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Ulrich Marzolph Zur Lage der Erzählforschung im nachrevolutionären Iran 1 Die iranische Revolution von 1979 wird im Bewußtsein der Weltöffent- lichkeit hauptsächlich mit dem Sturz einer Dynastie assoziiert, die - wie man aus der heutigen Distanz feststellen kann - insbesondere von der westlichen Regenbogenpresse geschätzt wurde. Deutsche Blätter ver- herrlichten sie mit einer solchen Inbrunst, daß ironischerweise zeitgleich mit dem Umsturz - den seinerzeit kaum jemand für möglich, noch über- haupt erwägenswert gehalten hatte - ein satirisches Buch mit "Doku- menten aus der Regenbogenpresse" den iranischen Herrscher als "der letzte deutsche Kaiser" apostrophierte. 2 Die Revolution hinterließ ihre nachhaltigsten Spuren im westlichen Bewußtsein während der vielen Monate, in denen das Geiseldrama in der amerikanischen Botschaft in Teheran andauerte. Schlagworte wie "(Re-)Islamisierung", "Theokratie", "Feindbild Islam" 3 und ähnliche beherrschen, durch die Ereignisse in Iran initiiert, noch Mitte der 90er Jahre die politische Diskussion. Die Ein- stellung breiter Bevölkerungsschichten wird darüber hinaus treffend wi- dergespiegelt von dem immensen Verkaufserfolg, den Betty Mahmoodys, als authentisches Erlebnis ausgegebener Roman Nicht ohne meine Tochter seit 1987 hatte - dies bezeichnenderweise wiederum besonders in Deutschland 4 Nach der Revolution hatte sich die politische Führung Irans zunächst dafür entschieden, Kontakte mit dem Westen auf den verschiedenen be- troffenen Ebenen einzufrieren, und sich damit weitgehend in eine selbstge- wählte Isolation begeben. Unbewußt und ungewollt stellte sich das Land damit als eine paradigmatische Leinwand für westliche Projektionen zur Verfügung - dies allerdings keineswegs ein deutsches Phänomen, sondern eher als moderne Auswirkung eines letztlich bis auf die Zeiten der hel- lenistischen Antike zurückgehenden Orientalismus. 5 Seit der Revolution von 1979 sind mehr als eineinhalb Jahrzehnte vergangen. Trotz unter- schiedlich begründeter kritischer Stimmen im Lande und außerhalb hat sich das seither etablierte politische und gesellschaftliche System als stabil erwiesen. So scheint es an der Zeit, neben intensiven Handreichungen auf hochschulpolitischer und wissenschaftlicher Ebene auch eine Art Bilanz zu ziehen darüber, welche Konsequenzen die Ereignisse für die iran- kundliche Forschung haben. Wenn im folgenden die Lage der Erzähl-

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Ulrich Marzolph

Zur Lage der Erzählforschung im nachrevolutionären Iran 1

Die iranische Revolution von 1979 wird im Bewußtsein der Weltöffent­lichkeit hauptsächlich mit dem Sturz einer Dynastie assoziiert, die - wie man aus der heutigen Distanz feststellen kann - insbesondere von der westlichen Regenbogenpresse geschätzt wurde. Deutsche Blätter ver­herrlichten sie mit einer solchen Inbrunst, daß ironischerweise zeitgleich mit dem Umsturz - den seinerzeit kaum jemand für möglich, noch über­haupt erwägenswert gehalten hatte - ein satirisches Buch mit "Doku­menten aus der Regenbogenpresse" den iranischen Herrscher als "der letzte deutsche Kaiser" apostrophierte.2 Die Revolution hinterließ ihre nachhaltigsten Spuren im westlichen Bewußtsein während der vielen Monate, in denen das Geiseldrama in der amerikanischen Botschaft in Teheran andauerte. Schlagworte wie "(Re-)Islamisierung", "Theokratie", "Feindbild Islam"3 und ähnliche beherrschen, durch die Ereignisse in Iran initiiert, noch Mitte der 90er Jahre die politische Diskussion. Die Ein­stellung breiter Bevölkerungsschichten wird darüber hinaus treffend wi­dergespiegelt von dem immensen Verkaufserfolg, den Betty Mahmoodys, als authentisches Erlebnis ausgegebener Roman Nicht ohne meine Tochter seit 1987 hatte - dies bezeichnenderweise wiederum besonders in Deutschland4

Nach der Revolution hatte sich die politische Führung Irans zunächst dafür entschieden, Kontakte mit dem Westen auf den verschiedenen be­troffenen Ebenen einzufrieren, und sich damit weitgehend in eine selbstge­wählte Isolation begeben. Unbewußt und ungewollt stellte sich das Land damit als eine paradigmatische Leinwand für westliche Projektionen zur Verfügung - dies allerdings keineswegs ein deutsches Phänomen, sondern eher als moderne Auswirkung eines letztlich bis auf die Zeiten der hel­lenistischen Antike zurückgehenden Orientalismus.5 Seit der Revolution von 1979 sind mehr als eineinhalb Jahrzehnte vergangen. Trotz unter­schiedlich begründeter kritischer Stimmen im Lande und außerhalb hat sich das seither etablierte politische und gesellschaftliche System als stabil erwiesen. So scheint es an der Zeit, neben intensiven Handreichungen auf hochschulpolitischer und wissenschaftlicher Ebene auch eine Art Bilanz zu ziehen darüber, welche Konsequenzen die Ereignisse für die iran­kundliche Forschung haben. Wenn im folgenden die Lage der Erzähl-

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forschllllg im nachrevolutionären Iran skizziert wird, so ist also damit vor allem der Gedanke verblUlden, Zustände von allgemeinem Interesse in ihren Auswirkungen auf ein spezifisches lllld hochsensibles Feld islam­kundlicher Forschllllg zu lllltersuchen.

