wirkungsvolle anpassungen von haltungs- systemen an die

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Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die Bedürfnisse der Milchkuh Master Thesis Vorgelegt von Nathalie Roth Eingereicht bei Dr. med. vet. Samuel Kohler (Betreuer) Ing. Agr. ETH Christian Manser (Co-Experte) Ort und Datum Zollikofen, den 28. Mai 2015 Bern University of Applied Sciences School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL Master of Science in Life Sciences / Applied Agricultural and Forestry Sciences

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Page 1: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs-systemen an die Bedürfnisse der Milchkuh

Master Thesis

Vorgelegt von Nathalie Roth

Eingereicht bei Dr. med. vet. Samuel Kohler (Betreuer)

Ing. Agr. ETH Christian Manser (Co-Experte)

Ort und Datum Zollikofen, den 28. Mai 2015

Bern University of Applied Sciences

School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL

Master of Science in Life Sciences / Applied Agricultural and Forestry Sciences

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Selbstständigkeitserklärung

Durch meine Unterschrift erkläre ich, dass

- ich den «Verhaltenskodex HAFL zur Verwendung von Informationsquellen» kenne und mir

die Konsequenzen bei dessen Nichtbeachtung bekannt sind,

- ich diese Thesis in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen erstellt habe,

- ich diese Thesis persönlich und selbstständig erstellt habe.

Ort, Datum ….……………………………………………………………………

Unterschrift ………………………………………………………………………....

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Inhalt

Zusammenfassung  

1  Einleitung und Ziel der Arbeit 1 

2  Stand der Forschung 2 

2.1 Aufstallung von Milchvieh in der Schweiz 2 

2.2 Tierwohl und gesetzliche Mindestvorgaben 3 

2.3 Bedürfnisse der Milchkuh 4 

2.4 Raum- und Ruhebedürfnis der Milchkuh 4 

2.4.1 Wichtigkeit der Laufflächengestaltung 4 

2.4.2 Wichtigkeit der Abmessungen im Liegebereich 6 

2.4.3 Wichtigkeit der Liegeunterlage 10 

2.5 Luft- und Lichtbedürfnis der Milchkuh 13 

2.6 Futter- und Wasserbedürfnis der Milchkuh 13 

2.7 Kühe in besonderen Situationen 14 

2.8 Erhebung der Tiergerechtheit in Haltungssystemen 15 

2.8.1 Gesundheitsspezifische Indikatoren zur Bewertung von Tierwohl 16 

2.8.2 Verhaltensspezifische Indikatoren zur Bewertung von Tierwohl 17 

3  Material und Methoden 19 

3.1 Zielgruppe und Stichprobe 19 

3.2 Befragungsdesign 19 

3.3 Vorgehen und Durchführung der Datenaufnahme 20 

3.4 Datenverarbeitung 21 

4  Resultate und Einzeldiskussion 22 

4.1 Struktur der beteiligten Betriebe 22 

4.2 Gründe für die Anpassung des Haltungssystems 23 

4.3 Wirkungsvolle Anpassungen an das Raum- und Ruhebedürfnis der Milchkuh 24 

4.3.1 Anpassungen der Laufflächengestaltung 24 

4.3.2 Anpassungen der Abmessungen im Liegebereich 27 

4.3.3 Anpassungen der Liegeunterlage 33 

4.4 Wirkungsvolle Anpassungen an das Luft- und Lichtbedürfnis der Milchkuh 37 

4.5 Wirkungsvolle Anpassungen an das Futter- und Wasserbedürfnis der Milchkuh 40 

4.6 Wirkungsvolle Anpassungen für Kühe in besonderen Situationen 42 

4.7 Schätzung der Kosten für die Anpassungen 47 

4.8 Einschätzung der Landwirte über Veränderungen seit dem Umbau 48 

5  Gesamtdiskussion 50 

6  Schlussfolgerung 52 

7  Literaturverzeichnis 53 

8  Dank 58 

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Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL III

Abkürzungsverzeichnis

AS Anbindestall

BCS Body Condition Score

BTS besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme

bzw. beziehungsweise

CHF Schweizer Franken

ebd. ebenda

etc. et cetera

inkl. inklusive

LS Laufstall

RAUS regelmässiger Auslauf im Freien

TGI Tiergerechtigkeitsindex

z.B. zum Beispiel

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Verlauf der Anteile von Rindvieh in Anbinde- bzw. Laufställen basierend auf Statistiken des Schweizerischen Bauernverbands (1991 - 2008) und einer Expertenschätzung (Quelle: Schrade et al. 2011) 2 Abb. 2: Zusammenhang zwischen Liegezeit und Milchleistung von Milchkühen (Quelle: Grant 2007) ........... 7 Abb. 3: Aufstehvorgang einer Kuh mit Kopfschwung ohne Einschränkungen (Quelle: Bachschweller 2009). 10 Abb. 4: Anzahl Schäden pro 100 Tiere der verschiedenen Liegeflächen, unterteilt in die einzelnen Schadenskategorien im Vergleich zu Literaturwerten (Daten Strohmist-Matratze, Komfortmatte, loses Stroh und Gummimatte: Buchwalder 1999, Schaub et al. 1999) (Quelle: Zähner et al. 2009) ................................ 11 Abb. 5: Sampling und Stichprobenauswahl für die Durchführung der Interviews ........................................ 19 Abb. 6: Vorgehensweise der Datenaufnahme auf 36 Praxisbetrieben .......................................................... 20 Abb. 7: Rutschfester Rasenteppich im Stallgang von Anbindeställen ........................................................... 25 Abb. 8: Quergänge ohne geschlossene Seitenwände ................................................................................... 26 Abb. 9: rutschfeste Gummimatten im Warteraum (9a) und auf Treppenaufstieg in Melkstand (9b) .............. 26 Abb. 10: Gummimatte (10b) beim Ausgang vom Abkalbebereich zur Fressachse (10a) ............................... 27 Abb. 11: Anbindeställe ohne Seitenbügel mit unterschiedlicher Anbindevorrichtung .................................. 27 Abb. 12: verbesserter Schwungraum nach der Entfernung des Kopfrohres .................................................. 28 Abb. 13: Entfernung der Holzwand für mehr Schwungraum und Luftqualität im Kopfbereich ...................... 28 Abb. 14: Flexibler Gummilappen als Abtrennung zwischen Fress- und Liegebereich ................................... 29 Abb. 15: Verlängerung des Halsrahmens mit Kette und altem Gülleschlauch .............................................. 29 Abb. 16: Individuell verstellbare Anbindevorrichtung mit Kette (umrandet mit Plastikrohr) ......................... 30 Abb. 17: Variante einer Ketten-Anbindevorrichtung mit maximaler Kopffreiheit .......................................... 30 Abb. 18: Entfernung einschränkender Bauelemente im Kopfbereich von Liegeboxen .................................. 31 Abb. 19: Aufwändiger Anbau für mehr Schwungraum in Stall an Hang ........................................................ 31 Abb. 20 : Aussenliegeboxen mit maximal Luft und Licht ............................................................................. 31 Abb. 21: Neuausrichtung der Liegeboxen mit vergrössertem Schwungraum ............................................... 32 Abb. 22: Zwei verschiedene Varianten (22a bzw. 22b) von einem flexiblen Nackenband mit Spanset .......... 32 Abb. 23: Erhöhung des starren Nackenrohrs mit Aufsatz ............................................................................ 32 Abb. 24: Einbau Kalkstroh-Matratze ohne (24a) und mit (24b) Verlängerung des Lägers ............................. 34 Abb. 25: Unterschiedliche Höhe des Abschlussbrettes der Kalkstroh-Matratze abhängig von der Einbauart 34 Abb. 26: Strohmist-Matratze mit Langstroh im Anbindestall ....................................................................... 35 Abb. 27: Neue Liegeboxeneinrichtungen mit Kalkstroh-Matratze als Liegeunterlage ................................... 36 Abb. 28: Grossraumventilator zur Verbesserung der Luftzirkulation im Stall ............................................... 37 Abb. 29: Klappbarer Ventilator für flexible Tenndurchfahrt im Anbindestall ............................................... 38 Abb. 30: Schliessbare Fensterseite bei extremen Witterungsverhältnissen .................................................. 38 Abb. 31: Einfache Handhabung von Vliesfenster bei extremen Witterungsbedingungen .............................. 39 Abb. 32: Offene Fenster (32a) bzw. geöffnete Innenwand (32b) für bessere Bedingungen im Stall .............. 39 Abb. 33: Anbindestall mit offenem Scheunentor im Winter ......................................................................... 39 Abb. 34: Entfernte Seitenwände zur besseren Luftzirkulation im Anbindestall ............................................ 40 Abb. 35: Neue Tränkebecken im Anbindestall mit erhöhter Wasserdurchflussrate ...................................... 41 Abb. 36: Tränkebecken mit einer Wasserspiegelhöhe von 60 cm im Laufstall ............................................. 42 Abb. 37: Abfluss der Tränke mit regulierbarem Wasserhahn ausgestattet ................................................... 42 Abb. 38: Stressfreier Abkalbebereich im Anbindestall ................................................................................. 43 Abb. 39: Abkalbelinie in Anbindestall an erweiterter Fressachse der Milchkühe .......................................... 43 Abb. 40: Neu errichtete Abkalbelinie integriert in bestehendem Laufstall ................................................... 44 Abb. 41: Abkalbebucht mit schwenkbarem Fressgitter als Zweiraumsystem in Laufstall ............................. 44 Abb. 42: Abkalbebox (42a) und Krankenbucht (42b) in einem Stall ............................................................. 45 Abb. 43: Stressfreier Abkalbereich mit Zugang zum Melkroboter ................................................................ 45 Abb. 44: Abkalbelinie als Zweiraumsystem mit Videoüberwachung ............................................................. 46 Abb. 45: Investitionskosten der Anpassungen im Stall exklusive Eigenleistung in Schweizer Franken [CHF] 47 

Page 6: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

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Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Mindestanforderungen an Laufgänge (cm) in der Schweiz und in Österreich ..................................... 5 Tab. 2: Angaben zu Abmessungen von Liegeboxen (cm) in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland .. 8 Tab. 3: Vorgaben zu Mindestabmessungen in Anbindeställen (cm) in der Schweiz und in Österreich ............ 9 Tab. 4: Liegezeit und ihre Abhängigkeit von unterschiedliche Faktoren (Quelle: nach Nuss und Weidmann 2013, verändert) ......................................................................................................................................... 12 Tab. 5: Mögliche Evaluationsparameter zur Bewertung des Gesundheitszustandes von Milchkühen (Quelle : nach Roth 2013, verändert) ......................................................................................................................... 16 Tab. 6: Mögliche Evaluationsparameter zur Bewertung des Verhaltens von Milchkühen (Quelle: nach Roth 2013, verändert) ......................................................................................................................................... 17 Tab. 7: Betriebsstruktur der 36 befragten Milchviehbetriebe mit Anpassungen des Haltungssystems ......... 22 Tab. 8: Genannte Gründe für die Anpassungen des Haltungssystems ......................................................... 23 Tab. 9: Stärken-Schwächen-Analyse der Tiergesundheit auf den besuchten Betrieben ................................. 24 Tab. 10 : Einschätzungen der Landwirte zu positiven, gleichbleibenden oder negativen Veränderungen seit der Anpassung ............................................................................................................................................ 48 

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Zusammenfassung

Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungssystemen an die Bedürfnisse der Milchkuh

Nathalie Roth, Zollikofen 2015

Das Ziel der Masterthesis war, wirksame und praxistaugliche Lösungen zur bedürfnisgerechten

Verbesserung von Haltungssystemen der Milchkühe zu präsentieren und die Auswirkungen für

die Praxis aufzuzeigen. Hierzu wurden wissenschaftliche Studien zu Themen «natürliche Bedürf-

nisse der Kuh und Anforderungen an das Haltungssystems» mit Anpassungen und Erfahrungen

in der Praxis verglichen.

