zur frage der immunologischen abgrenzung von pallidastämmen

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I396 wir schon wieder nicht, oh der AB-Elter dem -Typ, oder dem -Typ zuzurechnen ist. W~I~BERa~ stellt sich in seiner kfirzlich erschienen Ab- handlung auf den Boden der Austauschhypothese haupts~ch- lich mit dem Argument, dag ein unzweifelhafter Fall von AB oder O nus AB • O-Ehen die Bernsteinsche itypothese der 3 Allelen umwerfe. Ich glaube nicht, dal3 man bel der Unvollst~ndigkeit unserer I™ liber die Bluteigen- schaften diesen SchluI3 ziehen darf. Denn abgesehen von den oit diskutierten M6glichkeiten der serologischen Fehlbestim- mungen und de Mutation, sind noch viele andere biologische ErklArungen denkbar. Sollte sich z. ]3., wie es nach der kfirz- lich ersehienen Mitteilung von T~IOMSE~~ wahrscheinlich ist, die Allelenreihe A, B, tt noch um das Allel A' erweitern, das schw~tcher bindend als A wirken soli, so w~re vielleicht schon hiermit eine Erkl~rung frit ,,Fehlbestimmungen" gegeben. Denn es ist denkbar, dag die I™ A'R den Agglu- tinationseigenschaften des Genotypus 1RR sehr nahe kommt. WEINBER~ berechnet iii der eben zitierten Arbeit den Austauschwert nicht nus den empirischen Zahlen der Aus- nahmen, wie K. H. BAIJER, sondern anf Grund von statisti- schen t-I~ufigkeitsberechnungen and kommt auf einen Aus- tauschwert von 7,56%. Ich muB gestehen, dag ich die Weinbergsche Ableitung nicht verstehe. Mit scheint doch der Fall so zu liegen: Entweder ist iii der Population unter der Voraussetzung der Panmixie der station~Lre Gleichgewichts- zustand erreicht. In diesem FMI ftihrt, wie BERNSTEIN n. a. A u t o r e n (1ROBBI~S ~) wiederholt ausgeftihrt haben, die Annahme von zwei partiell gekoppelten Genpaaren zu genau den gleichen Konsequenzen, wie die Annahme von zwei unabh~ngigen Genpaaren. Die gleichen statistischen ~berlegungen, die gegen die bifaktorielle Hirszfeldsche Theorie sprechen, wfirden also auch gegen die t™ anzufiihren sein. Oder aber, der Gleichgewichtszustand ist noch nicht erreicht. Dies w~re denkbar, da bel sehr enger Koppelung das Endresultat, der Gleichgewichtszustand der Gene in der Popu- lation, sehr herausgeschoben werden kann. In diesem Falle lieBe sich aber iiber die Zusammensetzung der Population, d. h. tiber das relative Auftreten der verschiedenen Geno- typen tiberhaupt nichts aussagen. Eine Berechnung w~tre nur m6glich, wenn wir die Zahl der Generationen, die seit dem Auftreten von A bzw. B verstrichen ist, kennen wtirden, and wenn wir den genauen Austauschwert wiigten. Beides ist aber nicht der Fall. SchlieBIich m6chte ich noch eine Bemerkung zu der Argu- mentation von K. H. BAIJER machen, dag die Bernsteinschen Allele A, B, R nicht die gleiche AuBeneigenschMt, sondern ,,bel der Gruppe AB das eine Gen die eine, das zweite Gen eine zweite, ganz andere Substanz" beeinflussen sollen, und damit ,,ohne Analogen mit den gel~ufigen Beispielen der experimentellen Vererbungsbiologie" st~tnde. Es scheint mir durchaus nicht n6tig zu sein, die Gruppe AB als eine Gruppe aufzufassen, deren serologische Eigenschaft durch gleich- zeitige Anwesenheit der Blutk6rpercheneigenschaften A und B charakterisiert ist. Man kann genau so gut sagen, das Gen A bedingt ein bestimmtes VerhMten der Blutk6rperchen im Agglutinationsversuch, das Gen 13 ein anderes und die t™ bination von A and 13 ein drittes Verhalten, das eharakteri- siert ist durch die Reaktionsf~higkeit sowohl mit Serum anti A als mit Serum anti 13. Das Blutk6rperchen der AB-Gruppe braucht nicht die Eigenschaft A and die Eigenschaft B zu besitzen, sondern eine neue, die eben nur fiir den Genotypus AB charakteristisch ist. Somit nimmt die 13ernsteinsche Hypothese keine Sonderstellung in bezug auf die 13eziehbarkeit der Allelen- wirkung auf ein und dieselbe AuBeneigenschaft, hier die Agglutinierbarkeit, ein. Literatur: ~ K. H. BAtm~, Klin.Wschr. X928, Nf 34, -- Z. Ab- Stammgslehre Suppl. x928. -- ~TI~ONSEN,Dtsch. Z. gerichtI. Med. Io, 15 (I 927). -- ~ SCHIF~,t™ Wschr. 8, I o (I 928). -- ~ WEINBER~,Arch. Rassenhyg. 22, 2 (1929). -- ~ Ber. Biol. I2, Nr 11112, 314 (193o). -- HIRSZ~XLD, Konstitutionsserologie. Springer 1928. -- ~ THOMSEN, t™ Wschr. x930, H. 3. -- s 1ROBLIN, Genetics 7 (1922). I™ WOCHENSCHRIFT. 9. JAHRGANG. Nr. 3~ 26. JULI 193o ZUR FRAGE DER IMMUNOLOGISCHEN ABGRENZUNG VON PALLIDAST~MMEN. Von Prof. F. PLAUT und Dr. H. KASSOWlTZ. Aus der DeutschenPorschungsanstalt f,~r Psychiatrie (I~aiser WflheIm-Institut) Mfinchen. Eine Reihe von Beobachtungen wies darauf hin, dag die Syphilisspiroch~te kein einheitliches Gebilde ist, sondern dag man mit einer Anzahl von Varianten zu rechnen hat. So hat NoGucI~I auf Grund morphologischer Merkmale (Dicken- unterschiede, Vgindungsbesonderheiten) 3 Typen unter- schieden, die er auch in I™ weiter verfolgen konnte. Ob Unterschiede der Form eine Abgrenzung von Spiroch~ten- st~mmen tats~chlich gestatten, erscheint jedoch zweifelhaft. Soweit Formunterschiede bestehen, scheinen sie nicht aus- reichend konstant zu sein, um ftir die ]Begrfindung von u auszureichen. Die meisten Spiroch~tenforscher verhalten sich denn auch gegenfiber der morphologischen Differenzierung recht zurtickhaltend. So gibt MULZER nicht viel auf morphologische Typen, da er feststellte, dal3 dicke und plumpe Spiroeh~ten einer Kultur von I~EITXR nach 0berimpfung auf Kaninchenhoden zu auBerordentlich feinen und regelm~Big gewundenen Spiroch~ten wurden. Hervor- gehoben sel, dag selbst die Spiroch~ten aus der Hirnr]nde der Paralytiker sich der Form nach nicht von Spiroch~ten nus anderen Organen und aus anderen t™ der Syphilis unterscheiden lassen (JAHN]~L). Auch bel der Impfsyphilis der Kaninchen schienen sich Syphilisspiroch~ten verschiedener Herkunft nicht imme gleichartig zu verhalten. Es wurden St~mme beobachtet, die w~hrend langj~hriger l~aninchenpassagen durch eine bestimmte Erscheinungsform der prim~ren I~odenaffektion sich auszeichneten: Stalle, die vorwiegend groge Prim~r- affekte, solche die vorwiegend kleine Prim~raffekte, solche die vorwiegend geschlossene Hodensyphilome hervorriefen. Auch die verschiedene H~ufigkeit, mit der der eine oder der andere Stamm bei Kaninchen zum Auftreten von Allgemein- erscheinungen fiihrte, schien fur versehiedene Eigenschaften der St~mme zu sprechen, wobei jedoch nicht sichergestellt ist, ob es sich hier um stabile oder nur um passagere ]Besonder- heiten handelt. Das gleiche gilt von den neurotropen St~mmen, so von dem 1Vfulzerstamm, der einige Jahre lang zu Liquor- ver~nderungen bel I™ fiihrte, diese F~higkeit aber sp~ter wieder verlor (MULZER und PLACe). Die Beobachtung von KOLLE, dag die Nachimpfung syphilitischer t™ mehrere Monate nach der Erst- impfung, bel Verwendung homologer St~mme nicht zu er- ileuter Sehankerbildung ftihrt (Schankerimmunit~t), w~hrend bel der Verwendung heterologer St~mme sich bel etwa 5~ % der iKaninchen erneut Schanker erzielen lassen, spricht ebenfa]ls ffir ein nicht einheitliches, wenn auch nicht grund- s~tzlich verschiedenes Verhalten der Spiroch~Ltenst~mme. Ein anderer Weg, Syphilisst~mme zu charakterisieren, ist die Prfifung auf ihr immunbiologisches Verhalten, ihre F~higkeit, stammspezifische Antik6rper hervorzurufen. Es muB vorl~ufig dahingestellt bleiben, ob bel der mensch- lichen Syphilis und bel der experimentellen Syphilis der Tiere es fiberhaupt -- abgesehen von jener Serumver~nde- rung, die uns durch die WaR, angezeigt wird und deren Beziehungen zur Pallida noch nicht gekl~rt sind -- zu einer Antik6rperbildung kommt. Die lZesultate, die bei der Priifung menschlicher und tierischer Sera auf Agglutination erhalten wurden, slnd so widersp and die positiven Ergebnisse im Hinblick auf die geringe Titerh6he, die die agglutinierenden Sera aufwiesen, meist so angreifbar, dag eine Er6rterung unfruchtbar erscheint. Ebensowenig konnten spiroch~tocide Wirkungen der Syphilitikersera im Tierexperiment eindentig nachgewiesen werden. Auch die Immunisierung von I™ mit Spiroch~ten ans syphilitischen Produkten ftihrte nicht zu sicheren Er- gebnissen.

