flüchtlinge

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Wie behandeln EU-Länder Flüchtlinge? Überfüllte Aufnahmezentren oder Willkommenskurse, Integration oder Abschiebung? Wer als Flüchtling in der EU ankommt, hofft auf Hilfe und Unterstützung. Die bekommt er - nur nicht überall. Schweden - Spitzenreiter der Statistik Schwedens Asylpolitik gilt unter den EU-Staaten als vergleichsweise großzügig. Wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen im Verhältnis zu den 9,6 Millionen Einwohnern geht, führt Schweden die EU-Statistik an. Gleich hinter Deutschland ist es das Hauptzielland von Flüchtlingen. Im Jahr 2014 haben 81.300 Menschen dort einen Asylantrag gestellt, 30.600 wurden anerkannt. Syrische Flüchtlinge haben die größte Chance, dass ihr Asylantrag gebilligt wird. Außenpolitisch fordert Schweden schon lange, dass sich auch andere EU-Staaten bei der Verteilung von Flüchtlingen beteiligen. Die schwedische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Einwanderer so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Besondere Sprachkurse, Landeskunde, berufsvorbereitende Kurse und Praktika sollen dabei helfen. Doch auch Schweden stößt an seine Grenzen. Wohnungsmangel, Überforderung kleinerer Gemeinden, Arbeitslosigkeit unter Zuwanderern: So sehr sich die Politik bemüht, Flüchtlinge zu integrieren, so gespalten ist die schwedische Gesellschaft. Ein Meinungsbild, das sich auch in der Politik niederschlägt. Die zuwanderungskritische rechtspopulistische Partei Schwedendemokraten liegt neuesten Umfragen zufolge bei über 20 Prozent. Niederlande - strengste Asylpolitik Europas Trotz heftiger Kritik von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch haben die Niederlande 2010 das schärfste Asylgesetz der Europäischen Union gebilligt. Mindestens zwei von drei Anträgen werden nicht genehmigt. Den Flüchtlingen bleiben danach 28 Tage, das Land zu verlassen. Festgelegt wurde eine Minimalversorgung von Asylsuchenden, die umgangssprachlich als "Bett, Bad und Brot" bezeichnet wird. Nach einer Nacht im Schlafsaal und dem Frühstück müssen sie wieder auf die Straße. Wer selbst bei diesen Lebensbedingungen nicht in die Heimat zurück will, verliert auch diese Unterstützung und muss ohne Dach über dem Kopf und Nahrung auskommen. Deutsche Gerichte urteilten angesichts der drohenden Obdachlosigkeit häufig, dass Flüchtlinge, die illegal über die Grenze nach Deutschland gekommen sind, nicht wieder in die Niederlande zurück geführt werden dürfen - wie auch nicht nach Italien oder Griechenland. Besonders betroffen sind Somalier. Die Niederlande sind das erste Land der EU, das seit 2013 Flüchtlinge wieder nach Somalia abschiebt. Trotzdem

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Page 1: Flüchtlinge

Wie behandeln EU-Länder Flüchtlinge? Überfüllte Aufnahmezentren oder Willkommenskurse, Integration oder

Abschiebung? Wer als Flüchtling in der EU ankommt, hofft auf Hilfe

und Unterstützung. Die bekommt er - nur nicht überall.

Schweden - Spitzenreiter der Statistik

Schwedens Asylpolitik gilt unter den EU-Staaten als vergleichsweise

großzügig. Wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen im Verhältnis zu den

9,6 Millionen Einwohnern geht, führt Schweden die EU-Statistik an. Gleich

hinter Deutschland ist es das Hauptzielland von Flüchtlingen. Im Jahr 2014

haben 81.300 Menschen dort einen Asylantrag gestellt, 30.600 wurden

anerkannt. Syrische Flüchtlinge haben die größte Chance, dass ihr

Asylantrag gebilligt wird. Außenpolitisch fordert Schweden schon lange, dass

sich auch andere EU-Staaten bei der Verteilung von Flüchtlingen beteiligen.

