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Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik Dr. Menno Baumann

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Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik. Dr. Menno Baumann. Beispiel 1: Der Automechaniker. Phase der Diagnostik:. probiert dass Auto selbst aus; kontrolliert bestimmte Funktionen; hört und sieht. Kunde kommt und beschreibt ein Problem. Mechaniker hört zu. - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik

Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik

Dr. Menno Baumann

Page 2: Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik

Beispiel 1: Der Automechaniker

Kunde kommt undbeschreibt ein Problem

Mechaniker hört zu

Phase der Diagnostik:

probiert dass Autoselbst aus; kontrolliertbestimmte Funktionen;

hört und sieht

Theoriebezug:weiß, dieses Problem

kann bestimmte Ursachenhaben

vergleicht mit seinem Wissen;bestimmt das Problem

behebt das Problem/repariert das

Auto

Deduktives Verhältnis:

Der Praktiker leitet seine Handlungen aus seinem (theoretischen) Wissen ab

Page 3: Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik

Beispiel 2: Die „Erfindung“ der Schwerkraft

Ich beobachte:Lasse ich meinen Schlüssel

fallen, fällt er zu Boden

Ich beobachte: Lasse ich einen Ball fallen,

fällt er zu Boden

Ich beobachte:Lasse ich eine Feder fallen,

fällt sie zu BodenIch verallgemeinere:Gegenstände fallen zu Boden:

Prinzip der Schwerkraft

Anwendung dieses Prinzips z.B. in der Technik

Induktives Verhältnis:

Wissenschaft beobachtet Realität, verallgemeinert sie und gibt Erkenntnisse zurück in die Praxis

Page 4: Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik

Beispiel 3: Der Fahrschüler

Fragebögen:Lernt Verkehrsregeln

an anschaulichenBeispielfragen und

Bildern

Fahrstunden:Erwirbt Routine in der

Kontrolle des Fahrzeugesund im Verkehr.

Fahrlehrer erläutert Verkehrsregeln in

der konkreten Situationim Straßenverkehr

Durch alle drei Bausteine erwirbt derFahrschüler die Kompetenz, auch

in unbekannten Situationen souverän undrichtig zu handeln

Verinnerlichungs-These: Durch die Verinnerlichung von Theorien und durch Routine lerne ich souveränes Handeln

Page 5: Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik

Einfluss von Theorien auf pädagogische Entscheidungen:

Beispiel: Schriftspracherwerb

Alltagstheorie/ Erfahrungswissen der Lehrer: Fehler prägen sich ein

und sind deshalb zu vermeidenKonse

-quenz

Anfangsunterricht besteht aus demLesen und Schreiben von Lern-

wörtern; Buchstaben werdennacheinander eingeführt; eigene

Schreibversuche sind unerwünscht

Rechtschreibregeln werden gelernt und angewendet;

wachsende Zahl von Lernwörtern

Fehler sind unerwünschtund werden unabhängig

von ihrer Qualität geahndet

Wissenschaftliche Forschung zum Schriftspracherwerb zeigt:Es gibt eine natürlich Entwicklung derSchriftsprachkompetenz im Erwerb derorthographischen Strategien:1. Lautierendes Schreiben2. Lernwörter auswendig schreiben3. Rechtschreibregeln verinnerlichen und anwenden

Unterricht wird geöffnet;Spracherfahrungsansatz:Kinder werden ermutigt,sich inhaltlich mitzuteilen

Bedeutung von Wissen:

Pädagogisches Handeln wird auf der Grundlage des Wissens über Lernprozesse/ Entwicklungsschritte geplant und umgesetzt

Page 6: Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik

Handlungsfähigkeit in pädagogischen Grenzsituationen:

Pädagoge Klienten

- eigene Geschichte- aktuelle Befindlichkeit- institutionellen Auftrag- eigenes Berufsbild- Menschenbild- eigenen theoretischen Hintergrund

- eigene Geschichte- aktuelle Befindlichkeit- Erwartungen an den Pädagogen- Erfahrungen mit Institutionen

Konfrontiert mit diffusen Bedürfnissen

Macht ein durch die Rolle bedingtes Angebot

Muss diffusen Anteile der Beziehung annehmen

Antwortet auf diffuses Beziehungsangebot

verstärkt Bedürfnisse

Muss seine Rollendefinition wahren und vertreten

Nimmt Rollendefinition trotz Diffusität seines Beziehungsangebotes an

Pädagogisches Handeln als Balanceakt zwischen rollenförmigem Verhalten und diffusen Beziehungselementen

Anforderung an Pädagogen: - Beziehungselemente reflektieren- zielgerichtet handeln

Gefahr bei mangelnder Reflexion (rein intuitiven Handeln):

Überbetonung diffuserBeziehungselemente

emotionale Verwicklung Überforderung

Burn-Out

Rückzug auf rollenförmigeBeziehung

Distanzierung

Cooling-Out

Page 7: Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik

Theorie und pädagogische Handlungskompetenz

Faktor I:Menschen- undEntwicklungsbild

Beispiele aus der Forschung:

- Zwei Lehrer bekommen ver- gleichbare Klassen. Einem wird gesagt, es sei eine Leistungs- starke Klasse, dem anderen, er habe eine Problemklasse vor sich. Nach einem Schuljahr stimmen diese Eingangsinstruktionen mit der tatsächlichen Situation überein!

