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Orthodoxe Christus-Ikone
Der dieser Nacherzählung
zurgundeliegende
Originalbericht wurde vom Abt
des St.-Michael Klosters zu
Kazan/Russland bei einem
Mönch auf dem Berg Athos
gefunden und dort
abgeschreiben. Diese Kopie
wurde zuerst handschriftlich
weiter verbreitet und
schließlich in Kazan ca. 1883
in Druck gegeben. Auf deutsch
erschienen als: Aufrichtige
Erzählungen eines russischen
Pilgers. Hrg. von E.
Jungclaussen. Herder 1974,
Freiburg i.Br.
Der r ussi sche Pi l ger
Zusammenfassende Nacherzählung
eines Berichtes, den ein unbekannter
Pilger im 19. Jahrhundert in
Russland hinterließ
Ein unbekannt er Pi l ger
ber ich te t :
Ich bin ein heimatloser Pilger, von
niedrigstem gesellschaftlichem Stand,
und pilgere von Ort zu Ort. Auf dem
Rücken trage ich einen Beutel mit
trockenem Brot und auf der Brust einen
Beutel mit der Bibel und einem Buch
über das Gebet. Dies ist mein ganzer
Besitz.
Vorgeschichte
Ich wurde in einem Dorf im Gebiet
Oriol als zweites Kind geboren. Mein
Bruder war acht Jahre älter. Als ich
zwei war, starben unsere Eltern und
unser Großvater nahm uns zu sich. Mein
Bruder begann bald, sich
herumzutreiben und gewöhnte sich das
Trinken an. Als ich sieben war und
einmal mit ihm auf dem Ofen lag, stieß
er mich herunter und ich verletzte mir
den linken Arm. Der Arm verdorrte
danach und seitdem kann ich ihn nicht
mehr bewegen.
Da ich nun für körperliche Arbeitenunbrauchbar geworden war, brachte
mir Großvater das Lesen bei, und zwar
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aus der Bibel, da wir kein anderes Buch
hatten. Als ich 17 war, starb
Großmutter. Großvater glaubte, wir
bräuchten eine Frau zur
Haushaltsführung, und deshalb
verheiratete er mich. Das Mädchen war
20 Jahre alt. Ein Jahr später jedochstarb Großvater. Mein Bruder war auf
Abwege geraten, und deshalb hatte uns
Großvater sein Haus und sein ganzes
Erbe vermacht. Mein Bruder wurde sehr
neidisch; eines Nachts brach er bei uns
ein, stahl das geerbte Geld und
zündete das Haus an. Mit Mühe und Not
konnten wir damals unser Lebenretten.
Mit geliehenem Geld gelang es uns
danach, ein kleines Hüttchen zu
bauen. Meine Frau ernährte uns beide
durch Spinnen, Nähen und
Stickarbeiten. Ich las ihr bei der Arbeit
aus der Bibel vor, denn aufgrund
meiner Verletzung konnte ich keine
Arbeit finden. Nachdem so zwei Jahre
vergingen, starb meine Frau plötzlich
an Fieber und ich blieb völlig allein
zurück. Alles in der Hütte erinnerte
mich an sie, und ich hatte eine solche
Sehnsucht nach ihr, dass ich es nicht
mehr in der leeren Hütte aushaltenkonnte. Ich verkaufte die Hütte,
verschenkte das Geld den Armen, nahm
meine Bibel und zog als Pilger von
einem Ort zum anderen.
Die Suche
Als ich nach einiger Zeit der
Wanderschaft in eine Kirche kam,
wurde dort während der Messe der Satz
vorgelesen: „Betet ohne Unterlass.“
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Dies machte mich stutzig und ich
begann darüber nachzudenken. Wie
kann man denn ständig beten, man
muss doch auch andere Dinge tun, um
sein Leben zu erhalten? Ich las die
Stelle noch einmal in der Bibel nach,
konnte sie mir aber nicht erklären.
Zuerst dachte ich, ich würde die
Erklärung wohl noch in einer guten
Predigt hören. Ich besuchte deshalb
viele Gottesdienste, in denen über das
Gebet gepredigt wurde. Dort wurde
jedoch nie gesagt, wie man ohne
Unterlass beten könne. Mein Verlangen,
das zu verstehen, wurde immer größer.
Schließlich beschloss ich, mit Gottes
Hilfe einen erfahrenen Menschen zu
suchen, der es mir erklären könne.
Auf meiner Pilgerwanderschaft fragte
ich nun gezielt die Leute, ob es nicht
irgendwo einen geistigen Lehrer oder
frommen erfahrenen Führer gäbe.
Dadurch lernte ich einige ehrenwerte
und gelehrte Menschen kennen,
allerdings konnte mir keiner meine
Frage zufriedenstellend beantworten.
Als ich
bereits
ein Jahrauf
Wanderschaft war, holte mich auf der
Landstraße ein altes Männlein ein und
wir kamen ins Gespräch. Der Alte
erzählte mir, dass 10 km abseits der
Landstraße eine Klostereinsiedelei mit
einem Gasthof sei, in dem man Pilger
kostenlos bewirte. Seine Einladung
dorthin schlug ich jedoch ab mit den
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Worten: „Ich habe genug Proviant
dabei. Meine Ruhe hängt nicht von
einer Herberge ab, sondern von einer
spirituellen Belehrung.“ Das
interessierte den Alten. Schließlich
erzählte ich ihm meine Geschichte. Er
bekreuzigte sich und antwortete:
„Lieber Bruder, danke Gott, dass du
dieses unüberwindliche Verlangen nach
der Erkenntnis des unablässigen Gebets
hast. Erkenne in deiner langen Suche
das Wirken Gottes. Er wollte dir
zeigen, dass man weder durch Weisheit
dieser Welt noch durch äußeren
Wissensdurst das unablässige Gebet
erlangen kann. Schulmäßiges Wissen
hilft hier nicht weiter.“ Auf diese Art
begann er mich langsam zu
unterweisen. Ich merkte bald, dass der
Alte ein Starez war, der aus innerer
Erfahrung genau wusste, was das
unablässige Gebet war.
Während des Gesprächs waren wir,
ohne dass ich es recht bemerkt hatte,
bis zu der Klostereinsiedelei
gekommen, wo er zu wohnen schien.
Auf meine innige Bitte, mich in das
unablässige Gebet einzuweisen, lud er
mich voller Liebe zu sich ein. Wir
betraten seine Klosterzelle und er
erklärte mir folgendes:
„Das unablässige innere Jesusgebet ist
das ununterbrochene Anrufen des
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göttlichen Namens Jesu, wobei man
sich seine ständige Anwesenheit
vorstellt und ihn, bei jeder Handlung,
überall, zu jeder Zeit, sogar während
des Schlafs um sein Erbarmen bittet.“
Er erklärte mir, dass das Erlernen
dieses Gebets vor allem eineGewöhnungssache sei, und wenn man
sich einmal daran gewöhnt habe,
würde es einem eine außerordentliche
Freude geben. Man hätte dann den
Wunsch, es ständig zu verrichten, und
das würde sich wie von selbst tun.
Konkrete Anweisungen las er mir aus
einem Buch vor, das den seltsamenTitel trug: Philokalia, oder die Liebe
zur geistlichen Schönheit derer, die die
Wachsamkeit des Geistes üben. Dort
hieß es:
Setze dich in der Stille und
Einsamkeit hin, schließe die
Augen und lasse den Atem ganz
leicht fließen. Führe dann deine
Aufmerksamkeit aus dem Kopf ins
Herz, so dass dein
Vorstellungsvermögen, Denken
und Fühlen vom Herz ausgehen.
Im Rhythmus des Atems sprich in
Gedanken — oder auch leise die
Lippen bewegend — folgendes:»Herr Jesus Christus, erbarme
dich meiner.« Vertreibe alle
fremden Gedanken, sei nur still
und habe Geduld und übe dieses
Gebet sehr häufig.
Er erklärte es mir dann in seinen
eigenen Worten wieder und wieder und
beantwortete alle meine Zweifel.
Voller Begeisterung hörte ich zu und
verschlang alles in meinem Gedächtnis.
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So verbrachten wir die ganze Nacht.
Am Morgen, ohne geschlafen zu haben,
gingen wir direkt zur Frühmesse in die
Klosterkirche. Nach der Messe sagte
mir der Starez liebevoll, ich solle
regelmäßig zu ihm kommen, solange
ich das unablässige Gebet lerne. Dannverließ er mich.
Als ich allein in der Kirche zurückblieb,
fühlte ich riesigen Eifer in mir
aufkommen. Doch dann kamen mir
Sorgen zur praktischen Ausführung: Wie
sollte ich denn hier überleben? In
diesem Gasthof würde man mich
höchstens drei Tage übernachten
lassen. In der Nähe hatte ich kein Dorf
gesehen, wo ich vielleicht Unterkunft
und Lebensunterhalt hätte finden
können. Ich flehte zu Gott um
Beistand. Schließlich kam jemand und
ich erfuhr, dass es in einiger
Entfernung doch ein Dorf gab. Sofort
wanderte ich dorthin. Zu meinem Glück
schenkte mir Gott eine bequeme
Anstellung bei einem Bauern: Ich sollte
den ganzen Sommer seinen
Gemüseacker bewachen und dazu in
einer Schutzhütte auf dem Acker
wohnen. Gott sei Dank! Ich hatte einen
ruhigen Fleck gefunden.
Die Übung des Gebets beginnt
Etwa eine Woche versuchte ich, das
innere Gebet so zu üben, wie ich es
von dem Starez gehört hatte. Anfangs
schien es zu gehen. Doch bald machten
sich Schwere, Trägheit, Langeweile und
Schläfrigkeit in mir breit. Viele
Gedanken stürmten auf mich ein.
Deprimiert ging ich zum Starez und
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berichtete ehrlich, wie es mir erging.
