wirkungsvolle anpassungen von haltungs- systemen an die
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Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs-systemen an die Bedürfnisse der Milchkuh
Master Thesis
Vorgelegt von Nathalie Roth
Eingereicht bei Dr. med. vet. Samuel Kohler (Betreuer)
Ing. Agr. ETH Christian Manser (Co-Experte)
Ort und Datum Zollikofen, den 28. Mai 2015
Bern University of Applied Sciences
School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL
Master of Science in Life Sciences / Applied Agricultural and Forestry Sciences
Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL I
Selbstständigkeitserklärung
Durch meine Unterschrift erkläre ich, dass
- ich den «Verhaltenskodex HAFL zur Verwendung von Informationsquellen» kenne und mir
die Konsequenzen bei dessen Nichtbeachtung bekannt sind,
- ich diese Thesis in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen erstellt habe,
- ich diese Thesis persönlich und selbstständig erstellt habe.
Ort, Datum ….……………………………………………………………………
Unterschrift ………………………………………………………………………....
Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL II
Inhalt
Zusammenfassung
1 Einleitung und Ziel der Arbeit 1
2 Stand der Forschung 2
2.1 Aufstallung von Milchvieh in der Schweiz 2
2.2 Tierwohl und gesetzliche Mindestvorgaben 3
2.3 Bedürfnisse der Milchkuh 4
2.4 Raum- und Ruhebedürfnis der Milchkuh 4
2.4.1 Wichtigkeit der Laufflächengestaltung 4
2.4.2 Wichtigkeit der Abmessungen im Liegebereich 6
2.4.3 Wichtigkeit der Liegeunterlage 10
2.5 Luft- und Lichtbedürfnis der Milchkuh 13
2.6 Futter- und Wasserbedürfnis der Milchkuh 13
2.7 Kühe in besonderen Situationen 14
2.8 Erhebung der Tiergerechtheit in Haltungssystemen 15
2.8.1 Gesundheitsspezifische Indikatoren zur Bewertung von Tierwohl 16
2.8.2 Verhaltensspezifische Indikatoren zur Bewertung von Tierwohl 17
3 Material und Methoden 19
3.1 Zielgruppe und Stichprobe 19
3.2 Befragungsdesign 19
3.3 Vorgehen und Durchführung der Datenaufnahme 20
3.4 Datenverarbeitung 21
4 Resultate und Einzeldiskussion 22
4.1 Struktur der beteiligten Betriebe 22
4.2 Gründe für die Anpassung des Haltungssystems 23
4.3 Wirkungsvolle Anpassungen an das Raum- und Ruhebedürfnis der Milchkuh 24
4.3.1 Anpassungen der Laufflächengestaltung 24
4.3.2 Anpassungen der Abmessungen im Liegebereich 27
4.3.3 Anpassungen der Liegeunterlage 33
4.4 Wirkungsvolle Anpassungen an das Luft- und Lichtbedürfnis der Milchkuh 37
4.5 Wirkungsvolle Anpassungen an das Futter- und Wasserbedürfnis der Milchkuh 40
4.6 Wirkungsvolle Anpassungen für Kühe in besonderen Situationen 42
4.7 Schätzung der Kosten für die Anpassungen 47
4.8 Einschätzung der Landwirte über Veränderungen seit dem Umbau 48
5 Gesamtdiskussion 50
6 Schlussfolgerung 52
7 Literaturverzeichnis 53
8 Dank 58
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Abkürzungsverzeichnis
AS Anbindestall
BCS Body Condition Score
BTS besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme
bzw. beziehungsweise
CHF Schweizer Franken
ebd. ebenda
etc. et cetera
inkl. inklusive
LS Laufstall
RAUS regelmässiger Auslauf im Freien
TGI Tiergerechtigkeitsindex
z.B. zum Beispiel
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Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Verlauf der Anteile von Rindvieh in Anbinde- bzw. Laufställen basierend auf Statistiken des Schweizerischen Bauernverbands (1991 - 2008) und einer Expertenschätzung (Quelle: Schrade et al. 2011) 2 Abb. 2: Zusammenhang zwischen Liegezeit und Milchleistung von Milchkühen (Quelle: Grant 2007) ........... 7 Abb. 3: Aufstehvorgang einer Kuh mit Kopfschwung ohne Einschränkungen (Quelle: Bachschweller 2009). 10 Abb. 4: Anzahl Schäden pro 100 Tiere der verschiedenen Liegeflächen, unterteilt in die einzelnen Schadenskategorien im Vergleich zu Literaturwerten (Daten Strohmist-Matratze, Komfortmatte, loses Stroh und Gummimatte: Buchwalder 1999, Schaub et al. 1999) (Quelle: Zähner et al. 2009) ................................ 11 Abb. 5: Sampling und Stichprobenauswahl für die Durchführung der Interviews ........................................ 19 Abb. 6: Vorgehensweise der Datenaufnahme auf 36 Praxisbetrieben .......................................................... 20 Abb. 7: Rutschfester Rasenteppich im Stallgang von Anbindeställen ........................................................... 25 Abb. 8: Quergänge ohne geschlossene Seitenwände ................................................................................... 26 Abb. 9: rutschfeste Gummimatten im Warteraum (9a) und auf Treppenaufstieg in Melkstand (9b) .............. 26 Abb. 10: Gummimatte (10b) beim Ausgang vom Abkalbebereich zur Fressachse (10a) ............................... 27 Abb. 11: Anbindeställe ohne Seitenbügel mit unterschiedlicher Anbindevorrichtung .................................. 27 Abb. 12: verbesserter Schwungraum nach der Entfernung des Kopfrohres .................................................. 28 Abb. 13: Entfernung der Holzwand für mehr Schwungraum und Luftqualität im Kopfbereich ...................... 28 Abb. 14: Flexibler Gummilappen als Abtrennung zwischen Fress- und Liegebereich ................................... 29 Abb. 15: Verlängerung des Halsrahmens mit Kette und altem Gülleschlauch .............................................. 29 Abb. 16: Individuell verstellbare Anbindevorrichtung mit Kette (umrandet mit Plastikrohr) ......................... 30 Abb. 17: Variante einer Ketten-Anbindevorrichtung mit maximaler Kopffreiheit .......................................... 30 Abb. 18: Entfernung einschränkender Bauelemente im Kopfbereich von Liegeboxen .................................. 31 Abb. 19: Aufwändiger Anbau für mehr Schwungraum in Stall an Hang ........................................................ 31 Abb. 20 : Aussenliegeboxen mit maximal Luft und Licht ............................................................................. 31 Abb. 21: Neuausrichtung der Liegeboxen mit vergrössertem Schwungraum ............................................... 32 Abb. 22: Zwei verschiedene Varianten (22a bzw. 22b) von einem flexiblen Nackenband mit Spanset .......... 32 Abb. 23: Erhöhung des starren Nackenrohrs mit Aufsatz ............................................................................ 32 Abb. 24: Einbau Kalkstroh-Matratze ohne (24a) und mit (24b) Verlängerung des Lägers ............................. 34 Abb. 25: Unterschiedliche Höhe des Abschlussbrettes der Kalkstroh-Matratze abhängig von der Einbauart 34 Abb. 26: Strohmist-Matratze mit Langstroh im Anbindestall ....................................................................... 35 Abb. 27: Neue Liegeboxeneinrichtungen mit Kalkstroh-Matratze als Liegeunterlage ................................... 36 Abb. 28: Grossraumventilator zur Verbesserung der Luftzirkulation im Stall ............................................... 37 Abb. 29: Klappbarer Ventilator für flexible Tenndurchfahrt im Anbindestall ............................................... 38 Abb. 30: Schliessbare Fensterseite bei extremen Witterungsverhältnissen .................................................. 38 Abb. 31: Einfache Handhabung von Vliesfenster bei extremen Witterungsbedingungen .............................. 39 Abb. 32: Offene Fenster (32a) bzw. geöffnete Innenwand (32b) für bessere Bedingungen im Stall .............. 39 Abb. 33: Anbindestall mit offenem Scheunentor im Winter ......................................................................... 39 Abb. 34: Entfernte Seitenwände zur besseren Luftzirkulation im Anbindestall ............................................ 40 Abb. 35: Neue Tränkebecken im Anbindestall mit erhöhter Wasserdurchflussrate ...................................... 41 Abb. 36: Tränkebecken mit einer Wasserspiegelhöhe von 60 cm im Laufstall ............................................. 42 Abb. 37: Abfluss der Tränke mit regulierbarem Wasserhahn ausgestattet ................................................... 42 Abb. 38: Stressfreier Abkalbebereich im Anbindestall ................................................................................. 43 Abb. 39: Abkalbelinie in Anbindestall an erweiterter Fressachse der Milchkühe .......................................... 43 Abb. 40: Neu errichtete Abkalbelinie integriert in bestehendem Laufstall ................................................... 44 Abb. 41: Abkalbebucht mit schwenkbarem Fressgitter als Zweiraumsystem in Laufstall ............................. 44 Abb. 42: Abkalbebox (42a) und Krankenbucht (42b) in einem Stall ............................................................. 45 Abb. 43: Stressfreier Abkalbereich mit Zugang zum Melkroboter ................................................................ 45 Abb. 44: Abkalbelinie als Zweiraumsystem mit Videoüberwachung ............................................................. 46 Abb. 45: Investitionskosten der Anpassungen im Stall exklusive Eigenleistung in Schweizer Franken [CHF] 47
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Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Mindestanforderungen an Laufgänge (cm) in der Schweiz und in Österreich ..................................... 5 Tab. 2: Angaben zu Abmessungen von Liegeboxen (cm) in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland .. 8 Tab. 3: Vorgaben zu Mindestabmessungen in Anbindeställen (cm) in der Schweiz und in Österreich ............ 9 Tab. 4: Liegezeit und ihre Abhängigkeit von unterschiedliche Faktoren (Quelle: nach Nuss und Weidmann 2013, verändert) ......................................................................................................................................... 12 Tab. 5: Mögliche Evaluationsparameter zur Bewertung des Gesundheitszustandes von Milchkühen (Quelle : nach Roth 2013, verändert) ......................................................................................................................... 16 Tab. 6: Mögliche Evaluationsparameter zur Bewertung des Verhaltens von Milchkühen (Quelle: nach Roth 2013, verändert) ......................................................................................................................................... 17 Tab. 7: Betriebsstruktur der 36 befragten Milchviehbetriebe mit Anpassungen des Haltungssystems ......... 22 Tab. 8: Genannte Gründe für die Anpassungen des Haltungssystems ......................................................... 23 Tab. 9: Stärken-Schwächen-Analyse der Tiergesundheit auf den besuchten Betrieben ................................. 24 Tab. 10 : Einschätzungen der Landwirte zu positiven, gleichbleibenden oder negativen Veränderungen seit der Anpassung ............................................................................................................................................ 48
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Zusammenfassung
Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungssystemen an die Bedürfnisse der Milchkuh
Nathalie Roth, Zollikofen 2015
Das Ziel der Masterthesis war, wirksame und praxistaugliche Lösungen zur bedürfnisgerechten
Verbesserung von Haltungssystemen der Milchkühe zu präsentieren und die Auswirkungen für
die Praxis aufzuzeigen. Hierzu wurden wissenschaftliche Studien zu Themen «natürliche Bedürf-
nisse der Kuh und Anforderungen an das Haltungssystems» mit Anpassungen und Erfahrungen
in der Praxis verglichen.
Im Rahmen der Thesis wurden insgesamt 36 Betriebsleiter interviewt. Auf den besuchten Betrie-
ben wurde das Haltungssystem zwischen 2010 und 2014 an die Bedürfnisse der Milchkuh ange-
passt. Die Veränderungen wurden schriftlich sowie mit Fotos dokumentiert und die Betriebs-
leiterfamilien zu ersten Erfahrungen aufgrund der Anpassungen befragt. Ebenfalls waren die
Gründe für die Umsetzung wie auch die Zufriedenheit mit dem jetzigen System relevante The-
men bei der Visite.
Die Wichtigkeit des Haltungssystems für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Milchkuh
wird oft unterschätzt. Besonders der Liegebereich spielt eine zentrale Rolle. Die negativen Kon-
sequenzen von mangelhaftem Liegekomfort wurden in der Literatur mehrmals beschrieben und
von den Landwirten bestätigt. Gesundheitliche Probleme der Kühe waren oft genannte Beweg-
gründe eine Optimierung vorzunehmen. Die praxiserprobte Wirkung von einfachen und kosten-
günstigen Anpassungen an die Bedürfnisse der Kuh, überzeugte die Landwirte schlussendlich
den eigenen Stall zu optimieren. Auf 34 Betrieben wurden nach Einschätzungen der Landwirte
bereits innert kurzer Zeit längere Liegephasen und artgerechtes Abliegen und Aufstehen beo-
bachtet. Auch die Tiergesundheit verbesserte sich gemäss ersten Erfahrungen der Betriebsleiter.
Insbesondere wurde ein Rückgang der entzündlichen Veränderungen der Gelenke festgestellt.
Die wirkungsvollen Anpassungen des Haltungssystems haben daher auch positive Auswirkungen
auf den Einsatz von Antibiotika, längerfristig auf die Langlebigkeit der Kühe und die Möglichkeit
Aufzuchttiere zu verkaufen. Zusätzlich wurde eine Tendenz zu höheren Milchleistungen beo-
bachtet. Eine wichtige Auswirkung war auch die zunehmende Freude an der Tierbetreuung und
die verbesserte Lebensqualität der Betriebsleiterfamilien, welche für die Zukunft des Betriebes
eine entscheidende Rolle spielt.
Gemäss den Resultaten dieser Studie ist das Optimierungspotential in bestehenden Milchvieh-
ställen enorm. Doch auch in aktuellen Neubauten sind nach wie vor Einrichtungen anzutreffen,
die nicht den natürlichen Bedürfnissen der Milchkühe entsprechen. Daher sollte ein spezielles
Augenmerk auf die Beratung in der Planungsphase gelegt werden, damit Baufehler in jedem Fall
von vornherein vermieden werden.
Keywords: animal welfare, animal health, animal behavior, housing systems, dairy cattle
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1 Einleitung und Ziel der Arbeit
In den letzten 25 Jahren war eine klare Tendenz zu steigenden Milchleistungen und zu grösseren
Kühen zu beobachten. Dies ist einerseits auf Fortschritte in der Zucht aber auch auf bessere
Kenntnisse rund um die Fütterung und um das Verhalten von Milchkühen zurückzuführen. Der
Anspruch an das Management und das Haltungsumfeld hat sich dadurch stark verändert. Gesun-
de Kühe brauchen genügend Raum, Ruhe, Licht, Luft, Futter und Wasser (Hulsen 2004).
Die Themen Antibiotikaeinsatz und Tierwohl sind auch in nicht landwirtschaftlichen Kreisen
hochaktuell (BAG 2014; MGB 2014; Stoll 2014; Hafner 2014; EFBS 2014). Das Haltungssystem
von Milchkühen beeinflusst erwiesenermassen das Verhalten, die Gesundheit und damit das
Wohlbefinden der Tiere wesentlich (Veissier et al. 2004; Uzal und Ugurlu 2010). Die Mindestan-
forderungen gemäss Schweizer Tierschutznormen sind in der Schweiz Standard. Dennoch sind
immer noch zu viele Verletzungen, Krankheiten oder auch abnormale Verhaltensweisen in Ställen
zu beobachten. Dies kann oftmals auf Mängel in der Haltung zurückgeführt werden (Nuss und
Weidmann 2013). Das Optimierungspotential bestehender Anbinde- und Laufställe ist gross.
Heute werden immer noch viele Ställe gebaut, die einzig auf die Einhaltung der Mindestnormen
ausgerichtet sind. Die Bedürfnisse der Kuh werden zu wenig berücksichtigt, trotz beschriebener
Problematik um Verletzungen und abnormalen Verhaltensweisen. Ein Umdenken ist hier zwin-
gend nötig. Das heisst nicht, dass die Mindestanforderungen angehoben werden müssen, son-
dern Anpassungen der Pläne im Sinne der Kuh getätigt werden sollen. Die fachkundige Unter-
stützung durch Berater ist hier gefordert. Nur so lassen sich Baufehler bei Neubauten vermeiden.
Ebenso wichtig sind vereinfachte Arbeitsabläufe für den Tierhalter. Optimierte Abläufe ermögli-
chen Freiräume für die Betriebsleiterfamilien, wodurch die Freude im täglichen Umgang mit den
Kühen noch grösser wird.
Es gibt viele Indikatoren und Indizes zur Beurteilung von Tierwohl. Es existieren jedoch wenige
Anleitungen für die Praxis, wie man in einem bestehenden oder auch neuen Stall den Bedürfnis-
sen der Milchkuh mit wirkungsvollen Anpassungen gerecht werden kann.
Folgende Fragen stellen sich:
Welche Grundbedürfnisse der Milchkühe sollten bei der Anpassung von Haltungssyste-
men berücksichtigt werden?
Wie kann der Landwirt seinen Stall im Sinne der Kuh wirkungsvoll optimieren?
Was hat die Landwirte dazu bewegt, ihren Stall anzupassen?
Welche Erfahrungen haben die Landwirte mit den Anpassungen gemacht?
Das Ziel dieser Thesis ist es, praxistaugliche Lösungen zur bedürfnisgerechten Verbesserung von
Haltungssystemen von Milchkühen zu präsentieren.
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2 Stand der Forschung
2.1 Aufstallung von Milchvieh in der Schweiz
In der Schweiz sind Milchkühe in Anbinde- oder Laufställen eingestallt. Der Anteil der im Lauf-
stall gehaltenen Tiere hat in 20 Jahren von fünf Prozent im Jahr 1990 auf 40 Prozent im Jahr
2010 zugenommen (Schrade et al. 2011). Dies ist in erster Linie auf die grosse Anzahl Neubau-
ten mit einer steigenden Anzahl Kuhplätze zurückzuführen. Laufställe sind häufig mit Liegebo-
xen ausgestattet. Praktiziert werden aber auch Zweiraumsysteme, deren offene Liegeflächen mit
Stroh oder Kompost eingestreut sind und ohne Liegeboxenabtrennungen funktionieren. Tret-
mistställe werden in der Schweiz vorwiegend für die Mutterkuhhaltung oder die Grossviehmast
gebaut. Die freiwillige Teilnahme an tierwohlfördernden Ethoprogrammen wie BTS (=besonders
tierfreundliche Stallhaltungssysteme) und RAUS (=regelmässiger Auslauf im Freien) sind für Lauf-
stall-Betriebe möglich (Regula et al. 2000).
Die Auswertung von Schrade et al. (2011) in Abb. 1 zeigt, dass die Bedeutung von Anbindestäl-
len freilich abnimmt, aber auch im Jahre 2020 voraussichtlich noch ein Drittel aller Milchkühe in
obgenanntem System gehalten werden. Sie sind deshalb nach wie vor ein wichtiger Bestandteil
der Milchviehhaltung in der Schweiz. Betriebe mit Anbindehaltung können sich mit Weide und
Auslauf am RAUS-, jedoch nicht am BTS-Programm beteiligen. Im Berggebiet ist das Vergrösse-
rungspotential oftmals nicht vorhanden. Für kleinstrukturierte Betriebe mit Alpung und viel Wei-
degang im Sommer hat der Anbindestall auch in Zukunft durchaus seine Berechtigung.
