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Fortschritte der Physik 11, 325-356 (1963) Zur Wirkung von VerdichtungsstoBen im ubergangsbereich zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform *) K. BIER Kernforschungszentrum Karlsruhe, Institut fur Kernverfahrenstechnik der Technischen Hochachule Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 a) Die Form der VerdichtungsstoBe . . . . . , . . , . . . . . . , . . . . . 327 1. EinfiuB des Expansionsverhiiltnisses . . . . . . . . . . . . . . , . . . 329 2. EinfluB der Gasart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 3. EinfluO der Abschalblende . , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 Niiherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . . . . 334 digkeitsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . . 337 a) Zur MeBmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 b) Der von der Abschiilerschneide abgeloste VerdichtungsstoB . . . . . . . . . 339 c) Das Verschwinden des abgelosten VerdichtungsstoBes bei Verminderung der Gasdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 111. EinfluB der VerdichtungsstoBe auf die Strahlform und die Trenndiisenentmischung im tfbergangsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 a) Uberlegungen zur partiellen Entmisohung durch VerdichtungsstijBe . . . . . . 343 b) Experimentelle Ergebnisse . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . , . . . 346 1. Die h d e r u n g der Strahlform beim abergang vom gasdynamischen zum mole- kularen Stromungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 2. Der riiumliche Verlauf der Entmischung . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 3. Das Maximum der negativen Entmischung im obergangsbereich . . . . . . 352 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Literatur.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 I. Eigenschaften frei expandierender Gasstrahlen unter gasdynamischen Stromungs- b) Absohatzung des Stromungszustandes in der Innenzone mit Hilfe der Hyperschall- II. Nachweis der VerdichtungsstoBwirkung durch Messung der gaskinetischen Geschwin- Einleitung fliberschallstromungen im Ubergangsbereich zwischen gasdynamischer und mole- kularer Stromungsform haben in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Bewegung von Flugkorpern in groBen Hohen Bedeutung erlangt [I]. Da eine *) Habilitationsschrift Karlsruhe 1962. 23 Zeitschrift ,,Fortschritte der Physik", Heft 8

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Page 1: Zur Wirkung von Verdichtungsstößen im Übergangsbereich zwischen gasdynamischer und molekularer Strömungsform

Fortschritte der Physik 11, 325-356 (1963)

Zur Wirkung von VerdichtungsstoBen im ubergangsbereich zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform *)

K. BIER

Kernforschungszentrum Karlsruhe, Institut fur Kernverfahrenstechnik der Technischen Hochachule

Inhaltsverzeichnis

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325

bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 a) Die Form der VerdichtungsstoBe . . . . . , . . , . . . . . . , . . . . . 327

1. EinfiuB des Expansionsverhiiltnisses . . . . . . . . . . . . . . , . . . 329 2. EinfluB der Gasart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 3. EinfluO der Abschalblende . , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332

Niiherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . . . . 334

digkeitsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . . 337 a) Zur MeBmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 b) Der von der Abschiilerschneide abgeloste VerdichtungsstoB . . . . . . . . . 339 c) Das Verschwinden des abgelosten VerdichtungsstoBes bei Verminderung der

Gasdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 111. EinfluB der VerdichtungsstoBe auf die Strahlform und die Trenndiisenentmischung

im tfbergangsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 a) Uberlegungen zur partiellen Entmisohung durch VerdichtungsstijBe . . . . . . 343 b) Experimentelle Ergebnisse . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . , . . . 346

1. Die hderung der Strahlform beim abergang vom gasdynamischen zum mole- kularen Stromungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346

2. Der riiumliche Verlauf der Entmischung . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 3. Das Maximum der negativen Entmischung im obergangsbereich . . . . . . 352

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355

I. Eigenschaften frei expandierender Gasstrahlen unter gasdynamischen Stromungs-

b) Absohatzung des Stromungszustandes in der Innenzone mit Hilfe der Hyperschall-

II. Nachweis der VerdichtungsstoBwirkung durch Messung der gaskinetischen Geschwin-

Einleitung

fliberschallstromungen im Ubergangsbereich zwischen gasdynamischer und mole- kularer Stromungsform haben in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Bewegung von Flugkorpern in groBen Hohen Bedeutung erlangt [ I] . Da eine

*) Habilitationsschrift Karlsruhe 1962.

23 Zeitschrift ,,Fortschritte der Physik", Heft 8

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theoretische Behandlung solcher Stromungsvorgange selbst bei einfachen geo- metrischen Anordnungen verhaltnismaBig schwierig ist, besteht an experimen- tellen Untersuchungen ein besonderes Interessel). Wir haben uns nun bei der Erzeugung intensiver Molekularstrahlen durch Expansion des Gases aus einer Duse [2 ] - [4 ] und bei der Trennung von Gas- oder Isotopengemischen nach dem Trenndusenverfahren [5] - [8a] eingehend mit frei expandierenden Gasstrahlen im Ubergangsbereich zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform beschaftigt. Fur beide Anwendungen spielen die in solchen Gasstrahlen auf- tretenden VerdichtungsstoBe 2) eine wichtige Rolle. In der vorliegenden Arbeit, wird untersucht, welche allgemeinen Aussagen uber die Wirkung von Verdich- tungsstoBen im Ubergangsbereich zwischen gasdynamischer und molekularer stromungsform mit Hilfe der fur die Molekularstrahlerzeugung und fur das Trenndiisenverfahren entwickelten MeBmethoden gewonnen werden konnen. Im ersten Teil der Arbeit wird zunachst fur gasdynamische Stromungsbedingun- gen die Form der Verdichtungsstofie in frei expandierenden Gasstrahlen durch Schlierenaufnahmen ermittelt. Dabei interessiert besonders die Beeinflussung des Strahls durch eine Abschalblende, wie sie bei der Molekularstrahlerzeugung und beim Trenndusenverfahren zur Aufteilung des Gasstrahls in einen Kern- und einen Mantelteil verwendet wird. Das Ergebnis der Schlierenaufnahmen wird in Verbindung rnit der Hyperschall-Naherung der Gasdynamik dazu benutzt, fur groBe Expansionsverhaltnisse den Stromungszustand auf der Achse frei expan- dierender Gasstrahlen naherungsweise zu berechnen, was im Rahmen der gasdyna- mischen Theorie nur mit wesentlich groBerem Aufwand nioglich ware. Im zweiten Teil wird die Wirkung eines VerdichtungsstoUes auf die Stromungs- geschwindigkeit und die Temperatur durch Messung der Geschwindigkeitsvertei- lung des mit der Abschalblende aus der Stromung ausgeblendeten Molekular- strahls untersucht. Durch Variation der Gasdichte wird der ,,Ubergangsbereich" ermittelt, in dem die Wirkung des VerdichtungsstoBes auf Grund des ubergangs zu molekularen Stromungsbedingungen abklingt. Der dritte Teil der Arbeit beschaftigt sich mit dem Entmischungseffekt, der bei der Stromung eines Gas- oder Isotopengemisches durch einen VerdichtungsstoB auf Grund der unterschiedlichen Persistenz verschieden schwerer Gaskomponen- ten theoretisch zu erwarten ist [Ql- [ I l l . Durch Messung des Stromlinienverlaufes und des raumlichen Verlaufes der Trenndiisenentmischung wird in ubereinstim- mung mit einer ahnlichen Untersuchung von STERN u. a. gezeigt, da13 die in frei

l) Die Schwierigkeiten der theoretischen Behandlung von Gasstromungen im Ubergangs- bereich beruhen darauf, daB sowohl ZusammenstoBe von Molekiilen des stromenden Gases untereinander als auch Stol3e mit der Wand (bzw. mit Molekulen aus Grenzschichten) zu beriicksichtigen sind. In dem interessierenden Stromungsbereich konnen daher erhebliche Abweichungen der ortlichen Geschwindigkeitsverteilung von einer Maxwell-Verteilung auf- treten; jedoch 1aBt sich die tatsachliche Geschwindigkeitsverteilung auch bei Kenntnis der Reflexionsbedingungen an der Wand nicht allein aus den WandstoBen berechnen wie in rein molekularen Stromungen. Die zur Zeit vorliegenden theoretischen Untersuchungen von Stromungsproblemen aus dem Ubergangsbereich benutzen Losungen der Boltzmanngleichung, die entweder als hohere Niiherungen oder z. B. nach der Monte-Carlo-Methode gewonnen wurden [ I ] . 2, Ein VerdichtungsstoB, d. h. ein sprungartiger Anstieg von Druck, Temperatur und Dichte bei gleichzeitiger Abnahme der Stromungsgeschwindigkeit, kann bekanntlich in Stromungen kontinuierlicher Medien auftreten, wenn die Stromungsgeschwindigkeit groBer als die ortliche Schallgeschwindigkeit ist. I n Gasstromungen erfolgt die ,,sprungartige" Zustandskinderung auf einer Strecke von wenigen mittleren freien Wegliingen.

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expandierenden rotationssymmetrischen Gasstrahlen beobachtete Umkehrung des Trenneffektes im wesentlichen auf einem VerdichtungsstoB beruht [12] - [14] . ErwartungsgemaB ergibt sich einm Maximum des umgekehrten Trenneffektes im ubergangsbereich zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform.

I. Eigenschaften frei expandierender Gasstrahlen unter gasdynamischen Stromungsbedingungen

a) Die Form der VerdichtungsstoBe

Bei der Erzeugung intensiver Molekularstrahlen mit Diisen und bei der Tren- nung von Gas- oder Isotopengemischen nach dem Trenndiisenverfahren werden im allgemeinen frei expandierende Gasstrahlen benutzt, die aus einer konver- genten Diise in einen Raum expan- dieren, in dem der statische Druck urn den Faktor 10-103 kleiner ist als der EinlaBdruck vor der Diise. Bei diesen Expansionsverhaltnissen bildet sich un- ter gasdynamischen Stromungsbedin- gungen hinter der Diise eine riiumlich begrenzte, iiberexpandierte uberschall- stromung aus, die in Strahlrichtung

I ) p x e - 1 1 !------X"------- ;

durch Verdichtungsstope abgeschlossen 7 X R ------I I

wird' Schlieren- Interfere- Bild 1. Schema der VerdichtungsstoDe in einem frei meteraufnahmen ist bekannt, daB diese expandierenden rotationssymmetrischen Gas- VerdichtungsstoBe im rotationssym- &ah1 bei gro5em Expansioiisverhaltnis; in der

oberen Halfte des Strahlschemas ist quditativ metrischen Fall die in Bild 1 schematisch der Stromlinienverlauf angegeben darnestellte Form haben F151-rl71. Um"den EinfluB dieser VLrdichiuigsstoBe bei der Molekularstrahlerzeugung und bei der Trenndiisenentmischung feststellen zu konnen, war es erforderlich, zu- nachst einmal fur gasdynamische Stromungsbedingungen die Form der Ver- dichtungsstoBe in dem aus Diise und Abschiiler bestehenden Strahlerzeugungs- bzw. Trennsystem in Abhiingigkeit von den Versuchsbedingungen zu kennen. Diese Angaben konnen zwar im Prinzip nach bekannten Methoden der Gasdyna- mik theoretisch gewonnen werden, allerdings nimmt der Rechenaufwand mit steigendem Expansionsverhaltnis stark zu. Bisher sind Berechnungen des Strahl- verlaufes daher nur fur relativ kleine Expansionsverhaltnisse bzw. fur begrenzte Strahlbereiche durchgefiihrt wordens). Die interessierenden Fragen wurden des- halb in der vorliegenden Arbeit durch Schlierenaufnahmen untersucht4).

