch mit Hilfe von Dampf oder Gas erwarmt werden, wenn an ihnen die Sicherheitsvor- richtungen, wie im § 7 erwahnt, angebracht sind.

§ 15. Werden verflfissigte oder verdichtete Gase aus Versandbehaltern in geschlossene Ge¬ fafle fibergeleitet, die nicht ffir den gleichen Druck gebaut sind wie die Versandbehalter, so sind entweder Reduzierventile zu verwenden, oder die Gefafle sind mit einem zuverlassigen Sicherheitsventil und Manometer zu versehen (vgl. auch § 7).

§ 16. Die Lagerraume fiir gefiillte Flaschen sind gegen Feuersgefahr zu schfitzen; ffir aus¬ reichende Lfiftung ist Sorge zu tragen.

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§ 17. Die Glyzerin- und Olabscheider miissen mit bequem zu handhabenden Abblase¬ vorrichtungen versehen sein; die Abscheider mfissen taglich mehrmals abgeblasen werden.

b) Vorschriften fur Arbeitnehmer.

§ 18. Aufseher und Arbeiter haben darauf zu achten, dafl die zu ffillenden Flaschen ffir komprimierte oder verflfissigte Gase bei An- kunft genau nach ihrer Inhaltsbczeichnung sortiert werden; nur Flaschen ffir gleiche Gase dfirfen zusammengelegt werden.

§ 19. Vor jeder Neuffillung mit verfliissigten Gasen ist das Ventil der Flasche zu offnen und durch Verwiegen jeder einzelnen Flasche fest¬ zustellen, dafl sie vollig leer ist.

§ 20. Flaschen ffir verflfissigte Gase sind auf der Wage zu fiillen. Das auf ihnen an¬ gegebene zulassige Ffillungsgewicht darf nicht fiberschritten werden. Zur Kontrolle ist jede Flasche einer Nachwagung zu unterziehen.

§ 21. Die mit verfliissigten oder verdichteten Gasen gefiillten Flaschen dfirfen nicht geworfen werden und sind gegen Umfallen, Abrollen vom Stapel und ahnliche Erschfitterungen zu schutzen.

Gefiillte Flaschen dfirfen weder der unmittel¬ baren Einwirkung der Sonnenstrahlen oder anderer Warmequellen, noch einer Lufttemperatur von mehr als 400 C. ausgesetzt werden.

§ 22. Das Umffillen verflfissigter und verdichteter Gase in andere Behalter darf nicht unter Zuhilf- nahme von offenem Feuer oder von Gasflammen erfolgen. Auch ist Vorsorge zu treffen, dass die Temperatur nicht fiber 400 C. steigen kann.

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Ausgenommen sind grosse stationierte Behalter von i cbm ab; diese konnen auch mit Hilfe von Dampf oder Gas erwarmt werden, wenn an ihnen die Sicherheitsvorrichtungen, wie im § 7 erwahnt, angebracht sind.

§ 23. Die Glyzerin- und Olabscheider mfissen taglich mehrmals abgeblasen werden.

c) Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 24. Ffir die in Gemaflheit vorstehender

Bestimmungen zu treffenden Anderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von 6 Mo¬ naten vom Tage der Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger gewahrt.

§ 25. Der Genossenschaftsvorstand ist be- rechtigt, die Frist ffir die Einffihrung der Betriebs¬ einrichtungen, wie sie in diesen Vorschriften ge¬ fordert werden, auf Antrag des betreffenden Unternehmers und Beffirwortung des Sektions¬ vorstandes zu verlangern.

§ 26. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vor¬ schriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Be¬ rufsgenossenschaft der chemischen Idustrie ent¬ haltenen Bestimmungen Anwendung.

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7. Vorschriften fftr die gewerbsmassige Herstellung, sowie die Verdiehtung und

Verfliissigung von Acetylengas. Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 5. August 1897

und 16. Mai 1903. Veroffentlicht im ..Reichs-Anzeiger" vom 16. August 1897

und 19. Juni 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten vom Tage ihrer Veroffentlichung im Reichs-Anzeiger, ffir die ge- werbsmassige Herstellung sowie die Verdichtung und Verfliissigung von Acetylengas folgende Bestimmungen:

a. Vorschriften fiir Arbeitgeber und Betriebsleiter.

§ 1. Die Herstellung und Verdichtung von Acetylengas einerseits und die Verfliissigung desselben andererseits muss in getrennt liegenden Gebauden vorgenommen werden.

Sofern der zur Verdichtung des Gases an- gewandte Druck acht Atmospharen fibersteigt, muss diese Arbeit in einem gesonderten Raume erfolgen.

§ 2, Die Raume, in denen Acetylengas her¬ gestellt, verdichtet oder verflfissigt wird, mfissen hell und gut ventiliert sein; sie dfirfen nur mit¬ telst Dampf- oder Warmwasserheizung erwarmt

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werden. Die zu diesen Raumen fiihrenden Tfiren miissen nach aussen aufschlagen.

§ 3. Die zur Herstellung, Verdichtung und Verfliissigung von Acetylengas dienenden Raume dfirfen nur vermittels zuverlassig abgeschlossener Aussenbeleuchtung erhellt werden. In dringen¬ den Fallen ist das Betreten dieser Raume mit Sicherheitslampen gestattet, die vor ihrer Be¬ nutzung auf ihren ordnungsmassigen Zustand gepriift sind.

§ 4. Das Carbid ist zum Schutz gegen Feuchtigkeit in festverschlossenen Gefassen auf¬ zubewahren und darf den letzteren nur nach Massgabe des jeweiligen Bedarfs entnommen werden. Die Gefasse sind in verschlossenen, gegen den Zutritt von Wasser geschfitzten, gut ventilierten Raumen zu lagern. Kellerraume diirfen zur Lagerung nicht benutzt werden.

§ 5. Die Zerkleinerung des Carbids muss mit moglichster Vermeidung von Staubentwick¬ lung erfolgen. Die Arbeiter sind wahrend ihrer Beschaftigung mit Respiratoren und Schutzbrillen zu versehen. Personen, von denen dem Arbeit¬ geber bekannt ist, dass sie herz- oder lungen- krank sind, dfirfen bei diesen Arbeiten nicht beschaftigt werden.

§ 6. Der Acetylengas-B eh alter ist im Freien oder in einem von dem Gasentwickler geson¬ derten, gut ventilierten Raume aufzustellen.

§ 7. In Verbindung mit dem Gasbehalter ist ein Wasser-Manometer anzubringen, an welchem der in dem Behalter vorhandene Druck jederzeit ersichtlich ist.

§ 8. Zwischen Entwickler und Gasbehalter ist ein gut wirkender Gaswaschapparat einzu¬ schalten, welcher etwa vorhandene Verunreini-

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gungen (Phosphorwasserstoff, Arsenwasserstoff, Schwefelwasserstoff, Ammoniak usw.) beseitigt.

§ 9. Die Herstellung von Acetylen darf nicht durch Zuffihrung von Wasser zum Caicium- carbid, sondern muss durch allmahlige Einffih¬ rung des Calciumcarbids in Wasser erfolgen. Die Menge des letzteren muss so gross sein, dass stets ein reichlicher Ueberschuss davon vorhanden ist.

§ 10. Die Verdichtung des Acetylengases mit einem zehn Atmospharen fibersteigenden Druck darf nur bei starker Abkfihlung stattfinden.

§ 11. Bei der Fabrikation von flfissigem Acetylen muss der Kondensator sofort nach Beendigung der Komprimierung entlastet werden.

§ 12. Die ffir fliissiges Acetylen zur Ver¬ wendung kommenden Transportflaschen mfissen als solche durch einen weissen Anstrich ge- kennzeichnet, mit Angabe der Tara und des Fassungsraumes in Litem versehen und auf 250 Atmospharen geprfift sein.

Die Ffillung der Flaschen darf das ffir den Transport auf den deutschen Eisenbahnen vor¬ geschriebene Verhaltnis von 1 kg Acetylen auf 3 1 Rauminhalt nicht fiberschreiten.

Vor dem Ffillen und nach dem Ffillen der Flaschen ist das Gewicht genau festzustellen.

§ 13. Die mit flfissigem Acetylen gefiillten Flaschen sind gegen aussere Warmeeinflfisse sorgfaltig zu schfitzen.

§ 14. Sowohl bei den Transportflaschen als auch bei alien Maschinenteilen, welche mit dem fliissigen Acetylen in Berfihrung kommen konnen, ist jede Spur von Kupfer oder Kupferlegierung auszuschliessen. Ebenso mfissen scharfe Kanten bei Ventijen und Maschinenteilen, welche mit

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dem Acetylen in Berfihrung kommen konnen, vermieden werden.

§ 15. Der Betriebsunternehmer ist verpflichtet, diese Unfallverhfitungsvorschriften durch Anschlag an geeigneter Stelle in den Betriebsraumen be¬ kannt zu machen.

b. Vorschriften fur Arbeiter. § 16. Das Betreten der zur Herstellung,

Verdichtung und Verfliissigung von Acetylen¬ gas dienenden Raume mit offenem Licht, sowie das Anziinden von Streichholzern und die Be¬ nutzung sonstiger Feuerzeuge in diesen Raumen ist verboten.

Bei Benutzung von Sicherheitslampen sind dieselben vor dem Gebrauch auf ihren ordnungs¬ massigen Zustand zu prfifen. Das Oeffnen der Lampen in den Fabrikationsraumen ist verboten.

§ 17. Beim Zerkleinern des Carbids ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Entwicke¬ lung von Staub moglichst vermieden wird.

Die damit beschaftigten Personen sind ver¬ pflichtet, sich bei dieser Arbeit der ihnen zur Verfiigung gestellten Respiratoren und Schutz¬ brillen zu bedienen.

§ 18. Herz- oder lungenkranke Arbeiter, welche zum Zerkleinern des Carbids verwendet werden sollen, haben von ihrem Leiden ihrem Vorgesetzten Mitteilung zu machen.

§ 19. Die Zuffihrung von Wasser zum Cal- ciumcarbid ist verboten. Die Einffihrung des letzteren in das Wasser zur Herstellung von Acetylengas darf immer nur in kleinen Mengen und in der Weise erfolgen, dass stets ein reich¬ licher Ueberschuss von Wasser vorhanden ist.

§ 20. Bei der Verdichtung und Verfliissigung

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von Acetylengas ist darauf zu achten, dass die Grenzen der vorgeschriebenen Temperatur genau eingehalten werden.

§ 21. Bei der Verfliissigung des Acetylens ist der Kondensator sofort nach Beendigung der Arbeit zu entlasten.

§ 22. Zur Ffillung mit flfissigem Acetylen sind nur solche Flaschen zu verwenden, die den vorgeschriebenen Bedingungen entsprechen.

§ 23. Beim Ffillen der Flaschen ist darauf Bedacht zu nehmen, dass das vorgeschriebene Verhaltnis von 1 kg Acetylen auf 3 1 Fassungs- raum nicht fiberschritten wird.

§ 24. Vor und nach dem Ffillen der Flaschen ist ihr Gewicht genau festzustellen.

§ 25. Die gefiillten Flaschen sind gegen die Einwirkung der Sonne oder sonstiger Warme¬ quellen sorgfaltig zu schfitzen.

§ 26. Beim Oeffnen der Flaschen ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Ausstromung des Acetylens nur ganz allmahlich vor sich geht.

c. Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 27. Ffir die in Gemassheit vorstehender

Bestimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von sechs Monaten vom Tage der Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger an gewahrt.

§ 28. Bezuglich der Bekanntgabe dieser Vorschriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhiitungsvorschriften der Be- ruftsgenossenschaft der chemischen Industrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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8, Vorschriften zum Schutz gegen die Wirkung salpetriger („nitroser") Gase und im Zusammenhang damit speziell

fiir den Verkehr mit Salpetersaure. Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 22. Jult 1899

und 16. Mai 1903. Veroffentlicht im wReichs-Anzeiger" vom 31. Juli 1899

und 19. Juni 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten zum Schutz gegen die Wirkung salpetriger (nitroser) Gase und im Zusammenhang damit speziell fiir den Verkehr mit Salpetersaure folgende Bestim¬ mungen :

Allgemeines.

Die Erfahrung hat gelehrt, dass die infolge Zersetzung der Salpetersaure entstehenden sal- petrigen (^nitrosen") Gase gesundheitsschadlich sind und, in grosserer Menge eingeatmet, selbst den Tod zur Folge haben konnen. Die Gefahr¬ dung ist eine um so grossere, als die Wirkung nicht sofort bemerkbar wird, sondern erst nach einiger Zeit eintritt. Die salpetrigen Gase — an ihrer rotbraunen Farbe erkennbar — bilden sich bei der Einwirkung von Salpetersaure auf desoxydierende Stoffe der verschiedensten Art, hauptsachlich auf Metalle (Eisen, Blei, Zink

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usw.), auf organische Stoffe (Kohlenstaub, Holz, Stroh, Papier, Zeugstoff, Putzwolle usw.), sowie auf manche andere Substanzen (Schwefelkies, schweflige Saure und ihre Salze, Sodaschlamm, Salzsaure, Eisenchlorfir, Eisenvitriol usw.). Bei sehr starker Salpetersaure kann zugleich eine Entziindung brennbarer Stoffe herbeigeffihrt werden. Salpetrige Gase entwickeln sich nor¬ maler Weise bei der Verarbeitung der Salpeter¬ saure und ihrer Mischungen und Salze — wozu auch die salpetrig sauren Salze (Nitrit) zu rechnen sind — in den verschiedensten Betrieben; desgleichen entbindet nitrose Schwefelsaure (Ab- fallsaure von Nitrierprozessen, Gay-Lussac-Saure usw.) beim Verdunnen mit Wasser salpetrige Gase. Auch bei der Fabrikation von Nitro¬ glycerin und Schiessbaumwolle konnen unter Umstanden grosse Mengen von salpetrigen Gasen auftreten.

Um Unfallen bezeichneter Art nach Moglich¬ keit vorzubeugen, ist es geboten, solche Be¬ dingungen zu schaffen, die

1. das unvorbereitete Auftreten salpetriger Gase soweit tunlich verhindern,

2. bei unvorbereitet auftretenden salpetrigen Gasen die Gefahren moglichst verringern,

3. bei normaler Hervorbringung salpetriger Gase die sichere Abfiihrung derselben er¬ moglichen.

Es bleibt aber vorkommenden Falles Auf- gabe jedes einzelnen, sich der Einwirkung der salpetrigen Gase zu entziehen, indem er sich aus dem Bereiche derselben so rasch als mog¬ lich entfernt, wie auch seine Mitarbeiter vor der Gefahr zu warnen.

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Leider hat sich ffir den Verkehr mit Salpeter¬ saure an Stelle der iiblichen Korbflaschen mit Strohfutter bisher eine weniger gefahrliche, da¬ bei gleichhandliche Verpackungsart nicht auf- finden lassen und es kann daher — unter Bei- behaltung derselben — zunachst nur auf eine Beschrankung ihrer Gefahrlichkeit hingewirkt werden.

a. Vorschriften fur Arbeitgeber und Betriebsleiter. / Salpetersaure.

1. Korbflaschen, welche mit Salpetersaure gefiillt werden sollen, sind in erster Linie auf ihren guten Zustand zu untersuchen und es dfirfen Exemplare, welche in zu schwachen Korben sitzen oder an denen das Strohfutter unvollkommen erscheint, nicht verwendet wer¬ den, auch mfissen die Korbe mit festen Henkeln versehen sein. Ballons mit sogenannten „Salz- kornern" im Glase sind auszuscheiden, ebenso solche, welche einen Sprung im Glase oder stark ausgebrochene Mfindung aufweisen, was durch eine Besichtigung der Ballons vor dem Einsetzen in die Korbe stets zu bewerkstelli- gen ist.

2. Samtliche ffir Salpetersaure in Verwen¬ dung kommenden Korbflaschen, bezw. Korbe mit Strohinhalt, sind vor dem Gebrauch mit einer wenigstens zehnprozentigen Losung von Glaubersalz („Sulfatu), Chlorcalcium, Wasserglas, Alaun oder dergl. die Oxydationswirkung der Salpetersaure hemmenden Materialien griindlich zu durchtranken. Diese Operation muss wieder¬ holt werden, wenn Anlass zu der Annahme vor-

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liegt, dass die Wirkung der voraufgegangenen Behandlung nicht mehr ausreicht.

3. Es ist darauf zu achten, dass die Ballons gut gespfilt und frei von organischen Substanzen sind und nur soweit gefiillt werden, dass noch ein Luftraum von zirka 2 Litem unter dem Stopsel freibleibt. Ein Verschluss der Flaschen mit einer Mischung von Schwefel und Sand ist geniigend poros, um eine Ansammlung von Ueberdruck in den Flaschen zu verhindern.

4. Beim Ffillen, Ausleeren oder aus anderem Anlass in den Flaschenkorb gelangte Salpeter¬ saure muss sofort durch Abgiessen mit Wasser unschadlich gemacht werden.

5. Salpetersaure in Korbflaschen darf in den Fabrikationsraumen nicht in grosserer Menge vorhanden sein, als es der Betrieb un¬ mittelbar erfordert. Es ist dabei darauf zu achten, dass bei einem Bruch der Gefasse die auslaufende Saure sich nicht fiber desoxydierende Stoffe, wie unter „Allgemeines" ausgeffihrt, er- giessen kann.

6. Die Lager ffir Salpetersaure in Korb¬ flaschen sollen von alien Seiten leicht zugang¬ lich und so belegen sein, dass im Falle eines Brandes oder einer Zersetzung, sei es im Lager selbst oder in der Umgebung desselben, die Gefahren ffir Menschen und benachbarte Ob- jekte auf ein moglichst geringes Mass be- schrankt sind.

Bei Einlagerung grosserer Mengen von Sal¬ petersaure sind die Korbflaschen moglichst in durch grossere Zwischenraume getrennten Gruppen von nicht fiber 100 Flaschen in hochstens 4 Reihen nebeneinander aufzustellen. Die Zwischenraume mfissen in zweckdienlicher

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Weise von Graben oder Rinnen durchzogen sein, die den Abfluss der etwa auslaufenden Saure gewahrleisten. Der Lagerplatz ist so zu wahlen, dass der Boden moglichst frei ist von desoxydierenden Stoffen (vergl, unter All¬ gemeines), wie auch von Materialien, die in¬ folge einer Benetzung mit Salpetersaure sich erwarmen, als Kalk, Kreide usw. Als besonders geeignet fiir die Lagerung grosserer Vorrate empfiehlt sich ein Belag des Bodens mit un- geteerten Sandsteinplatten, welche im Lehm gebettet sind, von Sandsteinrinnen ffir den Ab¬ fluss durchzogen und umgeben.

Andefe Einrichtungen, insofern sie den Zweck erffillen, die auslaufende Salpetersaure gefahrlos zu beseitigen, sind nicht ausgeschlossen.

7. Als Lagergebaude ffir Salpetersaure in Korbflaschen sind in erster Linie offene, mog¬ lichst feuersichere Schuppen zu wahlen. Ge¬ schieht die Lagerung im Freien, so mfissen sonstige Schutzeinrichtungen gegen atmosphari- sche Einflfisse oder mechanische Beschadigungen getroffen werden.

8. In der Nahe des Lagers ist eine hin- reichende Menge Wasser bereit zu halten, da¬ mit im Falle von Flaschenbruch oder Brand eine sofortige ausgiebige Zuffihrung von Wasser erfolgen kann. Wo Druckwasserleitungen zur Verfiigung stehen, mfissen um das Lager herum — nach verschiedenen Windrichtungen — Hy- dranten angebracht werden, von welchen aus hinreichende Mengen Wasser fiber die bedrohten Teile geworfen werden konnen.

9. Bei Flaschenbruch oder Brand muss die Wasserzuffihrung aus angemessener Entfernung mittelst Spritzen oder an die Hydranten ge-

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spannter Loschschlauche erfolgen, nicht etwa durch unmittelbares Aufschfitten von Wasser aus unmittelbarer Nahe der rauchenden oder brennenden Teile. Dabei ist darauf zu achten, dass die Mannschaft so aufgestellt ist, dass der Wind die Gase von ihr wegtreibt. — Das Auf¬ werfen von Erde, unreinem Sand, Kohlenstaub oder dergleichen ungeeigneten bezw. direkt schadlichen Materialien ist untersagt. Handelt es sich um Loscharbeit in Gebauden, so muss dieselbe, soweit tunlich, von aussen her, durch Fenster und Tfiren, stattfinden, falls nicht be¬ sondere Verhaltnisse — z.B. Ausriistung mit einem frische Luft zuffihrenden Apparat oder dergl. — das Eindringen in das Innere als gefahrlos er- scheinen lassen.

Nicht mit der Behandlung vertraute Arbeiter und Fremde (Feuerwehr usw.) miissen durch die mit der Fabrikation betrauten Personen von der Unfallstatte moglichst ferngehalten, jedenfalls aber fiber die Gefahren und Vor¬ sichtsmassregeln verstandigt werden.

10. Durch salpetrige Gase beschadigte Per¬ sonen sind zur moglichst sachdienlichen Be¬ handlung ohne weiteres einem Krankenhaus zu fiberweisen.

// Anderweitig entwickelte salpetrige (^nitrose^) Gase. i. Wenn bei chemischen Prozessen die Ent¬

wickelung von salpetrigen Gasen unvermeidlich ist, so ist tunlichst daffir zu sorgen, dass die Gase nicht in den Arbeitsraum entweichen konnen. Der Arbeitsraum muss ausserdem luftig und gut ventilierbar sein (durch Oeffnen von Tfiren und Fenstern).

