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Page 1: Zusatz Seite 20 Meditationsübung: Die · PDF fileMeditation Deine Atmung ist wie eine Welle, du spürst, wie sich dein Bauch hebt und senkt, hebt und senkt. Du lässt die Wellen des

Heft 8 Buddhismus

Zusatz Seite 20

Ziel

ZielgruppeMeditations-übungvon Eva Seifried, Maria Schelks-horn-Magas

etwa 50 Min.

Meditationsübung: Die Welle

Hinführung zu meditativem Üben und dabei lernen, zur Ruhe zu kommen; Anstoß, zu über-legen, welches Gottes- und Menschenbild hier vermittelt wird

Jugendliche in Schule und Gemeinde

CD-Player, meditative Instrumentalmusik, ev. Räucherstäbchen, Meditationstext, Ölkrei-den, Papier

Der vietnamesische Zen-Meister Thich Nhat Hanh bemüht sich in seinen Texten um das Verständnis zwischen ChristInnen und BuddhistInnen und versucht, Berührungs-punkte beider zu beschreiben. Folgende meditative Übung ist vor dem Hintergrund des buddhistischen Begriffs der „Achtsam-keit“ aufzufassen. Darunter versteht man den Anspruch, bei all seinem Tun ganz im Augen-blick (christlich gesprochen: in der Gegenwart Gottes) zu stehen.

Vorüberlegungen: Solche Übungen setzen die Bereitschaft der/des Einzelnen und Ruhe im Raum voraus. Die Hinführung braucht also Zeit. Für manche Jugendliche ist es die erste Erfahrung mit dieser Art von Übung. Auch wenn anfangs vielleicht aus Verlegenheit gekichert wird, soll so viel Zeit und Geduld aufgebracht werden, bis alle zur Ruhe gekommen sind ...

Gemeinsame Vorbereitung: Jede/r sucht sich einen Platz im Raum, um ungestört von allen anderen zu sein. Es gibt keinen Blickkontakt zu anderen, so als ob man alleine im Raum wäre. Alle bemühen sich, möglichst aufrecht zu sitzen, das ist wichtig für das richtige Atmen. Alle lassen sich ab jetzt ganz von den Anleitungen führen ...Die meditative Versenkung beginnt erst, wenn jede/r Einzelne konzentriert und ruhig geworden ist. Der Anleitungstext wird sehr langsam und mit vielen Pausen gesprochen. Eventuell läuft leise Musik im Hintergrund. Nach einer Atemübung zum Einstieg behandelt die folgende Meditation den Unterschied zwischen unserem Sein und unserem Seinsgrund. Am Ende steht für uns die Frage: „Was bedeutet diese Erkenntnis für mich im Alltag? Inwiefern verändert sie meine Wahr-nehmungen – auf mich selbst, meine Mitmen-schen und Gott?“

Material

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Heft 8 Buddhismus

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Bewusstes Atmen

Es gibt eine Reihe von (buddhistischen) Atem-techniken, mit deren Hilfe du das Leben intensi-ver und schöner gestalten kannst. Dabei hilft eine einfache Anfangsübung. Wenn du einatmest, sagst du dir: „Beim Einatmen weiß ich, dass ich einatme.“ Und wenn du wieder ausatmest, sagst du: „Beim Ausatmen weiß ich, dass ich ausatme.“ Das ist alles. Du nimmst dein Einatmen und Ausatmen bewusst wahr. Später brauchst du dir gar nicht mehr den ganzen Satz vorzusagen. Es reichen die beiden Worte „Ein“ und „Aus“. Diese Technik bringt dich bewusst in Fühlung mit dem Atem. Während des Übens wird dein Atem ruhig und sanft. In einigen wenigen Minuten wird dir klar werden, welche Früchte die Meditation tragen kann. Wir können das bewusste Atmen

Welle und Ozean

Eine der bekanntesten buddhistischen Meta-phern für das Ineinander von Unendlichem und Endlichem ist die Metapher vom Meer und der Welle. Sie behandelt das Thema der sich wech-selseitig durchdringenden Vielheit, die zugleich Einheit ist. „Obwohl sich der Ozean gleichzeitig auf alle Wellen erstreckt, verändert er sich nicht, und obwohl alle Wellen gleichzeitig den großen Ozean enthalten, sind sie nicht eins. Wenn der große Ozean eine einzelne Welle umschließt, hindert ihn nichts, alle anderen Wellen innerhalb seines ganzen körperli-chen Umfangs zu umschließen. Wenn eine einzelne Welle den großen Ozean enthält, dann enthalten alle anderen Wellen auch den Ozean in seiner Gänze. Es gibt keinerlei Behinderung zwischen ihnen.“ (Meditationsanweisung von Fa Tsang, 643–712

n. Chr.)