3, Fur den hier interessierenden Fall konvergenter Dusen haben OWEN und THORNHILL einen rotationssymmetrischen Gasstrahl mit dem Adiabatenexponenten x = 1,40 in der Umgebung der Strahlachse bis zum Abstand X = 10a nach dem Charakteristikenverfahren berechnet [18]. Die Berechnung erfaBt damit fur ein Expansionsverhiltnis po/pl m 200 in der Um- gebung der Strahlachse den vor dem Verdichtungsston GM liegenden Teil der Stromung. Fur x = 1,67 hat ZIGAN den Stromungsverlauf ebener und rotationssymmetrischer Gasstrahlen rnit dem Expansionsverhiiltnis 16,3 im Entfernungsbereich X 5 7 a bzw. X 5 2a konstruiert [I91 ( a = Mundungsdurchmesser bzw. Mundungsweite der runden bzw. schlitz- formigen, konvergenten Duse). 4, Die Untersuchung wurde gemeinsam mit Herrn Dr. B. SCHMIDT an der Uberschall-Versuchs- anlage des Institutes fur Stromungslehre und Stromungsmaschinen der Technischen Hoch-

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Die verwendete Schlierenapparatur arbeitet mit zwei Hohlspiegeln von ,150 cm Brennweite ; der Strahlengang in der Schlierenkammer ist parallel. Das Strahlgas wurde bei EinlaBdrucken po = 10-50 atm (vor der Duse) aus Druckflaschen ent- nommen und nach der Expansion bei Gegendrucken p1 = 0,05-1,O atm ab- gesaugt. Das groBte angewendete Expansionsverhaltnis betrug demzufolge etwa lo3, das kleinste ungefahr lo5).

Bild 2. Schlierenbilder eines rotationssymmetrisclieii und eines ebenen N,-Strahls ; niit dem Expansionsverhaltnis p , / p , = 56 bzw. 52. Bei den oberen Aufnahrnen stnnd die Schlierenkante parallel, bei den unteren senk- recht znr Strahlachse. Links: konvergente Diise mit zslindrischer Mundung von 1,43 mm rn ; p , = 20 atm. Rechts: konvergente Sclilitzdiise mit 0,3 mm Weite und 15 nim Lange; p , = 10 atm. (Das innere D t i s - pro81 iut jeweils gestrichelt eingezeichnet)

Bild 2 zeigt als Beispiel Schlierenbilder eines rotationssymmetrischen und eines ebenen N,-Strahls mit den1 Expansionsverhaltnis p,,/pl = 56 bzw. 526). In der ebenen Stromung ist ein ahnliches System von VerdichtungsstoBen wie im ro- tationssymmetrischen Fall enthalten ; jedoch sind die auf der Diisenweite nor-

schule Karlsruhe durchgefuhrt [ZU]. Dem Direktor des Institutes, Herrn Prof. Dr.-Ing. H. MARCINOWSKI, sowie dem Leiter des Laboratoriums, Herrn Dr.-Ing. G. A. EUTENEUER, danke ich fur die Moglichkeit zur Benutzung der Schlierenapparatur. 5, Bei noch kleineren Expansionsverhiltnissen findet man bekanntlich quasiperiodische Strahl- strukturen ; dieser Fall wird in der vorliegenden Arbeit nicht betrachtet. 6, Bei den in Bild 2 gezeigten Aufnahmen wurde mit einer Xenon-Hochdrucklampe und einer Belichtungszeit von 1/5,, s gearbeitet. Die Konturen der VerdichtungsstoBe sind bei der ver- haltnismLBig langen Belichtungszeit, offenbar als Folge schwacher Oszillationen, etwas ver- breitert. Bei Beleuchtung rnit Einzelfunken (w 3 . s) ergaben sich scharfere Konturen der VerdichtungsstoBe; diese Aufnahmen eignen sich jedoch wegen der geringeren Lichtstarke nicht gut fur die Wiedergabe im Druck.

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mierten Linearabmessungen beim ebenen Strahl erheblich gro5er als beim runden

Au5erhalb des VerdichtungsstoBes Gl beobachtet man am Strahlrand ein ver- haltnismaBig starkes, von innen nach au5en gerichtetes Dichtegefalle, das von der Dusenmundung ausgeht und sich mit abnehmender Starke ungefahr bis zum Strahlbauch erstreckt. Dieses Dichtegefalle durfte im wesentlichen durch den Temperaturunterschied zwischen dem bei der Expansion abgekuhlten Strahlgas und dem auf Umgebungstemperatur befindlichen, ruhenden Adengas hervor- gerufen werden.

(s. u.).

1. Einflup des Expansionsverhaltnisses

Zur quantitativen Beschreibung des Strahlverlaufes wurden aus den Schlieren- bildern die in Bild 1 bezeichneten charakteristischen Lineardimensionen des VerdichtungsstoSsystems entnommen und auf den Mundungsdurchmesser bzw. die Miindungsweite a der verwendeten runden bzw. schlitzformigen, konvergenten Dusen normiert (xM = XM/a, . . .). Die mit Stickstoff als Strahlgas erhaltenen normierten Strahldimensionen sind in Bild 3 fur den rotationssymmetrischen Fall und in Bild 4 fur den ebenen Fall in Abhiingigkeit vom Expansionsverhiiltnis po/pl aufgetragen. E) Rotationssymmetrisehe N,-Xtrahlen: Es wurden drei verschiedene Diisen ver- wendet, von denen zwei das gleiche zylindrisch zulaufende Profil (s. Bild 2), aber verschiedene Mundungsdurchmesser besitzen ; bei der dritten lauft das Profil zur Dusenmundung konisch zu (vgl. Bild 9a). Nach Bild 3 stimmen die normierten Strahldimensionen fur die verschiedenen Dusen innerhalb der Fehlergrenze uberein, ein EinfluB des Diisenprofils auf die Strahlform ist im Fall der konver- genten Dusen also nicht festzustellen '). Fur pO/pr 2 30 wird die Abhiingigkeit der Strahldimensionen vom Expansions- verhiiltnis nach Bild 3 in doppelt-logarithmischer Darstellung durch Geraden wiedergegeben, deren Steigung im Fall der AbstandsgroBen zwischen 0,50 und 0,52, im Fall der Durchmesser zwischen 0,56 und 0,58 liegt. Bei diesen Expan- sionsverhiiltnissen steigen also die Abstiinde und die Durchmesser der Verdich- tungsstol3e etwa mit der Quadratwurzel aus dem Expansionsverhaltnis an. Fur den Dusenabstand und den Durchmesser des Machchen VerdichtungsstoBes (GM in Bild 1) war dieser Zusammenhang bereits aus Messungen von LOVE u. a. [21] , [22] sowie von ADAMSON und NICHOLLS [23] bekannt. Die Ergebnisse dieser Autoren sind in Bild 3 als strichpunktierte bzw. punktierte Kurven eingetragen. Unsere Werte fur xM stimmen innerhalb der Fehlergrenze mit denen von ADAMSON und NICHOLLS uberein; die x,- und yM-Werte von LOVE u. a. sind fur po/pl = 50 um etwa lo%, fur poIpl = 200 um etwa 20% kleiner. Bild 3 enthalt auBerdem noch eine theoretische Kurve fur xM von ADAMSON und NICHOLLS [23]. Ihre Berechnung geht von der Annahme aus, daS die Lage des Sto5es GM dadurch bestimmt ist, da5 der statische Druck hinter GM mit dem Gegendruck p1 iibereinstimmt. Wie ADAMSON und NICHOLLS zeigten und wie auch aus Bild 3 abzulesen ist, wird der Abstand xM durch diese Bedingung im

7) ErwartungsgemaB ergab sich bei den verwendeten Gasdichten auch kein EinfluB desl Absolutdruekes auf die Strahlform ; daher wurden die bei verschiedenen Drucken gewonnenen Ergebnisse in Bild 3 nicht unterschieden. Die MeRpunkte sind Mittelwerte itus mehreren Schlierenaufnahmen.

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untersuchten Bereich des Expansionsverhaltnisses innerhalb der Fehlergrenze richtig wiedergegeben.

+ . - , 2 , 9 5 . 0 konischp . , 541 .

loz - po/p, ld 10 O2 - Po /Pt 10

Bild 3. Die auf den Miindungsdnrchmesser heaogenen, in Bild I Pezeichneten Abstilnde und Durchmesser der VerdichtungsstiilKe in rotatiomsgmmetrischen NB-Strahlen in Abhangigkeit vam Bxpansionsverhiiltnis

Bild 4. Die nuf die Dusenweite bezogenen Ahstande nncl ,,Durchmesser" der Verdichtungsstofie in ebenen Na- Strahlen in Ahhangigkeit voni Expsnsioiisverhaltnis

p) Ebene N,-Strahlen: Die Versuche wurden mit einer konvergenten Schlitzdiise von 0,3 nim Miindungsweite und 15 mm Schlitzlange durchgefuhrt ; das Diisen- profil ist in die Schlierenbilder eingezeichnet (Bild 2). Wahrend im rotationssymmetrischen Fall die Durchmesser der Verdichtungs- stoSe etwa mit der Quadratwurzel aus dem Expansionsverhaltnis ansteigen, nehmen die eritsprechenden GroSen im ebenen Fall fur geniigend groBe Expan-

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sionsverhiiltnisse nach Bild 4 ungefahr linear mit p,,/pl zu. Fur beide Strahl- geometrien wachsen demnach bei geniigend groBen Expansionsverhaltnissen der vom VerdichtungsstoB el begrenzte Teil des Strahlquerschnittes an der Stelle x = xB sowie die FlBche von GM ungefilhr proportional zum Expansionsverhiiltnis. Daruber hinaus folgt aus Bild3 und 4, daB auch die Absolutwerte der auf den Miindungsquerschnitt bezogenen Querschnittsflachen der VerdichtungsstoDe fur beide Strahlgeometrien annahernd gleich sind.

2. Einflu/3 der Gasart

Ein EinfluB der Gasart auf den Stromungsverlauf frei expandierender Gasstrahlen ist bei Vernachliissigung von Reibungse ffekten nur dann zu erwarten, wenn sich die betrachteten Gase im Adiabatenexponenten x unterscheiden oder wenn

j I

K) 100 UXI , P o 4

Bild 5. Die auf den Mundungsdurchmesser bezogenen charakteristischen Abmeasungen der Verdichtungsst6iBe in rotationssymmetrischen Ar-, Hz-, Ng- und C0,-Strahlen in Abhiingigkeit vom Expansionsverhiiltnis (vgl. Bild 1)

Kondensationseffekte eine Rolle spielen. Durch Vergleich der N,-Strahlen mit Ar-, H,- und C0,-Strahlen wurde versucht, einen qualitativen aberblick iiber den EinfluD des Adiabatenexponenten und einen eventuellen EinfluB der Strahl- kondensation auf die Lage der VerdichtungsstijBe in den frei expandierenden Gasstrahlen zu gewinnen. In Bild5 sind fur diese Gase die normierten Strahldimensionen als Funktion des Expansionsverhaltnisses dargestellt. Die GO,-Strahlen wurden mit der zylin- drischen Duse von 1,43mm rn erzeugt, wlihrend fur die Ar- und H,-Strahlen die

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konische Duse von 1,41 mm m benutzt wurde ; als Vergleichswerte fur N, wurden in Bild 5 nur die mit der konischen Duse gewonnenen Ergebnisse eingetragen. Nach den Messungen an N,-Strahlen sollte der Unterschied im Dusenprofil fur den angestrebten Vergleich keine Rolle spielen (vgl. Bild 3). Nach Bild 5 sind die normierten Abstande fur alle untersuchten Gase innerhalb der Fehlergrenze gleich. Die Durchmesser zeigen fur Ar und CO, die gleiche rela- tive Abhangigkeit vom Expansionsverhaltnis wie fur N,, jedoch sind die Absolut- werte fur Ar im Mittel um 20% kleiner, fur CO, um 20-30% groBer als fur N,. Fur H, liegen die y-Werte bei kleinen Expansionsverhaltnissen zwischen denen fur N, und Ar, wahrend sie fiir po/pl 2 50 praktisch mit den Werten fur Ar zusammenfallen. Der Unterschied in den Durchmessern der Verdichtungsstolje bei den Ar-, N,- und C0,-Strahlen entspricht der bekannten Tatsache, daB die Stromflachen frei expandierender Gasstrahlen bei gleichem Expansionsverhaltnis um so starker aufgeweitet sind, je kleiner der Adiabatenexponent, d. h. je groljer die speziflsche Warme des betreffenden Gases ist [ZZ]. Das besondere Verhalten des H, ware dadurch zu erkliiren, dalj bei diesem Gas schon bei relativ kleinen Expansions- verhaltnissen als Folge der Temperaturerniedrigung im Strahl die Rotations- freiheitsgrade einfrieren, der Wasserstoff sich bei weiterer Expansion also wie ein I-atomiges Gas verhiilt. Bei den Versuchen mit CO, war bei EinlaBdrucken p,, = 10 und 20 atm eine teilweise Kon- densation des Strahlgases im Stromungsgebiet hinter der Diisenmundung mit bloBem Auge als Triibung zu erkennen. Es muBte daher rnit der Moglichkeit gerechnet werden, daB die Strahlform bzw. die Form der VerdichtungsstoBe beim CO, auch durch die Strahlkondensa- tion beeintludt war. Allerdings wurden auch im Fall des CO, bei verschiedenen EinlaIjdruqken (p,, = 5, 10 und 20 atm) innerhalb der Fehlergrenze gleiche y-Werte gefunden. Daraus scheint hervorzugehen, daB der EinfluB der Strahlkondensation auf die Abmessungen der Verdichtungs- stoBe bei den untersuchten C0,-Strahlen nicht erheblich ist.