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2. Sollen Behalter, in denen sich salpetrige oder sonst giftige Gase aufhalten oder ent-

.wickeln konnen (z. B. Bleikammern, Kessel- wagen, Reservoirs, Reaktionsgefasse usw.), ge¬ reinigt werden, so sind dieselben, soweit aus¬ fiihrbar, nur von aussen her zu behandeln. Es ist dabei Sorge zu tragen, dass die Gase den mit der Reinigung Beschaftigten nicht gefahr¬ lich werden konnen.

Ist die Reinigung allein von aussen her nicht ausfiihrbar, so hat vor allem eine ausgiebige Auswaschung mit einer so grossen Menge Wasser stattzufinden N— unter gleichzeitiger Durchrfihrung etwaiger fester Bestandteile (Blei- schlamm oder dergl.) und Lfiftung des Raumes —, dass ein weiteres Auftreten salpetriger Gase im Innern des Behalters als ausgeschlossen er¬ scheint. Erst nachdem der Aufsichtfiihrende die Erlaubnis erteilt hat, darf der zu reinigende Raum betreten werden, in besonders schwierig gelagerten Fallen unter Zuhilfenahme eines frische Luftzufuhr bewirkenden Respirations- apparates. Mundschwamme und dergl. zum Schutze der Lungen sowie die erforderlichen Materialien zum Schutze der Hande sind den mit der Reinigung Beschaftigten zur Verfiigung zu stellen und ist auf deren Benutzung zu halten.

Die Reinigung darf nur unter Aufsicht er¬ folgen. Personen, die als lungen- oder herz- leidend bekannt sind, dfirfen bei den Reinigungs- arbeiten nicht beschaftigt werden.

Die Arbeiter sind von Zeit zu Zeit auf die mit der Arbeit verbundenen Gefahren aufmerk¬ sam zu machen.

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b. Vorschriften fiir die Arbeiter. i. Die mit Salpetersaure beschaftigten Ar¬

beiter sind verpflichtet, die zur Verwendung kommenden Korbflaschen in jeder Weise sorg¬ faltig zu behandeln. Schadhafte Korbflaschen dfirfen nicht in Gebrauch genommen werden.

2. Beim Ffillen dieser Flaschen ist Sorge zu tragen, dass in denselben noch ein leerer Raum von zirka 2 Litem unter dem Stopfen frei bleibt.

3. Sollte auf irgend eine Weise Salpeter¬ saure in den Flaschenkorb gelangen — was nach Moglichkeit zu vermeiden ist —, so muss sofort ein Begiessen des Korbes mit Wasser stattfinden, um die verschfittete Saure zu ver- schwachen.

4. Entstehen — infolge Flaschenb ruches oder auf sonstige Weise — salpetrige Gase (rotbrauner Rauch) in grosserer Menge, so haben sich die Arbeiter moglichst rasch aus dem Bereiche derselben zu entfernen und ihren Vorgesetzten sofort zu benachrichtigen.

5. Das Aufwerfen von Erde, unreinem Sand, Kohlenschutt oder dergleichen auf ausgelaufene Salpetersaure ist strenge verboten. Als ein¬ ziges Mittel in solchem Falle ist die Verdfinnung mit reichlichen Mengen Wassers sofort zu be- werkstelligen.

6. Sind in einem Raume salpetrige Gase vorhanden, so darf derselbe nicht betreten wer¬ den, bevor die Gase durch griindliche Lfiftung (Oeffnen von Tfiren und Fenstern usw.) vollig entfernt sind. Bei Reinigung von Behaltern (Blei- kammen, Reservoirs usw.) sind die Anordnungen der Aufsichtsfiihrenden genau zu befolgen und

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darf ein Betreten solcher Raume nur auf ganz besondere Weisung stattfinden.

7. Abzfige und sonstige Sicherheitseinrich- tungen sind nach den seitens der Betriebsleiter getroffenen Anordnungen auf das sorgfaltigste zu bedienen.

8. Bei Eintritt grosserer Unfalle mit Salpeter¬ saure, z. B. Brand oder dergl. ist den Anord¬ nungen der Vorgesetzten pfinktlich Folge zu leisten.

9. Lungen- und herzleidende Arbeiter, welche in Betrieben, bei denen salpetrige Gase vor- kommen, beschaftigt werden, sind verpflichtet, von ihrem Zustande ihren Vorgesetzten Mit¬ teilung zu machen.

c, Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 1. Ffir die in Gemassheit vorstehender Be¬

stimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von 6 Mo¬ naten vom Tage der Bekanntmachung durch den Reichs-Anzeiger gewahrt.

Der Genossenschaftsvorstand ist berechtigt, die Frist der Einffihrung der Betriebseinrich¬ tungen, wie sie in diesen Vorschriften gefordert werden, auf Antrag des betreffenden Unter¬ nehmers und Beffirwortung des Sektionsvorstan¬ des zu verlangern.

§ 2. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vor¬ schriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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9. Vorschriften gegen Vergiftung durch Arsenwasserstoff.

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 24. Februar 1906. Veroffentlicht im ..Reichsanzeiger" vom 10. MSrz 1906.

AuOer den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten zur Verhfitung der Vergiftung durch Arsenwasserstoff folgende Bestimmungen:

a) Vorschriften ftir Arbeitgeber.

§ 1. Bei alien chemischen Prozessen mit Aus¬ nahme der im § 4 Abs. 2 genannten, bei welchen durch Behandlung von Metallen und Metallver- bindungen mit Sauren sich Arsenwasserstoff bilden kann, ist Vorsorge zu treffen, dafl die schadlichen Gase mit Sicherheit abgeffihrt werden.

§ 2. Bei Zuffihrung der Materialien wahrend des Ganges des Prozesses mufl durch geeignete Vorrichtungen das Entweichen von Arsenwasser¬ stoff in die Betriebsraume mit Sicherheit ver¬ hfitet werden.

§ 3. Reaktionsmassen und Riickstande von diesen, in denen Arsenwasserstoff enthalten sein

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kann, sind in gleicher Weise, wie im § i u. 2 vorgeschrieben ist, zu verarbeiten.

§ 4. Apparate, welche zu den im § 1 ge¬ nannten Prozessen verwendet werden, dfirfen vor ihrer Reinigung nicht bestiegen werden; Saure- transportkessel,Montejus und Behalter ffir Sauren, in denen Arsenwasserstoffgas enthalten ist, sich wahrend der Reinigung entwickeln oder im Schlamm eingeschlossen sein konnte, dfirfen nur unter Benutzung der in § 8 genannten Respi- rationsapparate bestiegen werden.

Dieses Verbot gilt auch ffir alle anderen Arbeiten und chemischen Prozesse, bei denen an offenen, im Freien stehenden Apparaten oder Gefaflen die Abfiihrung der Gase nicht moglich oder aus technischen Grfinden untunlich ist.

Bei der Reinigung ist unter gleichzeitigem Aufruhren etwa vorhandener schlammiger Riick¬ stande kraftige Spiilung mit geeigneter Fliissig- keit anzuwenden und bei geschlossenen Gefaflen ffir ausreichende Luftzirkulation zu sorgen.

§ 5. Bei Entwicklung von Wasserstoff fur technische Zwecke darf nur arsenfreie Saure und bestes Handelszink verwendet werden.

Als arsenfrei im Sinne dieser Vorschrift gelten Sauren, wenn sie folgenden Bedingungen entsprechen:

a) Salzsaure: 1 ccm Salzsaure gemischt mit 3 ccm Zinnchlorfirlosung darf im Laufe einer Stunde eine dunklere Farbung nicht annehmen.

b) Schwefelsaure: Wird 1 ccm eines er- kalteten Gemisches von 1 Raumteil Schwefel¬ saure und 2 Raumteilen Wasser in 3 ccm Zinn¬ chlorfirlosung gegossen, so darf die Mischung

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im Lauf einer Stunde eine dunklere Farbung nicht annehmen.

b) Vorschriften fiir Arbeitnehmer. § 6. Vor Beginn aller chemischen Prozesse,

bei welchen. durch Behandlung von Metallen oder Metallverbindungen mit Sauren sich Arsen¬ wasserstoff bilden kann, haben sich Aufseher und Arbeiter von dem guten Zustande der Ab- zugsvorrichtungen zu fiberzeugen.

§ 7. Zum Eintragen von Materialien bei diesen Prozessen darf nur die zum Einfiillen bestimmte Offnung benutzt werden; namentlich ist darauf zu achten, dafl dem Apparat keine Dampfe entweichen. •

§ 8. Das Ausraumen und Weiterverarbeiten des Inhalts der vorbezeichneten Apparate darf erst auf ausdrfickliche Anweisung des dazu be¬ fugten Beamten geschehen. Bei alien Arbeiten und chemischen Prozessen, bei denen die Gase nicht abgeffihrt werden, sind Schutzhelme mit Luftzuffihrung von auflen zu benutzen.

§ 9. Ohne Benutzung eines Schutzhelms darf ein Apparat, Transportgefafl, Saurebehalter, Kesselwagen usw., in dem sich Arsenwasserstoff entwickeln kSnnte, nicht bestiegen werden. Bei der Reinigung solcher Gefafle ist unter gleich¬ zeitigem Aufruhren etwa vorhandenen Schlammes kraftige Spiilung mit geeigneter Fliissigkeit an¬ zuwenden.

c) Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 10. Ffir die in Gemaflheit vorstehender

Bestimmungen zu treffenden Anderungen wird

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den Betriebsunternehmern eine Frist von 6 Mo¬ naten vom Tage der Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger gewahrt.

§ II. Der Genossenschaftsvorstand ist be¬ rechtigt, die Frist ffir die Einffihrung der Betriebs¬ einrichtungen, wie sie in diesen Vorschriften gefordert werden, auf Antrag des betreffenden Unternehmers und Befurwortung des Sektions¬ vorstandes zu verlangern.

§ 12. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vor schriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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10. Vorschriften f&r die Lagerung leichter Kohlenwasserstoffe des Steinkohlenteers bis zum speziflschen Gewicht von 0,9.

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 16. Mai 1903. Veroffentlicht im „Reich3-Anzeiger" vom 19. Juni 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten vom Tage der Veroffentlichung durch den Reichsanzeiger ffir die Lagerung leichter Kohlenwasserstoffe des Steinkohlenteers bis zum speziflschen Gewicht von o,9 folgende Bestimmungen:

a. Vorschriften ftir Arbeitgeber. I Vorschriften fiir die Anlage.

a. Neu-Anlagen. § 1. Neu zu errichtende Lager mfissen so

angelegt sein, dass der Inhalt der Gefasse sich beim Auslaufen auf dem umliegenden Terrain nicht verbreiten kann. Oberirdisch angelegte Lager sind zu diesem Zwecke mit einem Damm zu umgeben, der keinerlei Durchlass haben darf.

§ 2. Bei Lagerungen mit Bedachung ist das Gebaude feuersicher so zu konstruieren, dass die Ubertragung eines Brandes von aussen moglichst verhindert wird.

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§ 3. Ein anderen Zwecken dienendes Gebaude darf in der Nahe des Lagers nur errichtet wer¬ den, wenn seine Aussenwand von der Wand des nachsten Lagerhauses oder Lagerreservoirs min¬ destens 20 m entfernt ist.

b. Bestehende und Neu-Anlagen. § 4. Alle bedeckten Lagerhauser mussen

zwei getrennte, von innen zu offnende Aus¬ gange haben.

§ 5. Vorhandene Blitzableiter mfissen stets in gutem Zustande gehalten und jahrlich mindestens einmal durch Sachverstandige geprfift werden. Die Priifung hat sich sowohl auf die ober¬ irdische wie auf die Erdleitung zu erstrecken.

§ 6. Die Beleuchtung darf nur entweder durch elektrisches Glfihlicht in Doppeibirnen, deren Hauptleitung und Ausschaltung ausserhalb des Gebaudes liegt, oder von aussen durch Lampen geschehen, die durch ein Gehause geschiitzt und durch starke dichtschliessende Glasscheiben von den Lagerraumen abgeschlossen sind. Als be¬ wegliche Beleuchtungskorper sind nur elektrische, mit Elementen oder Akkumulatoren versehene Gliihlampen zulassig.

§ 7. Die Beheizung der Raume darf nur durch heisses Wasser oder durch Dampf von nicht fiber 1200 C bewirkt werden.

§ 8. Lagergefasse von fiber 1000 1 Inhalt mfissen derartig verschlossen sein, dass bei etwaigem, durch Erwarmung von aussen ent¬ stehenden Druck die Dampfe Abzug haben und das Gefass nicht der Gefahr des Zerreissens ausgesetzt ist.

§ 9. Die beim Ffillen und Entleeren der Lagergefasse aus diesem entweichende Luft ist

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mittelst geschlossener Rohrleitung derart abzu- ffihren, dass eine Entzfindung von aussen aus¬ geschlossen ist.

//. Vorschriften fur den Betrieb.

§ 10. In den Lagerraumen durfen nur nfichterne und zuverlassige Leute beschaftigt werden. Die Verwendung jugendlicher Arbeiter ist verboten.

§11. Fremden Personen ist der Zutritt zu den Lagerraumen nur unter besonderer Erlaubnis und in der Regel nur unter zuverlassiger Lei¬ tung gestattet.

b. Vorschriften fiir Arbeitnehmer. § 12. Das Betreten des Lagers mit Laternen

oder offenem Licht, und die Benutzung von Feuerzeug ist verboten. Muss ein Betreten der Raume mit Licht stattfinden, so dfirfen nur elektrische, mit Elementen oder Akkumulatoren versehene Lampen verwendet werden.

§ 13. Bei Ansammlung von Benzoldampfen in den Lagerraumen haben die Arbeiter die Raume sofort zu verlassen und ihrem Vor¬ gesetzten Meldung zu machen.

§ 14. Notausgange dfirfen wahrend des Betriebs in den Lagerraumen weder verstellt noch verschlossen sein.

§ 15. Die im Lagerraum beschaftigten Arbeiter dfirfen das Betreten des Raumes Unbefugten nicht gestatten.

§ 16. Das Rauchen in und bei den Lagern sowie das Mitbringen von Ziindwaren ist ver¬ boten.

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c. Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 17. Diese Vorschriften finden nur auf die

Lagerung von Kohlenwasserstoffen in be¬ sonderen Lagerraumen Anwendung. Beziiglich der in den Fabrikations- und Betriebsstatten befindlichen Warenbestande wird auf den § 21 der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungs¬ vorschriften hingewiesen.

§ 18. Fiir die in Gemassheit der §§ 4 bis 9 etwa zu treffenden Anderungen in der Anlage wird den Betriebsunternehmern eine Frist von 6 Monaten vom Tage der Bekanntmachung dieser Vorschriften durch den Reichsanzeiger gewahrt.

§ 19. Bezuglich der Bekanntgabe dieser Vorschriften, sowie hinsichtlich der bei Zu- widerhandlungen gegen die Unfallverhiitungs¬ vorschriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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11. Vorschriften fur den Betrieb von Dampffassern.

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 14. November 1903 und 24. Februar 1906.

Veroffentlicht im „Reichs - Anzeiger" vom 25. November 1903 und 10. Marz 1906.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten statt der bisher bestehenden Vorschriften fiir den Betrieb von Dampffassern vom Tage ihrer Veroffentlichung im „Reichsanzeiger" folgende Bestimmungen:

a. Fiir Arbeitgeber und Betriebsbeamte. /. Geltungsbereich der Vorschriften.

§ 1. Dampffasser im Sinne der nachstehenden Bestimmungen sind Gefasse, deren Beschickung der mittelbaren oder unmittelbaren Einwirkung von anderweit erzeugtem, gespanntem Wasser- dampf oder von Feuer ausgesetzt wird, sofern im Innern der Gefasse oder ihren den Be- schickungsraum umgebenden Hohlwandungen ein hoherer als der atmospharische Druck herrscht oder erzeugt wird.

Unter atmospharischem Druck wird der Druck von einem Kilogramm auf das Quadratzenti- meter verstanden.

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§ 2. Ausgenommen von diesen Bestimmungen sind:

i. Dampfdruckgefasse, in denen gespannter Dampf erzeugt wird zum Zweck von Kraft- oder Warmeabgabe ausserhalb des Dampf- erzeugers (Dampfkessel),

2. Gefasse fiir gas- oder dampfformige Ffillung, 3. Wasservorwarmer, sowie Heizkessel und

Heizkorper der Heizungen, 4. Dampffasser unter 150 1 Inhalt und solche,

bei denen das Produkt aus dem Inhalte in Litem und der im Dampffasse herrschenden Spannung in Atmospharen - Ueberdruck weniger als 300 betragt; bei offenen doppel- wandigen Dampffassern, bei denen nur der Mantel geheizt wird, ist der Inhalt des Dampfraumes maassgebend,

5. Diejenigen Dampffasser, bei denen der Ueberdruck ^ Atmosphare nicht fiber¬ steigt und eine Sicherheitsvorrichtung vor¬ handen ist, welche das Eintreten eines hoheren Druckes unmoglich macht.

II. Sachverstd?idige.

§ 3. Sachverstandige im Sinne der nach¬ stehenden Vorschriften sind:

1. die technischen Aufsichtsbeamten der Be¬ rufsgenossenschaft,

2. diejenigen Gewerbeaufsichtsbeamten, denen die Priifung von Dampfkesseln obliegt,

3. die Bergrevierbeamten in den ihrer Auf¬ sicht unterstellten Betrieben,

4. die zur Vornahme von amtlichen Druck- proben in einem deutschen Bundesstaat er- machtigten Ingenieure von Dampfkessel- Ueberwachungsvereinen,

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5. solche Personen, die von der Landeszentral- behorde auf Antrag der Berufsgenossen¬ schaft als Sachverstandige im Sinne dieser Vorschriften anerkannt worden sind.

Die Auswahl des Sachverstandigen bleibt dem Dampffassbesitzer oder seinem mit der Leitung des Betriebes beauftragten Stellver- treter (vergl. § 151 der Gewerbe - Ordnung) fiberlassen.

///. Bau und Ausriistung der Dampffasser.

§ 4. Die Wandungen und sonstigen Bestand¬ teile der Dampffasser mussen dem beabsichtigten Betriebsdruck entsprechend bemessen werden. Als Baustoff ffir die Wandungen und Einzel- teile diirfen Holz und Gusseissen nur da ver¬ wendet werden, wo der Betrieb es erfordert und durch ihre Verwendung Gefahren nicht hervorgerufen werden. Umlegbare Verschluss- schrauben, in Schlitze eingelegte Schrauben und Klammerverschlfisse mfissen gegen Ab- rutschen gesichert sein. Eingelegte einseitige Hakenschrauben sind nur in einer von dem technischen Aufsichtsbeamten anerkannten Kon¬ struktion zulassig.

Gefasse mit einem lichten Durchmesser fiber 800 mm sind, soweit Form und Grosse es ge¬ statten, besteigbar und im ubrigen so einzu¬ richten, dass sie im Innern in alien Teilen be- sichtigt werden konnen. Ovale Mannlochver- schlfisse sollen in der Regel 300 X 4°° mm) runde 400 mm weit sein.

§ 5. Die Dampffasser sind mit Vorrichtungen zu versehen, die gestatten, jedes einzelne fur sich von der Dampfleitung abzusperren.

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Feuerungen von Dampffassern sind so ein¬ zurichten, dass ihre Einwirkung auf die letzteren ohne weiteres gehemmt werden kann.

§ 6. Dampffasser mfissen mit einem zu¬ verlassigen Sicherheitsventil und Manometer ver¬ sehen sein. An letzterem ist die festgesetzte hochste Betriebsspannung durch eine Marke zu bezeichnen.

Sofern ein Manometer wegen der Eigenart des Betriebes nicht funktioniert, kann es mit Zustimmung des fur die regelmassige Ueber- wachung zustandigen Sachverstandigen durch ein Thermometer, an dem die hochste zulassige Temperatur durch eine in die Augen fallende Marke zu bezeichnen ist, ersetzt werden. Zell- stoffkocher sind mit einem Manometer und Ther¬ mometer zu versehen.

Sicherheitsventil und Manometer sind an einer solchen Stelle anzubringen, dass sie durch den Inhalt des Dampffasses nicht ungangbar gemacht werden konnen. Ihre Einschaltung in die Dampfleitung, jedoch in unmittelbarer Nahe des Dampffasses, ist gestattet, wenn die Art des Betriebes die Anbringung auf dem Dampf- fass selbst nicht zulasst.

Werden mehrere Dampffasser unter gleichem Druck an dieselbe Dampfleitung angeschlossen, so geniigt die Anbringung eines Sicherheits- ventils und eines Manometers in der gemein¬ schaftlichen Leitung vor den Dampffassern, wenn die freie Durchgangsoffnung des Sicher- heitsventils dem Querschnitte der gemeinsamen Leitung entspricht.

Dampffasser, deren Druckspannung der¬ jenigen des Druckerze.ugers gleich ist, bediirfen keines besonderen Sichcrheitsventils oder Mano-

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meters, wenn der Druckerzeuger mit den ent¬ sprechenden Sicherheitsvorrichtungen versehen ist. Dampffasser, die ffir einen Betriebsdruck gebaut sind, der zwei und mehr Atmospharen geringer ist als derjenige des Druckerzeugers, mfissen in der Dampfzuleitung ein Druckver- minderungsventil erhalten. Letzteres ist durch den Sachverstandigen so einzustellen, dass der Druck im Dampffass dauernd nicht fiber den genehmigten Druck steigen kann.

An jedem zu offnenden Dampffass muss sich eine Vorrichtung (Lufthahn) befinden, die mit Sicherheit erkennen lasst, ob noch Druck im Dampffass vorhanden ist. Ein Manometer genfigt hierzu nicht.

§ 7. Die Dampffasser mfissen mit einer Ein¬ richtung (Kontrollflansch) versehen sein, die die Anbringung des amtlichen Kontrollmanometers ermoglicht.