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Page 1: Zur Frage der Immunologischen Abgrenzung von Pallidastämmen

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wir schon wieder nicht, oh der AB-Elter dem -Typ,

oder dem -Typ zuzurechnen ist.

W~I~BERa~ stellt sich in seiner kfirzlich erschienen Ab- handlung auf den Boden der Austauschhypothese haupts~ch- lich mit dem Argument, dag ein unzweifelhafter Fall von AB oder O nus AB • O-Ehen die Bernsteinsche itypothese der 3 Allelen umwerfe. Ich glaube nicht, dal3 man bel der Unvollst~ndigkeit unserer I™ liber die Bluteigen- schaften diesen SchluI3 ziehen darf. Denn abgesehen von den oit diskutierten M6glichkeiten der serologischen Fehlbestim- mungen und de�9 Mutation, sind noch viele andere biologische ErklArungen denkbar. Sollte sich z. ]3., wie es nach der kfirz- lich ersehienen Mitteilung von T~IOMSE~~ wahrscheinlich ist, die Allelenreihe A, B, t t noch um das Allel A' erweitern, das schw~tcher bindend als A wirken soli, so w~re vielleicht schon hiermit eine Erkl~rung frit , ,Fehlbestimmungen" gegeben. Denn es ist denkbar, dag die I™ A ' R den Agglu- tinationseigenschaften des Genotypus 1RR sehr nahe kommt.

WEINBER~ berechnet iii der eben zitierten Arbeit den Austauschwert nicht nus den empirischen Zahlen der Aus- nahmen, wie K. H. BAIJER, sondern anf Grund von statisti- schen t-I~ufigkeitsberechnungen and kommt auf einen Aus- tauschwert von 7,56%. Ich muB gestehen, dag ich die Weinbergsche Ableitung nicht verstehe. Mit scheint doch der Fall so zu liegen: Entweder ist iii der Population unter der Voraussetzung der Panmixie der station~Lre Gleichgewichts- zustand erreicht. In diesem FMI ftihrt, wie BERNSTEIN n. a. Autoren (1ROBBI~S ~) wiederholt ausgeftihrt haben, die Annahme von zwei partiell gekoppelten Genpaaren zu genau den gleichen Konsequenzen, wie die Annahme von zwei unabh~ngigen Genpaaren. Die gleichen statistischen ~berlegungen, die gegen die bifaktorielle Hirszfeldsche Theorie sprechen, wfirden also auch gegen die t™ anzufiihren sein. Oder aber, der Gleichgewichtszustand ist noch nicht erreicht. Dies w~re denkbar, da bel sehr enger Koppelung das Endresultat, der Gleichgewichtszustand der Gene in der Popu- lation, sehr herausgeschoben werden kann. In diesem Falle lieBe sich aber iiber die Zusammensetzung der Population, d. h. tiber das relative Auftreten der verschiedenen Geno- typen tiberhaupt nichts aussagen. Eine Berechnung w~tre nur m6glich, wenn wir die Zahl der Generationen, die seit dem Auftreten von A bzw. B verstrichen ist, kennen wtirden, and wenn wir den genauen Austauschwert wiigten. Beides ist aber nicht der Fall.

SchlieBIich m6chte ich noch eine Bemerkung zu der Argu- mentat ion von K. H. BAIJER machen, dag die Bernsteinschen Allele A, B, R nicht die gleiche AuBeneigenschMt, sondern ,,bel der Gruppe AB das eine Gen die eine, das zweite Gen eine zweite, ganz andere Substanz" beeinflussen sollen, und damit ,,ohne Analogen mit den gel~ufigen Beispielen der experimentellen Vererbungsbiologie" st~tnde. Es scheint mir durchaus nicht n6tig zu sein, die Gruppe AB als eine Gruppe aufzufassen, deren serologische Eigenschaft durch gleich- zeitige Anwesenheit der Blutk6rpercheneigenschaften A und B charakterisiert ist. Man kann genau so gut sagen, das Gen A bedingt ein bestimmtes VerhMten der Blutk6rperchen im Agglutinationsversuch, das Gen 13 ein anderes und die t™ bination von A and 13 ein drittes Verhalten, das eharakteri- siert ist durch die Reaktionsf~higkeit sowohl mit Serum anti A als mit Serum anti 13. Das Blutk6rperchen der AB-Gruppe braucht nicht die Eigenschaft A and die Eigenschaft B zu besitzen, sondern eine neue, die eben nur fiir den Genotypus AB charakteristisch ist. Somit n immt die 13ernsteinsche Hypothese keine Sonderstellung in bezug auf die 13eziehbarkeit der Allelen- wirkung auf ein und dieselbe AuBeneigenschaft, hier die Agglutinierbarkeit, ein.

L i t e r a t u r : ~ K. H. BAtm~, Klin.Wschr. X928, Nf 34, -- Z. Ab- Stammgslehre Suppl. x928. -- ~ TI~ONSEN, Dtsch. Z. gerichtI. Med. Io, 15 (I 927). -- ~ SCHIF~, t™ Wschr. 8, I o (I 928). -- ~ WEINBER~, Arch. Rassenhyg. 22, 2 (1929). -- ~ Ber. Biol. I2, Nr 11112, 314 (193o). -- �87 HIRSZ~XLD, Konstitutionsserologie. Springer 1928. -- ~ THOMSEN, t™ Wschr. x930, H. 3. -- s 1ROBLIN, Genetics 7 (1922).