3. Einflup der Abschalblende

Durch Schlierenaufnahmen sollte festgestellt werden, welche Veranderungen im Vergleich zum ungestorten Stromungsverlauf auftreten, wenn der Strahl, wie bei der Molekularstrahlerzeugung und beim Trenndusenverfahren, durch eine konische bzw. dachformige Abschiilblende in Kern- und Mantelteil zerlegt wird. Bild 6 zeigt eine Auswahl von Schlierenbildern aus zwei Versuchsserien, in denen fur einen rotationssymmetrischen und einen ebenen N,-Strahl bei konstantem Expansionsverhaltnis die Entfernung d zwischen Dusenniiindung und Abschd- eroffnung variiert wurde. Die Giebelseiten des Schlitzabschalers waren offen, so dalj in diesem Fall auch die Stromung hinter dem Abschaler sichtbar ist. Bei allen Versuchen waren die statischen Drucke in den Raumen vor und hinter dem Ab- schaler gleich grolj. Bei Annaherung des Abschalers aus groljerer Entfernung wird das System der VerdichtungsstoBe in der MTeise verformt, daB sich die Verzweigung von B,, GM und G, in Richtung auf die Dusenmundung verschiebt; gleichzeitig wird der Verdichtungsstolj GM im Strahlinnern in den Abschaler hereingezogen, ohne je- doch die Abschiilerschneide zu beruhren. In Bild 6d liegt die Verzweigung der Verdichtungsstolje etwa in der Mundungsebene des Abschalers. Bei noch kleineren Abschiilerabstanden liegt auljen an der Abschiilerschneide ein schriiger Ver-

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dichtungsstofi an, wahrend innerhalb des AbschSlers ein freier Strahlrand auftritt. Der Obergang von dem an der Schneide anliegenden StoBsystem zum abgelosten StoB erfolgt bei einem Abstand Diise/AbschBler, der ungefahr mit dem Diisen- abstand des Bauches von GI in der ungestorten Stromung [XB in Bild 13 iiber- einstimmt.

Bild 6. Schlierenbilder eines rotationssynimetrischen und eines ebeneiiN,-Strahles mit einer konischen bzw. dach- formigen AhschMblende in verschiedenen Abstanden von der Diisenmiindung bei gleichem Druck in den Rh inen vor und hinter dem Absehaler Links: Konisch zulaufende Diise mit 1,41 mm 0 ; Durchmesser der Abschaleroffnung f:= 5,0 mm;

p J p , = 70: p , = 20 atm (gestrichelt: Innenpro51 des Abschalers) Rechts: Konvergeute Schlitzdiise mit 0,3 min Miindungsweite; Weite des Abschalerspaltes fa= 4,O mm;

p , lp , = 75; po = 10 stni

In der Zwischenzeit ausgefiihrte Schlierenversuche zeigen, daB der Obergarig vom anliegenden zurn abgelosten VerdichtungsstoB auch dann beim Abschalerabstand d m XB eintritt, wenn hinter dem Abschaler - wie bei den Molekularstrahl- versuchen - stark abgepumpt wird. Bild 7 zeigt eine entsprechende Versuchs- reihe fur ein schlitzformiges Strahlerzeugungssystem [23a]. Bemerkenswert ist, daB fur Abschalerabstande d < X B auch bei erniedrigtem Druck hinter dem Ab- schaler stromabwarts von der Abschaleroffnung schrige, sich kreuzende Ver-

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dichtungsstoBe auftreten, die die Machzahl des ausgeblendeten Strahlkerns herab- setzen (Bild 7 d-f). Diese VerdichtungsstoDe waren bei idealer Beschaffenheit der Abschalerschneiden und bei reibungsfreiem Stromungsverlauf nicht zu er- warten. Die moglichen Ursachen dieser StoBe werden in [23a] untersucht.

Bild 7. Schlierenbilder eines ebenen N,-Strahls rnit dachfiirniiger Abschalblende, bei erniedrigtem Druck im Raum hinter dern Abschaler. Mundungsweite der konvergenten Duse : 0,35 mm Weite des Abschalerspaltes: 1,5 mm Gasdruck: 40 atm vor der Duse, 1 atm im Raum zwiscben Duse und Abschaler,

0 , l atm hinter dem AhvchBler

b) Abschatzung des S t romungszus tandes in der Innenzone mi t Hilfe der Hyper scha l l -Naherung

Im folgenden wird der Stromungszustand vor dem Verdicht,ungsstoB GM fur den Fall grol3er Expansionsverhaltnisse durch Anwendung der Hyperschall- naherung der Gasdynamik in Verbindung mit der Druckbedingung von ADAMSON und NICHOLLS abgeschatzt. Fur die Abschatzung wird vorausgesetzt, daB der Stromungszustand vor dem VerdichtungsstoB eM (Druck p', Temperatur T , Stromungsgeschwindigkeit w') durch isentrope Expansion eines idealen Gases konstanter spezifischer Warme aus dem Ausgangszustand ( p o , To, wo = 0) hervorgeht. Der Stromungszustand vor EM ist dann z . B. durch Angabe des Dichteverhaltnisses eo/e' vollstandig be-

s, Hyperschallstromungen sind dadurcli gekennzeichnet, da13 die Enthalpie des stromenden Gases klein im Vergleich zur gerichteten kinetischen Eneraie ist. Fur Gase mit ~t = 1.40 ist die Hyperschall-Ngerung imkgemeinen schon fur MachrZahlen 2 5 brauchbar; vgi. z. B. [21] oder [%I.

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VerdichtungsstoBe zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform 335

stimmt. Fur Cole' erhalt man nach einfacher gasdynamischer Rechnung (vgl. z. B. [24] , S. 139)

wobei 2; den statischen Druck hinter GM bedeutet. Mit der empirischen Bezie- hung 5 w p1 von ADAMSON und NICHOLLS ([23], vgl. auch Bild 3) folgt daraus in Hyperschall-Naherung, d. h. fur T / T o << 1

(1)

In derselben Nilherung erhalt man als Verhkltnis der Stromdichten im engsten Strahlquerschnitt, i* = @*w*, und am VerdichtungsstoB, j' = e'w',

mit

i* Po - w y ( x ) * - i' Pl

Als Verhaltnis der statischen Drucke vor der Duse und vor dem VerdichtungsstoB GM ergibt sich

Die von x abhiingigen Faktoren des Dichte- und des Stromdichteverhiiltnisses sind in der folgenden Tabelle fur verschiedene x-Werte ZusammengestelIt :

x 4 4 x 2 - 1) Y ( x )

1,67 3,75 1,22 1,40 5,83 1,51 1,30 7,54 1,71

Folgerungen:

1. Bei einem festen Wert des ,,auBeren" Expansionsverhiiltnises p0/p? sind Dichteverhaltnis Po/@' und Stromdichteverhiiltniis j*/j' urn so groBer, je kleiner x , d. h. je groBer die spezifische Warme des Strahlgases ist. Dagegen ist das zu- gehorige Druckverhiiltnis po/p' und damit die uberexpansion im Strahlinnern fur 1-atomige Gase am groBten. Beispielsweise erhiilt man bei einem aul3eren Expansionsverhaltnis von po/p, = lo3 nach Gl. (3) als ,,inneres" Expansions- verhaltnis po/p' die Werte 9.105 fur x = 1,67, 1 ,9 . lo5 fur x = 1,40 und 1 , l . lo6 fur x = 1,30. 2. Aus den Schlierenaufnahmen folgte fur rotationssymmetrische und fur ebene Gasstrahlen, daB das Flachenverhaltnis des Machschen VerdichtungsstoSes zum engsten Strahlquerschnitt bei groBen Expansionsverhaltnissen ungefahr pro- portional zu po/pl ist. Mit G1. (2) ergibt sich daraus unmittelbar die Aussage, daB der relative Strahlanteil, der den Machschen StoB durchsetzt, bei grol3en

t

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336 K. BIER

Expansionsverhaltnissen ungefahr konstant ist, d. h., daB GM nahezu eine feste Lage in bezug auf die Stromlinien einnimmt 9 ) .

3. Im Rahmen der Hyperschall-Naherung erhalt man fur beliebig groBes Ex- pansionsverhgltnis die ZustandsgroBen Q, j , p usw. als Funktion des Diisen- abstandes, wenn man den durch Schlierenaufnahmen gewonnenen empirischen Zusammenhang zwischen dem Abstand des Machschen StoBes (xM) und dem auBeren Expansionsverhaltnis (po/pl) in die Gln. (1)-(3) einsetzt. In Bild 8a ist der so ermittelte Dichteverlauf auf der Achse eines frei expandierenden, rotationssymmetrischen Gasstrahls fur verschiedene x-Werte dargestellt (ge- strichelte Kurven)10). Zum Vergleich zeigt die durchgezogene Kurve den von

1 I I I

Hyperschall-hkiherwg

16 2 4 0 8 16 24 - X - - r X

0 8

Bild 8. Das Dichteverhiiltnisele, und die Machzahl M auf der Achse eines frei expandierenden, rotationssymme- trischen Gasstrahls; z ist der auf den Dusendurchmesser a bezogene Abstand von der Dusenmundnng

OWEN und THORNHILL [I81 nach dem Charakteristikenverfahren fur x = 1,40 berechneten Verlauf. Als punktierte Kurve ist der von HOWARD [26] fur eine rein molekulare Ausstromung aus einer kreisformigen Lochblende berechnete Dichteverlauf eingetragen. Der aus der Hyperschall-Naherung folgende Wert des Dichteverhaltnisses liegt beim Abstand x = 4 urn etwa 30%, bei x = 10 nur um etwa 10% niedriger als das Ergebnis der exakten Rechnung von OWEN und THORNHILL. Fur Abstande, die groBer als 1-2 Dusendurchmesser sind, nimmt die Dichte auf der Strahlachse

9) Fur rotationssymmetrische N,-Strahlen folgt aus Gl. (2) und dem aus Bild 3 zu entnehmen- den Flachenverhaltnis yM2, dad der den Machschen VerdichtungsstoB durchsetzende re- lative Strahlanteil fur p , / ~ , = 100 etwa il%, fur po/pl = 1000 etwa 145h betriigt. 10) Dabei wurde die aus Bild 5 fur po/pl 5 200 folgende Aussage, da13 der Abstand des Mach- schen StoBes innerhalb der Fehlergrenze nicht von x abhangt, auch fur grodere Expansions- verhaltnisse zugrunde gelegt.

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VerdichtungsstoBe zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform 337

- ebenso wie bei der molekularen Ausstromung - etwa umgekehrt proportional zum Quadrat des Dusenabstandes ab ll). Bild 8 b zeigt den aus den Dichtekurven (Bild 8a) folgenden Verlauf der Mach- zahl, d. h. des Verhaltnisses aus Stromungsgeschwindigkeit und ortlicher Schall- geschwindigkeit . Die mit der Hyperschall-Niiherung gewonnene Kurve fur x = 1,40 liegt im Abstandsbereich 4 < x < 10 nur geringfugig iiber dem theo- retischen Verlauf. Bemerkenswert ist, dal3 die Machzahl fur x = 1,67 rnit wach- sendem Abstand wesentlich starker ansteigt als fiir die kleineren x-Werte ; darin spiegelt sich einmal die stiirkere uberexpansion I-atomiger Gase (5. 0.) und zum anderen die starkere Temperaturerniedrigung in einem Gas ohne innere Freiheits- grade wieder l2).