§ 8. An den Dampffassern muss der Fassungs- raum in Litem, die Firm a und der Wohnort des Vcrfertigers, die laufende Fabriknummer und das Jahr der Herstellung sowie der gemass § 10 festgesetzte hochste Betriebsdruck in At- mospharen-Ueberdruck auf leicht erkennbare und dauerhafte Weise angegeben sein.

Die Angaben sind auf einem Schilde (Fabrik- schild) anzubringen, das mit Nieten so am Dampfkessel zu befestigen ist, dass es auch nach der Ummantelung oder Einmauerung des letzte¬ ren sichtbar bleibt.

§ 9. Bei Dampffassern, deren Beschickung der Einwirkung besonders eingeleiteter oder im Apparat selbst entwickelter Gase von mehr als ffinfzehn Atmospharen Ueberdruck unterliegt (Autoklaven),wird, sofern eine dauernde Dichtung

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von Sicherheitsventilen unter den gegebenen Be dingungen undurchfiihrbar ist, von der An¬ bringung solcher unter folgenden Bedingungen abgesehen:

Jeder Autoklav ist mit Thermometer und einem Manometer zu versehen. Wird das erstere durch die Beschickung oder die im Appa¬ rat vorhandenen Gase oder Dampfe angegriffen, so sind zwei Manometer anzubringen. Ferner muss jeder Autoklav mit einer von Hand regulier- baren Ablassvorrichtung fur Gase versehen sein.

Die im Betrieb befindlichen Autoklaven mussen nach je 50 Chargen, mindestens aber nach Ablauf von je 3 Monaten innerlich be- sichtigt werden. Betriebsunterbrechungen werden auf diese Frist angerechnet, sofern sie eine Dauer von mindestens vier Wochen erreichen; dieselben mfissen den zustandigen Aufsichts¬ beamten angezeigt werden.

Von der Anbringung eines Kontrollflansches kann abgesehen werden.

IV. Inbetriebsetzung.

§ 10. Jedes Dampffass ist vor seiner ersten Inbetriebsetzung durch einen Sachverstandigen (§ 3) einer Priifung der Bauart und einer Wasserdruckprobe, sowie einer Abnahmeprfifung zu unterziehen. Die Wasserdruckprobe, welche mit der Priifung der Bauart zu verbinden ist, erfolgt nach der letzten Zusammensetzung, jedoch vor der Einmauerung oder Ummantelung des Dampffasses. Sie kann vor der Anmeldung des Dampffasses am Herstellungsorte ausgeffihrt werden. Dampffasser, die bereits am Herstel- lungsort auf Grund dieser Bestimmungen ge¬ prfift und demnachst im ganzen nach ihrem

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Aufstellungsorte geschafft worden sind, unter¬ liegen einer nochmaligen Priifung der Bauart und Wasserdruckprobe am Aufstellungsorte nur dann, wenn seit Vornahme der Priifung mehr als ein Jahr verflossen ist, oder wenn das Dampffass eine Beschadigung erlitten hat, die eine Wiederholung der Priifung geboten er- scheinen lasst. Die Wasserdruckprobe ist mit dem anderthalbfachen Betrage des hoehsten im Betriebe zulassigen Dampfdruckes des Dampf¬ fasses, und, sofern der hochste Betriebsdruck geringer als 2 Atmospharen ist, mindestens mit einer denselben um eine Atmosphare fiberstei¬ genden Pressung auszuffihren.

Bei den Abnahmeprfifungen von Autoklaven ohne Sicherheitsventile (§ 9) ist der zweifache Betriebsdruck anzuwenden, ffir den dieselben benutzt werden sollen.

Nach Ausffihrung der Druckprobe hat der Sachverstandige, vorausgesetzt, dass sie zur Beanstandung keinen Anlass bot, den hoehsten zulassigen Dampf- oder Gasdruck des Dampf¬ fasses zu bestimmen, ferner die Niete des Fabrikschildes (§ 8) mit einem Stempel zu ver¬ sehen. Dieser ist in dem Priifungszeugnis fiber die Druckprobe abzudrucken.

§ 11. Die Abnahmeprfifung erfolgt am Be- nutzungsorte. Mit der Abnahme ist eine Ein- stellung etwa vorhandener, zum Dampffasse ge¬ horiger Sicherheitsventile zu verbinden, falls sie nicht bereits am Herstellungsorte durch einen Sachverstandigen (§ 3) bewirkt und bescheinigt worden ist. In letzterem Falle ist die Identitat des Sicherheitsventils nachzuweisen.

§ 12. Die Betriebsunternehmer sind ver¬ pflichtet, alle Bescheinigungen des Sachverstan-

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digen, der die Abnahme bewirkt hat, mit der Beschreibung und Zeichnung des Dampffasses zu verbinden und einem Revisionsbuche (§ 16) an¬ zuheften und aufzubewahren.

V. Betrieb und technische Untersuchung der Dampffasser.

§ 13. Dampffassbesitzer oder ihre mit der Leitung des Betriebes beauftragten Stellvertreter (§ 151 der Gew.-Ord.) sind verpflichtet, daffir Sorge zu tragen, dass die Dampffasser, ihre Ver- schraubungen und Sicherheitsvorrichtungen wah¬ rend des Betriebes bestimmungsgemass benutzt und Dampffasser, die sich nicht in gefahrlosem Zustande befinden, nicht in Betrieb genommen oder ausser Betrieb gesetzt werden.

§ 14. Jedes zum Betrieb aufgestellte Dampf¬ fass, es mag unausgesetzt oder nur in bestimmten Zeitabschnitten oder unter gewissen Voraus- setzungen betrieben werden, ist regelmassigen technischen Untersuchungen zu unterziehen.

Dieser Vorschrift unterliegen Dampffasser nur dann nicht, wenn der Betrieb ganzlich ein¬ gestellt und dem zustandigen Sachverstandigen eine schriftliche Anzeige erstattet wird.

§ 15. Die regelmassige Untersuchung der Dampffasser ist eine innere und eine Priifung durch Wasserdruck.

Die regelmassige innere Untersuchung ist alle 4 Jahre, die Wasserdruckprobe alle acht Jahre vorzunehmen, dann aber mit der inneren Untersuchung, wenn moglich, zu verbinden.

Die innere Untersuchung kann nach dem Ermessen des Prfifers durch eine Wasserdruck¬ probe erganzt werden. Sie ist stets durch eine

^3

solche zu erganzen oder zu ersetzen bei Dampf¬ fassern, die ihrer Bauart halber im Innern nicht besichtigt werden konnen.

Zur Ausffihrung der Prfifungen ist der Be¬ trieb einzustellen und das gehorig gereinigte Dampffass zu der mit dem Sachverstandigen zu vereinbarenden Zeit bereit zu stellen.

Einmauerungen und Ummantelungen sind bei den Prfifungen soweit zu entfernen, wie es der Sachverstandige (§3) ffir erforderlich halt.

Ffir die Hohe des bei Druckproben anzu- wendenden Probedrucks sind die Vorschriften in § 10 maassgebend; jedoch mfissen Dampf¬ fasser, die ohne Sicherheitsventile betrieben werden, sofern nicht ein hoherer Druck vor¬ geschrieben ist (§ 10 Abs. 2), stets mit dem anderthalbfachen Betrage des hoehsten Be- triebsdruckes des zugehorigen Dampferzeugers geprfift werden und zwar auch dann, wenn der Betriebsdruck des Dampffasses im allgemeinen durch Drosselung des Dampfes niedriger ge¬ halten wird.

Zugleich mit den Untersuchungen sind die durch den Gebrauch eingetretenen Abnutzungen festzustellen. Mit Wasserdruckproben ist eine Priifung der Sicherheitsventil^ sowie der Mano¬ meter zu verbinden, wenn ihre Anbringung es zulasst.

Die vorstehenden Bestimmungen des § 15 finden auf Zellstoffkocher mit innerem Schutz- mantel keine Anwendung. Diese Kocher sind jedoch mindestens in Zwischenraumen von vier Wochen durch einen von der Fabrikleitung be¬ stimmten geeigneten Sachkundigen darauf zu untersuchen, ob Undichtigkeiten des inneren Schutzmantels eingetreten sind. Das Ergebnis

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einer jeden solchen Untersuchung ist von dem Sachkundigen in das im § 16 vorgeschriebene Revisionsbuch einzutragen.

§ 16. Der Sachverstandige hat den Bcfund der Untersuchung, die Hohe des Probedrucks und etwaige Aenderungen in der Belastung der Sicherheitsventile in ein Revisionsbuch einzu¬ tragen, dessen Formular von der Berufsgenossen¬ schaft vorgeschrieben wird.

Das Revisionsbuch ist vom Dampffassbesitzer oder seinem mit der Leitung des Betriebs be¬ auftragten Stellvertreter (§ 151 der Gew.-Ord.) zu beschaffen und am Betriebsort derart auf¬ zubewahren, dass es von dem Sachverstandigen jederzeit eingesehen werden kann.

§ 17. Dampffasser, die eine Hauptausbesserung erfahren haben, Zellstoffkocher und Autoklaven mit Innenverkleidung auch bei ganzlicher oder teilweiser Erneuerung des letzteren, sind vor ihrer Wiederinbetriebnahme in der Fabrik oder am Betriebsorte einer Wasserdruckprobe nach den Vorschriften des § 10 zu unterwerfen. Eine Bescheinigung fiber diese Priifung, den Umfang der Reparatur und die Fabrik, die sie aus¬ geffihrt hat, ist mit dem Revisionsbuch zu ver¬ binden.

Durch diese ausserordentlichen Druckproben wird der Lauf der regelmassigen Untersuchungen nicht unterbrochen; sie konnen jedoch an die Stelle einer in demselben Jahre falligen regel¬ massigen Wasserdruckprfifung treten. Wird mit einer solchen ausserordentlichen Druckprobe auf Antrag des Dampffassbesitzers oder seines mit der Leitung des Betriebs beauftragten Stell- vertreters (§ 151 der Gew.-Ordn.) eine innere Untersuchung verbunden, so konnen die Fristen

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der regelmassigen Untersuchungen von diesem Zeitpunkte an neu berechnet werden.

b. Vorschriften ftir Arbeitnehmer.

§ 18. Die mit der Wartung der Dampffasser beauftragten Arbeiter sind verpflichtet, daffir Sorge zu tragen, dass die Dampffasser, ihre Ver- schraubungen und Sicherheitsvorrichtungen be¬ stimmungsgemass benutzt werden und dass Dampffasser, die sich nicht in gefahrlosem Zu¬ stande befinden, nicht in Betrieb genommen oder ausser Betrieb gesetzt werden.

Insbesondere sind folgende Vorschriften ge¬ nau zu beachten:

Vorbereitungen zur Inbetriebnahme des Dampf¬ fasses.

§ 19. Der mit der Wartung betraute Arbeiter hat vor jeder Ffillung des Dampffasses zu unter¬ suchen, ob alle Vorrichtungen gangbar und ihre Verbindungen mit dem Dampffass nicht verstopft sind.

§ 20. Der Warter hat zu beachten und Sorge zu tragen, dass sich alle Dichtungsflachen in brauchbarem Zustande befinden.

Die Dichtung der Verschlussoffnungen muss unter Verwendung geeigneten Materials sorg¬ faltig ausgefuhrt werden.

§ 21. Beim Verschrauben der Verschluss- dffnungen sind stets samtliche Schrauben zu benutzen. Das Anziehen der Schrauben hat in vorsichtiger und gleichmassiger Weise zn erfolgen. 13*

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Die Benutzung aussergewohnlicher Mittel zum Anziehen (z. B. Aufstecken von Rohren auf die Schliissel, Verwendung langer Stangen bei Fliigelmuttern und Bfigelverschlfissen oder Antreibeii derselben durch Hammerschlage und dergleichen) ist verboten. Alle Schrauben sind gleichmassig stark und nicht starker anzuziehen, als zur Herstellung der Dichtung erforder¬ lich ist.

§ 22. BeiVerschlfissen mit umlegbaren Schrau¬ ben (Gelenkschrauben),Klammerverschlfissen und in Schlitze eingelegten Schrauben ist festzustellen, dass durch die Sicherungen das Abrutschen der Muttern verhindert wird und die Muttern oder Unterlagscheiben voll aufliegen.

§ 23. Bei Bfigelverschlfissen und Gelenk- schrauben ist streng zu beachten, dass nur genau passende Bolzen ordnungsgemass benutzt werden.

§ 24. Fehlerhaft gewordene Verschlussteile (z. B. abgenutzte, rissige oder verbogene Schrau¬ ben, ausgebrochene oder schlottrige Muttern, ver¬ bogene Klammern und dergleichen) dfirfen nicht verwendet werden.

Betrieb des Dampffasses.

§ 25. Die Dampf-Absperrventile und -Hahne dfirfen nur langsam geoffnet werden. Besondere Vorsicht ist beim Einlassen des Dampfes anzu¬ wenden, wenn der Dampf unterhalb einer dicht- liegenden Ffillmasse eintritt.

§ 26. Sobald und solange Druck in dem Dampffass vorhanden ist, darf ein Nachziehen der Verschlussschrauben nur von dazu berufenen sachverstandigen Leuten ausgeffihrt werden.

19;

§ 27. Alle Sicherheitsvorrichtungen (Sicher¬ heitsventile, Manometer, Thermometer usw.) sind wahrend des Betriebes zu beobachten. Jede Aenderung der Belastung des Sicherheitsventils ist verboten.

§ 28. Der Dampf- bezw. Arbeitsdruck soil die festgesetzte hochste Spannung nicht fiber¬ schreiten. Tritt dieser Fall dennoch ein oder zeigen sich im Betriebe Schaden und Risse am Dampffass oder den Verschlfissen, so ist die Dampfzuleitung sofort zu schliessen beziehungs- weise die Einwirkung des Feuers sofort aufzu¬ heben. (Siehe auch § 32).

§ 29. Beim Schichtwechsel darf sich der ab¬ tretende Dampffass-Warter erst entfernen, wenn der antretende Warter alles in ordnungsmassigem Zustande fibernommen hat.

Ausserbetriebsetzung des Dampffasses.

§ 30. Der Dampffass-Warter hat sich, bevor er die Verschlussschrauben lost, durch Oeffnen der Abblasevorrichtung (des Lufthahns) zu fiber¬ zeugen, dass kein Druck im Dampffass mehr vorhanden ist. Die Beobachtung, dass das Manometer keinen Druck mehr anzeigt, genfigt hierfiir nicht.

§ 31. Vor jeder langeren Ausserbetrieb¬ setzung des Dampffasses ist seine griindliche Reinigung vorzunehmen.

Allgemeine Bestimmungen.

§ 32. Von alien Schaden (Rissen, Abnutzungen, starken Undichtigkeiten), die sich am Dampf¬ fass und seinem Zubehor zeigen, ist dem Vor¬ gesetzten sofort Anzeige zu machen.

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c. Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 33. Ffir die in Gemassheit vorstehender

Bestimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von 6 Mo¬ naten vom Tage der Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger gewahrt.

§ 34. Der Genossenschaftsvorstand ist be¬ rechtigt, die Frist der Einffihrung der Betriebs¬ einrichtungen, wie sie in diesen Vorschriften ge¬ fordert werden, auf Antrag des betreffenden Unternehmers und Beffirwortung des Sektions¬ vorstandes zu verlangern.

§ 35. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vor¬ schriften, sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Be¬ rufsgenossenschaft der chemischen Industrie ent¬ haltenen Bestimmungen Anwendung.

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12. Vorschriften fttr den Betrieb von Apparaten und Gefassen unter Druck, welche den Bestimmungen fiir Dampf¬

fasser nicht unterliegen. Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 14. November 1903. Verdffentlicht im „Reichs -Anzeiger" vom 25. November 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten ffir den Betrieb von Apparaten und Gefassen unter Druck, welche den Bestimmungen ffir Dampffasser nicht unter¬ liegen, statt der bisher geltenden Vorschriften, vom Tage ihrer Veroffentlichung inT „Reichs¬ anzeiger44 folgende Vorschriften:

a. Ftir Arbeitgeber und Betriebsbeamte. § 1. Die nachstehenden Bestimmungen er¬

strecken sich auf alle Apparate und Gefasse, bei deren betriebsmassiger Benutzung ein hoherer als der atmospharische Druck verwendet wird oder entstehen kann.

Ausgenommen sind: a) Dampfkessel. b) Dampffasser jeder Grosse im Sinne der

daffir erlassenen besonderen Vorschriften.

c) Maschinenteile und dergleichen, insofern dieselben nicht unter den Begriff Apparate und Gefasse fallen (Kompressoren, Druck- leitungsrohre,hydraulischePresszylinderetc.).

d) Wasservorwarmer und Heizkorper. e) Diejenigen Transportgefasse komprimierter

Gase, bei denen das Produkt aus dem Fassungsraum in Litem und dem von der deutschen Eisenbahnvereinigung ffir Trans¬ portgefasse festgesetzten Priifungsdruck in Atmospharen die Zahl 300 nicht fiber- schreitet, sowie sonstige Apparate und Ge¬ fasse, bei denen dieses Produkt die Zahl 500 nicht fibersteigt.

f) Apparate und Gefasse, bei denen der Ueberdruck y2 Atmosphare nicht fiber¬ steigt und eine Sicherheitsvorrichtung vor¬ handen ist, welche das Eintreten eines hoheren Druckes ausschliesst.

g) Mineralwasserapparate, ffir welche besondere Vorschriften bestehen.

§ 2. Alle gemass § 1 unter die Bestimmungen dieser Vorschriften fallenden Apparate und Ge¬ fasse sind vor ihrer ersten Inbetriebsetzung durch einen Sachverstandigen (§ 3) einer Priifung der Bauart und einer Wasserdruckprobe zu unter¬ ziehen. Die Wasserdruckprobe, welche mit der Priifung der Bauart zu verbinden ist, erfolgt nach der letzten Zusammensetzung, jedoch vor der Einmauerung oder Ummantelung des Ap- parats oder Gefasses. Sie kann am Herstellungs¬ orte ausgeffihrt werden. Apparate und Gefasse, die bereits am Herstellungsort auf Grund dieser Bestimmungen geprfift und demnachst im Ganzen nach ihrem Aufstellungsorte geschafft worden sind, unterliegen einer nochmaligen Priifung der

Bauart und Wasserdruckprobe am Aufstellungs¬ orte nur dann, wenn seit Vornahme der Priifung mehr als ein Jahr verflossen ist, oder *venn der Apparat bezw. das Gefass eine Beschadigung erlitten hat, die eine Wiederholung der Priifung geboten erscheinen lasst.

Ffir die Hohe des Prfifungsdruckes gelten nachstehende Bestimmungen:

a) Die Druckprobe ist ffir Gefasse und Appa¬ rate mit Gas- oder Luftdruck bis zu 100 Atmospharen mit dem I'/afachen zu¬ lassigen Arbeitsdruck auszuffihren; der Priifungsdruck muss jedoch bei einem Be¬ triebsdruck unter 2 Atmospharen diesen um mindestens eine Atmosphare fibersteigen.

b) Bei einem Gas- oder Luftbetriebsdruck von fiber 100 Atmospharen hat der Prii¬ fungsdruck denselben nur um 50 Atmo¬ spharen zu fibersteigen.

c) Apparate und Gefasse, welche wahrend des Betriebes vollstandig mit tropfbaren, nicht expandierenden Flfissigkeiten gefiillt sind (Wasser, Oel usw.), sind nur mit einem den hoehsten Betriebsdruck um eine Atmosphare fibersteigenden Druck zu prfifen.

Nach bestandener erstmaliger Priifung ist der Apparat, bezw. das Gefass von dem Sach¬ verstandigen mit einem Stempel zu versehen.

Die Ergebnisse der Prfifungen und Druck¬ proben sind in ein zweckentsprechend ein- gerichtetes Revisionsbuch einzutragen, welches dem technischen Aufsichtsbeamten auf Verlangen jederzeit vorzulegen ist.

§ 3. Zur Ausffihrung der Prfifungen sind befugt t. die technischen Aufsichtsbeamten der Be¬

rufsgenossenschaft,

2. diejenigen Gewerbeaufsichtsbeamten, denen die Prufung von Dampfkesseln obliegt,

3. die •Bergrevierbeamten in den ihrer Auf¬ sicht unterstellten Betrieben,

4. die zur Vornahme von amtlichen Druck¬ proben in einem deutschen Bundesstaat er- machtigten Ingenieure von Dampfkessel- Ueb er wachungsver einen,

5. solche Personen, die von dem Vorstande der Berufsgenossenschaft als Sachverstan¬ dige im Sinne dieser Vorschriften anerkannt worden sind.

Die Auswahl des Sachverstandigen aus dem Kreise der vorbezeichneten Personen bleibt dem Betriebsunternehmer fiberlassen.

§ 4. Die dieser Vorschrift unterworfenen Apparate und Gefasse mfissen einzeln ffir sich von der Druckleitung abgesperrt werden konnen.

§ 5. An jedem Apparat und Gefass unter Druck, oder deren Druckleitung muss ein zu- verlassiges Sicherheitsventil und ein zuverlassiges Manometer nebst Kontrollflansch angebracht sein.

Ausgeschlossen von dieser Bestimmung sind die Transportgefasse ffir verflfissigte Gase.

Sicherheitsventil und Manometer sind an einer solchen Stelle anzubringen, dass sie durch den Inhalt der Apparate oder Gefasse nicht ungangbar gemacht werden konnen. Ihre Ein¬ schaltung in die Zuleitung ist gestattet.

Am Manometer ist der festgesetzte hochste zulassige Betriebsdruck durch eine Marke zu bezeichnen.

Werden mehrere Gefasse oder Apparate unter gleichem Druck von derselben Druck¬ leitung gespeist, so genfigt die Anbringung eines

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ffir diesen Druck eingestellten Sicherheitsventils an der gemeinsamen Leitung.