I ™ W O C H E N S C H R I F T . 9. J A H R G A N G . Nr. 3 ~ 26. JULI 193o

ZUR FRAGE DER IMMUNOLOGISCHEN ABGRENZUNG VON PALLIDAST~MMEN.

Von

Prof . F. PLAUT und Dr. H. KASSOWlTZ. Aus der Deutschen Porschungsanstalt f,~r Psychiatrie (I~aiser WflheIm-Institut)

Mfinchen.

Eine Reihe von Beobachtungen wies darauf hin, dag die Syphilisspiroch~te kein einheitliches Gebilde ist, sondern dag man mit einer Anzahl von Varianten zu rechnen hat. So hat NoGucI~I auf Grund morphologischer Merkmale (Dicken- unterschiede, Vgindungsbesonderheiten) 3 Typen unter- schieden, die er auch in I™ weiter verfolgen konnte. Ob Unterschiede der Form eine Abgrenzung von Spiroch~ten- st~mmen tats~chlich gestatten, erscheint jedoch zweifelhaft. Soweit Formunterschiede bestehen, scheinen sie nicht aus- reichend konstant zu sein, um ftir die ]Begrfindung von u auszureichen. Die meisten Spiroch~tenforscher verhalten sich denn auch gegenfiber der morphologischen Differenzierung recht zurtickhaltend. So gibt MULZER nicht viel auf morphologische Typen, da er feststellte, dal3 dicke und plumpe Spiroeh~ten einer Kul tur von I~EITXR nach 0ber impfung auf Kaninchenhoden zu auBerordentlich feinen und regelm~Big gewundenen Spiroch~ten wurden. Hervor- gehoben sel, dag selbst die Spiroch~ten aus der Hirnr]nde der Paralytiker sich der Form nach nicht von Spiroch~ten nus anderen Organen und aus anderen t™ der Syphilis unterscheiden lassen (JAHN]~L).

Auch bel der Impfsyphilis der Kaninchen schienen sich Syphilisspiroch~ten verschiedener Herkunft nicht imme�9 gleichartig zu verhalten. Es wurden St~mme beobachtet, die w~hrend langj~hriger l~aninchenpassagen durch eine bestimmte Erscheinungsform der prim~ren I~odenaffektion sich auszeichneten: S t a l l e , die vorwiegend groge Prim~r- affekte, solche die vorwiegend kleine Prim~raffekte, solche die vorwiegend geschlossene Hodensyphilome hervorriefen. Auch die verschiedene H~ufigkeit, mit der der eine oder der andere Stamm bei Kaninchen zum Auftreten von Allgemein- erscheinungen fiihrte, schien fur versehiedene Eigenschaften der St~mme zu sprechen, wobei jedoch nicht sichergestellt ist, ob es sich hier um stabile oder nur um passagere ]Besonder- heiten handelt. Das gleiche gilt von den neurotropen St~mmen, so von dem 1Vfulzerstamm, der einige Jahre lang zu Liquor- ver~nderungen bel I™ fiihrte, diese F~higkeit aber sp~ter wieder verlor (MULZER und PLACe).

Die Beobachtung von KOLLE, dag die Nachimpfung syphilitischer t™ mehrere Monate nach der Erst- impfung, bel Verwendung homologer St~mme nicht zu er- ileuter Sehankerbildung ftihrt (Schankerimmunit~t), w~hrend bel der Verwendung heterologer St~mme sich bel etwa 5 ~ % der iKaninchen erneut Schanker erzielen lassen, spricht ebenfa]ls ffir ein nicht einheitliches, wenn auch nicht grund- s~tzlich verschiedenes Verhalten der Spiroch~Ltenst~mme.

Ein anderer Weg, Syphilisst~mme zu charakterisieren, ist die Prfifung auf ihr immunbiologisches Verhalten, ihre F~higkeit, stammspezifische Antik6rper hervorzurufen. Es muB vorl~ufig dahingestellt bleiben, ob bel der mensch- lichen Syphilis und bel der experimentellen Syphilis der Tiere es fiberhaupt -- abgesehen von jener Serumver~nde- rung, die uns durch die WaR, angezeigt wird und deren Beziehungen zur Pallida noch nicht gekl~rt sind -- zu einer Antik6rperbildung kommt. Die lZesultate, die bei der Priifung menschlicher und tierischer Sera auf Agglutination erhalten wurden, slnd so widersp�9 and die positiven Ergebnisse im Hinblick auf die geringe Titerh6he, die die agglutinierenden Sera aufwiesen, meist so angreifbar, dag eine Er6rterung unfruchtbar erscheint. Ebensowenig konnten spiroch~tocide Wirkungen der Syphilitikersera im Tierexperiment eindentig nachgewiesen werden.

Auch die Immunisierung von I™ mit Spiroch~ten ans syphilitischen Produkten ftihrte nicht zu sicheren Er- gebnissen.

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25. JULI 193o K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 9. J A H R G A N G . N r . 3 ~ 1397

Einwand]reie serologische Reaktionen lieflen sieh bisher nur durch Immunisierung m™ Pallidat~ulturen erzielen.

Kol-m~~ erreichte bel �9 durch intraveii6se Injekt ionen einer n icht erhitzten, flfissigen Pal l idakultur (Nognchistamm, gewaehsen auf Ps + Niere) agglutiiiierende Sera mit TiLer bis I : 128o. KlSS~~YER immunisierte Kaninchen intra- venSs mi t abgetSteten Spiroch~ten aus Ascitesbouillonkulturen und bekam ebenfalls hohe agglutinierende Sera (bel Anwendung von Vollkulturen Titer bis 1 : Ioooo, bel Anwendung von gewasche- nen Spiroch~tensedimenteii Titer bis I : 5ooo). ZlXSSER, HOVKI~S und McBvR~~Y wandten der t ters tel lung des Injekt ionsmaterials besondere Sorgfalt zu, iiidem sie sich bemfihten, mi t reinen, von t™ befreiten Spiroch~Ltensedimenten (Ersatz der Organstt ickchen ira Ni~hrboden durch koaguliertes Eiereiweifl) zu immunisieren. Sie erhiel�8 gleichfalls sehr wirksame agglutinierende (1 :4ooo ) und spiroch~tocide Sera gegeniiber den Kulturspiro- ch~ten, w~hrend diese Sera Gewebespiroch~ten nicht zu beeinflussen vermochten. Die Unterschiede in dem Verhal ten der t™ ch~teii und der Spiroch~ten ans syphilitischen L~sionen gaben sich auch dadurch zu erkennen, dag es n icht gelang, durch Injektion von Gewebespiroch~ten beim Kaninchen agglutinierende Sera zu er- zeugen.

I n der Immunisierung mit Kulturspiroehate~ hatte man somit eine Technik ge]unden, durch die sieh eindeutige Serum- ver~inderungen ausl6sen lassen, und datait war aueh die M6g- liehkeit gesehaNen, au] seroIogische Unterschiede bel der Ver- wendung vey Pallidast~imme zu ]ahnden.

