zur effektivität der arthroskopischen synovektomie bei rheumatoider arthritis

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Redaktion K. Schmidt, Dortmund W. Rüther, Hamburg/Bad Bramstedt Z Rheumatol 2008 · 67:485–490 DOI 10.1007/s00393-008-0314-5 Online publiziert: 7. September 2008 © Springer Medizin Verlag 2008 H.-D. Carl · B. Swoboda Orthopädisch-Rheumatologische Abteilung der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg, Im Waldkrankenhaus St. Marien, Erlangen Zur Effektivität der arthros- kopischen Synovektomie bei rheumatoider Arthritis Leitthema Allgemeiner Teil Indikation: die „therapieresistente Synovitis“ Bereits in den Anfängen der Orthopä- dischen Rheumatologie hat sich die Ar- throsynovektomie als ein wesentliches Operationsverfahren für die Lokalbe- handlung bei entzündlich-rheuma- tischen Erkrankungen etabliert. Die Indi- kation zur Synovektomie wurde bereits im Jahr 1972 definiert [22]. Sie ist demnach bei „therapieresistenter“ arthrosynovialer Schwellung zu stellen (Abb. 1). Interessanterweise ist der Begriff „the- rapieresistent“ nicht allgemein gültig defi- niert. Einigkeit herrscht darüber, dass frü- hest möglich nach Diagnosestellung eine aggressive medikamentöse Therapie ein- zuleiten ist mit dem Ziel, eine echte Re- mission zu induzieren. Das Ansprechen der medikamentösen Therapie kann zwar durch verschiedene Parameter [6, 29] ob- jektiviert werden, für die Indikationsstel- lung zur Synovektomie werden diese Kri- terien bislang aber nicht eingesetzt. Viel- mehr unterliegt es der Erfahrung der be- handelnden internistischen und orthopä- dischen Rheumatologen, im gegenseitigen Dialog die Indikation zur Arthrosynovek- tomie zu stellen. Was heißt „therapieresistent? In früheren Arbeiten zur Arthrosyno- vektomie wurde ein Zeitraum von etwa 6 Monaten genannt, nach dem die Termi- nologie einer „therapieresistenten Synovi- tis“ gerechtfertigt ist [16]. Durch die Viel- zahl der inzwischen verfügbaren medika- mentösen Behandlungsoptionen mit deut- lich variierendem Wirkeintritt erscheint die Definition eines fixen Zeitraums je- doch nicht mehr sinnvoll. Umso wichtiger ist die Zusammenarbeit zwischen internis- tischem und orthopädischem Rheumato- logen, um für den individuellen Patienten den bestmöglichen Zeitpunkt für die Syn- ovektomie festzulegen. Frühsynovektomie mit besseren Ergebnissen Nahezu alle Studien zur Arthrosynovek- tomie unterscheiden die so genannte Frühsynovektomie mit fehlender oder al- lenfalls geringer knöcherner Destruktion (Larsen-Stadium 0–II [17]) von der Spät- synovektomie (Larsen-Stadium III oder höher). Bei fehlender knöcherner Betei- ligung scheint der schmerzlindernde Ef- fekt des Eingriffs unabhängig vom Gelenk langfristiger zu bestehen. > Eine Frühsynovektomie soll sekundäre Gelenkschädigungen durch persistierende Synovitis verhindern Die Rationale hinter der Empfehlung zur Frühsynovektomie besteht darin, sekun- däre Gelenkschädigungen durch persistie- rende Synovitis zu verhindern. Nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin ist ein gelenkerhaltender Effekt der Frühsyn- ovektomie allerdings bislang nicht gesi- chert, da vor allem vergleichende Studien zur Progression der Gelenkschädigung fehlen. Spezieller Teil Obere Extremitäten Im Gegensatz zu Beschwerden an den unteren Extremitäten werden die Funk- tionseinschränkungen an den Gelenken der oberen Extremitäten von den Rheu- mapatienten oft erstaunlich gut kompen- siert und führen nur zu geringen Lei- densdruck. Die klinische Untersuchung der Gelenke der oberen Extremitäten im Hinblick auf arthrosynoviale oder teno- synoviale Schwellungen ist unseres Erach- tens besonders wichtig, um eine Frühsyn- ovektomie an den betroffenen Gelenken durchzuführen und damit ein Fortschrei- ten der Gelenkschädigung bestmöglich zu verzögern. Schultergelenk Die Datenlage zur alleinigen Synovekto- mie der rheumatischen Schulter ist be- schränkt. Ursächlich hierfür ist wohl, dass Abb. 1 8 Intraoperative Aufnahme bei Arthros- kopie des Kniegelenks. Ausgeprägte zottige Synovitis 485 Zeitschrift für Rheumatologie 6 · 2008 |  