Die schwedische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Einwanderer so

schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Besondere

Sprachkurse, Landeskunde, berufsvorbereitende Kurse und Praktika sollen

dabei helfen. Doch auch Schweden stößt an seine Grenzen.

Wohnungsmangel, Überforderung kleinerer Gemeinden, Arbeitslosigkeit

unter Zuwanderern: So sehr sich die Politik bemüht, Flüchtlinge zu

integrieren, so gespalten ist die schwedische Gesellschaft. Ein Meinungsbild,

das sich auch in der Politik niederschlägt. Die zuwanderungskritische

rechtspopulistische Partei Schwedendemokraten liegt neuesten Umfragen

zufolge bei über 20 Prozent.

Niederlande - strengste Asylpolitik Europas

Trotz heftiger Kritik von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights

Watch haben die Niederlande 2010 das schärfste Asylgesetz der

Europäischen Union gebilligt. Mindestens zwei von drei Anträgen werden

nicht genehmigt. Den Flüchtlingen bleiben danach 28 Tage, das Land zu

verlassen.

Festgelegt wurde eine Minimalversorgung von Asylsuchenden, die

umgangssprachlich als "Bett, Bad und Brot" bezeichnet wird. Nach einer

Nacht im Schlafsaal und dem Frühstück müssen sie wieder auf die Straße.

Wer selbst bei diesen Lebensbedingungen nicht in die Heimat zurück will,

verliert auch diese Unterstützung und muss ohne Dach über dem Kopf und

Nahrung auskommen. Deutsche Gerichte urteilten angesichts der drohenden

Obdachlosigkeit häufig, dass Flüchtlinge, die illegal über die Grenze nach

Deutschland gekommen sind, nicht wieder in die Niederlande zurück geführt

werden dürfen - wie auch nicht nach Italien oder Griechenland.

Besonders betroffen sind Somalier. Die Niederlande sind das erste Land der

EU, das seit 2013 Flüchtlinge wieder nach Somalia abschiebt. Trotzdem

Page 2: Flüchtlinge

kommen immer mehr Flüchtlinge in die Niederlande. Bis Ende Juli waren es

mit 26.600 bereits mehr Menschen als im gesamten Jahr 2014. Die meisten

flohen aus Syrien und Eritrea.

Österreich - beliebte Alpenrepublik

Österreich ist - gemessen an den 8,4 Millionen Einwohnern - eines der

begehrtesten Zielländer für Flüchtlinge in Europa. Mehr als 27.000

Menschen stellten dort im ersten halben Jahr 2015 ihren ersten Asylantrag.

Das sind dreimal mehr als im ersten Halbjahr 2014. Die meisten sind aus

Syrien, Afghanistan oder dem Irak geflohen.

Durch den stark gestiegenen Andrang gerät Österreich unter Druck. Alle

Flüchtlinge von den Erstaufnahmestationen auf die übrigen Bundesländer zu

verteilen, stellt die Politik vor eine große Aufgabe. Nur drei der neun

Bundesländer - Wien, Niederösterreich und Vorarlberg - erfüllten zuletzt die

vereinbarten Quoten. Schlusslicht ist das Burgenland an der Grenze zu

Ungarn.

Das Flüchtlingsthema wird zum Politikum. So will die österreichische

Bundesregierung nun Länder und Gemeinden in Zukunft durch ein

geändertes Verfassungsgesetz zur Aufnahme von Flüchtlingen zwingen

können. Das erzeugt in einigen Bundesländern Widerstand - zum Teil mit

fremdenfeindlichen Protesten. Davon profitiert die rechtspopulisitische

Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ). In ganz Österreich organisieren sich

daher Menschen, um Flüchtlinge zu unterstützen. Das Innenministerium

sucht Privatunterkünfte. Gemeinden bauen Pensionen und Hotels zu

Flüchtlingsunterkünften um. Ehrenamtliche Helfer bieten Sprachkurse an.