Die ersten Untersuchungen zut Ermi t t lung immunologischer Di�9 bei verschiedeneii Pal l idast~mmen wurden von ZINSSE~, ttOPKI~S uiid MCBUR~E~Z (1916) vorgeiiommen. Die Autoren arbei- te ten mi t einem eigenen Pal l idas tamm ,,A", von der dr i t ten Kaiiin- chenhodenpassage auf Reinkul tur gebracht , und mit 2 von NoGue~II s t ammenden Pal l idaknlturen (Nf. I und Nr. 2), fiber deren Ursprung nichts mitge™ wurde. Der N~hrboden bestand nus Aseites- Bouillon, versetzt mi t St~ckche= von gek™ Eiereiwei/3. S~mtliche Kulturen waren zut Zeit der Untersuchung nicht mehr t ierpathogen. Die Immunis ierung wurde bel Kaninchen uiid Schafen gemacht. Die Prfifung erfolgte auf wechselseitige Agglutination. t t ierbei ergab sich ein fibereinstimmendes Verhal ten der verschie- denen Aiitisera den homologen uiid heterologell St~mmeii gegen- tiber. Eine immunologische Soiiderstellullg eines der 3 St~mme gab sich also bel der Agglutiiiation nicht zu erkennen. DartSber h in ius steIIten die Autoren test, dag IIicht nu r jedes der 3 Pallida- antisera leden der 3 Pall idast~mme uiiterschiedslos agglutinierte, solldern daB dartiber hinaus die Pallidaalltisera auch andersartige Spiroch~tten zu agglutinieren vermochten, n~Lmlich Spir. calligyrum, Spir. microdent ium uiid Spir. refringeiis, uiid dies meist IIoch in sehr hohen Verdt~iinungen. So agglutinierte bei einem Versuch eill durcit Pallida ,,A" gewonnenes Antiserum Kulturspiroch~ten von Spir. eall igyrmn noch in der u I :4000, wXhrend der homologe Pal l idas tamm nur bis l : 2 O o o agglutiniert wurde, Weiterhill wurde festgestelIt, daB Pallidaagglutinine in Pallida- ant iserum von Spir. call igyrum ebenso wie von Spir. pallida ab- sorbier t wurden.

Neuerdings haben KOI.I~~R, WIL�9 und RIClITEI~ (I 926) t~ber vergleichende immnnbiologische Untersuchuiigell an 6 ver- schiedenen Pall idast~mmen berichtet. ,' _

I. Der bekannte, von NIeHOLS 1912 ans Liqller gewonnene Stature 2. S tamm von einer Schleimhautpapel. 3- S tamm von einem Schanker. 4. Stature ,,C" von No~ucHi, Herkunf t unbekannt . 5. Stature ,,Weiss" von einem Schanker der Vulva. 6. S tamm von einem Schanker.

Nur S tamm ,,Weiss" war direkt vom Menschen zum Wachs tum auf N~hrboden gebraeht worden, die anderen 5 St~mme ha t ten vor der Reinzachtung zahlreiche Kaninchenpassagen durchgemacht . ~)ber die Zusammensetzung der NXhrb6den wird nichts mitgeteilt. Gewinnung der Antisera durch iv. Injektionen, zum Teil mi t Voll- kulturen, zum Teil mi t Kochsalzsuspensionen get6teter Pallidae. Pri ifung der Antisera mit deii homologen und heterologen Pallida- St~mmen mit tels Komplementb indung (Methode I<OLMXR) und Agglutination. Die Stg~mme liel3en sich nieht differenzieren, es ergab sich vielmehr eine immunbiologische ~bere ins t immung aller 6 St~mme. Bemerkenswert ist, dal3 der Liquorpal l idastamm von NICHOLS sich ebenso verhielt wie die SchankerpallidastXmrne. NICI~OLS ha t te seinerzeit seinen S™ ans dem Liquor eines Falles von sekund~rer Lues (Neurorezidiv) gewonnen, so daB desseii, mi t den Schankerspiroch~ten tibereinstimmendes Verhal ten IIichts gegen Mlle e twa doch bestehende Besonderheit der bisher noch IIieht immuno]ogisch untersuehten SpirochXten der Lues cerebrospinalis der spiiteren Stadien und der 3/!etalues beweist.

N a c h d e m a m e r i k a n i s c h e A u t o r e n bei ihrel i U n t e r s u c h u n g e l i a n 3 bzw. 6 P a l l i d a s t ~ m m e n die immul ib io log i sche I d e n t i t ~ t f es tges te l l t ha t t e l i , mul3te eilie V e r 6 f f e n t l i c h u n g von KRO6 ul id SCHULZI~ i iber die immunologische Di]]erenzierung von zwei Pallidastiimmen b e s o n d e � 9 I n t e r e s s e e rwecken.

Kilo6 und SCI~VLZE haben intraven6s Kaninchen und intra- gluteal niehtsyphil i t isehe seronegative Menschen mit abget6teten t™162 von 2 St~mmen verschiedener HerkunI t immuni- siert; mi t einem voll ihnen selbst gezfiehteten Stamme K 22 und einem von RelT~R zur u gesr Stature R 36. Beide Sti~mme waren in dem gleiehen Ni~hrboden -- 1oproz. Kaninchen- serum in N~hrbouillon mit Kaninchenleberzusatz -- gezfichtet worden und die Injektionen wurden mit gewaschenell Pallida- Sœ aus den Kulturen vorgenommen. Im Kornplement- bindungsversuch mit alkoholischen Pal l idaextrakten erwiesen sich jeweils nllr die homologen Sera als reaktionsf~hig: die nach Vor- behandlung mi t I™ 22 en tnommenen Sera reagierten nur i~it alko- holischen Rxt rak ten nus K 22 ; die nach u mi t R 36 enti iommenen Sera nur mit alkoholischen Ex t rak ten nus R 36, w~hrend die heterologen Gruppierungen w�8 blieben. Dies t r a f in gleicher Weise bel der Immunisierung von Menschen und Kaninchen hervor. Gleichzeitige Injekt ion von SpirochAtensedi- menten von K 22 und R 36 bei Menschen fi ihrten zu Sera, die mit beiden St~tmmen im I™ reagierten. Kaninchenant isera durch Zusatz zum N~hrboden auf ihr spiroch~to- cides Verhalte�9 gepriift, veranlaBten Wachs tumshemmung nur bel den homologen S• Auch bei t™ auf der Kaninche~- b/utp]atte nach FORrN~~ verhielten sich die beiden Spiroch~iten- st~mme verschieden. Schliel3Iich lieB sich die Stammdifferenz auch durch das Verhal ten der allergischen Hautreakt ion bel mit den beiden St~mmen getrennt, sowie mit den beiden St~mmen gleich- zeitig immunisierten Menschen erweisen.

D ie B e f u n d e v o n KRO6 u n d ScI~vLzE g a b e n l ins wegen des Gegensa tzes , in d e m sie zu den f r i ihe ren E r f a h r u n g e n s t a n d e n , AIIlaB zu e iner N a c h p r ~ f u n g . W i r s t e l l t en die U n t e r - s l i chung au f eine b r e i t e r e Basis, i n d e m wir aul3er K 22 u n d R 36 die i m m u n o l o g i s c h e P r i i fung auf e inen d r i t t e n S t a tu re R 32 a u s d e h n t e n .

K 22 wa r uns v o n H e r r n KRO6 f r e u n d l i c h s t i iber lassen w o r d e n ; der N ~ h r b o d e n b e s t a n d nus Iop roz . K a n i n c h e n - ser l lm in NMlrbol i i l lon, v e r s e t z t m i t Ka l i i nchen lebe r s t t i ckchen . Die R - S t ~ m r n e v e r d a n k e n wi r d e r Gfite des H e r r n REITER; lZ 36 b e f a n d s ich in e inem m i t O r g a n s t t i c k c h e n b e s c h i c k t e n flfissigeli N ~ h r b o d e n ; R 32 w u r d e uns in e inem h a l b s t a r r e n N ~ h r b o d e n t ibe rgeben : P f e r d e s e r l l m - N o r m o s a l zu gleicheli Tei len plus Ka l i i nchen lebe r s t i i ckchen , e r h i t z t au f 8o ~ i iber- s e h i c h t e t m i t Agar .