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Page 1: Zur Effektivität der arthroskopischen Synovektomie bei rheumatoider Arthritis

RedaktionK. Schmidt, Dortmund W. Rüther, Hamburg/Bad Bramstedt

Z Rheumatol 2008 · 67:485–490DOI 10.1007/s00393-008-0314-5Online publiziert: 7. September 2008© Springer Medizin Verlag 2008

H.-D. Carl · B. SwobodaOrthopädisch-Rheumatologische Abteilung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Im Waldkrankenhaus St. Marien, Erlangen

Zur Effektivität der arthros-kopischen Synovektomie bei rheumatoider Arthritis

Leitthema

Allgemeiner Teil

Indikation: die „therapieresistente Synovitis“

Bereits in den Anfängen der Orthopä-dischen Rheumatologie hat sich die Ar-throsynovektomie als ein wesentliches Operationsverfahren für die Lokalbe-handlung bei entzündlich-rheuma-tischen Erkrankungen etabliert. Die Indi-kation zur Synovektomie wurde bereits im Jahr 1972 definiert [22]. Sie ist demnach bei „therapieresistenter“ arthrosynovialer Schwellung zu stellen (. Abb. 1).

Interessanterweise ist der Begriff „the-rapieresistent“ nicht allgemein gültig defi-niert. Einigkeit herrscht darüber, dass frü-hest möglich nach Diagnosestellung eine aggressive medikamentöse Therapie ein-zuleiten ist mit dem Ziel, eine echte Re-mission zu induzieren. Das Ansprechen der medikamentösen Therapie kann zwar durch verschiedene Parameter [6, 29] ob-jektiviert werden, für die Indikationsstel-lung zur Synovektomie werden diese Kri-terien bislang aber nicht eingesetzt. Viel-mehr unterliegt es der Erfahrung der be-handelnden internistischen und orthopä-dischen Rheumatologen, im gegenseitigen Dialog die Indikation zur Arthrosynovek-tomie zu stellen.

Was heißt „therapieresistent?

In früheren Arbeiten zur Arthrosyno-vektomie wurde ein Zeitraum von etwa 6 Monaten genannt, nach dem die Termi-nologie einer „therapieresistenten Synovi-tis“ gerechtfertigt ist [16]. Durch die Viel-

zahl der inzwischen verfügbaren medika-mentösen Behandlungsoptionen mit deut-lich variierendem Wirkeintritt erscheint die Definition eines fixen Zeitraums je-doch nicht mehr sinnvoll. Umso wichtiger ist die Zusammenarbeit zwischen internis-tischem und orthopädischem Rheumato-logen, um für den individuellen Patienten den bestmöglichen Zeitpunkt für die Syn-ovektomie festzulegen.

Frühsynovektomie mit besseren Ergebnissen

Nahezu alle Studien zur Arthrosynovek-tomie unterscheiden die so genannte Frühsynovektomie mit fehlender oder al-lenfalls geringer knöcherner Destruktion (Larsen-Stadium 0–II [17]) von der Spät-synovektomie (Larsen-Stadium III oder höher). Bei fehlender knöcherner Betei-ligung scheint der schmerzlindernde Ef-fekt des Eingriffs unabhängig vom Gelenk langfristiger zu bestehen.