11. Nachweis der VerdichtungsstoBwirkung durch Messung der gaskinetischen Geschwindigkeitsverteilung

a) Zur MeSmethode

Die von KANTROWITZ und GREY [2] vorgeschlagene Methode zur Molekular- strahlerzeugung besteht darin, den Kern einer Uberschallstromung mit einer geeignet geformten Abschiilblende moglichst storungsfrei auszublenden und uber eine Druckschleuse ins Hochvakuum zu uberfiihren. Da die thermische Energie des Strahlgases bei der Erzeugung der uberschallstromung weitgehend in gerich- tete Stromungsenergie umgewandelt wird, erhiilt man auf diese Weise Molekular- strahlen mit weitgehend einheitlicher Teilchengeschwindigkeit. Als Folge der einheitlichen Teilchengeschwindigkeit ergibt sich iiberdies eine hohe Teilchen- dichte ; denn mit kleiner werdendem Verhaltnis der mittleren ungeordneten Ge- schwindigkeitskomponente zur gerichteten Stromungsgeschwindigkeit nimmt die Zahl der ZusammenstoIje innerhalb des Molekularstrahls, die letztlich die Teilchen- dichte begrenzen, ab. Tatsiichlich konnte experimentell gezeigt werden, daIj bei der Molekularstrahlerzeugung rnit einer Duse hohere Teilchenstromdichten und schmalere Geschwindigkeitsverteilungen als bei der normalen Strahlerzeugung durch Effusion des Gases aus einem ,,Ofenspalt" zu erzielen sind [3], [4]. Das in der vorliegenden Untersuchung benutzte Strahlerzeugungssystem ist in Bild 9a dargestellk. Es besteht aus einer runden, konvergenten Diise von 0,3 mm Mundungsdurchmesser, einem konischen Abschaler von 0,6 mm und einer ebenfalls konischen Kollimatorblende von 1 ,O mm rn . Der Abstand d zwischen Dusenmiindung und Abschiileroffnung konnte im Bereich 0,5- I0 mm kontinuier- lich verkndert werden ; der Abstand zwischen Abschaler und Kollimatorblende war fest eingestellt (16 mm).

11) Dagegen deuten die Messungen mit der Schlitzdiise darauf hin, daB die Dichte e' in einem ebenen Gasstrahl in groBem Abstand von der Duse linear mit der Entfernung abnimmt, wie es fur diese Strahlgeometrie auch bei der molekularen Ausstromung der Fall ist [26]. 12) Es ist zu beriicksichtigen, daB der Adiabatenexponent beim Durchlaufen groBer Expan- sionsverhaltnisse gegebenenfalls wegen der Temperaturabhiingigkeit der spezifischen Wiirme und eventuell wegen unvollstiindiger Akkommodation innerer Freiheitsgrade nicht konstant sein wird. Dieser Umstand ist auch bei einem Teil der Schlierenaufnahmen in Betracht zu ziehen. E r wirkt sich jedoch nicht auf die in Bild8 angegebenen, fur konstante x-Werte giiltigen NLherungskurven 21\18, da hierbei nur der von x unabhiingige Zusammenhang zwischen xM und p,,/pl verwendet wurde.

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338 K. BIER

Zur Messung der Geschwindigkeitsverteilung diente das von BECKER und HENXES [a] beschriebene Laufzeitverfahren, dessen Wirkungsweise aus Bild 9 b hervor- geht : der Molekularstrahl wird im Hochvakuum durch eine schnell rotierende, am Rand mit Schlitzen versehene Scheibe in kurze Abschnitte zerlegt, die auf einem Iangeren Laufweg (L = 230 mm) entsprechend ihrer Geschwindigkeits- verteilung auseinanderlaufen. Die Molekularstrahlimpulse werden durch Elektronen

Strohlerzeugungs - @ system Ionisofions - defehtor

Unterbrecher - schejbe

Lompe hotozelle

Bild 9. a) Das bei den Molekularstrahlversuchen benutzte Strahlerzeugungssystem mit Diise A, Abschaler B nnd Kollimatorblende C b) Prinzip der Laufzeitmethode zur Messung der Geschwindigkeitsverteilung des Molekularstrahls [4]

stoB ionisiert ; der zeitliche Verlauf des Ionenstroms wird oszillographisch re- gistriert. Aus der Laufzeit fur das Ionenstrommaximum, t,, und aus der Halb- wertsbreite der Ionenstromverteilung A t lassen sich die Stromungsgeschwindig- keit w und die Temperatur T des expandierten Gasstrahls berechnen13). Die Versuche [28] wurden mit der von HAGENA und HENKES [27] beschriebenen Apparatur durchgefuhrt. Da die Apparatur anstelle von Pumpen groBer Saug-

13) G1. (6) und (7) der in [27] zitierten Arbeit von HAGENA und HENKES. Die Zuordnung einer Strahltemperatur T setzt voraus, da13 sich die gemessene Geschwindigkeitsverteilung als nber- lagerung einer Schwerpunktsgeschwindigkeit und einer Maxwellschen Geschwindigkeitsvertei- lung darstellen lafit. Diese Bedingung ist bei Strahlen aus Einzelmolekiilen im allgemeinen innerhalb der Fehlergrenze der Auswertung erfullt. - Die Fragen, die mit dem Auflosungs- vermogen der Laufzeitmessnng zusammenhangen, werden in den Arbeiten von BECKER und HENKES [a] sowie von HAGENA und HENKES [%7] behandelt.

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Verdichtungsstolle zwischen gasdynnmischer und molekularer Stromungsform 339

leistung Kiihlfallen zum Auffangen des Strahlgases besitzt, wurde bei der vor- liegenden Untersuchung als Strahlgas CO, verwendet. Das Strahlerzeugungs- system wurde bei allen Versuchen auf Zimmertemperatur gehalten.

b) Der von der Abschalerschneide abgelos te VerdichtnngsstoB

Beim EinlaBdruck po = 200 Torr und den Expansionsverhaltnissen po/pl 7 100, 400, 1140 und 2000 wurden die Geschwindigkeit w und die Temperatur T des

600 rn/sec

W

I m

400 200 O K

T

t ls0

100

50

0 2 4 6mm

- d

I

~kritacherizhscha~erahslanU Us / / \ \

2 4 6mm -d

5

S

3 1

1 10 villk €I&

3

w t

70

10

0

Bild 10. Ceschwindizkeit w, Temperatnr T, Geschwindigkeitsverhaltnis S und relative Teilehelistromdichte J von C0,-Molekularstrahlen bei konstantem EinlaDdruck ( p o = 200 Torr) und verschiedenen Expansions- verhaltiiissen p , / p , in Abhiiiigigkeit voni Abstand d zwischen Diise und Abschiler

expandierten CO,-Strahls fur verschiedene Werte des Abstandes d zwischen Diise und Abschaler gemessen (Bild 10). Aus den Werten von w und T wurde das eben- falls in Bild 10 dargestellte Geschwindigkeitsverhiiltnis

mittlere Stromungsgeschwindigkeit wahrscheinlichste ungeordnete Geschwindigkeit

# = -

berechnet ; bei Giiltigkeit der Maxwellschen Geschwindigkeitsverteilung im Schwerpunktssystem (vgl. FuBnote 13)) erhiilt man

W s = ____ f2 k Tlm

(4)

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340 K. BIER

( k = BOLTZMANN-Konstante, m = Masse der Strahlteilchen) 14). SchlieBlich kt in Bild 10 fur denselben EinlaRdruck und etwa dieselben Expansionsverhaltnisse die Abhangigkeit der Molekularstrahlintensitat J vom Abschalerabstand ein- getragen 15). 1. Aus Bild 10 folgt als auffalligstes Ergebnis, daB beiVergroRerung des Abschaler- abstandes in einem relativ kleinen Abstandsbereich die Strahltemperatur um mehr als den Faktor 2 ansteigt, wahrend die Geschwindigkeit um 15-30% ab- nimmt ; das Geschwindigkeitsverhaltnis S sinkt in diesem Bereich auf etwa die Haute. Gleichzeitig nimmt die Strahlintensitat urn ungefiihr eine GroRenordnung ab. Die mittlere Entfernung dieses ,,kritischen" Bereiches von der Dusenmundung steigt mit wachsendem Expansionsverhaltnis.

10' 10' 10' - Po/P , Bild 11. Der auf den Diisendurchniesser a bezogene kritische Abschalerabstand ds in Abhangigkeit vom Expan-

sionsverhaltnis p, /p , (MeBpunkte). Die eingezeichneten Kurven gelten fur die aus Schlierenaufnahmen gewonnenen Abstande des Stromungsbauches, XB, und des Machschen VerdichtungsstoSes, XM, von der Diisenmiindung (9. Strahlschema) -

Im folgenden wird als kritischer Abschalerabstand d, der Wert bezeichnet, bei dem die Teilchenstromdichte des Molekularstrahls auf die Halfte des Maximal- wertes abgefallen ist. Die auf den Diisendurchmesser a normierten Werte von d, sind in Bild 11 in Abhangigkeit vom Expansionsverhaltnis p,,/pl dargestellt 16). Die zum Vergleich eingetragenen durchgezogenen Kurven gelten fur die charak-

14) Das Geschwindigkeitsverhaltnis S unterscheidet sich also um den Faktor f p v o n der Machzahl M , die fur gasdynamiache Stromungen als Verhaltnis von Stromungsgeschwindig- keit w und ortlicher Schallgeschwindigkeit c = 1/x k Tjm definiert ist. 15) Die Messung der Molekularstrahlintensittit erfolgt rnit der zur Laufzeitmessung benutzten Anordnung : bei geniigend kleiner Umdrehungszahl dcr Unterbrecherscheibe, konstanten elek- trischen Bedingungen des Ionisationsdetektors und konstantem Verstarkungsfaktor ist die Anzeige des Oszillographen proportional zur Teilchendichte des unzerhackten Molekular- strahls. Urn ein relatives Ma13 fur die Strahlintensitat (Teilchenstromdichte) zu gewinnen, wurde der normierte Oszillographenausschlag mit dem aus der Laufzeitanalyse folgenden Wert der Strahlgeschwindigkeit multipliziert. 18) AuBer den aus Bild 10 entnommenen d,-Werten enthalt Bild 11 noch weitere MeBpunkte, vor allem aus Versuchsreihen mit hoheren EinlaBdrucken.

__

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VerdichtungsstoBe zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform 341

teristischen Abmcssungen XM und X B des VerdichtungsstoBsystems, wie sie nach Bild 3 bei hoherer Gasdichte durch Schlierenaufnahmen gefunden wurden. Der bei den Molekularversuchen beobachtete Wert des kritischen Abschaler- abstandes d, zeigt dieselbe Abhangigkeit vom Expansionsverhaltnis p, /pl wie der Abstand XM des Machschen Verdichtungsstoaes von der Diisenmundung. Dem Betrage nach stimmt d, ungefahr mit dem Diisenabstand des Stromungsbauches der ungestorten Stromung uberein. Durch Vergleich mit den in Bild 6 und 7 gezeigten Schlierenaufnahmen von Gasstrahlen mit Abschdblende erkennt man, daB die starke Verbreiterung der Geschwindigkeitsverteilung und der steile Ab- fall der Molekularstrahlintensitat beim oberschreiten des kritischen Abschaler- abstandes d, offenbar mit dem Auftreten des von der Abschalerschneide ab- gelosten starken VerdichtungsstoBes zu erklaren sind 17). 2 . Nach Bild I0 findet man fur po/p l = I00 und 400 auch bei Abschalerabstanden, die wesentlich groBer als der Abstand des Machschen VerdichtungsstoBes sind, im Molekularstrahl noch S-Werte von M 2 , was einer oberschallstromung rnit M w 2,5 entspricht. Dieser Sachverhalt kann mit der Nachexpansion vom Stromungszustand am Abschiiler zur Molekularstromung im Hochvakuum er- klart werden; er widerspricht also nicht der Vorstellung, daB der Kernstrahl durch den senkrechten VerdichtungsstoB C& zunachst eine Abbremsung auf Unterschallgeschwindigkeit erfahrt. 3. Fur konstant gehaltenen Abschalerabstand sind die GroBen w, T (bzw. 8) und J nach Bild 10 vom SiuBeren Expansionsverhaltnis p, /p l unabhangig, sofern der zu dem betreffenden Abstand gehorende kritische Wert des Expansions- verhiltnisses nicht unterschritten wirdls). Das ist im Einklang mit dem theore- tischen Ergebnis, daB sich unter gasdynamischen Stromungsbedingungen der Stromungszustand in dem von den VerdichtungsstoBen Gl und GM begrenzten inneren oberschallbereich (vgl. Bild I ) nicht andert, wenn das Expansions- verhaltnis vergroBert wird. Aus Bild 11 geht weiter hervor, daB der kritische Abschalerabstand d, fur p , 2 200 Torr innerhalb der Fehlergrenze vom Absolutdruck unabhangig ist. Auch dieses Ergebnis zeigt, daB sich die untersuchten C0,-Strahlen bei diesen Gasdichten bereits weitgehend gasdynamisch verhalten.