Um. ftir al le 3 S t ~ m m e gle ichar t ige Bed ingunge l i zli schM- fe~, b r a e h t e n wi r die S t ~ m m e a u f e inen e inbe i t l i eh z u s a m m e n - gese tz t en N 5 h r b o d e n ; die U m s t e l l u n g wa r n i c h t leich%, ge lang abe r schliel31ich. W i r h ie l te l i es frit w~inschenswert , e inen flfissigen N~hrbode l i a n z u w e n d e n , bei d e m m a n o h n e Zu- sa tz voli Organs t i i ckche l i au skam. DaB dieses Ziel e r r e i ch t wurde , v e r d a n k e n wir vo r a l l em unse re r t echn i sche l i Assi- s te l i t in , F r~u le in ANI~A STARI<. Be f inden s ich G e w e b s - s t ~ e k c h e n ira N g h r b o d e n , so s t e l l t i m m e r da s a b z e n t � 9 S e d i m e n t ein Gemenge von Spi roch~te l i u n d G e w e b s d e t r i t u s dar . Dunnh Ausscha l t l i ng jeg l icher Gewebsbes ta l id t e i l e ge- l ang es uns, frit die I m m u n i s i e r u n g v o l l k o m m e n re ine Spiro- c h ~ t e n s e d i m e n t e zu e rhMten .

Der neue N~hrboden wird folgendermaBen zubereitet: 5o0 g Leber werden mit Iooo ccm Wasser 5 Minuten gekocht und danaeh dureh die Maschine getrieben. Nach dem Erkal ten setzt man das I™ wieder zu, gibt 0,6% Pankreat in , IO ecm ~]~-Natron- lauge nnd etwas ChloroIorm hinzu niid stellt das Gemenge in eiiier gut verschlossenen Flasche in deii t3rutschrank. Wenn die Leber zu einem ganz feinell Brei geworden ist, wird die fiberstehende Flfissigkeit abgegossen, zentrifngiert, filtriert, gekocht llnd wieder ~iltriert. Zusatz von 3% Peptoll IIncl 0,75% NaC1. Einstellen auI pa 7,8. Die bei den einzelnen Operationen auf t re tenden Trfibungen werden nach Bedarf durch wiederholtes Kochen und FiItrieren beseitigt. Zusatz von 2proz. Traubenzncker. Sterilisation im Dampftopf, a[~ Stunden. Vor dem ]3eimpfen Zusatz von 2o% friseh entnommenem, einmal durch Seitz-Filter fi l t iertem tZaninchen- serum.

Die a b z e n t r i f u g i e r t e n u n d m e h r m a l s m i t Kochsa l z l6sung gewaschenen , d u r c h E r h i t z e n al if 56o oder d u r c h P h e n o l a b g e t S t e t e n S p i r o c h ~ t e n m a s s e n w u r d e n in Kochsa l z t6 sung

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Tabelle 1.

26. .JULI 193o

Serum- verdiinnung

Antiserum K 22

A g g l u t i n a t i o n von

Stamm K 22 durch Stamm R 36 durch I Stamm R 32 durch

I : IO

I : IOO

I : 3 0 0

I : 60o I : IOEO0 i : 24oo

Zeichenerkl~rung:

Antiserum Antiserum R 36 R 32

Antiserum Antiserum R 36 R 32

Antiserum K 22

+ + + + ~ o o + + + + o o o

+ + o o o + ~ o o @ O 0 O

O 0 0 6

+ bis + + + + = Grade der Agglutination.

+ + + + + + + + + + + +

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +

= keine Agglutination.

Antiserum K 22

I Antiserum I I R 36 ]

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + + +

+ +

Antiserum R 32

+ + + + + + + + + + + +

+ + + + 0

Tabelle 2. Wachstumshemmung. Zusatz des Antiserums zum N~hrboden vor der BeimpJung.

Antiserum-Nahrboden beimpft mit

Serumgehalt Stamm K 22 Stature R 36 Stamm R 32

Antiserum Antiserum Antiserum Antiserum AntJserum Antiserum Antiserum Antiserum Antiserum % K 22 R 36 R 32 K 22 R 36 R 32 K 22 R 36 R 32

IO

4 2

I

O,4 0 , 2

O, I

0 , 0 4 0 �87

O,OI

O

O

O 0

0

0

0

O

0 +

+ + + + + +

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +

+ + + + + + + + + + + + + + + + + +

i + T + + + + + + + + + + + + +

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +

0

o

0 0

0

0

0

0 +

+ + +

f~

o

0

0

0

o

0 o +

+ + +

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +

f~

0

0

0 0

o

0

0

+ + + + + +

Zeichenerkl~rung: + = Wachstum, ~ = kein Wachstum.

Tabelle 3. Komplementbindung.

0

0 i O

0

O

0

0

0

O + + + + + +

Splrochfiten-Extrakte von

Serummenge Stature K 22 geprfift gegen Stature R 36 gepriift gegen Stamm R 32 geprfift gegen

Antiserum Antiserum Antiserum Antiserum Antiserum Antiserum Antiserum Antiserum Antiserum K 22 R 36 R 32 K 22 R 36 R 32 K 22 R 36 R 32

o , o 2 5 r

o , o I 5 0

o , o i ft

o , o o 5 0

0 , 0 0 3

O,OO2 0

O,OOI O

O,0OO 5 f~

O 0

Zeichenertd~rung: + bis + + +

+ + + + + + + + + + + +

+ + + + +

0

0

O O

o

0

0

0

0

0

f~

0

+ 0

0

0

0

0

o

0

0

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +

+ + 0

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +

+ + 0

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +

+ + + 0

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + §

o

+ = Grade der Hemmung der I-I~tmolyse, • = t{S, molyse.

a u f g e n o m m e n u n d I ™ i n t r a v e n S s e i nve r l e ib t ; p ro in j ec t ione : 3 ecm e iner I proz. Pa l l idasuspens ion .

Schon n a c h d u r c h s c h n i t t l i c h 3 I n j e k t i o n e n ze ig ten die t ™ sehr ausgesp rochene serologische R e a k t i o n e n . Gepr t i I t w u r d e au i A gg l u t i na t i on , au I Spi roch~tocid ie , in F o r m d e s Zusa tzes de r A n t i s e r a z u m N~thrboden, u n d auf K o m p i e m e n t b i l d u n g , be i V e r w e n d u n g a lkohol i scher Pa l l ida - e x t r a k t e als An t igen .

E s e rgab s ich in U b e r e i n s t i m m u n g m i t den B e f u n d e n v o n KRO6, daB K 22 u n d R 36 mit allen Methoden ein vollkommen di/]erentes Verhalten auIwiesen ; die A n t i s e r a r e a g i e r t e n n u r m i t d e m h o m o l o g e n S t a m m . Eine ebenso schar]e serologische Di]#renz™ ergab sich bei der vergleichenden Untersuchung von K 22 und R 32. Hingegen stimmten tt 36 u n d R 32 sero- logisch qualitativ miteinander v611ig i&berein.

W i r b r i n g e n 3 Tabe l len , die das V e r h a l t e n de r 3 St~imme bei A n w e n d u n g der v e r s c h i e d e n e n U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e n i l lus t r ie ren .