> Eine Frühsynovektomie soll sekundäre Gelenkschädigungen durch persistierende Synovitis verhindern

Die Rationale hinter der Empfehlung zur Frühsynovektomie besteht darin, sekun-däre Gelenkschädigungen durch persistie-rende Synovitis zu verhindern. Nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin ist ein gelenkerhaltender Effekt der Frühsyn-ovektomie allerdings bislang nicht gesi-chert, da vor allem vergleichende Studien zur Progression der Gelenkschädigung fehlen.

Spezieller Teil

Obere Extremitäten

Im Gegensatz zu Beschwerden an den unteren Extremitäten werden die Funk-tionseinschränkungen an den Gelenken der oberen Extremitäten von den Rheu-mapatienten oft erstaunlich gut kompen-siert und führen nur zu geringen Lei-densdruck. Die klinische Untersuchung der Gelenke der oberen Extremitäten im Hinblick auf arthrosynoviale oder teno-synoviale Schwellungen ist unseres Erach-tens besonders wichtig, um eine Frühsyn-ovektomie an den betroffenen Gelenken durchzuführen und damit ein Fortschrei-ten der Gelenkschädigung bestmöglich zu verzögern.

SchultergelenkDie Datenlage zur alleinigen Synovekto-mie der rheumatischen Schulter ist be-schränkt. Ursächlich hierfür ist wohl, dass

Abb. 1 8 Intraoperative Aufnahme bei Arthros-kopie des Kniegelenks. Ausgeprägte zottige Synovitis

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die Synovektomie in Kombination mit an-deren operativen Maßnahmen (Rotatoren-manschettenrekonstruktion, subakromiale Dekompression, Tenodese der langen Bi-zepssehne oder Bursektomie der Bursa subacromialis/subdeltoidea) durchgeführt wird. Die Indikation zu rekonstruktiven Eingriffen für die rheumatische und nicht-rheumatische Schulter ist hierbei iden-tisch. In einer Fallserie mit 16 arthrosko-pisch durchgeführten Synovektomien des Glenohumeralgelenks wurden explizit Be-gleitpathologien der Rotatorenmanschette ausgeschlossen. Für diese Patienten konn-te nach einem Follow-up von über 5 Jah-ren eine signifikante Verbesserung im Hin-blick auf Schmerz und Funktion der Schul-ter nachgewiesen werden [27].

EllenbogengelenkDer rheumatische Ellenbogen tritt nach Studienlage in einer Häufigkeit von 20% nach 5 Jahren Erkrankungsdauer [23] und etwa 50% nach 15 Jahren [19] auf. Neben dem Leitsymptom Schmerz beklagen die Betroffenen initial eine Bewegungsein-schränkung mit Einklemmungsgefühl, bedingt durch die intrartikuläre synoviale Proliferation. Bei fortgeschrittener Kubi-talarthritis entwickelt sich eine irrever-sible Kontraktur durch knöcherne Defor-mierung und Kapselverkürzung. Der Be-fall des proximalen Radioulnargelenks be-dingt eine Einschränkung in der Pronati-on bzw. Supination des Unterarms.

Beachtung des Flexionsdefizits. Wäh-rend ein Streckdefizit von bis zu 30° von der Mehrzahl der Patienten kaum als stö-rend empfunden wird, führt eine Flexion von weniger als etwa 110° zu einer deut-lichen Einschränkung in der Alltagsfä-higkeit (Körperpflege, Essen mit Besteck usw.). In solchen Fällen ist die Arthrosyn-ovektomie mit kontrakturlösenden Ein-griffen (ventrale oder dorsale Kapsuloto-mie, Arthroplastik) zu kombinieren. Bei schmerzhafter Einschränkung der Um-wendbewegung kann eine offene Resek-tion des Radiusköpfchens (bei gleichzei-tigem Erhalt des Lig. anulare) durchge-führt werden. Zur arthroskopischen Exzi-sion des Radiusköpfchens, wie von Men-th-Chiari bei 2 Rheumatikern beschrie-ben [21], liegen uns persönlich keine Er-fahrungen vor.

