zur frage der optokinetischen erregungsnachdauer

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v. Graefes Archiv ffir Ophthalraologie 161, 334--340 (1959) Aus der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universitat Freiburg i. Br. (Prof. Dr. H. RUFFIN) Zur Frage der optokinetischen Erregungsnachdauer Beitrag zu den ,,Untersuehungen zur Physiologic des optokinetischen Naehnystagmus" yon G. MACKE~SEN und 0. WIEGMANN (Albrecht v. Graefcs Arch. Ophthal. Bd. 160, S. 497--509, 1959) Von ALFRED ADAMS Mit 2 Textabbildungen MACXEI~SEN und WI~G~A~ bezeichnen als optokinetischen Nach- nystagmus solche Nystagrausrucke, die nach Beendigung einer opto- kinetischen Reizung auftretcn. Die sehr eingehenden elektroocnlo- graphischen Untersuchungcn diescr Autoren gingen yon definierten, unterschiedlichen Reizbedingungen aus und ffihrten zu aufschluB- reichen Feststellungcn fiber die Abhgngigkeit des optokinetisehen Nachnystagmus yon der Drehrichtung und der Winkelgeschwindigkeit des Reizmusters. Sic mfindeten abschlieBend in der offengelassenen Frage, ob der optokinetische Naehnystagmus ,,die Folge des motorischen Effektes eines vorausgehenden Reizes oder die Folge der Reizwirkung selbst darstellt". Diese Frage wurde bisher bei uns nicht und aueh sonst in der klini- schen Elektronystagmographie (ENG) kaum bcachtet, obwohl ein optoldnetischer Nachnystagmus bei den meisten Probanden auslSsbar ist. Angeregt durch die Ergebnisse yon MAC~ENS~ nnd WIEGMA~, haben wir ein nach vorwiegend neurologischen Gesichtspunkten aus- gewertetes, bereits vorliegendes Befnndmaterial (ADAms und STA]~W~S) noch einmal auszugsweise herangezogen. Wir stellten uns dabei die Aufgabe, mit einigen elektronystagmographisehen Beobachtungen weitere Gesichtspunkte zur Kls oftener Fragen beizutragen. Material und Methodik Diese Mitteilung stiitzt sich auf 72 normale EI~G gesunder Personen ohne Spontanerscheinungen und auf 11 pathologische ENG, yon denen 10 den Befund einer zentral ausgelSsten Nystagmusbereitschaft mit Spontannystagmus boten (jeweils 5 nach rechts und nach links) und 1 besondere, rhythmische Bewegungs- formen der Augen (,,Kippdeviationen", Abb. 2). Unsere ENG-Methodik entspricht, abgesehen yon wenigen technischen ~nderungen, der yon Jv~G angegebenen und wurde bereits an anderer Stelle beschrieben.

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Page 1: Zur Frage der optokinetischen Erregungsnachdauer

v. Graefes Archiv ffir Ophthalraologie 161, 334--340 (1959)

Aus der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universitat Freiburg i. Br. (Prof. Dr. H. RUFFIN)

Zur Frage der optokinetischen Erregungsnachdauer Beitrag zu den ,,Untersuehungen zur Physiologic des optokinetischen

Naehnystagmus" yon G. MACKE~SEN und 0. WIEGMANN (Albrecht v. Graefcs Arch. Ophthal. Bd. 160, S. 497--509, 1959)

Von ALFRED ADAMS

Mit 2 Textabbildungen

MACXEI~SEN und WI~G~A~ bezeichnen als optokinetischen Nach- nystagmus solche Nystagrausrucke, die nach Beendigung einer opto- kinetischen Reizung auftretcn. Die sehr eingehenden elektroocnlo- graphischen Untersuchungcn diescr Autoren gingen yon definierten, unterschiedlichen Reizbedingungen aus und ffihrten zu aufschluB- reichen Feststellungcn fiber die Abhgngigkeit des optokinetisehen Nachnystagmus yon der Drehrichtung und der Winkelgeschwindigkeit des Reizmusters. Sic mfindeten abschlieBend in der offengelassenen Frage, ob der optokinetische Naehnystagmus ,,die Folge des motorischen Effektes eines vorausgehenden Reizes oder die Folge der Reizwirkung selbst darstellt".