Er antwortete mir liebevoll: „Bruder,
dies ist der Kampf der Finsternis gegen
dich. Aber auch die Finsternis handelt
nach Gottes Willen, vergiss das nie.
Wahrscheinlich musst du wohl noch
etwas Demut erlangen. Darum ist esauch noch zu früh, mit Übereifer den
höchsten Zugang zum Herzen zu
suchen.“ Dann las er mir aus der
Philokalia eine passende Anweisung
vor:
Wenn du nach einigem Bemühen
nicht in das Herzensland Eingang
findest, dann bediene dich deiner
Fähigkeit, Worte auszusprechen.
Vertreibe fremde Gedanken und
spreche unaufhörlich: »Herr Jesus
Christus, erbarme dich meiner«.
Und wenn es sein muss, zwinge
dich dazu. Die Erfahrung hat
gelehrt, dass du so den Zugang
zum Herzen erlangst.
Der Starez empfahl mir also, das Gebet
erst einmal mündlich zu wiederholen.
Zusätzlich gab er mir einen Rosenkranzund wies mich an, das Gebet täglich
3000-mal zu wiederholen, egal ob ich
stehe, sitze, gehe oder liege.
Mit neuer Hoffnung kehrte ich zu
meinem Acker zurück. In den ersten
Tagen empfand ich die Übung trotzdem
als schwierig. Sie gelang mir nur mitetwas innerem Zwang. In den
folgenden Tagen sprach sich das Gebet
aber zunehmend leichter und
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bequemer. Bald spürte ich eine Art
Verlangen, das Gebet immer wieder zu
wiederholen. Nach einer Woche
besuchte ich den Starez wieder und
berichtete ihm alles. Er ermutigte mich
weiter und wies mich an, die Anzahl
auf 6000 zu erhöhen.
Die ganze folgende Woche achtete ich
auf meinem einsamen Acker nur
darauf, die Anweisung des Starez genau
einzuhalten, egal, welche Gedanken
auf mich einstürmten. Ich gewöhnte
mich dabei mehr und mehr an das
Gebet. Wenn ich mal einen Momentdamit aufhörte, hatte ich bald das
Gefühl, als würde mir etwas fehlen
oder als hätte ich etwas verloren.
Sofort fing ich dann wieder zu beten
an und mir wurde wieder ganz wohl.
Als ich nach zehn Tagen noch nicht bei
meinem Starez gewesen war, kam er
selbst zu mir. Er hörte sich meinenBericht erfreut an und forderte mich
auf, ab jetzt 12000-mal täglich das
Gebet zu verrichten. Dabei sollte ich
weiterhin in der Einsamkeit bleiben
und möglichst früh aufstehen und spät
schlafen gehen.
Ich befolgte, was er es gesagt hatte.
Am ersten Tag war es mir allerdings
fast unmöglich, die 12000 Male zu
erreichen. Ich war damit bis ganz spät
abends beschäftigt. Am nächsten Tag
ging es glücklicherweise schon besser.
Nach fünf Tagen stellten sich ein
angenehmes Empfinden und eine Lust
am Gebet ein. Und eines Morgens hatte
ich plötzlich das Gefühl, als hätte mich
das Gebet geweckt. Mein ganzes
Verlangen drängte mich danach, das
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Jesusgebet zu verrichten. Meine
üblichen Morgengebete sprach meine
Zunge nur noch ganz ungeschickt aus.
Als ich schließlich das Jesusgebet
sprach, kamen die Worte wie von
selbst. Den ganzen Tag war ich voller
Freude — ich war wie in einer anderenWelt, und mit Leichtigkeit schaffte ich
es, die 12000 Gebete schon am frühen
Abend abgeschlossen zu haben. Ich
hatte große Lust weiter zu machen,
wagte aber nicht, mehr zu wiederholen
als mir mein Starez gesagt hatte. Auch
an den folgenden Tagen konnte ich mit
derselben Leichtigkeit das Gebetwiederholen. Als ich wieder zu meinem
Starez ging und ihm Bericht erstattete,
freute er sich, dass ich diese Lust und
Leichtigkeit gefunden hatte. Er erklärte
mir, dass dies eine natürliche Folge der
häufigen Übung sei. Nun gestattete er
mir, das Gebet so oft ich wollte und so
viel wie möglich zu wiederholen. Ichsollte den Namen Jesu ohne zu zählen
anrufen, mich demütig seinem
göttlichen Willen ergeben und von ihm
alle Hilfe erwarten.
Den ganzen Sommer verbrachte ich
dann im unablässigen mündlichen
Jesusgebet. Sogar in meinen Träumen
träumte ich, dass ich das Gebet
wiederhole. Ich spürte eine großeRuhe. Alle fremden Gedanken hörten
ganz von selbst auf. Ich dachte an
nichts anderes als an das Gebet.
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Manchmal spürte ich eine selige Wärme
in meinem Herzen. Ich wusste nicht,
wie ich Gott danken sollte. Traf ich
einen Menschen, so erschien er mir
immer so liebenswert und nah, als
wäre er mein Verwandter, auch wenn
ich gar nichts mit ihm zu tun hatte.
Aber ich konnte mich nicht lange an
der Anwesenheit meines geliebten
Starez erfreuen, denn gegen Ende des
Sommers starb er. Das einzige, was mir
von ihm blieb, war der Rosenkranz.
Wiederaufnahme der Pilgerschaft
Der Bauer, dessen Acker ich bewacht
hatte, hatte jetzt nach dem Sommer
keine Arbeit mehr für mich. Er gab mir
zwei Rubel und entließ mich. Da ich
keinen Lehrer mehr hatte, wollte ich
wenigstens mit Hilfe des Buches
Philokalia weiter im Gebet
vorankommen. Leider erfuhr ich, dass
mein Geld für ein neues Buch nicht
reichte. Durch Gottes Willen jedoch
fand sich schließlich jemand, der mir
ein völlig zerlesenes Exemplar für zwei
Rubel überließ. Dann nahm ich meine
Pilgerschaft wieder auf.
Unablässig betend wanderte ichmanchmal bis zu 70 Kilometer am Tag.
Ich fühlte dabei gar nicht, dass ich
ging, denn ich fühlte nur, dass ich das
Gebet verrichtete. Es wurde mir
wertvoller und süßer als alles andere in
der Welt. Kam eisige Kälte, dann
erwärmte mich das Gebet. Marterte
mich der Hunger, dann ließ mich dasGebet vergessen, dass ich essen wollte.
Fühlte ich mich krank, dann machte
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das Gebet, dass ich den Schmerz nicht
mehr spürte. Beleidigte mich jemand,
so verschwand durch die Süße des
Jesusgebets sogleich die Kränkung und
der Zorn. Ich machte mir um nichts
mehr Sorgen.
Gleichzeitig war mir bewusst, dass
mein Zustand sozusagen nur künstlich
durch die gewohnheitsmäßige
Wiederholung erzeugt war. Das
eigentliche Herzensgebet hatte ich
noch gar nicht erlernt. Ich traute mich
jedoch nicht, mir eigenmächtig das
innere Herzensgebet anzueignen. Dazu
wartete ich auf ein Zeichen von oben.
Das innere Herzensgebet
Als ich so meines Weges zog und
unablässig das Gebet verrichtete, da
fühlte ich nach einiger Zeit, dass das
Gebet ganz von selbst ins Herz
überzugehen begann. Das Herz begann,
mit dem Herzschlag irgendwie innerlich
die Gebetsworte auszusprechen, und
zwar so: 1: Herr, 2: Jesus, 3: Christus,
usw. Ich hörte auf, das Gebet mit den
Lippen zu sprechen und horchte
verwundert, wie das Herz es betete.
Dabei hatte ich die Empfindung, als
würde ich mit den Augen nach innen
schauen. Ich fühlte einen leisen
Schmerz im Herzen und im Geist
entzündete sich eine brennende Liebe
zu Jesus. Danach entstand eine
wohltuende Erwärmung im Herzen, die
sich über die ganze Brust ausbreitete.
Eifrig studierte ich meine Philokalia,
um zu verstehen, was in mir vor sich
ging. Manche Stellen des Buches
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verstand ich nicht. Durch Gottes Gnade
erschien mir jedoch mein verstorbener
Starez von Zeit zu Zeit im Traum und
gab mir Erläuterungen. So verbrachte
ich meine Zeit in großer Seligkeit,
mein Herz war entflammt von der
Liebe Gottes durch das innere Gebet.Ich begann zu verstehen, was gemeint
ist mit: „Ihr werdet in mir sein“ und
„Gib mir dein Herz“.
Wenn ich so mit meinem Herzen
betete, schien die ganze Umgebung zu
mir zu sprechen: die Bäume, die
Gräser, die Vögel, die Erde, die Luft,
das Licht, — alles schien die Liebe
Gottes zu bezeugen. Ich begann zu
verstehen, was in der Philokalia
gemeint war mit der Aussage: „Die
Sprache der Geschöpfe verstehen.“
Nach einigen Abenteuern, die ich mit
Hilfe des Gebets heil überstand, traf
ich in einer ganz einsamen Gegend
einen Waldhüter, der mir eine alte
Erdhütte als Unterkunft zuwies und
sein Brot mit mir teilte. DieserWaldhüter hatte sich aus Angst vor dem
jüngsten Gericht seit 10 Jahren
schwere Kasteiungen auferlegt. Nun
wurde er zunehmend von depressiven
Gedanken und von Zweifeln geplagt.
Ich sagte ihm, dass es knechtisch sei,
etwas aus Angst zu tun, und dass man
nie Ruhe vor feindlichen Gedankenhabe, außer man denke ständig voller
Liebe an Gott. So gut ich konnte,
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erklärte ich ihm das unablässige
Jesusgebet.
In der mir zugewiesenen Erdhütte
vertiefte ich mich weiter in das Gebet.