Schmerzreduktion durch Synovektomie. Die langfristige Schmerzbesserung des rheumatischen Ellenbogens durch offene Synovektomie wurde bereits im Jahr 1985 beschrieben [3]. Der positive Effekt der of-fenen Spätsynovektomie in Kombination mit Radiusköpfchenresektion und anteri-orer Kapsulotomie wurde in einer Studie von Lonner und Mitarbeitern belegt [20]. Auch alle anderen Untersuchungen bele-gen eine postoperative Schmerzreduktion, sodass die Synovektomie – unabhängig vom Ausmaß der knöchernen Destruk-tion – als operative Schmerztherapie ein-zustufen ist.

Vorteile der offenen Arthrosynovek- tomie. In einer vergleichenden Fallstu-die wurden die arthroskopische und of-fene Synovektomie des rheumatischen Ellenbogens gegenübergestellt. Hierbei zeigte sich im Beobachtungszeitraum von durchschnittlich 13 Jahren kein signifi-kanter Unterschied zwischen beiden Sub-gruppen hinsichtlich des klinischen Er-folgs. Ein Wiederauftreten der Synovitis wurde bei 6 von 29 arthroskopisch syno-vektomierten Ellenbogen (21%) sowie bei 3 von 29 Ellenbogen nach offener Syno-vektomie (10%) beobachtet [28]. In einer prospektiven Studie zur arthroskopischen und offenen Synovektomie des Ellenbo-gens bei RA beschrieben Lee und Mor-rey einen kurzzeitigen Gewinn für die Pa-tienten bei arthroskopischem Vorgehen im Sinne einer verkürzten Rehabilitation. Die Autoren stellten jedoch fest, dass der klinische Erfolg (Schmerzreduktion) nach arthroskopischer Synovektomie im Ver-gleich zum offenen Vorgehen von kürze-rer Dauer war [18].

> Das offene Vorgehen scheint vor allem bei fortgeschrittener Gelenkschädigung von Vorteil

Eine retrospektive Studie zur Komplika-tionsrate nach Ellenbogenarthroskopie mit 473 Fällen, darunter 184 Synovekto-mien, demonstrierte, dass sowohl die Be-handlungsdiagnose einer RA als auch ei-ne vorbestehende Kontraktur des Ellen-bogens einen signifikanten Risikofak-tor für die Entwicklung einer temporä-ren Nervenläsion darstellen [12]. Analog zu anderen Gelenken scheint das arthros-

kopische Vorgehen auch für den rheu-matischen Ellenbogen vor allem für Pati-enten mit fehlender oder geringer radio-logischer Gelenkschädigung gewinnbrin-gend zu sein [9].

Zusammenfassend ist der klinische Nutzen der Synovektomie des Ellenbo-gens belegt, wobei das offene Vorgehen aufgrund der geringeren Komplikations-rate und der längerfristigeren Funktions-verbesserung gegenüber der arthrosko-pischen Synovektomie vor allem bei fort-geschrittener Gelenkschädigung vorteil-hafter erscheint.

HandgelenkZur Effektivität der Synovektomie des rheumatischen Handgelenks existieren zahlreiche Studien. Bei isolierter Betrach-tung der frühen (Larsen-Stadium 0–II) Arthrosynovektomie im Radiokarpal-gelenk liegen die Vorteile des arthros-kopischen Vorgehens in der geringeren Morbidität mit verkürzter postoperativer Rehabilitation [15]. Die Nachteile des of-fenen Vorgehens bestehen demzufolge in einer verlängerten postoperativen Nach-behandlung bis hin zur dauerhaften post-operativen Bewegungseinschränkung des Radiokarpalgelenks [24]. Allerdings sind die Ergebnisse der arthroskopischen Syno-vektomie am Radiokarpalgelenk bei hö-hergradiger Gelenkschädigung (Larsen-Stadium III oder höher) nicht ausreichend dokumentiert.