Um den Stellenwert der Revolution von 1979 angemessen einschätzen zu können, ist es sinnvoll, sich ins Bewußtsein zu rufen, daß Iran im Lauf des Zwanzigsten Jahrhllllderts weitere wichtige Phasen durchlebt hat, die jeweils zentrale Neubewertllllgen politischer, gesellschaftlicher lllld so­zialer Wertigkeiten zur Folge hatten. Zu Beginn des Jahrhllllderts war die zerbröckelnde Herrschaft der Qadscharen-Dynastie von einer konstitutio­nellen Bewegllllg begleitet, der demokratische Ideale lllld ein inspirie­render Erfahfllllgsaustausch mit dem Westen ein wichtiges Anliegen waren. Diese Bewegllllg wurde jedoch durch den Staatsstreich des später als Re~Hi Sah gekrönten Offiziers jäh beendet. Dieser begründete die kri­sengeschüttelte lllld kurzlebige Dynastie der Pahlavis, die letztlich nur aus Vater lllld Sohn bestand. Ihr Ziel war es, Iran innerhalb kürzester Zeit aus dem Status einer von Stammes- lll1d Beziehllllgsstrukturen geprägten bäuerlichen Gesellschaft zu einem modernen Staatswesen zu entwickeln, das mit llllkritischer Übernahme westlicher Maßstäbe lllld diktatorischer Vernachlässigllllg traditioneller Wertigkeiten den ihm zustehenden Platz als konkurrenzfähige Industrienation innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft einnehmen sollte. Ihre überzogenen Ambitionen führten zu der iranischen Revolution von 1979, bei der große Anteile der Bevölkefllllg Zllllächst den Sah dazu brachten, das Land zu verlassen, sodann die letzte von ihm eingesetzte Regiefllllg zur Aufgabe zwangen lllld sich schließlich in einer Volksabstimmllllg für die Einrichtllllg einer islamischen Republik entschieden.

Die Frage, inwieweit die Revolution von 1979 tatsächlich als "islamisch" zu bezeichnen ist, wird seither heftig lllld kontrovers diskutiert. Dies nicht nur im Ausland, wo bedeutende Bevölkefllllgsgruppen iranischer Staats­bürger leben6, sondern auch lllld vor allem im Land selbst, wo die der­zeitigen Umstände den politischen Diskurs reglementieren. Andererseits besteht wenig Zweifel darüber, daß die Ereignisse von 1979 eine Revolution im ursprünglichen Sinn des Wortes darstellten: Sie bewirkten nicht nur die endgültige Abschaffllllg des monarchischen Herrschafts­systems in Iran, sondern führten auch zur Einsetzllllg eines neuen Wertesystems. Die Führer der mittlerweile als permanente Institution etablierten Islamischen Revolution, zlUlächst Ayatollah ljomeini, heute Ayatollah Ijamene:li, haben sich immer schon eindeutig zu ihrem grund-

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legenden Ziel geäußert, die Anwendung islamischer Regeln in allen Le­bensbereichen zu verwirklichen. Dieses Ziel das aus der heutigen Perspektive schon wieder ein historisches Phänomen darstellt, hat die Ent­wicklung in Iran seither maßgeblich bestimmt.

Betrachtet man die Revolution von 1979 als vielleicht das entscheidenste Ereignis in der iranischen Geschichte des Zwanzigsten Jahrhunderts, so stellt sich - nicht nur aus dem Blickwinkel der Erzählforschung - die Frage, inwieweit das Ereignis das Forschungsobjekt wie auch das Forschungsfeld beeinflußt hat. Auch hier ist es zunächst angebracht, sich die entsprechende Entwicklung vor der Revolution in Erinnerung zu rufen.?

Die Erzählforschung in Iran war vor der Revolution im wesentlichen von zwei Strömungen beherrscht, einer mehr privaten und einer mehr offi­ziellen. Erstere bestand in den Aktivitäten des im September 1993 ver­storbenen Seyyid Abolqasem Endjavi Sirazi, der im staatlichen Rundfunk arbeitete und dort mit Hilfe zahlreicher Mitarbeiter und tausender Bei­träger aus allen Regionen des Landes ein umfangreiches Archiv zu zahl­reichen Aspekten iranischer Folklore zusammentrug, das auch einige hunderttausend Texte traditioneller Erzählungen umfaßt. 8 Letztere be­stand hauptsächlich aus den offiziellen Aktivitäten des auf eine Gründung von 1958 zurückgehenden Nationalen Zentrums für Ethnologie und Folklore (Markaz-e melli-ye pazhuhesha-ye mardom-senasi va farhang-e Camme), dessen Sammel- und Publikationsaktivitäten in der Mitte der 70er Jahre ihren Höhepunkt erreichten.9 Beide Strömungen wurden ideell und materiell unterstützt von Kaiserin Faral), die sich persönlich dafür engagierte, im Oktober 1977 einen ersten internationalen Kongreß für iranische Folklore (MadjmaC-e beinolmellali-ye farhang-e Camme-ye Iran) in Isfahan abzuhalten. 10 Abgesehen von den wissenschaftlichen Aktivi­täten kann davon ausgegangen werden, daß sich die aktive Erzählkunst in Iran vor der Revolution außerordentlicher Beliebtheit erfreute, obwohl Folkloristen davor warnten, daß sie unter heftigem Druck stehe, nicht zuletzt seitens der modernen Kommunikationsmedien. 11