Mein Gott, welche Freude ich empfand,
welche Ruhe, welche Wonne! Eines
Nachts träumte ich, ich sei in der Zelle
meines verstorbenen Starez. Er begann
mir die Philokalia zu erklären. Mir war,
als hätte ich das Buch in den Händen,
konnte aber nicht so schnell die Stellen
finden, die der Starez erklärte. Da
nahm er mir das Buch aus der Hand,
schlug die Stelle auf und markierte sie
mit einem Stückchen Holzkohle. Als ich
am nächsten
Tag erwachte,
blieb ich erst
noch liegen
und
wiederholte im Gedächtnis, was er mir
gesagt hatte, damit ich es ja nicht
vergessen würde. Aber dann kam der
Zweifel: „Vielleicht ist es ja nur meine
Einbildung, die zu diesem Traum
geführt hat? Man bildet sich ja so
manches ein.“ Voller Zweifel stand ich
auf. Meine Philokalia lag auf dem
großen Stein, den ich als Tisch
benutzte. Erstaunt sah ich, dass sie angenau der Stelle aufgeschlagen war,
die mir der Starez im Traum gezeigt
hatte und dass dort auch seine
Markierung war. Ich erinnerte mich
genau, dass dort vorher keine
Markierung gewesen war und dass ich
das Buch abends geschlossen ans
Kopfende meines Schlaflagers gelegthatte. Mein Zweifel verschwand und
voller Eifer befolgte ich, was der Starez
mir gesagt hatte. Ich begann nun, das
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Jesusgebet zusammen mit dem Atem
ins Herz ein- und wieder
herauszuführen: Geistig ins Herz
blickend betete ich beim Einatmen:
„Herr Jesus Christus“, und beim
Ausatmen: „erbarme dich meiner“.
Anfangs übte ich das eine Stunde;
langsam erhöhte ich die Zeit, bis ich
fast den ganzen Tag damit ausfüllte.
Viele neue Empfindungen spürte ich im
Herzen. Manchmal war mein Herz
voller Leichtigkeit, Freiheit und Trost.
Ich war wie verwandelt und glaubte vor
Wonne zu vergehen. Manchmal kamen
mir Tränen des Dankes an Gott.
Manchmal wurde mein Verstand so
klar, dass ich mit Leichtigkeit Dinge
erfasste, die ich früher nie verstanden
hätte. So erneuerte das Herzensgebet
Geist, Körper und Verstand: Mein Geist
erlebte die Süße der Liebe Gottes,
innere Ruhe und Reinheit derGedanken, — mein Körper erlangte
Leichtigkeit und Frische,
Unempfindlichkeit für Kummer und
Krankheiten, und ich empfand das
Leben als angenehm — mein Verstand
erkannte die Sprache der Schöpfung,
die Nähe Gottes und die Bedeutung der
heiligen Schrift.
Fünf Monate verbrachte ich in der
Einsamkeit der Erdhütte mit dieser
Gebetsübung, bis ich mich so sehr an
das Herzensgebet gewöhnt hatte, dass
es sich ganz von selbst ohne irgendeine
Anstrengung meinerseits verrichtete.
Sogar im Schlaf wurde es durch nichts
unterbrochen. Als dann der Wald
abgeholzt wurde, mußte ich die
Erdhütte verlassen. Ich dankte dem
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Waldhüter und nahm meine
Wanderschaft wieder auf.
Das selbsttätige Herzensgebet ist
seitdem auf allen Wegen mein Trost
und meine Freude. Bei allen
Begegnungen, die ich inzwischen hatte,
hat es nie aufgehört, mich mit Wonne
zu erfüllen. Diese Wonne ist nie
eintönig, sondern stets neu und anders.
Das Gebet selbst wird seltsamerweise
durch nichts gestört und stört
seinerseits keine Tätigkeit. Wenn ich
eine Arbeit vorhabe, geht mir die
Arbeit durch die Anwesenheit des
Gebetes leichter von der Hand. Sogar
wenn ich aufmerksam zuhöre oder
lese, hört das Gebet nicht auf. Ich
fühle gleichzeitig das eine und das
andere, als wäre ich gespalten oder als
hätte ich zwei Seelen in meiner Brust.
Ich habe viele Abenteuer erlebt, in
denen ich manchmal geehrt und
manchmal gedemütigt wurde. Mein
Starez erschien mir im Traum, wenn
ich dabei war, Fehler zu machen, und
er wies mir den Weg. Wenn es sich
ergab, führte ich andere in das
unablässige Gebet ein, und wurde
dadurch oft selbst weiter angespornt.
Manchmal erfüllt mich das
Herzensgebet mit solcher Wonne, dass
ich nicht glaube, es könnte jemanden
geben, der glücklicher ist als ich. Nicht
nur das Innere meiner Seele, sondern
auch die ganze Außenwelt erscheint
mir wunderbar schön. Alles verlockt
mich zur Liebe und zum Dank an Gott.Menschen, Bäume, Pflanzen, Tiere,
alles ist mir unaussprechlich vertraut,
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und in allen sehe ich den Namen Jesu.
Manchmal fühle ich eine solche
Leichtigkeit, als hätte ich überhaupt
keinen Körper, etwa so, als würde ich
durch die Luft fliegen. Manchmal
empfinde ich eine solche Freude, als
wäre ich König geworden, und möchteam liebsten sterben und mich in
Dankbarkeit zu Gottes Füßen in die
geistige Welt ergießen. Und wenn es
dann doch einmal vorkommt, dass
unruhige Gedanken
auftauchen, dann
vertiefe ich mich in
das Gebet und findewieder Mut, indem
ich mir selber sage:
„Gottes Wille
geschehe; ich bin
bereit, alles zu
erdulden, was mir Jesus auferlegt.“
Manche verschütten Tränenströme, weil ihnen kein Sohn geboren wurde, anderen nagt esam Herzen, dass ihnen keine Reichtümer zu teil geworden sind. Aber ach, wie wenige sorgen
sich und weinen, weil sie Gott nicht geschaut haben? Wahrlich, diejenigen, die Gott suchen
und um ihn weinen, die erlangen ihn. — Sri Ramakrishna
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(klicken um Gesamtbild zu sehen)
„Ich musste verschiedene
Religionen einmal prakti-
zieren, Hinduismus, Islam
und Christentum, und auch
die Wege der Hindusekten:
der Shaktas, Vaishnavas,
Vedantins und anderer. Ich
fand, dass es derselbe Gott
ist, dem sich alle nähern,
nur eben auf
verschiedenen Wegen.“
— Sri Ramakrishna
Wi l l k ommen im Ga r t en de r Sp i r i t u a l i t ät und Ha r mon i e de r Re l i g i onen , i n sp i r i e r t von Sr i Ramak r i s hna ( 1836 -
1886 )
Hier finden Sie Berichte zu mystischen
Erfahrungen aus aller Welt.
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Ramakrishna-Ordens.
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Beim Fotografen am 10.12.1881
Ramakr ishna
Ramakrishnas Leben ist gut
dokumentiert. Seine Hauptbiographen
waren in der westlichen kritischen
Denkweise geschult, Objektivität war
ihnen wichtig. Die ursprünglich
bengalischen Berichte gibt es
inzwischen alle in englischer
Übersetzung.
Ramakrishnas Leben beinhaltet keine
äußerlich spektakulären Vorkommnisse.Er hat auch keine wohlgeordnete Lehre
hinterlassen. Seine Lehre war auf sein
jeweiliges Gegenüber angepasst. Er hat
formell weder eine neue Organisation
noch eine Religion gegründet. Von
Äußerlichkeiten hielt er wenig, seine
Intensität konzentrierte sich auf das
innere Leben.
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Ramakrishna in Extase beim
gemeinschaftlichen Singen im
Haus von Keshab Chandra Sen
am 21.9.1879. Er wird von seinem
Neffen Hriday gehalten.
Rama k r i shna s Schül er
Viele Menschen fühlten sich von
Ramakrishna inspiriert und einige
betrachteten ihn als ihren Lehrer. Es
gab keine festgelegten Riten, wodurch
jemand zum Schüler wurde.
Ramakrishna selbst mochte es auch
nicht, als „Guru“ tituliert zu werden.
Er gab einfach allen so viel von seinem
spirituellen Wissen, wie die Einzelnen
wollten. Manchmal in Form von
einfachen Vorschlägen, manchmal
übertrug er spirituelle Stimmung durch
Berührung oder Blick, manchmal lehrte
er Schüler Mantren oder Lieder,
manchmal schrieb er mit dem Finger
etwas auf deren ausgestreckte Zunge.
Nach seinem Tod haben einige seiner
Schüler einen Mönchsorden gegründet.
Ramakrishna selbst hat keine Mönchs-
Einweihungen gegeben, solche
Formalitäten waren für ihn unwichtig.
Für ihn zählte nur die direkte
Erfahrung des Göttlichen.
Der Guru ist wie eine Kupplerin. Wie die Kupplerin einen Mann und eine Frau
zusammenbringt, so bringt der Guru einen Menschen mit Gott zusammen. — Sri Ramakrishna
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22/1031
Vivekananda 1891
Vedant i sche Lebensw ege
„Wir grüßen ehrerbietig alle Propheten,
die uns vorausgingen und auf deren
Leben und Lehren wir aufbauen, egal
welcher Rasse, welch Glaubens oder
Landes sie waren.“
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In Indien findet man religiöse
Symbole überall
Ind i sche Gei st esw e l t
Obwohl sich diese wahrgenommene
Welt für vielfältiges Treiben eignet, ist
sie doch unwirklich wie ein Traum, der
im letzen Moment vergeht.
Shankarâchârya
Aparoshânubhûti, Vers 56
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Kreuz der Kirche zu Shantivanam,
Südindien, Wirkungsort von Dom
Bede Griffith, OSB.
Chr i st l i che Sp i r i t ual i t ät
Es muss des Menschen Herz doch etwas
Großes sein
Gott, Teufel, Welt und Lust und alles
will hinein.