Die Vorteile der offenen Synovek-tomie liegen nach der Übersichtsarbeit von Kim und Jung in einer langfristigen Schmerzabnahme, verbunden mit einer Zunahme der Griffstärke [15]. Ein of-fenes Vorgehen gestattet zusätzlich eine dorsale oder palmare Tenosynovektomie, die nach unserer Erfahrung in den meis-ten Fällen indiziert ist. Zur Kombinati-on der arthroskopischen Synovektomie am rheumatischen Handgelenk mit ei-ner Radiosynoviorthese finden sich kei-ne Studien.

FingergelenkeAuch für die Metakarpophalangeal- (MCP-)Gelenke sowie die proximalen In-terphalangeal- (PIP-)Gelenke finden sich Studien zur arthroskopischen Synovek-tomie. In einer Kurzzeitstudie nach ar-throskopischer Synovektomie des MCP-

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Leitthema

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Gelenks bei 21 Patienten beschreiben Wei und Mitarbeiter exzellente klinische Er-gebnisse und hohe Patientenzufrieden-heit [30]. Eine weitere Studie beschreibt die arthroskopische Synovektomie von 27 PIP-Gelenken sowie 16 Metatarsop-halangeal- (MTP-)Gelenken mit insge-samt 21 Patienten. Durch einen dorsal-lateralen und dorsal-medialen Zugang wurden insgesamt 19 arthroskopische Synovektomien durchgeführt [26]. Die-se Untersuchung weist auch auf die Li-mitationen der arthroskopischen Syn-ovektomie bei diesen Gelenken hin, da insbesondere die palmaren Gelenkan-teile nicht ausreichend zugänglich sind. Aus unserer Sicht ist die Indikation zur alleinigen arthroskopischen Synovekto-mie in diesen Gelenken weitaus seltener als zur offenen Synovektomie zu stellen, da beim offenen dorsalen Zugang gleich-zeitig die Begleitpathologien des Streck-sehnenapparates an Grund- und Mittel-gelenk korrigiert werden können. Zu-sätzlich ist nach Gelenkeröffnung unter Traktion und maximaler Flexion des Ge-lenks auch der jeweils palmare Gelenk-anteil einer Synovektomie relativ pro-blemlos möglich.

Untere Extremitäten

HüftgelenkAufgrund der exzellenten Langzeitergeb-nisse der Hüftendoprothetik und den ho-hen Patientenerwartungen an die Funkti-on des Hüftgelenks ist hier die Synovek-tomie deutlich in den Hintergrund getre-ten. Zur offenen Synovektomie des rheu-matischen Hüftgelenks bei der adulten Form der RA wurden innerhalb der letz-ten 15 Jahre keine Studien veröffentlicht, es existieren Einzelfallberichte zur ar-throskopischen Synovektomie des Hüft-gelenks bei septischer Koxitis [14] und zur diagnostischen Arthroskopie der Hüf-te bei juveniler chronischer Arthritis [8]. Demgegenüber stellt die offene Synovek-tomie des Hüftgelenks bei der juvenilen chronischen Arthritis eine wichtige the-rapeutische Option dar. Selbst bei fort-geschrittenen radiologischen Verände-rungen (Larsen-Stadium III oder höher) konnte mittelfristig eine signifikante Ver-besserung der Hüftgelenkfunktion nach-gewiesen werden [5].