Die Sicherheitsventile mfissen mindestens eine dem Querschnitt des betreffenden Zuleitungs- rohres gleichkommende Oeffnung haben.

Apparate und Gefasse, welche ffir den hoeh¬ sten Druck des Druckerzeugers geprfift sind, bediirfen keines besonderen Sicherheitsventils oder Manometers. Der Druckerzeuger muss dann mit den entsprechenden Sicherheitsvor¬ richtungen zur Begrenzung des Druckes ver¬ sehen seim

Apparate und Gefasse mit Beschickungs- oder Entleerungsverschlfissen mfissen mit einer Vorrichtung (Lufthahn) versehen sein, der mit Sicherheit erkennen lasst, ob noch Ueberdruck vorhanden ist. Ein Manometer genfigt hierzu nicht.

§ 6. An jedem Apparate und Gefasse unter Druck muss mit dauerhafter, nicht entfernbarer Schrift die Nummer und der hochste zulassige Ueberdruck angegeben sein.

Die Betriebsunternehmer haben die unter diese Unfallverhfitungsvorschriften fallenden Ap¬ parate und Gefasse in ein Verzeichnis aufzu¬ nehmen, welches auf Erfordern dem technischen Aufsichtsbeamten jederzeit vorzulegen ist.

§ 7. Die Besitzer von Apparaten und Gefassen unter Druck sind verpflichtet, dieselben alljahr¬ lich einer ausseren Priifung zwecks Kontrolle der Sicherheitsvorrichtungen und, sofern die Bauart dies gestattet, in angemessenen Zeit- raumen von [langstens 4 Jahren einer inneren Besichtigung zu unterwerfen. Ueberdies sind die bezeichneten Apparate und Gefasse in Zeit- raumen von langstens 8 Jahren einer Druck-

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probe gemass § 2 Abs. 2 durch einen der ge¬ nannten Sachverstandigen unterziehen zu lassen. Bei denjenigen Apparaten, deren Bauart eine innere Besichtigung nicht zulasst, muss die Druckprobe in Zeitraumen von langstens 4 Jahren erfolgen. Einmauerungen und Verkleidungen sind bei der Wasserdruckprobe, soweit es der Sach¬ verstandige ffir erforderlich erachtet, zu entfernen und die Gefasse gereinigt bereit zu halten.

Ffir Apparate, welche erfahrungsmassig einer starken Abnutzung unterliegen, sei es durch korrodierende Einwirkungen, direkte Feuerung, grosse Ternperaturschwankungen oder beson¬ ders hohe Spannungen, wie Gefasse ffir ver¬ flfissigte Gase usw., konnen von dem Genossen¬ schaftsvorstande kfirzere Zeitraume ffir die Prii¬ fung festgesetzt werden.

b. Vorschriften fiir Arbeitnehmer. § 8. Samtliche Sicherheitsvorrichtungen sind

stets in brauchbarem Zustande zu erhalten. § 9. Die Verschliisse sind sorgfaltig in Stand

zu halten, das Dichtungsmaterial ist sachgemass zu verwenden.

§ 10. Bei Schraubenverschlfissen sind stets samtliche Schrauben zu benutzen. Fehlerhafte Schrauben und Muttern sind sofort zu ersetzen. Das Anziehen der Schrauben hat in vorsich- tiger und gleichmassiger Weise zu erfolgen. Die Benutzung aussergewohnlicher Mittel zum Nachziehen, z. B. Aufstecken voti Rohren auf die Schliissel, Verwendung langer Eisenstangen bei Fliigelmuttern oder Antreiben derselben durch Hammerschlage ist verboten.

§ 11. Das Losen der Verschhi^sschrauben darf erst erfolgen, nachdem die Druckleitung abge-

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sperrt und der Druck aus dem Gefass vollig beseitigt ist. (Lufthahn.)

§ 12. Der Arbeitsdruck im Gefass darf die hochste zulassige Spannung nicht iiberschreiten. Die Sicherheitsventile sind bei jeder neuen Be¬ schickung durch vorsichtiges Anheben zu Ififten. Jede Vergrosserung der vorgeschriebenen Ventil- belastung ist verboten.

§ 13. Grossere Undichtigkeiten, Beschadi¬ gungen und Abstossungen an den Apparaten und Gefassen sind sofort dem Vorgesetzten zu melden.

c. Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 14. Ffir die in Gemassheit vorstehender Be¬

stimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebs-Unternehmern eine Frist von 6 Monaten vom Tage der Bekanntmachung durch den Reichs-Anzeiger gewahrt.

§ 15. Der Genossenschaftsvorstand ist be¬ rechtigt, die Frist der Einffihrung der Betriebs- Einrichtungen, wie sie in diesen Vorschriften ge¬ fordert werden, auf Antrag des betreffenden Unternehmers und Beffirwortung des Sektions¬ vorstandes zu verlangern.

§ 16. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vor¬ schriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhiitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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13. Vorschriften fiir Diingerfabriken.

A. Diingerfabriken (einschliesslich Abdeckereien) mit Knochenverarbeitung.

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am i. September 1896 und 16. Mai 1903,

Veroffentlicht im „Reichs -Anzeiger" vom 17. September 1896 und 19. Juni 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall- verhfitungsvorschriftW der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten ffir Knochen¬ verarbeitung, sowie ffir Abdeckereien mit Dfingerfabrikation folgende Bestimmungen:

a. Vorschriften fur Arbeitgeber und B etriebsbeamte.

Rohmaterial. § 1. Die rohen Knochen sind tunlichst in

trockenen und gut ventilierten Raumen zu lagern. § 2. Ffir das Umladen, Sortieren und Zer¬

kleinern der Knochen sind Arbeiter mit offenen Wunden an den Handen nicht zu verwenden. Das Sortieren ist nur in luftigen und gut er- leuchteten Raumen auszuffihren.

Maschinen. § 3. Brech- und Quetschwerke mfissen vom

Stand des Arbeiters aus leicht ausser Betrieb

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gesetzt werden konnen und gegen das selbst¬ tatige Einrficken gesichert sein.

§ 4. An Brech- und Quetschwerken, Kugel- mfihlen und Becherwerken soil die Einschfitt- offnung umfriedigt oder mit genfigend engem Rost verdeckt oder in sonstiger Weise gesichert sein.

Der Weg der Becher, Transportgurte und Transportschnecken ist in ausreichender Weise zu sichern.

§ 5. Desintegratoren mfissen in der Regel un- abhangig vom fibrigen Betrieb abgestellt werden k6nnen. Sofern eine Abstellvorrichtung nur mit erheblichen Schwierigkeiten herzustellen ist, muss ein Signal zur Abstellung der Dampfmaschine gegeben werden konnen, oder eine Vorrichtung zum Abwerfen der Riemen angebracht sein.

Die Desintegratorachsen mit den darauf sitzenden Riemenscheiben und Antriebsriemen sind gegen gefahrdende Berfihrung zu sichern.

§ 6. An Stampfwerken ist der Weg der Hebedaumen abzusperren, sobald derselbe im Verkehrsbereich liegt.

§ 7. Sofern der Rand der Lauferteller an Lauferwerken nicht mindestens 90 Centimeter fiber dem Fussboden liegt, ist das Lauferwerk mit einem Schutzringe zu umgeben.

§ 8. Jede Arbeitsmaschine muss eine Ab¬ stellvorrichtung haben; Storungen im Betriebe derselben durch Verstopfen, Abfallen von Riemen oder ahnliche Veranlassung dfirfen nur beim Stillstand der Maschine beseitigt werden.

§ 9. Exhaustoren mfissen gegen gefahr¬ bringende Berfihrung durch Draht- oder andere Gitter hinreichend geschiitzt werden.

§ 10. Das Schmieren der Kraft- und Ar¬ beitsmaschinen darf, sofern es nicht durch selbst-

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tatige Vorrichtungen geschieht, nur von ge¬ sicherter Stelle aus oder bei Stillstand der Ma¬ schine erfolgen.

§11. Die Knochendampfer mfissen, wenn sie ffir niedrigeren Druck gebaut sind als die Dampf- erzeuger, mit Sicherheitsvorrichtungen (Sicher¬ heitsventil, Lufthahn, Manometer mit Kontroll¬ flansch, Einschaltung eines Dampfreduktions- ventils zwischen Kessel und Dampfern) versehen sein. Es ist zulassig, das Sicherheitsventil, moge dasselbe ffir einen oder gleichzeitig ffir mehrere Dampfer dienen, auch an der Dampfzuleitung anzubringen.

§ 12. Der Knochendampfer ist vor seiner Inbetriebnahme und alsdann mindestens alle 6 Jahre einer Druckprobe zu unterwerfen, bei welcher die Pressung das 172 fache des hoehsten Dampfdrucks betragen soil, denselben mindestens aber um 1 Atmosphare fibersteigen muss.

§ 13. An den Einffilloffnungen der Knochen¬ dampfer sind Sicherheitsvorrichtungen anzu¬ bringen, die das Hineinstfirzen der Arbeiter verhiiten.

Ventilation. § 14. Falls schweflige Saure im Betriebe

angewendet wird, sind Vorrichtungen (Lfiftungs- anlagen) auszuffihren, welche die Gefahrdung der Arbeiter durch die austretenden Gase und sauren Dampfe beseitigen.

Staub. § 15. Der beim Zerkleinern und Mahlen

der Knochen in gesundheitsschadiicher Menge entstehende Staub ist durch Absaugen an der Entstchungsstelle moglichst zu beseitigen. So¬ fern dies nicht in ausreichender Weise gelingt,

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mfissen den Arbeitern Respiratoren, Schwamme, Mundtficher oder andere zweckentsprechende Schutzmittel zur Verfiigung gestellt werden, deren Benutzung vorzuschreiben ist.

Aufschliessen. § 16. Die Behalter zum Aufschliessen mfissen

mit Vorrichtungen versehen sein, welche das Austreten schadlicher und belastigender Gase und Dampfe in die Arbeitsraume tunlichst ver¬ hindern. Rohstoffe, welche fluor-, chlor- oder salpetrigsaurehaltige Gase in gefahrdrohender Menge entwickeln, dfirfen nicht in offenen Gruben auf geschlossen werden.

Die Verwendung von nicht denitrierter Ab- fallsaure beim Aufschliessen in offenen Gruben ist untersagt.

§ 17. Die Zuleitung oder das Eingiessen der Schwefelsaure muss so bewirkt werden, dass ein Vergiessen oder Verspritzen der Saure moglichst verhfitet wird.

Beim Ausgiessen der Saureballons mfissen Ballonkipper benutzt werden.

Ffir Arbeiten, bei denen die Augen der be¬ schaftigten Arbeiter durch Spritzen von Saure bedroht sind, mfissen ihnen Schutzbrillen zur Verfiigung gestellt werden, deren Benutzung vorzuschreiben ist.

Kochgefasse. § 18. Bei der Gewinnung von Fett und Leim

mussen die offenen Kochgefasse eine Randhohe von mindestens 90 cm haben.

Das Arbeiten an offenen Kochgefassen von einem erhohten Stand aus ist nur gestattet, wenn dieser Stand fest und mit Umfriedigung, Fangrost oder ahnlicher Schutzeinrichtung gesichert ist.

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Benzin-Entfettung. § i9-

a) Das Entfettungsgebaude muss bei Neu¬ anlagen in hinreichender Entfernung von andern Gebauden der Fabrik, und der Fussboden der unteren Etage ebenerdig liegen. Die Tfiren sollen nach aussen auf¬ schlagen. Bei alteren Anlagen, bei denen das Entfettungsgebaude mit den fibrigen Gebauden verbunden bezw. daran stossend liegt, mussen letztere durch Brandmauern, die bis fiber das Dach gehen, abgeschlossen werden.

b) Tfiren und untere zu offnende Fenster dfirfen nicht nach Kesselfeuerungen oder anderen Feuerquellen ffihren, um der Entzfindung entweichender Benzindampfe moglichst vor¬ zubeugen. Abtreibrohre, welche Benzin¬ dampfe ins Freie ffihren konnten, mfissen mog¬ lichst hochliegende Ausmfindungen haben.

c) Durch eine Neigung des Fussbodens und durch ein an der tiefsten Stelle angebrachtes Abflussrohr ist Vorsorge zu treffen, dass ausfliessendes Benzin schnell beseitigt und unterirdisch in eine entfernt liegende dichte Grube abgeleitet wird.

d) Von den oberen Einffill-Etagen soil ein be¬ sonderer Notausgang unmittelbar ins Freie ffihren.

e) Die Beleuchtung muss entweder durch Glfih¬ licht in Doppeibirnen, dessen Hauptleitung und Ausschaltung ausserhalb des Gebaudes liegt, oder von aussen durch Lampen ge¬ schehen, die durch ein Gehause geschiitzt und durch starke dicht schliessende Glasscheiben von den Betriebsraumen abgeschlossen sind

f) Die Verwendung offener oder, lose bedeckter Scheidegefasse bei den Extraktionsapparaten ist verboten.

Die Flfissigkeitsstandrohre bei den Ben- zingefassen sind gegen aussere Beschadi¬ gung zu schfitzen.

g) Das Betreten des Entfettungshauses mit Laternen oder offenem Licht ist zu ver¬ bieten und bei Dunkelheit nur in beson¬ deren Fallen mit zuverlassigen Sicherheits¬ lampen zu gestatten.

h) Das Rauchen, sowie das Mitbringen von Zfindholzern oder sonstigem Feuerzeug ist durch Anschlag zu verbieten.

i) Unbefugten ist das Betreten des Entfet- tungsgebaudes iiberhaupt nicht zu gestatten.

k) Die Lagerung von Benzin-Vorraten in Barrels darf nur an feuersichern, isolierten Stellen stattfinden.

b. Vorschriften fur Arbeitnehmer. §.20. Hautverletzungen auch der geringsten

Art sind sorgfaltig durch einen reinlichen Ver- band zu schutzen und zum Zweck der antisep- tischen Behandlung sofort anzumelden.

§ 21. Werden von den im Gange befind¬ lichen Brechwerken oder Quetschwalzen Stficke des Zerkleinerungsguts oder dem letzteren bei- gemischte Fremdkorper nicht miterfasst, so sind diese Stficke oder sonstigen Korper erst nach dem Auslosen und dem Stillstand der Werk- maschinen zu entfernen. Wahrend des Ganges der Arbeitsmaschinen dfirfen derartige Stficke oder Fremdkorper unter keiner Bedingung mit der Hand oder mit Instrumenten herausgeholt werden. Ebenso sind Becherwerke, Transport-

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schnecken, Sicht- oder andere Maschinen auszu¬ losen und stillzustellen, bis etwaige Ver- stopfungen oder sonstige Hindernisse gehoben sind.

§ 22. Vor dem Oeffnen der Mannlochdeckel der Knochendampfer hat der Arbeiter durch den Lufthahn sich zu fiberzeugen, dass kein Druck mehr im Dampfer vorhanden ist.

§ 23. Bei Arbeiten, die die Augen der be¬ schaftigten Personen durch Spritzen von Saure gefahrden, sind Schutzbrillen zu benutzen.

Wo Staub in gefahrdrohenden Mengen sich entwickelt, hat sich der Arbeiter der vorhan¬ denen Respiratoren, Mundtficher, Schwamme oder sonstigen Schutzmittel zu bedienen.

§ 24. Bei der Entfettung der Knochen durch Benzin ist folgendes vorgeschrieben:

a) Das Betreten des Entfettungshauses mit Laternen oder offenem Licht, und die Be¬ nutzung von Feuerzeug ist untersagt. Muss ein Betreten der Raume mit Licht statt¬ finden, so dfirfen nur Sicherheitslaternen verwendet werden.

b) Um die Entzfindung abziehender Benzin¬ dampfe zu verhindern, sind die nach Feue¬ rungen oder offenen Flammen fiihrenden Tiiren und Fenster der Betriebsraume ge¬ schlossen zu halten.

c) Die Ansammlung von Benzindampfen in den Betriebsraumen ist unter alien Um¬ standen zu vermeiden. Das Abtreiben des Benzins von den Knochen muss in so voll- kommener Weise bewirkt werden, dass ein gefahrdrohendes Nachdunsten von Benzin aus den herausgenommenen Knochen nicht stattfinden kann.

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Der Extraktor darf nicht geoffnet wer¬ den, bevor das Abtreiben des Benzins voll¬ standig erfolgt ist.

d) Notausgange dfirfen wahrend des Betriebes nicht verschlossen sein.

e) Der im Extraktionshause beschaftigte Ar¬ beiter darf das Betreten der Raume Un¬ befugten nicht gestatten.

f) Das Rauchen in den Raumen der Entfet- tungsanlagen und bei den Benzinlagern, sowie das Mitbringen von Zfindholzern oder sonstigem Feuerzeug ist verboten.

c. Ausfuhrungs- und Strafbestimmungen. § 25. Ffir die in Gemassheit vorstehender

Bestimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von 6 Mo¬ naten vom Tage der Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger gewahrt.

Der Genossenschaftsvorstand ist berechtigt, die Frist der Einffihrung der Betriebseinrich¬ tungen, wie sie in diesen Vorschriften gefordert werden, auf Antrag des betreffenden Unter¬ nehmers und Beffirwortung des Sektionsvor¬ standes zu verlangern.

§ 26. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vor¬ schriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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B. Dangerfabriken, einschliesslich Thomasschlackcn- miihlen, mit Ausschluss der Knochenverarbeitung.

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am t. September 1896 und 16. Mai 1903

Veroffentlicht im „Reichs -Anzeiger" vom 17. September 1896 und 19. Juni 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten ffir Diinger¬ fabriken einschliesslich Thomasschlackenmuhlen, mit Ausschluss der Knochenverarbeitung, fol¬ gende Bestimmungen:

a. Vorschriften fiir Arbeitgeber und Betriebsbeamte.

Maschinen. § 1. Brech- und Quetschwerke mfissen vom

Stand des Arbeiters aus leicht ausser Betrieb gesetzt werden konnen und gegen das selbst- tiitige Einrficken gesichert sein.

§ 2. An Brech- und Quetschwerken, Kugel- miihlen und Becherwerken soil die Einschfitt- offnung umfriedigt oder mit genfigend engem Rost verdeckt, oder in sonstiger Weise gesichert sein.

Der Weg der Becher, Transportgurte und Transportschnecken ist in ausreichender Weise zu sichern.

§ 3. Desintegratoren mfissen in der Regel un- abhangig vom fibrigen Betrieb abgestellt werden konnen. Sofern eine Abstellvorrichtung nur mit erheblichen Schwierigkeiten herzustellen ist, muss ein Signal zur Abstellung der Dampfmaschine gegeben werden konnen, oder eine Vorrichtung zum Abwerfen der Riemen angebracht sein.

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Die Desintegrator-Achsen mit den darauf sitzenden Riemscheiben und Antriebriemen sind gegen gefahrdende Berfihrung zu sichern.

§ 4. Der Antrieb der Kugelmfihlen muss sorg¬ faltig eingefriedigt sein.

§ 5. Sofern der Rand der Lauferteller an Lauferwerken nicht mindestens 90 Centimeter fiber dem Fussboden liegt, ist das Lauferwerk mit einem Schutzringe zu umgeben.

§ 6. Jede Arbeitsmaschine muss eine Ab¬ stellvorrichtung haben; Storungen im Betriebe derselben durch Verstopfen, Abfallen von Riemen oder ahnliche Veranlassung dfirfen nur beim Stillstand der Maschine beseitigt werden.

§ 7. Das Schmieren der Kraft- und Arbeits¬ maschinen darf, sofern es nicht durch selbst¬ tatige Vorrichtungen geschieht, nur von ge¬ sicherter Stelle aus oder bei Stillstand der Ma¬ schine erfolgen.

Staub. § 8. Es ist Vorsorge zu treffen, dass bei der

Fabrikation die Entwicklung von gesundheits- schadlichem Staub in gefahrdrohender Menge nach Moglichkeit vermieden wird. Auf Arbeits¬ stellen, an denen gleichwohl die Ansammlung derartigen Staubes in gefahrlichen Mengen mog¬ lich ist, sind den Arbeitern Respiratoren, Schwamme, Mundtficher oder andere zweckent¬ sprechende Schutzmittel zur Verfiigung zu stellen, deren Benutzung vorzuschreiben ist.

Das Lagern von Thomasmehl darf nur in Sacken oder Fassern oder, wenn lose, nur in geschlossenen Raumen mit mechanischer Staub- absaugung erfolgen.

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Transporteinrichtungen. § 9. Feststehende Arbeits- und Laufbuhnen

von mehr als 1 m Hohe mfissen entweder ein¬ gefriedigt oder mit Fangrost oder einer ahn¬ lichen Sicherheitseinrichtung versehen werden.

§ 10. Laderampen mussen von den aussersten Teilen der Eisenbahnwaggons eine Entfernung von mindestens 40 cm haben. Die zur Zeit des Erlasses dieser Vorschriften bereits vorhandenen Rampen werden von dieser Vorschrift nicht be- betroffen, doch ist, sofern derartige Rampen einen geringeren Abstand haben, Vorsorge zu treffen, dass beim Wagenschieben niemand an die nach der Rampe gelegene Seite tritt.

§ir. Das Fortbewegen vonEisenbahnwagen durch Personen darf nur von der Seite oder von hinten geschehen. Sind mehrere Wagen auf demselben Geleise zu bewegen, so mfissen sie entweder gekuppelt sein oder in einem Abstande von mindestens drei Wagenlangen von einander gehalten werden.

Das Los- und Festkuppeln darf nur durch die dazu bestimmten Arbeiter erfolgen.

§ 12. Bei Fabrikbahnen mit Handtransport mfissen die Wagen in solchen Entfernungen von einander und iiberhaupt derart fortbewegt wer¬ den, dass eine Verletzung der Arbeiter durch den nachfolgenden Wagen ausgeschlossen er¬ scheint.