Diese Frage wurde bisher bei uns nicht und aueh sonst in der klini- schen Elektronystagmographie (ENG) kaum bcachtet, obwohl ein optoldnetischer Nachnystagmus bei den meisten Probanden auslSsbar ist. Angeregt durch die Ergebnisse yon MAC~ENS~ nnd WIEGMA~, haben wir ein nach vorwiegend neurologischen Gesichtspunkten aus- gewertetes, bereits vorliegendes Befnndmaterial (ADAms und STA]~W~S) noch einmal auszugsweise herangezogen. Wir stellten uns dabei die Aufgabe, mit einigen elektronystagmographisehen Beobachtungen weitere Gesichtspunkte zur Kls oftener Fragen beizutragen.

Material und Methodik Diese Mitteilung stiitzt sich auf 72 normale EI~G gesunder Personen ohne

Spontanerscheinungen und auf 11 pathologische ENG, yon denen 10 den Befund einer zentral ausgelSsten Nystagmusbereitschaft mit Spontannystagmus boten (jeweils 5 nach rechts und nach links) und 1 besondere, rhythmische Bewegungs- formen der Augen (,,Kippdeviationen", Abb. 2). Unsere ENG-Methodik entspricht, abgesehen yon wenigen technischen ~nderungen, der yon Jv~G angegebenen und wurde bereits an anderer Stelle beschrieben.

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Zur Frage der optokinetischen Erregungsnachdauer 335

Ergebnisse

1. Der optokinetisehe Naehnystagmus im normalen ENG. Von 72 normalen ENG zeigten bei konstanter Reizmustergeschwindigkeit (Streifendrehung 60~ 56 (=78%) einen optokinetischen Nach- nystagmus. Dieser trat sowohl nach horizontaler als auch vertikaler Strei/enbewegung stets in horizontaler Richtung au/. Von den 56 ENG mit Nachnystagmus zeigten 14 (-~ 25 %) einen horizontalen Nachnystagmus nach vorausgegangenem optokinetischem Vertikalreiz.

Es ergibt sich aus Tabelle 1, dab nach vorausgegangenem optokineti- schem Horizontalreiz und ent@rechender Nystagmusreaktion der opto- kinetische Nachnystagmus stets in der jeweils gleichen Richtung verlief.

Tabelle 1. Optokinetischer ~achnystagmus in 56 yon 72 normalen E~VG (statistische Normalbereiche, gerundet)

Optokinetischer Nystagmus bei Reizmustergeschwindigkeit 60 ~ Nachnystagmus

Richtung Frequenz Am~l~tude (Gesamtzah]) je sec

19--34 Rechts 20--35 (72)

Links 21--35 (72)

Oben 18--27 (72)

Unten 13--20 (72)

18--34

6--10

I 4--9

Richtung (Gesamtzahl)

Rechts (56)

Links (56)

Rechts (ii)

Links (14)

Rechts (8)

Links (13)

Dauer Schlag- (see) zahl

5--41

5 ~ 4

3--17

4--12

3--19

5--20

4--23

5--22

2--9

2--10

4--10

3--11

Amplitude (o)

2--22

3--22

2--21

2--19

2--18

3--19

Die statistischen Gr613enordnungen stimmen hierbei weitgehend ffir beide Sehlagrichtungen fiberein. Dieser horizontale Nachnystagmus t ra t oft naeh Latenzzeiten yon 2--5 sec hervor. Seine Amplitude und Winkelgesehwindigkeit nahmen naeh Art eines allmahliehen Erregungs- abgleiehs meist stetig ab (Abb. 1 a, b). Dies stimmt mit den Befunden yon MAC~NSEN und WIEGMANN fiberein.

•ach vorherigem optokinetischem Vertikalreiz fanden wir in keinem Falle einen vertikalen Nachnystagmus, sondern eine aueh im Einzelfalle meist inkonstante Seitenauspr~gung eines Nachnystagmus naeh rechts oder links, manehmal auch in riehtungswechseb~den Schlaggruppen nach rechts und links (Abb. 1 e). Insgesamt zeigten auch hier die sta- tistischen Normalbereiche keine gesieherte Bevorzugung einer bestimmten

Page 3: Zur Frage der optokinetischen Erregungsnachdauer

336 ALFRED ADAMS :

Sehlagrichtung. Bemerkenswert ist allerdings die geringere GrS•en- ordnung yon Dauer and Schl~gzahl in Anbetracht der aus physio- logisehen Grfinden gleiehfalls geringeren Frequenz und Amplitude des