Abb. 1: Verlauf der Anteile von Rindvieh in Anbinde- bzw. Laufställen basierend auf Statistiken des Schwei-
zerischen Bauernverbands (1991 - 2008) und einer Expertenschätzung (Quelle: Schrade et al. 2011)
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2.2 Tierwohl und gesetzliche Mindestvorgaben
Der Begriff Tierwohl wird oft mit der Tiergerechtheit gleichgestellt (Elmiger 2005). Fraser et al.
(1997) zeigten drei Aspekte zur Erfassung von Tierwohl auf: 1. Das Tier kann ohne Einschrän-
kungen gute Leistungen erbringen (gute Gesundheit, bedarfsgerechte Fütterung etc.), 2. das Tier
fühlt sich wohl (keine Schmerzen oder schmerzverursachende Einrichtungen vorhanden etc.) und
3. das Tier kann ein möglichst artgerechtes Leben führen (Ausleben von natürlichen Verhaltens-
weisen wie Sozialkontakte pflegen, Weiden etc.). Diese drei Tierwohl-Aspekte sind auch in offizi-
ellen Definitionen, wie beispielsweise die der World Organization for Animal Health aufgeführt
und heute noch gebräuchlich. Ein Tier mit einem guten Welfare-Status wird demnach als gesund,
gut genährt, mit Möglichkeit zu natürlichem Verhalten und frei von Leiden wie Angst, Schmerz
oder Stress beschrieben (World Organisation for Animal Health 2014). Das entspricht den fünf
Freiheiten des europäischen Farm Animal Welfare Councils 0F
1.
Hulsen (2004) definiert mit dem Kuhsignale-Diamanten die sechs Grundbedürfnisse einer ge-
sunden Kuh: Futter und Wasser zur freien Verfügung, Licht und einwandfreie Luftqualität,
ausreichend Ruhe und Raum im Stall.
Gemäss Art. 3, Ziff. 1, Abs. 1 der Schweizer Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (TSchV;
SR 455.1; AS 2008) ist mit Tieren so umzugehen bzw. sind Tiere so zu halten, dass «..[..]..die
Körperfunktion und das Verhalten der Tiere nicht gestört werden und die Anpassungsfähigkeit
der Tiere nicht überfordert wird». Die Tierschutzvorschriften sind Minimalanforderungen. Sie
sind nicht gezielt auf den Aspekt Tierwohl ausgerichtet. Nuss und Weidmann (2013) wie auch
Veissier et al. (2004) machen auf Verletzungen, Schürfungen, Schwellungen und abnormale Ver-
haltensweisen in Ställen aufmerksam, die häufig auf unzureichende Tiergerechtheit der Liegebo-
xen und Liegeflächen zurückzuführen sind. Gemäss Nuss und Weidmann (2013) kommen auf
vielen Betrieben Sprunggelenksschädigungen mit einer Häufigkeit von 40 – 70 Prozent der auf-
gestallten Kühe vor, was aus Sicht des Wohlbefindens der Kühe bedenklich ist.
Im Zentrum der Tierschutzgesetzgebung stehen vor allem indirekte Parameter bezüglich Tier-
wohls, die im Stall gemessen werden können. Gemäss Ruetz (2010) sind die Korrelationen zwi-
schen Tierwohl und den indirekt messbaren Parameter nicht immer gegeben oder auch nicht für
alle Tierwohlaspekte bekannt. Fregonesi und Leaver (2001) wie auch Nuss und Weidmann (2013)
zeigten in ihren Untersuchungen auf, dass in der Steigerung von Wohlbefinden der Kuh und Ar-
beitseffizienz noch sehr viel schlummerndes Potential liegt. Durch Einbezug von Praxiserfahrun-
gen und mit Hilfe von einfachen Checklisten kann die Tiergerechtheit auf Betrieben auch ohne
Anpassungen von Richtlinien, Gesetzen oder Verordnungen verbessert werden. Die Erfahrungen
von landwirtschaftlichen Beratern zeigen, dass in Praxisbetrieben durch bedürfnisgerechte An-
passungen des Haltungssystems verbesserte Gesundheit und steigende Milchleistungen zu be-
obachten sind (Manser 2012, Persönliche Mitteilung).
1 UK Farm Animal Welfare Council, 1991
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2.3 Bedürfnisse der Milchkuh
Die leistende Kuh braucht maximal schmackhaftes Futter und genügend Ruhe in Form von Lie-
gephasen. Die Fressdauer einer Kuh variiert zwischen drei bis fünf Stunden (Wierenga 1991;
Cook et al. 2004; Grant 2007), dabei nimmt sie neun bis vierzehn Mahlzeiten pro Tag zu sich
(Grant 2007). Gemäss ebd. (2007) käut die Kuh sieben bis zehn Stunden wieder und trinkt laut
Cook et al. (2004) über den Tag summiert insgesamt während 30 Minuten. Eine hochleistende
Kuh hat ein Ruhebedürfnis von zehn bis vierzehn Stunden (Wierenga 1991; Grant 2007; Sanftle-
ben et al. 2007; Brandes 2011; Hulsen 2012a; Ohnstad 2012) und sie legt sich zwischen sieben
bis elf Mal pro Tag hin (Cook et al. 2004; Sanftleben et al. 2007; Ito et al. 2009). Eine Ruhephase
dauert in der Regel zwischen 70 bis 90 Minuten (Cook et al. 2004; Sanftleben et al. 2007). Grant
(2007) zeigte zudem auf, dass die Kuh während zwei bis drei Stunden pro Tag ihr Sozialverhal-
ten auslebt. Der Zeitverbrauch für Melk- und Wartezeit belief sich in seiner Studie auf zweiein-
halb bis dreieinhalb Stunden täglich. Ebenso erläuterte er, dass Abweichungen vom natürlichen
Aktivitätsplan einer Herde auf Fehler im Management (inkl. Haltungsumgebung) hinweisen kön-
nen. Schlechter Kuhkomfort verändert gemäss Cook (ohne Jahr) und Munksgaard et al. (2005)
die Aktivität während 24 Stunden. Im Versuch von ebd. (2005) kam zudem heraus, dass Kühe,
die in ihrem freien Verhalten eingeschränkt werden, das Liegen auf Kosten der Fresszeit vorzie-
hen.
2.4 Raum- und Ruhebedürfnis der Milchkuh
2.4.1 Wichtigkeit der Laufflächengestaltung
Die Kuh stellt hohe Anforderungen an das Haltungssystem, die Lauf- wie auch die Liegeflächen.
Der Weideboden hat über Jahrhunderte Klauen und Gelenke geschont. Die harten perforierten
oder nicht perforierten Böden im Laufstall werden diesem Kriterium nicht mehr gerecht. Bei un-
genügendem Liegekomfort und schlechtem Stallkonzept kommt es zu längeren Stehzeiten auf
harten und teils mit Kot und Urin verschmutzen Laufflächen (Cook und Nordlund 2009). Dies
führt zu einer hohen Belastung der Gliedmassen und zu einer höheren Lahmheitsrate (ebd.). Die
feuchte, mit Gülle verschmutzte Umgebung greift zuerst die weiche Ballen- und Zwischenklauen-
haut an, wodurch beispielsweise die Erkrankung wie auch die Verschleppung von Mortellaro be-
günstigt wird (Fiedler et al. 2004). Die Klauen waren ursprünglich für lange Wegstrecken in der
Natur vorgesehen. Diverse Studien haben aufgezeigt, dass Haltungssysteme mit regelmässiger
Bewegungsmöglichkeit einen positiven Einfluss auf Lahmheiten, Mastitis, Veränderungen an Ge-
lenken wie auch auf die Fruchtbarkeit haben (Gustafson und Lund-Magnussen 1995; Regula et al.
2004). Swissgenetics (2008) erwähnt zudem, dass Kühe in einem Laufstall bis zu drei und auf
der Weide je nach Futterangebot sogar bis zwölf Kilometer täglich zurücklegen. Die Bodenver-
hältnisse spielen für eine sichere Fortbewegung eine wichtige Rolle. Neben der Sauberkeit der
Lauffläche ist auch die Rutschfestigkeit von grosser Bedeutung. Kühe, welche sich, auf drei Bei-
nen stehend, im Zwischenschenkelspalt lecken sind ein Indiz für griffige Bodenverhältnisse
(ebd.). Zudem kann aufgrund der Schrittlänge eine Aussage über die Rutschsicherheit gemacht
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werden. Kühe weisen auf gummierten Böden eine höhere Schrittlänge auf als auf rutschigem
Gussasphalt oder auf Betonspalten (Haufe et al. 2009)
Das Raumangebot wie auch die Gangbreiten sind in Laufställen für das Verhalten der Tiere sehr
entscheidend. Können die Tiere ihre Individualdistanz aufgrund enger Verhältnisse beispielswei-
se im Bereich der Tränke oder bei Quergängen nicht einhalten, kommt es unweigerlich zu Rang-
kämpfen und nicht selten auch zu Verletzungen (Waiblinger und Wechsler 2007). Konggaard
(1983) zeigte auf, dass bei zu eng bemessenen Stalldurchgängen in Laufställen besonders rang-
niedrige Tiere nur eingeschränkten Zugang zu den Ressourcen wie Futter, Wasser oder auch Lie-
geplätze haben. Das führt zu Stresssituationen für das Tier. Diese können Auswirkungen auf die
Leistung und das Wohlbefinden der Tiere haben (Hemsworth et al. 2000).
Die Schweizer Tierschutzverordnung (TSchV; SR 455.1; AS 2008) und die Österreichische 1. Tier-
haltungsverordnung (BGBI. II Nr. 485/2004) sind bezüglich gesetzlicher Mindestanforderungen
vergleichbar. In beiden Verordnungen werden bei Umbauten bis zu 40 cm engere Verhältnisse
akzeptiert. In der Schweiz werden dabei Auflagen wirksam, wie beispielsweise, dass keine Sack-
gasse bestehen darf, die Tiere Auslauf haben müssen und die Boxenabtrennungen nicht bis zum
Kotbalken reichen dürfen. In neu eingerichteten Ställen gelten die aktuellen Masse (in Tab. 1,
fettgedruckt).
Tab. 1: Mindestanforderungen an Laufgänge (cm) in der Schweiz und in Österreich
Masse Laufgänge (cm)a
Kühe und hochträchtige Erstkalbende in der Schweiz 1F
2 und in Österreich 2F
3 mit unter-schiedlicher Widerristhöhe (cm) bzw. unter-schiedlichem Gewicht (kg) von
Laufgangmasse nach Manser (2015b, Per-sönliche Mitteilung)
125 ± 5 bis 550
135 ± 5 bis 700
145 ± 5 >700
≥ 145
Breite Fressgang bei Fressachse
290/250b
320/280b
320/280b,c
330/290b
380-500
Breite Laufgang bei Liegeboxen
220/180b
240/200b
250/220b,c
260/220b
260
Querpassage ohne Kreuzungsmöglichkeit
80 – 120 (bei max. 6 m Länge)
120d
Querpassage mit Kreuzungsmöglichkeit
mind. 180 (bei Installation von Tränken usw. mind. 240)
mind. 200
a gesetzliche Mindestmasse sind in der Tabelle fettgedruckt, Empfehlungen normalgedruckt b Bei Umbauten werden von der Gesetzgebung geringere Werte akzeptiert (fett und kursiv), für neu eingerichtete Ställe
gelten die nur fettgedruckten Masse c Unabhängig von Gewichts- oder Grössenunterschiede der Kühe d bei Passagelängen einer Liegeboxentiefe (260 cm)
2 455.1 Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (TSchV) und Tierschutz-Kontrollhandbuch Rinder (BVET 2014)
3 1. Tierhaltungsverordnung, Fassung 10. April 2015, Bundeskanzleramt Rechtsinformation RIS, Österreich
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In Österreich sind die Masse unabhängig vom Gewicht oder der Grösse der Kuh definiert. Waib-
linger und Wechsler (2007) erwähnen in ihre Studie, dass in Boxenlaufställen neben der Breite
der Stallgänge auch die Häufigkeit von Quergängen zwischen Liege- und Fressbereich wie auch
die Länge der Passage einen Einfluss auf die Erreichbarkeit von Liegeplätzen, Futter und Wasser
wie auch auf soziale und gesundheitliche Aspekte haben. Studien zur optimalen Breite von Stall-
gängen sind kaum vorhanden. Bartussek et al. (1995) und Zeeb (1987), zitiert in Waiblinger und
Wechsler (2007), sprachen von Empfehlungen, die sich auf Berechnungen anhand der Körper-
grösse abstützen. Für die Breite des Fressganges wird die Formel „Körperlänge Schulter bis Sitz-
beinhöcker + 2 x Bauchbreite“ verwendet. Hinter einer fressenden Kuh, sollten sich zwei Kühe
problemlos kreuzen können. Empfehlungen von Christian Manser (Lehrer und Berater am Land-
wirtschaftlichen Zentrum St. Gallen) beruhen auf täglichen Beobachtungen an Tieren und ihren
Bewegungsabläufen im Stall wie auch bei Abliege- und Aufstehvorgängen. Gemäss Manser
(2015b, Persönliche Mitteilung) braucht eine laktierende Kuh mit einer Körperlänge von 180 cm
(Schulter bis Sitzbeinhöcker) und einer Bauchbreite von 90 - 100 cm für müheloses Kreuzen eine
Fressgangbreite von 380 cm. Bei grösseren Herden (± 100 Tieren) und dadurch mehr Tierverkehr
empfiehlt er eine Verbreiterung auf bis zu 500 cm. Die Breite vom Laufgang zwischen den Liege-
boxen ist stark abhängig vom Stall- bzw. Melksystem wie ebenfalls von der Herdengrösse. Wird
der Laufgang nicht als Treibgang genutzt, reichen 260 cm aus. Bei Querpassagen sind die Masse
einerseits wieder abhängig von der Grösse der Tiergruppe. Andererseits sind dabei die Über-
sichtlichkeit und die Länge der Passagen entscheidend für den Stressfaktor. Bei Querpassagen
mit Kreuzungsmöglichkeit empfiehlt ebd. (2015b, Persönliche Mitteilung) eine Breite von min-
destens zwei Meter. Dabei sollten im Quergang keine Hindernisse wie beispielsweise eine Tränke
vorhanden sein. Andernfalls muss die Breite entsprechend angepasst werden.
Für die nach ebd. (2015b, Persönliche Mitteilung) geltenden Masse sind bedürfnisgerechte Lie-
geboxenverhältnisse die Voraussetzung für die Verbindlichkeit der Angaben.
2.4.2 Wichtigkeit der Abmessungen im Liegebereich
Das Liegeboxen-Tier-Verhältnis ist in der Schweiz wie auch in Österreich in der
Tierschutzverordnung bzw. in der Tierhaltungsverordnung festgelegt. Jeder Kuh muss ein
Liegeplatz im Stall zur Verfügung stehen. In anderen Ländern sind nur Empfehlungen vorhanden
(beispielsweise Europaratsempfehlung 2000). Es gibt etliche Studien, welche die negativen
Auswirkung von Überbelegung aufzeigen. Fregonesi et al. (2007a) zeigten reduzierte Liegedauer
und Liegezeiten bei Überbelegung auf, was folglich auch das Auftreten von Lahmheiten durch
lange Stehzeiten und Aggressionen in der Herde erhöht. Damit Kühe gesund bleiben und hohe
Leistungen erbringen können, benötigen sie viel Ruhe und ausgiebige Liegephasen. Dies ist nur
möglich, wenn den Kühen bedürfnisgerechte Liegebereiche zur Verfügung stehen. Die Wichtig-
keit von tiergerechter Liegeboxengestaltung wird oft unterschätzt. Untersuchungen zeigten auf,
dass vermehrte Liegephasen und somit mehr Liegezeit pro Tag den gesamten Bewegungsapparat
erwiesenermassen entlastet, die Klauen trocknen ab und Lahmheiten gehen zurück (Hulsen
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2004; McFadden 2007). Zudem wirken sich lange Liegezeiten positiv auf die Wiederkautätigkeit
aus, was durch die erhöhte Speichelbildung wiederum die Pansenpufferung verbessert (Sanftle-
ben et al. 2007).
Weitere Studien belegten, dass der Blutfluss zu den Milchdrüsen 25 Prozent (Metcalf et al. 1992)
bzw. bis zu 30 Prozent (Hulsen 2004) höher ist, wenn die Kühe liegen. Diese erhöhte Durchblu-
tung des Euters ermöglicht eine höhere Milchsynthese. Grant (2007) fand in seiner Untersuchung
heraus, dass eine liegende Kuh pro Stunde bis zu 1.7 Kilogramm mehr Milch produziert (Abb. 2).
Die Mindestmasse für Liegeboxen gemäss Schweizer Tierschutzverordnung (TSchV; SR 455.1;
AS 2008) und Österreichischer 1. Tierhaltungsverordnung (BGBI. II Nr. 485/2004) sind in Tab. 2
fettgedruckt. Die gesetzlichen Mindestanforderungen dieser beiden Länder sind grundsätzlich
vergleichbar. Zu beachten ist jedoch, dass in der Schweiz Lichtmasse gelten und in Österreich
die Achsmasse zählen. Je nach Abtrennung kann so die tatsächliche Breite der Liegeboxe zwi-
schen fünf bis zehn Zentimeter variieren. Normalgedruckt sind empfohlene Masse der For-
schungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART (Zähner 2009) wie auch von Christian Man-
ser (Küenzi 2014). Bei den Angaben von Kanswohl und Sanftleben (2006) handelt es sich um
Empfehlungen für Holsteinkühe (>700 kg Lebendgewicht). In Deutschland sind keine gesetzli-
chen Mindestmasse für die Haltung von Rindern über 6 Monate festgelegt (Waiblinger und
Wechsler 2007).