Das Aufstellen oder Aufsetzen auf freirollende Wagen oder deren Gestell ist untersagt, ^wenn nicht Brems- oder Signalvorrichtungen vorhan¬ den sind.

§ 13. Bei Hange- und Seilbahnen ist das zu starke Schwenken der Wagen, sowie das schnelle Durchfahren der Kurven und Weichen

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zu verbieten. Es sind Einrichtungen zu treffen, durch die ein Ausgleisen an den Weichen nach Moglichkeit vermieden wird. Bei letzteren ist eine Sicherung anzubringen, welche eine Ver¬ letzung durch die freischwebende Spitze der Weiche ausschliesst.

Aufschliessen. § 14. Die Behalter zum Aufschliessen mfissen

mit Vorrichtungen versehen sein, welche das Austreten schadlicher und belastigender Gase oder Dampfe in die Arbeitsraume tunlichst ver¬ hindern. Die abziehenden Gase mfissen so viel als moglich in geeigneter Weise unschadlich gemacht werden.

§ 15. Rohstoffe, welche fluor-, chlor- oder salpetrigsaurehaltige Gase in gefahrdrohender Menge entwickeln, durfen nicht in offenen Gruben aufgeschlossen werden.

Die Verwendung von nicht denitrierter Ab- fallsaure beim Aufschliessen in offenen Gruben ist untersagt.

§ 16. Bei Mehrkammersystemen sind die Klappen der Auslassoffnungen von den Misch- gefassen nach den Kammern in geeigneter Weise zu sichern, um ein Oeffnen falscher Klappen zu verhindern.

§ 17. Beim Entleeren der Aufschliesskammern ist eine gut wirkende Ventilation in Anwendung zu bringen.

§ 18. Das Entleeren der Aufschliesskammern hat mit angemessener Vorsicht zu erfolgen. Das Untergraben der aufgeschlossenen Massen, wenn solche holier als 2 m gelagert sind, vom Innern der Kammer aus ist verboten.

ai8

§ 19. Die Zuleitung oder das Eingiessen der Schwefelsaure muss so bewirkt werden, dass ein Vergiessen oder Verspritzen der Saure mog¬ lichst verhfitet wird.

Beim Ausgiessen der Saureballons mfissen Ballonkipper benutzt werden.

Lagerung.

§ 20. Der Raum neben den Maschinen und in den Gangen darf durch Anhaufung von Materialien nicht so beschrankt werden, dass die dort ver¬ kehrenden Personen durch den Betrieb bescha- digt werden konnen.

§ 21. Das Lagern der Materialien gegen Gebaude- oder Umfassungsmauern ist nur in soweit zulassig, als eine nachteilige Wirkung des Massenschubes durch die vorhandene Wider- standsfahigkeit der Mauern ausgeschlossen er¬ scheint.

§ 22. Das Untergraben von halbfertigen oder fertigen Superphosphatmassen von mehr als 2 m Hohe ist zu verbieten.

Beim Abtragen ist ein das Nachstfirzen der Masse ausschliessender Boschungswinkel innezu- halten oder das Abgraben in Terrassen von nicht fiber 2 m vorzunehmen. Diese Vorschrift gilt nicht ffir gedarrte Superphosphate, sofern bei denselben ein Zusammenbacken und demgemass ein Ueberhangen der Masse ausgeschlossen ist.

§ 23. Sackstapel mfissen an den Ecken in der ausseren Lage im Kreuz- bezw. Mauerver- band aufgeffihrt werden und mindestens 50 cm von der nachsten Schiene einer Transportbahn entfernt bleiben.

Die Stapel dfirfen nur auf festem und ebenem Boden aufgebaut werden. Sie mfissen in hin-

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reichenden Entfernungen von frei lautenaeu Uebertragungswellen, Riemen und sonstigen Ma¬ schinenteilen bleiben, so dass die Arbeiter nicht mit den bewegten Teilen in Berfihrung kommen konnen.

Das Abtragen der Sacke ist in Stufen aus¬ zuffihren.

PersQnlicher Schutz. § 24. Ffir die Zerkleinerung der Thomas-

schlacken von Hand, sowie ffir Arbeiten, bei denen die Augen der beschaftigten Personen durch Spritzen von Saure bedroht sind, mussen den Arbeitern Schutzbrillen zur Verfugung ge¬ stellt werden, deren Benutzung vorzuschreiben ist.

b. Vorschriften ftir Arbeitnehmer. § 25. Die an Maschinen beschaftigten Ar¬

beiter mussen enganliegende Kleider tragen; namentlich ist das Tragen von Schiirzen ver¬ boten.

§ 26. Werden von den im Gange befind¬ lichen Brechwerken oder Quetschwalzen Stficke des Zerkleinerungsguts oder sonstige dem letz¬ teren beigemischte Fremdkorper nicht mit¬ erfasst, so sind diese Stficke oder sonstigen Korper erst nach dem Auslosen und dem Still¬ stand der Arbeitsmaschinen zu entfernen. Wah¬ rend des Ganges der Arbeitsmaschinen dfirfen derartige Stficke oder Fremdkorper unter keiner Bedingung mit der Hand oder mit Instrumenten herausgeholt werden. Ebenso sind Becher¬ werke, Transportschnecken, Sicht- -oder andere Maschinen auszulosen und still zu stellen, bis etwaige Verstopfungen oder sonstige Hinder¬ nisse gehoben sind.

* § 27. Beim Zerkleinern von Thomasschlacken von Hand, sowie bei Arbeiten, die die Augen durch Spritzen von Saure gefahrden, sind Schutz¬ brillen zu benutzen.

Wo Staub in gefahrdrohenden Mengen sich entwickelt, hat sich der Arbeiter der vorhandenen Respiratoren, Mundtficher, Schwamme oder sonstigen Schutzmittel zu bedienen.

§ 28. Das Untergraben der halbfertigen und fertigen Superphosphatmassen von mehr als 2 m Hohe ist untersagt.

Beim Abtragen ist ein das Nachstfirzen der Masse ausschliessender Boschungswinkel inne- zuhalten oder das Abgraben in Terrassen von nicht fiber 2 m vorzunehmen. Diese Vorschrift gilt nicht ffir gedarrte Superphosphate, sofern bei denselben ein Zusammenbacken und dem¬ gemass ein Ueberhangen der Masse aus¬ geschlossen ist.

§ 29. Sackstapel mfissen an den Ecken in der ausseren Lage im Kreuz- bezw. Mauerver- band aufgeffihrt werden und mindestens 50 cm von der nachsten Schiene einer Transportbahn entfernt bleiben.

Das Abtragen der Sacke muss absatzweise und in Stufen von nicht fiber 4 Sack Hohe er¬ folgen. In keinem Falle dfirfen an irgend einer Stelle Sacke aus dem Stapel herausgezogen oder geoffnet werden. Beim Gebrauch von Schurren (Rutschen) ist darauf zu achten, dass die Arbeiter im Verkehrsbereich nicht von den herabschiessenden Sacken getroffen werden.

Stapel dfirfen nicht so nahe an frei laufende Wellen oder sonstige bewegte Maschinenteile, Riemen, Zahnrader u. a. heranreichen bezw.

aufgebaut werden, dass dadurch Personen ge¬ fahrdet werden.

§ 30. Das Fortbewegen von Eisenbahnwagen durch Personen darf nur von der Seite oder von hinten geschehen. Sind mehrere Wagen auf demselben Geleise zu bewegen, so mfissen sie entweder gekuppelt sein, oder in einem Ab¬ stande von mindestens drei Wagenlangen von einander gehalten werden. Das Los- und Fest¬ kuppeln darf nur durch die dazu bestimmten Arbeiter erfolgen.

Bei Fabrikbahnen mit Ha?idlransport sollen die Wagen in solchen Entfernungen von ein¬ ander und iiberhaupt derart fortbewegt werden, dass eine Verletzung der Arbeiter durch den nachfolgenden Wagen ausgeschlossen erscheint. Das Aufstellen oder Aufsitzen auf frei rollende Wagen oder deren Gestelle ist untersagt, wenn nicht Brems- oder Signalvorrichtungen vorhan¬ den sind.

Bei Hange- und Seilbahnen ist das zu starke Schwenken der Wagen, sowie das schnelle Durchfahren der Kurven und Weichen verboten.

c. Ausfuhrungs- und Strafbestimmungen. § 31. Ffir die in Gemassheit vorstehender

Bestimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von 6 Mo¬ naten vom Tage der Bekanntmachung durch den Reichs-Anzeiger gewahrt.

Der Genossenschaftsvorstand ist berechtigt, die Frist der Einffihrung der Betriebseinrich¬ tungen, wie sie in diesen Vorschriften gefordert werden, auf Antrag des betreffenden Unter¬ nehmers und Beffirwortung des Sektionsvor¬ standes zu verlangern.

Wenn in einzelnen Fallen die in den §§ i bis 23 gegebenen Vorschriften nachweislich ohne erhebliche Schwierigkeiten und unverhiilt- nismassige Kosten nicht ausgeffihrt werden konnen, so soil der Vorstand ermachtigt sein, auf Antrag des Betriebunternehmers und nach Anhorung des technischen Aufsichtsbeamten Ab¬ weichungen unter den nach Massgabe der Um- stande festzusetzenden Bedingungen zuzulassen.

§ 32. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vorschriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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14. Vorschriften fur Lack- und Firnis¬ fabriken,

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am i. September 1896, 16. September 1898 und 16. Mai 1903.

Verdffentlicht im ..Reichs-Anzeiger" vom 17. September 1896, 22. September 1898 und 19. Juni 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten ffir Lack- und Firnisfabriken folgende Bestimmungen:

a. Vorschriften fiir Arbeitgeber und Betriebsbeamte.

§ i. Bei Neuanlagen mussen die zur Her¬ stellung von Lacken und Firnissen dienenden Gebaude von andern Baulichkeiten raumlich getrennt oder mindestens durch Brandmauern geschieden werden.

§ 2. Die Wande, Decken und Fussboden der Arbeitsraume mfissen bei Neuanlagen aus feuersicherem Materiale hergestellt sein.

§ 3. Die Tfiren mfissen feuersicher sein, in Eisen- oder Steinfalzen ruhen und nach aussen aufschlagen.

§ 4. Die Fenster mussen mit von aussen verschliessbaren eisernen Laden versehen sein,

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sofern ffir benachbarte Gebaude Feuersgefahr vorhanden ist.

§ 5. Falls nicht fahrbare Firnissiedekessel oder fahrbare Feuerungsofen vorhanden sind, muss Vorsorge getroffen sein, dass fiberkochen- dcs Oel nicht mit der Feuerung in Beruhrung kommen kann.

§ 6. Bei Firnissiedekesseln, welche vom Feuer direkt erwarmt werden, muss der niedrigste Stand der Fliissigkeit mindestens 8o mm fiber der hoehsten vom Feuer berfihrten Stelle liegen. Die Fullhohe muss in dem Kessel durch eine Marke kenntlich gemacht werden.

§ 7. Die Firnissiedekessel sollen nur bis zu 2/3 ihres Fassungsraumes gefiillt und mit einer Ueberlaufsrinne versehen werden, damit bei etwaigem Ueberkochen das Oel aufgefangen werden kann.

§ 8. In unmittelbarer Nahe der Kochraume der Lack- und Firnissiedereien muss stets Sand in geniigender Menge zum Ersticken dss Feuers vorhanden sein.

§ 9. Kessel von mehr als 5 kg Sudinhalt dfirfen nicht unmittelbar mit den Handen von den Feuerungsoffnungen abgehoben werden.

In diesem Falle mfissen vielmehr mechanische Vorrichtungen zum Abheben und Transportieren, wie Rollwagen, Hebwinden, Tragstangen und dergl. Verwendung finden.

§ 10. Die zum Kochen von Lack und Firnis, zum Schmelzen und Auflosen von Harz und dergleichen dienenden Kessel mfissen mit einer Einrichtung versehen sein, welche die sich ent¬ wickelnden Dampfe entweder nach aussen ab- ffihrt oder ermoglicht, diese Dampfe durch Ver-

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dichtung (Kondensation) oder durch Verbrennen wirksam unschadlich zu machen.

Bei dem Verbrennen der Gase und Dampfe muss eine Einrichtung getroffen sein, welche ein Zurfickschlagen der Flamme und dadurch eine Explosion verhfitet.

§ II. Die Oeffnungen, welche sich in den Deckeln oder Aufsatzen der Kochkessel, behufs Nachschauens und Umrfihrens, befinden, mfissen mit unabnehmbaren Verschlfissen (Schiebern, Klappen, Tfirchen, Stopseln usw.) versehen sein, welche nur jeweiiig bei Bedarf geoffnet werden dfirfen.

§ 12. Wenn nicht andere Abzugsvorrich¬ tungen vorhanden sind, muss fiber den Kesseln ein Dunstfang angebracht sein, damit auch die wahrend des zeitweiligen Oeffnens der Gefasse austretenden Dampfe durch den Schornstein, bezw. durch besondere Rohren abgeleitet werden konnen.

§ ,13. Das Zusetzen von leicht entzfindlichen Substanzen zu geschmolzenen Harzen und der¬ gleichen darf bei abnehmbaren Kesseln nicht im Schmelzraum oder in der Nahe von Feuerungen vorgenommen werden, wenn nicht eine Ein¬ richtung vorhanden ist, durch welche die sich entwickelnden Dampfe, ohne in den Arbeits¬ raum zu treten, abgeleitet werden. Andernfalls mfissen diese Arbeiten entweder in einem be¬ sonderen Raum oder im Freien geschehen, unter Ableitung der sich entwickelnden Dampfe. Nicht abnehmbare Kessel mfissen von aussen geheizt werden. Vor dem Zersetzen der leicht entzundlichen Substanzen ist der Feuerzug ab¬ zusperren und mus§ das geschmolzene Harz genfigend abgekfihlt sein. 15

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In den Kochraumen dfirfen Rohmaterialien nicht gelagert werden.

§ 14. Die Arbeits- und Lagerraume, in denen mit leicht entzfindlichen Substanzen, wie Spiritus, Aether, Benzin usw. gearbeitet wird, dfirfen nur vermittels zuverlassiger, isolierter Innen- oder Aussenbeleuchtung erhellt oder nur mit Sicherheitslampen betreten werden.

§ 15. Die Erwarmung dieser Raume darf nur mittels Dampf, Warmwasser oder durch Oefen, die von aussen zu heizen sind, geschehen.

§ 16. Ffir Arbeiten, bei denen die Augen der beschaftigten Personen durch Spritzen heisser oder atzender Flfissigkeiten beschadigt werden konnen, ist den Arbeitern die erforderliche An¬ zahl von Schutzbrillen zur Verfugung zu stellen und deren Benutzung anzuordnen.

§ 17. Das Rauchen in den Fabrikations- und Lagerraumen ist zu verbieten.

b. Vorschriften ftir Arbeitnehmer. § 18. Die Fussboden der Arbeitsraume, die

Treppenstufen u. dergl. mfissen moglichst rein und frei von Oelen, harzigen Krusten usw. ge¬ halten werden.

§ 19. Firnissiedekessel, welche vom Feuer direkt erwarmt werden, mfissen mindestens bis zu der Ffillmarke (§ 6) gefiillt sein.

§ 20. Die Firniskessel dfirfen nur bis zu 2/3 ihres Fassungsraumes gefiillt werden.

§ 21. Bei dem Abheben der Lack- und Firniskessel vom Feuer muss der Ofenschieber geschlossen und die Herdoffnung, auf welcher der Kessel gestanden hat, sofort mit einem Deckel dicht verschlossen werden.

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§ 22. In den Kochraumen der Lack- und Firnissiedereien muss stets genugend Sand zum Ersticken der Flamme vorhanden sein.

In keinem Falle darf das Loschen mit Flfissig¬ keiten irgend welcher Art, auch nicht mit soge¬ nannten Loschungsflfissigkeiten, versucht werden.

§ 23. Kessel von mehr als 5 kg Sudinhalt dfirfen nicht unmittelbar mit den Handen von den Feuerungsoffnungen abgehoben werden. In diesen Fallen mfissen vielmehr die vorhan¬ denen mechanischen Vorrichtungen zum Abheben und Transportieren, Rollwagen, Hebwinden, Tragstangen u. dergl. benutzt werden.

§ 24. Die Verschliisse in den Bedeckungen der Kochkessel durfen nur so lange offen ge¬ halten werden, als dies ffir die Arbeit unum- ganglich notwendig ist.

§ 25. Das Hantieren mit brennbaren Flfissig¬ keiten, welche entziindliche Gase oder Dampfe entwickeln konnen, in der Nahe der Feuerungen ist verboten.

§ 26. Das Reinigen gebrauchter Schmelz- kessel bei offenem Licht ist verboten.

§ 27. Die Arbeits- und Lagerraume, in denen mit leicht entzfindlichen Substanzen gearbeitet wird, dfirfen, sofern nicht elektrische Beleuch¬ tung vorhanden ist, nur mit Sicherheitslampen betreten werden. Das Zusetzen leicht entziind¬ licher Substanzen wie Terpentinol, Alkohol, Benzin, Aether usw. zu nicht genfigend abge- kfihlten Harzen ist untersagt.

§ 28. Das Rauchen in den Fabrikations- und Lagerraumen ist verboten.

§ 29. Bei Arbeiten, die durch Spritzen heisser oder atzender Flfissigkeiten die Augen

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der beschaftigten Personen getahrden, mfissen Schutzbrillen getragen werden.

§ 30. Die Fussbekleidung muss genfigenden Schutz gegen Verbrennungen durch heisse Flfissigkeiten bieten.

c. Ausfuhrungs- und Strafbestimmungen. § 31. Ffir die in Gemassheit vorstehender

Bestimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von sechs Monaten vom Tage der Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger gewahrt.

§ 32. Der Genossenschaftsvorstand ist be¬ rechtigt, die Frist dtr Einffihrung der Betriebs¬ einrichtungen, wie sie in diesen Vorschriften gefordert werden, auf Antrag des betreffenden Unternehmers und Beffirwortung des Sektions¬ vorstandes zu verlangern.

§ 33. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vorschriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungsvor- schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III dier Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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15. Vorschriften fiir Mineralwasser¬ fabriken.

Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 24. Juni 1891, 5. August 1897 und 16. Mai 1903.

Veroffentlicht im „Reichs-Anzeiger" vom 13. August 1891, 16. August 1897 uncf 19. Juni 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten ffir Mineral¬ wasserfabriken die folgenden Bestimmungen:

a. Vorschriften ftir die Betriebs¬ unternehmer.

§ 1. Die Raume, in denen Mineralwasser erzeugt wird, mfissen hell und so beschaffen sein, dass die Apparate von alien Seiten be¬ sichtigt werden konnen.

§ 2. Die Apparate mfissen genfigend wider¬ standsfahig konstruiert, insbesondere die Ent- wickelungsgefasse so beschaffen sein, dass das Innere der Gefasse besichtigt werden kann.

§ 3. Der bei der Arbeit anzuwendende hochste zulassige Druck ist bei Selbstentwicklern in unabnehmbarer und deutlich sichtbarer Schrift am Entwickelungsgefass undMischgefass, beiEnt- wicklern mit Gasometern am Mischgefass anzu¬ bringen.

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§ 4. Bei Apparaten, welche mit Gasometer arbeiten (Hand- und Motorenbetrieb), mfissen die Mischgefasse, bei Verwendung von Selbstent¬ wicklern muss das Entwickelungsgefass mit Manometer und Sicherheitsventil versehen sein. Es ist darauf zu sehen, dass letzteres nicht fiber- lastet oder verkeilt, vielmehr stets in gangbarem Zustande erhalten wird.

An dem Manometer soil der bei der Arbeit anzuwendende hochste zulassige Druck durch eine Marke bezeichnet werden.

§ 5. Bei Verwendung einer Pumpe muss das Schwungrad mit einem engmaschigen Draht- geflecht ausgeffillt sein.

§ 6. Die Apparate und Ausschankgefasse mfissen vor ihrer Inbetriebsetzung mit dem i^afachen Maximaldruck sachverstandig geprfift werden.

Die Betriebsunternehmer sind verpflichtet, die Apparate und Ausschankgefasse, sofern die Bauart dies gestattet, in angemessenen Zeit¬ raumen von langstens drei Jahren einer inneren Besichtigung durch einen Sachverstandigen zu unterwerfen. Ueberdies ist die im Absatz 1 vor¬ geschriebene Druckprobe in Zeitraumen von lang¬ stens sechs Jahren zu wiederholen. Bei denjenigen Apparaten und Gefassen, deren Bauart eine innere Besichtigung nicht zulasst, muss die Wiederholung der Druckprobe in Zeitraumen von langstens drei Jahren erfolgen. Die Druckatteste sind dem tech¬ nischen Aufsichtsbeamten auf Erfordern vorzulegen.

Fehlerhafte Apparate, welche eine unmittel¬ bare Gefahr in sich schliessen, sind vom Be¬ triebsunternehmer sofort ausser Betrieb zu setzen. Jedenfalls muss dies unverzfiglich ge-

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schehen, wenn der technische Autsichtsbeamte unter Angabe derGrfinde es ffir notwendig erklart.

Alle Lotnahte an Apparaten und Ausschank- gefassen sind mit Verzahnung anzufertigen oder mit Nieten zu sichern.

§ 7. Es ist darauf zu sehen, dass die Zuffihrung von Saure in das Entwickelungsgefass nur all¬ mahlich geschieht und unter keinen Umstanden auf einmal in das Entwickelungsgefass gegeben wird. Das Sauregefass muss mit einer Ein¬ richtung versehen sein, durch welche die Menge der zufliessenden Saure genau geregelt werden kann.