Zusammenfassung · Abstract

Z Rheumatol 2008 · 67:485–490 DOI 10.1007/s00393-008-0314-5© Springer Medizin Verlag 2008

H.-D. Carl · B. SwobodaZur Effektivität der arthroskopischen Synovektomie bei rheumatoider Arthritis

ZusammenfassungDie Effektivität der arthroskopischen Syno-vektomie ist sowohl für die Gelenke der obe-ren Extremität (Schulter, Ellenbogen, Hand-gelenk) als auch für das Kniegelenk in zahl-reichen Studien belegt. Der Effekt dieses Ein-griffs besteht in einer Schmerzreduktion so-wie in einem Zugewinn der Gelenkbeweg-lichkeit, wobei die langfristigen Ergebnisse bei allenfalls geringer Gelenkschädigung zum Zeitpunkt der Operation (Frühsynovek-tomie) gegenüber denen bei bereits fortge-schrittener Gelenkdestruktion (Spätsynovek-tomie) überlegen sind. Limitationen beste-hen für die Arthroskopie des kontrakten rheumatischen Ellenbogens wegen einer re-

lativ hohen Komplikationsrate, für die Finger-gelenke wegen der fehlenden Erreichbarkeit der palmaren Gelenkanteile sowie für das rheumatische Sprunggelenk, für das zur Syno-vektomie des dorsalen Gelenkanteils meist eine zusätzliche dorsale Arthrotomie erfor-derlich ist.

Gelenkunabhängig ist ein offenes Vor-gehen immer dann sinnvoll, wenn auf diese Weise extraartikuläre Begleitpathologien kor-rigiert werden können.

SchlüsselwörterRheumatoide Arthritis · Synovektomie · Arthroskopie · Gelenk · Operation

Effectiveness of arthroscopic synovectomy in rheumatoid arthritis

AbstractArthroscopic synovectomy in rheumatoid ar-thritis has proven beneficial in terms of pain relief and joint function, both for upper limb joints (shoulder, elbow, wrist) and the knee. The clinical long-term improvement, such as pain reduction and improved joint mobility, seems more distinct in joints with no or mild joint destruction (early synovectomy) com-pared to advanced joint damage (late syno-vectomy). Late-stage elbow arthritis, synovi-tis of the metacarpophalangeal and proximal interphalangeal joints and the rheumatoid

ankle can better be addressed by an open ap-proach. Although a real joint-preserving ef-fect has not been demonstrated, pain reduc-tion and improvement in joint function rec-ommend arthroscopic synovectomy as a sub-stantial treatment option in patients with rheumatoid arthritis.

KeywordsRheumatoid arthritis · Synovectomy · Arthros-copy · Joint · Surgery

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Die von Ganz empfohlene trochan-täre Osteotomie [7] kann durchgeführt werden, um eine Hüftkopfnekrose durch intraoperative Ischämie zu vermeiden. Nach unserer Erfahrung ist diese Osteo-tomie nicht erforderlich, da durch Erhalt der dorsalen Kapsel und Vermeidung all-zu brüsker Operationsmanöver iatrogene Hüftkopfnekrosen vermeidbar sind. Zu-dem ist zur Refixierung des Trochanters eine Schraubenosteosynthese notwendig, die bei Rheumatikern aufgrund der be-gleitenden Osteoporose unter Umstän-den problematisch ist.

> Die offene Synovektomie des Hüftgelenks ist bei der JCA eine wichtige therapeutische Option

Zusammenfassend erlaubt die Datenla-ge zur Synovektomie des adulten rheu-matischen Hüftgelenks keine Beurtei-lung. Bei juveniler chronischer Arthritis besitzt die offene Synovektomie des rheu-matischen Hüftgelenks einen festen Stel-lenwert.

