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XIX. Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft. Monatsversammlung am 2. Mai 1904 im mineralogisch-petrographischen Universit~its-Institute. Anwesend 28 Mitglieder. u Das Goldbergwerk Schellgaden. Von Franz Neugebauer. I. Das Goldbergwerk Schellgaden ist im obersten Murtale ge- legen und gehSrt zu den ~iltesten aJpinen Goldbergbauen. In kurzer Zeit soll dasselbe ver~iu~ert werden. Die interessante Geschichte dieses Bergbaues ist unter anderen besonders yon Max Reicbsritter yon Wolfskron bearbeitet worden Man ersieht aus seiner Darstellung, da~ sich die Erfolffe des Be- triebes bald in aufsteigender, bald in absteigender Linie bewegten, dal~ sich aber der Bergbau seit der Mitte des 14. Jahrhunderts bis auf unsere Zeit erhalten hat, wenn auch die Arbeit oft dutch l~ngere Zeit eingestellt werden mul3te. Im Jahre 1819 wurde der Berg'bau yon der ~sterreichischen Regierung, in deren Besitz er fibergegang'en war, mit einer Jahreseinbufie yon 2792 ft. Reichsw~ihrung aufg'elassen. Im Sp~itherbste des Jahres 1893 batte eine Gewerkschaft diesen Bergbau wieder er~ffnet und bedeutende Mittel zur Errichtung einer modernen Aufbereitungsanlage verwendet. Doch scheiterte das Unter- nehmen an zahlreichen Widerw~rtigkeiten, die sich ihm in den Weft _~ellten, noeh ehe es einen Aufsehlufi fiber die Rentabilit~t des alten Baues bringen konnte.

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XIX. Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft.

M o n a t s v e r s a m m l u n g am 2. Mai 1904 im mineralogisch-petrographischen Universit~its-Institute.

Anwesend 28 Mitglieder.

u

Das G o l d b e r g w e r k Schel lgaden . Von Franz Neugebauer .

I. Das Goldbergwerk Schellgaden ist im obersten Murtale ge-

legen und gehSrt zu den ~iltesten aJpinen Goldbergbauen. In kurzer Zeit soll dasselbe ver~iu~ert werden.

Die interessante Geschichte dieses Bergbaues ist unter anderen besonders yon Max Reicbsritter yon Wolfskron bearbeitet worden Man ersieht aus seiner Darstellung, da~ sich die Erfolffe des Be- triebes bald in aufsteigender, bald in absteigender Linie bewegten, dal~ sich aber der Bergbau seit der Mitte des 14. Jahrhunderts bis auf unsere Zeit erhalten hat, wenn auch die Arbeit oft dutch l~ngere Zeit eingestellt werden mul3te. Im Jahre 1819 wurde der Berg'bau yon der ~sterreichischen Regierung, in deren Besitz er fibergegang'en war, mit einer Jahreseinbufie yon 2792 ft. Reichsw~ihrung aufg'elassen.

Im Sp~itherbste des Jahres 1893 batte eine Gewerkschaft diesen Bergbau wieder er~ffnet und bedeutende Mittel zur Errichtung einer modernen Aufbereitungsanlage verwendet. Doch scheiterte das Unter- nehmen an zahlreichen Widerw~rtigkeiten, die sich ihm in den Weft _~ellten, noeh ehe es einen Aufsehlufi fiber die Rentabilit~t des alten Baues bringen konnte.

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II. Das Fundament des ganzen Lungaus bilden nach G. Geyer

(Verhandlungen der k. k. geolo~schen Reichsanstalt 1891 und 1892) drei Gneismassive, erstens die Gneisgranite des Ankoglmassivs, welche die Gebirgsmassen des Hafnereeks und der Hochalpenspitze auf- bauen, zweitens die Hornblendegneise des Kareekzuges und der Schladminger Masse und drittens die plattig-schieffigen Zweiglimmer- gneise der Bundschuhtifler. Diesen drei Gneismassiven sind die kry- stallinen Schiefer aufgelagert.

Eine grol~e St~rungslinie verl~uft yon l~ord naeh Siid und f~llt zum Teile mit dem Verlaufe der Katschberg- und Tauernstra~e zu- sammen. Sie seheint identiseh zu sein mit einer seismisehen Linie, die Hans Hiifer bis St. Michael im Lungau gezogen hat.