Im Rahmen der Thesis wurden insgesamt 36 Betriebsleiter interviewt. Auf den besuchten Betrie-

ben wurde das Haltungssystem zwischen 2010 und 2014 an die Bedürfnisse der Milchkuh ange-

passt. Die Veränderungen wurden schriftlich sowie mit Fotos dokumentiert und die Betriebs-

leiterfamilien zu ersten Erfahrungen aufgrund der Anpassungen befragt. Ebenfalls waren die

Gründe für die Umsetzung wie auch die Zufriedenheit mit dem jetzigen System relevante The-

men bei der Visite.

Die Wichtigkeit des Haltungssystems für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Milchkuh

wird oft unterschätzt. Besonders der Liegebereich spielt eine zentrale Rolle. Die negativen Kon-

sequenzen von mangelhaftem Liegekomfort wurden in der Literatur mehrmals beschrieben und

von den Landwirten bestätigt. Gesundheitliche Probleme der Kühe waren oft genannte Beweg-

gründe eine Optimierung vorzunehmen. Die praxiserprobte Wirkung von einfachen und kosten-

günstigen Anpassungen an die Bedürfnisse der Kuh, überzeugte die Landwirte schlussendlich

den eigenen Stall zu optimieren. Auf 34 Betrieben wurden nach Einschätzungen der Landwirte

bereits innert kurzer Zeit längere Liegephasen und artgerechtes Abliegen und Aufstehen beo-

bachtet. Auch die Tiergesundheit verbesserte sich gemäss ersten Erfahrungen der Betriebsleiter.

Insbesondere wurde ein Rückgang der entzündlichen Veränderungen der Gelenke festgestellt.

Die wirkungsvollen Anpassungen des Haltungssystems haben daher auch positive Auswirkungen

auf den Einsatz von Antibiotika, längerfristig auf die Langlebigkeit der Kühe und die Möglichkeit

Aufzuchttiere zu verkaufen. Zusätzlich wurde eine Tendenz zu höheren Milchleistungen beo-

bachtet. Eine wichtige Auswirkung war auch die zunehmende Freude an der Tierbetreuung und

die verbesserte Lebensqualität der Betriebsleiterfamilien, welche für die Zukunft des Betriebes

eine entscheidende Rolle spielt.

Gemäss den Resultaten dieser Studie ist das Optimierungspotential in bestehenden Milchvieh-

ställen enorm. Doch auch in aktuellen Neubauten sind nach wie vor Einrichtungen anzutreffen,

die nicht den natürlichen Bedürfnissen der Milchkühe entsprechen. Daher sollte ein spezielles

Augenmerk auf die Beratung in der Planungsphase gelegt werden, damit Baufehler in jedem Fall

von vornherein vermieden werden.

Keywords: animal welfare, animal health, animal behavior, housing systems, dairy cattle

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1 Einleitung und Ziel der Arbeit

In den letzten 25 Jahren war eine klare Tendenz zu steigenden Milchleistungen und zu grösseren

Kühen zu beobachten. Dies ist einerseits auf Fortschritte in der Zucht aber auch auf bessere

Kenntnisse rund um die Fütterung und um das Verhalten von Milchkühen zurückzuführen. Der

Anspruch an das Management und das Haltungsumfeld hat sich dadurch stark verändert. Gesun-

de Kühe brauchen genügend Raum, Ruhe, Licht, Luft, Futter und Wasser (Hulsen 2004).

Die Themen Antibiotikaeinsatz und Tierwohl sind auch in nicht landwirtschaftlichen Kreisen

hochaktuell (BAG 2014; MGB 2014; Stoll 2014; Hafner 2014; EFBS 2014). Das Haltungssystem

von Milchkühen beeinflusst erwiesenermassen das Verhalten, die Gesundheit und damit das

Wohlbefinden der Tiere wesentlich (Veissier et al. 2004; Uzal und Ugurlu 2010). Die Mindestan-

forderungen gemäss Schweizer Tierschutznormen sind in der Schweiz Standard. Dennoch sind

immer noch zu viele Verletzungen, Krankheiten oder auch abnormale Verhaltensweisen in Ställen

zu beobachten. Dies kann oftmals auf Mängel in der Haltung zurückgeführt werden (Nuss und

Weidmann 2013). Das Optimierungspotential bestehender Anbinde- und Laufställe ist gross.

Heute werden immer noch viele Ställe gebaut, die einzig auf die Einhaltung der Mindestnormen

ausgerichtet sind. Die Bedürfnisse der Kuh werden zu wenig berücksichtigt, trotz beschriebener

Problematik um Verletzungen und abnormalen Verhaltensweisen. Ein Umdenken ist hier zwin-

gend nötig. Das heisst nicht, dass die Mindestanforderungen angehoben werden müssen, son-

dern Anpassungen der Pläne im Sinne der Kuh getätigt werden sollen. Die fachkundige Unter-

stützung durch Berater ist hier gefordert. Nur so lassen sich Baufehler bei Neubauten vermeiden.

Ebenso wichtig sind vereinfachte Arbeitsabläufe für den Tierhalter. Optimierte Abläufe ermögli-

chen Freiräume für die Betriebsleiterfamilien, wodurch die Freude im täglichen Umgang mit den

Kühen noch grösser wird.

Es gibt viele Indikatoren und Indizes zur Beurteilung von Tierwohl. Es existieren jedoch wenige

Anleitungen für die Praxis, wie man in einem bestehenden oder auch neuen Stall den Bedürfnis-

sen der Milchkuh mit wirkungsvollen Anpassungen gerecht werden kann.

Folgende Fragen stellen sich:

Welche Grundbedürfnisse der Milchkühe sollten bei der Anpassung von Haltungssyste-

men berücksichtigt werden?

Wie kann der Landwirt seinen Stall im Sinne der Kuh wirkungsvoll optimieren?

Was hat die Landwirte dazu bewegt, ihren Stall anzupassen?

Welche Erfahrungen haben die Landwirte mit den Anpassungen gemacht?

Das Ziel dieser Thesis ist es, praxistaugliche Lösungen zur bedürfnisgerechten Verbesserung von

Haltungssystemen von Milchkühen zu präsentieren.

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Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 2

2 Stand der Forschung

2.1 Aufstallung von Milchvieh in der Schweiz

In der Schweiz sind Milchkühe in Anbinde- oder Laufställen eingestallt. Der Anteil der im Lauf-

stall gehaltenen Tiere hat in 20 Jahren von fünf Prozent im Jahr 1990 auf 40 Prozent im Jahr

2010 zugenommen (Schrade et al. 2011). Dies ist in erster Linie auf die grosse Anzahl Neubau-

ten mit einer steigenden Anzahl Kuhplätze zurückzuführen. Laufställe sind häufig mit Liegebo-

xen ausgestattet. Praktiziert werden aber auch Zweiraumsysteme, deren offene Liegeflächen mit

Stroh oder Kompost eingestreut sind und ohne Liegeboxenabtrennungen funktionieren. Tret-

mistställe werden in der Schweiz vorwiegend für die Mutterkuhhaltung oder die Grossviehmast

gebaut. Die freiwillige Teilnahme an tierwohlfördernden Ethoprogrammen wie BTS (=besonders

tierfreundliche Stallhaltungssysteme) und RAUS (=regelmässiger Auslauf im Freien) sind für Lauf-

stall-Betriebe möglich (Regula et al. 2000).

Die Auswertung von Schrade et al. (2011) in Abb. 1 zeigt, dass die Bedeutung von Anbindestäl-

len freilich abnimmt, aber auch im Jahre 2020 voraussichtlich noch ein Drittel aller Milchkühe in

obgenanntem System gehalten werden. Sie sind deshalb nach wie vor ein wichtiger Bestandteil

der Milchviehhaltung in der Schweiz. Betriebe mit Anbindehaltung können sich mit Weide und

Auslauf am RAUS-, jedoch nicht am BTS-Programm beteiligen. Im Berggebiet ist das Vergrösse-

rungspotential oftmals nicht vorhanden. Für kleinstrukturierte Betriebe mit Alpung und viel Wei-

degang im Sommer hat der Anbindestall auch in Zukunft durchaus seine Berechtigung.

Abb. 1: Verlauf der Anteile von Rindvieh in Anbinde- bzw. Laufställen basierend auf Statistiken des Schwei-

zerischen Bauernverbands (1991 - 2008) und einer Expertenschätzung (Quelle: Schrade et al. 2011)

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Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 3

2.2 Tierwohl und gesetzliche Mindestvorgaben

Der Begriff Tierwohl wird oft mit der Tiergerechtheit gleichgestellt (Elmiger 2005). Fraser et al.

(1997) zeigten drei Aspekte zur Erfassung von Tierwohl auf: 1. Das Tier kann ohne Einschrän-

kungen gute Leistungen erbringen (gute Gesundheit, bedarfsgerechte Fütterung etc.), 2. das Tier

fühlt sich wohl (keine Schmerzen oder schmerzverursachende Einrichtungen vorhanden etc.) und

3. das Tier kann ein möglichst artgerechtes Leben führen (Ausleben von natürlichen Verhaltens-

weisen wie Sozialkontakte pflegen, Weiden etc.). Diese drei Tierwohl-Aspekte sind auch in offizi-

ellen Definitionen, wie beispielsweise die der World Organization for Animal Health aufgeführt

und heute noch gebräuchlich. Ein Tier mit einem guten Welfare-Status wird demnach als gesund,

gut genährt, mit Möglichkeit zu natürlichem Verhalten und frei von Leiden wie Angst, Schmerz

oder Stress beschrieben (World Organisation for Animal Health 2014). Das entspricht den fünf

Freiheiten des europäischen Farm Animal Welfare Councils 0F

1.

Hulsen (2004) definiert mit dem Kuhsignale-Diamanten die sechs Grundbedürfnisse einer ge-

sunden Kuh: Futter und Wasser zur freien Verfügung, Licht und einwandfreie Luftqualität,

ausreichend Ruhe und Raum im Stall.

Gemäss Art. 3, Ziff. 1, Abs. 1 der Schweizer Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (TSchV;

SR 455.1; AS 2008) ist mit Tieren so umzugehen bzw. sind Tiere so zu halten, dass «..[..]..die

Körperfunktion und das Verhalten der Tiere nicht gestört werden und die Anpassungsfähigkeit

der Tiere nicht überfordert wird». Die Tierschutzvorschriften sind Minimalanforderungen. Sie

sind nicht gezielt auf den Aspekt Tierwohl ausgerichtet. Nuss und Weidmann (2013) wie auch

Veissier et al. (2004) machen auf Verletzungen, Schürfungen, Schwellungen und abnormale Ver-

haltensweisen in Ställen aufmerksam, die häufig auf unzureichende Tiergerechtheit der Liegebo-

xen und Liegeflächen zurückzuführen sind. Gemäss Nuss und Weidmann (2013) kommen auf

vielen Betrieben Sprunggelenksschädigungen mit einer Häufigkeit von 40 – 70 Prozent der auf-

gestallten Kühe vor, was aus Sicht des Wohlbefindens der Kühe bedenklich ist.

Im Zentrum der Tierschutzgesetzgebung stehen vor allem indirekte Parameter bezüglich Tier-

wohls, die im Stall gemessen werden können. Gemäss Ruetz (2010) sind die Korrelationen zwi-

schen Tierwohl und den indirekt messbaren Parameter nicht immer gegeben oder auch nicht für

alle Tierwohlaspekte bekannt. Fregonesi und Leaver (2001) wie auch Nuss und Weidmann (2013)

zeigten in ihren Untersuchungen auf, dass in der Steigerung von Wohlbefinden der Kuh und Ar-

beitseffizienz noch sehr viel schlummerndes Potential liegt. Durch Einbezug von Praxiserfahrun-

gen und mit Hilfe von einfachen Checklisten kann die Tiergerechtheit auf Betrieben auch ohne

Anpassungen von Richtlinien, Gesetzen oder Verordnungen verbessert werden. Die Erfahrungen

von landwirtschaftlichen Beratern zeigen, dass in Praxisbetrieben durch bedürfnisgerechte An-

passungen des Haltungssystems verbesserte Gesundheit und steigende Milchleistungen zu be-

obachten sind (Manser 2012, Persönliche Mitteilung).