Aus Tabe l le z i s t ers icht l ich , daB jeder S t a m m d u r c h sein homologes A n t i s e r u m a g g l u t i n i e r t wird . Das A n t i s e r u m K 22 v e r m a g n u r Pa l l idae K 22 zu agg lu t in ie ren , i s t gegent iber den R-St~ tmmen wirkungs los , w ~ h r e n d die A n t i s e r a be ide r

R - S t / i m m e K 22-Spiroch/~ten n i c h t zu agg lu t in i e ren ver- m6gen . Auf der a n d e r e n Sei te w e r d e n die Sp i roch~ ten von R 36 u n d R 32 n i c h t n u r v o n i h � 9 e igenen A n t i s e r u m agg lu t in ie r t , s o n d e r n in gleicher Weise a u c h von d e m a n d e r e n R - A n t i s e r u m . R 36 l iefer te die a m st/~rksten, I™ 22 die a m schw~chs t en a g g l u t i n i e r e n d e n Sera, wXhrend die W i r k s a m - ke i t de r gegen R 32 g e r i c h t e t e n Sera s ich in de r M i t t e hiel t . Der h o h e A g g l u t i n i n t i t e r von A n t i s e r u m R 36 t r i t t auch gegenfiber R 32-Sp i roch~ten he rvo r , so daB es diese n o c h in h 6 h e r e r V e r d i i n n u n g als das homologe A n t i s e r u m zu agglu t i - n i e r en ve rmag .

Tabel le 2 zeigt, d ag A n t i s e r u m I™ 22 n o c h in sehr ger inger Menge (o,04%) jedes W a c h s t u m in den K - 2 2 - K u l t u r e n ver - h i n d e r t , w ~ h r e n d es a u c h in we i t h 6 h e r e n I™ (IO %) das W a c h s t u m be ide r R - S t ~ m m e n i c h t b e e i n t r ~ c h t i g t : Die R - A n t i s e r a sch~digen n i c h t das W a c h s t u m von K 22, abe r j edes R - S e r u m v e r h i n d e r t das W a c h s t u m be ider R - S t ~ m m e in de r K u l t u r . Q u a n t i t a t i v e r sche inen die R - A n t i s e r a u m ein ger inges w i r k s a m e r als A n t i s e r u m t™ 22.

Tabe l le 3 lgBt e rkennen , daB a u c h be i de r I ™ b i n d u n g die B e s o n d e r h e i t des S t a m m e s IK 22 gegeni iber den R - S t g m m e n ganz e indeu t ig h e r v o r t r i t t , u n d daB ande re r s e i t s

Page 4: Zur Frage der Immunologischen Abgrenzung von Pallidastämmen

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die beiden R-St~mme untereinander v611ig iibereinstimmen. Nut das Antiserum K 22 zeigt in starkster Konzentrat ion eine geringsfiigige Hemmung gegeniiber Spiroch~tenextrakt aus Stamm N 36, was natiirlich die Eindeutigkeit der Er- gebnisse nicht beeintr~chtigt. Der Titer vom Antiserum K 22 bleibt gegentiber dem Titer yon R 36 und R 32 zuriick.

Ausdriicklich set hervorgehoben, dab der positive Ausfall der t(omplementbindungsreaktion yon Kaninchensera nach Immunisierung mit Pallidae nur dann eine ftir Pallida- reaktion spezifische Bedeutung hat, wenn die Sera sich nach WaR. vollkommen negativ verhalten, d. h. mit cholesterinier- tern Ninderherzextrakt nicht reagieren. Immunisier t man, wie wir es getan haben, mit yon Gewebsresten freiem Pallida- sediment, so beobachtet man nut ausnahmsweise, und auch dann nut meist voriibergehend, ein im Sinne der WaR. positives Verhalten der Kaninchensera. Reagieren primar Wa-positive oder nach Immunisierung mit Pallida Wa- positiv gewordene Kaninchen mi t Pall idaextrakten, so be- weist dies nichts fiir eine Pallidareaktion, da nicht zu erkennen ist, ob in solchen Fallen der Pal l idaextrakt infolge seines Gehaltes an unspezifischen Lipoiden nicht lediglich die Nolte eines Wassermannantigens spielt, wie PLAVT an anderer Stelle eingehend dargelegt hat. Die in Tabelle 3 aufgeffihrten Resultate, sowie die aus den Untersuchungen an Parallel- tieren gewonnenen Schliisse beziehen sich selbstredend nut auf Wa-negative Kaninchensera.

Alle drei serologischen Priifungsmethoden erwiesen somit die Sonderstellung yon K 22 gegentiber den beiden N-St~mmen

Vergleichsuntersuchungen von GZORGI, PRAIJSNITZ und FISCHER zwischen einem Noguchi-Stamm und dem Stamm K 22 gaben dessert serologisch differentes Verhalten ebenfalls zu erkennen. Ob dieser Noguchi-Stamm mit N 36 und R 32 identisch ist, bleibt noch zu untersuchen.

Es set hier eingeftigt, dab die mit den 3 Kulturs tammen gewonnenen Antisera gegentiber Gewebsspiroch~ten aus Kaninchenschankern (TRuFFI, NICI~IOLS, MULZER) keine Wirkung erkennen lieBen. Sera yon Kaninchen, die mit Injektionen yon Hodenspiroch~tensuspensionen der drei ge- nannten Kaninchenst~mme vorbehandelt waren, beeinfluBten auch ihrerseits nicht die Kutturspiroch~ten, wie sie auch den homologen und heterologen Hodenspiroch~ten gegentiber keine Neaktionen zeigten. Mit Kulturspirochaten immuni- sierte Kaninchen zeigten nach Hodenimpfung mit Gewebs- spirochaten Schankerbildung wie normale Kaninchen.

Ebenso wie die anderen Autoren haben wit die sero- logische Stammdifferenzierung dutch Immunisierung mi t Vollspirochaten vorgenommen. Wir haben nun weiterhin die Frage gepr~]t, ob die AuslSsung stature- bzw. typenspezi]ischer Antisera an die Intaktheit der ]i~r die Immunisierung benutzten Spirochditen gekni~p]t ist. Bekanntlich ist dies bet den in serologischer Hinsicht so ausgesprochen typenspezifisehen Pneumokokken der Fall, we gelSste Bakterienbestandteile hin- sichtlich der Bildung typenspezifischer Antik6rper unwirksam sind nnd die typenspezifischen antigenen Bestandteile (Poly- saccharide) nut in den intakten Pneumokokken wirksam sind. Wir stellten Autolysate yon Spirochaten auf folgende Weise her :

Etwa i g feuchte, mit Kochsalz gewaschene Sprioch~ten werden mit etwa 0,5 ccm Toluol gut vermengt und das Gemisch im ver- schlossenen GefXl3 24 Stunden im ]3rutschrank aufbewahrt. Ver- fltissigung tritt nicht ein. Es entsteht eine schmierige, v611ig homo- gene Masse, in der mikroskopisch noch Spiroch~ten zu erkennen sind. Es wird nnn etwas destilliertes Wasser zugefiigt, gut gemiseht und weitere 48 Stunden im t3rutschrank digeriert. Nach dieser Zeit sind mikroskopiseh keine intakten Spiroch~ten mehr zn er- kennen. Dann werden 5 ccm physiologische Kochsalzl6sung zu- geftigt und I Stunde auf 560 erhitzt, In der vorher stark trtiben Flfissigkeit hat sich ein voluminSseS lKoagulum gebildet. Durch 4 sttindiges Zentrifugieren wird die Fltissigkeit yon den koagulierten Massen getrennt, wobei sich ein geringer Tell anf der OberflXche der Flfissigkeit als dtinne ttaut absetzt. Die gelbliehe, schwach opaleszente L6sung wird abgegossen, auf etwa IOO ccm mit physio- logischer Kochsatzl6sung aufgeftillt, mit Phenol versetzt und im Eisschrank aufbewahrt. Die Fltissigkeit zeigt negative ]3iuret- reaktion, schwach positive Xanthoprotein-, Diazo-, Ninhydrin- reaktionen, stark positive 2dolischreaktion.

Zur Immunisierung werden 3 ccm pro Injektion verwendet.