4. An den in Bild 10 dargestellten MeBreihen fur die Expansionsverhaltnisse p o / p , = 2000 und 1140 bzw. 1000 ist bemerkenswert, daO die GroBen S und J im Abstandsbereich d w 3 - 3,5 mm, d. h. wor dem kritischen Abstand rl9, Minima durchlaufen. Der Effekt hiingt, wie in der ausfuhrlichen Untersuchung [28] gezeigt wird, damit zusammen, daB auch bei unter- kritischen Abschalerabstanden stromabwarts von der Abschaleroffnung noch schwachere VerdichtungsstoOe auftreten, wenn die Gasdichte in diesem Stromungsgebiet geniigend grod ist (vgl. hierzu die Schlierenbilder in Abb. 7d-f). Diese Rage, die fur die Molekularstrahl- erzeugung mit Diisen von Bedeutung ist, so11 hier nicht weiter untersucht werden.

Dad die starke Verbreiterung der Geschwindigkeitsverteilung beim ilbstand d w X B auf einem von der Abschalerschneide abgelosten VerdichtungsstoB beruht, folgt auch aus der Messung des Gasstroms durch den Abschaler [28]. 18) Mit Ausnahme der geringfugig abweichenden Medreihe fiir das Expansionsverhiiltnis 1140 wurden alle Versuche am gleichen Tag mit weitgehend iibereinstimmenden iibrigen Versu&s- bedingungen ausgefiihrt. Durch weitere Versuche bei festem Abschalerabstand wurde sicher- gesteilt, daB fiir po 2 200 Torr die Geschwindigkeitsverteilung und die Intensitat des Mole- kularstrahls sowie der Gasstrom durch den Abschaler fur unterkritische Werte des auBeren Expansionsverhiiltnisses innerhalb der Fehlergrenze konstant sind.

24 Zeitschrift ,,Fortschritte der Physik", Heft 8

Page 18: Zur Wirkung von Verdichtungsstößen im Übergangsbereich zwischen gasdynamischer und molekularer Strömungsform

342 K. BIER

c) Das Verschwinden des abgelos ten VerdichtungsstoBes be i Verminderung der Gasdich te

Um eine experimentelle Aussage uber die Wirkung von VerdichtungsstoBen im nbergangsbereich zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform zu gewinnen, wurde der im vorhergehenden Abschnitt beschriebene EinfluB des abgelosten VerdichtungsstoBes auf die Geschwindigkeitsverteilung des Molekular- strahls bei niedrigeren Gasdichten untersucht. Bei konstantem Expansions- verhaltnis (po/pl = 1000) wurde fur die EinlaBdrucke v,, = 100.50.20 und 10 Torr

600 rn /sec

W

550 t

500

l l I p,, = 100 Torr

120

r O K /

L' Crnm 6

Bild 12. Cesehwindigkeit w und Temperatur T von C0,-Molekularstrahlenin Abhiingigkeit vom Abstand DiiselAbschiiler bei konvtantem Expansionsverhiiltnis (p . /p , = 1000) fur die EinlaDdrucke p , = 10, 20, 50 tmd 100 Torr

--d 2

die Geschwi&gkeitsverteilung des Mo- lekularstrahls in Abhiingigkeit vom Ab- stand Duse/AbschLler gemessen (Bild 12). Der mit dem Auftreten des abgelosten VerdichtungsstoBes verbundene Abfall der Geschwindigkeit und der Anstieg der Temperatur sind fur p,, = 100 und 50Torr noch deutlich, fur p , = 20 Torr dagegen nur noch schwach ausgepragt; fur p , = 10 Torr ist kein derartiger Effekt mehr nachzuweisen. Wie aus den Schlierenaufnahmen in Bild 6 und 7 hervorgeht, hiingf der vom Abschiiler abgeloste VerdichtungsstoB eng mit dem Machschen Verdichtungs- stoB des frei expandierenden Gasstrahls zusammen. Daher kann das in Bild 12 enthaltene Ergebnis iiber das Verschwin- den des abgelosten VerdichtungsstoBes naherungsweise auch auf den Machscheii VerdichtungsstoB in einem ungestort ex- pandierenden Gasstrahl ubertragen wer- den. Das bedeutet, daB bei einem Dusen- durchmesser von 0,3 mm und CO, als Strahlgas der VerdichtungsstoB GN bei einem EinlaBdruck vn = 10 Torr noch

1 "

nicht merklich, bei p , M 50-100 Torr schon deutlich und bei p , M 200 Torr be- reits weitgehend wie im gasdynamischen Fall ausgebildet ist. Diese Aussage wird im folgenden mit Hilfe einer geeignet gebildeten KNUDSEN-Zahl allgemein for- muliert 19) : Setzt man zunkchst fur den' ungestort expandierenden Strahl (ohne Abschaler) bis zum Machschen VerdichtungsstoB einen isentropen Stromungsverlauf voraus, so kann man bei vorgegebenem Wert des auBeren Expansionsverhaltnisses po/pl den Stromungszustand hinter dem Machschen StoIj abschatzen. Nach ADAYSON und NICHOLLS ist $ M p1 [23] ; auBerdem ist die Temperatur ? bei Expansions- verhaltnissen po/pl > 10 nur um wenige Prozent kleiner als die Ausgangstempera- tur To [ZO] . Mit dem aus Schlierenaufnahmen bekannten Durchmesser des Mach-

la) Die Knudsen-Zahl ist definiert als Verhaltnis von gaskinetischer mittlerer freier Weglange zu einer charakteristischen Lineardimension der Stromung (2. B. Durchmesser des Gasstrahls bzw. des betrachteten Strahlteils).

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VerdichtungsstoBe z-wischen gasdynamischer und molekularer StrBmungsform 343

schen StoBes, YM = yM + a , Ialjt sich nun der Wert der Knudsen-Zahl hinter diesem VerdichtungsstoB berechnen, der sich bei gasdynamischem Stromungs- verlauf ergeben wurde :

(1 = gaskinetjsche mittlere freie Weglange, q = Wirkungsquerschnitt). Fur die hier untersuchten C0,-Strahlen ergibt sich h! M 0,04 bei po = 200 Torr bzw.

Damit erhalt man folgende empirische Regel: Wenn sich fur die nach G1. ( 5 ) gebildete Knudsen-Zahl ein Wert & 5 0,04 ergibt, liegt weitgehend gasdynami- sches Verhalten mit ausgebildetem VerdichtungsstoB GM vor; fur K M 0,l ist die Wirkung des VerdichtungsstoBes noch deutlich spurbar. Ergibt sich dagegen fur K formal ein Wert 2 1, so ist ein Verdichtungsstolj in Wirklichkeit wegen des molekularen Charakters der Stromung nicht vorhanden. Nach theoretischen und experimentellen Untersuchungen betragt die Tiefe der Verdichtungsstoljzone bei Machzahlen zwischen 2 und 10 etwa das 10- bis 20fache der mittleren freien Weglange hinter dem StoB (vgl. [ I ] , 11; [29]). Das oben an- gegebene Kriterium fur das Verschwinden der Verdichtungsstoljwirkung im ubergangsbereich kann also anschaulich folgendermaljen interpretiert werden: Beim Ubergang von gasdynamischen zu molekularen Stromungsbedingungen ist eine Abschwachung der Verdichtungsstoljwirkung festzustellen, sobald die Tiefe der Stoljzone mit der Langsausdehnung des Stoljes vergleichbar wird. Das ist verstandlich, weil unter diesen Bedingungen der den VerdichtungsstoB durch- setzende Strahlteil in merklichem Umfang in der Randzone Energie und Impuls mit der Umgebung ausbauschen kann.

rn 0,s bei p , = 10 Torr.

111. EinfluB der VerdichtungsstoBe auf die Strablform und die Trenndiiseneutmischung im ubergangsbereich

a) Uberlegungen zu r par t ie l len En tmischung durch VerdichtungsstoBe

Bei der freien Expansion eines Gas- oder Isotopengernisches tritt eine partielle riiumliche Entmischung verschieden schwerer Komponenten auf, die durch Auf- teilung des Strahls in einen Kern- und einen Mantelteil zur praktischen Gas- oder Isotopentrennung ausgenutzt werden kann [5- da] (Bild 13). Die Haufigkeits- verschiebung der Gemischkomponenten im Kern- und Mantelteil wird zweck- maBig durch den Trennfaktor

bzw., bei kleinen Hiiufigkeitsverschiebungen, durch den Elementareffekt der Trennung

& A = A T i

beschrieben (nM , nK = Molenbruch der leichten Komponente eines binaren Gemisches im Mantel- bzw. Kerngas). Ein positiver Wert von (bzw. A > 1)

24*

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344 K. BIER

entspricht also einer Anreicherung der leichten Komponente im Mantelgas- strom. Der Entmischungseffekt laRt sich im wesentlichen auf die Druckdiflusion zuriick- fiihren, die eine bevorzugte Bewegung der leichten Komponente in Richtung fallenden Druclies bewirkt [6, 19, 30, 311. Fur die Richtung und GroRe des ort- lichen entmischenden Druckdiffusionsstromes ist die auf der betreffenden Strorn- flache senkrecht stehende Komponente des relativen Druckgefalles maBgeblich. Da diese GroBe gleichzeitig die Stromlinienkriimmung bestimmt, besteht ein un-

I?i!d J 3 . Sc1iem:i des Treiuirlririentes heini Tre~in~liisenverfaliren~~)

mittelbarer Zusammenhang zwischen Clem Vorzeichen der Stromlinienkriimmung und dcr Zu- oder Abnahme des Trennfakt,ors auf einer Stromflache [19121). Im Stromungsgebiet unmittelbar hinter der Diisenmundung, in dem das Druck- gefalle nach auBen gerichtet ist, findet man in Obereinstimmung mit dieser Vor- stellung eine mit wachsender Entfernung von der Diise zunehmende Anreicherung der leichten Gaskomponente im Mantelgasstrom. In grooerer Entfernung von der Diise beobachtet man bei geniigend hoher Gasdichte eine starke Abnahme des positiven Trenneffektes [6] bzw., vor allem in rotationssymmetrischen Gasstrahlen, eine Umkehrung der Entmischungsrichtung [12-14] . Ein negativer Entmischungs- strom ist im Prinzip nach dem Modell der Druckdiffusion mit der Umkehrung der Strornlinienkrummung in grol3erer Entfernung von der Diise zu erkliiren [19]. Da die Umlenkung der Stromflachen nach innen unter den entsprechenden Versuchs- bedingungen jedoch zu einem wesentlichen Teil durch einen schragen Verdich- tungsstoR (GI in Bild I ) bewirkt wird, wurde in der Arbeit van STERN u. a. [13] sowie in [14] bereits darauf hingewiesen, daB der negative Entmischungsstrom hauptsachlich auf der Umlenkung der Stromflachen in diesem VerdichtungsstoB beruhen diirfte22).

20) Das molare Verhaltnis vonMantslgasstrom zu Gesamtstrom,B, wird als ,,Abschiilverhlltnis" bezeichnet. 21) Zunahme von A (oder F ~ ) auf einer Stromflache bedeutet, da13 durch den ortlichen Diffu- sionsstrom leichte Komponente in die Richtung zum Strahlrand befordert wird (sog. ,,posi- tiver" Entmischungsstrom). 22) Eine partielle Entmischung in der VerdichtuiigsstoDzone frei expandierender Gasstrahlen wird auch in Arbeiten yon EERKENS, SEHGAL und GROSSMANN sowie von CHOW mitgeteilt [32, 3.31. Jedoch liogt hei diesen Untersuchungen anscheinend ein systematischer Pehler in der Konzentrationsmessung vor, so daD der tatsiichliche Entmischungseffekt im VerdichtungsstoLi schwer zu beurteilen ist.