Das Ereignis der Revolution brachte zwangsläufig zunächst einen Ab­bruch aller vorherigen kulturwissenschaftlichen Aktivitäten mit sich, und ein Neuanfang ist aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen erst nach gründlicher Evaluierung und Neubewertung möglich. Was genau vor sich ging, ist aus der heutigen Perspektive ziemlich schwierig zu beur­teilen, da einerseits nach wie vor selbständig von Ausländern betriebene

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geisteswissenschaftliche Forschlll1g in Iran nicht liDbedingt ermutigt wird tu1d andererseits verbindliche offizielle Richtlinien für zulässige For­schungsaktivitäten auf dem Gebiet der Folklore nicht erhältlich sind. In diesem Zusammenhang ist es bezeichnend, daß die iranistische Erzähl­forschlll1g zwar eine der ganz wenigen islamkundliehen Fachdisziplinen ist, für die ein eigener historischer Forschtu1gsüberblick vorliegt12, daß besagte Arbeit - ursprünglich eine mindestens fünf Jahre nach der Revolution erstellte Dissertation an der University of California in Los Angeles - das Ereignis der Revolution weder erwähnt noch seine Aus­wirklU1g auf die weitere Entwickltu1g des Forschtu1gsgebietes analysiert. Im übrigen zieht es auch der vor kurzer Zeit vorgelegte (vorläufig) letzte Band der "Cambridge History of Iran" vor, den historischen tu1d kulturgeschichtlichen Überblick mit der Revolution zu beenden. 13 Es ist bedauerlich, daß auf dem Gebiet der Erzählforschlll1g hierdurch einerseits die Chance verpaßt wurde, einen Ausblick auf die lU1mittelbare zeitge­nössischen Aktivitäten zu vermitteln, lll1d andererseits implizit der Ein­druck von Kontinuität geweckt wird. Die folgenden BemerkliDgen basieren auf mehreren Forschtu1gsaufenthalten in Iran in den vergangeneo Jahren sowie auf einer intensiven Sichtlll1g erhältlicher SeklU1därliteratur.

Nach der Revolution herrschte in dem entstandenen Machtvakuum zu­nächst eine kurze Periode liDeingeschränkter Pressefreiheit, mit der Durchsetztu1g neuer BestimmliDgen allerdings kam die Veröffentlichtu1g von Monographien auf dem Gebiet der Erzählforschlll1g fast völlig zum Stillstand. Die von Endjavi Sirazi eingerichtete Serie von Folkloretexten Gandjine-ye farhang-e mardom wurde nicht weiter fortgeführt. Zu deren erstem Band von Volkserzähltu1gen war zwar noch kurz nach der Revolu­tion eine auf mehr als das Doppelte erweiterte Neuauflage erschienen14;

die vorbereiteten Texte für eine revidierte Fasstu1g des zweiten Bandes wurden aber nicht mehr zum Druck gegeben. Es dauerte letztlich knapp ein Jahrzehnt, bis die Reihe mit Bänden eines Schülers ihres Begründers, Seyyid AJ:unad Vakiliyan, zu Sprichwörtern tu1d der Folklore des Fasten­monats Ramadan wieder belebt wurde. 15 Etwa sieben Jahre nach der Re­volution erschien ein knapper Überblick zur folkloristischen Forschtu1g in lran16, der allerdings ebensowenig wie die fast zeitgleiche Arbeit von Radhayrapetian die Entwickltu1g seit der Revolution berücksichtigt; der Autor dieser Darstelltu1g erläutert die grtu1dlegende Terminologie von Kulturwissenschaft tu1d Folklore tu1d bespricht die relevanten Veröffent­lichlll1gen, enthält sich aber weitestgehend analytischer oder wertender Äußeflll1gen. Kaum ein halbes Dutzend wissenschaftlich anspruchsvoller Sammltu1gen traditioneller Volkserzähltu1gen scheint seit 1979 veröffent-

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licht worden zu sein, deren erste mir vorliegende von 1988 datiert. 17 Auf der anderen Seite hat die Verfügbarkeit westlicher Sekundärliteratur zur Folklore und Erzählforschung, die vor der Revolution praktisch nicht existierte, seit etwa 1985 erheblich zugenommen. Insbesondere Werke mythologischer und strukturalistischer Orientierung liegen derzeit in Übersetzung vor, so von Marguerite Loeffler-Delachauxl 8, Mircea Eliade19 und Vladimir Propp20; auch der typologische Zugang der vergleichenden Erzählforschung ist mittlerweile in persischer Sprache zugängig21 . Daneben wurden auch einigeneuere volkskundlich orientierte Überblicksarbeiten zu einzelnen Regionen publiziert, die teilweise Ab­schnitte zu traditionellen Volksüberlieferungen enthalten22 .