1 UK Farm Animal Welfare Council, 1991

Page 11: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 4

2.3 Bedürfnisse der Milchkuh

Die leistende Kuh braucht maximal schmackhaftes Futter und genügend Ruhe in Form von Lie-

gephasen. Die Fressdauer einer Kuh variiert zwischen drei bis fünf Stunden (Wierenga 1991;

Cook et al. 2004; Grant 2007), dabei nimmt sie neun bis vierzehn Mahlzeiten pro Tag zu sich

(Grant 2007). Gemäss ebd. (2007) käut die Kuh sieben bis zehn Stunden wieder und trinkt laut

Cook et al. (2004) über den Tag summiert insgesamt während 30 Minuten. Eine hochleistende

Kuh hat ein Ruhebedürfnis von zehn bis vierzehn Stunden (Wierenga 1991; Grant 2007; Sanftle-

ben et al. 2007; Brandes 2011; Hulsen 2012a; Ohnstad 2012) und sie legt sich zwischen sieben

bis elf Mal pro Tag hin (Cook et al. 2004; Sanftleben et al. 2007; Ito et al. 2009). Eine Ruhephase

dauert in der Regel zwischen 70 bis 90 Minuten (Cook et al. 2004; Sanftleben et al. 2007). Grant

(2007) zeigte zudem auf, dass die Kuh während zwei bis drei Stunden pro Tag ihr Sozialverhal-

ten auslebt. Der Zeitverbrauch für Melk- und Wartezeit belief sich in seiner Studie auf zweiein-

halb bis dreieinhalb Stunden täglich. Ebenso erläuterte er, dass Abweichungen vom natürlichen

Aktivitätsplan einer Herde auf Fehler im Management (inkl. Haltungsumgebung) hinweisen kön-

nen. Schlechter Kuhkomfort verändert gemäss Cook (ohne Jahr) und Munksgaard et al. (2005)

die Aktivität während 24 Stunden. Im Versuch von ebd. (2005) kam zudem heraus, dass Kühe,

die in ihrem freien Verhalten eingeschränkt werden, das Liegen auf Kosten der Fresszeit vorzie-

hen.

2.4 Raum- und Ruhebedürfnis der Milchkuh

2.4.1 Wichtigkeit der Laufflächengestaltung

Die Kuh stellt hohe Anforderungen an das Haltungssystem, die Lauf- wie auch die Liegeflächen.

Der Weideboden hat über Jahrhunderte Klauen und Gelenke geschont. Die harten perforierten

oder nicht perforierten Böden im Laufstall werden diesem Kriterium nicht mehr gerecht. Bei un-

genügendem Liegekomfort und schlechtem Stallkonzept kommt es zu längeren Stehzeiten auf

harten und teils mit Kot und Urin verschmutzen Laufflächen (Cook und Nordlund 2009). Dies

führt zu einer hohen Belastung der Gliedmassen und zu einer höheren Lahmheitsrate (ebd.). Die

feuchte, mit Gülle verschmutzte Umgebung greift zuerst die weiche Ballen- und Zwischenklauen-

haut an, wodurch beispielsweise die Erkrankung wie auch die Verschleppung von Mortellaro be-

günstigt wird (Fiedler et al. 2004). Die Klauen waren ursprünglich für lange Wegstrecken in der

Natur vorgesehen. Diverse Studien haben aufgezeigt, dass Haltungssysteme mit regelmässiger

Bewegungsmöglichkeit einen positiven Einfluss auf Lahmheiten, Mastitis, Veränderungen an Ge-

lenken wie auch auf die Fruchtbarkeit haben (Gustafson und Lund-Magnussen 1995; Regula et al.

2004). Swissgenetics (2008) erwähnt zudem, dass Kühe in einem Laufstall bis zu drei und auf

der Weide je nach Futterangebot sogar bis zwölf Kilometer täglich zurücklegen. Die Bodenver-

hältnisse spielen für eine sichere Fortbewegung eine wichtige Rolle. Neben der Sauberkeit der

Lauffläche ist auch die Rutschfestigkeit von grosser Bedeutung. Kühe, welche sich, auf drei Bei-

nen stehend, im Zwischenschenkelspalt lecken sind ein Indiz für griffige Bodenverhältnisse

(ebd.). Zudem kann aufgrund der Schrittlänge eine Aussage über die Rutschsicherheit gemacht

Page 12: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 5

werden. Kühe weisen auf gummierten Böden eine höhere Schrittlänge auf als auf rutschigem

Gussasphalt oder auf Betonspalten (Haufe et al. 2009)

Das Raumangebot wie auch die Gangbreiten sind in Laufställen für das Verhalten der Tiere sehr

entscheidend. Können die Tiere ihre Individualdistanz aufgrund enger Verhältnisse beispielswei-

se im Bereich der Tränke oder bei Quergängen nicht einhalten, kommt es unweigerlich zu Rang-

kämpfen und nicht selten auch zu Verletzungen (Waiblinger und Wechsler 2007). Konggaard

(1983) zeigte auf, dass bei zu eng bemessenen Stalldurchgängen in Laufställen besonders rang-

niedrige Tiere nur eingeschränkten Zugang zu den Ressourcen wie Futter, Wasser oder auch Lie-

geplätze haben. Das führt zu Stresssituationen für das Tier. Diese können Auswirkungen auf die

Leistung und das Wohlbefinden der Tiere haben (Hemsworth et al. 2000).

Die Schweizer Tierschutzverordnung (TSchV; SR 455.1; AS 2008) und die Österreichische 1. Tier-

haltungsverordnung (BGBI. II Nr. 485/2004) sind bezüglich gesetzlicher Mindestanforderungen

vergleichbar. In beiden Verordnungen werden bei Umbauten bis zu 40 cm engere Verhältnisse

akzeptiert. In der Schweiz werden dabei Auflagen wirksam, wie beispielsweise, dass keine Sack-

gasse bestehen darf, die Tiere Auslauf haben müssen und die Boxenabtrennungen nicht bis zum

Kotbalken reichen dürfen. In neu eingerichteten Ställen gelten die aktuellen Masse (in Tab. 1,

fettgedruckt).

Tab. 1: Mindestanforderungen an Laufgänge (cm) in der Schweiz und in Österreich

Masse Laufgänge (cm)a

Kühe und hochträchtige Erstkalbende in der Schweiz 1F

2 und in Österreich 2F

3 mit unter-schiedlicher Widerristhöhe (cm) bzw. unter-schiedlichem Gewicht (kg) von

Laufgangmasse nach Manser (2015b, Per-sönliche Mitteilung)

125 ± 5 bis 550

135 ± 5 bis 700

145 ± 5 >700

≥ 145

Breite Fressgang bei Fressachse

290/250b

320/280b

320/280b,c

330/290b

380-500

Breite Laufgang bei Liegeboxen

220/180b

240/200b

250/220b,c

260/220b

260

Querpassage ohne Kreuzungsmöglichkeit

80 – 120 (bei max. 6 m Länge)

120d

Querpassage mit Kreuzungsmöglichkeit

mind. 180 (bei Installation von Tränken usw. mind. 240)

mind. 200

a gesetzliche Mindestmasse sind in der Tabelle fettgedruckt, Empfehlungen normalgedruckt b Bei Umbauten werden von der Gesetzgebung geringere Werte akzeptiert (fett und kursiv), für neu eingerichtete Ställe

gelten die nur fettgedruckten Masse c Unabhängig von Gewichts- oder Grössenunterschiede der Kühe d bei Passagelängen einer Liegeboxentiefe (260 cm)

2 455.1 Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (TSchV) und Tierschutz-Kontrollhandbuch Rinder (BVET 2014)

3 1. Tierhaltungsverordnung, Fassung 10. April 2015, Bundeskanzleramt Rechtsinformation RIS, Österreich

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In Österreich sind die Masse unabhängig vom Gewicht oder der Grösse der Kuh definiert. Waib-

linger und Wechsler (2007) erwähnen in ihre Studie, dass in Boxenlaufställen neben der Breite

der Stallgänge auch die Häufigkeit von Quergängen zwischen Liege- und Fressbereich wie auch

die Länge der Passage einen Einfluss auf die Erreichbarkeit von Liegeplätzen, Futter und Wasser

wie auch auf soziale und gesundheitliche Aspekte haben. Studien zur optimalen Breite von Stall-

gängen sind kaum vorhanden. Bartussek et al. (1995) und Zeeb (1987), zitiert in Waiblinger und

Wechsler (2007), sprachen von Empfehlungen, die sich auf Berechnungen anhand der Körper-

grösse abstützen. Für die Breite des Fressganges wird die Formel „Körperlänge Schulter bis Sitz-

beinhöcker + 2 x Bauchbreite“ verwendet. Hinter einer fressenden Kuh, sollten sich zwei Kühe

problemlos kreuzen können. Empfehlungen von Christian Manser (Lehrer und Berater am Land-

wirtschaftlichen Zentrum St. Gallen) beruhen auf täglichen Beobachtungen an Tieren und ihren

Bewegungsabläufen im Stall wie auch bei Abliege- und Aufstehvorgängen. Gemäss Manser

(2015b, Persönliche Mitteilung) braucht eine laktierende Kuh mit einer Körperlänge von 180 cm

(Schulter bis Sitzbeinhöcker) und einer Bauchbreite von 90 - 100 cm für müheloses Kreuzen eine

Fressgangbreite von 380 cm. Bei grösseren Herden (± 100 Tieren) und dadurch mehr Tierverkehr

empfiehlt er eine Verbreiterung auf bis zu 500 cm. Die Breite vom Laufgang zwischen den Liege-

boxen ist stark abhängig vom Stall- bzw. Melksystem wie ebenfalls von der Herdengrösse. Wird

der Laufgang nicht als Treibgang genutzt, reichen 260 cm aus. Bei Querpassagen sind die Masse

einerseits wieder abhängig von der Grösse der Tiergruppe. Andererseits sind dabei die Über-

sichtlichkeit und die Länge der Passagen entscheidend für den Stressfaktor. Bei Querpassagen

mit Kreuzungsmöglichkeit empfiehlt ebd. (2015b, Persönliche Mitteilung) eine Breite von min-

destens zwei Meter. Dabei sollten im Quergang keine Hindernisse wie beispielsweise eine Tränke

vorhanden sein. Andernfalls muss die Breite entsprechend angepasst werden.

Für die nach ebd. (2015b, Persönliche Mitteilung) geltenden Masse sind bedürfnisgerechte Lie-

geboxenverhältnisse die Voraussetzung für die Verbindlichkeit der Angaben.

2.4.2 Wichtigkeit der Abmessungen im Liegebereich

Das Liegeboxen-Tier-Verhältnis ist in der Schweiz wie auch in Österreich in der

Tierschutzverordnung bzw. in der Tierhaltungsverordnung festgelegt. Jeder Kuh muss ein

Liegeplatz im Stall zur Verfügung stehen. In anderen Ländern sind nur Empfehlungen vorhanden

(beispielsweise Europaratsempfehlung 2000). Es gibt etliche Studien, welche die negativen

Auswirkung von Überbelegung aufzeigen. Fregonesi et al. (2007a) zeigten reduzierte Liegedauer

und Liegezeiten bei Überbelegung auf, was folglich auch das Auftreten von Lahmheiten durch

lange Stehzeiten und Aggressionen in der Herde erhöht. Damit Kühe gesund bleiben und hohe

Leistungen erbringen können, benötigen sie viel Ruhe und ausgiebige Liegephasen. Dies ist nur

möglich, wenn den Kühen bedürfnisgerechte Liegebereiche zur Verfügung stehen. Die Wichtig-

keit von tiergerechter Liegeboxengestaltung wird oft unterschätzt. Untersuchungen zeigten auf,

dass vermehrte Liegephasen und somit mehr Liegezeit pro Tag den gesamten Bewegungsapparat

erwiesenermassen entlastet, die Klauen trocknen ab und Lahmheiten gehen zurück (Hulsen

Page 14: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 7

2004; McFadden 2007). Zudem wirken sich lange Liegezeiten positiv auf die Wiederkautätigkeit

aus, was durch die erhöhte Speichelbildung wiederum die Pansenpufferung verbessert (Sanftle-

ben et al. 2007).

Weitere Studien belegten, dass der Blutfluss zu den Milchdrüsen 25 Prozent (Metcalf et al. 1992)

bzw. bis zu 30 Prozent (Hulsen 2004) höher ist, wenn die Kühe liegen. Diese erhöhte Durchblu-

tung des Euters ermöglicht eine höhere Milchsynthese. Grant (2007) fand in seiner Untersuchung

heraus, dass eine liegende Kuh pro Stunde bis zu 1.7 Kilogramm mehr Milch produziert (Abb. 2).