Die Gneisgranite sind mit ihren besonders gegen das Hangende zunehmenden Schieferpartien eruptiver Natur und stellen naeh Geyer das ~ilteste Sehichtglied in diesem Teile der Alpen vor. Die Horn- blendegneise sind aber keine echten Gneise, sondern bestehen aus einem Wechsel yon Gneisen und Glimmersehiefern. Sie werden yon Geyer als ,Umschwemmungsprodukte ~ bezeichnet und jedenfalls fiir jiinger angesehen als die Gneisgranite. Die plattig-schieffigen Z weiglimmergneise sind nach den Ausfiihrungen desselben Autors mit Zweiglimmergneisen identiseh, welche die Hornblendegneise der Stilker Alpen iiberlagern.

Die einem hiiheren Niveau der Hornblendegneise angehtirigen Glimmerschiefer sind die Triiger der bei Schellgaden abgebauten Erzlagerst~itten. Die Erze sind, wie schon Beyschlag gezeigt hat, an das Auftreten yon Quarzlinsen gebunden, welche den Ge- birgssehiehten folgen und, wie schon friihere Beobachter angegeben haben, aueh die Schichtenwindungen mitmachen. Doch wurde die echte Lagernatur schon yon Russegger und anderen bezweifelt.

Die Ausfiillungsmasse der lange Zeit fiilschlich als Erzgiinge bezeichneten Lagerstiitte besteht haupts~tehlieh aus Quarz yon jener undeutlich krystalliuen Ausbildung, wie sic allen Quarzlagerstiitten der geologisch alten Formationen eigen ist. Doch enthiilt die Aus- fiillungsmasse aueh Seheelit, ein Mineral, welches sonst nut fiir die Zinnerzlagersfiitten eharakteristiseh ist.

Da nun die Goldvorkommen in den 0stalpen entweder direkt an den Zentralgneis gebunden sind oder an jene krystallinen Schiefer,

~liaeralog. und petrogr. Mitt. XXIII. 1904. (Mitteilungen. Literatur.) 2~

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welche in unmittelbarer N~ihe des Zentralgneises auftreten, fcrner meist dort in reichlicherem Malie im Gebiete der krystallinen Schiefer auftreten, wo groiie StiJrungen im tektonisehen Aufbaue der Ostalpen zu verzeichnen sind, so kann man wohl annehmen, dag die Fiillung der Goldlagerstiitten nieht nur in ursiichliehem Zusammenhange mit den gro~en Bruchspalten, sondern auch in innigem Zusammenhang'e mit dem dutch Erosion blo$gelegten Gneisgranitmassive steht. Ich glaube schlie~en zu kSnnen, dag die Fiillung der Sehellgadener Erz- lagerstiitten von jenem zu Gneisgranit erstarrten und teilweise meta- morphosierten Magma yon granitischer Zusammensetzung .herriihrt, welches das Hafnereck, die Hoehalpenspitze and den Ankogl aufbaut.

Irgend eine der bekannten, hier in Betracht kommenden Theorien wie die Thermaltheorie oder die pneumatolytische Suhli- mationstheorie liillt sich nach den obigen Ausffihrungen abel" auf die Schellgadener Erzlagerstiitten nur dana anwendea, wenn wir annehmen~ dail jene die Erze tragende Gesteinsserie das Deeken- gestein des granitischen Magmas vorstellt. Dana kiinnen aber die Hornblendegneise mindestens nicht jfinger seiu als der Gaeis- gr anit. 1)

Die zur Ausfiillung gelan~en Spalten sind allem Anseheine nach exokinetischer Natur; sie entspreehen jedenfalls einer dutch den Faltungsprozel~ der Alpen entstandenen Aufbl~itterung des stark schiefrigen Gesteins, sind also tektonisehe Spalten.

Da sich nun die Lagerstatte nach den eben gemachten Aus- ffihrungen jedenfalls spltter gebildet hat als das dieselbe tragende Gestein, so haben wires in den Schellgadeuer Erzlagerstiitten mit epigenetischen Lagerstiitten zu tun. Sie sind also wahrscheinlich echte Lagerg~ngc.