Was die institutionellen Aktivitäten auf dem Gebiet der Erzählforschung betrifft, so ist zunächst festzustellen, daß das Nationale Zentrum für Ethnologie und Folklore nicht mehr existiert. Es wird zwar noch Mitte der 80er Jahre als Herausgeber einer dreibändigen Sammlung volkskundlicher Aufsätze angeführt23 , ist aber wohl kurz danach in der 1986 gegründeten Organisation für das kulturelle Erbe des Landes (Sazmä.n-e mira!-e farhangi-ye kesvar) aufgegangen24 . Diese stark zentralisierte Institution ist für eine Vielzahl kultureller Aktivitäten zuständig, wozu nach der eigenen Definition wissenschaftliche Forschung in den Bereichen Archäo­logie, EthnographieNalkskunde und traditionelles Kunsthandwerk ebenso gehört wie die Bestimmung und Restaurierung baulicher oder die Wieder­belebung ideeller kultureller Werte. Die Institution, die ursprünglich dem Ministerium für Kultur und Erziehung unterstellt war, ist seit 1372/1993 dem Ministerium für Kultur und islamische Leitung zugeordnet, einem Ministerium, das letztlich für die Überprüfung jeglicher kultureller Aktivitäten hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit den gegebenen islami­schen Wertvorstellungen zuständig ist. Innerhalb der Sazmä.n-e mira!-e farhangi stellt die Erzählforschung einen von mehreren Zuständigkeits­bereichen der Ethnographischen/Ethnologischen Abteilung (Pazhuhesha­ye mardom-senasi) dar. Eines der größten relevanten Unternehmen dieser Abteilung nach der Revolution besteht in der Erstellung eines allgemeinen Überblicks zur iranischen Folklore, für den die Datenerhebungen durch eigens von der Organisation ausgebildete Studenten in allen Provinzen des Landes erhoben werden. Die Datenerhebung zur Erzählforschung ist mit dem Jahr 1373/1994-95 abgeschlossen, und einige Bände mit Volkser­zählungen befinden sich bereits im Druck.

Die einzige andere größere Institution auf dem Gebiet der Erzähl­forschung ist das von Endjavi Sirazi begründete und von ihm Muze-ye

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farhang-e mardom benannte Archiv, das nach wie vor der Forschungs­abteilung (Markaz-e tal;lqiqat va mo!aleCat va sandjes-e barname) des staatlichen Rundfunks (~eda va sima-ye Djomhuri-ye eslami-ye Iran) unterstellt ist. Relevante äußere Aktivitäten nach der Revolution sind nicht erkennbar, allerdings haben die wenigen verbliebenen Mitarbeiter durch verschiedene Prozesse der Systematisierung das Archiv in vorbildlichem Maße erschlossen. Die Manuskriptsammlung des Muze-ye farhang-e mardom ist mit der betreffenden Abteilung im September 1994 in ein zentrales Gebäude an der Mo!ahhari-Straße (vormals Tabt-e TPus) umgezogen. Eine Reihe intensiver Gespräche mit der Leitung der Ab­teilung lassen es als fraglich erscheinen, ob man sich der großen Verant­wortung bewußt .ist, die das Archiv für alle Bereiche folkloristischer Forschung in Iran darstellt. Bislang ist keine der von den Mitarbeitern aus dem Material des Archivs erstellten Forschungsarbeiten veröffentlicht worden, und weiterreichende Pläne zu einer systematischen und dauer­haften Konservierung sowie wissenschaftlichen Aufarbeitung des Archivs in internationaler Zusammenarbeit, denkbar etwa unter Schirmherrschaft der Unesco, lassen sich offenbar nur zögerlich realisieren. Immerhin werden die Folklore-Texte seit kurzer Zeit wieder aktiv genutzt, indem sie gesichtet und auf ihre Verwertbarkeit für die Erstellung von Rundfunk­oder Fernsehsendungen geprüft werden.

Die bisherige Schilderung verdeutlicht, daß sich die Situation der Erzähl­forschung im nachrevolutionären Iran am ehesten anhand einer Auf­zählung ihrer Defizite erläutern läßt. Die vor der Revolution regen Aktivi­täten wurden beendet und nicht - oder zumindest noch nicht - durch ange­messene Nachfolge-Aktivitäten ersetzt. Auf der anderen Seite ist aber nach wie vor davon auszugehen, daß die traditionelle Erzählkunst sich großer Beliebtheit erfreut, obwohl sie mehr als vorher der Privatsphäre zugeordnet sein mag.

Eine derartige Einschätzung der Sachlage läßt Fragen aufkommen: An erster Stelle wird man nach den Rahmenbedingungen fragen, die den der­zeitigen Zustand des Faches bestimmen. Die positive Antwort, wie sie von verantwortlicher offizieller Seite gegeben wird, ist die, daß der Islam alle Lebensbereiche bestimmen soll. Die iranische Bevölkerung soll in einem Geist erzogen werden, der es ihr zur selbstgewählten inneren Ver­pflichtung macht, freiwillig und hingebungsvoll eine islamische Lebens­einstellung zu verwirklichen. Nicht nur deutsche Forscher, die durch die individuelle Erfahrung ihres Landes auf eine besondere Art sensibilisiert sind, werden sich bei einer solchen Zielsetzung an Modelle erinnert

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fühlen, wie sie etwa in der Diskussion um nationalistische oder soziali­stische Ideale thematisiert worden sind. Geht es doch um die planvolle Verwirklichung eines Menschenbildes und mehr noch einer Sozial­ordnung, wie sie bislang in der Zielgruppe nicht verankert sind. Es geht also nicht nur um die Durchsetzung neuer Idealvorstellungen, sondern primär um die Überzeugung der Betroffenen, sich die propagierten Ideale selbst zu eigen zu machen und sich um ihre weitere Umsetzung zu be­mühen. Im iranischen Fall nutzt man dabei intelligent bereits vor der Revolution erfolgreich erprobte Mechanismen der gesellschaftlichen Er­ziehung, indem man ihre jetzt anders bewerteten Inhalte gleichzeitig durch solche ersetzt, die den derzeitigen Wertvorstellungen entsprechen25 .