(zitiert nach: G.C.C. Chang, Die buddhistische Lehre von der Ganzheit des Seins, Bern 1989, S. 199 f., in: U. Baatz, Buddhismus, Diederichs kompakt, 2002, S. 61 f.)

nicht nur im Meditationsraum üben, sondern auch bei der Arbeit, zu Hause, beim Busfahren und zu jeder Tages- und Nachtzeit. Einatmen und Ausatmen wird so genussreich und verbindet unseren Körper und unseren Geist. Manchmal denkt unser Kopf an etwas, und unser Körper macht etwas anderes; Geist und Körper sind dann keine Einheit. Durch unsere Einstim-mung auf den Atem, das „Ein“ und „Aus“, brin-gen wir Körper und Geist wieder in Eins. Einfach bewusst zu atmen und dabei zu lächeln, kann uns sehr glücklich machen. Dann fi nden wir wieder ganz zu uns zurück und begegnen dem Leben im gegenwärtigen Moment. (nach: Thich Nhat Hanh,

Zeiten der Achtsamkeit, Verlag Herder GmbH 2010,

S. 117 f.)

Anleitung zum Einstieg:Zum Ruhigwerden ist die bewusste Atmung wichtig, dann erst kann sich unser Geist öffnen: Wir schließen nun die Augen und atmen ein und sagen uns dabei diesen Satz: „Beim Einatmen weiß ich, dass ich einatme.“ Und danach: „Beim Ausatmen weiß ich, dass ich ausatme.“ Der Atem geht dabei tief in deinen Bauchraum hinein. Du wiederholst nun diese beiden Sätze in deinem eigenen Tempo. (Atemübung mindestens fünf Minuten lang)

MeditationDeine Atmung ist wie eine Welle, du spürst, wie sich dein Bauch hebt und senkt, hebt und senkt. Du lässt die Wellen des Atems in dich und durch dich fl ießen.

Stell dir nun vor, du siehst das Meer. Du spürst in dir den Atem des Meeres. Du hörst das Rauschen der Wellen. Du schaust den Bewegungen der Wellen zu und atmest im Rhythmus der Wellen. Eine Welle geht aus der anderen hervor; unauf-hörlich erzeugt eine Welle die andere.

Wie das Wasser bei der Entstehung der Welle Geräusche erzeugt, so können auch wir beim

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Atmen diese Töne entstehen lassen. Du atmest nun geräuschvoll durch den Mund ein, sodass dabei ein Rauschen entsteht – ein und aus, ein und aus. Du wirst wieder leiser und atmest wie zuvor durch die Nase tief in den Bauchraum hinein. Du spürst deinen Körper, wie er sich hebt und senkt, hebt und senkt. Du lässt die Wellen des Atems in dir und durch dich fl ießen.

Schau auf das Meer. Schau auf die Wellen. Such dir nun eine Welle aus. Stell dir vor, du bist diese Welle. Du bist nun Teil dieser großen Bewegung des Meeres. Du existierst, weil es die anderen Wellen gibt. Du bist Welle durch andere Wellen.Du bist eine Welle und du bist Teil des gesam-ten Meeres. Du bist eine Welle und du bist aus Wasser.

Unterscheide: Du bist die Welle, du bist aus Wasser, aber du bist nicht das Wasser. So wie du bestehen auch alle anderen Wellen aus Wasser. Wasser und Welle berühren einander. Du berührst den Grund deines Seins und der Grund deines Seins berührt dich. Das Wasser ist dein Seinsgrund.

Du bist Teil dieses Seins, aber du bist nicht der Grund dieses Seins. Du bist Welle, du bist aus Wasser, aber du bist nicht das Wasser.Spüre nun wieder bewusst deine Atmung: Spüre, wie sich dein Bauch hebt und senkt, hebt und senkt. Du lässt die Wellen des Atems in dir und durch dich fl ießen. Atme tief in den Bauchraum hinein und lasse das Bild vom Meer mit den Wellen an dir vorüberziehen.

Beachte: Du bist wie eine Welle, die durch andere Wellen existiert. Du bist aus Wasser, aber du bist nicht das Wasser. Wer bist du? Wer sind die anderen Wellen? Wer ist das Wasser?

Bleibe noch eine Weile ruhig sitzen und lasse noch einmal die Bilder von Meer und Wellen an dir vorüberziehen, denke über die Fragen nach: Wer bist du? Wer sind die anderen Wellen? Wer ist das Wasser? Atme dabei ganz ruhig weiter. Wenn für dich der Zeitpunkt gekommen ist, öffne die Augen. Bleibe noch eine Weile ruhig sitzen und beginne dann, dein Bild zu malen.

Möglichkeiten zur unmittelbaren NacharbeitMit Ölkreiden ein Bild von Meer und Wellen

malenEin Bild mit Meereswellen betrachten und

dieses weitermalenGesprächsimpulse aufschreiben und in der

Gruppe refl ektieren

ImpulsfragenWas habe ich neu erfahren? Was hat mir gut getan? Was ist mir schwergefallen während dieser

Übung? Welche Fragen sind für mich entstanden? Idee nach: Thich Nhat Hanh, Jesus und Buddha – Ein Dialog der Liebe, Verlag Herder GmbH 2010, S. 14 f.;