KniegelenkDie Datenlage zur Effektivität der Syno-vektomie des rheumatischen Kniegelenks ist umfassend. Die Verbesserung der kli-nischen Parameter Schmerz und Beweg-lichkeit wurde in einer Multicenterstu-die zur frühen Synovektomie des Knie-gelenks demonstriert [16]. Bei fortge-schrittener Gelenkschädigung ist für die offene Synovektomie des rheumatischen Kniegelenks eine langfristige Verbesse-rung der klinischen Funktion belegt [11]. Für das Kniegelenk ist zudem nachgewie-sen, dass die Kombination aus arthrosko-pischer Synovektomie und einer Radio-synoviorthese den jeweiligen Einzelver-fahren überlegen ist [13].

Durch histologische und immunhisto-chemische Untersuchungen zur arthros-kopischen Synovektomie des Kniegelenks wurde deutlich, dass die Radikalität der arthroskopischen Synovektomie inner-halb der verschiedenen anatomischen Re-gionen unterschiedlich ist, wobei im Be-reich des lateralen und zentralen supra-patellaren Recessus, der medialen und la-teralen Kapsel sowie dem femoralen An-satz des vorderen Kreuzbandes signifi-kant mehr entzündliche Zellinfiltrate ver-

bleiben [4]. Diese Untersuchungen unter-stützen ein kombiniertes Vorgehen aus ar-throskopischer Synovektomie und Radio-synoviorthese, um eine möglichst radikale Entfernung der entzündlichen Zellinfilt-rate zu erreichen.

Oberes SprunggelenkWährend der Nutzen der offenen Syno-vektomie für das obere Sprunggelenk in verschiedenen Studien dokumentiert ist [1, 2], liegen aktuelle Untersuchungen zur arthroskopischen Synovektomie dieses Gelenks nicht vor. Die anatomischen Be-sonderheiten mit engem Gelenkspalt so-wie fehlender Erreichbarkeit des dorsalen Gelenkanteils erschweren die komplette arthroskopische Synovektomie. Zusätz-lich ist das obere Sprunggelenk durch den klassischen anterioren Zugang, bedarfs-weise ergänzt durch eine fibulare oder ti-biale retromalleoläre Schnittführung, für eine offene Synovektomie gut zugänglich, sodass bereits im Jahr 1973 gute mittelfris-tige klinische Ergebnisse publiziert wur-den [10]. In geeigneten Fällen kann die arthroskopische ventrale Synovektomie in Kombination mit offener dorsaler Syn-ovektomie Anwendung finden [25]. Bei gleichzeitig vorhandener Tenosynovitis der medialen und lateralen retromalleo-lären Sehnenlogen sollte eine kombinierte Arthrotenosynovektomie erfolgen.

Fazit für die Praxis

Bei therapieresistenter Arthrosynovi-tis ist die Indikation zur operativen Syno-vektomie gegeben. Abgesehen vom kon-trakten rheumatischen Ellenbogen, den Fingergelenken und dem Sprunggelenk erfolgt die Arthrosynovektomie in aller Regel arthroskopisch. Der Effekt des Ein-griffs besteht in einer Besserung der Ge-lenkfunktion sowie einer Schmerzreduk-tion. Ein wirklich gelenkerhaltender Ef-fekt ist bislang nicht erwiesen. Die so ge-nannte Frühsynovektomie (bei allenfalls geringer radiologischer Gelenkschädi-gung) ist in langfristigen klinischen Stu-dien der Spätsynovektomie überlegen, unabhängig vom untersuchten Gelenk.Für die zeitgerechte Indikationsstellung ist eine enge Kooperation zwischen in-ternistischem und orthopädischem Rheumatologen erforderlich. Der lang-

fristige klinische Erfolg der arthrosko-pischen Synovektomie macht dieses Ver-fahren zum unverzichtbaren Bestandteil des interdisziplinären Behandlungskon-zeptes für die rheumatoide Arthritis.

KorrespondenzadressePD Dr. H.-D. CarlOrthopädisch-Rheumatologische Abteilung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Im Waldkrankenhaus St. MarienRathsberger Str. 57, 91054 [email protected]. uni-erlangen.de

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Leitthema