Abb. l a - - o . N o r m a l e r optokinet~soher N a c h n Y s t a g m u s . E N G Nr. 719158. a D e m vor - her igen op tok ine t i s chen l%echtsnystug~nus fo lg t so~ort n a c h AugensehlnB ein N a c h n y s t a g m n s n a e h rechts , b Entspreehend ein N a c h n y s t ~ g m u s n a c h l inks, c D e m op tok ine t i s ahen Ver t ika l - n y s t a g m u s n a c h oben fo]gen n a c h AngensehluB zwei verschieden geriehtete S c b l a g g r u p p e n

als N a c h n y s t a g m u s (4 Schl~ge n a e h l inks, 5 Schl~ge n a c h rechts )

Abb. 2a---c. Kippdeviationen als pa tho log ische N a c h e r r e g u n g bei Cerebl, alsklerose. E N G Nr. 614/58. B e s p r e c h u a g i m Tex t S. 337

vertikalen Initialnystagmus. Die Amplitude und auch die in Stich- proben ermittelte Winkelgeschwindigkeit des Nachnystagmus bewegten sich jedoch stets in etw~ den gleiehen Normalbereichen, unabh~ngig devon, ob dieser dnrch einen horizontalen oder vertikalen Initial-

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Zur Frage der optokinetischen Erregungsnachdauer 337

nystagmus ausgelSst worden war. Eine phasisehe Richtungsumkehr des optokinetisehen Naehnystagmus war bei nnseren Befunden nieht festzustellen.

2. Der optokinetische Nachnystagmus im pathologischen ENG. Die ENG yon I0 Kranken mit zentral ausgel6ster Nystagmusbereitschaft lieBen folgendes erkennen (Tabelle 2): Nachnystagmus trat n~r in Form einer Aktivierung des vorhandenen Spontannystagmus hervor, die sich

Tabelle 2. Optolcinetische Nacherregung bzw. Hemmung in 10 ENG mit zentral ausgeldster Nystagmusbereitschafl (gerundete, arithmetische Mittelwerte)

_Nry- stagnllls- bereit- schaft nach

l~echts 1,5

Links 1,5

Aktivierung" des :Blockierung des S p o n t a n n y s t a , g m u s S p o n t a n n y s t a g m u s (Maximalwerte) (IVIaximalwerte) Spontannystag'mus

fiir die Zeit roll (see) je sec

11

10

F r e q u e n z A m p l i t u d e je see (~

2 23 nach olotokinetischem

l~echtsnystagmus

2,5 [ 21 nach optokinetischem

Linksnystagmus

9--32 nach optokinetischem

Linksnystagmus

4--27 nach optokinetischem

Rechtsnystagmus

sowohl durch Frequenzsteigerung als anch durch Amplitudenzunahme bis zur oberen Normalgrenze (vgl. Tabelle 1) guBerte, zeitlieh jedoeh nieht gen/igend sieher abgrenzbar war. Der Naehnystagmus schlug also nur in Riehtung des vorhandenen Spontannystagmus und nur naeh seitengleieh vorausgegangener optokinetiseher Initialerregnng. Im Falle gegensinniger Initialerregung zeigte sieh hingegen eine zeitlieh gut abgrenzbare Bloekierung des jeweiligen Spontannystagmus, deren Gr6genordnung etwa der Daner des optokinetisehen Nachnystagmus bei Gesunden entsprieht (vgl. Tabelle 1).

Als Sonderbeispiel zeigt Abb. 2 eine Registrierung yon Kipp- deviationen. Bei diesem Bewegungsmuster handelt es sieh um ein rhythmisehes, grobsehlggiges, riehtungsweehselndes l~ueken bei ge- sehlossenen Augen, das jeweils mit rasehen Phasen beginnt und in langsamere Komponenten fibergeht. Die Kippdeviationen wurden in diesem Falle nieht spontan registriert, sondern sowohl naeh vestibulgren l~eizen als aueh naeh vorausgegangener, horizontaler oder vertikaler optokinetiseher Erregung. Sie traten hier mit relativ gleieh langen Latenzen naeh AngenschluB, also naeh dem Ende des optokinetischen Nystagmus, naeh rechts (a), oben (b) nnd unten (e) hervor.