Herr F. Cornu berichtet fiber die Ergebnisse eiuer Osterex- kursion auf der Insel Elba und le~ zahlreiche Belegstiicke der dort gesammelten Miaerale und Gesteine vor.

Gegenstand der Ausstellung war Calci t , yon dem aamcntlich das Hofmuseum prachtvolle Erwerbungen der letzten Zeit zur Aus-

1) Siehe hier: Franz N e u g e b a u e r , Das G-oldbergwerk Schellgaden. Aus dem J'ahresberichte des Kaiser Franz Joseph-Jubil~ums-Realgymnasiums in Korneu- burg 1903--1904.

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stellung gebraeht hatte. Besonders interessant ist ein Exemplar yon blag rStlich-violett gefiirbtem Caleit yon Joplin, ein prachtvoll ent- wiekelter Zwilling naeh __1/. R (110).

Neue Minerale. Bericht yon Dr. R. K o e e h l i n .

Grandidier i t . A. Lacroix (Bull. soe. rain.France, 1902, XXV., 85 und Compt. Rend.~ 1903, CXXXVII., 582). Ein Bestandteil des Peg'matites des Steilufers yon Andrahomana bei Fort Dauphin., im Stiden yon Madagaskar. Blaugriine bis 8 c m gro~e Individuen, die zwei Riehtungen ungleicher Spaltbarkeit unter 90 o zeigen; naeh dem optischen Verhalten rhombiseh. Pleoehroismus ungewShnlieh stark: dunkelgriin, farblos, dunkelblaugriin. Spezifisches Gewieht -- 2"99. Zusammensetzung: 7 Si 03 . 11 (A1, Fe)~ 03 �9 7 (Mg~ Fe, Ca) O. 2 (Na, K, H)~ O. Sehr basiseh, steht dem Saphirin nahe. In der Natur ziem- lieh leieht zersetzbar~ geht er in eine griine, fasrigbl~ittrige Kryptotil ~hnliche Substanz iiber.

Serendibi t . Prior und Coom~raswimy (Min. Magazin, 1903, XIII., 224). Eine ehemiseh dem Turmalin, physikaliseh dem Saphirin verwandte Kontaktbildung zwischen einem sauren Granulit und Kalkstein. Die Kontaktzonen enthalten Diopsid, Spinell, Apatit, manchmal Skapolith oder Plagioklas und sind dutch Serendibit tief- blau gefiirbt.

Er ist optisch zweiaehsig, wahrseheinlich triklin. Pleoehrois- mus stark blai/gelb w fief indigo; Doppelbrechung sehwach, Breehungs- exponent nahe 1"7. Polysynthetische Zwillingsbildung wie bei Pla- gioklasen; keine Spaltbarkeit; H ~ 63/4, spez. Gew. = 3'42; un- sehmelzbar, yon Si~uren kaum angreifbar. Vol'li~ufige Formel: 6 (Fe, Ca, Mg) Si 03 �9 4 Mg Al: 04 �9 2 A1 B 03. Finder sieh zu Gangapitiya bei Ambakotte, (istlieh yon Kandy, Ceylon, wo in einem Bruche Mondstein gewonnen wird, der porphyrisch in dem Granulit vor- kommt. Genannt nach Serendib, einem alten arabisehen Named fiir Ceylon.

Bakeri t . W. B. Giles (Min. Magazin, 1903, XIII., 353). Ein neues Caleiumborosilikat yon der Zusammensetzung 8 Ca O. 5 B~ 03. 6 Si 03.6 H~ O. Findet sieh in Adern und Knollen in den Gruben der Borax Consolidated Company in der Mohave Desert, nordiistlich yon Daggett, San Bernardino Co., Kalifornien.

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Weil~, amorph (.~) gleich unglasiertem Porzellan, Khnlieh dem Pandermit yon Sultan Tchair, Klein-Asien. H ungefKhr 41/~, spez. Gew. ungefKhr 2"73. Genanut naeh dem Entdecker des Minerals, R. C. Baker, einem der Direktoren der Company.

Exkursion nach Eggenburg.