§ 8. Beim Flaschenffillen und Drahten sind den Arbeitern Schutzkorbe oder Schutzschirme, ferner Schutzbrillen sowie am Handgelenk eng¬ anliegende Leder- oder Gummimanschetten und Schiirzen aus Leder, Gummi oder starkem Zeug zur Verfiigung zu stellen.

§ 9. Gefiillte Kohlensaureflaschen und geffillte Ausschankzylinder sind vor Einwirkung der Sonne oder sonstiger Warmequellen sorgfaltig zu schfitzen.

§ 10. Bei Verwendung von flfissiger Kohlen¬ saure mfissen zwischen Flasche und Mischgefass entweder ein Druckreduzierventil oder ein Ex¬ pansions gefass von mindestens 100 Liter Raum¬ inhalt eingeschaltet werden. Das Expansions- gefass ist in jedem Falle mit Manometer und Sicherheitsventil zu versehen. Ist kein Expan- sionsgefass vorhanden, so muss das Mischgefass mit einem Sicherheitsventil versehen sein.

b. Vorschriften ffir die Arbeiter. §11. Das an Entwickelungsgefassen an¬

gebrachte Sicherheitsventil darf nicht iiberlastet

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oder verkeilt, muss vielmehr stets in gangbarem Zustande erhalten werden.

§ 12. Die Zuffihrung von Saure in das Ent¬ wickelungsgefass darf nur allmahlich geschehen, unter keinen Umstanden darf die gesamte SHure- menge auf einmal in das Entwickelungsgefass gegeben werden.

§ 13. Beim Flaschenffillen und Drahten sind Schutzkorbe oder Schutzschirme und Schutz¬ brillen sowie am Handgelenk enganliegende Leder- oder Gummimanschetten und Schiirzen aus Lederj Gummi oder starkem Zeug zu be¬ nutzen.

§ 14. Geffillte Kohlensaureflaschen und geffillte Ausschankzylinder sind vor Einwirkung der Sonne oder sonstiger Warmequellen sorgfaltig zu schfitzen.

c. Ausftihrungs- und Strafbestimmungen. § 15. Ffir die in Gemassheit vorstehender Be¬

stimmungen zu treffenden Anderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von iechs Monaten vom Tage der Bekanntmachung (lurch den Reichsanzeiger an gewahrt.

§ 16. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vor¬ schriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 bis 4 des Abschnitts III der Revi¬ dierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen In¬ dustrie enthaltenen Bestimmungen Anwendung.

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16. Vorschriften fiir Seifenfabriken. Genehmigt vom Reichsversicherungsamt am 26. September 1888

und 16. Mai 1903. Veroffentlicht im BReichs-Anzeigertt vom 27. Oktober 1888

und 19. Juni 1903.

Ausser den Revidierten allgemeinen Unfall¬ verhfitungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie gelten ffir Seifen¬ fabriken die folgenden Bestimmungen:

a. Vorschriften fur Arbeitgeber. § 1. Es ist darauf Bedacht zu nehmen, dass

der Fussboden der Siedereien moglichst rein und trocken gehalten wird, um Unfalle durch Aus¬ gleiten auf dem durch Fette oder Seifen schlfipfrig gewordenen Fussboden zu verhfiten.

§ 2. Die Hohe der Kesselwandungen, Laugen- reservoire usw. soil vom Fussboden, beziehent- lich von dem die Kesselwand umgebenden Podium aus mindestens 90 qm betragen, um das Hineinstfirzen der Arbeiter bei etwaigem Aus¬ gleiten zu verhindern.

§ 3. In Fabriken, in welchen die Siedekessel so hoch stehen, dass in denselben nur auf den sie umgebenden Podien gearbeitet werden kann, sollen letztere entweder gemauert oder, falls sie aus Holz errichtet sind, fest am Boden verankert

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sein, um das Kippen derselben unmoglich zu machen, Diese Podien sollen moglichst breit sein und rein und trocken gehalten werden, um dem Ausgleiten der Arbeiter vorzubeugen. Falls sich die Podien mehr als i m hoch fiber den Fussboden der Siederei erheben, sollen sie mit einem Gelander versehen werden, um bei plotz- lichem Zurficktreten des an dem Kessel Beschaf¬ tigten ein Herabstfirzen rficklings zu verhindern.

§ 4. Es soil nicht gestattet sein, dass Arbeiter auf Brettern, die fiber den Kessel gelegt werden, arbeiten, sondern wo eine Bearbeitung der Seifen im Kessel von oben her erforderlich ist (z. B. durch Krficken), soil diese von einem neben dem Kessel aufzustellenden Podium aus erfolgen. Dieses Podium muss so konstruiert sein, dass ein Kippen desselben ausgeschlossen ist, auch soil dasselbe nach dem Kessel zu mit einem Gelander versehen sein.

§ 5. Wo es notig ist, die in hohen Formen befindliche, noch fliissige Seife zu krficken, sollen zu diesem Zwecke als Standort des Arbeiters fiber den Formen breite und starke Bretter verwendet werden, die an ihrer unteren Seite mit starken Knaggen versehen sind, um ein Ausweichen nach den Seiten zu verhindern. Diese Bretter sollen auch, wenn tunlich, mit einem kleinen Gelander versehen sein.

§ 6. Alle im Fussboden befindlichen Keller- oder Feuerungs-Eingange sollen mit starken, durch Charniere befestigtenT)eckeln verschlossen und, wo es notig, auch umfriedigt sein. Das Gleiche gilt ffir alle im Fussboden befindlichen Reservoire und sogenannte Sfimpfe.

§ 7. Ffir das Einstellen von Pottasche, calci- nierter und kaustischer Soda, ist, um das Aus-

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spritzen zu vermeiden, in der Regel fiber dem Einstellkessel ein Flaschenzug oder eine Rolle anzubringen und daran ein eiserner Korb zu befestigen. Letzterer wird mit dem Kalk, der kaustischen Soda usw. angeffillt und dann vor¬ sichtig in das im Kessel befindliche Wasser versenkt.

§ 8. Bei dem Bleichen des Palmols vermittelst Saure sollen die betreffenden Arbeiter mit Re¬ spiratoren oder Schwammen versehen werden, beim Bleichen des Palmols vermittelst Hitze da¬ gegen sollen die Kessel ganz fest mit Deckeln verschlossen und die sich im Kessel entwickeln¬ den Gase durch den Schornstein abgeleitet werden.

§ 9. Bei dem Entladen der Rollwagen dfirfen schwere Fasser nur mit Hilfe eines Taues ab- geladen werden. Schrotleitern sind so einzu¬ richten, dass sie festgestellt werden konnen. Das Gehen zwischen der Schrotleiter beim Auf- und Abladen von Lasten ist zu verbieten.

§ 10. Giftige, feuergefahrliche oder der Ge¬ sundheit schadliche Materialien, wie Mirbanol, chromsaures Kali, Bittermandelol, Schwefelsaure, Salzsaure, Atzlauge in Ballons usw. mfissen, so¬ weit es sich um grossere Quantitaten handelt, so aufbewahrt werden, dass dieselben Unbe- rufenen nicht zuganglich sind.

Ballons, in welchen Sauren und Atzlaugen aufbewahrt werden, mfissen durch Korbe ge¬ schiitzt sein, um Bruch und dadurch leicht ent¬ stehende Verbrennungen zu verhfiten.

Die vorangeffihrten Materialien in kleineren Quantitaten, zum baldigen Gebrauch bestimmt, sollen niemals in solchen Gefassen aufbewahrt werden, welche zur Aufbewahrung von Genuss-

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mitteln dienen und daher Verwechselungen mit letzteren begfinstigen. Ferner mfissen die zur Ver¬ wendung kommenden Gefasse mit Stopseln ver¬ schlossen und mit Etiquetten versehen sein, welche den Inhalt bezeichnen und Worte wie z. B. nGift", nfeuergefahrlichw usw. als Warnung enthalten.

Das Arbeiterpersonal ist fiber die Gefahr¬ lichkeit oder Schadlichkeit solcher Stoffe zu unterrichten,

b. Vorschriften ftir Arbeitnehmer.

§ II. Es ist den Arbeitern verboten, auf Brettern, die fiber den Kessel gelegt werden, zu arbeiten. Ist eine Bearbeitung von oben not¬ wendig, so ist diese von einem neben dem Kessel aufzustellenden Podium zu verrichten.

§ 12. Ffir das Einstellen von Pottasche, cal- cinierter und kaustischer Soda haben sich die Arbeiter, sofern von der Betriebsleitung nichts anderes angeordnet ist, stets eines Flaschenzuges oder einer Rolle zu bedienen, durch welche mittelst eines eisernen Korbes die einzustellenden Chemi- kalien in das im Kessel befindliche Wasser vor¬ sichtig hinabgelassen werden.

§ 13. Bei dem Bleichen des Palmols mittelst Saure haben sich die Arbeiter der ihnen zur Ver¬ fiigung stehenden Respiratoren oder Schwamme zu bedienen. Beim Bleichen des Palmkernols mittelst Hitze sind die Kessel fest mit Deckeln zu schliessen und die Gase durch den Schorn¬ stein abzuleiten.

§ 14, Schwere Fasser dfirfen beim Nicht- vorhandensein mechanischer Hebevorrichtungen von Rollwagen unter Benutzung einer Schrot¬ leiter nur mit Hilfe eines Taues abgeladen werden.

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§ 15. Die Arbeiter haben die Anordnungen, die ihnen von ihren Vorgesetzten beziiglich der Be¬ handlung giftiger oder feuergefahrlicher Stoffe gegeben werden, genau zu befolgen.

c. Ausfuhrungs- und Strafbestimmungen. § 16. Ffir die in Gemassheit vorstehender Be¬

stimmungen zu treffenden^Anderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von sechs Mo¬ naten vom Tage der Bekanntmachung durch den Reichsanzeiger gewahrt. Der Genossen¬ schaftsvorstand ist berechtigt, die Frist der Ein¬ fuhrung der Betriebseinrichtungen, wie sie in diesen Vorschriften 'gefordert werden, auf An¬ trag des betreffenden Unternehmers und auf Be¬ furwortung des Sektionsvorstandes zu verlangern.

§ 17. Beziiglich der Bekanntgabe dieser Vor¬ schriften sowie hinsichtlich der bei Zuwider- handlungen gegen die Unfallverhfitungsvor¬ schriften vorgesehenen Strafen finden die in Ziffer 2 und 4 des Abschnitts III der Revidierten allgemeinen Unfallverhfitungsvorschriften der Be¬ rufsgenossenschaft der chemischen Industrie ent¬ haltenen Bestimmungen Anwendung.

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ANHANG.

BekanntraacboDg, betreffend die Einrichtung und den Betrieb ion Anlagen znr Herstellung von Alkali-

Chromaten. Vom a. Februar 1897.

Auf Grund der §§ i2oe und 139 a der Ge- werbeordnung hat der Bundesrat fiber die Ein¬ richtung und den Betrieb der Anlagen, in denen die Herstellung von Alkali-Chromaten (doppelt- chromsaurem Kalium oder doppeltchromsaurem Natrium) oder die Chromat-Regeneration statt¬ findet, die folgenden im Reichs-Anzeiger vom 5. Februar d. J. veroffentlichten Vorschriften er¬ lassen :

§ 1. Die Zerkleinerung und Mischung der Rohmaterialien (Chromeisenstein, Aetzkalk, Soda etc.) darf nur in Apparaten erfolgen, welche so eingerichtet sind, dass das Eindringen von Staub in^die Arbeitsraume tunlichst verhindert wird.

§ 2. Alle Betriebseinrichtungen, welche ge¬ eignet sind, chromhaltigen Staub oder chrom- haltigen Dampf zu erzeugen, mfissen mit gut wirkenden Vorrichtungen versehen sein, durch welche der Eintritt solchen Staubes oder Dampfes

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in die Arbeitsraume tunlichst vermieden wird. Die Schmelze darf nur in nassem Zustande oder in verdeckten Behaltern transportiert werden; eine Lagerung der Schmelze ist, ausser bei den Oefen, nur in einem von sonstigen Arbeits¬ raumen abgesonderten Raume gestattet. Aus- lauge- und Abdampfpfannen, sowie alle sonstigen Gefasse, welche Losungen mit mehr als 500 C. ent¬ halten, desgleichen die Sauerungspfannen sind mit gut schliessenden, ins Freie oder in einen Schorn¬ stein mfindenden Abzugsvorrichtnngen zu decken.

§ 3. Die Weiterbearbehung der festen Chro- mate, insbesondere beim Trocknen, Sieben, Zer¬ kleinern (Brechen, Mahlen) und Verpacken, muss in einem von sonstigen Arbeitsraumen abge¬ sonderten Raume stattfinden. Die Zerkleinerung der Chromate darf nur in dicht ummantelten Apparaten vorgenommen werden.

§ 4. Die Arbeitsraume und*Hofe sind von Verunreinigung mit Chromaten moglichst frei zu halten; insbesondere ist auf alsbaldige Beseiti¬ gung von Chromaten Bedacht zu'nehmen, welche durch Verspritzen von Laugen oder durch un- dichte Rohrleitungen in die Arbeitsraume ge¬ langt und eingetrocknet sind. Fussboden, Wande, Treppen und Gelander sind stets in sauberem Zustande zu erhalten. Nach Bedarf, jedoch mindestens viertcljahrlich ist eine griindliche Reinigung der Arbeitsraume vorzunehmen.

§ 5. Der Arbeitgeber hat alien im Chromat- betrtebe beschaiftigten Arbeitern Arbeitsanzuge und Mutzen in ausreichender Zahl und zweck¬ entsprechender Beschaffenheit zur Verfugung zu stefkn.

§ 6. Solche Arbeiten, bei welchen die Ent- wrcfcelnng chromathaltigen Staubes nicht voIHg

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vermieden und letzterer nicht sofort und voll¬ standig abgesaugt wird, darf der Arbeitgeber nur von Arbeitern ausffihren lassen, welche zweckmassig eingerichtete, von dem Arbeitgeber gelieferte Respiratoren oder andere, Mund und Nase schfitzende Vorrichtungen, wie feuchte Schwamme, Tficher etc. tragen. Dies gilt ins¬ besondere auch von dem Herausnehmen stau- bender Masse aus den Trockenofen, dem Be¬ schicken der Schmelzofen mit staubender, aus den Trockenofen entnommener Masse, von dem Entleeren der Schmelzofen und dem Einschaufeln trockener Schmelze in die Transportbehalter, sowie von den Arbeiten beim Trocknen, Sieben und Verpacken der fertigen Chromate.

§ 7. Der Arbeitgeber hat durch geeignete Anordnungen und Beaufsichtigung daffir Sorge zu tragen, dass die in den §§ 5 und 6 bezeich¬ neten Arbeitskleider, Respiratoren und sonstigen Schutzmittel regelmassig, und zwar nur von den¬ jenigen Arbeitern benutzt werden, welchen sie zugewiesen sind, und dass die Arbeitskleider mindestens wochentlich, die Respiratoren, Mund¬ schwamme etc. vor jedem Gebrauch gereinigt und wahrend der Zeit, wo sie sich nicht im Gebrauche befinden, an dem ffir jeden Gegen¬ stand zu bestimmenden Platz aufbewahrt werden.

§ 8. In einem staubfreien Teil der Anlage muss ffir die Arbeiter ein Wasch- und Ankleide- raum und getrennt davon ein Speiseraum vor¬ handen sein. Beide Raume mfissen sauber und staubfrei gehalten und wahrend der kalten Jahreszeit geheizt werden. In dem Wasch- und Ankleideraum mfissen Wasser, Gefasse zum Zwecke des Mundspfilens, zum Reinigen der Hande und Nagel geeignete Bfirsten, Seife und

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Handtficher, sowie Einrichtungen zur Verwahrung derjenigen Kleidungsstficke, welche vor Beginn der Arbeit abgelegt werden, in ausreichender Menge vorhanden sein. Der Arbeitgeber hat seinen Chromatarbeitern wenigstens zweimal wochentlich Gelegenheit zu geben, ein warmes Bad zu nehmen.

§ 9. Die Verwendung von Arbeiterinnen, sowie von jugendlichen Arbeitern ist nur in solchen Raumen und nur zu solchen Verrich¬ tungen gestattet, welche sie mit Chromaten nicht in Berfihrung bringen. Diese Bestimmung hat bis zum 1. April 1907 Gfiltigkeit.

§ 10. Der Arbeitgeber darf zur Beschafti¬ gung im Chromatbetriebe nur solche Personen einstellen, welche eine Bescheinigung eines ap- probierten Arztes darfiber beibringen, dass sie nicht mit Hautwunden, Geschwfiren oder Aus- schlagen behaftet sind. Die Bescheinigungen sind zu sammeln, aufzubewahren und dem Auf¬ sichtsbeamten (§ 139 b der Gewerbeordnung) auf Verlangen vorzulegen.

§ II. Der Arbeitgeber hat die Ueberwachung des Gesundheitszustandes der Chromatarbeiter einem dem Gewerbeaufsichtsbeamten namhaft zu machenden approbierten Arzt zu fibertragen, welcher die Arbeiter mindestens einmal monatlich, und zwar namentlich auf das Vorhandensein von Hautgeschwiiren und Erkrankungen der Nasen- und Rachenhohle zu untersuchen hat.

§ 12. Der Arbeitgeber hat darauf zu halten, dass die Arbeiter auf das Vorhandensein von wunden Hautstellen, selbst geringfugiger Art, insbesondere an ihren Handen, genau achten und zutreffenden Falls von dem Arzte oder einer von diesem als geeignet bezeichneten Person

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mit einem Schutzverbande versehen werden. Taglich vor Beginn oder wahrend der Arbeit sind Hande, Vorderarme und Gesicht der Arbeiter durch eine solche Person zu besichtigen.

§ 13. Auf Anordnung des Arztes sind Ar¬ beiter, welche Krankheitserscheinungen in Folge von Chromateinwirkung, zum Beispiel Haut- geschwfire oder Anatzungen der Nasenschleim- haut, zeigen, bis zur volligen Heilung, solche Arbeiter aber^ welche sich besonders empfindlich gegeniiber den nachteiligen Einwirkungen des Betriebes erweisen, dauernd von der Beschafti¬ gung im Chromatbetriebe fernzuhalten.

§ 14. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein Krankenbuch zu ffihren oder unter seiner Ver- antwortung durch einen Betriebsbeamten ffihren zu lassen. Er haftet ffir die Vollstandigkeit und Richtigkeit der Eintrage, soweit sie nicht vom Arzte bewirkt sind. Das Krankenbuch muss enthalten: 1. den Namen dessen, welcher das Buch ffihrt, 2. den Namen des mit der Ueber¬ wachung des Gesundheitszustandes der Arbeiter beauftragten Arztes, 3. den Namen der erkrankten Arbeiter, 4. die Art der Erkrankung und der vorhergegangenen Beschaftigung, 5. den Tag der Erkrankung, 6. den Tag der Genesung oder, wenn der Erkrankte nicht wieder in Arbeit getreten ist, den Tag der Entlassung, 7. die Tage und Ergebnisse der im § 11 vorgeschriebenen allgemeinen arztlichen Unter¬ suchungen.

§ 15. Der Arbeitgeber hat Vorschriften zu erlassen, welche ausser einer Anweisung hin¬ sichtlich des Gebrauches der in den §§ 5 und 6 bezeichneten Gegenstande folgende Bestimmungen enthalten mfissen: 1. Die Arbeiter dfirfen

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Nahrungsmittel nicht in die Arbeitsraume mit- nehmen. Das Einnehmen der Mahlzeiten ist ihnen nur ausserhalb der Arbeitsraume gestattet (vergl. § 8). 2. Jeder Arbeiter hat die ihm fiberwiesenen Arbeitskleider, Respiratoren und sonstigen Schutzmittel (§§ 5 und 6) in denjenigen Arbeitsraumen und bei denjenigen Arbeiten, fur welche es von dem Betriebsunternehmer vor¬ geschrieben ist, zu benutzen. 3. Die Arbeiter mussen sich vor dem Einnehmen einer Mahlzeit Hande und Gesicht sorgfaltig waschen. Am Schlusse der Arbeitsschicht und vor dem Ver¬ lassen der Fabrik mfissen die Arbeiter die Arbeits¬ kleider ablegen, Hande und Gesicht sorgfaltig waschen, sowie Mund und Nase, und zwar ohne Anwendung von Apparaten, ausspfilen. — In den zu erlassenden Vorschriften ist vorzusehen, dass Arbeiter, die trotz wiederholter Warnung den vorstehend bezeichneten Bestimmungen zu¬ widerhandeln, vor Ablauf der vertragsmassigen Zeit und ohne Aufkiindigung entlassen werden konnen. Werden in einem Betriebe in der Regel mindestens 20 Arbeiter beschaftigt, so sind die vorstehend bezeichneten Vorschriften in die nach § 134 a der Gewerbeordnung zu er- lassende Arbeitsordnung aufzunehmen.

§ 16. In jedem Arbeitsraume, sowie in dem Ankleide- und Speiseraume muss eine Abschrift oder ein Abdruck der §§ 1 bis 15 dieser Vor¬ schriften und der gemass § 15 vom Arbeitgeber zu erlassenden Vorschriften an einer in die Augen fallenden Stelle aushangen.

§ 17. Die vorstehenden Bestimmungen treten mit dem 1. Juli 1897 in Kraft.

Berlin^ den 2. Februar 1897. ■ 16*

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Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Bleifarben

und anderen Bleiprodukten. Vom 26. Mai 1903.