Die durch Immunisierung mit Spirochi~tenautoIysaten ge- wonnenen Antisera stimmten mit den dutch Immunisierung mit VollspirochSten entstandenen Antisera vollkommen i~berein. Die Stature- bzw. Typenspezi]itSt blieb durchaus gewahrt. Autolysate fiihrten sctmeller und zu starker wirksamen Anti- sera als Vollspiroch~ten.

Nachdem so gefunden worden war, dab ans dem Zell- verband losgelSste und in w~sserige LSsung gebrachte Spire- chatenbestandteite antigene Wirkungen yon stammspezifischer Eigenart ansfibten, wurde die Frage geprtift, ob such bet der Immunisierung mit in Alkohol 15sliehen Spiroch(~tenbestand- teilen die stammspezi]ische Eigenart der Antisera zur Ent- wiclclung kam. Die Immunisierung erfolgte mit alkoholischen Pall idaextrakten unter Zusatz yon Schweineserum al s Schlep- per. Aueh bet dieser Art des Vorgehens lconnten Antisera ge- wonnen werden, die stammspezi]isch in gleieher Weise charak- terisiert waren wie bet Verwendung yon Vollspiroch~ten und von Spiroch~tenautolysaten ftir die Immunisierung; jedoch war der Titer bet der Untersuchung auf Komplementbindung ein vergleichsweise sehr vie1 niedrigerer; auch die Agglutinine traten nur in bescheidenstem Umfange anf, w~hrend spiro- ch~tocide Wirkungen iiberhaupt nicht zu beobachten waren,

Es ist sonach anzunehmen, daft das stammspezi]iseh wzr same Antigen wasserl6slich ist und nut zu einem geringen Tell aueh in alkoholische Extrakte i~bergeht.

Der Stamm K 22 unterscheidet sich such morphologisch yon den R-St~mmen: Die Spiroch~ten yon K 22 erscheinen in Kulturen als besonders zarte, feine Gebilde, die vor dem Zugrundegehen sich strecken und ihre Windungen grSBten- tells verlieren, w~hrend die N-St~mme sich dicker und plumper darstellen, vielfach zu sehr langen Gebilden auswachsen und in Bruchstiicke mit gut erhaltenen Windungen zeriatlen.

Auch hinsichtlich der Anspriiche an den N~hrboden be- steht keine v611ige Obereinstimmung. K 22 w~chst bet der Verwendung unserer flfissigen organfreien NahrbSden nur bet Zusatz yon inaktivier tem Kaninchenserum, w~hrend es bet den R-St~mmen keinen Unterschied macht, ob die Kanin- chensera in akt ivem oder in inaktivier tem Zustand zugesetzt werden.

~lber die HerkunJt der 3 St4mme ist folgendes zu sagen: Die Spirochgtenkultur K 22 wurde mit einer syphilitischen Kaninchencornea im Jahre 1926 yon KRO6 angelegt. Die Knlturen R 36 und N 32 stammen direkt vom Menschen. Wie uns Professor NEITER mitteilte, handelt es sich um zwei verschiedene, aus Primgraffekten gewonnene Stamme, die yon FICKER im Laborator ium yon A. v. WASSERMAI~N isoliert wurden. Professor BRUH~S, der das Material geliefert hatte, konnte uns nur mitteilen, dab er im Jahre 1921 das Material abgegeben habe; da das Spirochatenmaterial stets in gewissen zeitlichen Abstgnden geschickt wurde, ist Professor BRUHNS der Meinung, man kSnne nicht annehmen, dab die Infek- tionen der beiden Kranken aus der gleichen Quelle stammten. Jedenfalls steht fest, dab N 36 und N 32 yon verschiedenen Menschen abgeimpft wurden und dab deshalb ihre immuno- logische Ident i ta t sich nicht aus ihrer Herkunft yon dem gleichen Kranken erMgren lgl3t.

Bevor man den Stamm X 22 als biologische Variante der Pallida anerkennen kann, mftssen einige sel~unddire Momente erwogen werden, die einen Einflufi auJ die immunologisehe Besonderheit dieses Stammes gewonnen haben kSnnten.

Zun~tchst ware daran zu denken, dab das Erhaltensein der Virulenz auf der einen, das Erloschensein derselben auf der anderen Seite eine Nolle spielt. Wit haben die Kulturen yon K 22, N 36 und R 32 dutch Verimpfung anf Kaninchen- hoden bet jeweils 3 Versuchstieren auf ihre Tierpathogenitat gepriift und durchweg negative Nesultate erhalten. S(~mt- liche Kulturen waren also zu ether Zeit, als wit 8ie immuno- logisch noch zu di]Jerenzieren vermochten, bereits avirulent. Eine M6glichkeit, daB der jtingere und ve t nicht langer Zeit yon KRo6 noch als virulent festgestellte Stamm K 22 in- folge ether noch bestehenden Virulenz sich yon den wesent- lich ~lteren avirulenten N-St~ommen unterscheidet und hierauf seine serologische Eigenart beruht, ist somit nicht anzu- nehmen.

Page 5: Zur Frage der Immunologischen Abgrenzung von Pallidastämmen

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Ferner ist zu beachten, dafi die beiden R-Stdmme direkt vom Mensehen stammen; der Stature K 22 �9 das Kaninchen gegangen ist. Es w~fe zu erw~gen, ob die serologischœ Ver- schiedenheit zwischen den R-St~mmen und dem Stamm K 22 hiermit in ]3eziehung steht.

KOLMER und seine Mitarbeiter haben, wie erw~ihnt, zwischen œ direkt vom Menschen gezfichteten und ffinf zuvor fiber I~aninchenpassagen geffihrten Pallidast~mmen bel der Prfifung auf Agglutination und I™ keinen Unterschied feststellen k6nnen. Sonach kann lcaum angenommen werden, dafl durch Kaninchenpassagen eine immunologische Um/ormung der Pallidae hervorgeru]en wird, eine Annahme, die schon a priori als unwahrscheinlich gelten konnte.

Nachdem GEORaI, PRAUS~ITZ nnd FISCHER die Beob- achtung gemacht haben, dag ein Noguchi-Stamm durch eine Anderung des Nahrbodens (Ersatz der Nierenstfickchen durch Gehirnstfickchen) eine Ver~nderung erfuhr, die sich auch in dem serologischen Verhalten auswirkte, muB auch in Be- • gezogen werden, ob das verschiedene Verhalten der uns hier beschoE]tigenden Stdmme au/ Ein]l�9 des Nghrbodens zuri~ckzu]i~hren set. Diese Annahme hat jedoch deshalb wenig Wahrscheinlichkeit ftir sich, weil die serologische Verschieden- heit von K 22 und R ]6 ebenso hervor t ra t bei Spiroch~ten, die von KRO6 auf seinem N~hrboden gezfichtet waren, wie bel uns, obwohl wir die Zusammensetzung des N~hrbodens nicht unerheblich modifiziert hatten. Andererseits waren die St~mme R 32 und R 36 auf verschiedenartig zusammen- gesetzten N~hrb6den uns von REITER fibergeben worden und st immten gleichwohl bel unserer Prfifung serologisch mit- einander fiberein. Daraus ist wenigstens eines zu schliegen, dafl ira allgemeinen ~Vdhrbodensahicksale die Spirochdten nicht nachhaltig beein]lussen. Aucb die Spiroch~tenst~mme der amerikanischen Autoren waren zeitweise auf verschieden zusammengesetzten N~hrb6den gehalten worden, ira Laufe der Jahre war die Zusammensetzung der N~hrb6den wieder- holt ver~ndert worden, ohne daB dies einen EinfluB auf das iibereinstimmende immunologische Verhalten de�9 St~mme auszufiben vermochte.