Die Mindestmasse für Liegeboxen gemäss Schweizer Tierschutzverordnung (TSchV; SR 455.1;

AS 2008) und Österreichischer 1. Tierhaltungsverordnung (BGBI. II Nr. 485/2004) sind in Tab. 2

fettgedruckt. Die gesetzlichen Mindestanforderungen dieser beiden Länder sind grundsätzlich

vergleichbar. Zu beachten ist jedoch, dass in der Schweiz Lichtmasse gelten und in Österreich

die Achsmasse zählen. Je nach Abtrennung kann so die tatsächliche Breite der Liegeboxe zwi-

schen fünf bis zehn Zentimeter variieren. Normalgedruckt sind empfohlene Masse der For-

schungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART (Zähner 2009) wie auch von Christian Man-

ser (Küenzi 2014). Bei den Angaben von Kanswohl und Sanftleben (2006) handelt es sich um

Empfehlungen für Holsteinkühe (>700 kg Lebendgewicht). In Deutschland sind keine gesetzli-

chen Mindestmasse für die Haltung von Rindern über 6 Monate festgelegt (Waiblinger und

Wechsler 2007).

Abb. 2: Zusammenhang zwischen Liegezeit und Milchleistung von Milchkühen (Quelle: Grant 2007)

Page 15: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

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Tab. 2: Angaben zu Abmessungen von Liegeboxen (cm) in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland

Boxenmasse (cm)a

Kühe und hochträchtige Erstka-lbende in der Schweiz (Zähner 2009) und in Österreich 3F

4 mit un-terschiedlicher Widerristhöhe (cm) bzw. unterschiedlichem Ge-wicht (kg) von

Liegenboxen-masse nach Manser (Küenzi 2014)

Holsteinkühe in Deutschland (Kanswohl und Sanftleben 2006)

125 ± 5 bis 550

135 ± 5 bis 700

145 ± 5 >700

≥ 145 >700 kg

Boxenlänge wandständig

230 230

240 240

260 260

260b 270

Boxenlänge ge-genständig

200 210

220 220

235 240

260 240

Länge Liegefläche Kotkante bis Bugbalken

165 185 190 200 170-175

Kopfraum bei wandständiger Boxe

65 55 70 120 95-100

Bodenfreiheit unter dem Trennbügel bis Liegefläche

min. 40 min. 40 min. 40 70 max. 25-30

Höhe des Na-ckenriegels 100-105 110-115 115-120 125-130 120-125

Diagonale Boxen-kante bis Nacken-rohr

180-185 190-195 200-205 215

Boxenbreite 110 115

120 120

125 125

125

122c 122

Abstand Ober-kante Liegefläche und Oberkante Bugholz

max. 10 max. 10 max. 10 <5

a gesetzliche Mindestmasse sind in der Tabelle fettgedruckt, Empfehlungen normalgedruckt b Mauer im Kopfbereich ragt max. 10 cm über Liegefläche (Gewährleistung Schwungraum), sonst 320 cm c empfohlene Masse bei flexiblen Boxenelementen

Tab. 3 zeigt eine Zusammenstellung der gesetzlichen Mindestabmessungen in Anbindeställen in

der Schweiz (Art. 10 Anhang 1 TSchV) und in Österreich (Anlage 2, BGBI. II Nr. 485/2004). Für

Kühe über 700 kg bzw. einer Widerristhöhe von 145 cm ± 5 cm sind die Angaben mit 185 bis

195 cm mit den Angaben von Manser (2015b, Persönliche Mitteilung) vergleichbar. Der Mittel-

langstand wird von Christian Manser als System nicht empfohlen, da diese Aufstallungsform den

Kopfschwung nach vorne nicht erlaubt und dies entgegen den natürlichen Bedürfnissen der Kuh

ist. Der vordere Krippenrand ist nach wie vor das Hauptproblem für fehlenden Schwungraum in

Anbindeställen (ebd.)

4 1. Tierhaltungsverordnung, Fassung 10. April 2015, Bundeskanzleramt Rechtsinformation RIS, Österreich

Page 16: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

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Tab. 3: Vorgaben zu Mindestabmessungen in Anbindeställen (cm) in der Schweiz und in Österreich

Lägermasse (cm)a

Kühe und hochträchtige Erstkalbende in der Schweiz 4F

5 und in Österreich 5F

6 mit unter-schiedlicher Widerristhöhe (cm) bzw. un-terschiedlichem Gewicht (kg) von

Lägermasse nach Manser (2015b, Per-sönliche Mitteilung)

125 ± 5 bis 550

135 ± 5 bis 700

145 ± 5 >700

≥ 145

Standlänge Kurzstand 165 165

185 175

195 185

Max. 195

Standlänge Mittellang-stand

180 200

200 210

240 220

Wird als System nicht empfohlen

Standbreite 100 115

110 120

120 125

120

a gesetzliche Mindestmasse sind in der Tabelle fettgedruckt, Empfehlungen normalgedruckt

Die Dimensionierung und die Ausstattung des Liegebereiches bzw. der Liegebox sind für das

Ausleben normaler Verhaltensweisen einer Kuh zentral (Kanswohl und Sanftleben 2006; Sanftle-

ben et al. 2007). Zu enge Abmessungen und harte Unterlagen im Liegebereich führen unweiger-

lich zu haarlosen Stellen, Schwellungen bis hin zu offenen Wunden an Beinen, Hüfthöcker, Rück-

grat wie auch an den Rippen (Wechsler et al. 2000; Nuss und Weidmann 2013). Hörning (2003),

zitiert in Sanftleben et al. (2007), wies in seiner Studie nach, dass es mit steigenden Boxenmas-

sen zu weniger Abweichung vom normalen Liegeverhalten der Kühe kommt. Das heisst die An-

zahl Liegeperioden wie auch die Gesamtliegezeit nahmen zu und die Verzögerungen beim Auf-

stehen bzw. beim Abliegen nahmen ab. Experimente von Tucker et al. (2004) zeigten, dass brei-

tere Boxen (126 cm im Vergleich zu 106 cm) zu längeren Liegezeiten, aber auch zu längerem

Stehen mit allen vier Beinen in der Box führte. Dabei nahm die Stehzeit mit nur zwei Beinen in

der Box und zwei Beinen auf der Lauffläche ab. Restriktiv eingestellte Nackenrohre auf einer Hö-

he von 118 Zentimeter und einem horizontalen Abstand zum Kotbalken von 130 Zentimeter ha-

ben aber den Effekt, dass die Kühe nicht mit allen Vieren in der Box stehen können (Bernardi et

al. 2009). Das zwingt die Kuh dazu zurückzutreten. So wird Kot und Harn ausserhalb der Liege-

box abgesetzt. Das verbessert die Hygiene (Fregonesi et al. 2009). Doch Fitzgerald et al. (2000)

bestätigten den negativen Einfluss der Feuchtigkeit auf die Klaue bei Stehzeiten im Gülle-Harn-

Gemisch. Stehen die Kühe nur mit den Vorderbeinen in der Box, wird das Gewicht auf die Hinter-

beine verlagert, was das Risiko von Lahmheiten nochmals erhöht. Sanftleben et al. (2005), zitiert

in Sanftleben et al. (2007), werteten das Stehen mit zwei Vorderbeinen bei Holsteinkühen in Lie-

geboxen auch als Versuch zur Entlastung von Pansen- und Bauchraum. Bernardi et al. (2009) und

Fregonesi et al. (2009) erwähnten, dass ein Kompromiss zwischen sauberen Kühen und der

Klauengesundheit einzugehen ist. Sie empfehlen aufgrund ihrer Erfahrungen Boxen ohne restrik-

tive Nackenrohre. Zudem konnten Potterton et al. (2011) aufzeigen, dass Nackenrohre mit einer

senkrechten Höhe von mehr als 124 cm und weiter als 199 cm vom Kotbalken entfernt (Diagona- 5 455.1 Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (TSchV)

6 1. Tierhaltungsverordnung, Fassung 10. April 2015, Bundeskanzleramt Rechtsinformation RIS, Österreich

Page 17: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

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le) angebracht, mit signifikant weniger Haarverlusten bzw. Gelenksveränderungen einhergehen.

Grosszügigere Boxenmasse werden mit einem Mehraufwand für die Boxenpflege beschrieben

(Sanftleben et al. 2007), bringen aber mehr Liegequalität für die Kuh.

Ein wichtiger Aspekt in der bedürfnisgerechten Liegeboxengestaltung ist der Bedarf an Kopf- und

Schwungraum von Kühen zum natürlichen Aufsteh- und Abliegeverhalten. Bachschweller (2009)

hat den Kopfraumbedarf von Fleckvieh- und Holsteinkühen genauer untersucht. Dabei wurden

die kritischen Punkte (0-7 in Abb. 3) bei der Aufstehphase von Kühen definiert, welche in Hal-

tungssystemen durch Stallbauelemente beeinträchtigt werden können. Als Ausgangspunkt 0 galt

das abgelegte Karpalgelenk. Um ein artgemässes Aufstehen zu ermöglichen, benötigt die Kuh

einen Kopf- und Schwungraum von 120 cm, 25 % der beobachteten Kühe brauchten sogar 135

cm Raum nach vorne (ebd.). Die geltenden Masse nach baulichem Tierschutz für Krippen im An-

bindestall (BVET 2014) ermöglichen mit 60 cm keinen natürlichen Kopfschwung nach vorne. Wird

der Schwungraum nicht gewährt, sind oftmals längerdauernde Aufstehversuche wie auch pferde-

artiges Aufstehen mit Rückwärtsbewegungen vor dem Aufstehen zu beobachten (Bachschweller

2009). Dies belastet die Vordergliedmassen sehr stark und hat zudem Auswirkungen auf Verän-

derungen an den Sprunggelenken (Nuss und Weidmann 2013).

Abb. 3: Aufstehvorgang einer Kuh mit Kopfschwung ohne Einschränkungen (Quelle: Bachschweller 2009)

2.4.3 Wichtigkeit der Liegeunterlage

Neben den Boxenmassen spielt auch die Qualität der Liegefläche eine wichtige Rolle für das Ru-

heverhalten von Milchkühen. Die Menge an Einstreu wie auch die Qualität und das Material der

Liegeflächen wurden in verschiedenen Studien untersucht. Veränderungen an Sprunggelenken

weisen unter anderem auf mangelnde Tiergerechtheit der Unterlage hin. Zähner et al. (2009)

zeigten auf, dass die Anzahl Schäden bei Betrieben mit Komfortmatten, Gummimatten oder lo-

sem Stroh deutlich höher ist, als bei weichen, verformbaren Unterlagen mit Kompost, Strohmist,

Kalkstroh, Feststoffen (Gülleseparationsgut) oder Sand (Abb. 4). In deren Studie wird zudem er-

Page 18: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

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wähnt, dass die unterschiedlichen Ergebnisse zwischen den Betrieben darauf hindeuten, dass

neben dem Füllmaterial auch die Einstreuhöhe, die Liegenboxenpflege und –abmessungen sowie

die Steuerungseinrichtungen für die Tiergerechtheit massgebend sind (ebd.).

Abb. 4: Anzahl Schäden pro 100 Tiere der verschiedenen Liegeflächen, unterteilt in die einzelnen Scha-

denskategorien im Vergleich zu Literaturwerten (Daten Strohmist-Matratze, Komfortmatte, loses Stroh und

Gummimatte: Buchwalder 1999, Schaub et al. 1999) (Quelle: Zähner et al. 2009)

Gleichbedeutende Ergebnisse fanden auch Nuss und Weidmann (2013). Sie verglichen die Liege-

zeit in Abhängigkeit verschiedener Faktoren (Tab. 4). Die Liegedauer in Tiefboxen mit Einstreu

wie Sand, Stroh oder Sägemehl war in jedem Versuch verlängert im Vergleich zu Gummimatten.