Will man von solchen allgemeineren Erwägungen wieder den engeren Bezug zur Erzählforschung herstellen, so ist das Beispiel traditioneller Erzählstoffe in den iranischen Schulbüchern besonders aufschlußreich26

Die Lese- und Schreiblernbücher der ersten Schulstufe enthielten vor der Revolution hauptsächlich drei Arten von Texten: Erstens epische Texte mit einer engen Verbindung zur persischen Geschichte, wie diejenigen aus dem Nationalepos, dem /fah-name; zweitens Fabeln von allgemein moralischer Natur, teilweise dem Korpus der klassischen persischen Literatur entlehnt; und drittens traditionelle Volkserzählungen oder Kunst­märchen, die aus Quellen unterschiedlicher Herkunft adaptiert waren. Nach der Revolution wurden die Texte mit vorherrschend nationalem oder internationalem Charakter ausgeschieden. Sie wurden durch Geschichten ersetzt, die moralische oder religiöse Werte propagierten, wie diejenige über die Freundschaft eines iranischen und eines palästinensischen Schul­Jungen.

Allgemein ist hierbei anzumerken, daß traditionelle persische Volks­märchen nie einen wesentlichen Bestandteil des narrativen Repertoires der erzieherischen Literatur darstellen, weder vor der Revolution noch danach. Im Gegenteil: lange Zeit schienen Erzählungen allzu offen­sichtlich "populären" Charakters nicht nur zur Nichtbeachtung herauszu­fordern, sondern geradezu zur "Verbessenmg", wie etwa das Beispiel der ins Persische rückübersetzten Texte der talentierten Erzählerio Masdi Galin IJä.nom zeigt27 : Deren Erzählungen waren, von dem britischen Journalisten L. P. Elwell-Sutton in den 40er Jahren nach ihrem münd­lichen Vortrag gesammelt, von ihm in Auswahl, anderer Zusammen­stellung und starkem stilistischen Eingriff in englischer Sprache als Kinderbuch veröffentlicht worden; ein persischer Freund des Sammlers (und der Erzählerin) hielt diese Märchen für so gelungen, daß er sie in die

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persische Sprache rückübersetzte- und sein Werk wurde sogar noch 1962 als vorbildliche Märchensammlung für Kinder und Jugendliche auf den Markt gebracht! Die Propagierung tatsächlicher Volkserzählungen aus der mündlichen Überlieferung wurde also von einem erzieherischen Stand­punkt aus offenbar nie als angemessen erachtet. Auf der anderen Seite wurde das traditionelle Erzählgut als solches vor der Revolution als ein wichtiger Bestandteil des nationalen Erbes betrachtet. Nach der Revoluti­on scheinen demnach sowohl das Forschungsobjekt als auch das For­schungsfeld unter einem dreifachen Verdikt zu leiden:

Erstens werden sie verdammt wegen ihrer großen Nähe zur der verab­scheuten kaiserlichen Familie: Volksmärchen und andere traditionelle Ge­schichten erzählen von Königen und Königinnen, von Herrscher und Prin­zen; gleichzeitig wurde die Erzählforschung vor der Revolution sowohl ideell als auch materiell vom Monarchen und seiner Familie unterstützt. Zweitens mißtraut man ihnen, da sie eine fundamentale Säule der nationalen Identität darstellen: Volkserzählungen, besonders Heldener­zählungen, thematisieren die heldenhafte Vergangenheit und schöpfen aus dem kollektiven (oder eher: kollektiv geförderten) Gedächtnis der glor­reichen kaiserlichen Vergangenheit des Landes; in dieser Hinsicht kann Erzählforschung leicht mißverstanden werden als aktive Unterstützung (oder vom heutigen Standpunkt: retrospektive Rechtfertigung) des herr­schenden Systems.· Und drittens werden Volkserzählungen verdächtigt, Elemente zu enthalten, zu verharmlosen und zu unterstützen, die den der­zeit als vorbildlichen propagierten islamischen Werten allzu offen wider­sprechen: Volkserzählungen berichten etwa von Liebe und Haß, von unge­setzlichen und moralisch verwerflichen Handlungen, von außerehelichen geschlechtlichen Beziehungen und dem Genuß alkoholischer Getränke; wenn sich Erzählforschung mit derlei Themen beschäftigt, kann dies leicht als implizite Autorisierung ihrer tatsächlichen Ausführung interpretiert werden.

Eine andere Frage, die aus der obigen Einschätzung erwächst, betrifft die weitere Entwicklung von VolkserzählLmg Lmd ErzählforschLmg in Iran. Forschungsvorhaben und -richtungen können ganz offensichtlich von offiziell zuständigen Behörden in Richtung auf wünschenswerte oder nicht wünschenswerte Resultate gesteuert werden. Legt man hierbei den Islam als alle Lebensbereiche bestimmende Richtschnur zugrunde, dann liegt es nahe, insbesondere Forschungen zur islamischen Religion und ihrer histo­rischen Ausbreitung zu ermutigen Lmd zu fördern. Es ist also folgerichtig, daß nach der Revolution die Sammlungen von religiösem Erzählgut, von

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Erzählgut über verehrte Persönlichkeiten der islamischen Geschichte sowie von Erzählungen und Forschungen über religiöse Aufgaben, Vor­schriften und Pflichten erheblich zugenommen haben28 .