Erwähle, lieber Freund, dir doch den
besten Gast:
Hast du ihn gut gewählt, dann halte,
was du hast!
Gerhard Tersteegen
Geistliches Blumengärtlein (1726), Vers 58
Es gibt viele Namen für Gott und unendliche Formen, sich IHM zu nähern. Je nach dem
Namen und der Form, in dem du IHN verehrst, wirst du IHN verwirklichen. — Sri Ramakrishna
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Zeitgenössische Ansicht desKlosters, in dem Bruder Lorenz
Mönch war.
Heutige Ansicht (Bild entnommen
aus Google Street-View).
Inhalt
Jugend
Krieg
Suchen des Weges
Er wird Kameliter
Sein innerer Weg
Seine äußerern Aufgaben
Augenzeugenbericht
Lebensende
Erste Bücher über -Bruder
LorenzQuellenangaben
Br uder Lor enz und d i e Übung der Gegenw ar t Go t t es
Der französische Karmelitermönch
Bruder Lorenz (1614-1691) praktizierte
eine scheinbar einfache Übung, durch
die er zum ununterbrochenen
Gewahrsam der göttliche Gegenwart
gelangte. In seinem Heimatland fast
vergessen, führte die Universalität
seiner Methode dazu, dass „Brother
Laurence" auch unter Mitgliedern
anderer Religionen Anhänger gefunden
hat.
Notre sanctification dépend, non du
changement de nos œuvres, mais de
faire pour Dieu ce que nous faisons
ordinairement pour nous-mêmes.
Unsere Heiligung hängt nicht davon ab,
dass wir unsere Handlungen ändern,
sondern davon, dass wir für Gott tun,was wir normalerweise für uns selbst
tun. (EN44)
Il n’y a pas au monde de vie plus
douce ni plus heureuse que la
conversation continuelle avec Dieu.
Ceux-là seul la peuvent comprendre,
qui la pratiquent et la goûtent.
Es gibt auf der Welt kein süßeres und
glücklicheres Leben als das Leben in
ständiger Unterhaltung mit Gott. Nur
diejenigen können es verstehen, die es
praktizieren und schmecken. (L3)
Jugend
Der spätere Bruder Lorenz wurde 1614
als Nicolas Herman in dem kleinen Dorf
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Hériménil geboren, nahe Lunéville in
Lothringen, was damals ein
französichsprachiger Teil des hl.
römischen Reichs deutscher Nation
war. Ein Onkel von ihm war
Karmelitermönch, er ist also
wahrscheinlich in einer religiösenAtmosphäre aufgewachsen.
Mit 18 Jahren hatte er eine plötzliche
spirituelle Erfahrung. Seinem Biograph
berichtete er 40 Jahre später, dass er
eines Wintertages, beim Betrachten
eines entlaubten Baumes und beim
Nachsinnen, dass die Blätter bald
wieder erscheinen würden, und danach
Blüten und Früchte, eine großartige
Schau auf die Vorsehung und Macht
Gottes erhalten habe, die seitdem
nicht mehr aus seiner Seele
verschwunden sei. Diese Schau hätte
ihn völlig von der Welt gelöst und ihm
eine derartige Liebe zu Gott gegeben,
dass er nicht sagen könne, ob sie
gewachsen sei in den über vierzig
Jahren, seit er diese Gnade erhalten
hatte.(EN1)
Krieg
Der dreißigjährige Krieg (1618-1648)
weitete sich 1631 auf Lothringen aus,
als das französische Heer einfiel um
Lothringen zu annektieren. 1632, also
mit etwa 18 Jahren, wurde Nicolas
Soldat im Heer des Lothringischen
Herzogs, der letztlich erfolglos gegen
die Franzosen kämpfte. Die Franzosen
waren verbündet mit schwedischen
Truppen und protestantischen
Deutschen unter Führung des Herzogs
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27/1031
von Saxen-Weimar. Von diesen
Deutschen wurde Nicolas einmal
gefangen genommen und wegen
angeblicher Spionage mit dem Tod
bedroht. Seine ruhige Erklärung, er
habe nichts Schlechtes getan und
fürchte den Tod nicht, beeindruckte sieaber so sehr, dass er wieder frei
gelassen wurde.
1635 wurde der 21-jährige Nicolas laut
seinem Biograph beim Angriff der
Schweden auf Rambervillers, einen Ort
in den Nähe seines Geburtsorts, stark
verwundet.(EN9,10)
Er genaß bei seinen Eltern, doch leider
blieb ein Bein für den Rest seines
Lebens gelähmt und bereitete ihm
immer wieder Schwierigkeiten. (EN50)
Suchen des Weges
Bald danach eröffnete sich ihm die
Gelegenheit zusammen mit einem
Adeligen als religiöser Einsiedler zu
leben. Diese Lebensform brachte ihm
jedoch keinen richtigen Frieden.
Nicolas kam mit dem eigenen
unruhigen Geist nicht zurecht, mal war
er froh, mal traurig, mal beunruhigt. Erzweifelte an der Richtigkeit seines
Weges und sehnte sich nach einer
Gemeinschaft und nach klaren Regeln.
Schließlich verließ er das
Einsiedlerdasein, ging nach Paris, und
fand eine Anstellung als Lakai bei
einem Adligen. Später sagte über seine
Zeit als Lakai, dass er ein grober Tölpelwar, der alles kaputt gemacht hätte.
(EN2)
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Er wi r d Karmel i t er
1640 (26 Jahre alt) bat er um
Aufnahme als Laienbruder bei den
unbeschuhten Karmeliten in Paris —
vielleicht angeregt durch den Onkel,der Karmeliter war. (Laienbrüder
waren die Mönche, die für niedere
manuelle Arbeiten zuständig waren,
während zum Priester geweihte Mönche
für die Liturgie zuständig waren.) Das
Pariser Karmeliterkloster war 1611 an
der Rue Vaugirard (heute 6.
Arrondissement) errichet worden undwurde anschließend durch die Mutter
Ludwigs XIII gefördert. 1620 wurde die
St. Joseph geweihte Klosterkirche
fertiggestellt, und im Lauf des
Jahrhunderts entstanden weitere
Gebäude und Erweiterungen. Teile des
Komplexes bestehen heute noch und
beherbergen gegenwärtig diekatholische Universität Institut
Catholique de Paris.
Nicolas erhielt oder wählte den
Mönchsnamen Laurent de la
Résurrection. Er hatte keine gute
Meinung von sich selbst und erwartete,
dass man ihm wegen seiner Tölpeleienund Fehler das Leben schwer machen
würde und dass er immer Novize
bleiben würde. Doch nach zwei Jahren
wurde er wie üblich als Laienbruder
(frère convers) eingesegnet (1642). Die
erwarteten äußeren Strafen blieben
ebenfalls aus, später sagte er, Gott
hätte ihn getäuscht und ihm stattStrafe nur Wohltaten gegeben. (EN3)
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Sein i nnerer Weg
Zu Beginn seines religiösen Lebens
machte er sich folgende Gedanken zu
eigen:
Gott braucht nichts.Gott hat mich nur für sich
geschaffen.
Ich werde alles für alles geben
und so leben, als gäbe es nur
Gott und mich.
Ich möchte nichts tun, was Gott
misfällt, ich möchte, dass alles,
was ich tue, Gott gefällt.Darum werde ich alles, was ich zu
tun habe, aus Liebe zu Gott
machen.
Aus dem letzten Punkt resultierte seine
Übung, all seine Tätigkeiten bewusst
aus Liebe zu Gott zu verrichten. Es gab
zu, dass ihm das anfangs nicht leichtfiel und er es oft vergaß. Diese Übung
scheint er anfangs wie ein inneres
Gespräch mit Gott durchgeführt zu
haben. Im Lauf der Zeit wurde daraus
eine zunehmend wortlose Hinwendung
des Herzens. Doch trotz dieser Übung
gab es ein großes Problem, und das
war seine Überzeugung, dass erverdammt sei und nicht so war, wie
Gott ihn wollte. Die ersten 10 Jahre im
Kloster quälte ihn dieser Gedanke in
mehreren Wellen furchtbar, manchmal
glaubte er ihn besiegt zu haben, aber
dann kam er doch wieder zu Vorschein.
Schließlich konnte er dieses Problem
durch folgende inneren Beschlüsse
lösen:
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Er entschied sich, dass es ihm
egal sei, ob er in die Hölle oder
in den Himmel komme.
Er wollte sich nicht mehr mit
seinem Leid beschäftigen, selbst
wenn er es für alle Ewigkeit
aushalten müsste. (EL26)
„Es kommt mir nicht mehr darauf
an, was ich tue oder worunter ich
leide, vorausgesetzt ich bleibe
liebevoll seinem Willen
verbunden, und das ist meine
einzige Aufgabe ." (EL26)
Es genügte ihm hinfort, alles aus Liebezu Gott tun. Er dachte weder an das
Paradies noch an die Hölle (L2, EN12) und
er gab die Hoffnung auf, dass sich sein
Leben oder sein Geisteszustand je
bessern würde. Durch das Loslassen
jeglicher Hoffnung fand er sich ganz im
Hier und Jetzt. Sein Geisteszustand
änderte sich radikal und ein
ununterbrochener Friede breitete sich
in ihm aus, der ihn in den 40 Jahren bis
zu seinem Tod nicht mehr verließ. Es
war, als wären plötzlich seine inneren
Augen einer anderen Wirklichkeit
geöffnet worden, und die materielle
Welt verlor für ihn ihren
Substanzcharakter:
„Die ganze Welt erscheint mir
nicht mehr fähig, mir Gesellschaft
zu leisten. Alles was ich mit den
Augen des Körpers sehe, erscheint
vor mir wie Gespenster oder
Träume; mir geht es nur noch
darum, was ich mit den Augender Seele sehe . . . meine
gewöhnlichste Beschäftigung ist
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es, in der Gegenwart Gottes zu
bleiben mit der ganzen Demut
eines nutzlosen aber trotzdem
treuen Dieners.“ (EL28)
Seine äußeren Auf gaben
Nach dem Ende des Noviziats hatte
man ihm die Aufgabe des Kochs des
Klosters übertragen für die Beköstigung
von teilweise täglich über 100
Personen. Diese Tätigkeit übte er 15
Jahre lang aus, obwohl er eigentlich
gegen sie, wie er sagte, von Natur aus
einen Widerwillen hatte. Vor und nach
der Arbeit, als er allein in der Küche
war, betete er folgendermaßen:
„Mein Gott, da du bei mir bist
und ich meinen Geist auf deine
Anordnung hin äußeren Dingen
zuwenden muss, bitte ich dich um
die Gnade, während dieser
Aufgabe bei dir bleiben zu können
und dir Gesellschaft zu leisten,
und damit alles zum Besten
verläuft, mein Herr, arbeite bitte
mit mir zusammen, nimm meine
Arbeit an und akzeptiere all
meine Zuneigung.“
Während der Arbeit unterhielt er sich
weiter vertrauensvoll mit Gott, bat ihm
seine kleinen Dienste an und bat um
seine Gunst.