Im Anbindestall stellt Alder (2012) eine verlängerte Gesamtliegedauer von 1.8 Stunden auf Kalk-

stroh-Matratzen im Vergleich zu Läger mit Gummimatten fest. Das Risiko von Gelenksverände-

rungen bzw. haarlosen Stellen am Sprunggelenk war bei Hochboxen mit Gummimatten im Ver-

gleich mit Tiefboxen und einer Strohmist-Matratze klar höher (Kanswohl und Sanftleben 2006).

Die Kühe zogen weichere, verformbare Unterlagen Gummimatten bzw. geotextilen Matratzen mit

Sägemehlschicht vor. Zudem zeigten Tucker et al. (2009) im Anbindestall auf, dass ein zusätzli-

ches Kilogramm Stroh eine Verlängerung der Liegezeit von zwölf Minuten bringt.

Die Kühe bevorzugten in einem Wahlversuch klar trockene (86.4% TS) im Vergleich zu feuchter

(26.5% TS) Unterlage. Bei feuchter Unterlage wurde die Liegezeit bis zu fünf Stunden pro Tag

verringert (Fregonesi et al. 2007b). Hinsichtlich Klauenleiden wurde bei feuchter Liegefläche ein

erhöhtes Risiko festgestellt (Fitzgerald et al. 2000).

Page 19: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 12

Bei Stallumbauten mit Vergrösserung der Liegefläche konnte eine verlängerte Liegedauer und

eine signifikante Abnahme von Hautschäden und Umfangsvermehrung der Gelenke beobachtet

werden (Liebhart 2009). Die Lahmheit hatte in der Studie von Blackie et al. (2011) eine verlänger-

te Liegedauer von zwei Stunden zur Folge. Ein Gemisch von Stroh-Kalk-Wasser im Liegebereich in

Tiefboxen oder auf Läger im Anbindestall brachte Vorteile für die Euter- und die Klauengesund-

heit (Vögel 2001).

Tab. 4: Liegezeit und ihre Abhängigkeit von unterschiedliche Faktoren (Quelle: nach Nuss und Weidmann

2013, verändert)

Faktor Liegezeiten / Liegephasen Quelle

Menge der Einstreu 12 Minuten längere Liegedauer für jedes zusätzliche Kilo-gramm Stroh

Tucker et al. 2009

Kuhlenbildung Verkürzung der Liegezeit um 2.33 h/Tag bei Verminderung der Höhe der Liegefläche um mehr als 13 cm unterhalb der Oberkante der Liegeflächenbegrenzung

Drissler et al. 2005

Polstermaterial/-qualität

Länger auf Gummimatratzen als auf Gummimatten Chaplin et al. 2000

Liegeflächen-Wahlversuch: 44.1 % der Gesamtliegezeit in Sandboxen, 33.2 % in Strohboxen, 11.6 % auf Gummimatten

Calamari et al. 2009

40 Minuten längere Liegezeit/Boxenaufenthalt in Hochtief- als in Hochboxen

Knell 2008

Erhöhung der Liegedauer in tiefen Sand-/Sägemehlboxen im Vergleich zu geotextilen Matratzen mit Sägemehlschicht

Tucker et al. 2003

Erhöhung der Gesamtliegedauer um 1.8 h auf Kalkstroh-Matratzen im Vergleich zu Gummimatten im Anbindestall

Alder 2012

trockene bis feuchte Liegeflächen

Wahlversuch: Kühe wählten 12.5 h/Tag trockene Liegeflä-chen, 0.9 h/Tag feuchte Liegeflächen Verringerung der Liegezeit um 5 h/Tag bei feuchtem Pols-termaterial (26.5 % TS) verglichen mit trockenem Polstermate-rial (86.4 % TS)

Fregonesi et al. 2007

Betrieb (Mittelwert) Liegedauer variierte zwischen 9.5 und 12.9 h/Tag 7 bis 10 Liegephasen pro Tag Dauer einer Liegephase 65 – 112 Minuten

Ito et al. 2009

Individuum Liegedauer variierte zwischen 5.6 – 17.5 h/Tag Fregonesi und Leaver 2001

Liegedauer variierte zwischen 4.3 – 19.5 h/Tag Ito et al. 2009

Tier-Boxen-Verhältnis

Reduktion der Liegezeiten um 1.7 h/Tag von einem Verhält-nis von 12 Tieren zu 12 Boxen bis zu einem Verhältnis von 12 Tieren zu 8 Boxen

Fregonesi et al. 2007

Alter Stall/Stallneubau mit Vergrösserung der Liegefläche

Verlängerung der Liegedauer von 9 h 26 min auf 11 h 45 min Verminderung der Liegeperiode von 12.3 auf 10.5 73.1 % ungehindertes Ablegen im alten und 85.9 % im neuen Stall Signifikante Abnahme von Integumentsschäden und Um-fangsvermehrung im neuen Stall

Liebhart 2009

Lahmheit Lahme Tiere lagen 13 h/Tag, nicht lahme 10.9 h/Tag Blackie et al. 2011

Page 20: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 13

2.5 Luft- und Lichtbedürfnis der Milchkuh

Das Klima im Stall unterscheidet sich bezüglich Lufttemperatur, -feuchte und Geschwindigkeit

wie auch der Belastung durch Schadgase oder Schwebstaub mehr oder weniger von der Aussen-

luft (BVET 2013). Das Stallklima leistet einen wesentlichen Beitrag zur Tiergerechtheit eines Hal-

tungssystems und zur Tiergesundheit. Gemäss Tierschutzverordnung (Art. 11, Abs. 1) muss im

Stall ein dem Tier angepasstes Klima herrschen. Der Tierhalter und/oder –besitzer hat die Ver-

antwortung, dem Rechnung zu tragen. Die thermoneutrale Zone einer Milchkuh liegt zwischen 5

und 25° Celsius, das heisst bereits ab einer Temperatur von 25° Celsius hat eine Kuh Hitzestress

(Roenfeldt 1998). Bei Temperaturen über 25° kann sich die Kuh nicht mehr genügend abkühlen,

was sich erwiesenermassen negativ auf ihre Leistung auswirkt (Kadzere et al. 2002). Die Tempe-

ratur der Stallluft korreliert stark mit der Luftzufuhr (Curt und Gooch ohne Jahr). Mit Hilfe von

Ventilatoren und dadurch erhöhter Luftgeschwindigkeit oder auch Sprinkleranlagen kann das

Tier die Körpertemperatur regulieren (BVET 2013). Gemäss Curt und Gooch (ohne Jahr) kann der

Luftaustausch mittels natürlicher Querlüftung des Gebäudes oder mit mechanischer Lüftung wie

beispielsweise mit einem Grossraumventilator geregelt werden. Welches System gewählt wird,

hängt stark von den Gegebenheiten des Stalles ab. In Neubauten kann die natürliche Lüftung frei

eingeplant werden, in älteren Stallgebäuden bringt die Unterstützung durch zusätzliche Ventila-

toren oder die Öffnung von Fenster und Scheunentore eine mögliche Alternative die Stallluft zu

verbessern.

Die gesetzlich vorgeschriebene Minimallichtintensität im Stall beträgt gemäss Art. 33, Ziff. 3,

Abs. 1 der Tierschutzverordnung 15 Lux. Gemäss Phillips und Schofield (1989) haben eine ver-

längerte Lichtphase bis zu 16 Stunden pro Tag sowie höhere Lichtintensitäten einen positiven

Effekt auf den TS-Verzehr und die Milchleistung. Dies bestätigten Buchanan et al. (2000) und

Dahl (2006) in ihren Untersuchungen. Die optimale Lichtintensität für laktierende Kühe liegt bei

80 – 100 Lux (Sanftleben et al. 2007) beziehungsweise 150 - 200 Lux (Hulsen 2004; Dahl 2006;

Sanftleben et al. 2007) während einer maximalen Dauer von 16 Stunden.

2.6 Futter- und Wasserbedürfnis der Milchkuh

Gemäss qualitativem Tierschutz (BVET 2014) in der Schweiz ist bei ad libitum – Fütterung mit

einer qualitativ einheitlichen Ration ein Fressplatz für zweieinhalb Tiere vorgeschrieben. Kühe

bevorzugen es, mit der Herde zusammen Futter aufzunehmen. Dies ist auf der Weide gut zu be-

obachten. Aus dieser Überlegung ist die stressfreie und ungestörte Nahrungsaufnahme vor allem

dann gewährleistet, wenn pro Kuh ein Fressplatz zur Verfügung steht (Schrader 2009) oder Fut-

ter ad libitum zur Verfügung steht. Die wichtigsten Kontrollpunkte der Fütterung sind die Beur-

teilungen der Futterration, der Kotkonsistenz, der Pansenfüllung, der Körperkondition sowie der

Wiederkautätigkeit von Kühen (Hulsen 2012a). Schmackhaftes und qualitativ einwandfreies Futter

am Futtertisch, eine gut verdaute Ration ohne auffällig längere Faserteile, ein gefüllter Pansen,

eine auf die Rasse passende Körperkondition (BCS) von drei bis dreieinhalb BCS-Punkten wie

auch 55 – 70 Wiederkauschläge pro Bolus sind Hinweise auf eine optimale Nährstoffversorgung

Page 21: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

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(ebd.). Dabei geben Beobachtungen auf dem Futtertisch (Selektion von Futterteilen) oder auch

Druckstellen am Buggelenk wichtige Informationen über die Fütterung im Stall (Manser 2012,

Persönliche Mitteilung). Der Weideschritt erlaubt der Kuh auf der Weide, dass sie den Boden zum

Fressen problemlos erreicht. Am Fressgitter funktioniert dieser Ausfallschritt nicht, deshalb wird

für neue Anbindeställe in der Schweiz eine Differenz vom Boden- zum Fresstischniveau von 10

cm vorgeschrieben (BVET 2014). Dies gilt nicht für nicht neu eingerichtete Anbindeställe, die

aufgrund von Optimierungen der Liegefläche teilweise einen geringeren Niveauunterschied errei-

chen.

Rinder (ausgeschlossen Kälber) müssen gemäss Tierschutz mindestens zweimal täglich Zugang

zu Wasser haben (ebd.). Dies entspricht nicht den natürlichen Bedürfnissen der Kuh, welche wäh-

rend neun bis vierzehn Mal täglich Futter (Grant 2007) und danach jeweils Wasser aufnimmt.

Eine laktierende Kuh trinkt unter Umständen bis zu 180 Liter Wasser pro Tag in Abhängigkeit der

Nahrungs- und Wasserqualität, der Umgebungstemperatur wie auch ihrer Leistung (Schrader

2009). Die Durchflussrate von Tränkebecken hat dabei einen signifikanten positiven Einfluss auf

die Wasseraufnahme von Milchkühen (Andersson et al. 1984). Dies wurde mit Durchflussraten

von zwei, sieben und zwölf Liter pro Minute untersucht. Hulsen (2012a) empfiehlt für Milchkühe

nach heutigen Bedingungen eine Durchflussrate von 20 Liter pro Minute, wodurch ältere Tränke-

becken oftmals nicht mehr genügen. Dominante Tiere nahmen im Versuch von Andersson et al.

(1984) bedeutend mehr Wasser auf als unterlegene Kühe, was sich auch in der Milchleistung im

Vergleich wiederspiegelte. Dies zeigt die Wichtigkeit der richtigen Platzierung von genügend

Tränkestellen. Das ermöglicht rangniedrigen Tiere stressfrei Wasser aufzunehmen (Hulsen

2012a).

Die Milch besteht zu 87 Prozent aus Wasser. Die Kuh benötigt zirka drei bis fünf Liter, um einen

Liter Milch zu produzieren (Kirchhofer ohne Jahr). Wasser wird dadurch zum wichtigsten und

günstigsten Futtermittel im Stall. Manser (2015b, Persönliche Mitteilung) empfiehlt eine maxi-

male Höhe des offenen Wasserspiegels von 60 cm. In dieser Position kann die Kuh das Flotzmaul

eintauchen und ergonomisch Wasser aufnehmen. Die regelmässige Reinigung der Tränke bedarf

einer einfachen Handhabung und sollte für einwandfreie Wasserqualität zwingend berücksichtigt

werden (ebd.).