Polen - Bitte nur Christen

Ukraine, Russland, Tadschikistan - das sind die Hauptherkunftsländer der

Flüchtlinge, die in Polen ankommen und einen Asylantrag stellen. Im Jahr

2014 stellten 8.020 Menschen einen Asylantrag, deutlich weniger als im Jahr

zuvor. Etwa die Hälfte der Antragssteller sind russische Staatsbürger, die

meisten von ihnen Tschetschenen (91 Prozent). Nur bei 325 Russen wurde

2014 ein Antrag bewilligt. Auch etwa 130 Syrer bekamen einen positiven

Bescheid. Etwas mehr als 2.200 Asylbewerber kamen aus der Ukraine.

Der Umgang mit Flüchtlingen in Polen wird von

Menschenrechtsorganisationen stark kritisiert. Zwar ist die Versorgung der

Menschen gesichert, doch die Mehrheit der Aufnahmezentren liegt

abgelegen in ehemaligen Kasernen oder einstigen Arbeiter-

Erholungsheimen. So fehlten Integrationshilfen und es mangele an

Möglichkeiten, mit Einheimischen in Kontakt zu treten, meinen

Hilfsorganisationen. Polen gilt als Durchreiseland für Flüchtlinge, die in den

Westen möchten. Nach der Ankündigung, Polen werde zur Entlastung

Italiens und Griechenlands 2000 Flüchtlinge aufnehmen, gab es mehrere

Protestkundgebungen nationalistischer Gruppen. Doch nicht nur extreme

Gruppen haben Vorbehalte: In einer im Juli veröffentlichten

Meinungsumfrage gaben 70 Prozent der Befragten an, sie wollten keine

Page 3: Flüchtlinge

Flüchtlinge aus muslimischen oder afrikanischen Ländern in Polen. Syrische

Flüchtlinge, die gleichzeitig Christen sind, seien hingegen willkommen.

Spanien - Kein Einlass nach Europa

Vor kurzer Zeit versuchten noch viele Flüchtlinge, bei Massenanstürmen auf

die Grenzzäune in die Nordafrika-Exklaven Ceuta und Melilla und damit

nach Europa zu kommen. Doch seit knapp drei Monaten ist Spanien kein

bedeutendes Einlasstor mehr für Migranten und Flüchtlinge. Im Jahr 2014

gelangten nach Angaben der Grenzschutzagentur Frontex 7.800 Menschen

illegal auf spanisches Gebiet. Das war nur ein Bruchteil im Vergleich zum

Jahr 2006 mit 39.000 illegalen Zuwanderern.

Laut spanischem Innenministerium sinken die Zahlen wegen der

Grenzschutz-Kooperation mit Marokko. Zudem schloss Madrid mit Staaten

wie Senegal, Mauretanien oder Nigeria Rückführungsabkommen, was viele

Afrikaner von einer Flucht nach Spanien abgehalten haben dürfte. Die

größten Migrationsrouten nach Europa führen derzeit von Konfliktgebieten

wie Syrien oder dem Irak über das östliche Mittelmeer oder den Balkan. Von

daher liegt Spanien geographisch nicht mehr an den Hauptfluchtrouten.

Anders als in Deutschland ist der unerlaubte Aufenthalt nach spanischem

Recht keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit. In Auffanglagern

dürfen Einwanderer maximal 60 Tage festgehalten werden. Stellt sich aber

bei der Prüfung heraus, dass die illegalen Migranten vor ihrer Ankunft in

Spanien ein anderes EU-Land betreten haben, werden sie nach dem Dublin-

II-Verfahren abgeschoben.

Welche Länder haben die besten und die schlechtesten

Maßnahmen angesichts der Situation?

Welche Position sollte unser Land zum Thema

einnehmen?

Fällt dir einge gemeinsame Politik für alle Länder zur

richtigen Behandlung der Flüchtlinge?

Was ist deiner Meinung nach der Hauptgrund für diese

Situation und was könnte man dafür tun?

Wohin würdest du als Flüchtling gehen? Warum?