Nach Erledigung einer Arbeit richtete
er seine Aufmerksamkeit darauf, wie er
die Arbeit ausgeführt hatte, und wenner damit zufrieden war, bedankte er
sich bei Gott, wenn er Fehler
bemerkte, entschuldigte er sich bei
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Gott. Ohne durch Fehler entmutigt zu
werden, richtete er anschließend
seinen Geist wieder auf Gott, so als
wäre er nie mit etwas anderem
beschäftigt gewesen.(E20)
Wegen Hüftleidens (wohl aufgrund
seines steifen Beins) wurde ihm 1657,
als er 43 Jahre alt war, die eher
sitzende Beschäftigung als
Sandalenschuster fürs Kloster
zugewiesen. Wahrscheinlich half er
weiterhin in der Küche mit, wenn auch
nicht als Hauptverantwortlicher.
Außerdem blieb er zuständig für
Einkauf und Beschaffung der Weine für
die Klostergemeinschaft, was lange
Bootsreisen in die Auvergne und
Bourgogne erforderte, eine schwierige
Aufgabe wegen seines steifen Beines.
Er beklagte sich jedoch nie.
Bruder Lorenz scheint viel Kontakt zu
anderen Menschen gehabt zu haben. Er
wurde als sehr natürlich und freundlich
beschreiben. Sein Verhalten zeigte
keinerlei Eigenartigkeiten, er hatte sich
die Einfachheit des gewöhnlichen
Lebens bewahrt, und er machte nie
eine melancholische oder asketische
Miene, die andere auf Abstand hält.
(E35)
Augenzeugenbericht
Joseph de Beaufort (M1-14) schreibt:
Ich beschreibe hier, was ich
persönlich erlebt und gehört habevon Bruder Lorenz, dem
unbeschuhten Karmeliter, der vor
etwa zwei Jahren in einem
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Kloster in Paris starb. Die
Erinnerung an ihn ist mir ein
Segen.
Aufgrund der Notizen, die ich mir
im Anschluss an unsere Gespräche
machte, gebe ich Ihnen im
Folgenden seine eigenen Worte
wieder.
Bruder Lorenz war trotz seiner
Tugend keinesfalls unnahbar. Sein
offenes Wesen schuf Vertrauen
und gab einem sofort das Gefühl,
man könne ihm alles berichten
und man habe in ihm einen
Freund gefunden. Nachdem er
einen etwas kennengelernt hatte,
sprach er auch ganz unbekümmert
und zeigte seine große Güte. Was
er sagte, war einfach, zutreffend
und sinnvoll. Durch sein rustikales
Äußeres hindurch entdeckte man
eine einzigartige Weisheit, eine
Freiheit jenseits der üblichen
Auffassungen armer Klosterbrüder
und eine Verständnistiefe, die
alle Erwartungen übertraf. Bei
den Gesprächen während seiner
Bettelgänge [Bettelgänge der
Mönche waren eine
Einkommensquelle des Klosters,
Anm. d. Üb.] zeigte er einen
selbständigen Geist, der die
umfangreichsten Aufgaben
bewältigen konnte und den man
zu jedem Thema befragen
konnte. Das war der äußere
Eindruck, den man von Bruder
Lorenz erhielt.
Bezüglich seiner innere Haltung
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sagte er mir, dass die Basis seiner
Bekehrung die hohe Idee war, die
er sich von der Kraft und Weisheit
Gottes gemacht hatte. Er
kultivierte diese Idee sorgfältig,
indem er mit großer Treue
entgegengesetzte Ideen verjagte.Der Glaube war das Licht, dessen
er sich bediente. Er sagte mir
mehrere Male, dass alles, was er
von anderen gehört hatte und was
er in Büchern gefunden habe ihm
fade erschien im Vergleich zu
dem, was ihm der Glaube
offenbarte. „Wir suchen in derVernunft und den Wissenschaften
wie in einer schlechten Kopie das,
was wir vernachlässigen im
exzellenten Original
nachzuschauen. Gott selbst hat
sich auf den Grund unserer Seele
gemalt und wir wollen ihn dort
nicht sehen. Wir verlassen ihn fürOberflächlichkeiten und zieren
uns, uns mit unserem König zu
unterhalten, der ständig in uns
gegenwärtig ist.“
Bruder Lorenz betrachtete die
Gegenwart Gottes nicht nur im
Grund seiner Seele, sondern erließ seinen Geist bei allem was
geschah und was er sah vom
Geschöpf zum Schöpfer gehen.
Einst betrachtete er im Winter
einen kahlen Baum, was
bewirkte, dass er plötzlich
gedanklich bis zu Gott gelangte,
und dass in ihm eine so sublimeErkenntnis erwachte, die nach
vierzig Jahren noch genauso stark
und lebendig in seiner Seele war,
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wie zu dem Zeitpunkt, als er sie
erfuhr. Entsprechend nutze er
alle Gelegenheiten und bediente
sich der sichtbaren Dinge nur, um
zum Unsichtbaren zu gelangen.
Bruder Lorenz kultivierte mit
ganzer Hingabe in seinem Herzen
die Gegenwart Gottes. Bei all
seinen Handlungen, pflegte er
eine ununterbrochene Verehrung.
Liebe und Bitte um Hilfe zu Gott,
und er bedankte sich, nachdem er
diese Handlungen beendet hatte.
Er bat um Vergebung für seine
Nachlässigkeiten und gab diese
Gott unumwunden zu. Weil seine
Hingabe so mit seinen Tätigkeiten
verbunden war, gingen ihm diese
leichter von der Hand, und statt
dass ihn das Gebet bei seiner
Tätigkeit stören würde, half es
ihm, die Tätigkeit besserauszuführen. Er gab zu, dass er zu
Anfang Schwierigkeiten mit dieser
Übung hatte und dass es häufig
vorkam, dass er sie vergaß, aber
nachdem er Gott demütig seine
Fehler gebeichtet hatte, hatte er
sich immer wieder der Übung
zugewandt, ohne sich weitereSorgen zu machen. Wenn andere
Gedanken den Platz seines Gottes
eingenommen hatten, hatte er
diese einfach sanft zur Seite
geschoben, um sich der Übung
wieder zuzuwenden. Schließlich
wurde seine Treue mit dem
ununterbrochenen Bewusstseinder Gegenwart Gottes belohnt.
Seine vielfältigen Aufgaben
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wurden für ihn zu einer einzigen
Sicht erleuchteter Liebe und
ununterbrochener Freude. Er
sagte, die Arbeitszeit sei für ihn
keineswegs von der Gebetszeit
verschieden. „Ich besitze Gott
genauso ruhig in der Hektikmeiner Küche, wo mich
manchmal mehrere Personen
gleichzeitig verschiedene Dinge
fragen, als würde ich vor dem
Altar knien. Mein Glaube wird
manchmal sogar so leuchtend,
dass ich denke, ihn verloren zu
haben. Es scheint mir, als wäreein Vorhang der Dunkelheit
beiseite gezogen und der ewige
wolkenlose Tag des Jenseits
bereits angebrochen.“ Dies ist es,
wohin unserer guten Bruder durch
die Treue gelangte, mit der er
ständig darauf achtete, mit Gott
in Zwiesprache zu bleiben undalle anderen Gedanken
zurückwies. Und das wurde ihm
so zur Gewohnheit, dass er sagte,
es sei ihm unmöglich sich davon
zu lösen und sich etwas anderem
zuzuwenden. Er sagte, dass diese
Gegenwart Gottes eher durch das
Herz und durch die Liebeaufrechtzuerhalten sei, als durch
Verstand und Worte.
„Auf dem Weg zu Gott zählen
Gedanken wenig, die Liebe ist
alles. Und es ist nicht nötig, mit
großartigen Aufgaben betraut zu
sein. Ich wende mein kleinesOmelette in der Pfanne aus Liebe
zu Gott. Wenn das Omelette
fertig ist, und ich nichts mehr zu
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8/19/2019 Www.ramakrishna.de
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tun habe, knie ich nieder und
verehre meinen Gott, von dem
ich die Gnade erhalten habe, das
Omelette zu machen, und danach
erhebe ich mich wieder,
zufriedener als ein König. Wenn
ich nichts anderes tun kann, ist esgenug für mich, aus Liebe zu Gott
einen Strohhalm vom Boden
aufzuheben. Man sucht Methoden,
um Gott lieben zu lernen und
macht wer-weiß-was-für
Übungen. Man gibt sich mit
verschiedensten Techniken viel
Mühe. Doch ist es nicht vielschneller und direkter, einfach
alles aus Liebe zu Gott zu tun?
Ihm zu dienen in allen Arbeiten?