Auf Grund der §§ i2oe und 139 a der Ge¬ werbeordnung hat der Bundesrat

fiber die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Bleifarben und anderen Bleiprodukten

folgende Vorschriften erlassen: § 1. Die nachstehenden Vorschriften finden

Anwendung auf alle Anlagen, in denen Blei¬ farben oder andere chemische Bleiprodukte (Blei- weiss, Bleichromat, Massikot, Glatte, Mennige, Bleisuperoxyd, Pattinsonsches Bleiweiss, Casseler Gelb, englisches Gelb, Neapel-Gelb, Jodblei, Bleizucker usw.) oder bleihaltige Farbengemische als Haupt- oderNebenprodukt hergestellt werden.

Auf Bleihiitten finden diese Vorschriften keine Anwendung, auch wenn darin Stoffe der im Abs. 1 bezeichneten Art hergestellt werden.

Ausgenommen bleiben ferner Anlagen, in denen nur im Zusammenhange mit einem an¬ deren Gewerbebetriebe fertige Farbstoffe ledig- lich mit einander gemischt oder mit Oel oder Firnis angerieben werden.

§ 2. Die Arbeitsraume, in denen die im § 1 Abs. 1 bezeichneten Stoffe hergestellt oder ver¬ packt werden, mfissen geraumig, hoch und so eingerichtet sein, dass in ihnen ein ausreichen¬ der bestandiger Luftwechsel stattfindet.

Sie mfissen mit einem ebenen und festen Fussboden versehen sein, der eine leichte Be-

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seitigung des Staubes auf feuchtem Wege ge¬ stattet. Der Fussboden ist, soweit er sich nicht infolge des Betriebs standig in feuchtem Zu¬ stande befindet, mindestens einmal taglich feucht zu reinigen.

Die Wande mfissen eine ebene Oberflache haben und, soweit sie nicht mit einer abwasch¬ baren Bekleidung oder mit einem Oelfarben- anstriche versehen sind, mindestens einmal jahr¬ lich mit Kalkmilch angestrichen werden.

§ 3. Das Eintreten bleihaltigen Staubes so¬ wie bleihaltiger Gase und Dampfe in die Ar¬ beitsraume muss durch geeignete Vorrichtungen moglichst verhindert werden. Arbeitsraume, welche gegen das Eintreten bleihaltigen Staubes oder bleihaltiger Gase und Dampfe nicht voll¬ standig geschiitzt werden konnen, sind gegen andere Arbeitsraume so abzuschliessen, dass in diese Staub, Gase oder Dampfe nicht eintreten konnen.

§ 4. Die Schmelzkessel ffir Blei sind mit gut ziehenden, ins Freie oder in einen Schorn¬ stein mfindenden Abzugsvorrichtungen (Fang- trichtern) zu iiberdecken.

§ 5. Die Innenflachen der Oxydierkammern mussen moglichst glatt und dicht hergestellt sein. Die Oxydierkammern und die in ihnen befindlichen Gerfiste sind wahrend des Behangens feucht zu erhalten. Die Oxydierkammern sind, bevor sie nach Beendigung des Oxydations- prozesses betreten werden, ausreichend abzu- kfihlen und zu durchlfiften sowie durch Ein- leiten von Wasserdampf griindlich zu durch- feuchten. Das Bleiweiss ist mittelst eines kraf- tigen Wasserstrahls von den Latten oder Rund- holzern abzuspritzen. Die Oxydierkammern sind,

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so lange in ihnen gearbeitet wird, genfigend zu erhellen.

Die Rohbleiweissvorrate sind wahrend der Ueberffihrung nach dem Schlammeraum und so lange sie in diesem lagern, feucht zu erhalten.

Die Wande der Oxydierkammern sowie die darin befindlichen Gerfiste, Latten und Rund- holzer sind jedesmal vor dem Behangen durch Abspritzen mit einem kraftigen Wasserstrahl oder durch Ab waschen von Bleiweis griindlich zu reinigen.

Der Arbeitgeber hat einen mit diesen Vor¬ schriften und den sonst erforderlichen Vorsichts¬ massregeln genau vertrauten Meister oder Vor- arbeiter zu beauftragen, die bei Entleerung der Oxydierkammern vorkommenden Arbeiten un¬ ausgesetzt zu beaufsichtigen. Die zur Beauf¬ sichtigung bestellte Person ist nach Massgabe des § 151 der Gewerbeordnung ffir die Befol- gung der Vorschriften und ffir die Anwendung der notigen Vorsicht verantwortlich.

§ 6. Beim Transport und bei der Verarbei¬ tung nasser Bleifarbenvorrate, namentlich beim Schlammen und Nassmahlen, ist die Handarbeit durch Anwendung mechanischer Vorrichtungen soweit zu ersetzen, dass das Beschmutzen der Kleider und Hande der dabei beschaftigten Arbeiter auf das moglichst geringe Mass be- schrankt wird.

DasAuspressen vonBleiweissschlamm darf nur vorgenommen werden, nachdem die darin ent¬ haltenen loslichen Bleisalze vorher ausgefallt sind.

§ 7. Die Innenflachen der Trockenkammern miissen moglichst glatt und dicht hergestellt sein.

§ 8. Beim Mahlen, Sieben und Packen trockener bleihaltiger Stoffe, beim Beschicken

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und Entleeren der Glatte- und Mennigeofen, beim Mennigebeuteln und bei sonstigen Vorrichtungen, bei denen sich bleihaltiger Staub entwickelt, muss durch Absauge- und Abfiihrungsvorkehrun- gen oder durch andere geeignete Vorrichtungen das Eintreten von Staub in die Arbeitsraume verhindert werden.

Ffir das Verpacken von Farben geringen Bleigehalts in unbedeutenden Mengen oder in kleinen, zum Betrieb im Kleinhandel geeigneten Packungen, konnen auf Antrag durch die hohere Verwaltungsbehorde Ausnahmen von der Vor¬ schrift des vorstehenden Absatzes zugelassen werden.

§ 9. Apparate, welche bleihaltigen Staub entwickeln, mfissen, insoweit nicht nach ihrer Einrichtung und Benutzungsart das Austreten von Staub wirksam verhfitet wird, an alien Fugen durch dicke Lagen von Filz oder Wollen- zeug oder durch Vorrichtungen von gleicher Wirkung so abgedichtet sein, dass das Ein¬ treten des Staubes in den Arbeitsraum ver¬ hindert wird.

Apparate dieser Art mfissen mit Einrich¬ tungen versehen sein, welche eine Spannung der Luft in ihnen verhindern. Sie dfirfen erst dann geoffnet werden, wenn der in ihnen ent¬ wickelte Staub sich abgesetzt hat und vollig abgekfihlt ist.

§ 10. Arbeiterinnen dfirfen in Fabriken der im § 1 bezeichneten Art nur insoweit zum Auf¬ enthalt oder zur Beschaftigung zugelassen werden, als sie dabei der Einwirkung blei¬ haltigen Staubes oder bleihaltiger Gase und Dampfe nicht ausgesetzt sind und mit blei¬ haltigen Stoffen nicht in Berfihrung kommen.

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In Fabriken, welche ausschliesslich oder vor- wiegend der Herstellung von Bleifarben oder anderen chemischen Bleiprodukten dienen, darf jugendlichen Arbeitern eine Beschaftigung nicht gewahrt und der Aufenthalt nicht gestattet werden. Auf die Beschaftigung von jugendlichen Arbeitern in anderen Fabriken der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Art finden die Bestimmungen im Abs. 1 entsprechende Anwendung.

Diese Bestimmungen haben bis zum 1. Juli 1913 Gfiltigkeit.

§ 11. Der Arbeitgeber darf in Raumen, in denen die im § 1 Abs. 1 bezeichneten Stoffe hergestellt oder verpackt werden, nur solche Personen zur Beschaftigung zulassen, welche eine Bescheinigung eines approbierten Arztes darfiber beibringen, dass sie weder schwachlich, noch mit Lungen-, Nieren- oder Magenleiden oder mit Alkoholismus behaftet sind. Die Be¬ scheinigungen sind zu sammeln, aufzubewahren und dem Gewerbe-Aufsichtsbeamten (§ 139 b der Gewerbeordnung) sowie dem zustandigen Medizinalbeamten auf Verlangen vorzulegen.

§ 12. Der Arbeitgeber darf mit dem Be¬ schicken und Entleeren der Oxydierkammern nur solche Personen beschaftigen, welche mit den Gefahren des Betriebs genau vertraut sind. Die Beschaftigung darf die Dauer von acht Stunden taglich nicht fiberschreiten. Sie muss bei einer Dauer von mehr als sechs Stunden mindestens durch drei einstfindige Pausen unter¬ brochen werden. Bei kfirzerer Dauer der Be¬ schaftigung ist den Arbeitern nach je zwei Stunden Arbeitszeit eine einstfindige Pause zu gewahren.

Mit dem Packen von Bleifarben, bleihaltigen Farbengemischen und anderen chemischen Blei-

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produkten in trockenem Zustand und mit dem Schliessen der damit gefiillten Fasser dfirfen die Arbeiter nicht langer als acht Stunden tag¬ lich beschaftigt werden. Diese Bestimmung findet auf die Beschaftigung an Packmaschinen keine Anwendung, falls die Maschinen mit gut wirkenden Staubabsaugevorrichtungen versehen sind oder sonst nach ihrer Einrichtung und Be¬ nutzungsart das Austreten von Staub wirksam verhfitet wird.

Personen unter achtzehn Jahren dfirfen mit den in Abs. i, 2 bezeichneten Arbeiten iiber¬ haupt nicht beschaftigt werden. Ffir die Be¬ schaftigung mit dem Verpacken von Farben geringen Bleigehalts in unbedeutenden Mengen oder in kleinen, zum Vertrieb im Kleinhandel geeigneten Packungen konnen auf Antrag durch die hohere Verwaltungsbehorde Ausnahmen von dieser Vorschrift zugelassen werden.

Im fibrigen dfirfen Arbeiter, welche bei ihrer Beschaftigung mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berfihrung kommen, innerhalb eines Zeit- raums von vierundzwanzlg Stunden ausschliess¬ lich der Pausen nicht langer als zehn Stunden beschaftigt werden.

§ 13. Der Arbeitgeber hat alle mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berfihrung kommen¬ den Arbeiter mit vollstandig deckenden Arbeits- anzfigen und einer Mfitze, die mit dem Ent¬ leeren der Oxydierkammern beschaftigten Ar¬ beiter auch mit geeigneter Fussbekleidung zu versehen.

§ 14. Mit Staubentwickelung verbundene Arbeiten, bei denen der Staub nicht sofort und vollstandig abgesaugt wird, darf der Arbeit¬ geber nur von Arbeitern ausffihren lassen,

2 5°

welche Nase und Mund mit Respiratoren oder feuchten Schwammen bedeckt haben.

§ 15. Arbeiten, bei denen eine Berfihrung mit gelosten Bleisalzen stattfindet, darf der Arbeit¬ geber nur durch Arbeiter ausffihren lassen, welche zuvor die Hande entweder eingefettet oder mit undurchlassigen Handschuhen versehen haben.

§ 16. Die in den §§13, 14, 15 bezeich¬ neten Arbeitskleider, Respiratoren, Schwamme und Handschuhe hat der Arbeitgeber jedem damit zu versehenden Arbeiter besonders in ausreichender Zahl und zweckentsprechender Beschaffenheit zu fiberweisen. Er hat daffir Sorge zu tragen, dass diese Gegenstande stets ihrer Bestimmung gemass und nur von den¬ jenigen Arbeitern benutzt werden, welchen sie zugewiesen sind, und dass sie in bestimmten Zwischenraumen, und zwar die Arbeitskleider mindestens jede Woche, die Respiratoren, Mund¬ schwamme und Handschuhe vor jedem Gebrauche gereinigt und wahrend der Zeit, wo sie sich nicht im Gebrauche befinden, an dem ffir jeden Gegen¬ stand zu bestimmendenPlatze aufbewahrt werden.

§ 17. In einem staubfreien Teile der An¬ lage muss ffir die mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berfihrung kommenden Arbeiter ein Wasch- und Ankleideraum und getrennt davon ein Speiseraum vorhanden sein. Beide Raume mfissen sauber und staubfrei gehalten und wah¬ rend der kalten Jahreszeit geheizt werden. In dem Speiseraum oder an einer anderen ge¬ eigneten Stelle mfissen sich Vorrichtungen zum Erwarmen der Speisen befinden.

In dem Wasch- und Ankleideraume mussen Wasser, Gefasse zum Mundspfilen, zum Reinigen

der Hande und Nagel geeignete Bfirsten, Seife und Handtficher sowie Einrichtungen zur ge¬ trennten Verwahrung der Arbeitskleider und derjenigen Kleidungsstficke, welche vor Beginn der Arbeit abgelegt werden, in ausreichender Menge vorhanden sein.

Der Arbeitgeber hat den mit dem Entleeren der Oxydierkammern beschaftigten Arbeitern taglich nach Beendigung dieser Arbeit, den fibrigen mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berfihrung kommenden Arbeitern zweimal wochentlich wahrend der Arbeitszeit Gelegen¬ heit zu geben, in einem geeigneten, wahrend der kalten Jahreszeit geheizten Raume innerhalb der Betriebsanlage ein warmes Bad zu nehmen.

§ 18. Der Arbeitgeber hat die Ueberwachung des Gesundheitszustandes der mit Blei oder blei¬ haltigen Stoffen in Berfihrung kommenden Ar¬ beiter einem dem Gewerbe-Aufsichtsbeamten (§ 139 b der Gewerbeordnung) sowie dem zu¬ standigen Medizinalbeamten namhaft zu machen¬ den approbierten Arzte zu fibertragen, der mindestens zweimal monatlich die Arbeiter im Betrieb auf die Anzeichen etwa vorhandener Bleierkrankung zu untersuchen hat.

Der Arbeitgeber darf Arbeiter, die einer Bleierkrankung verdachtig sind, zu Beschafti¬ gungen, bei welchen sie mit Blei oder blei¬ haltigen Stoffen in Berfihrung kommen, bis zu ihrer volligen Genesung nicht zulassen; solche Arbeiter aber, die sich den Einwirkungen des Bleies und bleihaltiger Stoffe gegeniiber be¬ sonders cmprmdlich erweisen, sind dauernd von der Beschattigung auszuschliessen.

§ 19. Dcr Arbeitgeber ist verpflichtet, zur Kontrolle fiber den Wechsel und Bestand sowie

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fiber den Gesundheitszustand der mit Blei oder bleihaltigen Stoffen. in Berfihrung kommenden Arbeiter ein Buch zu ffihren oder durch einen Betriebsbeamten ffihren zu lassen. Er ist ffir die Vollstandigkeit und Richtigkeit der Ein- tragungen, soweit sie nicht vom Arzte bewirkt werden, verantwortlich.

Dieses Kontrollbuch muss enthalten: i. den Namen dessen, welcher das Buch ffihrt, 2. den Namen des mit der Ueberwachung des

Gesundheitszustandes der Arbeiter beauf¬ tragten Arztes,

3. Vor- und Zunamen, Alter, Wohnort, Tag des Eintritts und des Austritts eines jeden der im Abs. 1 bezeichneten Arbeiter sowie die Art seiner Beschaftigung,

4. den Tag und die Art der Erkrankung eines Arbeiters,

5. den Tag der Genesung, 6. die Tage und Ergebnisse der im § 18 vor¬

geschriebenen allgemeinen arztlichen Unter¬ suchungen.

Das Krankenbuch ist dem Gewerbe-Auf- sichtsbeamten (§ 139 b der Gewerbeordnung) sowie dem zustandigen Medizinalbeamten auf Verlangen vorzulegen.

§ 20. Der Arbeitgeber hat Vorschriften zu erlassen, welche ausser einer Anweisung hin¬ sichtlich des Gebrauchs der in den §§ 13, 14, 15 bezeichneten Gegenstande folgende Bestim¬ mungen ffir die mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berfihrung kommenden Arbeiter enthalten mussen:

1. die Arbeiter dfirfen Branntwein, Bier und andere geistige Getranke nicht mit in die Anlage bringen;

253

2. die Arbeiter durfen Nahrungsmittel nicht in die Arbeitsraume mitnehmen. Das Ein¬ nehmen der Mahlzeiten ist ihnen, sofern es nicht ausserhalb der Anlage stattfindet, nur im Speiseraume (§ 17) gestattet;

3. die Arbeiter dfirfen erst dann den Speise¬ raum betreten, Mahlzeiten einnehmen oder die Fabrik verlassen, wenn sie zuvor die Arbeitskleider abgelegt, die Haare vom Staube gereinigt, Hande und' Gesicht sorg¬ faltig gewaschen, die Nase gereinigt und den Mund ausgespfilt haben;

4. die Arbeiter haben die Arbeitskleider, Re¬ spiratoren, Mundschwamme und Handschuhe in denjenigen Arbeitsraumen und bei den¬ jenigen Arbeiten, ffir welche es von dem Arbeitgeber vorgeschrieben ist, zu benutzen;

5. das Rauchen, Schnupfen und Kauen von Tabak wahrend der Arbeit ist verboten;

6. die in der Anlage vorhandene Badeeinrich- tung ist von den mit dem Entleeren der Oxydierkammern beschaftigten Arbeitern taglich nach Beendigung dieser Arbeit, von den fibrigen mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berfihrung kommenden Arbeitern zweimal wochentlich zu benutzen.

Ausserdem ist in den zu erlassenden Vor¬ schriften vorzusehen, dass Arbeiter, welche trotz wiederholter Warnung den vorstehend bezeich¬ neten Vorschriften zuwiderhandeln, vor Ablauf der vertragsmassigen Zeit und ohne Aufkundi- gung entlassen werden konnen.

Ist ffir einen Betrieb eine Arbeitsordnung erlassen (§ 134a der Gewerbeordnung), so sind die vorstehend bezeichneten Bestimmungen in die Arbeitsordnung aufzunehmen.

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§ 2i. In jedem Arbeitsraume sowie in dem Ankleide- und dem Speiseraume muss eine Ab¬ schrift oder ein Abdruck der §§ i bis 20 dieser Vorschriften und der gemass § 20 vom Arbeit¬ geber erlassenen Vorschriften an einer in die Augen fallenden Stelle aushangen.

Der Arbeitgeber ist ffir die Handhabung der im § 20 Abs. 1 bezeichneten Vorschriften verantwortlich. Er hat einen Meister oder Vor- arbeiter zu beauftragen, die genaue Befolgung der im § 20 Abs. 1 unter Nr. 3 und 6 vor¬ gesehenen Bestimmungen standig zu fiberwachen. Die zur Ueberwachung bestellte Person ist nach Massgabe des § 151 der Gewerbeordnung fur die Befolgung der Vorschriften und ffir die An¬ wendung der notigen Vorsicht verantwortlich. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Arbeiter, welche den auf Grund des § 20 Abs. 1 von ihm erlassenen Vorschriften trotz wiederholter Warnung zu¬ widerhandeln, aus der Arbeit zu entlassen.

§ 22. Neue Anlagen, welche der Herstellung der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Stoffe dienen sollen, dfirfen erst in Betrieb gesetzt werden, nachdem ihre Errichtung dem zustandigen Ge- werbe-Aufsichtsbeamten (§ 139 b der Gewerbe¬ ordnung) angezeigt ist. Dieser hat nach Em- pfang der Anzeige durch personliche Revision festzustellen, ob die Einrichtung der Anlage den erlassenen Vorschriften entspricht.

§ 23. Die vorstehenden Bestimmungen treten ffir diejenigen Anlagen, auf welche im gegen- wartigen Zeitpunkte die durch die Bekannt¬ machung des Reichskanzlers vom 8. Juli 1893 (Reichs Gesetzbl. S. 213) verkfindeten Vor¬ schriften fiber die Einrichtung und den Betrieb der Bleifarben- und Bleizuckerfabriken Anwen-

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dung finden, am i. Juli 1903, ffir die fibrigen im § 1 Abs. 1 bezeichneten Anlagen am 1. Juli 1904 in Kraft. Ffir die erstgenannten Anlagen konnen, soweit zur Durchffihrung der Vor¬ schriften der §§ 2, 4, 5, 8, 17 die Vornahme baulicher Veranderungen oder die Beschaffung neuer Einrichtungen erforderlich ist, hierzu von der hoheren Verwaltungsbehorde Fristen bis hochstens zum 1. Juli 1904 bewilligt werden.

Die durch die Bekanntmachung des Reichs¬ kanzlers vom 8. Juli 1893 (Reichs-Gesetzbl. S. 213) verkfindeten Vorschriften fiber die Ein¬ richtung und den Betrieb der Bleifarben- und Bleizuckerfabriken treten am 1. Juli 1903 ausser Kraft.

Berlin, den 26. Mai 1903.

Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb gewerblicher Anlagen zur Vulkanisierung YOU

Gummiwaren. Vom 1. Marz 1902.

Auf Grund des § 120 e der Gewerbeordnung hat der Bundesrat fiber die Einrichtung und den Betrieb gewerblicher Anlagen, in denen Gummiwaren unter Anwendung von Schwefel- kohlenstoff oder durch Chlorschwefeldampfe vulkanisiert werden, folgende Vorschriften er¬ lassen :

§ 1. Der Fussboden derjenigen Arbeits¬ raume, in denen Gummiwaren unter Anwendung von Schwefelkohlenstoff vulkanisiert werden, darf nicht tiefer liegen als der sie umgebende

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Erdboden. Diese Arbeitsraume mfissen mit Fenstern versehen sein, welche ins Freie ffihren, in ihrer unteren Halfte geoffnet werden konnen und eine ausreichende Lufterneuerung ermoglichen.

Die Raume mfissen durch mechanisch be¬ triebene Ventilationseinrichtungen wirksam ent- liiftet werden. Mit Genehmigung der hoheren Verwaltungsbehorde kann von einem mechani¬ schen Betriebe der Ventilationseinrichtungen Abstand genommen werden, sofern auf andere Weise ffir kraftige Lufterneuerung gesorgt ist. Von besonderen Ventilationseinrichtungen ffir die Vulkanisierungsraume kann mit Genehmigung der hoheren Verwaltungsbehorde iiberhaupt Abstand genommen werden, sofern durch eine kraftige Absaugung der Schwefelkohleristoff- dampfe unmittelbar an ihrer Entstchungsstelle eine geniigende Reinhaltung der Luft gewahr- leistet ist.