2.7 Kühe in besonderen Situationen

Rund um das Abkalben brauchen Milchkühe am meisten Aufmerksamkeit. Es ist die wichtigste

Zeit im Laktationszyklus einer Kuh, die über den weiteren Verlauf des Kuhlebens im Stall ent-

scheidet. Es sind damit die sechs bis acht Wochen dauernde Galtphase wie auch die zwei bis drei

ersten Wochen der Laktation gemeint. Hulsen (2012b) beziffert den Aufwand des Tierhalters für

die 20 Prozent Risikotiere in einer Herde mit 80 % der gesamten Zeit, die der Landwirt mit den

Tieren verbringt. Zudem erwähnt Manser (2015a, Persönliche Mitteilung), dass 80 % aller ge-

sundheitlichen Probleme der Kuh in der Transitphase entstehen. Gemäss ihm ist es entschei-

dend, dass die Kuh beim Abkalben gut auf den Füssen steht. Effizient gelöst gelingt diese Emp-

Page 22: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

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fehlung, wenn die Galtphase im Klauenstand beginnt. Dadurch können die Klauen optimal ge-

pflegt werden und die Kontrolle und/oder Behandlung (wenn nötig) des Euters kann gleichzeitig

erfolgen.

Zu den Risikotieren (special need cows) gehören gemäss Hulsen (2012b) neben den hochtragen-

den Kühen auch einzugliedernde Rinder sowie lahme, geschwächte oder kranke Tiere. Bei Neu-

bauten wird daher der Begriff der «stressfreien Abkalbelinie» zu einem der wichtigsten Bestand-

teile in der Stallplanung (Driessen 2014). Kühe mit speziellen Bedürfnissen haben uneinge-

schränkten Zugang zu einer offenen Liegefläche mit griffiger Matratze, fressen an der gleichen

Futterachse wie die Milchviehherde und können betreffend Verhalten, Futteraufnahme etc. opti-

mal überwacht werden (ebd.). Kühe können sich auch für längere (Genesungs-)Zeit in diesem

Bereich aufhalten.

2.8 Erhebung der Tiergerechtheit in Haltungssystemen

Das Tierwohl oder die Tiergerechtheit ist nicht direkt messbar. Die Vorgehensweise zur Beurtei-

lung von Tierwohl oder Tiergerechtheit in Haltungssystemen ist nicht einheitlich geregelt (KTBL

2006). Es gibt viele Indikatoren und Indizes zur Beurteilung von Tierwohl (Bartussek 1996); Ani-

mal Welfare Institute 2010; Hulsen 2004; KTBL 2006; von Keyserlingk et al. 2012; Vucemilo et al.

2012; De Lorm 2009). Die individuelle Gewichtung von Indikatoren zur Beurteilung von Tierwohl

variiert zudem von Person zu Person und von Methode zu Methode und erschwert eine allge-

meingültige Aussage über das Befinden eines Tieres bzw. einer Herde (Bartussek 1996; KTBL

2006, De Lorm 2009, 2009; Driessen 2009). Um abzuschätzen, wie gut sich ein Tier in einer

bestimmten Umgebung fühlt, werden tierbasierte und umweltbasierte Indikatoren erfasst. Der

Beurteilungsfokus kann beispielsweise auf das Verhalten und die Erscheinung der Tiere (gesund-

heitlicher Aspekt) gelegt werden, ohne dabei quantitative Erhebungen anhand von Messungen zu

machen (Aerts et al. 2006). Quantitative Erhebungen sind jedoch einfacher zu erheben und er-

lauben Objektivität.

Eine negative Veränderung von Leistungsparametern wie der Milchproduktion oder von Frucht-

barkeitszahlen sind mögliche Konsequenzen von mangelndem Tierwohl. Längerfristig gesehen,

hat dies auch negative Auswirkungen auf die durchschnittliche Nutzungsdauer der Herde.

Die Komplexität von Tierwohl und dessen Bewertung beschreiben ebd. (2006) in ihrer Studie.

Einerseits sind viele „Welfare Assessment Tools“ zur Bewertung von Tierwohl durch Experten

bekannt. Es braucht aber auch Kenntnisse über die einzelnen Tiere. Diese bringt der Betriebslei-

ter durch Beobachtungen im täglichen Umgang mit dem Tier mit. Gerade bei verhaltensspezifi-

schen Indikatoren können aus Momentaufnahmen falsche Schlüsse gezogen werden, zudem sind

diese subjektiv. Keines der bekannten Systeme erlaubt eine ganzheitliche Erfassung, vielmehr

kommt es auf das Verständnis und die enge Zusammenarbeit von Landwirt, Berater und Forscher

an. Die in der Literatur beschriebenen Indikatoren zur Beurteilung von Tierwohl sind sehr stark

auf die Gesundheit und das Verhalten der Kühe fokussiert (Rousing et al. 2006); (Regula et al.

2004; KTBL 2006).

Page 23: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 16

2.8.1 Gesundheitsspezifische Indikatoren zur Bewertung von Tierwohl

In Tab. 5 sind mögliche Evaluationsparameter zur Bewertung des Gesundheitszustandes von

Milchkühen aufgeführt. Dazu gehört der allgemeine erste Eindruck der Kuh wie auch die Sauber-

keit und der aktuelle Nährzustand zum Zeitpunkt des Besuches.

Tab. 5: Mögliche Evaluationsparameter zur Bewertung des Gesundheitszustandes von Milchkühen (Quelle :

nach Roth 2013, verändert)

Parameter Bewertung nach Beobachtung Risiko

Ges

undhei

tsin

dik

atore

n d

er K

uh

Allgemeiner Gesundheits-zustand

Allgemeineindruck

Verletzung diverser Körperstellen

Augen, Ohren, Fell, Gang etc.

Haarlose bis offene Stel-len speziell an Gelenken/ Beinen/Euter

Lahmheitsscoring (1 = normal; 5 = hochgradig lahm)

Gebroche-ne/geschwollene Rippen

Kühe, die auffallen schnell erkennen

Liegeboxenbeschaffenheit mässig bis schlecht

Risikoorte im Stall (rutschi-ger Boden, hervorstehende Gegenstände)

Sauberkeit Verschmutzungsgra-de diverser Körper-partien

Vier schmutzige Beine (Spritzer)

schmutzige Hinterbeine

schmutzige Euter

Schmutzige Hinterseite v.a. oberhalb mit Schwanz verwischt

Staubige Kühe

zu dünner Kot kann auf Fehler in der Ration oder Verdauungsprobleme hin-weisen

Infektionsrisiko bei ver-schmutzten Liegeboxen höher

aktueller Nähr-zustand und Kondition 6F

7

Pansenfüllung (Futteraufnahme der letzten 6 Stunden)

Pansenscoring (1 = leer; 5 = voll)

Hat die Kuh in den letzten Stunden zu wenig gefres-sen?

Hat die Kuh im letzten Mo-nat zu wenig gefressen?

Futterration angepasst? Eine Kuh oder die ganz Herde betroffen?

Zuwenig Struktur in Ration?

Körperkondition (Fut-teraufnahme im letz-ten Monat)

BCS-Wert (1 = sehr ma-ger; 5 = sehr fett).

Anzahl Kauschläge pro Bissen

55 – 70 Kauschlä-ge/Bissen

Kotkonsistenz Festigkeit und Verdau-ungsgrad

Die durchschnittlichen Kosten im Jahr 2013 für Tierarzneimittel und Tierarzt auf Schweizer

Milchviehbetrieben beliefen sich inklusive Jungvieh auf 194 CHF/GVE (Hoop und Schmid 2014).

Zur Evaluation von Tierwohl im Stall werden entsprechende Gesundheitsparameter beobachtet

und evaluiert. Fehlende Haare oder Hautverletzungen bis hin zu offenen Wunden und Schwellun-

gen an den Sprunggelenken, dem Brustbein, dem Hüfthöcker und beispielsweise dem Rippenbo- 7 Werte nach Driessen (2009)

Page 24: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 17

gen werden in der Literatur mehrmals beschrieben (Nuss und Weidmann 2013; Rousing et al.

2006; Regula et al. 2004; Gasteiner und Hochsteiner 2001). Dazu gehört auch die Klauen-

gesundheit, die durch einen definierten Lahmheitsscore bewertet wird (Rousing et al. 2006; Hul-

sen 2004). Ebenfalls zu den Gesundheitsindikatoren gehört die Sauberkeit der Kühe im Stall.

Schmutzige Tiere können ein Indiz für Verdauungsstörungen (dünner Kot) sein und Aufschluss

über die Fütterung und den allgemeinen Gesundheitszustand einer Kuh geben (Hulsen 2012a).

2.8.2 Verhaltensspezifische Indikatoren zur Bewertung von Tierwohl

Die natürlichen Verhaltensweisen einer Kuh sind auf der Weide am besten zu beobachten. Im

Freien wird sie nicht durch bauliche Einrichtungen behindert und kann sich entsprechend unein-

geschränkt bewegen. Im Stall sind die Voraussetzungen nicht gleichermassen gegeben und der

Platz ist häufig minimal bemessen. In Tab. 6 ist eine Auswahl an Verhaltensindikatoren aufge-

führt.

Tab. 6: Mögliche Evaluationsparameter zur Bewertung des Verhaltens von Milchkühen (Quelle: nach Roth

2013, verändert)

Parameter Bewertung nach Beobachtung Risiko

Ver

hal

tensi

ndik

atore

n d

er K

uh

Bewegung /

Gang

Schrittlänge Unsichere Tiere mit kur-zen Schritten

Ausrutschgefahr

Geschwindigkeit Ängstliche Tiere mit Fluchtverhalten

Verletzungsgefahr

Rückenlinie gekrümmte Rücken bei kranken Tieren

verschiedene Faktoren

Klauen-/Beinverletzungen etc.

Aufstehen /

Abliegen

Stehzeiten Kühe stehen lange in Boxen und legen sich nicht hin

lange Stehzeiten, da gerade Risikotiere sich nicht mehr trauen, sich hinzulegen

Verschlimmerung der gesundheitlichen Situation

Verletzungsgefahr durch ungünstige bauliche Einrich-tungen

Aufstehverhalten Kühe rutschen hin- und her, bevor sie aufstehen können

Bauliche Einrichtung Kühe werden durch Na-ckenrohr/fehlendem Schwungraum oder Bo-xenbügel beim Aufste-hen/Abliegen behindert

Liegeverhalten Anzahl liegende

Kühe

Viele stehende Kühe Risiko für Gesundheit, Klau-en, Milchproduktion

Absichts-verhalten

Anzahl wartende Kühe Kühe beginnen Aktion und bringen diese nicht zu Ende

lange Stehzeiten, Belastung für Stoffwechsel und Bewe-gungsapparat

Sozialverhalten Rangordnungskämpfe

Belecken

Schnelle, unkontrollierte Bewegungen / rutschen-de Kühe

Gegenseitiges Belecken

Lecken mit stehen auf drei Beinen

Verletzungsgefahr bei Rangkämpfen im Stall ohne Ausweichmöglichkeit

Unterdrücken von Bedürf-nissen (Belecken bei rut-schiger Unterlage)

Page 25: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 18

Die Verhaltensbeobachtung im Stall (normale/abnormale Verhaltensweisen) ist ein zentraler Indi-

kator für die Beurteilung des Tierwohls (Sommer 1991). Die 24 Stunden-Beobachtung der-

Liegezeiten ist mit hohem Aufwand verbunden. Alternativ wird das Aufsteh- und Abliegeverhal-

ten in diversen Studien dokumentiert (Regula et al. 2004; Endres und Barberg 2008). Dabei ist

vor allem der Einstreugrundlage und der Kollision mit der Stalleinrichtung Beachtung zu schen-

ken. Neben dem Liegeverhalten ist auch das Sozialverhalten innerhalb der Herde sowie das Tier-

Mensch-Verhalten von grosser Bedeutung (Rousing et al. 2006).

Page 26: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 19

3 Material und Methoden

Die vorliegende Studie basiert auf standardisierten, qualitativen Interviews mit insgesamt 36

landwirtschaftlichen Betriebsleiterfamilien. Es wurde Fachliteratur zum Thema natürliche Bedürf-

nisse einer Kuh und Anforderungen an das Haltungssystem von Milchkühen zusammengestellt.