Abb. 2: Zusammenhang zwischen Liegezeit und Milchleistung von Milchkühen (Quelle: Grant 2007)
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Tab. 2: Angaben zu Abmessungen von Liegeboxen (cm) in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland
Boxenmasse (cm)a
Kühe und hochträchtige Erstka-lbende in der Schweiz (Zähner 2009) und in Österreich 3F
4 mit un-terschiedlicher Widerristhöhe (cm) bzw. unterschiedlichem Ge-wicht (kg) von
Liegenboxen-masse nach Manser (Küenzi 2014)
Holsteinkühe in Deutschland (Kanswohl und Sanftleben 2006)
125 ± 5 bis 550
135 ± 5 bis 700
145 ± 5 >700
≥ 145 >700 kg
Boxenlänge wandständig
230 230
240 240
260 260
260b 270
Boxenlänge ge-genständig
200 210
220 220
235 240
260 240
Länge Liegefläche Kotkante bis Bugbalken
165 185 190 200 170-175
Kopfraum bei wandständiger Boxe
65 55 70 120 95-100
Bodenfreiheit unter dem Trennbügel bis Liegefläche
min. 40 min. 40 min. 40 70 max. 25-30
Höhe des Na-ckenriegels 100-105 110-115 115-120 125-130 120-125
Diagonale Boxen-kante bis Nacken-rohr
180-185 190-195 200-205 215
Boxenbreite 110 115
120 120
125 125
125
122c 122
Abstand Ober-kante Liegefläche und Oberkante Bugholz
max. 10 max. 10 max. 10 <5
a gesetzliche Mindestmasse sind in der Tabelle fettgedruckt, Empfehlungen normalgedruckt b Mauer im Kopfbereich ragt max. 10 cm über Liegefläche (Gewährleistung Schwungraum), sonst 320 cm c empfohlene Masse bei flexiblen Boxenelementen
Tab. 3 zeigt eine Zusammenstellung der gesetzlichen Mindestabmessungen in Anbindeställen in
der Schweiz (Art. 10 Anhang 1 TSchV) und in Österreich (Anlage 2, BGBI. II Nr. 485/2004). Für
Kühe über 700 kg bzw. einer Widerristhöhe von 145 cm ± 5 cm sind die Angaben mit 185 bis
195 cm mit den Angaben von Manser (2015b, Persönliche Mitteilung) vergleichbar. Der Mittel-
langstand wird von Christian Manser als System nicht empfohlen, da diese Aufstallungsform den
Kopfschwung nach vorne nicht erlaubt und dies entgegen den natürlichen Bedürfnissen der Kuh
ist. Der vordere Krippenrand ist nach wie vor das Hauptproblem für fehlenden Schwungraum in
Anbindeställen (ebd.)
4 1. Tierhaltungsverordnung, Fassung 10. April 2015, Bundeskanzleramt Rechtsinformation RIS, Österreich
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Tab. 3: Vorgaben zu Mindestabmessungen in Anbindeställen (cm) in der Schweiz und in Österreich
Lägermasse (cm)a
Kühe und hochträchtige Erstkalbende in der Schweiz 4F
5 und in Österreich 5F
6 mit unter-schiedlicher Widerristhöhe (cm) bzw. un-terschiedlichem Gewicht (kg) von
Lägermasse nach Manser (2015b, Per-sönliche Mitteilung)
125 ± 5 bis 550
135 ± 5 bis 700
145 ± 5 >700
≥ 145
Standlänge Kurzstand 165 165
185 175
195 185
Max. 195
Standlänge Mittellang-stand
180 200
200 210
240 220
Wird als System nicht empfohlen
Standbreite 100 115
110 120
120 125
120
a gesetzliche Mindestmasse sind in der Tabelle fettgedruckt, Empfehlungen normalgedruckt
Die Dimensionierung und die Ausstattung des Liegebereiches bzw. der Liegebox sind für das
Ausleben normaler Verhaltensweisen einer Kuh zentral (Kanswohl und Sanftleben 2006; Sanftle-
ben et al. 2007). Zu enge Abmessungen und harte Unterlagen im Liegebereich führen unweiger-
lich zu haarlosen Stellen, Schwellungen bis hin zu offenen Wunden an Beinen, Hüfthöcker, Rück-
grat wie auch an den Rippen (Wechsler et al. 2000; Nuss und Weidmann 2013). Hörning (2003),
zitiert in Sanftleben et al. (2007), wies in seiner Studie nach, dass es mit steigenden Boxenmas-
sen zu weniger Abweichung vom normalen Liegeverhalten der Kühe kommt. Das heisst die An-
zahl Liegeperioden wie auch die Gesamtliegezeit nahmen zu und die Verzögerungen beim Auf-
stehen bzw. beim Abliegen nahmen ab. Experimente von Tucker et al. (2004) zeigten, dass brei-
tere Boxen (126 cm im Vergleich zu 106 cm) zu längeren Liegezeiten, aber auch zu längerem
Stehen mit allen vier Beinen in der Box führte. Dabei nahm die Stehzeit mit nur zwei Beinen in
der Box und zwei Beinen auf der Lauffläche ab. Restriktiv eingestellte Nackenrohre auf einer Hö-
he von 118 Zentimeter und einem horizontalen Abstand zum Kotbalken von 130 Zentimeter ha-
ben aber den Effekt, dass die Kühe nicht mit allen Vieren in der Box stehen können (Bernardi et
al. 2009). Das zwingt die Kuh dazu zurückzutreten. So wird Kot und Harn ausserhalb der Liege-
box abgesetzt. Das verbessert die Hygiene (Fregonesi et al. 2009). Doch Fitzgerald et al. (2000)
bestätigten den negativen Einfluss der Feuchtigkeit auf die Klaue bei Stehzeiten im Gülle-Harn-
Gemisch. Stehen die Kühe nur mit den Vorderbeinen in der Box, wird das Gewicht auf die Hinter-
beine verlagert, was das Risiko von Lahmheiten nochmals erhöht. Sanftleben et al. (2005), zitiert
in Sanftleben et al. (2007), werteten das Stehen mit zwei Vorderbeinen bei Holsteinkühen in Lie-
geboxen auch als Versuch zur Entlastung von Pansen- und Bauchraum. Bernardi et al. (2009) und
Fregonesi et al. (2009) erwähnten, dass ein Kompromiss zwischen sauberen Kühen und der
Klauengesundheit einzugehen ist. Sie empfehlen aufgrund ihrer Erfahrungen Boxen ohne restrik-
tive Nackenrohre. Zudem konnten Potterton et al. (2011) aufzeigen, dass Nackenrohre mit einer
senkrechten Höhe von mehr als 124 cm und weiter als 199 cm vom Kotbalken entfernt (Diagona- 5 455.1 Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (TSchV)
6 1. Tierhaltungsverordnung, Fassung 10. April 2015, Bundeskanzleramt Rechtsinformation RIS, Österreich
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le) angebracht, mit signifikant weniger Haarverlusten bzw. Gelenksveränderungen einhergehen.
Grosszügigere Boxenmasse werden mit einem Mehraufwand für die Boxenpflege beschrieben
(Sanftleben et al. 2007), bringen aber mehr Liegequalität für die Kuh.
Ein wichtiger Aspekt in der bedürfnisgerechten Liegeboxengestaltung ist der Bedarf an Kopf- und
Schwungraum von Kühen zum natürlichen Aufsteh- und Abliegeverhalten. Bachschweller (2009)
hat den Kopfraumbedarf von Fleckvieh- und Holsteinkühen genauer untersucht. Dabei wurden
die kritischen Punkte (0-7 in Abb. 3) bei der Aufstehphase von Kühen definiert, welche in Hal-
tungssystemen durch Stallbauelemente beeinträchtigt werden können. Als Ausgangspunkt 0 galt
das abgelegte Karpalgelenk. Um ein artgemässes Aufstehen zu ermöglichen, benötigt die Kuh
einen Kopf- und Schwungraum von 120 cm, 25 % der beobachteten Kühe brauchten sogar 135
cm Raum nach vorne (ebd.). Die geltenden Masse nach baulichem Tierschutz für Krippen im An-
bindestall (BVET 2014) ermöglichen mit 60 cm keinen natürlichen Kopfschwung nach vorne. Wird
der Schwungraum nicht gewährt, sind oftmals längerdauernde Aufstehversuche wie auch pferde-
artiges Aufstehen mit Rückwärtsbewegungen vor dem Aufstehen zu beobachten (Bachschweller
2009). Dies belastet die Vordergliedmassen sehr stark und hat zudem Auswirkungen auf Verän-
derungen an den Sprunggelenken (Nuss und Weidmann 2013).
Abb. 3: Aufstehvorgang einer Kuh mit Kopfschwung ohne Einschränkungen (Quelle: Bachschweller 2009)
2.4.3 Wichtigkeit der Liegeunterlage
Neben den Boxenmassen spielt auch die Qualität der Liegefläche eine wichtige Rolle für das Ru-
heverhalten von Milchkühen. Die Menge an Einstreu wie auch die Qualität und das Material der
Liegeflächen wurden in verschiedenen Studien untersucht. Veränderungen an Sprunggelenken
weisen unter anderem auf mangelnde Tiergerechtheit der Unterlage hin. Zähner et al. (2009)
zeigten auf, dass die Anzahl Schäden bei Betrieben mit Komfortmatten, Gummimatten oder lo-
sem Stroh deutlich höher ist, als bei weichen, verformbaren Unterlagen mit Kompost, Strohmist,
Kalkstroh, Feststoffen (Gülleseparationsgut) oder Sand (Abb. 4). In deren Studie wird zudem er-
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wähnt, dass die unterschiedlichen Ergebnisse zwischen den Betrieben darauf hindeuten, dass
neben dem Füllmaterial auch die Einstreuhöhe, die Liegenboxenpflege und –abmessungen sowie
die Steuerungseinrichtungen für die Tiergerechtheit massgebend sind (ebd.).
Abb. 4: Anzahl Schäden pro 100 Tiere der verschiedenen Liegeflächen, unterteilt in die einzelnen Scha-
denskategorien im Vergleich zu Literaturwerten (Daten Strohmist-Matratze, Komfortmatte, loses Stroh und
Gummimatte: Buchwalder 1999, Schaub et al. 1999) (Quelle: Zähner et al. 2009)
Gleichbedeutende Ergebnisse fanden auch Nuss und Weidmann (2013). Sie verglichen die Liege-
zeit in Abhängigkeit verschiedener Faktoren (Tab. 4). Die Liegedauer in Tiefboxen mit Einstreu
wie Sand, Stroh oder Sägemehl war in jedem Versuch verlängert im Vergleich zu Gummimatten.
Im Anbindestall stellt Alder (2012) eine verlängerte Gesamtliegedauer von 1.8 Stunden auf Kalk-
stroh-Matratzen im Vergleich zu Läger mit Gummimatten fest. Das Risiko von Gelenksverände-
rungen bzw. haarlosen Stellen am Sprunggelenk war bei Hochboxen mit Gummimatten im Ver-
gleich mit Tiefboxen und einer Strohmist-Matratze klar höher (Kanswohl und Sanftleben 2006).
Die Kühe zogen weichere, verformbare Unterlagen Gummimatten bzw. geotextilen Matratzen mit
Sägemehlschicht vor. Zudem zeigten Tucker et al. (2009) im Anbindestall auf, dass ein zusätzli-
ches Kilogramm Stroh eine Verlängerung der Liegezeit von zwölf Minuten bringt.
Die Kühe bevorzugten in einem Wahlversuch klar trockene (86.4% TS) im Vergleich zu feuchter
(26.5% TS) Unterlage. Bei feuchter Unterlage wurde die Liegezeit bis zu fünf Stunden pro Tag
verringert (Fregonesi et al. 2007b). Hinsichtlich Klauenleiden wurde bei feuchter Liegefläche ein
erhöhtes Risiko festgestellt (Fitzgerald et al. 2000).
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Bei Stallumbauten mit Vergrösserung der Liegefläche konnte eine verlängerte Liegedauer und
eine signifikante Abnahme von Hautschäden und Umfangsvermehrung der Gelenke beobachtet
werden (Liebhart 2009). Die Lahmheit hatte in der Studie von Blackie et al. (2011) eine verlänger-
te Liegedauer von zwei Stunden zur Folge. Ein Gemisch von Stroh-Kalk-Wasser im Liegebereich in
Tiefboxen oder auf Läger im Anbindestall brachte Vorteile für die Euter- und die Klauengesund-
heit (Vögel 2001).
Tab. 4: Liegezeit und ihre Abhängigkeit von unterschiedliche Faktoren (Quelle: nach Nuss und Weidmann
2013, verändert)
Faktor Liegezeiten / Liegephasen Quelle
Menge der Einstreu 12 Minuten längere Liegedauer für jedes zusätzliche Kilo-gramm Stroh
Tucker et al. 2009
Kuhlenbildung Verkürzung der Liegezeit um 2.33 h/Tag bei Verminderung der Höhe der Liegefläche um mehr als 13 cm unterhalb der Oberkante der Liegeflächenbegrenzung
Drissler et al. 2005
Polstermaterial/-qualität
Länger auf Gummimatratzen als auf Gummimatten Chaplin et al. 2000
Liegeflächen-Wahlversuch: 44.1 % der Gesamtliegezeit in Sandboxen, 33.2 % in Strohboxen, 11.6 % auf Gummimatten
Calamari et al. 2009
40 Minuten längere Liegezeit/Boxenaufenthalt in Hochtief- als in Hochboxen
Knell 2008
Erhöhung der Liegedauer in tiefen Sand-/Sägemehlboxen im Vergleich zu geotextilen Matratzen mit Sägemehlschicht
Tucker et al. 2003
Erhöhung der Gesamtliegedauer um 1.8 h auf Kalkstroh-Matratzen im Vergleich zu Gummimatten im Anbindestall
Alder 2012
trockene bis feuchte Liegeflächen
Wahlversuch: Kühe wählten 12.5 h/Tag trockene Liegeflä-chen, 0.9 h/Tag feuchte Liegeflächen Verringerung der Liegezeit um 5 h/Tag bei feuchtem Pols-termaterial (26.5 % TS) verglichen mit trockenem Polstermate-rial (86.4 % TS)
Fregonesi et al. 2007
Betrieb (Mittelwert) Liegedauer variierte zwischen 9.5 und 12.9 h/Tag 7 bis 10 Liegephasen pro Tag Dauer einer Liegephase 65 – 112 Minuten
Ito et al. 2009
Individuum Liegedauer variierte zwischen 5.6 – 17.5 h/Tag Fregonesi und Leaver 2001
Liegedauer variierte zwischen 4.3 – 19.5 h/Tag Ito et al. 2009
Tier-Boxen-Verhältnis
Reduktion der Liegezeiten um 1.7 h/Tag von einem Verhält-nis von 12 Tieren zu 12 Boxen bis zu einem Verhältnis von 12 Tieren zu 8 Boxen
Fregonesi et al. 2007
Alter Stall/Stallneubau mit Vergrösserung der Liegefläche
Verlängerung der Liegedauer von 9 h 26 min auf 11 h 45 min Verminderung der Liegeperiode von 12.3 auf 10.5 73.1 % ungehindertes Ablegen im alten und 85.9 % im neuen Stall Signifikante Abnahme von Integumentsschäden und Um-fangsvermehrung im neuen Stall
Liebhart 2009
Lahmheit Lahme Tiere lagen 13 h/Tag, nicht lahme 10.9 h/Tag Blackie et al. 2011
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2.5 Luft- und Lichtbedürfnis der Milchkuh
Das Klima im Stall unterscheidet sich bezüglich Lufttemperatur, -feuchte und Geschwindigkeit
wie auch der Belastung durch Schadgase oder Schwebstaub mehr oder weniger von der Aussen-
luft (BVET 2013). Das Stallklima leistet einen wesentlichen Beitrag zur Tiergerechtheit eines Hal-
tungssystems und zur Tiergesundheit. Gemäss Tierschutzverordnung (Art. 11, Abs. 1) muss im
Stall ein dem Tier angepasstes Klima herrschen. Der Tierhalter und/oder –besitzer hat die Ver-
antwortung, dem Rechnung zu tragen. Die thermoneutrale Zone einer Milchkuh liegt zwischen 5
und 25° Celsius, das heisst bereits ab einer Temperatur von 25° Celsius hat eine Kuh Hitzestress
(Roenfeldt 1998). Bei Temperaturen über 25° kann sich die Kuh nicht mehr genügend abkühlen,
was sich erwiesenermassen negativ auf ihre Leistung auswirkt (Kadzere et al. 2002). Die Tempe-
ratur der Stallluft korreliert stark mit der Luftzufuhr (Curt und Gooch ohne Jahr). Mit Hilfe von
Ventilatoren und dadurch erhöhter Luftgeschwindigkeit oder auch Sprinkleranlagen kann das
Tier die Körpertemperatur regulieren (BVET 2013). Gemäss Curt und Gooch (ohne Jahr) kann der
Luftaustausch mittels natürlicher Querlüftung des Gebäudes oder mit mechanischer Lüftung wie
beispielsweise mit einem Grossraumventilator geregelt werden. Welches System gewählt wird,
hängt stark von den Gegebenheiten des Stalles ab. In Neubauten kann die natürliche Lüftung frei
eingeplant werden, in älteren Stallgebäuden bringt die Unterstützung durch zusätzliche Ventila-
toren oder die Öffnung von Fenster und Scheunentore eine mögliche Alternative die Stallluft zu
verbessern.
Die gesetzlich vorgeschriebene Minimallichtintensität im Stall beträgt gemäss Art. 33, Ziff. 3,
Abs. 1 der Tierschutzverordnung 15 Lux. Gemäss Phillips und Schofield (1989) haben eine ver-
längerte Lichtphase bis zu 16 Stunden pro Tag sowie höhere Lichtintensitäten einen positiven
Effekt auf den TS-Verzehr und die Milchleistung. Dies bestätigten Buchanan et al. (2000) und
Dahl (2006) in ihren Untersuchungen. Die optimale Lichtintensität für laktierende Kühe liegt bei
80 – 100 Lux (Sanftleben et al. 2007) beziehungsweise 150 - 200 Lux (Hulsen 2004; Dahl 2006;
Sanftleben et al. 2007) während einer maximalen Dauer von 16 Stunden.
2.6 Futter- und Wasserbedürfnis der Milchkuh
Gemäss qualitativem Tierschutz (BVET 2014) in der Schweiz ist bei ad libitum – Fütterung mit
einer qualitativ einheitlichen Ration ein Fressplatz für zweieinhalb Tiere vorgeschrieben. Kühe
bevorzugen es, mit der Herde zusammen Futter aufzunehmen. Dies ist auf der Weide gut zu be-
obachten. Aus dieser Überlegung ist die stressfreie und ungestörte Nahrungsaufnahme vor allem
dann gewährleistet, wenn pro Kuh ein Fressplatz zur Verfügung steht (Schrader 2009) oder Fut-
ter ad libitum zur Verfügung steht. Die wichtigsten Kontrollpunkte der Fütterung sind die Beur-
teilungen der Futterration, der Kotkonsistenz, der Pansenfüllung, der Körperkondition sowie der
Wiederkautätigkeit von Kühen (Hulsen 2012a). Schmackhaftes und qualitativ einwandfreies Futter
am Futtertisch, eine gut verdaute Ration ohne auffällig längere Faserteile, ein gefüllter Pansen,
eine auf die Rasse passende Körperkondition (BCS) von drei bis dreieinhalb BCS-Punkten wie
auch 55 – 70 Wiederkauschläge pro Bolus sind Hinweise auf eine optimale Nährstoffversorgung
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(ebd.). Dabei geben Beobachtungen auf dem Futtertisch (Selektion von Futterteilen) oder auch
Druckstellen am Buggelenk wichtige Informationen über die Fütterung im Stall (Manser 2012,
Persönliche Mitteilung). Der Weideschritt erlaubt der Kuh auf der Weide, dass sie den Boden zum
Fressen problemlos erreicht. Am Fressgitter funktioniert dieser Ausfallschritt nicht, deshalb wird
für neue Anbindeställe in der Schweiz eine Differenz vom Boden- zum Fresstischniveau von 10
cm vorgeschrieben (BVET 2014). Dies gilt nicht für nicht neu eingerichtete Anbindeställe, die
aufgrund von Optimierungen der Liegefläche teilweise einen geringeren Niveauunterschied errei-
chen.