§ 2. Die Vulkanisierungsraume (§ i) dfirfen weder als Wohn-, Schlaf-, Koch- noch als Lager- oder Trockenraume benutzt werden, auch dfirfen andere Arbeiten als das Vulk£nisieren darin nicht vorgenommen werden. Anderen als den beim Vulkanisieren beschaftigten Arbeitern darf der Aufenthalt in den Vulkanisierungsraumen nicht gestattet werden.

Die Zahl der darin beschaftigten Personen muss so bemessen sein, dass auf jede mindestens zwanzig Kubikmeter, Luftraum entfallen.

§ 3. In die Vulkanisierungsraume dfirfen nur die dem Tagesbedarfe dienenden Mengen von Schwefelkohlenstoff gebracht werden. Die weiteren Vorrate sind in besonderen von den Arbeitsraumen getrennten Lagerraumen aufzu¬ bewahren.

Die zur Aufnahme der Vulkanisierungsflfissig- keit bestimmten Gefasse mfissen von dauerhafter Beschaffenheit sein; die gefiillten Gefasse sind, solange sie ausser Benutzung sind, gut bedeckt zu halten.

§ 4. Die Vulkanisierungs- und Trocken¬ raume dfirfen nur durch Dampf- oder Warm¬ wasserheizung erwarmt werden.

Eine kfinstliche Beleuchtung dieser Raume darf nur mittels elektrischer, durch starke Schutz- glocken verwahrter Gliihlampen erfolgen.

Von den Vorschriften der Abs. 1, 2 konnen Ausnahmen durch die hohere Verwaltungsbehorde gestattet werden.

§ 5. Die zum Vulkanisieren langer Stoffbahnen dienenden Maschinen (Walzensysteme) mfissen, um den Austritt von Schwefelkohlenstoffdampfen in die Arbeitsraume tunlichst zu verhindern, mit einer Ummantelung (z. B. einem Glasgehause) fiberdeckt werden, aus welcher die Luft durch einen mechanisch betriebenen Ventilator kraftig abzusaugen ist. Das Betreten des ummantelten Raumes darf Arbeitern nur bei Betriebsstorungen gestattet werden.

In den Fallen, in denen eine Ummantelung der Maschine aus technischen Grfinden nicht angangig ist, kann die hohere Verwaltungs¬ behorde unter der Bedingung anderer geeigneter Schutzvorkehrungen, insbesondere der Aufstellung der Maschine in einer offenen Halle, der Be¬ schaftigung derselben Arbeiter an der Maschine nur an zwei Tagen in der Woche, Ausnahmen von den Vorschriften des Abs. 1 gestatten.

§ 6. Das Vulkanisieren aller anderen, nicht im § 5 bezeichneten Gegenstande muss, sofern es nicht im Freien erfolgt, unter Schutzkasten

17

25$

(Digestorien, Glasgehausen) geschehen, in welche der Arbeiter nur seine Hande einzuffihren braucht, und welche die Dampfe von dem Gesichte des Arbeiters fernhalten.

Aus den Schutzkasten muss die Luft kraftig abgesaugt werden.

§ 7. Die Vorschrift des § 6 findet auch auf das Vulkanisieren sowohl der Aussen- wie der Innenwande von Gummischlauchen Anwendung.

Beim Vulkanisieren der Innenwande darf es nicht geduldet werden, dass die Arbeiter die Vulkanisierungsflfissigkeit mit dem Munde an- saugen.

§ 8. Nach ihrer Benetzung mit der Vulkani¬ sierungsflfissigkeit dfirfen die Waren nicht offen in dem Vulkanisierungsraume liegen bleiben, sondern mfissen entweder unter einem ventilierten Schutzkasten (§ 6) gehalten oder sofort in be¬ sondere Trockenraume verbracht werden.

Die Trockenschranke oder sonstigen Trocken¬ raume, in denen die Waren alsbald nach dem Vulkanisieren kfinstlicher Warme ausgesetzt werden, mfissen so eingerichtet sein, dass sie zum Einsetzen und Herausnehmen der vulkani- sierten Gegenstande nicht betreten zu werden brauchen. Das Betreten der Trockenraume, wahrend sie im Betriebe sind, darf den Arbeitern nicht gestattet werden. Die hohere Verwaltungs¬ behorde kann Ausnahmen hiervon hinsichtlich des Trocknens von langen Stoffbahnen zulassen, wenn ausreichende Schutzvorkehrungen getroffen sind.

§ 9. Erfolgt das Vulkanisieren durch Chlor¬ schwefeldampfe, so mfissen die zu ihrer Ent¬ wickelung dienenden Behalter oder Kammern

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so eingerichtet sein, dass ein Austritt der Dampfe verhindert ist.

Das Betreten -der Vulkanisierungskammern darf erst nach ihrer volligen Auslfiftung gestattet werden; sie dfirfen zu anderen Arbeiten als den zu dem vorbezeichneten Vulkanisierungsprozess erforderlichen nicht benutzt werden.

§ 10. Die Beschaftigung mit dem Vulkani¬ sieren unter Anwendung von Schwefelkohlen¬ stoff oder mit sonstigen Arbeiten, bei denen die Arbeiter der Einwirkung von Schwefelkohlen¬ stoff ausgesetzt sind, darf ununterbrochen nicht langer als zwei Stunden und taglich im ganzen nicht langer als vier Stunden dauern; nachdem sie zwei Stunden gedauert hat, muss vor ihrer Wieder aufnahme den Arbeitern eine Arbeitspause von mindestens einer Stunde gewahrt werden.

Personen unter achtzehn Jahren dfirfen mit solchen Arbeiten iiberhaupt nicht beschaftigt werden.

§ II. Der Arbeitgeber hat alien Arbeitern, welche mit den im § 10 bezeichneten Arbeiten beschaftigt werden, Arbeitsanziige in ausreichen¬ der Zahl und zweckentsprechender Beschaffen¬ heit zur Verffigung zu stellen.

Er hat durch geeignete Anordnungen und Be¬ aufsichtigung daffir Sorge zu tragen, dass die Arbeitskleider wahrend der Zeit, wo sie sich nicht im Gebrauche befinden, an den daffir be¬ stimmten Platzen aufbewahrt werden.

§ 12... Von den Arbeitsraumen getrennt mfissen fur die im § 11 bezeichneten Arbeiter nach Geschlechtern gesonderte Wasch- find An¬ kleideraume vorhanden. sein. Diese Raume mfissen sauber gehalten und wahrend der kalten Jahreszeit geheizt werden.

26 o

In den Wasch- und Ankleideraumen mfissen Wasser, Seife und Handtficher sowie Einrich¬ tungen zur Verwahrung derjenigen Kleidungs¬ stficke, welche vor Beginn der Arbeit abgelegt werden, in ausreichender Menge vorhanden sein.

§ 13. Der Arbeitgeber hat die Ueberwachung des Gesundheitszustandes seiner der Einwirkung von Schwefelkohlenstoff ausgesetzten Arbeiter einem dem Gewerbeaufsichtsbeamten namhaft zu machenden approbierten Arzte zu fibertragen, der mindestens einmal monatlich jene Arbeiter im Betrieb aufzusuchen und bei ihnen auf die Anzeichen etwa vorhandener Schwefelkohlen¬ stoff vergiftung zu achten hat.

Auf Anordnung des Arztes sind Arbeiter, welche Zeichen vonSchwefelkohlenstoffvergiftung aufweisen, bis zur volligen Genesung, solche Arbeiter aber, welche sich der Schwefelkohlen- stoffeinwirkung gegeniiber besonders empfindlich erweisen, dauernd von Arbeiten der im § 10 bezeichneten Art fernzuhalten.

§ 14. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zur Kontrolle fiber den Wechsel und Bestand sowie fiber den Gesundheitszustand der mit Arbeiten der im § 10 bezeichneten Art beschaftigten Ar¬ beiter ein Buch zu ffihren oder durch einen Be¬ triebsbeamten ffihren zu lassen. Er ist ffir die Vollstandigkeit und Richtigkeit der Eintragungen, soweit sie nicht vom Arzte bewirkt werden, verantwortlich.

Dieses Kontrollbuch muss enthalten: 1. den Nameij dessen, welcher das Buch

ffihrt, 2, den Namen des mit der Ueberwachung

des Gesundheitszustandes der Arbeiter be¬ auftragten Arztes,

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3. Vor- und Zunamen, Alter, Wohnort, Tag des Ein- und Austritts jedes der im Abs. i bezeichneten Arbeiter sowie die Art seiner Beschaftigung,

4. den Tag und die Art der Erkrankung eines Arbeiters,

5. den Tag der Genesung, 6. die Tage und Ergebnisse der im § 13

vorgeschriebenen allgemeinen arztlichen Untersuchungen.

§ 15. Der Arbeitgeber hat Bestimmungen fiber folgende Gegenstande zu erlassen:

1. Die Arbeiter dfirfen Nahrungsmittel nicht in die Vulkanisierungsraume mitnehmen.

2. Die Arbeiter haben die in den §§ 5 bis 7 bezeichneten Schutzeinrichtungen sowie die ihnen fiberwiesenen Arbeitskleider (§ 11) bei denjenigen Arbeiten, ffir welche es von dem Arbeitgeber vorgeschrieben ist, zu benutzen.

3. Die Arbeiter haben die vom Arbeitgeber gemass § 5 Abs. 1 Satz 2, § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 und § 9 Abs. 2 getroffenen Anordnungen zu be¬ folgen.

In den zu erlassenden Bestimmungen ist vor¬ zusehen, dass Arbeiter, welche trotz wieder¬ holter Warnung den vorstehend bezeichneten Bestimmungen zuwiderhandeln, vor Ablauf der vertragsmassigen Zeit und ohne Aufkiindigung entlassen werden konnen.

Ist ffir einen Betrieb eine Arbeitsordnung er¬ lassen (§ 134 a der Gewerbeordnung), so sind die vorstehend bezeichneten Bestimmungen in die Arbeitsordnung aufzunehmen.

264

§ 16. In jedem Vulkanisierungsraume def im § i bezeichneten Art ist ein von der Orts- polizeibehorde zur Bestatigung der Richtigkeit seines Inhalts unterzeichneter Aushang anzu¬ bringen, aus dem ersichtlich ist:

a) der Inhalt des Luftraums in Kubikmetern, b) die Zahl der Arbeiter, die demnach in

dem Arbeitsraume beschaftigt werden dfirfen.

Ferner muss in jedem Vulkanisierungsraum oder sonst an einer den Vulkanisierungsarbeitern in die Augen fallenden Stelle eine Tafel aus- gehangt werden, welche in deutlicher Schrift die Bestimmungen der §§ i bis 15 sowie die gemass § 15 vom Arbeitgeber erlassenen Be¬ stimmungen wiedergibt.

§ 17. Die vorstehenden Vorschriften treten mit dem 1. Juli 1902 in Kraft.

Soweit zur Durchffihrung der Vorschriften der §§ 1, 5, 6, 8 Abs. 2, § 12 bauliche Ver- iinderungen erforderlich sind, konnen hierzu von der hoheren Verwaltungsbehorde Fristen bis hochstens zum 1. Juli 1903 gewahrt werden.

Berlin, den 1. Marz 1902.

Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb gewerblicher Anlagen, in denenThomasschlacke

gemahlen oder Thomasschlackenmehl gelagert wird. Vom 35. April 1899.

Auf Grund der §§ i2oe und 139a der Ge¬ werbeordnung hat der Bundesrat fiber die Ein¬ richtung und den Betrieb gewerblicher Anlagen, in denen Thomasschlacke gemahlen oder Thomas*

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schlackenmehl gelagert wird, folgende Vorschriften erlassen:

§ i. Die Arbeitsraume, in denen Thomas¬ schlacke zerkleinert oder gemahlen oder Thomas¬ schlackenmehl gelagert wird, mfissen geraumig und so eingerichtet sein, dass in ihnen ein aus¬ reichender Luftwechsel stattfindet.

Sie mfissen mit einem dichten ufid festen Fussboden versehen sein, der eine leichte Be¬ seitigung des Staubes auf feuchtem Wege ge¬ stattet.

§ 2. Die Vorzerkleinerung der Sehlacke von Hand darf nicht in den Aufgaberaumen ffir die Feinmiihlen, sondern muss entweder im Freien oder in Schuppen vorgenommen werden, die auf alien Seiten offen sind.

§ 3. Die zur maschinellen Vorzerkleinerung der Sehlacke dienenden Apparate sowie die Feinmiihlen mfissen so eingerichtet sein, dass ein Austritt des Staubes in die Arbeitsraume tunlichst vermieden wird. Sie mfissen, sofern nicht durch andere Vorkehrungen eine Verstau¬ bung nach aussen verhindert ist, mit wirksamen Vorrichtungen zur Absaugung des Staubes und zu seiner Abfiihrung nach einer Staubkammer versehen sein.

§ 4. Die Zuffihrung des Mahlguts sowie dessen Aufgeben an die zur Vorzerkleinerung dienenden Apparate und an die Feinmiihlen muss so eingerichtet sein, dass eine Staubentwickelung tunlichst verhfitet wird.

Wird die Sehlacke den Feinmiihlen in Trans- portgefassen zugeffihrt, so muss die Beschickung so eingerichtet sein, dass die Transportgefasse unmittelbar fiber den Aufgabetrichtern entleert werden und dass, z. B. durch teilweise Ummante-

264

lung der Aufgabestellen und durch Staub- absaugung, das Eindringen von Staub in die Arbeitsraume tunlichst verhindert wird.

§ 5. Die Aussenwandung und Fugen der Mfihlen, der Zerkleinerungs- und sonstigen staub- entwickelnden Apparate, der Staubleitungen und Staubkammern •mfissen staubdicht sein; ent¬ stehende Undichtigkeiten sind sofort zu beseitigen.

Die Staubleitungen und Staubkammern mfissen so eingerichtet sein, dass sie im regelmassigen Betriebe von aussen gereinigt und entleert werden konnen.

§ 6. Reparaturarbeiten an den im § 5 be¬ zeichneten Apparaten und Einrichtungen, bei denen die Arbeiter der Einwirkung von Schlacken- staub ausgesetzt sind, darf der Arbeitgeber nur von solchen Arbeitern ausffihren lassen, welche von ihm gelieferte, zweckmassig eingerichtete Respiratoren oder andere, Mund und Nase schfitzende Vorrichtungen, wie feuchte Schwamme, Tficher usw. tragen.

§ 7. Das Schlackenmehl darf nur unter Vorsichtsmaassregeln so aus den Mfihlen und Staubkammern entleert und in die zur Lagerung losen Mehles dienenden Raume (Silos) verbracht werden, dass eine Staubentwickelung tunlichst verhindert wird.

§ 8. Die Abffillung des Mehles in Sacke (Absackung) an den Auslaufen der Mfihlen, der Transporteinrichtungen und Staubkammern darf, wenn nicht eine Staubentwickelung durch andere Vorkehrungen verhindert ist, nur unter der Wir¬ kung einer ausreichenden Absaugevorrichtung erfolgen.

§ 9. Sacke, in denen das Mehi in Stapeln gelagert wird, dfirfen keine geringere Starke

26$

and Dichtigkeit haben als diejenigen, die im Handel mit dem Gewichte von vierzehn Unzen bezeichnet werden; Sacke, in denen das Mehl in Stapeln von mehr als 3,5 Meter Hohe ge¬ lagert wird, dfirfen nicht unter ffinfzehn Unzen haben.

Die Lagerung von Mehl in Sacken muss in besonderen, von anderen Betriebsraumen ge¬ trennten Raumen geschehen. In den Mfihl- raumen dfirfen hochstens die Sacke der letzten Tagesproduktion verbleiben.

Von den Bestimmungen des Abs. 1 konnen Ausnahmen von der hoheren Verwaltungsbehorde bewilligt werden, soweit ihr der Nachweis er- bracht wird, dass nach der Betriebsweise oder nach der Beschaffenheit des zu lagernden Mehles ein haufiges Zerreissen der Sacke und Verstauben des Mehles ausgeschlossen ist.

§ 10. Als lose Masse darf Mehl nur in be¬ sonderen Lagerraumen (Silos) aufbewahrt wer¬ den, die gegen alle anderen Betriebsraume dicht abgeschlossen sind.

Es mfissen Einrichtungen dahin getroffen sein, dass ein Betreten der Silos bei ihrer Ent¬ leerung und beim Abfiillen des in ihnen lose gelagerten Mehles in Sacke vermieden wird.

Sofern nicht durch andere Vorkehrungen eine Staubentwickelung bei der Absackung ver¬ hindert ist, darf letztere nur unter der Wirkung einer ausreichenden Absaugevorrichtung erfolgen.

§ 11. Die Fussboden der im § 1 bezeichneten R^ume sind, sofern Arbeiter in denselben be¬ schaftigt werden, vor Beginn jeder Arbeits¬ schicht oder wahrend jeder Schicht in einer Ar¬ beitspause feucht zu reinigen. Wahrend des Reinigens darf den damit nicht beschaftigten

2h6

Arbeitern der Aufenthalt in diesen Raumen nicht gestattet werden.

§ 12. Der Arbeitgeber darf nicht gestatten, dass die Arbeiter Branntwein mit in die Anlage bringen.

§ 13. In einem staubfreien Teile der Anlage muss ffir die Arbeiter ein Wasch- und Ankleide¬ raum und getrennt davon ein Speiseraum vor¬ handen sein. Diese Raume mfissen sauber und staubfrei gehalten und wahrend der kalten Jahres¬ zeit geheizt werden.

In dem Wasch- und Ankleideraume mfissen Wasser, Seife und Handtficher sowie Einrich¬ tungen zur Verwahrung derjenigen Kleidungs¬ stficke, welche vor Beginn der Arbeit abgelegt werden, in ausreichender Menge vorhanden sein.

Der Arbeitgeber hat seinen Arbeitern wenig¬ stens einmal wochentlich Gelegenheit zu geben, ein warmes Bad zu nehmen.

§ 14.. In denjenigen Raumen der Anlage, in welche Thomasschlacke oder Thomasschlacken¬ mehl eingebracht wird, darf Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern die Beschaftigung und der Aufenthalt nicht gestattet werden.

Diese Bestimmung hat bis zum 30. Juni 1909 Gfiltigkeit.

§ 15. Die Beschaftigung der Arbeiter, welche beim Zerkleinern oder Mahlen der Thomas¬ schlacke sowie beim Abfiillen, Lagern oder Ver¬ laden des Thomasschlackenmehls verwendet werden, darf taglich die Dauer von zehn Stunden nicht fiberschreiten. Zwischen den Arbeits- stunden mfissen Pausen von einer Gesamtdauer von mindestens zwei Stunden, darunter eine Pause von mindestens einer Stunde gewahrt werden.

26?

Sofern die Arbeiter taglich nicht langer als sieben Stunden beschaftigt werden, und die Dauer ihrer durch eine Pause nicht unterbrochenen Arbeitszeit vier Stunden nicht fiberschreitet, braucht nur eine Pause von mindestens ein- stfindiger Dauer gewahrt zu werden.*)

§ 16. Der Arbeitgeber darf zu den im § 15 bezeichneten Arbeiten nur solche Personen einstellen, die ihm nicht als Gewohnheitstrinker bekannt sind und welche die Bescheinigung eines von der hoheren Verwaltungsbehorde dazu ermachtigten Arztes darfiber beibringen, dass bei ihnen Krankheiten der Atmungsorgane nicht nachweisbar sind. Die Bescheinigungen sind zu sammeln, aufzubewahren und dem Aufsichts¬ beamten (§ 139 b der Gewerbeordnung) auf Verlangen vorzulegen.

§ 17. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zur Kontrolle fiber den Wechsel und Bestand sowie fiber den Gesundheitszustand der Arbeiter ein Buch zu ffihren oder durch einen Betriebsbeamten ffihren zu lassen. Er ist ffir die Vollstandigkeit und Richtigkeit der Eintrage, soweit sie nicht etwa von einem Arzte bewirkt werden, verant¬ wortlich.

Dieses Kontrollbuch muss enthalten: 1. den Namen dessen, welcher das Buch

ffihrt; 2. Vor- und Zunamen, Alter, Wohnort, Tag

des Ein- und Austritts jedes Arbeiters; 3. den Tag und die Art der Erkrankung eines

Arbeiters;

*) Dieser Absatz wurde durch die Bekannt¬ machung vom 15. November 1903 hinzugefiigt.

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4. den Namen des Arztes, welcher den Ar¬ beiter bei der Krankmeldung etwa unter- sucht hat;

5. den Tag der Genesung eines Arbeiters oder seines To des.

§ 18. In jedem Arbeitsraume sowie in dem Ankleide- und dem Speiseraume muss eine Ab¬ schrift oder ein Abdruck der §§ 1 bis 17 dieser Vorschriften an einer in die Augen fallenden Stelle aushangen.

§ 19. Die vorstehenden Bestimmungen treten mit dem 1. Juli 1899 in Kraft.

Soweit in einzelnen Betrieben zur Durch¬ ffihrung der in den §§ 1 bis 5, 7, 8, 10, 13 enthaltenen Bestimmungen umfangreiche Aende¬ rungen der Betriebseinrichtungen erforderlich sind, kann die hohere Verwaltungsbehorde hierzu Fristen von hochstens einem Jahre, vom Inkraft- treten (Abs. 1) dieser Bestimmungen ab ge- rechnet, gewahren.

Berlin, den 25. April 1899.

613.6 Q602 c.1

UnfallverhtungsvorschriftenderBer

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