Was das tatsächliche Erzählen angeht, muß man sich unabhängig davon fragen, ob es möglich ist, die Entwicklung der Volkserzählung in von staatlicher Seite vorgegebenen Bahnen zu steuern. Ganz offensichtlich stehen einige Elemente traditioneller Volkserzählungen in Konflikt mit offiziellen Zielvorstellungen; oder, wie der verantwortliche Leiter des Muze-ye farhang-e mardom es ausdrückte, gibt es bestimmte Be­standteile, deren man sich entledigen müsse. Einerseits wird die zukünfti­ge Generation von Kindern, welche die neuen Rahmenbedingungen ver­innerlicht haben, wahrscheinlich jene Texte im Gedächtnis behalten, die ihnen durch ständige Auseinandersetzung vertraut geworden sind. Andererseits ist bekannt, daß die ständige Interaktion zwischen schriftli­cher und mündlicher Überlieferung einen Stabilisierungsfaktor für das Wachstum und die Existenz kollektiv erinnerter Erzählrepertoires dar­stellt. Und da die klassische persische Literatur, deren kultureller Wert auch von den derzeitigen Autoritäten zweifelsfrei anerkannt wird, eine große Anzahl traditioneller Erzählungen enthält, werden diese zwangs­läufig weiterbestehen. Wenn allerdings die populären Abenteurromane und die Schwankbüchlein um Helden wie Molla Na~roddin, die vor der Revolution so überaus zahlreich waren, mittlerweile fast vollständig aus dem Angebot der Zeitungsverkäufer und Trottoirläden der fliegenden Händler verschwunden sind- bedeutet dies auch, daß man sie nicht mehr kennt und nicht mehr erzählt? Oder könnte es sich, um nur eine Ver­mutung zu äußern, nicht auch so verhalten, daß die zwangsläufige Ver­drängung bestimmter narrativer Gattungen in den erzählerischen Unter­grund sie eher stärkt als schwächt?

Schließlich muß man sich vergegenwärtigen, daß die iranische Identität eine einzigartige Mischung aus Bestandteilen unterschiedlichsten Ur­sprungs darstellt, sowohl in ethnischer als auch religiöser Hinsicht. Keinen der zahlreichen Fremdherrscher, seien es Griechen, Araber oder Mongolen, ist es im Lauf der Geschichte dauerhaft gelungen, das tradi­tionelle iranische Wertesystem zu verdrängen oder gar zu ersetzen. Abge­sehen davon hat die iranische Gesellschaft nie einen soliden, uniformen Block dargestellt. Und heute, mehr als eineinhalb Jahrzehnte nach der Revolution, haben sich die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen auf vielerlei Art verschärft. Während die ökonomischen Zwänge dem Individuum einen hohen Grad an äußerlicher Anpassung abverlangen,

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können Gewohnheiten und Handlungen, die sich in der Abgeschlossenheit der Privatsphäre vollziehen, leicht in Widerspruch oder offenem Konflikt zum dominanten System stehen. Aus dem Blickwinkel der Erzähl­forschung entstehen hierdurch zwei nur bedingt miteinander korrespondie­rende Sphären: Auf der einen Seite steht das offiziell geförderte und als vorbildlich propagierte Erzählgut, das seinen Niederschlag hauptsächlich in schriftlichen Publikationen findet; auf der anderen Seite steht das in der Privatsphäre außerhalb der strengen Kontrolle politischer und sozialer Weisungen mündlich vorgetragene lebendige Erzählgut. In dieser Hinsicht scheinen die Jahre seit der Revolution nur einen begrenzten Eindruck in der iranischen Gesellschaft hinterlassen zu haben. Es ist fraglich, wie lange es dauern kann, bis das gesteckte Ziel, islamische Idealvorstellungen in allen Lebensbereichen, also auch dem des Erzählguts, zu verwirklichen, tatsächlich erreicht wird: Wird eine ganze Generation, vielleicht zwei oder mehr dies umsetzen können?

Wenn es für die Erzählforschung eine Lehre gibt, die man aus den Ereig­nissen nach der iranischen Revolution von 1979 ziehen könnte, so liegt es nahe, sich Gedanken über die Situation von populärem Erzählgut im Spannungsfeld von Religion und der Propagierung politischer Zielvorstel­lungen zu machen. Dabei können manche Erzählungen, vielleicht sogar ganze Erzählgattungen letztlich verschwinden und durch andere ersetzt werden. Dies darf jedoch primär nicht als Schaden verstanden werden. Wie alles vom Menschen Geschaffene sind auch Erzählungen vergänglich, und aus wissenschaftlicher Perspektive entspricht das aus Zeiten der Romantik herrührende Lamentieren mancher Folkloristen über vergangene Epochen und Erzählungen sowieso nicht mehr den gegenwärtigen Erfor­dernissen des Faches. Zwar gilt es zu bewahren, was bewahrt werden kann, und insbesondere dasjenige Material dauerhaft der Nachwelt zu er­halten, das unter dem aktiven Einsatz vorheriger Forscher zusammenge­tragen wurde. Darüber hinaus darf sich die Erzählforschung aber nicht dazu versteigen, Gutes von Schlechtem trennen zu wollen, Erhalteos­wertes zu definieren und als nicht erhaltenswert Erachtetes der Ver­nichtung preiszugeben. Ganz im Gegenteil stellen die Revolution und die in ihrem Gefolge stattfindenden gesellschaftlichen Wandlungen, was auch immer ihre Zielrichtung ist, jenseits jeglicher wertenden Stellungnahmen nicht nur für die Erzählforschung eine einzigartige Gelegenheit dar, zen­trale Prozesse des Werdens und Vergehens moralischer, religiöser, politi­scher und sozialer Maßstäbe angemessener verstehen zu lernen.