Sich seiner Gegenwart in uns zu
vergewissern durch die
Verbindung unseres Herzens mit
ihm? Dazu braucht man keine
Finessen. Man muss sich nureinfachen Herzens ihm
zuwenden.“
„Seit meinem Eintritt ins religiöse
Leben denke ich nicht mehr an
Tugendhaftigkeit noch an mein
Seelenheil. Nachdem ich mich
ganz Gott ergeben habe und ausLiebe zu ihm allem entsagt habe
was nicht er ist, glaube ich, dass
ich für den Rest meiner Tage
nichts anderes mehr zu tun habe,
als so zu leben, als gäbe es nur
Gott und mich auf der Welt.“
Auf diese Weise begann Bruder
Lorenz mit dem, was das
Vollkommenste ist: allem für Gott
zu entsagen und alles aus Liebe
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8/19/2019 Www.ramakrishna.de
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für ihn zu tun. Er hatte sich völlig
selbst vergessen. Er dachte weder
an das Paradies noch an die
Hölle, weder an seine früheren
Sünden, noch an momentane
Fehler, nachdem er Gott um
Verzeihung gebeten hatte. Nachder inneren Beichte kehrte er
gedanklich nicht mehr zu dem
Thema zurück. Hatte er Gott
seine Fehler gestanden und ihm
gesagt, dass er aus sich heraus
die betreffende Arbeit nicht
besser machen könne, war er im
völligen Frieden. Und danachübergab er sich Gott, wie er
sagte, zum Leben und zum
Sterben, für die Zeit und für die
Ewigkeit.
„Wir sind einzig für Gott
geschaffen,“ sagte er, „es wäre
daher nicht schlecht, wenn wir
uns etwas weniger mit uns selbst
beschäftigten und mehr mit ihm.
In ihm werden wir besser
verstehen, was uns fehlt, als
wenn wir mit all unseren
Überlegungen in uns selbst
blieben. Und vielleicht ist es nur
ein Rest Eigenliebe, die uns inForm einer Idee der eigenen
Vorzüglichkeit an uns selbst
haften lässt und uns hindert zu
Gott zu gelangen.“
Bruder Lorenz berichtete mir von
seiner Entscheidung, dass er nicht
mehr über das nachdenken
wollte, was mit ihm in Zukunft
geschehen werde, noch sich mit
seinen Leiden beschäftigen
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8/19/2019 Www.ramakrishna.de
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wollte, sondern dass er
stattdessen sich mit dem
Gedanken trösten wollte:
„Geschehe was wolle, ich werde
zumindest all meine Handlungen
bis zum Rest meines Lebens aus
Liebe zu Gott tun.“
Auf diese Art vergaß er sich selbst
und war bereit sich in Gott zu
verlieren, den er auf diese Art
fand. Die Liebe zum göttlichen
Willen hatte in ihm den Platz
eingenommen, den man
normalerweise dem Eigenwillen
gibt. Und in allem was ihm
zustieß, sah er nichts anderes, als
die Anordnungen Gottes, der ihn
in einem ununterbrochenen
Frieden bewahrte.
Lebensende
Vier oder fünf Monate vor seinem
Lebensende teilte Bruder Lorenz
verschiedenen Freunden mit, dass er
Ende Februar 1691 sterben würde.
Tatsächlich bekam dann eine sehr
schmerzhafte Rippenfellentzündung, an
der er nach vier Tagen starb. Da sein
Gesicht unter den Schmerzen trotzdem
freudig blieb, fragte ihn ein
Mönchsbruder, ob er denn nicht leide.
Er antwortete: „Entschuldige, ich
leide, diese Stelle, die ich an der Seite
habe, schmerzt stark, aber mein Geist
ist zufrieden.“ — Der andere:
„Angenommen, Gott will, dass du zehn
Jahre lang so leidest, würdest du dann
immer noch zufrieden sein?“ — Bruder
Lorenz: „Ich wäre es, nicht nur für
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8/19/2019 Www.ramakrishna.de
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diese Jahre, sondern selbst wenn Gott
wollte, dass ich bis zum jüngsten Tage
so leiden müsste, würde ich gerne
zustimmen in der Hoffnung, dass er mir
die Gnade gewähren würde, immer
zufrieden zu sein.“ (E 55)
Ein Mönch drängte ihn, bei Gott für ihn
um den rechten Geist des Gebets zu
bitten, worauf Bruder Lorenz
antwortete: „Du musst dafür deine
eigene Kooperation einbringen und von
deiner Seite aus arbeiten, um dich
dieser Gabe würdig zu erweisen.“ Das
waren seine letzten Worte. Am
nächsten Morgen starb er ruhig
entspannt und in vollem Bewusstsein.
Er war 76 Jahre alt geworden.(E 59,60)
Er st e Bücher über Br uder
Lorenz
1692 erschien in Paris anonym das Buch
(188 Seiten) „Spirituelle Richtlinien
zum Nutzen frommer Seelen zur
Erlangung der Gegenwart Gottes.
Gesammelt nach einigen Manuskripten
des Bruder Lorenz von der
Auferstehung, unbeschuhter Kameliter.
Mit einem Abriss seines Lebens nebsteinigen seiner Briefe.“
1694 erschien ein zweiter anonymer
Band (92 Seiten) „Gebräuche und
Gespräche des Bruder Lorenz von der
Auferstehung, unbeschuhter
Karmeliter. Mit der Übung der
Gegenwart Gottes, aus seinen Briefen
zusammengefasst.“
Ende des 17. Jahrhunderts kam es in
Frankreich zu einem politisch
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8/19/2019 Www.ramakrishna.de
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aufgeladenen Streit über den
Quietismus. Nach Auffassung der
Quietisten waren nämlich äußerliche
religiöse Praktiken für die Erlangung
der Schau Gottes bedeutungslos, die
Voraussetzung dafür sei nur, dass der
Mensch sein Ich aufgebe. DieseAnschauung wurde unter den Päpsten
Innozenz XI 1687 und Innozenz XII 1699
als Irrlehre verworfen, was in
Frankreich zu einer staatlichen
Verfolgung jeglichen mystischen
Gedankenguts führte. Daher konnte
man die Bücher über Bruder Lorenz
dort nicht mehr verlegen. Die zweiteAuflage erschien deshalb 1699 in den
Niederlanden. In der ebenfalls dort
erschienenen dritten Auflage 1710,
wurde die Identität des Autors
preisgegeben: es war Joseph de
Beaufort, Generalvikar des Bischofs von
Châlons-sur-Marne [180 km östl. v.
Paris], der Bruder Lorenz 35 Jahre lang
gekannt und ihn regelmäßig besucht
hatte.
Während Bruder Lorenz in Frankreich in
Vergessenheit geriet, wurde seine
Botschaft durch Übersetzungen in
englischsprachigen Ländern und dort
vor allem unter Protestanten bekannt.Auch in Deutschland wurde sie
besonders von einen Protestanten
verbreitet, dem reformierten Mystiker
Gerhard Tersteegen.
Quelle —>zurück zum Text
Zum Anlass der 300sten Wiederkehr des Todestages 1991 von Bruder Lorenz gab der belgische Kameliter Conrad de Meesterdie Originalquellen neu heraus.
Frère Laurent de la Résurrection – Nicolas Herman: Écrits et entretiens sur la pratique de la présence de Dieu,erschienen bei den Éditions du Cerf 1996, Paris.Die Quellen im Einzelnen:
Erstes Buch (1692):MS=Maximes spirituelles (Spirituelle Leitsätze)
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8/19/2019 Www.ramakrishna.de
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EL=Éloge („Lobrede“, Lebensbeschreibung von Bruder Lorenz)L=Lettres (Briefe)
Zweites Buch (1694):M=Moeurs („Gewohnheiten“, Beschreibung der Persönlichkeit des Bruders)EN=Entretiens (Gespräche)
Zitierweise: Abkürzung der Quelle gefolgt von der Abschnittsnummer
Nous sommes faits pour Dieu seul: Wir sind einzig f ür Got t gemacht — Bruder Lorenz
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8/19/2019 Www.ramakrishna.de
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... j'ai dit à Dieu:«Tu me connais, tu
sauras me donner lemeillieur.»
Jean-Pierre Bély
Der Bericht basiert
hauptsächlich auf einem Artikel
der Zeitung Le Monde von
21.12.2002
Hei l ung von Seele und Kör per i n Lour des
. . . ich habe zu Got t gesagt :
„Du kennst mi ch, du verst ehst es, mir das Best e
zu geben.“
Im kleinen Ort La Couronne im
Südwesten Frankreichs lebt Familie
Bély. Es sind einfache Leute, an ihrem
Häuschen steht das traditionelle „Gottsegne dieses Haus und die hier gehen
ein und aus“. Auf dem Rasen würde
man Gartenzwerge erwarten, doch man
findet dort moosüberwachsen die
Nachbildung der Grotte von Lourdes
mit einer Marienstatue.
Jean-Pierre Bély, der Familienvater, ist
ein lebendiger, agiler 66-jähriger
Rentner. Er war früher Krankenpfleger.
1972, er war 36, zeigten sich bei ihm
die ersten Anzeichen der Krankheit:
Kribbeln in Fingern und Füßen und
zunehmende Müdigkeit. Die definitive
Diagnose konnte erst 1984 gestellt
werden: „sclérose en plaques“, zudeutsch: Multiple Sklerose. Eines
Morgens in diesem Jahr erwachte er
mit der rechten Körperhälfte völlig
gelähmt. Er erinnerte sich: „Die drei
folgenden Jahre waren die
schlimmsten. Die Krankheit
demoralisiert einen, weil sie in
Schüben fortschreitet. Man glaubt, eswird besser, und plötzlich
verschlimmert es sich. Schließlich
waren meine Hände ganz verzerrt und
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gelähmt.“
Als Jean-Pierre Bély am 5. Oktober
1987 zur Pilgerfahrt nach Lourdes
geschickt wird, ist er definitiv
bettlägerig und als 100-prozent
invalide anerkannt. In Lourdes
verschlechtert sich sein Zustand. Seine
Kameraden, die ihn begleiten,
befürchten, dass er die Reise nicht
überleben wird.