Dabei wurden Angaben von Fachexperten einbezogen. Die Resultate aus den Interviews wurden

mit Hilfe des Programms MS Excel (Microsoft 2010) aufbereitet.

3.1 Zielgruppe und Stichprobe

Als Zielgruppe wurden Schweizer Milchviehbetriebe definiert, die zwischen 2010 und 2014 An-

passungen des Haltungssystems vorgenommen haben. Anbinde- und Laufställe waren gleicher-

massen gefragt. Dabei handelt es sich um eine abhängige Stichprobenauswahl. Als definitive

Stichprobe wurden 46 Betriebe aus dem Beraterumfeld einer landwirtschaftlichen Beratungsstelle

angeschrieben, welche die aufgeführten Bedingungen erfüllten (Abb. 5). Davon wurden 36 Be-

triebe besucht. Von den zehn nicht besuchten Betrieben waren vier Betriebsleiter aus ungenann-

ten Gründen nicht bereit bei der Studie mitzuwirken und sechs Landwirte waren noch nicht oder

wurden erst kürzlich fertig mit den Anpassungen und konnten deshalb keine relevanten Anga-

ben zu den allfälligen Veränderungen machen. Die Betriebsdaten wurden anonymisiert.

Abb. 5: Sampling und Stichprobenauswahl für die Durchführung der Interviews

3.2 Befragungsdesign

Mit Hilfe eines standardisierten Datenblattes für die Erfassung der Betriebsstruktur und eines

halb-standardisierten Fragekataloges für die Betriebsinterviews wurden Daten zur Milchviehher-

de, Informationen zur Aufstallung und der Vorgehensweise bei den Anpassungen wie auch zum

Management erfasst. Ebenfalls wurden Fragen zur Motivation und zu ersten Erfahrungen nach

der Veränderung und der Zufriedenheit mit dem angepassten System durchgeführt. Ein leeres

Datenblatt wie auch der Leitfaden für das Betriebsinterview sind als Hardcopy im Anhangsdoku-

ment A-I einsehbar. Die ausgefüllten Datenblätter und Interviews sind im elektronischen Anhang

abgelegt.

Page 27: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 20

Das Datenblatt wie auch das Interview wurde in einem sogenannten Pretest auf zwei Betrieben

vorgängig auf die Praxistauglichkeit überprüft. Die qualitativen Interviews beinhalteten grössten-

teils offene Fragen mit einzelnen Ausnahmen. Die Anpassungen wurden mit Fotos detailliert do-

kumentiert.

3.3 Vorgehen und Durchführung der Datenaufnahme

Die Datenaufnahme wurde mit einem vorgängig zugesandten Betriebsdatenblatt und mittels ei-

nes face-to-face Interviews auf den ausgewählten Betrieben durchgeführt. Die Zeitspanne pro

Interview belief sich auf durchschnittlich eineinhalb bis zwei Stunden.

Die 46 ausgewählten Betriebe wurden mit einem Brief über die bevorstehende Studie informiert.

Dabei wurde der Telefonanruf für die Terminvereinbarung in den nächsten Tagen angekündigt.

Das Betriebsdatenblatt wurde mitversandt, damit die Betriebsleiterfamilie dies bereits ausfüllen

konnte (Ablauf in Abb. 6). Die effektiv besuchten, 36 Betriebe, wurden staffelweise informiert

und vor Ort interviewt. Es wurden jeweils so viele Landwirte angeschrieben, wie auch in einem

angemessenen Zeitraum von zirka zwei Wochen nach Erhalt des Briefes besucht werden konnten.

Die Zeitspanne zwischen dem ersten Briefversand und dem letzten Betriebsbesuch erstreckte

sich zwischen Januar und August 2014. Im Februar 2015 wurden die Betriebe per Mail über Ver-

änderungen der Herdenleistung befragt. Insgesamt wurden 18 Feedbacks zurückgesandt, welche

ebenfalls in die Arbeit einflossen.

Abb. 6: Vorgehensweise der Datenaufnahme auf 36 Praxisbetrieben

Page 28: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 21

3.4 Datenverarbeitung

Die Rohdaten aus den Leitfadengesprächen und dem Betriebsdatenblatt wurden in einer Excellis-

te aufbereitet und galten als Grundlage für die Auswertung. Das Kernstück der Arbeit waren die

getätigten Anpassungen und ihre Auswirkungen. Aus diesem Grund wurden allgemeine Angaben

zum Betrieb wie beispielsweise genauere Abläufe bei der Fütterung nicht in die Arbeit integriert.

Die Betriebsstruktur der beteiligten Betriebsleiterfamilien wurde tabellarisch zusammengefasst.

Die Gründe für die Anpassung wurden nach Anzahl Nennungen unter Kapitel 4.2 zusammenge-

fasst und dokumentiert. Die Betriebsleiter wurden nach den Stärken- und Schwächen in der Tier-

gesundheit (Klauen- und Eutergesundheit, Stoffwechselstabilität wie auch der Fruchtbarkeit) zum

Zeitpunkt des Besuches befragt, was in Tabellenform aufgeführt wurde. Es handelte sich dabei,

um persönliche Einschätzungen ohne Vergleich mit Referenzwerten. Die Aussagen der Betriebs-

leiter über konkrete bauliche Anpassungen wurden nach den Bedürfnissen der Kuh (in Anleh-

nung an den Kuhsignalediamanten nach Hulsen 2004) gruppiert und mit Fotos dokumentiert.

Die Ergebnisse sind in folgenden Kapiteln dargestellt: 4.3 Wirkungsvolle Anpassungen an das

Raum- und Ruhebedürfnis, 4.4 Wirkungsvolle Anpassungen an das Luft- und Lichtbedürfnis der

Milchkuh, 4.5 Wirkungsvolle Anpassungen an das Futter- und Wasserbedürfnis der Milchkuh und

4.6 Wirkungsvolle Anpassungen für Kühe in besonderen Situationen.

Die geschätzten Investitionskosten pro Kuhplatz wurden in fünf Kategorien eingeteilt: 0 – 100

CHF/Kuhplatz, 101 – 500 CHF/Kuhplatz, 501 – 1000 CHF/Kuhplatz, 1001-4000 CHF/Kuhplatz

und die Kategorie *keine Angaben*. Sie wurden in einem Säulendiagramm nach Anbinde- bzw.

Laufställen vorgestellt.

Erste Erfahrungen der Landwirte zu Veränderungen der Tiergesundheit, der Liegezeit, dem Be-

darf an Einstreu, der Sauberkeit der Kühe wie auch der durchschnittlichen Herdenleistung wur-

den mit dem Ampelsystem tabellarisch zusammengefasst («+» = positive Veränderung, «=» =

gleichbleibende Veränderung und «–» = negative Veränderung).

Page 29: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 22

4 Resultate und Einzeldiskussion

Die Resultate stammen aus einer abhängigen Stichprobe. Daraus gezogene Schlüsse können aus

diesem Grund nicht verallgemeinert werden. Es handelt sich jedoch um praxiserprobte Lösungs-

vorschläge, die durchaus eine grosse Relevanz für Berater und Landwirte mit Umbauplänen ha-

ben.

4.1 Struktur der beteiligten Betriebe

In Tab. 7 sind die wichtigsten Ergebnisse zur Betriebsstruktur der 36 beteiligten Betriebe darge-

stellt.

Tab. 7: Betriebsstruktur der 36 befragten Milchviehbetriebe mit Anpassungen des Haltungssystems

Kriterium (Betriebe total) Anzahl Betriebe Anteil in %

Produktionsrichtlinien (36)

QM Produktion 3 8% Integrierte Produktion 29 81% Biologische Produktion 4 11%

Tierwohlfördernde Programme (36)

RAUS 19 53% BTS 2 6% RAUS und BTS 11 31% ohne Ethoprogramm 4 11%

Grösse Milchviehherde (36)

Anzahl Kühe ≤ 20 6 17% Anzahl Kühe 20 < x < 40 16 44% Anzahl Kühe ≥ 40 14 39%

Aufstallung (36)

Anbindestall (AS) 23 58% Laufstall (LS) 13 36% Durchschnittliche Milchmenge (36)

≤ 7500 kg / Jahr 13 36% > 7500 kg / Jahr 23 64%

Melksystem (36)

Eimermelkanlage 1 3% Rohrmelkanlage 24 67% Melkstand 9 25% automatisches Melksystem (AMS) 2 6%

Gestaltung Liegebereich nach Anpassung (36) Kalkstroh-Matratze 29 81% Strohmist-Matratze 3 8% loses Lang-/Kurzstroh und Kalk 3 8% Kalkstroh und Separationsgut 1 3%

Page 30: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 23

Der Median der landwirtschaftlichen Nutzfläche der besuchten Betriebe betrug 25 ha (8.5 – 87

ha), derjenige der Anzahl Milchkühe lag bei 35 Stück (12 – 110). Die durchschnittliche Herden-

leistung belief sich auf rund 8200 kg Milch (6250 – 10300 kg). 65 Prozent (874 Tiere) aller Kühe

auf den besuchten Betriebe wurden in einem Anbindestall gehalten, dies ist leicht mehr als 2011

durchschnittlich in der Schweiz in Anbindehaltung aufgestallt waren. Gemäss deren Hochrech-

nungen werden 2015 knapp 50 Prozent aller Kühe in Laufställen gehalten. Die Tendenz ist stei-

gend (Schrade et al. 2011).

4.2 Gründe für die Anpassung des Haltungssystems

In Tab. 8 sind die genannten Gründe für die Anpassung des Haltungssystems, nach Anzahl Nen-

nungen geordnet, zusammengefasst. Zwölf der besuchten Betriebe haben den Kontakt zur Bera-

tungsstelle gesucht, da sie unzufrieden mit der Aufstallung waren. Dies war vor allem darauf

zurückzuführen, dass Tierverluste oder sichtbare Veränderungen oder Verletzungen am Tier

vorkamen und die Berufszufriedenheit darunter litt. Elf weitere Betriebe suchten nicht direkt den

Kontakt zur Beratungsstelle, sondern sie besuchten aus eigener Initiative ein Tagestraining Kuh-

signale und lernten dort verschiedene Sichtweisen und praxisrelevante Lösungsmöglichkeiten

zur Verbesserung des Haltungssystems kennen. Die Praxisnähe und die Wirkung von kleinen und

kostengünstigen Anpassungen anderer Praktiker veranlassten diese Betriebsleiter, selber etwas

zu unternehmen. Es kam auch vor, dass der Nachbar oder Berufskollege das Tagestraining be-

suchte und der Betriebsleiter so darauf aufmerksam wurde. Sechs Betriebe standen vor grösseren

Veränderungen. Sei dies mit einer Ausdehnung des Betriebes oder auch im Rahmen eines Gene-

rationenwechsels und waren aus diesem Grund an möglichen Veränderungen interessiert. Eben-

falls sechs weitere Betriebe nannten die ablaufende Frist der Gesetzesanpassungen und damit

verbundenen zwingenden Anpassungen als Grund für die Optimierung des Haltungssystems. Sie

kontaktierten die Beratungsstelle und waren an kostengünstigen Lösungen interessiert, die zu-

gleich einfach zu realisieren, zu unterhalten und im Sinne des Tieres sind. Ein Betrieb erwähnte

konkret, dass er Alternativen zu Gummimatten gesucht hat. Er war nicht mehr zufrieden mit der

Tiergerechtheit des Systems und war auch bereit einen Mehraufwand in Kauf zu nehmen.

Tab. 8: Genannte Gründe für die Anpassungen des Haltungssystems

Gründe für die Anpassungen Anzahl Nennungen

Gesundheitszustand Kühe / Unzufriedenheit mit Aufstallung 12

Tagestraining Kuhsignale / Teilnahme über Berufskollegen 11

Vergrössern des Betriebes oder Übernahme Betrieb 6

Anforderungen der Gesetzgebung (Ablauf der Frist am 01. Sept. 2013) 6

Alternativen zu Gummimatten gesucht 1

Total 36

Page 31: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 24

Interessant waren die Aussagen zu den Gründen für die Anpassungen. Hauptmotivation war in

den meisten Fällen die Tiergesundheit und das Tierwohl. Die tägliche Arbeit mit den Tieren, die

Arbeitseffizienz und die Arbeitsfreude spielt dabei eine wichtige Rolle. Waren Kühe oft verletzt

(Zitzenverletzungen, geschwollene Gelenke etc.) hatte dies unweigerlich Einfluss auf die Freude

bei der Tierbetreuung wie auch auf die Kosten rund um die Tiergesundheit.