Endlich k6nnte in Betracht gezogen werden, dafi K 22 ~berhaupt keine Pallida, sondern Spir. cuniauli ist oder aine Mischung baider Spirochgtenarten darstellt. ~(OLMER und seine Mitarbeiter haben ihren eigenen, von Kaninchen gewonnenen Reinkulturen gegeniiber diese Frage aufgeworfen, betonten jedoch, sicher zu sein, da~3 eine Verunreinigung mit Spir. cuniculi nicht stattgefunden habe. Dies ist bei K 22 besonders nnwahrscheinlich, weil dieser Stature nicht vom Hoden, sondern von der Cornea abgeimpft wurde und bekanntlich die Spir. cuniculi nicht an der Cornea zu haften vermag. �99 hat KR06 durch Rfickimpfung mit der 8o. I™ passage auf Kaninchen t todensyphilome erzeugen k6nnen. Wollte man gleichwohl noch erw~gen, ob nicht K 2EEoE neben Pallida noch Spii. cunicul[ enth~lt und der besondere Anti- k6rpertyp durch Spir. cuniculi hervorgerufen ist, so h~tte ,erwartet werden miissen, daB die Immunisierung mit K 22 auBer zu dem Auftreten des Sondertypes auch zu dem des gew6hnlichen Types der PMlida-Antik6rper fiihren wfirde, was aber nicht der Fall war. t{ingegen bat KRO6 durch Im- munisierung mit einer Mischnng von K 2~ und R 36 beide Antik6rpertypen erzeugen k6nnen. Nach alldem kann wohl aine Beein/lussung durah Spir. cuniculi bai K 22 nicht in 2'rage lcommen.

Somit gibt weder die Virulenz noch die Einschiebung des I™ als Zwischenwirt zwischen Mensch nnd torero N~hrboden, noch eine besondere, modifizierende Zusammen- setzung des N/~hrbodens, noch schtie131ich das Hineinspielen von Spir. cuniculi eine Erkl~rung ffir die immunologische Besonderheit von K 22. JV~an wird diesen Stature sonaeh als eine biologisahe Variante der Pallida ansehen di'~r/en.

Da s~mtliche, von amerikanischer Seite untersuchten Pallidast~mme serologisch fibereinstimmten, ebenso wie die von uns untersuchten beiden R-St~mme, ist die Annahme naheliegend, dafl ein einziger immunologischer Pallidatyp die Regel ist und K 22 einen Ausnahmetyp darstellt. Ob solche

R I F T . 9. J A H R G A N G . Nf . 30 26. JULI i93o

Ausnahmetypen sich nur in Kulturen herauszubilden ver- m6gen oder ob ste auch bel der syphilitischen Infektion auf- t reten und ob ihnen vielleicht sogar eine pathogen sich aus- wirkende Eigenart zukommt, l~13t sich vorl~ufig nicht be- urteilen.

Zusammen/as~ung: Die Immunisierung von I™ mit Kulturspiroch~ten von 2 Pallidast~mmen verschiedener Herkunft (REITER [R 36 und R 32) ergaben identische Anti- sera (Agglutination, Spiroch~tocidie, Komplementbindnng).

R 36 und R 32 lieBen sich von einem dritten Pallida- s tamm (KRO6 t™ OE2) immunologisch differenzieren.

Die Stammdifferenzierung gelang nicht nur bel der Im- munisierung mit Vollspiroch~ten, sondern ebenso mit ge- 16sten Spiroch~tenbestandteilen (Pallida-Autolysaten).

Es wird angenommen, dag R 36 und R 32 dem allgemein verbreiteten Pall idatypus angeh6ren, dessen immunologische Einheitl ichkeit von amerikanischen Autoren festgestellt wurde, und daB K OEoE einen Ausnahmetypus darstellt.

Litera%ur: GEORGI, PRAUSNITZ u. FISCttER, Klin. Wschr. i929, Nr 43. -- I~ISS~EYER, Dtsch. med. Wschr. I915, Nf i i . -- KOLMER, J. of exper. Med. x9I 3, 18. -- ~OL~ER, WILKES-WEIsS u. RICH:rER, J. int. Dis. 38, 378 (1926). -- I~Ro6 u. SCH•LZE, I™ Wschr. I928, Nr 6; I929, Nr 26. -- I™ SeHuLZE u. ZANDER, Daselbst I929, Nf 17. -- PLAUT, Z. Neur. I23,365 (193o). -- ZINSSER U. !tOPKINS, J. of exper. Med. 23, 323 (1916). -- ZINSSER, I-IoPI~INS u. GILBERT, Daselbst 21, 231 (1915). -- ZINSSER, I-IoPKINS U. MCt3URNEY, Daselbst 23 , 329 u. 341 (1916); 24 , 561 (1916).

UNTERSUCHUNGEN UBER DEN ZUCKERSTOFF- WECHSEL AN EINEM FALL V0N

SPONTANER LAVULOSURIE. Von

Dr. ~A~ORBERT ANSCHEL. Aus der I. Medizinischen Abteilung der Krankenanstalt ,,Rudolfstiftung" in •Vien

(Vorsfand: Hofrat Prof. Dr. GUSTAV SINGER).

Unter den St6rungen des Kohlehydra%stofIwechsels nimmt die Fructosurie eine Sonderstellung ein. Diese Anomalie is% ~uBerst se]ten und erfordert eigentlich kein therapeutisches t tandeln, da die Stoffwechselst6rung harmlos ist. Die Selten- heit der Fructosurie geht daraus hervor, dal3 bis heure nur etwa 15 F~ille bekannt sind, von denen ein Teil nicht mit ab- soluter Sicherheit als L~ivulosurie angesehen werden kann, da die Methodik, mit welcher der Nachweis der L~ivulose ge- ffihrt wurde, nicht einwandfrei war.

Die ~lteren Aufioren besch~ftigten sich wiederholt mit der Frage, ob beim ech%en Diabetes mellitus neben der Glucose auch L/~vu]ose ira Harn ausgeschieden werde. Die Methode der Untersuchung bestand darin, daB ste den Harnzucker polarimetrisch und t i tr imet�9 bestimmten. Ergab nun die Titrat ion einen hSheren Wert als die Polarisation, wurde der Harn noch der G~irung nnterworIen. Wenn nun das Er- gebnis der Giirung dem der Titrat ion entsprach, muBte im Harn ein Zucker vorhanden sein, der die Ebene des polari- sierten Lichtes nach links drehte. Diese verg~irbare Sub- ss welche Fehlingsche L6sung reduzierte, wurde als L~vulose angesprochen. Der Nachweis, daS bel alkalischer Reaktion des Harnes schon in der t™ aus Dextrose L~vu- lose entstehen kann (LoBRY DE BRUu C. I~EUBERG, BICKEL nnd BEl;DIX), mahnt zur Vorsich% bel der Un™ von Diabetikerharnen. ROSlN und LABAND haben solche Unter- suchungen vorgenommen und bel einer verh~Itnism/tl3ig groBen Zahl von Diabetikern L~ivulose neben Dextrose im Harn und auch ira Blut fests%ellen k6nnen. Anch UMBER konn%e dieselben Befunde erheben. Einen wei%eren Beweis ffir das Vorliegen von L~ivulose ffihrten die Autoren mit Hilfe der Probe von S]~LIWANOFF und durch die I)arstellung des Methylphenyl-Osazons nach C. NEUBERG. Die Belunde von ROSIN und LABAND konnte W. SCHLESINGER nicht be-

st~ttigen. Mit Hilfe der erw~hnten Methoden ~mrden einige F~tle

von echter spontaner L~ivulosurie entdeckt. Aus der frfi- heren Zeit diirfte der FMI von S~EGEN-KOLz, kombiniert