Rinder (ausgeschlossen Kälber) müssen gemäss Tierschutz mindestens zweimal täglich Zugang
zu Wasser haben (ebd.). Dies entspricht nicht den natürlichen Bedürfnissen der Kuh, welche wäh-
rend neun bis vierzehn Mal täglich Futter (Grant 2007) und danach jeweils Wasser aufnimmt.
Eine laktierende Kuh trinkt unter Umständen bis zu 180 Liter Wasser pro Tag in Abhängigkeit der
Nahrungs- und Wasserqualität, der Umgebungstemperatur wie auch ihrer Leistung (Schrader
2009). Die Durchflussrate von Tränkebecken hat dabei einen signifikanten positiven Einfluss auf
die Wasseraufnahme von Milchkühen (Andersson et al. 1984). Dies wurde mit Durchflussraten
von zwei, sieben und zwölf Liter pro Minute untersucht. Hulsen (2012a) empfiehlt für Milchkühe
nach heutigen Bedingungen eine Durchflussrate von 20 Liter pro Minute, wodurch ältere Tränke-
becken oftmals nicht mehr genügen. Dominante Tiere nahmen im Versuch von Andersson et al.
(1984) bedeutend mehr Wasser auf als unterlegene Kühe, was sich auch in der Milchleistung im
Vergleich wiederspiegelte. Dies zeigt die Wichtigkeit der richtigen Platzierung von genügend
Tränkestellen. Das ermöglicht rangniedrigen Tiere stressfrei Wasser aufzunehmen (Hulsen
2012a).
Die Milch besteht zu 87 Prozent aus Wasser. Die Kuh benötigt zirka drei bis fünf Liter, um einen
Liter Milch zu produzieren (Kirchhofer ohne Jahr). Wasser wird dadurch zum wichtigsten und
günstigsten Futtermittel im Stall. Manser (2015b, Persönliche Mitteilung) empfiehlt eine maxi-
male Höhe des offenen Wasserspiegels von 60 cm. In dieser Position kann die Kuh das Flotzmaul
eintauchen und ergonomisch Wasser aufnehmen. Die regelmässige Reinigung der Tränke bedarf
einer einfachen Handhabung und sollte für einwandfreie Wasserqualität zwingend berücksichtigt
werden (ebd.).
2.7 Kühe in besonderen Situationen
Rund um das Abkalben brauchen Milchkühe am meisten Aufmerksamkeit. Es ist die wichtigste
Zeit im Laktationszyklus einer Kuh, die über den weiteren Verlauf des Kuhlebens im Stall ent-
scheidet. Es sind damit die sechs bis acht Wochen dauernde Galtphase wie auch die zwei bis drei
ersten Wochen der Laktation gemeint. Hulsen (2012b) beziffert den Aufwand des Tierhalters für
die 20 Prozent Risikotiere in einer Herde mit 80 % der gesamten Zeit, die der Landwirt mit den
Tieren verbringt. Zudem erwähnt Manser (2015a, Persönliche Mitteilung), dass 80 % aller ge-
sundheitlichen Probleme der Kuh in der Transitphase entstehen. Gemäss ihm ist es entschei-
dend, dass die Kuh beim Abkalben gut auf den Füssen steht. Effizient gelöst gelingt diese Emp-
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fehlung, wenn die Galtphase im Klauenstand beginnt. Dadurch können die Klauen optimal ge-
pflegt werden und die Kontrolle und/oder Behandlung (wenn nötig) des Euters kann gleichzeitig
erfolgen.
Zu den Risikotieren (special need cows) gehören gemäss Hulsen (2012b) neben den hochtragen-
den Kühen auch einzugliedernde Rinder sowie lahme, geschwächte oder kranke Tiere. Bei Neu-
bauten wird daher der Begriff der «stressfreien Abkalbelinie» zu einem der wichtigsten Bestand-
teile in der Stallplanung (Driessen 2014). Kühe mit speziellen Bedürfnissen haben uneinge-
schränkten Zugang zu einer offenen Liegefläche mit griffiger Matratze, fressen an der gleichen
Futterachse wie die Milchviehherde und können betreffend Verhalten, Futteraufnahme etc. opti-
mal überwacht werden (ebd.). Kühe können sich auch für längere (Genesungs-)Zeit in diesem
Bereich aufhalten.
2.8 Erhebung der Tiergerechtheit in Haltungssystemen
Das Tierwohl oder die Tiergerechtheit ist nicht direkt messbar. Die Vorgehensweise zur Beurtei-
lung von Tierwohl oder Tiergerechtheit in Haltungssystemen ist nicht einheitlich geregelt (KTBL
2006). Es gibt viele Indikatoren und Indizes zur Beurteilung von Tierwohl (Bartussek 1996); Ani-
mal Welfare Institute 2010; Hulsen 2004; KTBL 2006; von Keyserlingk et al. 2012; Vucemilo et al.
2012; De Lorm 2009). Die individuelle Gewichtung von Indikatoren zur Beurteilung von Tierwohl
variiert zudem von Person zu Person und von Methode zu Methode und erschwert eine allge-
meingültige Aussage über das Befinden eines Tieres bzw. einer Herde (Bartussek 1996; KTBL
2006, De Lorm 2009, 2009; Driessen 2009). Um abzuschätzen, wie gut sich ein Tier in einer
bestimmten Umgebung fühlt, werden tierbasierte und umweltbasierte Indikatoren erfasst. Der
Beurteilungsfokus kann beispielsweise auf das Verhalten und die Erscheinung der Tiere (gesund-
heitlicher Aspekt) gelegt werden, ohne dabei quantitative Erhebungen anhand von Messungen zu
machen (Aerts et al. 2006). Quantitative Erhebungen sind jedoch einfacher zu erheben und er-
lauben Objektivität.
Eine negative Veränderung von Leistungsparametern wie der Milchproduktion oder von Frucht-
barkeitszahlen sind mögliche Konsequenzen von mangelndem Tierwohl. Längerfristig gesehen,
hat dies auch negative Auswirkungen auf die durchschnittliche Nutzungsdauer der Herde.
Die Komplexität von Tierwohl und dessen Bewertung beschreiben ebd. (2006) in ihrer Studie.
Einerseits sind viele „Welfare Assessment Tools“ zur Bewertung von Tierwohl durch Experten
bekannt. Es braucht aber auch Kenntnisse über die einzelnen Tiere. Diese bringt der Betriebslei-
ter durch Beobachtungen im täglichen Umgang mit dem Tier mit. Gerade bei verhaltensspezifi-
schen Indikatoren können aus Momentaufnahmen falsche Schlüsse gezogen werden, zudem sind
diese subjektiv. Keines der bekannten Systeme erlaubt eine ganzheitliche Erfassung, vielmehr
kommt es auf das Verständnis und die enge Zusammenarbeit von Landwirt, Berater und Forscher
an. Die in der Literatur beschriebenen Indikatoren zur Beurteilung von Tierwohl sind sehr stark
auf die Gesundheit und das Verhalten der Kühe fokussiert (Rousing et al. 2006); (Regula et al.
2004; KTBL 2006).
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2.8.1 Gesundheitsspezifische Indikatoren zur Bewertung von Tierwohl
In Tab. 5 sind mögliche Evaluationsparameter zur Bewertung des Gesundheitszustandes von
Milchkühen aufgeführt. Dazu gehört der allgemeine erste Eindruck der Kuh wie auch die Sauber-
keit und der aktuelle Nährzustand zum Zeitpunkt des Besuches.
Tab. 5: Mögliche Evaluationsparameter zur Bewertung des Gesundheitszustandes von Milchkühen (Quelle :
nach Roth 2013, verändert)
Parameter Bewertung nach Beobachtung Risiko
Ges
undhei
tsin
dik
atore
n d
er K
uh
Allgemeiner Gesundheits-zustand
Allgemeineindruck
Verletzung diverser Körperstellen
Augen, Ohren, Fell, Gang etc.
Haarlose bis offene Stel-len speziell an Gelenken/ Beinen/Euter
Lahmheitsscoring (1 = normal; 5 = hochgradig lahm)
Gebroche-ne/geschwollene Rippen
Kühe, die auffallen schnell erkennen
Liegeboxenbeschaffenheit mässig bis schlecht
Risikoorte im Stall (rutschi-ger Boden, hervorstehende Gegenstände)
Sauberkeit Verschmutzungsgra-de diverser Körper-partien
Vier schmutzige Beine (Spritzer)
schmutzige Hinterbeine
schmutzige Euter
Schmutzige Hinterseite v.a. oberhalb mit Schwanz verwischt
Staubige Kühe
zu dünner Kot kann auf Fehler in der Ration oder Verdauungsprobleme hin-weisen
Infektionsrisiko bei ver-schmutzten Liegeboxen höher
aktueller Nähr-zustand und Kondition 6F
7
Pansenfüllung (Futteraufnahme der letzten 6 Stunden)
Pansenscoring (1 = leer; 5 = voll)
Hat die Kuh in den letzten Stunden zu wenig gefres-sen?
Hat die Kuh im letzten Mo-nat zu wenig gefressen?
Futterration angepasst? Eine Kuh oder die ganz Herde betroffen?
Zuwenig Struktur in Ration?
Körperkondition (Fut-teraufnahme im letz-ten Monat)
BCS-Wert (1 = sehr ma-ger; 5 = sehr fett).
Anzahl Kauschläge pro Bissen
55 – 70 Kauschlä-ge/Bissen
Kotkonsistenz Festigkeit und Verdau-ungsgrad
Die durchschnittlichen Kosten im Jahr 2013 für Tierarzneimittel und Tierarzt auf Schweizer
Milchviehbetrieben beliefen sich inklusive Jungvieh auf 194 CHF/GVE (Hoop und Schmid 2014).
Zur Evaluation von Tierwohl im Stall werden entsprechende Gesundheitsparameter beobachtet
und evaluiert. Fehlende Haare oder Hautverletzungen bis hin zu offenen Wunden und Schwellun-
gen an den Sprunggelenken, dem Brustbein, dem Hüfthöcker und beispielsweise dem Rippenbo- 7 Werte nach Driessen (2009)
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gen werden in der Literatur mehrmals beschrieben (Nuss und Weidmann 2013; Rousing et al.
2006; Regula et al. 2004; Gasteiner und Hochsteiner 2001). Dazu gehört auch die Klauen-
gesundheit, die durch einen definierten Lahmheitsscore bewertet wird (Rousing et al. 2006; Hul-
sen 2004). Ebenfalls zu den Gesundheitsindikatoren gehört die Sauberkeit der Kühe im Stall.
Schmutzige Tiere können ein Indiz für Verdauungsstörungen (dünner Kot) sein und Aufschluss
über die Fütterung und den allgemeinen Gesundheitszustand einer Kuh geben (Hulsen 2012a).
2.8.2 Verhaltensspezifische Indikatoren zur Bewertung von Tierwohl
Die natürlichen Verhaltensweisen einer Kuh sind auf der Weide am besten zu beobachten. Im
Freien wird sie nicht durch bauliche Einrichtungen behindert und kann sich entsprechend unein-
geschränkt bewegen. Im Stall sind die Voraussetzungen nicht gleichermassen gegeben und der
Platz ist häufig minimal bemessen. In Tab. 6 ist eine Auswahl an Verhaltensindikatoren aufge-
führt.
Tab. 6: Mögliche Evaluationsparameter zur Bewertung des Verhaltens von Milchkühen (Quelle: nach Roth
2013, verändert)
Parameter Bewertung nach Beobachtung Risiko
Ver
hal
tensi
ndik
atore
n d
er K
uh
Bewegung /
Gang
Schrittlänge Unsichere Tiere mit kur-zen Schritten
Ausrutschgefahr
Geschwindigkeit Ängstliche Tiere mit Fluchtverhalten
Verletzungsgefahr
Rückenlinie gekrümmte Rücken bei kranken Tieren
verschiedene Faktoren
Klauen-/Beinverletzungen etc.
Aufstehen /
Abliegen
Stehzeiten Kühe stehen lange in Boxen und legen sich nicht hin
lange Stehzeiten, da gerade Risikotiere sich nicht mehr trauen, sich hinzulegen
Verschlimmerung der gesundheitlichen Situation
Verletzungsgefahr durch ungünstige bauliche Einrich-tungen
Aufstehverhalten Kühe rutschen hin- und her, bevor sie aufstehen können
Bauliche Einrichtung Kühe werden durch Na-ckenrohr/fehlendem Schwungraum oder Bo-xenbügel beim Aufste-hen/Abliegen behindert
Liegeverhalten Anzahl liegende
Kühe
Viele stehende Kühe Risiko für Gesundheit, Klau-en, Milchproduktion
Absichts-verhalten
Anzahl wartende Kühe Kühe beginnen Aktion und bringen diese nicht zu Ende
lange Stehzeiten, Belastung für Stoffwechsel und Bewe-gungsapparat
Sozialverhalten Rangordnungskämpfe
Belecken
Schnelle, unkontrollierte Bewegungen / rutschen-de Kühe
Gegenseitiges Belecken
Lecken mit stehen auf drei Beinen
Verletzungsgefahr bei Rangkämpfen im Stall ohne Ausweichmöglichkeit
Unterdrücken von Bedürf-nissen (Belecken bei rut-schiger Unterlage)
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Die Verhaltensbeobachtung im Stall (normale/abnormale Verhaltensweisen) ist ein zentraler Indi-
kator für die Beurteilung des Tierwohls (Sommer 1991). Die 24 Stunden-Beobachtung der-
Liegezeiten ist mit hohem Aufwand verbunden. Alternativ wird das Aufsteh- und Abliegeverhal-
ten in diversen Studien dokumentiert (Regula et al. 2004; Endres und Barberg 2008). Dabei ist
vor allem der Einstreugrundlage und der Kollision mit der Stalleinrichtung Beachtung zu schen-
ken. Neben dem Liegeverhalten ist auch das Sozialverhalten innerhalb der Herde sowie das Tier-
Mensch-Verhalten von grosser Bedeutung (Rousing et al. 2006).
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3 Material und Methoden
Die vorliegende Studie basiert auf standardisierten, qualitativen Interviews mit insgesamt 36
landwirtschaftlichen Betriebsleiterfamilien. Es wurde Fachliteratur zum Thema natürliche Bedürf-
nisse einer Kuh und Anforderungen an das Haltungssystem von Milchkühen zusammengestellt.
Dabei wurden Angaben von Fachexperten einbezogen. Die Resultate aus den Interviews wurden
mit Hilfe des Programms MS Excel (Microsoft 2010) aufbereitet.
3.1 Zielgruppe und Stichprobe
Als Zielgruppe wurden Schweizer Milchviehbetriebe definiert, die zwischen 2010 und 2014 An-
passungen des Haltungssystems vorgenommen haben. Anbinde- und Laufställe waren gleicher-
massen gefragt. Dabei handelt es sich um eine abhängige Stichprobenauswahl. Als definitive
Stichprobe wurden 46 Betriebe aus dem Beraterumfeld einer landwirtschaftlichen Beratungsstelle
angeschrieben, welche die aufgeführten Bedingungen erfüllten (Abb. 5). Davon wurden 36 Be-
triebe besucht. Von den zehn nicht besuchten Betrieben waren vier Betriebsleiter aus ungenann-
ten Gründen nicht bereit bei der Studie mitzuwirken und sechs Landwirte waren noch nicht oder
wurden erst kürzlich fertig mit den Anpassungen und konnten deshalb keine relevanten Anga-
ben zu den allfälligen Veränderungen machen. Die Betriebsdaten wurden anonymisiert.
Abb. 5: Sampling und Stichprobenauswahl für die Durchführung der Interviews
3.2 Befragungsdesign
Mit Hilfe eines standardisierten Datenblattes für die Erfassung der Betriebsstruktur und eines
halb-standardisierten Fragekataloges für die Betriebsinterviews wurden Daten zur Milchviehher-
de, Informationen zur Aufstallung und der Vorgehensweise bei den Anpassungen wie auch zum
Management erfasst. Ebenfalls wurden Fragen zur Motivation und zu ersten Erfahrungen nach
der Veränderung und der Zufriedenheit mit dem angepassten System durchgeführt. Ein leeres
Datenblatt wie auch der Leitfaden für das Betriebsinterview sind als Hardcopy im Anhangsdoku-
ment A-I einsehbar. Die ausgefüllten Datenblätter und Interviews sind im elektronischen Anhang
abgelegt.
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Das Datenblatt wie auch das Interview wurde in einem sogenannten Pretest auf zwei Betrieben
vorgängig auf die Praxistauglichkeit überprüft. Die qualitativen Interviews beinhalteten grössten-
teils offene Fragen mit einzelnen Ausnahmen. Die Anpassungen wurden mit Fotos detailliert do-
kumentiert.
3.3 Vorgehen und Durchführung der Datenaufnahme
Die Datenaufnahme wurde mit einem vorgängig zugesandten Betriebsdatenblatt und mittels ei-
nes face-to-face Interviews auf den ausgewählten Betrieben durchgeführt. Die Zeitspanne pro
Interview belief sich auf durchschnittlich eineinhalb bis zwei Stunden.
Die 46 ausgewählten Betriebe wurden mit einem Brief über die bevorstehende Studie informiert.
Dabei wurde der Telefonanruf für die Terminvereinbarung in den nächsten Tagen angekündigt.
Das Betriebsdatenblatt wurde mitversandt, damit die Betriebsleiterfamilie dies bereits ausfüllen
konnte (Ablauf in Abb. 6). Die effektiv besuchten, 36 Betriebe, wurden staffelweise informiert
und vor Ort interviewt. Es wurden jeweils so viele Landwirte angeschrieben, wie auch in einem
angemessenen Zeitraum von zirka zwei Wochen nach Erhalt des Briefes besucht werden konnten.
Die Zeitspanne zwischen dem ersten Briefversand und dem letzten Betriebsbesuch erstreckte
sich zwischen Januar und August 2014. Im Februar 2015 wurden die Betriebe per Mail über Ver-
änderungen der Herdenleistung befragt. Insgesamt wurden 18 Feedbacks zurückgesandt, welche
ebenfalls in die Arbeit einflossen.
Abb. 6: Vorgehensweise der Datenaufnahme auf 36 Praxisbetrieben
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3.4 Datenverarbeitung
Die Rohdaten aus den Leitfadengesprächen und dem Betriebsdatenblatt wurden in einer Excellis-
te aufbereitet und galten als Grundlage für die Auswertung. Das Kernstück der Arbeit waren die
getätigten Anpassungen und ihre Auswirkungen. Aus diesem Grund wurden allgemeine Angaben
zum Betrieb wie beispielsweise genauere Abläufe bei der Fütterung nicht in die Arbeit integriert.