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VerdichtungsstoBe zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform 345

Die Moglichkeit, daB VerdichtungsstoBe in Gasgemischen zu einer partiellen Entmischung der Komponenten fuhren konnen, ergab sich schon friiher aus theoretischen Arbeiten von COWLING [9 ] , DYAKOV [lo] und SHERMAN [ I l l . In diesen Arbeiten wird gezeigt, daB bei der Abbremsung eines Gasgemisches in einem senkrechten VerdichtungsstoB zunachst die schwere Komponente in bezug auf den Schwerpunkt des Gemisches beschleunigt, die leichte Komponente da- gegen verzogert wird. Das fiihrt zu einer lokalen Erhohung der Konzentration der leichten Komponente in der Abbremsungszone ; diese Haufigkeitsverschie- bung hat dann ihrerseits auf Grund der resultierenden Konzentrationsdiffusion im weiteren Verlauf der Stromung eine An- gleichung der Stromungsgeschwindigkeiten @ bcider Komponenten zur Folge. Allerdings ist zu beachten, daB bei der Herleitung

den theoretischen Untersuchungen der nor- male Diffusionsansatz der Gaskinetik ver- wendet wird, der fur die Vorgange in Ver-

2+wf 4 c------ dieses Ergebnisses in allen bisher vorliegen- *;I

dichtungsstoGen sicher nur als grobe Nahe- Ie!Chfe Kom,7Menre

rung gelten kann23). Es ist jedoch anzu- @ & IMolstromllochej

nehmen, daB bereits dieser grobe Ansatz schwwe Kwrloonenle

qualitativ das richtige Ergebnis liefert ; denn auch bei molekularer Betrachtung der Zu- sammenstofle der Strahlteilchen in der Ver- dichtungsstoazone ist zu erwarten, daB - bei gleicher Stromungsgeschwindigkeit der Komponenten vor dem VerdichtungsstoB - die schwerere Komponente wegen ihrer groBeren Persistenz weniger stark abge- a bremst wird als die leichtere. Wahrend hiernach ein senkrechter Verdich- tungsstoo nur eine einmalige Anreicherung der leichten Komponente in der StoBzone, aber keine stationare dnderung in der Zu-

Bild 14. Die Anderiing der Stromungsgeschwin- Piglieit in einem sehrigen Verdiehtungs- stoB a) fur ein einheitliches Gas b) fur ein binilres Gasgemiseh (achema- tisch, vgl. Text)

sammensetzung des hinter dem Verdich- tungsstoB abstromenden Gasgemisches bewirken sollte, kann bei einem schragen VerdichtungsstoB eine stationare Haufigkeitsverschiebung zwischen abgetrennten Teilstromen zustandekommen : In Bild 14a ist zunachst fur ein einheitliches Gas die Anderung der Stromungs- geschwindigkeit in einem schrigen VerdichtungsstoB dargestellt. Die Normal- komponente der Geschwindigkeit nimmt im VerdichtungsstoB von einem Ober- schallwert (tu;) auf einen Unterschallwert (&) ab, die Tangentialkomponente bleibt dagegen erhalten (t& = mi). Der Umlenkwinkel der Stromfliiche, @, hangt, wie in den gasdynamischen StoRgleichungen gezeigt wird, von der Machzahl vor den1 StoB, vom Anstromwinkel !P sowie vom Adiabatenexponenten ab [24, 251.

23) Die crste Naherung der Gaskinetik, die zum bekannten Diffusionsansatz mit der Zer- legung in Konzentrations-, Druck- und Thermodiffusion fiihrt, basiert bekanntlich auf der Voraussetzung, daB die relativen dnderungen der ZustandsgroDen auf einer mittleren freien Wegliinge klein gegen 1 sind. Dagegen steigt z. B. bei einer Machzahl M = 5 der Druck in einem senkrechten VerdichtungsstoB auf einer Strecke von wenigen freien Weglingen etwa um den Faktor 25.

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346 K. BIER

Bild 14b zeigt das entsprechende Schema fur ein Gasgemisch; dabei wurde die (stark vergrofierte) VerdichtungsstoBzone z w Vereinfachung in eine Abbrem- sungs- und eine Ausgleichszone unterteilt, fur die willkurlich die gleiche Dicke A angenommen wurde. Die durchgezogene Kurve bedeutete eine Stromfliiche des Gemisches (bzw. eine mittlere Teilchenbahn fur den Fall eines einheitlichen Gases mit der mittleren Masse des Gemisches). Die verschieden starke Abbremsung der Komponenten in der Richtung senkrecht zur StoBflache bewirkt, daS die leichtere Komponente zunachst starker umgelenkt wird als die schwerere, was zu einem endlichen Entmischungsstrom durch das in der Abbremsungszone liegende Stromfliichenelement fuhrt. Im weiteren Verlauf der Stromung, d. h. in der Aus- gleichszone, findet wieder eine Angleichung der Stromungsgeschwindigkeiten beider Gemischkomponenten statt. Nach einer qualitativen Betrachtung, die die eigentlich erforderliche Mittelung uber die ungeordneten Geschwindigkeits- komponenten auBer acht la& ist der Entmischungsstrom nach diesem Modell gleich dem Anteil an leichter Komponente, der in dem schraffiert eingezeichneten Stromfaden enthalten ist und der die Stromflache in Richtung positiver Strom- linienkrummung durchsetzt. Danach ist also auch bei ,,sprunghafter" Umlenkung in einem schragen VerdichtungsstoB ein Entmisehungseffekt in derselben Richtung wie bei stetiger Umlenkung zu e r ~ a r t e n , ~ ) .

b) Exper imente l le Ergebnisse

Im folgenden wird fur frei expandierende, rotationssymmetrische Gasstrahlen der EinfluB der VerdichtungsstoBe auf die Strahlform und auf die Entmischung der Komponenten experimentell untersucht. Bei den Versuchen wurde eine konvergente Duse mit 0,25 mm Miindungsdurchmesser benutzt. Das Dusen- profil und die Profile der konischen Abschalblenden, deren offnungsdurchmesser zwischen 0,6 und 6 mm lagen, waren ahnlich wie bei den Molekularstrahlversuchen (vgl. Bild 9a). Mantel- und Kerngasstrom wurden stets beim gleichen Druck pl abgesaugt. Als Strahlgase wurden das naturliche Gemisch der Argonisotope sowie ein Gasgemisch aus 98 Molprozent H, und 2 Molprozent He verwendet. Alle Gas- oder Isotopenkonzentrationen wurden ma,ssenspektrometrisch bestimmt 2s).

1. Die A'nderung der Xtrahlform beim Ubergang vom gasdynarnischen zum rnolekularen Stromungsverhalten

Zur Ermittlung des Stkomlinienverlaufes wurde jeweils bei konstantem EinlaS- druck und konstantem Expansionsverhaltnis mit verschieden weiten Abschiil-

z4) Nach dem in Bild 14b skizzierten Modell fur die Entmischung in einem schragen Ver- dichtungsstol3 sollte der Entmischungsstrom - wie beim Druckdiffusionsansatz [6, 191 - von der Gasdichte unabhlingig und zum gaskinetischen Wirkungsquerschnitt umgekehrt proportional sein; das folgt daraus, daB alle charakteristischen Langen und damit auch die Breite 13 des schraffierten Stromfadens zur freien Wegllinge proportional, zur Gasdichte und zum Wirkungsquerschnitt also umgekehrt proportional sind. AuDerdem ergibt sich unmittel- bar, daD der Entmischungsstrom mit zunehmender relativer Massendifferenz der Gemisch- komponenten ansteigen wird. 25) Ein wesentlicher Teil der Ergebnisse wird aus der fruheren Untersuchung uber die Um- kehrung der Trenndusenentmischung in uberexpandierten Gasstrahlen ubernommen [ la ] . - Fur die Durchfuhrung der massenspektrometrischen Analysen bin ich den Herren H. HAss, K. MAURER und G. SCHULER zu Dank verpflichtet.

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VerdichtungsstoBe zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform 347

blenden das Abschalverhaltnis in Abhangigkeit vom Abstand Duse/Absch&ler gemessen. Bild 15 zeigt als Beispiel die mit einem Abschiiler von f = 3,35 mm @ erhaltenen Kurven fur Argonstrahlen mit dem Expansionsverhiiltnis po/pl = los bei den EinlaBdrucken p,, = 30, 100, 200 und 500 Torr. Aus den zu verschieden weiten Abschalern gehorenden Meljkurven ergaben sich durch Interpolation die in Bild 16 dargestellten Kurven, die fur konstantes Abschiilverhiiltnis den Ab- schiilerradius f / 2 in Abhangigkeit vom Abstand d zwischen Duse und Abschaler angeben [S]. Die Deutung der Kurven f (d) fur 6 = const. als Stromlinien des ungestorten, frei expandierenden Strahls setzt voraus, da13 der Stromungsverlauf zwischen Duse und Abschaleroffnung durch den Abschaler selbst nicht beeinfluljt wird. Eine der- artige Veranderung des Strahlverlaufes durch den Abschaler kann nicht grund-

d

0.5

I

0 0 5 10 15mm 20 - a

Bild 15. Das Abschalverhaltnis 8 in Abhangigkeit vom Abstand d zwischen DUse und Abschaler fur Argonstrahlen rnit gleichem Expansionsverhaltnis ( p , / p , = 1000) bet verschiedenen Einlaljdrucken p , . Konvergente Diise mit a = 035 mm Miindungsdurchmesser; Abschtilerdurchmesser f = 3,35 mm

skitzlich ausgeschlossen werden ; sie sollte jedoch bei den vorliegenden Versuchen wenig ausmachen, da die statischen Drucke in den RBumen vor und hinter dem Abschiiler gleich waren2e). Fur die folgende Diskussion kann daher angenommen werden, dalj die in Bild 16 gezeigten Kurven den ungestorten Strahlverlauf wieder- geben. Bild 16 zeigt, dalj der Argonstrahl rnit po = 500 Torr sich nach der ersten starken Expansion wieder einschnurt und nach einer zweiten, schwacheren Expansions- phase ungefahr in einen Parallelstrahl ubergeht. Fur po = 200Torr ist eine

26) Aus Schlierenaufnahmen geht hervor, daB unter gasdynamischen Stromungsbedingungen fur Abschiilerabstande d 5 X B keine Beeinflussung der Stromung zwischen Duse und Ab- schiiler vorliegt. Die fur Abschilerabstiinde d 2 XB beobachtete Verschiebung des Ver- dichtungsstoBsystems durch den Abschaler (vgl. Bild 6 und 7) sollte nur d a m zu einer Ver- schiebung der Stromlinien fuhren, wenn gleichzeitig auf Grund einer Druckdifferenz in den RIumen vor und hinter dem AbschLler ein merklicher Gasstrom zwischen Schneide und ab- gelostem VerdichtungsstoB hindurchstromt. Aus Versuchen, bei denen der statische Druck im Raum hinter dem Abschaler variiert wurde, war jedoch zu entnehmen, daB dies offenbar nicht zutrifft, wenn in beiden RLumen gleicher Druck herrscht. Fur den Fall, daB der Ab- schLler in der Unterschallstromung hinter dem Machschen VerdichtungsstoB C& oder in einer weitgehend molekularen Stromung steht, sollte der Stromlinienverlauf durch den Abschiler urn so weniger beeinfluat werden, je schlanker die Abschilerschneide und je kleiner der Anstell- winkel des Abschklers in der Stromung sind. Kontrollmessungen rnit wesentlich schlankeren Abschiilern ergaben innerhalb der Fehlergrenze gleiche Resultate wie Versuche mit den nor- malerweise benutzten AbschLlern [ l a ] .

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348 K. BIER

ahnliche Strahleinschniirung an den Stromlinien 6 = 0,3-0,7 noch deutlich zu erkennen, in groBerem Abstand von der Diise verlauft dieser Strahl jedoch merk- lich divergent. Diese Tendenz verstarkt sich beim nbergang zu noch kleineren EinlaBdrucken : Wahrend fur po = 100 Torr noch eine schwache Andeutung einer Einschnurung zu erkennen ist, verlaufen die Stromlinien fur po = 30 Torr im ganzen untersuchten Entfernungsbereich stark divergent.