Bespreehung der Ergebnisse In Ubereinstimmung mit den Befnnden yon MACXENS]~ nnd WIEG-

~IA5"~ und bei Beriieksiehtigung glterer Arbeiten (0I~M, GI~OTTNER)

Page 5: Zur Frage der optokinetischen Erregungsnachdauer

338 ALFRED ADAMS:

bezeichnen wir als optolgnetischen Nachnystagmus eine Folge typischer Nystagmuszuckungen, die bei ausgeschalteter ~ixation naeh einem opto- lgnetischen Nystagmus au/tritt. Der Naehnystagmus ist, wenn eine optokinetische HorizontMerregung vorausging, dieser stets gleichgerichtet. Sein ausschliel31iches oder doch wohl stark fiberwiegendes Auftreten Ms Horizontalnystagmus ist offenbar nicht an optokinetisehe Horizontal- reize gebunden. Bei immerhin 25 % unserer Nomalbefunde fanden wir ihn naeh optokinetisehen Vertikalreizen, a]lerdings ohne eine im Einzel- fa]l konstante oder im Kollektiv der Befunde seitenbetonte Zuordnung yon l~eiz- und Sehlagriehtung. Konstant war vielmehr, unabh~ngig yon der l%ichtung nnd Bewegungsebene der vorausgegangenen Reiz- muster, seine Auspr~gung nach der Amplitude und der Winkelgesehwin- digkeit der langsamen Phase als wesentlichste ~ystagmuskriterien sehlechthin. Dies bedeutet, daft die den Probanden angebotenen Bewegungs- muster in Form rotierender Lichtstrei/en nicht als spezifische Reize zur AuslSsung dieses 2Vachnystagmus ctnzusehen sind. Der Nystagmus im Mlgemeinen Sinne ist eine Komponente phylogenetiseh genormter, optisch-vestibul~.rer Teilfunktionen des extrapyramidal-motorischen Systems, fiir die es im Prinzip gleichgfiltig ist, ob sie z. B. nach Laby- rinthreiz (bei vestibularer Erregung) auftritt oder als Reaktion auf optomotoriseh wirksame Umweltbedingungen. Man kSnnte insofern sagen, Nystagmus sei eine dem zentralen RTervensystem inharente Bewegungssehablone. Wi~hrend optokinetiseher Reizbedingungen wird er wahrscheinlich fiber Area 18, das Tectum optieum, den Nuel. anterior thalami nnd dessen Projektion im Gyrus einguli, vielleicht aueh fiber den ),Tucl. eaudatus erregt nnd gesteuert. In Anbetraeht der aul3er- ordentlieh kurzen Erregungszeiten und Aktivierungsphasen in den I~euronen des Gehirns (GrSi3enordnungen in msec) ist es nieht ein- zusehen, wie selbst ein 1/inger exponiertes optisches Reizmuster in spezifischer Weise Nacherregungen der GrSl3enordnung 5140see bewirken k/Snnte. Eine solehe l~acherregung ist vielmehr dureh die Xndernng der tiber das muRisynaptiseh organisierte, thalamo-reticnlgre Regulationssystem gesteuerten Grunderregung gr6i]erer I-Iirnregionen verstgndlich. Die Bezeichnung ,,Tonusdifferenz" der Otologen ist hierffir ein gutes Bild. Wir mSchten annehmen, dab die auch naeh ~ACKElgSERS Befunden nicht immer ohne Seitendifferenzen ermittelten optokinetischen IXracherregnngen auf dem physiologisch oder nnter bestimmten Umweltbedingungen tr~ge variierenden ,zentrMen Terms" beruhen. I-Iierauf beruht wahrseheinlieh auc/a die erhebliche Inkonstanz oder 8treubreite jeder Nystagmnsuntersuchung und die Tatsache, da~ bestimmt geriehtete Reizarten fiber entspreehende, lgnger dauernde Aussteuerungen der cerebralen Grunderregung mei~bare Iqystagmns- reaktionen bewirken. Wenn der optokinetisehe I~aehnystagmus, im

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Zur Frage der optokinetischen Erregungsnachdguer 339

Gegensatz zu Vertikalreizen, nach Florizontalreizen mit fester Riehtlmgs- abhgngigkeit und hgufiger auftritt, so ist dies offenbar dureh eine fin motorisehen Schema des Mensehen bevorzugte l~epr~sentation aller Horizontalbewegungen bedingt (ADAms). Bei hirnorganiseh patholo- g~sehen F~llen herrseht eine oft lange anhaltende Versehieblmg der zentralen Erregungslage naeh der einen oder anderen Seite, die z. 13. aueh im Elektreneephalogramm (EEG) zur I)arstellung kommt und sieh nieht selten als Sloontannystagmus guBert. Dieser wird aueh dureh optokinetisehe Reize entweder gebahnt oder gehemmt. Seine tIemm~mgs- zeit entspricht in unseren Befnnden etwa der I)aner der normalen optokinetisehen Naeherregnng (Tabelle 2). Ferner k6nnen, sozusagen als ]4qnivalent eines optokinetisehen Naehnystagmns, naeh der Ein- wirkung eines optokinetisehen Reizm~asters aueh andere, pathologisehe Bewegungsformen auftreten (Abb. 2), die sieher nieht als spezifiseher Reizerfo]g zu bezeiehnen sind.