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ANMERKUNGEN:

1. Durchgesehene Wld etweiterte FassWlg eines Vortrages, der auf dem 11. Kongreß der International Society for Folk Narrative Research im Januar 1995 in Mysore, Indien, gehalten Wld veröffentlicht wurde Wlter dem Titel Folk Narrative and Folk Narrative Research in Post-Revolutionary Iran. In: Middle East and South Asia Folklore Bulletin 12,1 (1995) 8-12.

2. Soraya, Farah und der Schah. Deutsche Schicksalsben·chte vom Pfauenthron. Ausge­wählt Wld erläutert von R. Blank. München: Roger & Bernhard 1977; Schah Reza- der letzte deutsche Kaiser. Dokumente aus der Regenbogenpresse. Ausgewählt Wld erläutert von R. Blank. Reinbek: Rowohlt 1979.

3. Feindbild Islam. ed. J. Hippler/ A. Lueg. Hamburg: Konkret 1993.

4. Zur Dramaturgie von Buch Wld Film siehe etwa Reulecke, A.-K.: 'Die Befreiung aus dem Serail': Betty Mahmoodys Roman Nicht ohne meine Tochter. In: Das Schwert des 'Experten'. Peter Scholl-Latours verzerrtes Araber- und Islambild. ed. V. Klemm/ K. Hörner. Heidelberg: Palmyra 1993, 229-250.

5. Das Schlagwort vom "Orientalismus" ist am meisten durch Edward Saids viel­diskutiertes Buch (Orientalism. New York: 1978) ins öffentliche Bewußtsein gerückt. In einer späteren, weniger beachteten Publikation (Covering Islam. How the media and the experts determine how we see the rest of the world [1981]. London/Melboume, Henley: Routledge & Kegan Paul) hat Said seine These auch explizit auf die Ereignisse der iranischen Revolution angewandt Wld viel von dem votweggenommen, was in Deutschland erst seit dem zweiten Golfkrieg vom Frühjahr 1991 diskutiert wurde. Wie alt Wld tief begründet die Wurzeln eines derartigen Orientalismus sind, dokumentiert die kürzliche AusstellWlg "Ägyptomanie" (AusstellWlgskatalog Wien: KID1sthistori­sches Museum 1995).

6. Zu Iranern in Deutschland siehe jüngst etwa Hesse-Lehmann, K.: Iraner in Hamburg. Verhaltensmuster im Kulturkontakt. Berlin!Hamburg: Reimer 1993; Nirumand, B./ Yonan, G.: Iraner in Berlin. Berlin: Die Ausländerbeauftragte des Senats 1994.

7. Vgl. hierzu Radhayrapetian, J.: Iranian Folk Narrative. A Survey of Scholarship. New York: Garland 1990 (Diss. UCLA 1987); Marzolph, U.: Iran. In: Enzyklopädie des Märchens 7. Berlin!New York: de Gruyter 1993, 248-270.

8. Endjavi Siräzi, A.: Goqari va napri dar farhang-e mardom. Teheran: Esparag 137111992; Marzolph, U.: Seyyid Abolqiisem Endjavi Siriizi (1921-1993) und das iranische Volkskundearchiv. ln: Fabula 35 (1994) 118-124; persische ÜbersetZWlg in Kelk 54 (137311994) 305-311.

9. Siehe etwa den Rapport des activites duCentre d'Ethnologie d'Iran. In: Mardom­senäsi va farhang-e camme-ye Iran 2 (l354/l975) 100-103.

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10. Aufgnmd der politischen Ereignisse ist es offenbar nicht mehr zur Veröffentlichung der Kongreßakten gekommen. Die den Teilnehmern zur Verfugung gestellten Summaries of papers listen etwa je 40 iranische und ausländische Vortragende auf. Auch das aufwendig gestaltete Festival Bulletin (2 Hefte) dürfte eher zur "grauen Literatur" gehören.

11. Cejpek, J.: Iranian Folk-Literature. In: Rypka, J. (ed.): History of Iranian Literature. Dordrecht: Reidel 1968, 607-709, hier 652 ff. Zur speziellen Entwicklung der Erzählkunst in den modernen Medien siehe Motamed-Nejad, K.: The Story-Teller and Mass Media in Iran. In: Fischer, H.-D./ Melnik, S. R. (edd.): Entertainment: A Cross-Cultural Examination. New York 1979, 43-62.

12. Radhayrapetian (wie Anmerkung 7).

13. The Cambridge History of Iran 7. From Nadir Shah to the Islamic Republic. ed. P. Avery I G.Hambly I C.Melville. Cambridge u. a. 1991. Für die Erzählforschung rele­vante Aspekte sind hauptsächlich behandelt im Abschnitt Popular Entertainment, Media and Social Change in Twentieth Century Iran (765-814) von P. Chelkowski.

14. Endjavi Sirazi, A.: Qe~~hä-ye iräni 1. Teheran: Amir Kabir 135211973; zweite Auflage unter dem Titel Gol be-,'jenoubar ee goß 1-2. Teheran: Amir Kabir 253711978, 135911980.

15. Vakiliyan, A.: Tamfil va matal 2. Teheran: Sorus 1366/1987; id.: Rammjän dar farhang-e mardom. Teheran: Sorus 137011991.