-In Krankenhäusern, in denen die Ärzte und das Pflegeper- sonal der Überzeugung sind, ein Koma sei ein Bedauerns- werter und unwürdiger Zustand, regenerieren sich Menschen signifikant schlechter als in Settings, in denen ihnen Rehabilitationspotential zu- getraut wird!

- Welches Entwicklungspotential in einer Interaktion steckt, ist wesentlich davon abhängig, wie die Interaktionspartner sich wahrnehmen. Dies wiederum ist auch (und bei Sonder- pädagogen vor allem) Theorie- geleitet!

Hypothese:

Faktor II: Reflexion der

Beziehung

Hypothese:

Gerade in pädagogischen Grenzsituationen muss ichmeine Beziehung zum Ge-genüber Reflektieren können!-gilt die Feindseligkeit mir persönlich?-welchen Einfluss haben Sympathie/ Antipathie-was fühle ich, wenn er sich so verhält?

Faktor III:Möglichkeiten

der Perspektiv-planung

Vorraussetzung:

-Möglichkeit, Kreisläufe und stereotype Interaktions- muster zu erkennen-Möglichkeit, selbst in die kritische Distanz zu gehen-Möglichkeit, auch unge- wöhnliche Verhaltenswege zu verstehen und ihnen Sinn zuzuschreiben-Fähigkeit, Hypothesen und Handlungswege abzuleiten

Page 8: Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik

Wie entstehen Theorien und theoretisches Wissen?

Ein etwas „merkwürdiges“ Beispiel:

Das Forschungsergebnis:

Eine japanische Studie ergab, dassim menschlichen Gehirn der Neuro-transmitter „Dopamin“ ausgeschüttetwird, wenn ein Mensch direktenBlickkontakt mit einem als attraktiveingestuften, freundlich guckendenMenschen hat.

Interpretation:

Dopamin wird im Gehirn mit positiven Emotionen in Ver-bindung gebracht und gilt als dem Lernen förderlich.

ein motivierender Blick fördert das Lernen

Konsequenz für pädagogische Theorie

Schüler brauchen einen motivierenden Blick durch den Lehrer. Ein Lehrer ist motiviert, wenn eretwas tut, was ihm Spaß macht. Ein Lehrer sollte nur das Unterrichten, was ihm Spaß macht. Jeder Lehrer sollte nur ein Fach (sein Lieblings-fach) unterrichten, um seine Schüler motivieren zukönnen. Also: radikale Forderung nach demFachlehrerprinzip! (Spitzer 2002)

Der Denkfehler: Aus einem einzelnen Ergebnis wird ohne pädagogischen Hintergrund versucht, einen komplexen Sachverhalt zu erläutern. Praxis lässt sich nicht direkt aus Theorie ableiten!!!

Page 9: Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik

Ein „etwas anderer“ Weg der Theoriebildung:

Das Forschungsprojekt „Systemsprenger“

Problem aus derPraxis:

Erfahrung, dass mancheKinder und Jugendliche trotz

intensiver Betreuung undhoher Toleranz nicht

gehalten werden können.

Erste Untersuchungsphase:Quantitative Untersuchung zur Größenordnung dieserProblemgruppe durch Fragebögen an die Leitungen nds. Jugend-hilfeeinrichtungen

Zweite Untersuchungsphase:Qualitative Untersuchung von HPG-Berichten und Interviews mit Mitarbeiternvon Wohngruppen. Frage-stellung: Worin liegen dieBelastungsmomente mit diesen Jugendlichen?

Verallgemeinerung:Worin besteht das Scheiternvieler Jugendlicher an und in der stationären Jugendhilfe.

Page 10: Zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Pädagogik

Ebene der Praxis Ebene der Theorie

-Es gibt Kinder und Jugendliche, die mit den „normalen“ pädagogischen Mitteln der Erziehungshilfe nicht tragbar sind.-Es gibt spezifische Belastungsfaktoren, die zum Scheitern von Jugendlichen und Jugendhilfe anein- ander führen

-Menschen brauchen Beziehungen-Menschliches Verhalten ist immer sinnvoll.-Menschen versuchen, dem Verhalten des anderen Intention zuzu- schreiben.-scheitert dies, entsteht Unsicherheit und der Wunsch, sich der Si- tuation zu entziehen oder sie zu kontrollieren.

Zwischenebenepädagogisches

Konzept

Grundannahme:Die Möglichkeiten, mit denEigenheiten des Gegen-übers umzugehen, erhöhen sich, wenn es gelingt, dem Verhaltendes anderen Intention zuzuschreiben

Konzept derverstehenden,

subjektlogischenDiagnostik als

Krisenintervention