Er berichtet: „Ich hatte nicht speziell
die Heilung gewünscht. Als ich zur
Grotte gebracht wurde, habe ich zu
Gott gesagt: Du kennst mich, du
verstehst es, mir das Beste zu geben.
Als ich vor der Basilika auf der
Krankenbahre lag und die Zeremonie
der Salbung der Kranken durchgeführt
wurde, war die Stimmung
außergewöhnlich. Ich spürte, dass ich
diesen Zeitraum ganz intensiv erlebte.Nachdem ich die Salbung erhielt,
fühlte ich außergewöhnlichen Frieden,
tiefe Freude und innere
Ausgeglichenheit. Als wenn mir alles,
was schlecht in meinem Leben gewesen
war, genommen wäre. Mein Stress,
meine Angst, meine Sorgen. Ich war
euphorisch, von der Welt abgetrennt.Mir war, als würde ich schweben. Ich
war woanders. Mein Körper zählte nicht
mehr. Ich kann sagen, dass ich erst die
Heilung des Herzens empfangen habe,
vor der Heilung des Körpers. Dieser
Friede, diese innere Ruhe haben mich
seitdem nicht mehr verlassen. Und
jeden Tag fühlt es sich so an, alswürde ich diesen Moment wieder
erleben.
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Die Krankenträger brachten mich dann
in mein Zimmer zurück. Als man mich
aufs Bett legte, habe ich wieder
Kontakt zu meinem Körper bekommen.
Ich weiß nicht, wie lange das gedauert
hat. Ich hatte keine Zeitempfindung.
Ich spürte eine Kälte. Keine äußereKälte, sondern das Gefühl in einen
kalten Abgrund zu rutschen. Ich fühlte,
dass ich fortgehe. Das war kein
angenehmes Gefühl. Vielleicht würde
ich ins Jenseits kippen. Und dann,
plötzlich, spürte ich eine Wärme in den
Zehen. Wie ein weit entferntes Licht,
das größer wird, wärmt und Lebengibt. Die Wärme stieg langsam in
meine Füße, meine Beine, meine
Muskeln, in meinen ganzen Körper.
Während sie sich ausbreitete war es,
als wenn das Leben zurückkehrte. Ich
hatte das Gefühl, als hätte mich
jemand beim Genick gepackt und aus
dem kalten Abgrund gezogen. All dasmuss sehr schnell passiert sein, aber
ich hatte kein Zeitempfinden.
Schließlich fühlte ich mich wie
angehoben und fand mich sitzend auf
der Bettkante wieder, mich wundernd,
was ich da mache.
Abends brachte man mich auf meinerBahre zur Schlusszeremonie der
Pilgerfahrt. Dort wurde ich von dem
unwiderstehlichen Verlangen gepackt,
aufzustehen und herumzugehen. Aber
als ich um mich herum all die anderen
bettlägerigen Kranken sah, bekam ich
Angst, sie zu schockieren. In diesem
Augenblick entschloss ich mich, diskretzu bleiben. In der folgenden Nacht
wurde ich getrieben, mich zu erheben.
Ich spürte in meinem ganzen Wesen,
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wie mächtige Worte mir sagten: »Los,
erhebe dich und gehe!« Wie eine
innere Stimme, die sich ganz zart
äußert. Als die Nachtschwester sah,
dass ich mich im Bett umdrehte, fragte
sie mich, was ich hätte. Ich sagte ihr,
dass ich aufstehen wollte, um zurToilette zu gehen. Und ich bin zum
ersten Mal gegangen. Sie hielt mich
einfach am Arm. Ich machte meine
ersten Schritte nachts, wie ein Baby,
das Laufen lernt. So fühlte es sich für
mich an.
Ich wollte mich nicht beim
medizinischen Büro in Lourdes melden.
Ich wollte die Sache nicht aufbauschen.
Nach der Rückreise wartete ich im
Rollstuhl am Bahnhof auf meine Frau.
Im Auto, das uns nach Hause brachte,
erklärte ich ihr, dass sich mein Zustand
gebessert habe. Als sie dann sah, dass
ich die Treppe hinaufstieg, verstandsie ...“
Jean-Pierre Bély erinnert sich mit
Humor an die Erschütterungen, die er
in seiner Umgebung hervorgerufen hat.
Sein Hausarzt wurde beinahe
ohnmächtig, als er ihn aufsuchte. Und
der Briefträger erklärte gegenüber der
Ortspresse: „Jetzt sehe ich mich
gezwungen, an den lieben Gott zu
glauben.“
Übrigens bekommt Jean-Pierre Bély bis
zum Lebensende seine Invalidenrente,
da es nicht vorgesehen ist, dass sich
ein 100-prozentiger Invalide jemals
wieder erholt.
Bély wurde 1999 vom medizinischen
Büro zu Lourdes offiziell als Geheilter
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anerkannt.
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August Hermann Francke
„Ein Quentlein des lebendigen
Glaubens ist höher zu schätzen
als ein Zentner des bloßen
historischen Wissens.“
Textquelle:
August Hermann Francke,
Werke in Auswahl. Luther-
Verlag Witten/Ruhr 1969. (Text
geringfügig bearbeitet)
August He rma nn Fr anckes Go t t ese r f ah r ung im Jahr e
1687
Pietismus
August Hermann Francke (1663-1727)
gehört zu den wichtigsten Vertretern
des Pietismus. Der Pietismus ist eine
Bewegung innerhalb der evangelischen
Kirche gegen die nach außen gerichtete
Glaubenseinstellung der traditionellen
Lutheraner. Die Pietisten suchten die
individuelle innere religiöse Erfahrung.
Die Bewegung erhielt nur stellenweise
Anerkennung; die meisten lutherischen
Theologen konnten sich mit ihr nicht
anfreunden.
Lebensgeschichte vor der Erfahrung
August Hermann Francke wurde in
Lübeck als Sohn eines angesehenen
Juristen geboren. Mit 14 Jahren
gelobte er vor sich selbst, dass sein
Leben völlig Gott gehöre. Dem
entsprechend schlug er die Laufbahn
eines Geistlichen ein, eines
evangelischen natürlich, wie in
Norddeutschland üblich. Vor seiner
ersten Predigt — er war 24 Jahre alt —
plagte ihn allerdings die
unüberbrückbare Gewissensnot: Er war
sich sicher, den echten Glauben nicht
zu besitzen und damit vor seinem
eigenen Herzen nicht das Recht zu
haben, in der Kirche zu predigen. Statt
in seiner Sicht einen Betrug zu
begehen, wollte er lieber die Predigt
absagen.
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In seiner
Lebensbeschreibung
ber i cht et er :
Inzwischen fuhr ich mit fleißigemGebet fort, auch in der größten
Unklarheit meines Herzens. Am
nächsten Tag entschloss ich mich, dass
ich, wenn sich keine Änderung
ereignete, die Predigt wieder absagen
würde. Ich konnte nicht ohne echten
Glauben gegen mein eigenes Herz
predigen und so die Leute betrügen.Ich fühlte es nur zu hart, keinen Gott
zu haben, an den sich das Herz halten
kann; nicht zu wissen, wer Gott sei,
und nicht zu wissen, ob es ihn wirklich
gibt. In solcher großen Angst legte ich
mich nochmals auf meine Knie und rief
den Gott an, den ich noch nicht
kannte. Ich glaubte nicht an eineRettung aus meinem elenden Zustand,
außer wenn es wirklich einen Gott
gäbe. Da erhörte mich der Herr, der
lebendige Gott, von seinem heiligen
Thron, als ich noch auf meinen Knien
lag. So groß war seine Vaterliebe, dass
er mir nicht nur nach und nach meine
Zweifel und die Unruhe meines Herzensnahm — obwohl mir das genügt hätte,
— sondern er erhörte mich plötzlich.
Denn wie man eine Hand umwendet, so
waren alle meine Zweifel hinweg. Ich
war versichert in meinem Herzen von
der Gnade Gottes in Christo Jesu. Ich
konnte Gott nicht allein Gott, sondern
meinen Vater nennen. Alle Traurigkeitund Unruhe meines Herzens waren auf
einmal weggenommen, und stattdessen
wurde ich wie von einem Strom von
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Freuden plötzlich überschüttet, so dass
ich Gott aus ganzer Kraft lobte und
pries, der mir solche große Gnade
erwiesen hatte. Ich stand in ganz
anderer Verfassung auf, als in der ich
mich auf die Knie gelegt hatte. Denn
mit großem Kummer und Zweifel hatteich meine Knie gebogen, aber mit
unaussprechlicher Freude und großer
Gewissheit stand ich wieder auf.
Als ich niederkniete, glaubte ich nicht,
dass es einen Gott gäbe, und als ich
aufstand, hätte ich seine Existenz ohne
Furcht und Zweifel selbst beiVergießung meines Blutes bezeugt. Ich
begab mich darauf zu Bett, konnte
aber vor großer Freude nicht schlafen,
und wenn sich die Augen ein wenig
schlossen, erwachte ich bald wieder
und fing von neuem an, den lebendigen
Gott, der sich meiner Seele zu
erkennen gegeben hatte, zu loben undzu preisen. Denn es war mir, als hätte
ich in meinem ganzen Leben wie in
einem tiefen Schlaf gelegen, und als
hätte ich alles nur im Traum getan und
wäre jetzt davon richtig aufgewacht.
Mir war zumute, als wäre ich tot
gewesen und jetzt lebendig geworden.