Die Betriebsstruktur der beteiligten Betriebsleiterfamilien wurde tabellarisch zusammengefasst.
Die Gründe für die Anpassung wurden nach Anzahl Nennungen unter Kapitel 4.2 zusammenge-
fasst und dokumentiert. Die Betriebsleiter wurden nach den Stärken- und Schwächen in der Tier-
gesundheit (Klauen- und Eutergesundheit, Stoffwechselstabilität wie auch der Fruchtbarkeit) zum
Zeitpunkt des Besuches befragt, was in Tabellenform aufgeführt wurde. Es handelte sich dabei,
um persönliche Einschätzungen ohne Vergleich mit Referenzwerten. Die Aussagen der Betriebs-
leiter über konkrete bauliche Anpassungen wurden nach den Bedürfnissen der Kuh (in Anleh-
nung an den Kuhsignalediamanten nach Hulsen 2004) gruppiert und mit Fotos dokumentiert.
Die Ergebnisse sind in folgenden Kapiteln dargestellt: 4.3 Wirkungsvolle Anpassungen an das
Raum- und Ruhebedürfnis, 4.4 Wirkungsvolle Anpassungen an das Luft- und Lichtbedürfnis der
Milchkuh, 4.5 Wirkungsvolle Anpassungen an das Futter- und Wasserbedürfnis der Milchkuh und
4.6 Wirkungsvolle Anpassungen für Kühe in besonderen Situationen.
Die geschätzten Investitionskosten pro Kuhplatz wurden in fünf Kategorien eingeteilt: 0 – 100
CHF/Kuhplatz, 101 – 500 CHF/Kuhplatz, 501 – 1000 CHF/Kuhplatz, 1001-4000 CHF/Kuhplatz
und die Kategorie *keine Angaben*. Sie wurden in einem Säulendiagramm nach Anbinde- bzw.
Laufställen vorgestellt.
Erste Erfahrungen der Landwirte zu Veränderungen der Tiergesundheit, der Liegezeit, dem Be-
darf an Einstreu, der Sauberkeit der Kühe wie auch der durchschnittlichen Herdenleistung wur-
den mit dem Ampelsystem tabellarisch zusammengefasst («+» = positive Veränderung, «=» =
gleichbleibende Veränderung und «–» = negative Veränderung).
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4 Resultate und Einzeldiskussion
Die Resultate stammen aus einer abhängigen Stichprobe. Daraus gezogene Schlüsse können aus
diesem Grund nicht verallgemeinert werden. Es handelt sich jedoch um praxiserprobte Lösungs-
vorschläge, die durchaus eine grosse Relevanz für Berater und Landwirte mit Umbauplänen ha-
ben.
4.1 Struktur der beteiligten Betriebe
In Tab. 7 sind die wichtigsten Ergebnisse zur Betriebsstruktur der 36 beteiligten Betriebe darge-
stellt.
Tab. 7: Betriebsstruktur der 36 befragten Milchviehbetriebe mit Anpassungen des Haltungssystems
Kriterium (Betriebe total) Anzahl Betriebe Anteil in %
Produktionsrichtlinien (36)
QM Produktion 3 8% Integrierte Produktion 29 81% Biologische Produktion 4 11%
Tierwohlfördernde Programme (36)
RAUS 19 53% BTS 2 6% RAUS und BTS 11 31% ohne Ethoprogramm 4 11%
Grösse Milchviehherde (36)
Anzahl Kühe ≤ 20 6 17% Anzahl Kühe 20 < x < 40 16 44% Anzahl Kühe ≥ 40 14 39%
Aufstallung (36)
Anbindestall (AS) 23 58% Laufstall (LS) 13 36% Durchschnittliche Milchmenge (36)
≤ 7500 kg / Jahr 13 36% > 7500 kg / Jahr 23 64%
Melksystem (36)
Eimermelkanlage 1 3% Rohrmelkanlage 24 67% Melkstand 9 25% automatisches Melksystem (AMS) 2 6%
Gestaltung Liegebereich nach Anpassung (36) Kalkstroh-Matratze 29 81% Strohmist-Matratze 3 8% loses Lang-/Kurzstroh und Kalk 3 8% Kalkstroh und Separationsgut 1 3%
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Der Median der landwirtschaftlichen Nutzfläche der besuchten Betriebe betrug 25 ha (8.5 – 87
ha), derjenige der Anzahl Milchkühe lag bei 35 Stück (12 – 110). Die durchschnittliche Herden-
leistung belief sich auf rund 8200 kg Milch (6250 – 10300 kg). 65 Prozent (874 Tiere) aller Kühe
auf den besuchten Betriebe wurden in einem Anbindestall gehalten, dies ist leicht mehr als 2011
durchschnittlich in der Schweiz in Anbindehaltung aufgestallt waren. Gemäss deren Hochrech-
nungen werden 2015 knapp 50 Prozent aller Kühe in Laufställen gehalten. Die Tendenz ist stei-
gend (Schrade et al. 2011).
4.2 Gründe für die Anpassung des Haltungssystems
In Tab. 8 sind die genannten Gründe für die Anpassung des Haltungssystems, nach Anzahl Nen-
nungen geordnet, zusammengefasst. Zwölf der besuchten Betriebe haben den Kontakt zur Bera-
tungsstelle gesucht, da sie unzufrieden mit der Aufstallung waren. Dies war vor allem darauf
zurückzuführen, dass Tierverluste oder sichtbare Veränderungen oder Verletzungen am Tier
vorkamen und die Berufszufriedenheit darunter litt. Elf weitere Betriebe suchten nicht direkt den
Kontakt zur Beratungsstelle, sondern sie besuchten aus eigener Initiative ein Tagestraining Kuh-
signale und lernten dort verschiedene Sichtweisen und praxisrelevante Lösungsmöglichkeiten
zur Verbesserung des Haltungssystems kennen. Die Praxisnähe und die Wirkung von kleinen und
kostengünstigen Anpassungen anderer Praktiker veranlassten diese Betriebsleiter, selber etwas
zu unternehmen. Es kam auch vor, dass der Nachbar oder Berufskollege das Tagestraining be-
suchte und der Betriebsleiter so darauf aufmerksam wurde. Sechs Betriebe standen vor grösseren
Veränderungen. Sei dies mit einer Ausdehnung des Betriebes oder auch im Rahmen eines Gene-
rationenwechsels und waren aus diesem Grund an möglichen Veränderungen interessiert. Eben-
falls sechs weitere Betriebe nannten die ablaufende Frist der Gesetzesanpassungen und damit
verbundenen zwingenden Anpassungen als Grund für die Optimierung des Haltungssystems. Sie
kontaktierten die Beratungsstelle und waren an kostengünstigen Lösungen interessiert, die zu-
gleich einfach zu realisieren, zu unterhalten und im Sinne des Tieres sind. Ein Betrieb erwähnte
konkret, dass er Alternativen zu Gummimatten gesucht hat. Er war nicht mehr zufrieden mit der
Tiergerechtheit des Systems und war auch bereit einen Mehraufwand in Kauf zu nehmen.
Tab. 8: Genannte Gründe für die Anpassungen des Haltungssystems
Gründe für die Anpassungen Anzahl Nennungen
Gesundheitszustand Kühe / Unzufriedenheit mit Aufstallung 12
Tagestraining Kuhsignale / Teilnahme über Berufskollegen 11
Vergrössern des Betriebes oder Übernahme Betrieb 6
Anforderungen der Gesetzgebung (Ablauf der Frist am 01. Sept. 2013) 6
Alternativen zu Gummimatten gesucht 1
Total 36
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Interessant waren die Aussagen zu den Gründen für die Anpassungen. Hauptmotivation war in
den meisten Fällen die Tiergesundheit und das Tierwohl. Die tägliche Arbeit mit den Tieren, die
Arbeitseffizienz und die Arbeitsfreude spielt dabei eine wichtige Rolle. Waren Kühe oft verletzt
(Zitzenverletzungen, geschwollene Gelenke etc.) hatte dies unweigerlich Einfluss auf die Freude
bei der Tierbetreuung wie auch auf die Kosten rund um die Tiergesundheit.
In Tab. 9 wurde die gesundheitliche Situation auf den Betrieben zusammengefasst. Dies ist je-
doch kein Vorher-nachher Vergleich, sondern wiederspiegelt die IST-Situation der besuchten Be-
triebe. Hohe oder sogar steigende Gesundheitskosten und Fruchtbarkeitsprobleme waren wichti-
ge Beweggründe für die Landwirte etwas auf dem Betrieb zu verändern. Diese Aspekte beinhalte-
ten auch den Verbrauch von Tierarzneimittel und Antibiotika.
Die Klauengesundheit wie auch die Stoffwechselstabilität wurden auf den meisten Betrieben als
Stärke oder als mittelwertig beurteilt. Die Eutergesundheit war vor allem in Anbindeställen eine
Schwäche im Vergleich zu den Laufställen. Dies war auch bei der Fruchtbarkeit der Fall.
Tab. 9: Stärken-Schwächen-Analyse der Tiergesundheit auf den besuchten Betrieben
Stärken und Schwächen Tiergesundheit Anbindestall Laufstall
Klauengesundheit + Stärke (14) + Stärke (11)
= weder noch (7) = weder noch (0)
‐ Schwäche (2) ‐ Schwäche (2)
Eutergesundheit + Stärke (9) + Stärke (10)
= weder noch (4) = weder noch
‐ Schwäche (10) ‐ Schwäche (3)
Stoffwechsel + Stärke (11) + Stärke (6)
= weder noch (12) = weder noch (5)
‐ Schwäche (0) ‐ Schwäche (2)
Fruchtbarkeit + Stärke (4) + Stärke (5)
= weder noch (10) = weder noch (6)
‐ Schwäche (9) ‐ Schwäche (2)
In folgenden Kapiteln 4.3 bis 4.6 werden die wirkungsvollen Anpassungen der besuchten Betrie-
be dokumentiert.
4.3 Wirkungsvolle Anpassungen an das Raum- und Ruhebedürfnis der Milchkuh
4.3.1 Anpassungen der Laufflächengestaltung
Die Landwirte beobachteten im Anbindestall oft gestresste Tiere beim Austrieb, zudem rutschten
die Tiere unter hastigen Bewegungen aus. Um diese Verletzungsgefahr zu entschärfen, wurden
Rasenteppiche ausgelegt, wie das in Abb. 7a und b zu sehen ist. Auf einigen Betriebe wird der
Teppich bei Bedarf ausgerollt, auf anderen Betrieben wird er nur bei Erneuerungsbedarf wieder
entfernt. Laut Aussagen der Betriebsleiter war der Nutzen des Rasenteppichs für die Trittsicher-
heit innert Kürze zu sehen: Die Kühe gehen bedeutend ruhiger vom Läger in den Stallgang und
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wieder zurück. Beim Aus- und Eintrieb konnte ein sicherer Gang beobachten werden, was auf die
Rutschsicherheit des Bodens hinweist.
Der Zusammenhang zwischen Schrittlänge und rutschfestem Boden bestätigten Haufe et al.
(2009) in Ihrer Studie. Die zentrale Rolle der Bodenverhältnisse für kontrollierte und ruhige Be-
wegungen unterstreicht Swissgenetics (2008) in einem Artikel.
Abb. 7: Rutschfester Rasenteppich im Stallgang von Anbindeställen
Auf vielen Betrieben hat auch ein Umdenken betreffend «welche Kuh wird zuerst freigelassen?»
stattgefunden. Ist die hinterste anstelle der vordersten Kuh zuerst frei, läuft der ganze Prozess
bedeutend stressfreier und ruhiger ab (Praxistipp gemäss Aussagen der Betriebsleiter).
Die Belastung der Gliedmassen wie auch das Aufweichen der Ballen- und Zwischenklauenhaut
durch Gülle und Feuchtigkeit kann durch saubere Laufflächen minimiert werden. Die Häufigkeit
der Entmistung mit Schieber in Laufställen war deshalb ein wichtiger Punkt in der Befragung. Die
Aussagen der Betriebsleiter gingen von drei bis sechs bis zu mehr als zehn Schiebereinheiten pro
Tag beziehungsweise einer automatisch geschalteten Zeituhr alle zwei bis drei Stunden. In einem
der besuchten Betriebe mit Spaltenboden ist ein automatischer Entmistungsroboter in nächster
Zeit eingeplant. Konkret war eine Tendenz zur besseren Klauengesundheit zu beobachten, die
längerfristige Erfahrung, um eine konkrete Aussage zu machen, fehlte hier noch.
Die Quergänge wurden zwischen ein bis zweimal pro Tag meistens während dem Melken gerei-
nigt. Die Frequenz der Entmistung wurde in den meisten angepassten Laufställen aufgrund der
besseren Prophylaxe vor Klauenproblemen oder auch Lahmheiten erhöht. In der Literatur ist der
Zusammenhang vom Erkrankungsrisiko bei erhöhter Verschmutzung und langen Stehzeiten bei
ungenügendem Liegekomfort klar erwiesen. Je mehr der Schieber läuft bzw. entmistet wird, um-
so weniger verschmutzt sind Klauen und Gliedmassen, was sich positiv auf die Klauen- und die
Eutergesundheit auswirkt (Fiedler et al. 2004; Cook und Nordlund 2009).
Waren genügend Durchgänge und keine Sackgassen vorhanden, war mehr Ruhe in der Herde zu
beobachten. In älteren Laufställen konnten Landwirte enge Quergänge optimieren, indem sie die
Seitenwände entfernten (Abb. 8a-b). Für die Kuh ist dadurch auf Augenhöhe besser absehbar,
was sie auf der anderen Seite erwartet (z.B. eine ranghöhere Kuh). Dies entschärft die Situation
7a 7b
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stark. Zudem ist die Boxe direkt neben dem Seitengang besser belüftet und aufgrund des grös-
seren Platzangebots attraktiver. Ein weiterer positiver Aspekt ist das Abtrocknen der Matratze.
Abb. 8: Quergänge ohne geschlossene Seitenwände
Die Breite der Gänge wurde in der Befragung nicht aufgenommen. Sie hat aber einen wichtigen
Einfluss auf die Verletzungsgefahr, das Sozialverhalten und den Zugang von Ressourcen wie Fut-
ter, Wasser oder auch Liegeplätze (Konggaard 1983; Waiblinger und Wechsler 2007).
Risikoorte für Klauenverletzungen sind Stufen, Kanten, Warteräume oder auch Drehpunkte bei-
spielsweise im Melkstand, wo eine Klaue durch die Rotation einer hohen Belastung ausgesetzt
ist. Als Optimierungslösungen wurden diese Risikoorte mit gebrauchten oder neuen Gummimat-
ten ausgelegt, wie auf dem Betrieb in Abb. 9 der Warteraum (9a) und der Aufstieg in den Melk-
stand (9b) zeigen. Dadurch stehen die Kühe nicht zu lange auf hartem Boden und haben beim
Aufstieg in den Melkstand besseren Halt.
g
Abb. 9: rutschfeste Gummimatten im Warteraum (9a) und auf Treppenaufstieg in Melkstand (9b)
In Abb. 10a ist der Durchgang vom eingestreuten Abkalbebereich zur Fressachse ersichtlich.
Dieser Durchgang wird von der Kuh bei Aufenthalt in der stressfreien Abkalbelinie rege genutzt.
Mit der Gummimatte auf dem perforierten Boden wird einerseits die Trittsicherheit erhöht und
andererseits die Belastung der Vordergliedmassen beim Abstieg gedämpft.
8a 8b
9a 9b
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Abb. 10: Gummimatte (10b) beim Ausgang vom Abkalbebereich zur Fressachse (10a)
4.3.2 Anpassungen der Abmessungen im Liegebereich
Aufgrund der 2008 revidierten Schweizer Tierschutzverordnung (SR 455.1; AS 2008) lief die
Übergangsfrist für die Anpassung Standplatzabmessungen in bestehenden Ställen per 31. Au-
gust 2013 aus. Ältere Anbindeställe waren davon besonders betroffen.
Mit einfachen und günstigen Lösungen konnten die Lägerdimensionen wie auch der Liegeunter-
grund verbessert werden, wie die folgenden Ausführungen darlegen. Der erste Schritt für den
Einbau der Kalkstroh-Matratze war das Entfernen störender Abtrennungen wie Seitenbügel oder
auch Kopfrohre. Das Entfernen des Seitenbügels bringt in der Praxis mehr Freiheit für die Kuh
und eine geringere Verletzungsgefahr für den Viehverantwortlichen z.B. bei Arbeiten zwischen
den Tieren. Entgegen den Befürchtungen einiger Landwirte, liegen die Kühe nach ersten Erfah-
rungen auf der griffigen Matratze und dem optimierten Schwungraum auch ohne Seitenabtren-
nung problemlos gerade nebeneinander ab. Zwei solche Beispiele mit unterschiedlichen Anbin-
devorrichtungen sind in Abbildung 11a und b zu sehen.
Abb. 11: Anbindeställe ohne Seitenbügel mit unterschiedlicher Anbindevorrichtung
10a 10b
11a 11b
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Die ersten Erfahrungswerte werden von Kanswohl und Sanftleben (2006) wie auch Sanftleben et
al. (2007) gestützt. Aus deren Studien geht hervor, dass die Dimensionierung (inkl. Schwung-
raum) wie auch die Ausstattung des Liegebereiches (inkl. Unterlage) für das Ausleben normaler
Verhaltensweisen entscheidend ist. Gemäss Landwirte funktionieren die Anbindesysteme auch
ohne störende Elemente und Einrichtungen im Kopfbereich. Wird der Kuh eine griffige und ver-
formbare Unterlage mit genügend Schwungraum nach vorne angeboten, wird sie sich auch ohne
Seitenbügel gerade in die Box legen. Diagonal liegende Kühe wurden gemäss Aussagen der Be-
triebsleiter oft gesehen, wenn der Schwungraum fehlte und die Kuh für den benötigten Raum auf
die Seite ausweichen musste. Auf die Wichtigkeit des Schwungraumes macht Bachschweller
(2009) in seiner Untersuchung aufmerksam. Ihm zufolge sind abnormale Verhaltensweisen wie
pferdeartiges Aufstehen, Rutschbewegungen nach hinten wie auch diagonales Liegen zu be-
obachten.
Das Beispiel in Abb. 12 zeigt wie sich der Schwungraum vor (12a) und nach (12b) der Entfernung
des Kopfrohrs präsentiert.
Abb. 12: verbesserter Schwungraum nach der Entfernung des Kopfrohres
Eine weitere Praxislösung für optimierten Schwungraum im Anbindestall ist in Abb. 13 ersicht-
lich. Die Holzwand war vorher nur ungefähr 50 cm für die Fütterung der Tiere geöffnet (Abb.
13a). Nach teilweiser (Abb. 13b) und anschliessend vollständiger Entfernung (Abb. 13c) wie auch
dem Einbau einer Kalkstroh-Matratze (Abb. 13b und c) konnte einerseits genügend Schwung-
raum und frische Luft im Kopfbereich der Kuh erreicht werden, andererseits wurde der Arbeitsab-
lauf zur Fütterung und Reinigung der Futterkrippe klar verbessert.