16. Beihaqi, !;Iosein-CAli: Pazhuhes va barrasi-ye farhang-e Cämme-ye Irän. Mashad: Astan-e Qods 13651198'6.

17. Mir-Ka~emi, !;I.: Afsänehä-ye mä-zendegän. Gozide-ye afsänehä-ye Mäzanderän va Torkman-e ~{lrä. Teheran: Sokufe 1367/1988; Ravanipur, M.: Bavarhäva afsaneha-ye djonub. Teheran: Nadjva 1369/1990; Mihandust, M.: SI1J-e fJGndan va när-e geryän. Mashad: Farbod 1370/1991; Zhiyan-Cabed, !;I.: Afsaneha-ye kohan-e fjoräsan 1. (Mashad:) ijatere 137111992; Mir-Ka~emi, !;I. Ajsaneha-ye .somäl. Teheran: Ruzbehan 137211993; ~· Homayunis Band Afsanehä-ye irani. Siraz: Navid 1372/1993 ist eine Neuauflage seines gleichnamigen Bandes, Siraz: Kanun-etarbiyat 135111972.

18. Zabän-e ramzi-ye afsanehä [Le symbolisme des legendes]. Übers. Dj. Sattari. Teheran: Tus 1364/1985; Zabän-e ramzi-ye qe~~ehä-ye parivär [Le symbolisme des contes de fees]. Übers. Dj. Sattari. Teheran: Tus 1366/1987.

19. (b.5m-andäzha-ye os.filre [Aspects du mythe]. Übers. Dj. Sattari. Teheran: Tus 136211983; id.: Osfilre, roj!a, räz. Übers. R. Monadjdjem. Teheran: Fekr-e ruz 1374/1995.

20. Ri{II-.senasi-ye qe,s~eha-ye panyän [Morfologija skazki]. Übers. F. Badre:)i. Teheran: Tus 1368/1989; id.: Risehä-ye täril]i-ye qesseha-ye pariyän [Istoriceskie korni volsebnoj skazki]. Übers. F. Badr~i. Tehran: Tus 137111992.

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21. Marzolph, U.: Tabaqe-bandi-ye qe~;;ehä-ye irfini [Typologie des persischen Volks­märchens]. Übers. K. Djahandäri. Teheran: Sol1lS 1371/1992.

22. Zum Beispiel LahsiPi-zäde, c A./Salämi, c A.: T iirib va farhang-e mardom-e Davan. Teheran: EgelaCät 1370/1991, 345-387; SariCat-zäde, CA.: Farhang-e mardom-e Säh­rud. Teheran 1371/1992, 125-202.

23. MadjmuCe-ye maqal.Jt-e mardom-5enasi 1-3. Teheran 1362-66/1983-87.

24. Zur Institution siehe Haag-Higuchi, R.: Geisteswissenschaftliche Lehr- und Forschungsinstitutionen in Iran. Hamburg: Deutsches Orient-Institut 1994, 23-27

25. Marzolph, U.: Die Revolution im Schulbuch. Die Grundschullehrbücher 'Persisch' vor und nach 1979. In: SPEKTRUM IRAN 7,3-4 (1994) 36-56.

26. Siehe im folgenden Marzolph, U.: Interkulturelles Erzählen. Der Transfer von Erzählgut in iranischen Grundschullesebüchern. In: Medien popularer Kultur. Erzählung, Bild und Objekt in der volkskundlichen Forschung. Rolf Wilhelm Brednich zum 60. Geburtstag. ed. C. Lipp. Frankfiut!New York: Campus 1995, 182-195.

27. Zum Folgenden: Elwell-Sutton, L. P.: Afsänehä-ye irfini. Übers. CA. Djaväher-Kaläm. Teheran: Bongäb-e tardjome va nasr-e ketäb 134l/1962; Elwell­Sutton, L. P.: A NarratorofTales/rom Tehran. In: Arv 36 (1980) 201-208; Marzolph, U./ Amirhosseini-Nithammer, A.: Die Erzählungen der MaSdi Galin Ijänom 1-2. Wiesbaden: Reichert 1994.

28. Siehe z. B. die Bände der Reihe Dastanhä-ye mä von CAJi Davani (vorliegend Band 3. Teheran: Vezärat-e ersäd-e eslami 1366/1987). Selbiger Autor hatte vor der Revo­lution schon eine wiederholt aufgelegte Sammlung Dastänhä-ye eslämi. Dastänhä-ye ämuzande-ye täri!J-e Esläm l-2 herausgegeben (Teheran: Mol)ammadi 51349/1970). Symptomatisch ist die fünfbändige Reihe Qe~;;ehä va baccehä (Teheran: Keihan 1369-70/1980-81), eine Auswahl aus früher in der Kinderrubrik der (halbo:ffiziellen) Zeitschrift Keihan publizierten Texten, die neben traditionellen iranischen Erzähl­stoffen und modernen didaktischen Erzählungen eine Reihe von Geschichten zu Ge­schehnissen der iranischen Revolution und zu demjahrelangen Krieg mit Irak enthält.

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... und wir haben euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr euch untereinander kennt.

(Koran 49, 13)

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SPEKTRUM IRAN

3 8. Jahrgang 1995 ISSN 0934-358X

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SPEKTRUM IRAN Zeitschrift ftir islamisch-iranische Kultur

8. Jahrgang 1995, Heft 3 lSSN 0934-358X

Herausgeber: Kulturabteilung der Botschaft der Islamischen Republik Iran

13orsigallee 4 53125 Bonn Tel.: 02 28 I 25 48 86 . Fax: 02 28 I 25 30 23 Redaktion: Dr. Manutschehr Amirpur

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