Ich konnte mich nicht die Nacht überin meinem Bett halten, sondern ich
sprang vor Freuden heraus und lobte
den Herrn, meinen Gott. Ja, es war mir
viel zu wenig, dass ich Gott loben
sollte, ich wünschte, dass alles mit mir
den Namen des Herrn loben sollte. Ihr
Engel im Himmel, rief ich, lobet mit
mir den Namen des Herrn, der mirsolche Barmherzigkeit gezeigt hat. Ich
war ganz und gar überzeugt, dass alle
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Welt mit all ihrer Lust und Herrlichkeit
solche Süßigkeit im menschlichen
Herzen nicht erwecken könnte, wie
diese.
Soweit Franckes Bericht.
Die neue Leidenschaft, die er seit
seinem Erlebnis in sich spürte, verließ
ihn sein Leben lang nicht. Sein
weiterer Lebenslauf war voller
Schwierigkeiten und Gegner, die er
jedoch schließlich alle meisterte. Sein
Glaube, dass Gott ihn nicht im Stich
lässt, war unerschütterlich. Aus seinererstaunlichen Tatkraft entstand u.a.
ein Rettungswerk für arme Kinder in
Halle a. d. Saale, das er zu einem
riesigen Komplex ausbauen konnte und
welches heute noch als die
Francke'schen Stiftungen besteht.
Derjenige, der ruhelos für Gott ist und nichts anderes will als ihn, wird ihn sicherlich
erlangen. — Sri Ramakrishna
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Wohnhaus von Gerhard
Tersteegen in Mühlheim/Ruhr,
heute Tersteegen-Museum.
Gedenkmedaille zum 200sten
Todestag Tersteegens, 1969 vonder Sparkasse Mülheim/Ruhr
geprägt.
Nebenstehende Texte
stammen aus: „Geis tl ic hes
Blum engärt lein inniger
Seelen, enthal tend kurze un d
erbaul iche Schlussreime“
von Gerhard Tersteegen,Erstausgabe 1729.
Versnummer in eckigen
Klammern.
Dieses Buch finden Sie auch
digitalisiert bei zeno.org.
Ger har d T er st eegens Anwe i sungen zur
Go t t e se r f ah rung
Gerhard Tersteegen, geboren 1697 in
Meurs, gestorben 1769 in Mühlheim
an der Ruhr, der größte und
vielleicht einzige Mystiker der
evangelisch-reformierten Kirche
Es muss des Menschen Herz dochetwas Großes sein:
Gott, Teufel, Welt und Lust und alles
will hinein.
Erwähle, lieber Freund, dir doch den
besten Gast:
Hast du ihn gut gewählt, dann halte,
was du hast! [58]
Willst du Gott wesentlich mitGeistesaugen sehen,
so schau auf ihn allein, so wird es bald
geschehen!
Du siehst bald dies, bald das, du bist
bald hier, bald da;
die Gottheit ist nur eins und dir im
Grunde nah. [13]
Du rufst nach Gott so oft und läufst
doch immer raus;
wenn er dich nun besucht, dann bist du
nicht zu Haus. [23]
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Gott zur Seele:O Seele, lass dein Sorgen,
dies ist nur meine Pflicht;
sorgst du, dann sorg' ich nicht!
Bleib du in mir geborgen,
in meinen Schoß dich senk
und an dich selbst nicht denk! [77]
In Werken und in Worten
Sanft, lieblich aller Orten
sollst du bei Menschen sein;
doch musst du stets daneben
an Gott in Grunde kleben,
als wenn du wärst allein. [85]
Senk dich ins stille Nun, den göttlich'nAugenblick,
sanft, lieblich und gedenk nicht
vorwärts noch zurück!
So überlass dich Gott, dich innig in ihn
neige
und warte in Geduld, bis er sich selbst
dir zeige! [89]
Wie süß ist's wenn Gedanken,Glieder, Sinnen,
Affekte, Wille und Begierden stille
sind,wenn alles schweigt von außen und von
innen
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und man im heitern Grund Gott
gegenwärtig find't! [103]
Man sucht und findet nicht, doch ist
der Schatz so nah;
was läufst du viel herum? Er ist im
Herzen ja.
Verkauf nur, was du hast, und geh in
dich hinein,
so wird der beste Schatz, Gott selber,
deiner sein! [107]
Gott ist so reich und will doch meineGaben;
er gibt sich ganz — soll ich dann
sparsam sein?
Mein Liebstes und mein Bestes soll er
haben,
mein ganzes Herz soll ihm gegeben
sein. [111]
Wenn man dich hasst,
wenn man dich liebt,wenn man dir nimmt,
wenn man dir gibt,
wenn man dich schilt,
wenn man dich ehrt,
und was dir sonst auch widerfährt:
Bleib ungestört und abgeschieden
in deinem Grund bei Gott zufrieden!
[113]
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Gott wohnet außer Ort und Zeit,von Kreatur und Sinnen weit,
still in sich selbst, in sanftem Frieden.
Willst du ihn schauen, frommer Christ,
so musst du kommen, wo er ist,
und werden auch so abgeschieden.
[124]
Nimm in der Kreatur nicht Lust, nichtTrost, noch Leben,
so wird es dir von Gott im Seelengrundgegeben. [148]
Du musst des Herzens Kämmerleinvon fremden Bildern halten rein;
lass alles draußen stehen!
Gott sieht es gerne bloß und leer
und unbekümmert, so wird er
sich bald drin lassen sehen. [167]
Was draußen ist, dass draußen stehn,
es kann nur Unruh geben!Im Geist allein mit Gott umgehn,
bringt Ruhe, Freud und Leben. [182]
Bald willst du dies, bald jenes haben,und immer unvergnügt du bist;
der hat den Geber mit den Gaben,
wer völlig Gott ergeben ist. [195]
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Gott schmecket gut und süß; machdeinen Mund nur leer!
Wer ihn will schmecken recht, muss
sonst nichts schmecken mehr. [199]
In allem Tun schau nur auf Gott alleinund denke nicht, ob's andern wird
gefallen,
sonst kehrst du aus, sonst bleibt dein
Werk nicht rein;
im Einfaltsgrund nur innig bleib in
allem! [208]
Wer gerne reich und selig wär,halt' seinen Geist stets arm und leer
von Lust und Liebe aller Dingen.
Sink in dein tiefes Nichts hinein,
dein Heil und Gut sei Gott allein,
dies wird den Himmel in dich bringen.
[209]
An allem, was du hast, musst du sowenig kleben,
dass du im Augenblick es ruhig weg
kannst geben;
was Gott nicht selber ist, das sei dir
alles gleich,
glaub's, solch ein armer Mensch besitzt
ein Himmelreich. [243]
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Des Menschen Auge sucht und liebtbald dies, bald jenes,
bald hier was Neues ist, bald sieht er
da was Schönes,
er spielt mit Puppenzeug, weil er nichts
Bess'res hat.Ach Armer, hättest du Gott selbst in
dir gefunden,
Ich weiss, dies schönste Gut hielt Herz
und Sinn gebunden,
dein Vorwitz wär gestillt, dein lüsternd
Auge satt! [270]
Du musst dich nicht zu sehr an Formund Weisen binden,
man suchet Gott nicht stets, man muss
ihn ja auch finden;
wer noch im Suchen ist, der läuft und
wirket viel,
wer ihn gefunden hat, genießet und ist
still. [275]
Gott teilt Geschenke aus; wer reichist, soll nichts haben,
ein armer Bettelmensch kriegt Gott
und seine Gaben. [280]
Wohl dem, dem diese Welt ist wieein fremdes Land,
der klein und stille lebt, veracht't und
unbekannt,
der nur von Gott allein Gunst, Trost
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und Lob begehret,
der, allem fremd und tot, in Gott lebt
eingekehret! [284]
Wer viel begehrt,wird viel gestört,
wer gar nichts will,
bleibt immer still.
In Trost und Freuden,
in Furcht und Leiden
bleib abgeschieden
in Gottes Frieden! [285]
Wer allen stets gefallen will,ist ausgekehrt und nimmer still
und kann Gott nicht behagen.
Ich bin nur meines Gottes Knecht,
kann ich es ihm nur machen recht,
so mögen Menschen klagen. [291]
Nur Gott allein ist g'nug; wer etwasmehr begehrt,
das allvergnügend Gut verleugnet undentehrt. [302]
Wen Schaden und Verlust der Dingenoch betrübt,
der hat sie nicht in Gott besessen und
geliebt. [305]
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Die beste Tugendschul ist selbst deinSeelengrund.
Wenn alles schweigt in dir und du dich
drein wirst senken,
dann lehrt die Weisheit dich mit ihrem
eignen Mund
und alle Tugenden wird sie dir willig
schenken. [324]
Derjenige, der ruhelos für Gott ist und nichts anderes will als ihn, wird ihn sicherlich
erlangen. — Sri Ramakrishna
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Auswah l we i t er er sp i r i t uel l er Wege
„Das spirituelle Leben ist das wirkliche
Leben; der Rest ist Einbildung und
Täuschung.“
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, u.a. gibt es dort Vivekanandas
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Ramakrishna im bengalischen Original
und in zwei englischen Übersetzungen
Ein aufschlussreicher Artikel über die
Entstehung des weiblichen Zweigs des
Ramakrishna-Ordens:
Sarada Math und Ramakrishna Mission –
eine konservative Revolution? von Frau
Dr. Hiltrud Rüstau
Weit ere Links / Linkt ausch
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Michel Meex ausBelgien (französisch
und englisch) über Sri Ramakrishna.
desssen Schüler und allgemeine
spirituelle Themen. Mit selbst
komponierter Musik und Aufnahmen
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www.kleine-spirituelle-seite.de
von Eduard Fassel
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Spiritualität, u.a. mit Texten zu Sri
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Palm einige
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Lebens durch ihre spirituelle Erfahrung
mit.
Wenn man Fisch isst, entfernt man Kopf und Schwanz. Auch bei spirituellen Übungen undRitualen sage ich den Leuten, sie sollten Kopf und Schwanz entfernen, d.h. die
nichtessentiellen Teile. — Sri Ramakrishna
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Nachdem ich 2005 zufällig entdeckte,
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