Abb. 13: Entfernung der Holzwand für mehr Schwungraum und Luftqualität im Kopfbereich
12a 12b
13a 13b 13c
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Das Futter sollte von den Kühen nicht in den Liegebereich verschleppt werden und dennoch
muss der Schwungraum vollständig erhalten bleiben.
Die beim Einbau der Kalkstroh-Matratzen nun überflüssigen Gummimatten wurden im Anbinde-
stall als Gummilappen zugeschnitten und am Krippenrand montiert. Gemäss den Erfahrungen
der Betriebsleiter erfüllen sie den Zweck in zweierlei Hinsichten: Einerseits gerät durch die flexib-
le Abtrennung weniger Futter in den Liegebereich (Abb. 14) und andererseits kann die Kuh beim
Aufstehvorgang nach vorne schwingen und dabei den Gummilappen biegen (Abb. 14b).
Abb. 14: Flexibler Gummilappen als Abtrennung zwischen Fress- und Liegebereich
Beim Einbau einer Kalkstroh-Matratze in Anbindehaltung
mit Halsrahmenvorrichtung waren spezielle Lösungen
gefragt, um keine Bewegungseinschränkung aufgrund
der höheren Matratze zu erhalten. Nach dem Erstellen
der Matratze und der Abgrenzung von Liege- bzw.
Fressbereich mit Gummilappen wurde der Halsrahmen
am Ansatz mit Kettengliedern verlängert und danach mit
einem alten Gülleschlauch eingefasst (Abb. 15).
In Kurzständen sind oftmals zu hohe Krippenränder oder Rohre auf Kopfhöhe angebracht. Ge-
mäss baulichem Tierschutz muss zwischen tierseitigem und tennseitigem Krippenrand einen
Abstand von mindestens 60 cm eingehalten werden (BVET 2014). Aus den Befragungen der
Landwirte geht hervor, dass dieser Raum nicht ausreicht. Werden tennseitige Krippenränder mit
obgenanntem Mindestabstand eingebaut, kann die Kuh ihren Schwungraum nicht artgerecht
ausüben. Gemäss Bachschweller (2009) benötigt eine durchschnittliche Kuh ein Kopf- und
Schwungraum von 120 Zentimeter oder mehr, was somit die Beobachtungen aus der Praxis un-
terstreicht.
14a
14b
Abb. 15: Verlängerung des Halsrahmens mit Kette und altem Gülleschlauch
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Lösungen für mehr Bewegungsfreiheit nach vorne sind in den nachfolgenden Abbildungen 16 bis
21 dargestellt. Abb. 16 zeigt wie in einem Anbindestall die Krippenelemente wie auch die Anbin-
devorrichtung entfernt und durch eine einfache Konstruktion mit einer Kette ersetzt worden
sind. Die Kette wurde mit einem Plastikrohr umgeben, um Scheuerstellen vorzubeugen. Der neue
Futtertisch wurde mit einer Tiefe von 1.20 m betoniert. Dadurch wurde der Schwungraum erwei-
tert und die Beweglichkeit der Kuh durch die neue Anbindevorrichtung erhöht. Diese Vorrichtung
ist in der Länge sowie in der Position an der oberen Kette beliebig verstellbar.
f f Abb. 16: Individuell verstellbare Anbindevorrichtung mit Kette (umrandet mit Plastikrohr)
In Abb. 17 ist die Kettenanbindevorrichtung ohne Plastikrohr zu sehen, was ebenfalls in der Pra-
xis sehr gut funktioniert. In Abb. 17a ist zudem ein zusätzlicher Karabinerhaken erkennbar
(Pfeil), an welchem die Kuh bei Kraftfuttergaben kürzer geschnallt werden kann. In diesem Stall
wurden ebenfalls Krippen und alte Anbindevorrichtungen wie auch Seitenwände und Gummimat-
ten entfernt und die Läger mit Kalkstroh-Matratze eingerichtet.
Abb. 17: Variante einer Ketten-Anbindevorrichtung mit maximaler Kopffreiheit
Eine Verbesserung des Schwungraumes im Laufstall wurde auf den besuchten Betrieben fast aus-
schliesslich über die Anpassungen im Kopfbereich erreicht. Die Verlängerung der Liegeboxen in
den Laufgang war aufgrund bestehender Abmessungen kaum möglich. In Abb. 18b sind die Be-
tonelemente zu sehen, welche in Abb. 18a im Kopfbereich auf ganzer Länge abgetragen wurden.
16a
17a 17b
16b
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Abb. 18: Entfernung einschränkender Bauelemente im Kopfbereich von Liegeboxen
Auf dem Betrieb in Abb. 19 wurde ein aufwändiger Anbau zur Verbesserung des Schwungraumes
erstellt. Die Aussenwand wurde entfernt und mit einer flexiblen Plastikplane ersetzt, welche bei
geöffnetem Zustand zusätzliche Frischluft bringt. Die Aussenansicht im Winter ist in Abb. 19b zu
sehen. Die Böschung ist stark abfallend.
Abb. 19: Aufwändiger Anbau für mehr Schwungraum in Stall an Hang
Eine weitere Variante zur Verbesserung des Liegebereiches verbunden mit einer Umnutzung des
Stalles ist in Abb. 20 ersichtlich. Dieser Betrieb hat im Innern des Stalles eine stressfreie Abkal-
belinie verwirklicht (Abb. 40) und die dadurch verlorenen Stallplätze mit Aussenliegeboxen er-
setzt. Die Variante wurde mit Eigenleistung gebaut und mit gebrauchten Liegeboxenbügeln aus-
gestattet.
Abb. 20 : Aussenliegeboxen mit maximal Luft und Licht
19a 19b
20a 20b
18a 18b
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Im bestehenden Stall des obgenannten Betriebes wurde
die Liegeboxenlänge zudem auf Kosten eines Liege-
platzes verändert. Die Liegeboxeneinrichtungen wurden
Nord-Süd anstelle Ost-Wests ausgerichtet (Abb. 21).
Dadurch wurde mehr Platz für die Kopffreiheit bzw. den
Schwungraum geschaffen.
In den besuchten Laufställen wurden im Rahmen der Anpassungen starre Nackenrohre oftmals
mit flexiblen Nackenbänder bzw. Spansets ersetzt, wie dies in Abb. 22 a und b zu sehen ist. Für
diese Lösung spricht, dass die Kollision mit einem starren Rohr vermieden wird und die ge-
wünschte Wirkung des Positionierens der Kuh trotzdem erhalten bleibt. Neben dem Ersetzen
wurde aber auch der Ort des Nackenbands verändert. Senkrecht zur Matratze wurden Nacken-
bandhöhen zwischen 115 bis 125 Zentimeter gemessen, dabei waren die Bänder weiter vorne
positioniert. Da der genaue Abstand diagonal zum Kotbalken nicht gemessen wurde, kann diese
Angabe nicht näher weiterverfolgt werden.
Abb. 22: Zwei verschiedene Varianten (22a bzw. 22b) von einem flexiblen Nackenband mit Spanset
Bei Liegeboxenbügeln, die aufgrund des Mo-
dells nicht ohne fixes Nackenrohr auskamen,
wurde mit Hilfe eines Aufsatzes Abhilfe ge-
schaffen. Dank des Aufsatzes konnte die Höhe
und Position des Nackenrohrs neu definiert
werden, ohne dass die Einrichtung dabei an
Stabilität verlor (Abb. 23).
Abb. 21: Neuausrichtung der Liegeboxen mit vergrössertem Schwungraum
22a 22b
Abb. 23: Erhöhung des starren Nackenrohrs mit Aufsatz
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Gemäss Aussagen der Betriebsleiter wurden mit der Neupositionierung des Nackenrohrs und
teils in Kombination mit neuer Liegeunterlage weniger Kollisionen mit der Einrichtung beobach-
tet. Zudem waren weniger Abweichungen vom natürlichen Aufstehprozess zu sehen. Dies bestä-
tigte auch Potterton et al. (2011), denn optimal eingestellte Nackenrohre führen zu normalem
Aufsteh- bzw. Abliegeverhalten und dadurch zu weniger Schäden an der Haut wie auch bedeu-
tend weniger Veränderung der Gelenke.
4.3.3 Anpassungen der Liegeunterlage
In 21 der 23 Anbindeställe und in sieben der 13 Laufställe wurde im Rahmen der Stallanpassung
eine Kalkstroh-Matratze eingebaut. Bis auf zwei Betriebe waren alle Laufställe bereits mit Tiefbo-
xen und Strohmist oder losem Stroh ausgestattet. Einer der Betriebe unterhielt schon vor der
Anpassung eine Kalkstroh-Matratze. Gerade Betriebe mit Strohmist-Matratzen blieben der Ein-
streu oft treu, insofern kein Handlungsbedarf bestand.
Die Gummimatte wurde zum Einbau der Kalkstroh-Matratze im Anbindestall meistens entfernt.
So konnten zwei bis drei Zentimeter mehr für eine kompakte Matratze gewonnen werden. Da der
Einbau der Matratze auch mit gewisser Unsicherheit behaftet war, haben einzelne Landwirte die
Gummimatte nicht herausgenommen. Die Matratze könnte somit einfach wieder entfernt und
das Läger wie vorher genutzt werden. Im Gespräch mit den Betriebsleitern stellte sich heraus,
dass bei einem erneuten Einbau, die Gummimatten doch auch rauskämen. Gemäss ihren Anga-
ben soll zum Erreichen einer kompakten Matratze mindestens 15 cm, besser aber eine 20 cm
dicke Matratze angestrebt werden. Erste Erfahrungen zeigten, dass wenn die Matratze zu dünn
ist, sie nie richtig kompakt und griffig wird. Sie bleibt lose und wird teilweise bis auf die Boden-
platte aufgewühlt. Im Gegensatz zum Laufstall, ist die Instandhaltung der Matratze im Anbinde-
stall anspruchsvoller, da die Kühe den Liegeplatz nur während des Auslaufes oder des Weide-
ganges verlassen. Dies war im Vergleich des Arbeitsaufwandes der Betriebsleiter für die Dauer
der Pflege der Liegeflächen klar ersichtlich. Im Schnitt lag der Aufwand pro Kuh für die tägliche
Pflege der Liegefläche bei knapp eineinhalb Minuten (86 Sekunden) im Anbindestall und bei 49
Sekunden im Laufstall. Im Anbindestall wurde die Dauer der Liegeflächenpflege zwischen 19 bis
300 Sekunden geschätzt, im Laufstall zwischen 16 – 120 Sekunden pro Kuh und Tag. Die grosse
Varianz ist darauf zurückzuführen, dass in den 36 Betrieben auch 36 unterschiedliche Systeme
vorgefunden wurden. Jeder Landwirt hatte den Einstreu-, Pflege- und Entmistungsprozess auf
seine Weise angepasst und optimiert. Im Weiteren sind auch die unterschiedlichen Mischverhält-
nisse, Ausgangsmaterialien und Ansprüche der Betriebsleiter für das optimale Liegebett mitent-
scheidend für den Pflegeaufwand.
Zum Einbau der Matratze im Anbindestall wurde ein Abschlussbrett (sechs bis acht Zentimeter
dick) mit einem Winkeleisen pro Kuhplatz befestigt und die Läger anschliessend mit einer Kalk-
stroh-Mischung 7F
8 aufgefüllt. Einige Betriebe brauchten für den Unterbau der Matratze Kälber- oder
8 Mischung Kalkstroh im Verhältnis 50 : 100 : 200 (Langstroh : Wasser : Kalk) nach Manser
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Pferdemist und füllten nur die obersten zehn Zentimeter mit einer Kalkstroh-Mischung auf. Dies
sparte Kosten und funktionierte gemäss den Aussagen der Betriebsleiter sehr gut. In Abb. 24a ist
das Abschlussbrett und die Gummimatte dazwischen (mit Pfeil gekennzeichnet) zu sehen. Bei
diesem Stall war keine Lägerverlängerung nötig. In Abb. 24b dagegen wurde das Abschlussbrett
zur Verlängerung der Läger gebraucht. Hier wurde die Gummimatte vorgängig entfernt, um die
Matratzenhöhe zu maximieren.
Abb. 24: Einbau Kalkstroh-Matratze ohne (24a) und mit (24b) Verlängerung des Lägers
Je nach Anpassung war das Abschlussbrett zwischen acht bis 25 Zentimeter hoch. Dies ist darauf
zurückzuführen, dass einige Betriebsleiter die Läger vorher ausgehoben haben und dadurch die
Dicke der Matratze nicht über das Abschlussbrett erreicht werden musste (Abb. 25a). Wurde die
Kalkstroh-Matratze auf das bestehende Läger aufgebaut, musste die optimale Matratzendicke
von 15 – 20 Zentimeter über die Höhe des Abschlussbretts geregelt werden (Abb. 25b). Laut
Aussagen der Betriebsleiter stellt die hohe Stufe für die Kuh kein Problem dar. Viel wichtiger ist
dabei die Trittsicherheit vom Stallgang, somit kann die Kuh auch bei höherem Läger problemlos
auf- und absteigen.
Abb. 25: Unterschiedliche Höhe des Abschlussbrettes der Kalkstroh-Matratze abhängig von der Einbauart
Die effektiv erreichte Lägerlänge in den optimierten Anbindeställen belief sich auf 185 cm bis
210 cm, die Standbreite lag zwischen 110 bis 120 cm gemäss Tierschutzvorschriften. Laut Aus-
sagen und ersten Erfahrungen der Betriebsleiter führen Lägerlängen von mehr als 200 cm zu
24a 24b
25a 25b
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einer höheren Verschmutzung der Kühe und sind aus diesem Grund nicht zu empfehlen. Viel
wichtiger ist es, den Tieren den effektiven Schwungraum für den Aufstehvorgang zu gewährleis-
ten. Neben der Kalkstroh-Matratze bewährte sich ebenfalls die Strohmist-Matratze mit Kalkein-
satz. Die beiden Biobetriebe in dieser Studie waren ohne Kuhtrainer gefordert, die Kalkstroh-
Matratze auch ohne Steuerungsvorrichtung zu unterhalten. Dies war nicht ganz einfach, funktio-
nierte jedoch mit dem In-Kauf-nehmen von schmutzigeren Kühen. Der Kuhtrainer hat gemäss
Erfahrungen der Landwirte einen bedeutenden Einfluss auf die Sauberkeit der Kühe und die hygi-
enischen Bedingungen einer Kalkstroh-Matratze. Seitens der Landwirte tauchte die berechtigte
Frage auf, ob ein elektrischer Kuhtrainer (maximal zweimal wöchentlich eingeschaltet) für das
Tier schlimmer ist, als schmerzhafte Verletzungen aufgrund harter Liegeunterlage und ungenü-
gendem Schwungraum. Denn in nicht bedürfnisgerecht eingerichteten Ställen kollidiert die Kuh
beim Aufstehen und Abliegen mehrmals täglich mit dem System.
Mit dem Langstroh, welches in Abb. 26 über den Abschlussbalken gezogen wird, werden die
Kühe vor Druckstellen geschützt. Gemäss Aussagen der Landwirte ist das regelmässige Auffüllen
der Läger oder Liegeboxen zentral, damit keine Kuhlen und dadurch Druckstellen wegen des
erhöhten Abschlussbrettes entstehen. Im Anbindestall war die Pflege der Matratze besonders in
den ersten zwei Monaten arbeitsintensiv. In dieser Zeit ist die Kompaktheit der Matratze noch
nicht optimal.
Abb. 26: Strohmist-Matratze mit Langstroh im Anbindestall
Gemäss ersten Erfahrungswerten der Landwirte ist die Matratze im Gegensatz zu den vorange-
henden Lägern mit Gummimatte viel griffiger. Zudem hat sich dank der weichen und griffigen
Unterlage und dem zusätzlich gewonnenem Kopf- und Schwungraum die Veränderungen an
Knien und Sprunggelenk stark verbessert. Diese Erkenntnis bestätigten auch Bachschweller
(2009) und Nuss und Weidmann (2013) in ihren Untersuchungen. Der Scheuereffekt spielt je
nach Liegeunterlage und Einstreu ebenfalls eine entscheidende Rolle für die Gesundheit der Kü-
he.
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In den besuchten Laufställen wurde primär Schwungraum geschaffen und die Griffigkeit der Mat-
ratze erhöht. Oftmals wurden Tiefboxen vorgängig lose eingestreut, was der Kuh wenig Halt gab
und dadurch auch der Griff beim Aufstehen fehlte. Durch die neugewonnene Kopffreiheit und
der Anpassung der Liegeunterlage von Gummimatten auf eine griffige Matratze mit Kalkstroh,
Strohmist oder Separationsgut-Kalkstroh konnte eine verlängerte Liegedauer auf den Betrieben
verzeichnet werden. Dies ist eine Einschätzung der Betriebsleiter und daher nicht mit Zahlen er-
fasst. Die effektive Liegefläche zwischen Kot- und Bugbalken bei den gemessenen Liegeboxen
betrug nach dem Umbau 190 bis 200 cm. Die wandständigen Boxen haben dabei eine Gesamt-
länge von 260 cm, was den Vorschriften des Tierschutzes (BVET 2014) entspricht. In bestehen-
den Laufställen war eine Verlängerung der Liegeboxen aufgrund der minimalen Laufgangbreiten
nicht möglich. Durch Abtragen der Wand auf zehn Zentimeter oberhalb der Liegefläche bei
wandständigen Boxen oder angepassten Nackenrohreinstellungen wie auch dem Einbau einer
griffigen Matratze konnte auf den Praxisbetrieben mehr Liegequalität erreicht werden.
Vier der besuchten Laufstall-Betriebe investierten in komplett neue Liegeboxensysteme. In Abb.
27a ist die Variante *Greenstalls* mit griffiger Matratze und einer Nackenrohrhöhe von 125 Zen-
timeter zu sehen. Die Kuh hat in diesem System volle Kopffreiheit nach vorne. In Abb. 27b sind
neue Aussenliegeboxen mit einer Nackenbandhöhe von ebenfalls 125 Zentimeter und einer grif-
figen Kalkstroh-Matratze ersichtlich.