Wit glauben danaeh feststellen zu k6nnen, dab es sieh beim opto- kinetisehen Nachnystagmus weder mn die unmittelbare Folge des motorischen Effektes noeh um eine spezifisehe l~eizantwort handelt, sondern um den Ansdruck einer unspezifisehen, thalamo-retieul~ren Erregungsnaehdauer. Hiermit wird eine aueh dureh MACI~NSE~ nnd WIEGSIA~ hervorgehobene, yon OI~M bereits vor mehr als 35 Jahren allgemein formnlierte Vermutnng bekr~ftigt. Anssagen fiber eine diagnostisehe Bedeutnng des optokinetisehen Naehnystagmus sind erst naeh weiteren, systematisehen Untersnehungen mSglieh.

Zusammenfassung Der Nachnystagmus, der bei gesehlossenen Augen naeh voraus-

gegangenen optokinetisehen Nystagmusreaktionen auftritt, wurde an ]{and yon 72 normalen Elektronystagmogrammen (ENG) gesnnder Personen nnd yon Ii pathologischen ENG erg~nzend untersucht.

I. Nach unseren Befunden sehlug dieser ,,optokinetisehe Nach- nystagmus" sowohl nach vorherigen I-Iorizontal- als auch gertikal- bewegnngen des Reizmusters stets in horizonta]er l%iehtnng. Er trat jedoch wesentlich hgufiger nach vorherigen Horizontalreizen auf als nach Vertikalreizen. Ging eine optokinetische IIorizontalerregung voraus, so war der Nachnystagmns dieser stets gleichgerichtet.

2. Es wurde begrfindet, dab die in Form rotierender Lichtstreifen angebotenen Bewegnngsmuster nicht als spezifisehe l~eize zur Aus- 16svmg des optokinetischen Nachnystagmus anznsehen sind.

3. I)er optokinetische Nachnystagmns beruht wahrscheinlich auf einer thalamo-reticul~ren Erregungsnachdauer. Pathologische Ans- steuerungen der optiseh-vestibul~ren Grunderregung werden dadurch, je naeh ihrer Richtung, entweder gebahnt oder gehemmt.

Page 7: Zur Frage der optokinetischen Erregungsnachdauer

340 A ~ F ~ , ADAMS: Zur Frage der optokinetischen Erregungsn~ehdauer

Literatur ADAMS, A. : Struktur und Funktion des optisch-vestibul~ren Systems. Tort-

sehr. Neurol. Psyehi~t. (ira Druck). - - ADAMS, A., u. C. STA~.WEN: D~s Elektro- nystagmogr~mm (ENG) bei Krankheiten des Zentralnervensystems und Hirn- tr~umen. Dtsch. Z. Nervenheilk. 178, 614--638 (1959). - - GRi2TT~E~, R. : Ex- perimentelle Untersuehungen fiber den optokinetischen Nystagmus. Z. Sinnes- physiol. 68, 1--48 (1939). - - Jv~G, ~. : In H~ndbuch der inneren Medizin, herausgeg. yon G. v. B~RG~A~, W. FREY u. H. ScHwI~o~, 4. Aufl., Bd. V/1. I I I . Nystagmo- graphie, S. 1325--1374. Berlin-G6ttingen-Heidelberg: Springer 1 9 5 3 . - M~CK~N- S ~ , G., u. O. WIEG~A~N: Untersuchungen zur Physiologie des optokinetischen Nachnystagmus. I. Mitt. Die Abh~ngigkeit des optokinetischen Nachnystagmus yon der Drehrichtung und der Winkelgeschwindigkeit des Reizmusters. Albrecht v. Graefes Arch. Ophthah 160, 497--509 (1959). - - OHm, J.: ~ber optischen I)rehnystagmus. Klin. Mbl. Augenheilk. 68, 234--235 (1921).

Dr. A. ADAMS, ~reiburg i. Br., Univ.-Nervenklinik, Hauptstr. 5