4 mm

112

1 2

0 4

mm

f /2

t 2

0 4

mrr

I/ 2

1 2

0 4 , i I I I

f/2

t 2

0 8 10 l2mm 14 0 2 4 6

- d Bild 16. Stromflachen frei expandierender Argonstrahlen (Abschalerradius j / 2 in Abhangigkeit vom Abschaler-

abstand d fur konstantes Abschdlverhaltnis 9) fur verschiedene EinlaBdrucke, bei gleichem Expansions- verhaltnis (p , /p , = 1000). Diisendurchniesser a = 0,25 mm

Bildet man fur diese Argonstrahlen nach Gl. ( 5 ) formal die Knudsen-Zahl hinter dem Machschen VerdichtungsstoB, so erhalt man fur die EinlaBdrucke po = 500, 200, 100 und 30 Torr die Werte i? = 0,03; 0,08; 0,15 und 0,5. Das Auftreten der Strahleinschnurung erfolgt also in demselben Bereich der Knudsen-Zahlen, in dem bei den Molekularstrahlversuchen die Wirkung des VerdichtungsstoBsystems auf die Geschwindigkeitsverteilung festgestellt wurde (s. 0.).

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VerdichtungsstoDe zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform 349

Aus dem Ergebnis der Molekularstrahlversuche ist zu entnehmen, daB das Ver- dichtungsstofisystem in dem Argonstrahl mit p , = 500 Torr bereits weitgehend ausgebildet ist. Der Stromungsverlauf ist in diesem Fall demnach qualitativ folgendermaBen zu erklaren : Mit zunehmender Entfernung von der Dusen- mundung werden zunachst die auReren und dann die weiter innen liegenden Stromflaihen beim Durchsetzen des Ver- dichtungsstooes GI in Richtung auf die Strahlachse umgelenkt (vgl. Bild 14a). Eine Ausnahme machen die innersten Stromflachen(z.B.6=0,9),diedensenk- rechten VerdichtungsstoB GM durch- setzen und dabei nicht umgelenkt wer- den. Sie werden aber in groBerer Ent- fernung von der Diisenmiindung noch durch Druckgradienten beeinfluat, die sich offenbar hinter GM und G2 erge- ben. In 12-14 mm Entfernung von der Duse scheint der Druckausgleich innerhalb des Strahls und mit dem AuBenraum weitgehend abgeschlossen zu sein, wie an dem nahezu parallelen Stromlinienverlauf zu erkennen ist. Die Abweichungen vou dem weitgehend gasdynamischen Stromungsverlauf bei po = 500 Torr, die nach Bild 16 bei den niedrigeren EinlaBdrucken zu beobach- ten sind, wirken sich in zweifacher Weise aus : Einmal reicht die Zahl der Zusam- menstoBe auf dem Strahlweg nicht aus, um die fur gasdynamischen Stromungs- verlauf typische Oberexpansion im Strahlinnern und die Ausbildung der VerdichtungsstoBe zu gewahrleisten. Zum andern wird der Strahlrand, der im rein gasdynamischen Fall eine Dis- kontinuitatsflache mit Geschwindig-

25 I I I

I I

I I 1 50 ,

I I 0 1 2mm 3

Bild 17. Dns Verhaltnis der Stromdichte j zur Strom- dichte in der Dusenmiindung,j*, in Abhangip- keit vom Strilhlradiiis (r = f i e ) fur zwei Quer- schnitte der in Bild 16 dargestellten Argon- strahlen

- r

keits- und Temperatursprung darstellt, bei Erniedrigung der Gasdichte durch Reibung und Warmeleitung ,,aufgeweicht ". Dieser Sachverhalt ist noch deutlicher als am Stromlinienverlauf an den in Bild 17 dargestellten Stromdichteverteilungen zu erkennen, die durch graphische Diffe- rentiation aus den Stromlinienbildern (Bild 16) gewonnen wurden. Zur Nor- mierung wurde die ortliche Stromdichte j auf die Stromdichte in der Dusenmiin- dung, j*, bezogen. Im Abstand d = 5 mm von der Diisenmiindung ist fur p , = 500 Torr ,der Hauptteil des Strahls in einer ringformigen Randzone zusam- mengedrangt, in der die Stromdichte bis zu einem Faktor 4 groRer ist a19 in der Innenzone. Die Innenzone (von w 2 mm B ) entspricht offenbar dem vom Ver- dichtungsstoB GI begrenzten iiberexpandierten Innenbereich 27), wahrend der z7) Das Stromdichteverhaltnis in der Innenzone, j/j* = 1 ,6 . 10-3, ist nur urn den Faktor 1,5 groBer, als es fur diesen Abstand bei isentropem Stromungsverlauf nach der Hyperschall- NLherung zu erivarten ware. Da das Stromdichteverhaltnis fur die Innenzone auch bei Steige-

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350 K. BIER

Anstieg der Stromdichte nach aulien im wesentlichen den Anstieg der Stromdichte in diesem schragen VerdichtungsstoB widerspiegeln durfte. Fur po = 200 Torr findet man noch ein deutliches, aber wesentlich flacheres Maximum der Strom- dichte im mittleren Strahlbereich (6 = 0,4-0,5). Die Stromdichte ist bei diesem Strahl im Innern groBer und fallt zum Strahlrand hin starker ab als bei p,, = 500 Torr, was offenbar rnit der geringeren Oberexpansion im Innern und mit dem grol3eren ReibungseinfluB in der Randzone zu erkliiren ist. Be po = 100 Torr beginnt der Abfall der Stromdichte zum Strahlrand hin bereits im Strahlinnern, niimlich ungefahr bei der Stromflache 6 = 0,8. Im Abstand d = 12 mm ist die Stromdichte fur po = 500 Torr in dem innerhalb der Stromflache 6 = 0,l liegenden Teil des Strahlquerschnittes nahezu konstant. Der Absolutwert von j l j * ist etwa um den Faktor 15 kleiner als der Wert, der sich bei isentroper Expansion fur das auliere Expansionsverhaltnis po/p l = lo3 er- geben wiirde. Da der statische Druck im Strahl in diesem Strahlquerschnitt etwa gleich dem Umgebungsdruck ist (s. o.), mu0 also das Verhaltnis von Stromungs- geschwindigkeit und Strahltemperatur um den Faktor 15 kleiner sein als bei isentroper Expansion. Da bei dem verhaltnismaliig hohen EinlaBdruck kein wesentlieher ReibungseinfluB vorliegen durfte, spiegelt sich in der starken Ver- minderung der kinetischen Energie des StrahIs zugunsten seiner thermischen Energie offenbar hauptsachlich die Wirkung der VerdichtungsstoBe wider.

2. Der raumliche Verlauf der Entmischung

Bild 18a zeigt den Verlauf der Entmischung der Argonisotope Ar36 und Ar40 auf den Stromflachen 6 = 0,l-0,9 des in Bild 16 dargestellten Argonstrahls mit dem EinlaBdruck po = 500 Torr 28). Danach steigt der Elementareffekt mit wachsen- der Entfernung von der Dusenmundung zunlichst an, wechselt nach Durchlaufen eines Maximums das Vorzeichen und behalt in einem weiten Abstandsbereich negative Werte ; dabei wird fur alle untersuchten Stromflachen ein relatives Minimum von d. h. ein Maximum der negativen Entmischung durchlaufen. Das erste Maximum und der Vorzeichenwechsel von erfolgen fur die weiter aul3en liegenden Stromflachen in kleinerem Dusenabstand als fur die weiter innen liegenden. Das Maximum des negativen Trenneffektes fallt fur 6 = 0,l-0,7 un- gefahr mit dem jeweiligen Stromfliichenbauch zusammen. fur 6 = 0,9 wird es dagegen erst in wesentlich grooerem Abstand als der Stromflachenbauch an- genommen. Vergleicht man den Verlauf des Trenneffektes mit dem raumlichen Verlauf der Stromfliichen, so stellt man fest, dali bereits der erste Teil der Umlenkung der Stromflachen zur Achse mit einer Abnahme von d. h. rnit einem negativen Entmischungsstrom verbunden ist. Dieser Befund ist als experimentelle Be- statigung fur den theoretisch erwarteten Entmischungseffekt in einem schragen

rung des EinlaBdruckes auf 1200 Torr innerhalb einer Fehlergrenze von & 5% konstant blieb, ist anzunehmen, daf3 die Expansion irn Innern des Argonstrahls mit p,, = 500 Torr tatsiich- lich weitgehend gasdynamisch verlauft. 28) Der Verlauf des Elementareffektes der Trennung auf den Stromflachen wurde analog zum Stromflachenverlauf durch Interpolation aus MeBkurven gewonnen, die fur verschieden weite Abschaler die Abstandsabhangigkeit des Trenneffektes angeben [6] . Die gestrichelt ein- gezeichnete Fortsetzung der Kurven zu kleinen Dusenabstanden wurde in Anlehnung an fruhere Nessungen des positiven Trenneffektes extrapoliert, vgl. z. B. [6] und [8] .

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VerdichtungsstoBe zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform 351

VerdichtungsstoB anzusehen ; denn, wie bei der Diskussion des Stomungsverlaufes im vorhergehenden Abschnitt gezeigt wurde, ist bei dem hier betrachteten Argon- strahl das ganze VerdichtungsstoBsystem (einschlieBlich &) weitgehend ausge- bildet, die Umlenkung der Stromflachen nach innen sollte also, jedenfalls fur 6 = 0,l-0,7, im VerdichtungsstoB GI beginnen. In Bild 18b ist fur die Argonstrahlen mit den EinlaDdrucken p , = 30, 100, 200 und 500 Torr der Verlauf des Elementareffektes auf der Stromflache 6 = 0,5

t4

C,' 102

1 +2

0

- 2

-4 +2

c, loz

l o -2

-4 0 2 6 6 l2mm 14

-d Bild 18. a) Der Verlauf des Elementareffektes der Trennung der Argonisotope, &A, auf den Stromflachen des in

Bild 16 dargestellten drgonstrahls mit 500 Torr EinlaDdruck. b) Der Verlauf des Elementareffektes der Trennung der Argonisotope, EA, auf der Stromflache 9 = 0,5

fur die in Bild 16 dargestellten Argonstrahlen mit verschiedenen EinlaDdrucken

zusammengestellt. Fur p, = 200 und 100 Torr zeigt die Entmischung einen khn- lichen Verlauf wie in dem bereits diskutierten Fall p , = 500 Torr. Das Maximum der negativen Entmischung ist fur p , = 200 Torr etwas groDer, fur p , = 100 Torr etwas kleiner als fur p,, = 500 Torr2Q). Im Gegensatz dazu ist fur p , = 30 Torr der Trenneffekt im ganzen untersuchten Entfernungsbereich positiv, wobei strom- abwarts von einem flachen Maximum nur eine geringfugige Abnahme von fest-

za) Der Abbau der negativen Entmischung stromabwlirts von diesem Maximum ist fur po = 100 und 200 Torr starker ausgeprggt als fur po = 500 Torr. Das ist im Einklang mit der stirkeren Divergenz dieser Strahlen (vgl. Bild 16). Fur po = 100 Torr ergibt sich dabei im Abstand d = 8,5 mm von der Duse ein zweiter Vorzeichenwechsel von EA (vgl. [ l a ] , Anm. 20).

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352 K. BIER

zustellen ist. Die Tatsache, daB fur po = 30 Torr kein nennenswerter negativer Entmischungsstrom gefunden wird, ist im Einklang damit, da13 in diesem Strahl nach dem Ergebnis der Molekularstrahlversuche und der Stromlinienmessung noch kein merklicher EinfluB der VerdichtungsstoBe und keine uberexpansion im Strahlinnern vorliegen durfte (I?! 0,5).