Abb. 27: Neue Liegeboxeneinrichtungen mit Kalkstroh-Matratze als Liegeunterlage
Zusammen mit den optimalen Abmessungen im Anbinde- wie auch im Laufstall ist die Qualität
der Liegeunterlage ein bedeutender Parameter für das Ruheverhalten von Milchkühen. Unter op-
timalen Voraussetzungen liegt das natürliche Liegebedürfnis einer laktierenden Kuh bei zehn bis
vierzehn Stunden oder mehr (Wierenga 1991), dabei sind zwischen sieben bis elf Liegephasen zu
beobachten (Cook et al. 2004; Sanftleben et al. 2007; Ito et al. 2009). Interessant ist auch die
Erkenntnis, dass Kühe, die mehr Liegen pro Tag bis zu 1.7 kg mehr Milch pro Liegestunde pro-
duzieren (Grant 2007). Zugleich wird der Bewegungsapparat entlastet, was Lahmheiten vorbeugt
(Fregonesi et al. 2007a). Dies unterstreicht die Wichtigkeit vom bedürfnisgerechten Liegebereich
und auch die Beobachtungen und Handlungen der besuchten Betriebsleiter. Aus Sicht des Tier-
wohls sind zudem Schädigungen an Knien und Sprunggelenken bedenklich. Und diese sind stark
mit nicht-bedürfnisgerechten Liegebereichen korreliert. Weniger Verletzungen oder Schwellun-
27a 27b
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gen der Knie und Sprunggelenke wurden von den Landwirten mehrfach als Erfolg der Anpassung
genannt. Zähner et al. (2009) bestätigte in seiner Untersuchung, dass die Anzahl Schäden auf
weichen und verformbaren Unterlagen klar reduziert werden im Vergleich zu Komfort- oder
Gummimatten mit / ohne losem Stroh oder Sägemehl. Dies wird durch Kanswohl und Sanftleben
(2006) wie auch Nuss und Weidmann (2013) bestätigt. In der Praxis konnte diese Erfahrung
durch die Betriebsleiter ebenfalls gemacht werden. Die Liegedauer ist klar erhöht in Tiefboxen
oder Läger mit Einstreu wie Strohmist, Sägemehl oder Kalkstroh im Vergleich zu Gummimatten,
wie Studien von Alder (2012) und Nuss und Weidmann (2013) zeigten. Das unterstreicht die ers-
ten Erfahrungen der Landwirte ebenfalls.
4.4 Wirkungsvolle Anpassungen an das Luft- und Lichtbedürfnis der Milchkuh
In bestehenden Gebäuden sind Anpassungen für eine bessere Luftqualität und für mehr Licht im
Stall eine Herausforderung. Innovative Lösungen wurden umgesetzt.
Die Abb. 28 zeigt einen Grossraumventilator, der zur Ver-
besserung der Luftumwälzung im Stall aufgestellt wurde.
Die meisten Betriebe verfügten bereits über Ventilatoren.
In neun der besuchten Betriebe wurden im Rahmen der
Anpassung neue Ventilatoren angeschafft, um die Luft-
qualität im Sommer wie auch im Winter noch zu verbes-
sern. So wird mehr frische Luft in den Stall befördert, be-
ziehungsweise schlechte mit Schadgasen, Staub oder
Keimen belastete Luft weggeblasen. Zudem wird durch
die erhöhe Luftgeschwindigkeit die Kuh bei der Kühlung
der Körpertemperatur unterstützt (BVET 2013). Ein weite-
rer positiver Effekt ist die Abtrocknung der Liegeunterla-
ge, beispielsweise von Kalkstroh-Matratzen, die auf den
besuchten Betrieben häufig erstellt wurden. Die Ventilatoren wurden in Laufställen vorwiegend
oberhalb des Liegebereiches installiert, da die Kühe bei belüfteter Fressachse sich gerade in den
Sommermonaten häufig im Bereich des Fressgitters aufhalten und herumstehen. Wird der Venti-
lator in einem leichten Winkel schräg nach unten montiert, wird die Luft direkt in den Liege- bzw.
Kopfbereich geblasen. Je nach Stallsystem werden zwei Ventilatoren benötigt, um die Luft bis in
die hinterste Boxe zu befördern. Laut Manser (2015b, Persönliche Mitteilung) ergibt der Durch-
messer des Ventilators mal zehn die ungefähre Reichweite der Luft im Stall. Ein Ventilator mit
1.40 Meter Durchmesser reicht demzufolge ca. 14 Meter weit. Da die Temperatur der Stallluft
stark mit der Luftzufuhr korreliert (Curt und Gooch ohne Jahr), können mithilfe eines Ventilators
auch bei warmen Temperaturen bessere Bedingungen für die Kuh im Stall geschaffen werden.
Aufgrund des positiven Zusammenhangs zwischen der Ruhezeit einer Kuh und deren Milchpro-
duktion (Grant 2007) ist dieser Aspekt sehr interessant für den einzelnen Betrieb. Die Landwirte
Abb. 28: Grossraumventilator zur Ver-
besserung der Luftzirkulation im Stall
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erwähnten, dass nach Einbau der Lüfter eine gleichmässige Verteilung der Kühe im Stall zu be-
obachten war, was die positive Wirkung der Grossraumlüfter unterstreicht.
Eine flexible Variante für die Installation des Ventilators im Anbindestall ist in Abb. 29a-c zu se-
hen. Da die Tenndurchfahrt einmal täglich für die Durchfahrt mit Traktor und Mischwagen ge-
braucht wird, wurde der Ventilator mit einer verstellbaren Vorrichtung montiert. Der Ventilator
ist innert Kürze an der Decke versorgt und die Futterachse kann problemlos befahren werden.
Abb. 29: Klappbarer Ventilator für flexible Tenndurchfahrt im Anbindestall
Für die maximale Frischluftzufuhr und genügend Licht im Stall sind offene Stallfenster einfach zu
realisieren. In diversen Betrieben wurden kostengünstige und einfache Lösungen gefunden, um
das Fensterglas auch im Winter nicht mehr zu gebrauchen. Mit einer Eigenkonstruktion aus Bau-
vlies und Dachlatten waren alle Fenster in wenigen Sekunden geschlossen und schützten so bei
extremen Witterungsverhältnissen. Die Chance dabei ist, dass auch im Winter genügend Frisch-
luft in den Stall gelangt und keine aufwändigen Ein- und Ausbauarbeiten von Fensterglas auf den
Betriebsleiter zukommen. Der Betrieb hat die Möglichkeit, das Vlies ganz oder halb zu schliessen
(Abb. 30). Gemäss Aussagen des Betriebsleiters wurden in den letzten drei Jahren die Fenster nur
an einzelnen Tagen pro Jahr mit dem Vlies verschlossen.
Abb. 30: Schliessbare Fensterseite bei extremen Witterungsverhältnissen
Die klappbaren Vliesfenster in Abb. 31 wurden nur zur Demonstration geschlossen. Gemäss Be-
triebsleiter gibt es wenige Tage im Jahr, wo die Fenster zu sind. Dies ist eine einfache und pra-
xisnahe Lösung, die auch im Winter in bestehenden Gebäuden für maximale Frischluftzufuhr
sorgt.
29a 29b 29c
30a 30b 30c
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Abb. 31: Einfache Handhabung von Vliesfenster bei extremen Witterungsbedingungen
In Abb. 32a ist eine Seitenwand zu sehen, welche im Sommer wie auch im Winter die Westseite
des Stalles offen hält und Frischluft in den Stall bringt. Die Abb. 32b zeigt Öffnungen innerhalb
des Stalles um die Luftzirkulation zu verbessern. Diese „Fensteröffnungen“ wurden ebenfalls im
Rahmen der Optimierungsmassnahmen realisiert und haben sich gemäss Aussagen des Betriebs-
leiters bestens bewährt. Auf der linken Seite der nun offenen Wand befindet sich das Läger der
Galtkühe, auf der rechten Seite der Futterlagerraum.
Abb. 32: Offene Fenster (32a) bzw. geöffnete Innenwand (32b) für bessere Bedingungen im Stall
Neben Fenster konnte gerade in Anbindeställen
auch mit geöffneten Toren maximale Frischluftzu-
fuhr erreicht werden (Abb. 33). Kühlere Tempera-
turen sind für die Kuh absolut kein Problem, dies
bestätigten die Betriebsleiter in ihren Aussagen.
31a 31b 31c
Abb. 33: Anbindestall mit offenem Scheunentor im Winter
32a 32b
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Die Betriebsleiter beurteilten ein gutes Abtrocknen der Kalkstroh-Matratze als mitentscheidend
für den Erfolg dieses Systems. Um die Matratze entsprechend zu belüften, wurden die Seiten-
wände mit einfachen Mitteln entfernt (Abb. 34). Die Liegeplatzqualität direkt hinter der Seiten-
wand verbesserte sich gemäss Beobachtungen der Landwirte klar. Der zusätzlich gewonnene
Raum wird von den Kühen genutzt (Abb. 34a).
Abb. 34: Entfernte Seitenwände zur besseren Luftzirkulation im Anbindestall
Gemäss BVET (2013) unterscheidet sich die Stallluft bezüglich Schadgas- wie auch Schwebstaub-
belastung stark von der Aussenluft. Aus diesem Grund ist es auch im Winter, wenn Hitzestress
kein Thema ist, wichtig, die Scheunentore und Fenster solange als möglich offen zu halten und
für genügend Frischluft zu sorgen. Mehrere Betriebsleiter bestätigten in den Interviews, dass das
Einfrieren von Tränken selten ein Problem war und bei wirklich tiefen Minustemperaturen und
guter Einrichtung, die Tore kurzfristig über Nacht geschlossen werden konnten. Zum Teil wurden
auch frostsichere Tränkesysteme eingebaut. Im Sommer steigert der leichte Luftzug mit fünf bis
acht km/h (≠ Zugluft) die Luftqualität und hilft der Kuh beim Regulieren der eigenen Körpertem-
peratur (Curt und Gooch ohne Jahr; BVET 2013). Zudem kann durch die Luftumwälzung die
Schadgaskonzentration beispielsweise von Ammoniak tief gehalten werden.
Bei allen vorgestellten Varianten bezüglich Luftqualität wird ebenfalls der Aspekt Lichteinfall im
Stall verbessert. Mehr Licht im Stall durch offene Fenster, Türen oder auch mit Unterstützung von
künstlichem Licht hat gemäss Buchanan et al. (2000) und Dahl (2006) einen positiven Effekt auf
den TS-Verzehr wie auch auf die Milchleistung. Diese Veränderungen wurden von den befragten
Landwirten ebenfalls festgestellt, können aber aufgrund mehrerer Anpassungen nicht auf einen
Aspekt zugeordnet werden.
4.5 Wirkungsvolle Anpassungen an das Futter- und Wasserbedürfnis der Milchkuh
In sieben der besuchten Laufställe stand für jede Kuh mindestens ein Fressplatz zur Verfügung.
Die restlichen sechs Laufställe hatten zwischen 2.5 bis 1.1 Kühe pro Fressplatz eingestallt. An
der Ration selber wurde nur in einzelnen Betrieben etwas geändert. Wenn möglich wurde aber
die Anzahl Fressplätze erhöht bzw. wurden Anpassungen an der Krippe vorgenommen. Gemäss
Schrader (2009) ist eine ungestörte und stressfreie Futteraufnahme dann gewährleistet, wenn
jeder Kuh ein Fressplatz zur Verfügung steht oder aber Futter ad libitum vorgelegt wird. So kön-
nen schwächere Tiere auch zwischen den Hauptfütterungszeiten ungestört Futter aufnehmen.
34a 34c 34b
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Genauere Beobachtungen zur Ration oder dem Zustand der Kühe (Wiederkauaktivität, Pansen-
score, BCS oder Verschmutzungsgrad) wurden nicht aufgenommen.
Mehrere Betriebe haben im Rahmen der Anpassung die Tränken ersetzt oder sogar mehr Trän-
ken eingebaut. Der Grund war meistens die zu schwache Durchflussrate von weniger als zehn
Litern Wasser pro Minute (Abb. 35a und b) oder eine schlechte Verteilung bzw. ein ungünstiger
Standort der Tränke im Laufstall. Es wurde beobachtet, dass gerade schwächere Tiere bei einer
geringen Anzahl Wasserstellen oder Tränken in engen Durchgängen, weniger zum Trinken ka-
men. Dies bestätigten auch Andersson et al. (1984) in ihrem Versuch. Mit einem Wassergehalt
von 87% ist Milch mitunter ein Grund, weshalb Kühe hohe Mengen an Wasser benötigen. Um die
heutige Kuh optimal zu versorgen, empfiehlt Hulsen (2012a) eine Durchflussrate von 20 Litern
Wasser pro Minute. Kommt zu wenig Wasser nach, weist das Schlürfen der Kuh darauf hin. Dies
geht aus Beobachtungen der Betriebsleiter hervor.
Abb. 35: Neue Tränkebecken im Anbindestall mit erhöhter Wasserdurchflussrate
Im Laufstall wurden einige Tränken neu auf einer Höhe von 60 cm (Höhe Wasserspiegel) montiert
(Abb. 36a). Damit wurde erreicht, dass die Kuh das Flotzmaul möglichst tief eintauchen kann
und so eine natürliche Trinkhaltung einnehmen kann (Manser 2015b, Persönliche Mitteilung).
Nach Aussagen der Betriebsleiter standen sie dieser Höhe vorerst etwas kritisch gegenüber.
Wurden die Tränken aber an einem Ort mit genügend Ausweichmöglichkeiten platziert, war die
Angst vor der höheren Verschmutzung nach ersten Erfahrungen unbegründet. Zudem wurde
erwähnt, dass die richtige Höhe, bei der die Kuh die Tränke nicht mehr verschmutzen kann, so-
wieso nicht erreicht werden kann. In Umbauten ist der Platz meistens beschränkt und es musste
nach innovativen Lösungen gesucht werden. In Abb. 36b wurde die Tränke auf Kosten eines Lie-
geplatzes vom Quergang in den Liegebereich versetzt. Dadurch wurde der Freiraum im Quer-
gang nicht eingeschränkt.
35a
35b
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Abb. 36: Tränkebecken mit einer Wasserspiegelhöhe von 60 cm im Laufstall
Die Wasserqualität sollte einwandfrei sein, das heisst der Kuh sollte immer frisches und sauberes
Wasser zur Verfügung stehen. Das einfache Reinigen der Tränke und des Schwimmers sollte
deshalb unbedingt beim Kauf einer Tränke mitberücksichtigt werden. Dies erwähnten mehrere
Landwirte bei der Befragung. In Abb. 37 wurde der Abfluss der Tränke mit einem Hahn ausge-
stattet. Dadurch können die Stiefel an dieser Stelle gewaschen werden und dadurch wird mehr-
mals täglich die Tränke kontrolliert und je nach Verschmutzung geputzt.
Abb. 37: Abfluss der Tränke mit regulierbarem Wasserhahn ausgestattet
4.6 Wirkungsvolle Anpassungen für Kühe in besonderen Situationen
Im Laufstall ist die Abkalbebucht gemäss Schweizer Tierschutzverordnung (TSchV; SR 455.1; AS
2008) Vorschrift. In Anbindeställen besteht keine Verpflichtung, sie wird aber von Beratern emp-
fohlen. In einer Abkalbebucht kann die Kuh ihre optimale Liegeposition unter der Geburt selber
bestimmen und wird nicht durch die Anbindevorrichtung eingeschränkt. Einige der besuchten
Betriebe haben eine stressfreie Abkalbelinie im Anbindestall eingerichtet, wie dies beispielsweise
in Abb. 38 zu sehen ist. Dabei können bis zu drei Kühe auf einer Kalkstroh-Matratze mit separa-
tem Fressbereich im Anbindestall gehalten werden. Dank der Kalkstroh-Matratze können die Kü-
he während wie auch nach der Geburt auf der griffigen Matratze wieder aufstehen. Dies ohne
jegliche Behinderung durch die Stalleinrichtung. Das verbessert laut Betriebsleiter den Start in
36a 36b
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eine erfolgreiche Laktation. Die Fressachse befindet sich bei diesem Betrieb auf ehemaligen Lä-
gern, der Durchgang ist in Abb. 38c zu sehen. Die Frischluftzufuhr im Liegebereich ist maximal
(Abb. 38a) und kann mit einem Schiebetor (Abb. 38b) einfach reguliert werden. Die praktische
Einrichtung ermöglicht ebenfalls eine rasche und unkomplizierte Entmistung bei Bedarf.
g g g Abb. 38: Stressfreier Abkalbebereich im Anbindestall
Folgend werden weitere praktische Beispiele von neuerrichteten stressfreien Abkalbelinien in
Lauf- und Anbindeställen aufgezeigt. Abb. 39 zeigt die stressfreie Abkalbelinie in einem Betrieb
mit 14 Milchkühen. Die hochträchtige Kuh frisst an der gleichen Achse wie die laktierenden Kü-
he.
Abb. 39: Abkalbelinie in Anbindestall an erweiterter Fressachse der Milchkühe
In Abb. 40 ist die Abkalbelinie in einem bestehenden Stall zu sehen. Auf Kosten von Liegeboxen
im Innern des Stalles, wurde eine Tiefstrohfläche errichtet (Abb. 40a). Das schwenkbare Tor (gel-
ber Pfeil) bleibt für den Melkvorgang geschlossen und kann danach einfach wieder geöffnet wer-
den. Somit hat die hochtragende Kuh Kontakt zur Herde und kann an derselben Fressachse fres-
sen (Abb. 40b). Zudem kann die Kuh problemlos alleine in den Melkstand und wieder zurückge-
führt werden ohne Hilfe einer Zweitperson.
38a 38b 38c
39a 39b
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Abb. 40: Neu errichtete Abkalbelinie integriert in bestehendem Laufstall
Die neue Abkalbebucht in Abb. 41 wurde mit Hilfe von zwei fahrbaren Schwenkgittern errichtet.
Das Schwenkgitter in Abb. 41a kann beim Melken (Melkstandeingang links, Warteraum auf
gummierter Fläche) geschlossen werden. Dadurch werden die Kühe in der Abkalbebucht auf dem
Tiefstreubereich für kurze Zeit eingesperrt. Das fahrbare Fressgitter der Abkalbebucht (Abb.
41b) kann zum Entmisten oder Füttern ebenfalls gesenkt werden. Dies ist eine sehr einfache,
aber wirkungsvolle Konstruktion einer stressfreien Abkalbelinie in der Praxis.
Abb. 41: Abkalbebucht mit schwenkbarem Fressgitter als Zweiraumsystem in Laufstall
Auf dem Betrieb in Abb. 42 wurde in eine Abkalbebox (Abb. 42a) und eine Krankenbucht (Abb.
42b) investiert. Die Abkalbebox war vorgängig im alten Stallteil integriert, lag jedoch ausser
Sicht- und Hörweite der übrigen Herde. Gemäss Betriebsleiter waren die Kühe so teilweise ge-
stresst, da sie von der Herde getrennt wurden. Die neue Abkalbebucht ist nun im Stall integriert.
Die Bucht für Kühe mit „besonderen Bedürfnissen“ wie beispielsweise angeschlagene Kühe auf-
grund Stoffwechsel- oder Klauenproblemen können in dieser Bucht untergebracht werden. Die
griffige Kalkstroh-Matratze ohne Einschränkungen durch Liegeboxenbügel etc. erlaubt der Kuh
problemloses Aufstehen und gibt ihr die Chance schnell wieder gesund zu werden. Der Sichtkon-
takt zur Herde ist hier immer gewährleistet.