Am 12. Mai veranstaltete die W. M. G. eine gemeinsame Ex- kursion naeh Eggenburg. Die Teilnehmer fuhren mit den Morgen- ztigen der Franz Josefs-Bahn yon Wien ab und trafen sich gegen 10 Uhr auf dem Bahnhofe Eggenburg. Unter der Fiihrung des Herrn Hans gor tmann , Vorsitzenden der Krahuletz-Gesellschaft, und des Kustos Herrn Krahule tz wurde das Museum besichtigt, in dessen schmuekem Neubau die reiehhaltigen geologischen, ethno- graphischen und historischen Sammlungen sich in vorteilhafter Weise pr~isentieren. Die Mineralogen interessierten insbesondere die lehr- reiehen Suiten der krystallinen Gesteine des Waidviertels, darunter auch manche interessante Mineralfunde, wie die sch~nen Scbiehten- bau zeigenden Amethyste yon Eggenburg.

Lebhaftes Interesse nahm aueh die wertvolle Privatsammlung ethnographischer und folklorisfischer GegenstKnde, durehwegs Origi- hale nieder~sterreichiseher Herkunft, yon Dr. Fr i s e h a u e r in Ansprueh, welehe im Museum untergebraeht ist und yon ihrem Eigenttimer in zuvorkommender Weise vorgeftihrt wurde.

Ein Rundgang durch die interessante alte Stadt sehlog sich an; naeh der Mittagstafel teilte sich die Gesellschaft. Ein Tell wanderte auf den als Aussichtswarte und Fundort prKhistorischer Funde bekannten gitusberg. Ein anderer Teil besiehtigte unter freundlicher Fiihrung des Mitgliedes der W. M. G. UniversitKtsdozent Dr. A b e I das lehrreiche Profil durch die Eggenburger TertiKrschieh- ten bei Gauderndorf.

Der Abend vereinigte alle Teilnehmer und nach herzlieher gerabschiedung yon den Eggenburger Herren brachte der Abend- zug die G~te nach Wien zuriick.

Exkursion auf" den Sohneeberg.

Am 29. Juni wurde eine Exkursion auf den Sehneeberg ver- anstaltet. Dank der regen Beteiligung (der naturwissensehaftliche

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Mitteilungen der Wiener Mineralogisehen Gesellschaft. ~89

Vere in der Universi t~t hat te sich der W. M. G. angeschlossen) , dank

den t reff l ichen Einrichtungen~ welche der W. M. G. yon der A spa ng -

Bahn zur Verf i igung gestel l t wurden und nicht zum mindes ten d a n k

der t iberaus gi inst igen Wi t te rung ver l ie f die Exkurs ion in g l i inzender

Weise . Aueh die Sammle r g ingen nicht ganz lee r aus ; auf dem

Ochsenboden wurden hiibsche K a l k s i n t e r - B i l d u n g e n , bes tehend aus

rad ia l s f i inge l igem K a l k s p a t in Kli i f ten des K a lk s t e in s gefunden.

Besuch des mineralogischen Hofmusemns.

Am 25. April besiehtigten die Mitglieder der W. M. G. die in der mineralogisch- petrographischen Abteilung des naturhistorischen Hofmuseums ausgestellten Profile und Sammlungen yon Belegstiicken, die sich auf die yon der kaiserliehen Akademie der Wissenschaften veranla~ten petrographischen Forschungen in der Zentralkette der Ostalpen beziehen. Prof. F. Be eke gab die erforderlichen Erl~uterungen.

Regierungsrat Prof. B e r w e r th demonstrierte und besprach eine Anzahl neuer Metcoreisenmassen und erSrterte die yon ihm aufgestellte Gruppe der ~Ietabo]ite (Meteoriten, welche ihre urspriingliche Struktur durch Erhitzung ver~ndert oder g~tnzlich verloren haben).

Besuch der Wiener Fil iale der Firma Zeil3 in Jena.

Einer Einladung des Vertreters der Firma ZeiB in Jena foigend, besichtigte am selben Nachmittag die W. M. G. die Lokalit~ten der genannten Firma. Die neu eingerichteten Projektionsapparate, die sowohl fiir die Darstellung undurchsichtiger Objekte sowie zur Projektion yon Diapositiven als auch zu Demonstrationen im polarisierten Licht verwendet werden kSnnen, erregten lebhafte Bewunderung. Ebenso interessant erschienen den Besuchern die Vorriehtungen f'tir stereoskopisches Sehen bei Mikroskopen und stereoskopische Apparate fiir Diapositive.