3. Das Maximum der negativen Entmischung im ubergangsbereich

Da der Grad der Ausbildung des VerdichtungsstoBsystems im ubergangsbereich bei gegebenem Dusendurchmesser vom EinlaBdruck und vom Expansionsver- haltnis abhangen sollte, wurde fur verschiedene Expansionsverhaltnisse ( p o / p , = = 1000, 400, 160 und 50) die Abhangigkeit des iiegativen Trenneffektes vom

0

€A lo2

t - 2

- 4 0.75

i 0 50

0125 0 500 1000 Torr 15W 0 500 wr loo0 - Po - 4

Bild 19. Das Abschiilverhaltnis 6 und der Elementareffekt der Trennung der Argonisotope, EA. in Abhangigkeit vom EinlaDdruck p , fur Argonstrahlen niit den Espansionsverhaltnissell p J p , = 1000, 400, 160 und 50 bei jeweils konstanter AbschLlgeonietrie

EinlaBdruck ermittelt. Zur Verminderung des Versuchsaufwandes wurde fur jedes Expansionsverhaltnis eine feste, geeignet ausgewahlte AbschSilgeometrie eingestellt 30) und die Abhangigkeit des Abschalverhaltnisses 6 sowie des Ele- mentareffektes ca vom EinlaBdruck gemessen (Bild 19). Fur eine gasdynamische Expansion ist bei konstantem Expansionsverhaltnis eine vorn Absolutdruek unabhangige Strahlform, im vorliegenden Fall also ein von po unabhangiges Abschalverhaltnis zu erwarten. Dagegen durchlaufen die 6-Kurven des Bildes I9 bei den Expansionsverhaltnissen 160, 400 und 1000 aus- gepragte Minima und erreichen erst beiEinlaBdrucken uber 600,800 bzw. 1OOOTorr einen annahernd konstanten Verlauf . Die Verkleinerung des Abschiilverhaltnisses

ao) Die Abschalgeometrie wurde so gewahlt, daB das Abschalverhaltnis im mittleren Strahl- bereich lag (8 m 0,4-0,6). Um dabei jeweils das Maximum des negativen Trenneffektes in der Umgebung des Stromflachenbauches zu erfassen, muaten der Abstand Diise/Abschaler sowie der Abschalerdurchmesser uiigefahr proportional zu i p x vorlindert nerden (vgl. Bild 3 und 11).

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VerdichtungsstoDe zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform 353

mit steigendem EinlaBdruck, links vom Minimum, beruht darauf, dafi sich der Strahl beim Obergang von einer weitgehend molekularen, divergenten Aus- stromung zur gasdynamischen Stromungsform zunachst merklich zusammen- zieht (vgl. Bild 16). Die Zunahme von B mit steigendem Druck, rechts vom Mini- mum diirfte darauf zuruckzufuhren sein, daW in diesem Druckbereich die uber- expansion im Strahlinnern zunimmt und daB die Tiefe der Verdiehtungsstofizone von GI mit steigender Gasdichte abnimmt. Beim Expansionsverhaltnis 50 uber- lagern sich die beiden Einflusse offenbar gerade so, daB kein Minimum des Ab- schalverhaltnisses zustande kommt. Der negative Trenneffekt durchlauft in allen Fallen ein Maximum, das fur die Expansionsverhaltnisse 1000, 400 und 160 nahezu mit dem Minimum des Ab- schalverhaltnisses zusammenfdlt. In der folgenden Tabelle sind fur die EinlaB- drucke p: , die zu den Maximalwerten des negativen Trenneffektes gehoren, die nach G1. ( 5 ) gebildeten I?-Werte zusammengestellt :

%/PI 1000 400 160 50 300 220 150 95

0,052 0,047 0,046 0,045

Man erkennt, daB das Maximum der negativen Entmischung fur alle untersuchten Expansionsverhaltnisse ungefahr beim gleichen I?-Wert ( m 0,05) erreicht wird. Wie aus den Molekularstrahlversuchen und der Diskussion des Stromungsver- laufes hervorging, sind unter dieser Bedingung die VerdichtungsstoBe des frei expandierenden Strahls bereits weitgehend ausgebildet, wenn sie auch noch nicht die volle Wirkung wie im rein gasdynamischen Fall besitzen diirften. Die Tatsache, daB das Maximum der negativen Entmischung im Obergangs- bereich angenommen wird, ist genauso wie beim positiven Trenneffekt zu er- klaren [6 ,19] : Bei gasdynamischem Strahlverlauf ist der Entmischungsstrom vom Absolutdruck unabhangig (vgl. FuBnote 24), der zu entmischende Gesamtstrom aber zu po proportional. Daher steigt der Betrag des Trenneffektes in dem Druck- bereich mit annahernd gasdynamischem Strahlverlauf bei fallendem EinlaBdruck monoton an. Bei weiter abnehmendem EinlaBdruck ergibt sich mit der zunehmen- den Abweichung vorn gasdynamischen Strahlverlauf (Abschwachung der Ver- dichtungsstoBwirkung, divergenter Stromflachenverlauf, s. 0.) eine Abnahme des negativen Entmischungsstromes, was zu einem Maximum der Entmischung im ubergangsbereich fuhrt 31). Durch Vergleich der Entmischung der Argonisotope in einem reinen Argonstrahl mit der Entmischung von H, und He4 in einem Gemisch aus 98% H, und 2% He sollte ein qualitativer Oberblick uber den EinfluB des Wirkungsquerschnittes und der relativen Massendifferenz auf die Druckabhangigkeit des negativen Trenn- effektes gewonnen werden. Wie Bild 20 zeigt, stimmt der allgemeine Kurvenlauf fur die p,-Abhangigkeit von und 6 bei gleichem Expansionsverhaltnis und gleicher Abschalgeometrie fur beide Strahlgase weitgehend uberein. Der Unter- schied in dem zum Maximum der negativen Entmischung fuhrenden EinlaBdruck

sl) Der Maximalwert des negativen Trenneffektes nimmt, wie Bild 19 zeigt, rnit fallendem Expansionsverhflltnis ab. ZIGAN hat darauf hingewiesen, daB eine solche Abnahme schon auf Grund der Rotationssymmetrie der verwendeten Strahlen zu erwarten ist [ I9 ] . Daneben spielt moglicherweise auch eine Rolle, daD mit abnehmendem Expansionsverhaltnis die Um- lenkung der Stromlinien im VerdichtungsstoB GI schwflcher wird.

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354 K. BIER

p l ist im wesentlichen mit dem Unterschied im Wirkungsquerschnitt beider Strahl- gase zu erklaren ; denn die zugehiirige charakteristische Knudsen-Zahl ist beim H,-He-Gemisch mit K = 0,042 nur wenig kleiner als beim Argon (0,047). Fur gleiche Knudsen-Zahl stimmen die Elementareffekte beider Gase nach Bild 20 ungefahr uberein, wenn man sie wie beim Druckdiffusionsansatz auf die relative Massendifferenz bezieht, die beim H2-He-Gemisch um den Faktor 9,8 groBer ist als beim Argon.

- Po Bild 20. Das Abschalverhaltnis 4 und derlilenientueffekt der Trennung, eA, in Abhangigkeit vom Einlaljdruck p ,

fur einen HJHe-Strahl und einen Argonstrahl bei konstantem Expansionsverhaltnis ( p o / p , = 400) und konstanter Abschalgeometrie (f = 2,2 mm; d = 3,5 mm)

Der negative Trenneffekt zeigt demnach die gleiche Abhangigkeit von der Gas- dichte, vom gaskinetischen Wirkungsquerschnitt und von der relativen Massen- differenz, wie sie fur den positiven Trenneffekt im Rahmen der ersten Niiherung der Gaskinetik aus dem Druckdiffusionsansatz hergeleitet wurde (vgl. [S, 191). Das ist deshalb bemerkenswert, weil der negative Trenneffekt im wesentlichen auf die entmischende Wirkung eines schragen VerdichtungsstoSes zuruckzufuhren ist und daher die erste Naherung der Gaskinetik eigentlich nicht mehr anwendbar sein sollte. Damit ergibt sich die interessante Frage, inwieweit Diffusionsvorgange in VerdichtungsstoBen, d. h. in Stromungsgebieten mit starker Bnderung der Verteilungsfunktion pro freie Weglange, noch mit dem Diffusionsansatz der ersten Niiherung der Gaskinetik zu beschreiben sind. Diese Frage ist Gegenstand einer noch nicht abgeschlossenen Untersuchung, bei der neben den Eigenschaften der zu entmischenden Gaskomponenten auch die Starke des VerdichtungsstoBes variiert werden kann.

Zusammenfassung

Aus der Messung der Geschwindigkeitsverteilung des aus einem frei expandieren- den Oberschallstrahl ausgeblendeten Molekularstrahls folgt, daB sich die Wir- kung eines in diesem Oberschallstrahl enthaltenen VerdichtungsstoSes auf die Geschwindigkeitsverteilung bei Verminderung der Gasdichte oder des Strahl-

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VerdichtungsstoSe zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform 355

durchmessers (VergroBerung der Knudsen-Zahl) nur wenig andert, solange das Verhaltnis aus Tief e der StoBzone und Langsausdehnung des VerdichtungsstoBes noch kleiner als m 0,5-1 i ~ t ~ ~ ) . Bei weiterer VergroBerung der Knudsen-Zahl um etwa eine GroBenordnung verschwindet die Wirkung des VerdichtungsstoBes auf die Geschwindigkeitsverteilung . Aus der Untersuchung des Strahlverlaufs und der Trenndiisenentmischung der Argonisotope in frei expandierenden Argonstrahlen folgt, daB in einem schriigen Verdichtungsstoa eine partielle Entmischung verschieden schwerer Komponenten auftritt, die im Obergangsbereich zwischen gasdynamischer und molekularer Stromungsform ein Maximum erreicht. Bei Aufteilung der Stromung hinter dem VerdichtungsstoB ergibt sich zwischen den beiden Teilstromen eine Hiiufigkeits- verschiebung der Argonisotope von der GroBenordnung der halben relativen Massendifferenz. Ein Vergleich des Trenneffektes fur die Argonisotope und fur ein H,-He-Gemisch zeigt, daB der durch den VerdichtungsstoB verursachte Ent- mischungsstrom nicht nur dieselbe Richtung, sondern auch dieselbe Abhiingigkeit von der Gasdichte, vom gaskinetischen Wirkungsquerschnitt und von der rela- tiven Massendifferenz der Komponenten hat, wie sie im Rahmen der ersten Naherung der Gaskinetik zu erwarten wiiren. Das ist bemerkenswert, weil sich die Verteilungsfunktion in VerdichtungsstoBen auf wenigen freien Weglangen stark iindert, wahrend bei der Beschrankung auf die erste Naherung der Gaskinetik kleine dnderungen der Verteilungsfunktion pro freie Weglange vorausgesetzt werden. Herrn Prof. Dr. E. W. BECKER danke ich fur die Forderung dieser Arbeit und fur anregende Diskussionen. Friiulein B. GEBAUER danke ich fur die Hilfe bei der Durchfuhrung und Auswertung der Messungen.

Literatur

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32) Der Zahlenwert dieses Verhiiltnisses hiingt von der Moglichkeit zum Impuls- und Energie- austausch durch die seitliche Berandung des betrachteten VerdichtungsstoBes ab. Das vor- liegende Ergebnis kann also nur unter Berucksichtigung dieses Gesichtspunktes auf andere Stromungsprobleme iibertragen werden.

Page 32: Zur Wirkung von Verdichtungsstößen im Übergangsbereich zwischen gasdynamischer und molekularer Strömungsform

356 K. BIER

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Verlag, Darmstadt (1959).

Erratum

Z. KOBA, Recent Theoretical Considera,tions on Ultra High Energy Nuclear Collisions

1. p. 154, lines 7-8, should read: (3) Angular distribution (expressed in log tan elag plot).

For small angles, 8 2 t an 0 CI 2 t an - = 27'c t an Olab.

Thus d (log tan O j a b ) d (log tan 0) d i;l

dn d n x , , cosh(6, - ( j - 1) S)

2. p. 154, the footnote 03) is cancelled.

Herausgeber: Prof. Dr. Eudolf Ritschl und Prof. Dr. Robert Rompe; Manuskripte sind zu richten an die Schrift- leitung : 11. Physikalisches Institut der Humboldt-Universitat Berlin, Berlin N 4, Hessisohe Str. 2. Verlag : Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8, Leipziger Str. 3-4, Fernrof 220441, Telex-Nr. 011773, Postscheckkonto: Berlin 35021. Die Zeitschrift ..Portschritte der Physik" erscheint monatlich; Bezugspreis diesea Heftes DM 6,-. Bestellnummer dieses Heftes: 1027/11/8. - Satz und Druck: Druckhaus ,,Maxim Gorki", Altenburg, Bes. Leipzig, Carl-von-Ossietzky-Str. 30-31. - Veroffentlicht unter der Lizenznummer 1324 des Pressearntes beim Vorsitzenden des Ministcrra tes dcr Deiitschen Dcmokratischen Republik. - Alleinige Anzeigenannahme DEWAG-Werbong, Berlin C 2 , Rosenthuler StraOe 28/31 und nlle DEWAG-Botriebe in den Bezirksstadten der

DDR.