40a 40b
41a 41b
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Abb. 42: Abkalbebox (42a) und Krankenbucht (42b) in einem Stall
In Neubauten mit Melkroboter ist die stressfreie Abkalbelinie nicht mehr wegzudenken. Dabei
wird diese so gestaltet, dass Kühe rund um die Abkalbung an der gleichen Fressachse wie die
restliche Herde fressen und selbständig in den Roboter und wieder zurückgehen können. Somit
können die Tiere beispielsweise auch über die Selektion gerade in den Special-Needs oder Abkal-
bebereich selektiert werden oder umgekehrt. Auf dem Betrieb in Abb. 43 wurde in den beste-
henden Laufstall ein Roboter eingebaut und zugleich eine stressfreie Abkalbe- und Krankenbox
für drei bis vier Kühe errichtet.
Abb. 43: Stressfreier Abkalbereich mit Zugang zum Melkroboter
Ein weiterer Betrieb mit neuerrichteter Abkalbelinie ist in Abb. 44 zu sehen. Der Bereich mit Tief-
streu wurde so optimiert, dass der Sichtkontakt einerseits über die Fressachse (Abb. 44a), aber
auch über die Liegefläche (Abb. 44b) gewährleistet wurde. Zudem hilft die neu integrierte Video-
kamera einerseits für die Beobachtung bei Geburten bereits im Haus oder auch zur Überwachung
des Brunstverhaltens während der Nacht. Gemäss Aussagen des Betriebsleiters wird die Nachtse-
quenz jeden Morgen vor Melkbeginn im Schnelldurchgang auf Auffälligkeiten überprüft.
42a 42b
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Abb. 44: Abkalbelinie als Zweiraumsystem mit Videoüberwachung
Die positiven Erfahrungen der Landwirte mit der stressfreien Abkalbelinie haben bereits viele
weitere Landwirte überzeugt. Folgende wichtige Punkte wurden von den Landwirten mehrfach
erwähnt: Der Sichtkontakt der Kuh zur Herde muss in jeder Position (auch liegend) gewährleistet
werden. Damit wird der Kuh eine sichere Umgebung für die Geburt geschaffen. Der Boden sollte
aus einer griffigen Matratze bestehen, damit die Kuh nach grosser Anstrengung genügend Halt
und dadurch weniger Probleme mit dem Aufstehen hat. Neben dem Fressen an der verlängerten
Fressachse der Herde spielt auch die Zugänglichkeit der Abkalbebox für die Landwirte eine wich-
tige Rolle. Die Box sollte einfach erreichbar sein, einerseits bei einem Notfall und andererseits
auch für die Entmistung. In vielen Betrieben werden die Abkalbebuchten auch als Krankenbuch-
ten, wie etwa bei Klauenproblemen etc., genutzt. Wie wichtig die Aufmerksamkeit für Kühe rund
ums Abkalben, aber auch für kranke Kühe ist, wird von Hulsen (2012b) mehrfach erwähnt.
Manser (2015a, Persönliche Mitteilung) bestätigt dies mit seiner Aussage, dass 80 Prozent aller
gesundheitlichen Probleme der Milchkuh in der Transitphase entstehen. Die kritischsten Phasen
sieht er in der ersten Woche der Galtphase, bis die Kuh definitiv trocken ist und in der 2. Hälfte
der Galtphase, sobald die Milchproduktion wieder einsetzt. Diese Aspekte wurden im Gespräch
teilweise auch von den Landwirten als Grund für die Einrichtung der stressfreien Abkalbelinie
erwähnt.
44a 44c 44b
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4.7 Schätzung der Kosten für die Anpassungen
Die Anpassungen im Stall wurden fast ausschliesslich mit Eigenleistung getätigt, daher sind nur
die zusätzlichen Kosten für Material oder Drittleistungen pro Kuhplatz in Abb. 45 aufgeführt. Die
Kosten sind nach Anbinde- und Laufställe aufgeteilt und in vier Kategorien zwischen null und
4000 CHF pro Kuhplatz eingeteilt. Sieben Betriebe konnten aus diversen Gründen keine Angabe
zum Investitionsaufwand machen. Die Zahlen basieren auf Schätzungen der Betriebsleiter.
Abb. 45: Investitionskosten der Anpassungen im Stall exklusive Eigenleistung in Schweizer Franken [CHF]
Interessant ist zu sehen, dass sich die meisten Anpassungen mit einem Budget von bis zu 1000
CHF pro Kuhplatz realisieren liessen (26 von 36 Betrieben). Dies gibt ohne genaue Rückverfolg-
barkeit der Zahlen einen Hinweis darauf, dass die Anpassungen im Vergleich zu einem Neubau
mit einem kleinen Kostenaufwand realisiert wurden. Unter dem täglichen Kostendruck verdient
der Landwirt in einem bestehenden Stall am meisten Geld. Bei guter Bausubstanz des alten Stalls
(Anbinde- und Laufstall) und geringem Vergrösserungspotential lohnt es sich, den Stall gemäss
den Bedürfnissen der Kuh anzupassen. Auch wenn dabei gewisse Kompromisse eingegangen
werden und die Arbeitseffizienz im alten Stall nicht immer verbessert werden kann. Optimierte
Ställe können bezüglich Tierwohl auch mit Neubauten mithalten.
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4.8 Einschätzung der Landwirte über Veränderungen seit dem Umbau
In Tab. 10 sind die Erfahrungswerte der Landwirte zu den Veränderungen nach den wirkungsvol-
len Anpassungen des Haltungssystems zusammengefasst. Die Einschätzung zur Tiergesundheit
fiel sehr positiv aus. Einige Betriebsleiter konnten aufgrund der kurzen Zeitspanne seit der An-
passung (zwischen drei bis sechs Monate) noch keine klare Veränderung feststellen. Eine verbes-
serte Tiergesundheit bringt auch einen geringeren Antibiotikaverbrauch mit sich. Dieser Aspekt
ist in der heutigen Zeit von grosser Bedeutung (BAG 2014). Das oberste Ziel der Strategie Antibi-
otikaresistenzen (StAR) ist es, den Antibiotikaverbrauch zu reduzieren und damit die Wirksamkeit
für Mensch und Tier in Zukunft zu sichern (ebd.).
Tab. 10 : Einschätzungen der Landwirte zu positiven, gleichbleibenden oder negativen Veränderungen seit
der Anpassung
Veränderungen nach Anpassung Anbindestall (n=23) Laufstall (n=13)
Tiergesundheita
+ besser (19) + besser (10)
= gleich (4) = gleich (3)
‐ schlechter (0) ‐ schlechter (0)
Liegezeit + länger (22) + länger (12)
= gleich (1) = gleich (1)
‐ kürzer (0) ‐ kürzer (0)
Bedarf an Einstreu + weniger (1) + weniger (2)
= gleich (5) = gleich (10)
‐ mehr (17) ‐ mehr (1)
Sauberkeit Kühe + besser (9) + besser (2)
= gleich (10) = gleich (10)
‐ schlechter (4) ‐ schlechter (1)
Ø Herdenleistungb in kg Milch (n=18) ++ deutlich mehr (3) ++ deutlich mehr (2)
+ mehr (5) + mehr (1)
= gleich (4) = gleich (2)
‐ leicht weniger (1) ‐ leicht weniger (0)
+ Verbesserung = gleichbleibend ‐ Verschlechterung
a Veränderungen bezüglich allg. Gesundheitszustand, Gelenksveränderungen, Stoffwechsel, Klauen- und Eutergesundheit b Rückmeldung im Februar 2015 von insgesamt 13 Anbindeställen und 5 Laufställen; deutliche Milchzunahme (mehr als 500 kg); Zunahme (mehr als 200 kg); mehr oder weniger gleich (+/- 200 kg) bis leichte Abnahme (bis -200 kg)
In allen besuchten Betrieben wurde der Liegebereich verbessert. Das zeigt sich klar in der Ein-
schätzung der Liegezeit. Bis auf zwei Betriebe beobachteten alle eine Verlängerung bzw. höhere
Frequenz der Liegephasen innert kurzer Zeit nach der Anpassung. Dies zeigt die Relevanz eines
optimalen Liegebereiches, den die Kühe auch sehr schnell angenommen haben. Im Anbindestall
wurde ein höherer Bedarf an Einstreumaterial in 17 Fällen festgestellt. Im Laufstall blieb der Be-
darf mehr oder weniger gleich. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in Anbindeställen meist eine
grössere Veränderung im Einstreubereich vorgenommen wurde. Die Kalkstroh-Matratze im Ver-
gleich zur Gummimatte war gemäss Aussagen der Betriebsleiter arbeitsintensiver und der Ein-
streubedarf nahm vor allem am Anfang stark zu. Hier wurde oft erwähnt, dass die Kalkstroh-
Matratze erst nach drei bis sechs Monaten so richtig griffig und optimal wurde.
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Vor allem in der Anfangsphase war Geduld gefragt. Die Aussagen bestärken aber, dass sich der
Aufwand für das Wohlbefinden der Kuh längerfristig lohnt. Die meisten Landwirte beobachteten
betreffend Hygiene keinen grossen Unterschied. Im Anbindestall waren neun Betriebsleiter der
Meinung, dass die Kühe sauberer sind als vorher. In fünf Aufstallungssystemen hat sich die Sau-
berkeit der Kühe leicht verschlechtert. Dies kann mit dem Wechsel zur Kalkstroh-Matratze und
deren noch nicht optimaler Kompaktheit zusammenhängen. Zudem sind die Ansprüche der
Landwirte bezüglich der sauberen Kuh sehr unterschiedlich und die Aussagen auch mit persönli-
chen Vorstellungen von Sauberkeit verknüpft.
Veränderungen der durchschnittlichen Herdenleistung von Januar 2014 bis Januar 2015 wurden
per Mail erfragt, dabei sind 18 Rückmeldungen eingegangen. Elf Betriebe konnten eine Zunahme
von mehr als 200 kg Milch bis zu einer deutlichen Zunahme von mehr als 500 kg Milch des Her-
dendurchschnitts feststellen. Die Betriebsleiter erwähnten jedoch, dass es schwierig ist, diese
Beobachtung einem Aspekt zuzuordnen. So können im Vergleich über zwei Jahre die Futter-
grundlage und der Tierbestand mehr oder weniger stark schwanken. Grundsätzlich schreiben die
Landwirte die Zunahme der Milchleistung der bedürfnisgerechten Anpassung zu.
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5 Gesamtdiskussion
Milchviehhalter haben ein grosses Interesse daran, durch bedürfnisgerechte Haltung und Pflege
die Gesundheit der Tiere zu verbessern und dadurch eine gute Leistungsbereitschaft der Kühe zu
sichern (Sanftleben et al. 2007). Dies zeigte sich ebenfalls in der Befragung der 36 Betriebsleiter.
In den Gesprächen wurde klar, dass sich die Anpassung des Haltungssystems auf verschiedenen
Ebenen positiv ausgewirkt hat. Nach ersten Einschätzungen der Betriebsleiter zeigten sich Ver-
änderungen in steigender Milchleistung, verbesserter Tiergesundheit und dadurch abnehmen-
dem Tierarzneimittelverbrauch.
Einschlägige wissenschaftliche Ergebnisse von Wierenga (1991), Cook et al. (2004), Hulsen
(2004) oder auch Sanftleben et al. (2007) bestätigten die Wichtigkeit des natürlichen Liegebe-
dürfnisses einer Kuh. Die Landwirte beobachteten nach der Optimierung des Liegebereiches län-
gere Liegephasen, artgerechtes Abliegen und Aufstehen und eine Abnahme haltungsbedingter
Schäden wie Verletzungen an Sprunggelenken, Eutergelenken und Knien.
Gewisse Bedenken vor dem Umbau wie z.B. «wird es auch funktionieren ohne Wand?» wurden
von einigen Landwirten geäussert. Die Argumente und positiven Beispiele von Berufskollegen
sowie die geringen Investitionskosten überzeugten die Landwirte jedoch. Es war möglich, bereits
mit minimalen Massnahmen wirkungsvoll zum Wohle der Kuh beizutragen. Ein weiterer Ent-
scheidungsfaktor für die Optimierung war eine Vielzahl von Verletzungen oder sonstigen Erkran-
kungen in den bestehenden Systemen. Dies schlug auf das Gemüt der Landwirte. Es führte sogar
soweit, dass einige mit der Entscheidung für oder gegen Milchkühe haderten. Die positive Aus-
wirkung der Stallanpassungen führte gemäss der Betriebsleiter zu einer steigenden Arbeitszu-
friedenheit und einer erhöhten Lebensqualität. Die Zeit, die man mit Risikotieren verbringt,
macht gemäss Hulsen (2012b) bis zu 80 Prozent der täglichen Arbeit aus. Es ist gemäss Landwir-
te nicht die tägliche Arbeitszeit die zählt, sondern die eingesparte jährliche Arbeitszeit durch
weniger Patienten und langlebigere Kühe im Stall.
Der höhere Arbeitseinsatz beim Einbau einer Kalkstroh-Matratze war in den ersten zwei Monaten
anspruchsvoll, bis sich eine kompakte Matratze entwickelte. Die Landwirte waren sich einig, dass
sich die Geduld lohnt. Auch die Kühe brauchten eine gewisse Anpassungszeit an das optimierte
System. Eine gute Unterstützung von Berater oder Berufskollegen in der heiklen Anfangsphase ist
auf jeden Fall sehr hilfreich. Bis auf zwei Biobetriebe waren alle Ställe mit einem Kuhtrainer aus-
gestattet. Ob eine Kalkstroh- oder eine Strohmist-Matratze auch ohne diese Steuerungseinrich-
tung den Hygienevorschriften genügen würde, wurde von den Betriebsleitern ohne biologische
Produktion kritisch beurteilt. Dass es sich auf alle Fälle lohnt die Kalkstroh-Matratze einzubauen,
berichten Landwirte, die schon seit zwei bis drei Jahren Erfahrungen gesammelt haben. Die bes-
sere Tiergesundheit und das artgerechte Aufstehen und Abliegen spart viel Zeit in der individuel-
len Tierbetreuung. Die Beobachtungen der Landwirte decken sich mit bisherigen wissenschaftli-
chen Untersuchungen.
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Die Anpassungslösungen beweisen, dass in der Optimierung von Tierwohl in bestehenden Stäl-
len noch viel Potential liegt. Die positiven Auswirkungen auf das Verhalten und die Gesundheit
der Milchkühe wird längerfristig auch die Langlebigkeit und die Remontierungsrate beeinflussen.
Anbindeställe werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle für kleinstrukturierte Betriebe mit viel
Weidegang oder Alpung spielen. Das Optimierungspotential von Anbindeställen ist ebenso gross,
wie das bestehender Laufställe. Es sollte in Zukunft in jedem Fall verhindert werden, dass be-
kannte Fehler, die in bestehenden Ställen optimiert wurden, in Neubauten wieder gemacht wer-
den. Zu guter Letzt hat dies für die Betriebsleiterfamilie positive wirtschaftliche sowie persönli-
che Konsequenzen.
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6 Schlussfolgerung
Ziel der Arbeit war die Präsentation praxistauglicher Lösungen zu wirkungsvollen Anpassungen
von Haltungssystemen für Milchkühe. Die Gründe für die Anpassungen wie auch erste Erfahrun-
gen der Landwirte wurden ebenfalls erfasst und ausgewertet. Folgende Schlussfolgerungen kön-
nen gezogen werden:
Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungssystemen an die Bedürfnisse der Milchkuh
In der Optimierung bestehender Anbinde- und Laufställe ist viel Potential vorhanden
Schlechter Liegekomfort und störende Einrichtungen führen vielfach zu unnatürlichen Verhal-
tensweisen und Verletzungen am Tier
Beurteilung des Haltungssystems von unabhängiger Fachperson ist lohnenswert
Wirkungsvolle Anpassungen lassen sich kostengünstig realisieren
Genauer hinschauen und handeln bezahlt sich in jedem Fall aus
Sichtbare Verbesserung der Tiergesundheit und der natürlichen Verhaltensweisen zeigten
sich durch bedürfnisgerechte Anpassungen
Die Betriebsleiter bestätigten positive Auswirkungen der Anpassungen auf das Verhalten und die
Gesundheit
Verlängerte Liegezeiten und natürliches Aufsteh- und Abliegeverhalten resultierten
Verletzungen und Schwellungen an Gelenken gingen offensichtlich zurück
Moderner Stallbau orientiert sich an den Grundbedürfnissen der Milchkuh
Das Liegebedürfnis der Milchkuh ist enorm
Ruhe und Raum sind die Eckpfeiler jedes Haltungssystems für Milchkühe
Speziell Kühe in besonderen Situationen (Transitphase, lahme Tiere…) brauchen genügend Raum
sowie angepasste Ruhemöglichkeiten
Berufszufriedenheit steigt mit gesunden Kühen
Gesunde Tiere im Stall brauchen weniger Tierarzneimittel und geben weniger Aufwand
Gesunde Tiere zeigen ein erhöhtes Leistungspotential
Gesunde Tiere führen zu mehr Freude an der Tierbetreuung und der Milchproduktion
Diese Arbeit zeigt auf, dass durch innovative und praxistaugliche Lösungen bestehende Hal-
tungssysteme bedürfnisgerecht angepasst werden können. Die Besuche der 36 Betriebe zeigten
eindeutig, dass die Optimierungslösungen betriebsspezifisch sein müssen, damit sie erfolgreich
umgesetzt werden. Denn nur so passt die Lösung zur individuellen Betriebsstrategie und zum
Betriebsablauf und der Betriebsleiter wird mit Überzeugung dabei sein. Die Herausforderung in
Zukunft besteht darin, das vorhandene Wissen über die Grundbedürfnisse der Milchkuh und da-
rauf ausgerichtete Haltungssysteme in alle Um- und Neubaupläne zu transferieren. Es darf nicht
sein, dass im 2015 noch Ställe gebaut werden, die nicht den Bedürfnissen der Milchkühe ent-
sprechen und dadurch zu offensichtlichen Schäden am Tier führen.
Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 53
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Zeeb K, 1987. Wieviel Lauffläche brauchen Milchkühe? Tierzüchter, 39, 169–170.
Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 58
8 Dank
Ein herzlicher Dank gebührt in erster Linie meinem Betreuer seitens HAFL Dr. med. vet. Samuel
Kohler für die Unterstützung des Projekts und die Freiräume während der Realisation dieser Ar-
beit.
Ausserordentlich danken möchte ich zudem Christian Manser des Landwirtschaftlichen Zentrums
SG für die wertvolle Mithilfe bei der Betriebssuche sowie den offenen Informationsaustausch und
die fachliche Unterstützung während der Arbeit.
Den 36 Betriebsleiterfamilien ein überaus grosses Merci für die offenen Stalltüren sowie die ehr-
lichen und wertvollen Praxistipps rund um ihr Haltungssystem. Ohne Sie wäre diese Arbeit nicht
möglich gewesen. Herzlichen Dank und weiterhin viel Freude und Glück in Haus, Hof und Stall!
Zu guter Letzt bedanke ich mich herzlich bei Anita Gstöhl für das sorgfältige Korrekturlesen,
sowie Danja Wiederkehr und Erwin Büsser für die weitere Unterstützung bei der Entstehung die-
ser Arbeit.