In Tab. 9 wurde die gesundheitliche Situation auf den Betrieben zusammengefasst. Dies ist je-

doch kein Vorher-nachher Vergleich, sondern wiederspiegelt die IST-Situation der besuchten Be-

triebe. Hohe oder sogar steigende Gesundheitskosten und Fruchtbarkeitsprobleme waren wichti-

ge Beweggründe für die Landwirte etwas auf dem Betrieb zu verändern. Diese Aspekte beinhalte-

ten auch den Verbrauch von Tierarzneimittel und Antibiotika.

Die Klauengesundheit wie auch die Stoffwechselstabilität wurden auf den meisten Betrieben als

Stärke oder als mittelwertig beurteilt. Die Eutergesundheit war vor allem in Anbindeställen eine

Schwäche im Vergleich zu den Laufställen. Dies war auch bei der Fruchtbarkeit der Fall.

Tab. 9: Stärken-Schwächen-Analyse der Tiergesundheit auf den besuchten Betrieben

Stärken und Schwächen Tiergesundheit  Anbindestall   Laufstall  

Klauengesundheit  +  Stärke (14)  +  Stärke (11) 

  =  weder noch (7)  =  weder noch (0) 

  ‐  Schwäche (2)  ‐  Schwäche (2) 

Eutergesundheit  +  Stärke (9)  +  Stärke (10) 

  =  weder noch (4)  =  weder noch 

  ‐  Schwäche (10)  ‐  Schwäche (3) 

Stoffwechsel  +  Stärke (11)  +  Stärke (6) 

  =  weder noch (12)  =  weder noch (5) 

  ‐  Schwäche (0)  ‐  Schwäche (2) 

Fruchtbarkeit  +  Stärke (4)  +  Stärke (5) 

  =  weder noch (10)  =  weder noch (6) 

  ‐  Schwäche (9)  ‐  Schwäche (2)  

 

 

 

 

In folgenden Kapiteln 4.3 bis 4.6 werden die wirkungsvollen Anpassungen der besuchten Betrie-

be dokumentiert.

4.3 Wirkungsvolle Anpassungen an das Raum- und Ruhebedürfnis der Milchkuh

4.3.1 Anpassungen der Laufflächengestaltung

Die Landwirte beobachteten im Anbindestall oft gestresste Tiere beim Austrieb, zudem rutschten

die Tiere unter hastigen Bewegungen aus. Um diese Verletzungsgefahr zu entschärfen, wurden

Rasenteppiche ausgelegt, wie das in Abb. 7a und b zu sehen ist. Auf einigen Betriebe wird der

Teppich bei Bedarf ausgerollt, auf anderen Betrieben wird er nur bei Erneuerungsbedarf wieder

entfernt. Laut Aussagen der Betriebsleiter war der Nutzen des Rasenteppichs für die Trittsicher-

heit innert Kürze zu sehen: Die Kühe gehen bedeutend ruhiger vom Läger in den Stallgang und

Page 32: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 25

wieder zurück. Beim Aus- und Eintrieb konnte ein sicherer Gang beobachten werden, was auf die

Rutschsicherheit des Bodens hinweist.

Der Zusammenhang zwischen Schrittlänge und rutschfestem Boden bestätigten Haufe et al.

(2009) in Ihrer Studie. Die zentrale Rolle der Bodenverhältnisse für kontrollierte und ruhige Be-

wegungen unterstreicht Swissgenetics (2008) in einem Artikel.

Abb. 7: Rutschfester Rasenteppich im Stallgang von Anbindeställen

Auf vielen Betrieben hat auch ein Umdenken betreffend «welche Kuh wird zuerst freigelassen?»

stattgefunden. Ist die hinterste anstelle der vordersten Kuh zuerst frei, läuft der ganze Prozess

bedeutend stressfreier und ruhiger ab (Praxistipp gemäss Aussagen der Betriebsleiter).

Die Belastung der Gliedmassen wie auch das Aufweichen der Ballen- und Zwischenklauenhaut

durch Gülle und Feuchtigkeit kann durch saubere Laufflächen minimiert werden. Die Häufigkeit

der Entmistung mit Schieber in Laufställen war deshalb ein wichtiger Punkt in der Befragung. Die

Aussagen der Betriebsleiter gingen von drei bis sechs bis zu mehr als zehn Schiebereinheiten pro

Tag beziehungsweise einer automatisch geschalteten Zeituhr alle zwei bis drei Stunden. In einem

der besuchten Betriebe mit Spaltenboden ist ein automatischer Entmistungsroboter in nächster

Zeit eingeplant. Konkret war eine Tendenz zur besseren Klauengesundheit zu beobachten, die

längerfristige Erfahrung, um eine konkrete Aussage zu machen, fehlte hier noch.

Die Quergänge wurden zwischen ein bis zweimal pro Tag meistens während dem Melken gerei-

nigt. Die Frequenz der Entmistung wurde in den meisten angepassten Laufställen aufgrund der

besseren Prophylaxe vor Klauenproblemen oder auch Lahmheiten erhöht. In der Literatur ist der

Zusammenhang vom Erkrankungsrisiko bei erhöhter Verschmutzung und langen Stehzeiten bei

ungenügendem Liegekomfort klar erwiesen. Je mehr der Schieber läuft bzw. entmistet wird, um-

so weniger verschmutzt sind Klauen und Gliedmassen, was sich positiv auf die Klauen- und die

Eutergesundheit auswirkt (Fiedler et al. 2004; Cook und Nordlund 2009).

Waren genügend Durchgänge und keine Sackgassen vorhanden, war mehr Ruhe in der Herde zu

beobachten. In älteren Laufställen konnten Landwirte enge Quergänge optimieren, indem sie die

Seitenwände entfernten (Abb. 8a-b). Für die Kuh ist dadurch auf Augenhöhe besser absehbar,

was sie auf der anderen Seite erwartet (z.B. eine ranghöhere Kuh). Dies entschärft die Situation

7a 7b

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Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 26

stark. Zudem ist die Boxe direkt neben dem Seitengang besser belüftet und aufgrund des grös-

seren Platzangebots attraktiver. Ein weiterer positiver Aspekt ist das Abtrocknen der Matratze.

Abb. 8: Quergänge ohne geschlossene Seitenwände

Die Breite der Gänge wurde in der Befragung nicht aufgenommen. Sie hat aber einen wichtigen

Einfluss auf die Verletzungsgefahr, das Sozialverhalten und den Zugang von Ressourcen wie Fut-

ter, Wasser oder auch Liegeplätze (Konggaard 1983; Waiblinger und Wechsler 2007).

Risikoorte für Klauenverletzungen sind Stufen, Kanten, Warteräume oder auch Drehpunkte bei-

spielsweise im Melkstand, wo eine Klaue durch die Rotation einer hohen Belastung ausgesetzt

ist. Als Optimierungslösungen wurden diese Risikoorte mit gebrauchten oder neuen Gummimat-

ten ausgelegt, wie auf dem Betrieb in Abb. 9 der Warteraum (9a) und der Aufstieg in den Melk-

stand (9b) zeigen. Dadurch stehen die Kühe nicht zu lange auf hartem Boden und haben beim

Aufstieg in den Melkstand besseren Halt.

g

Abb. 9: rutschfeste Gummimatten im Warteraum (9a) und auf Treppenaufstieg in Melkstand (9b)

In Abb. 10a ist der Durchgang vom eingestreuten Abkalbebereich zur Fressachse ersichtlich.

Dieser Durchgang wird von der Kuh bei Aufenthalt in der stressfreien Abkalbelinie rege genutzt.

Mit der Gummimatte auf dem perforierten Boden wird einerseits die Trittsicherheit erhöht und

andererseits die Belastung der Vordergliedmassen beim Abstieg gedämpft.

8a 8b

9a 9b

Page 34: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 27

Abb. 10: Gummimatte (10b) beim Ausgang vom Abkalbebereich zur Fressachse (10a)

4.3.2 Anpassungen der Abmessungen im Liegebereich

Aufgrund der 2008 revidierten Schweizer Tierschutzverordnung (SR 455.1; AS 2008) lief die

Übergangsfrist für die Anpassung Standplatzabmessungen in bestehenden Ställen per 31. Au-

gust 2013 aus. Ältere Anbindeställe waren davon besonders betroffen.

Mit einfachen und günstigen Lösungen konnten die Lägerdimensionen wie auch der Liegeunter-

grund verbessert werden, wie die folgenden Ausführungen darlegen. Der erste Schritt für den

Einbau der Kalkstroh-Matratze war das Entfernen störender Abtrennungen wie Seitenbügel oder

auch Kopfrohre. Das Entfernen des Seitenbügels bringt in der Praxis mehr Freiheit für die Kuh

und eine geringere Verletzungsgefahr für den Viehverantwortlichen z.B. bei Arbeiten zwischen

den Tieren. Entgegen den Befürchtungen einiger Landwirte, liegen die Kühe nach ersten Erfah-

rungen auf der griffigen Matratze und dem optimierten Schwungraum auch ohne Seitenabtren-

nung problemlos gerade nebeneinander ab. Zwei solche Beispiele mit unterschiedlichen Anbin-

devorrichtungen sind in Abbildung 11a und b zu sehen.

Abb. 11: Anbindeställe ohne Seitenbügel mit unterschiedlicher Anbindevorrichtung

10a 10b

11a 11b

Page 35: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 28

Die ersten Erfahrungswerte werden von Kanswohl und Sanftleben (2006) wie auch Sanftleben et

al. (2007) gestützt. Aus deren Studien geht hervor, dass die Dimensionierung (inkl. Schwung-

raum) wie auch die Ausstattung des Liegebereiches (inkl. Unterlage) für das Ausleben normaler

Verhaltensweisen entscheidend ist. Gemäss Landwirte funktionieren die Anbindesysteme auch

ohne störende Elemente und Einrichtungen im Kopfbereich. Wird der Kuh eine griffige und ver-

formbare Unterlage mit genügend Schwungraum nach vorne angeboten, wird sie sich auch ohne

Seitenbügel gerade in die Box legen. Diagonal liegende Kühe wurden gemäss Aussagen der Be-

triebsleiter oft gesehen, wenn der Schwungraum fehlte und die Kuh für den benötigten Raum auf

die Seite ausweichen musste. Auf die Wichtigkeit des Schwungraumes macht Bachschweller

(2009) in seiner Untersuchung aufmerksam. Ihm zufolge sind abnormale Verhaltensweisen wie

pferdeartiges Aufstehen, Rutschbewegungen nach hinten wie auch diagonales Liegen zu be-

obachten.

Das Beispiel in Abb. 12 zeigt wie sich der Schwungraum vor (12a) und nach (12b) der Entfernung

des Kopfrohrs präsentiert.

Abb. 12: verbesserter Schwungraum nach der Entfernung des Kopfrohres

Eine weitere Praxislösung für optimierten Schwungraum im Anbindestall ist in Abb. 13 ersicht-

lich. Die Holzwand war vorher nur ungefähr 50 cm für die Fütterung der Tiere geöffnet (Abb.

13a). Nach teilweiser (Abb. 13b) und anschliessend vollständiger Entfernung (Abb. 13c) wie auch

dem Einbau einer Kalkstroh-Matratze (Abb. 13b und c) konnte einerseits genügend Schwung-

raum und frische Luft im Kopfbereich der Kuh erreicht werden, andererseits wurde der Arbeitsab-

lauf zur Fütterung und Reinigung der Futterkrippe klar verbessert.

Abb. 13: Entfernung der Holzwand für mehr Schwungraum und Luftqualität im Kopfbereich

12a 12b

13a 13b 13c

Page 36: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 29

Das Futter sollte von den Kühen nicht in den Liegebereich verschleppt werden und dennoch

muss der Schwungraum vollständig erhalten bleiben.

Die beim Einbau der Kalkstroh-Matratzen nun überflüssigen Gummimatten wurden im Anbinde-

stall als Gummilappen zugeschnitten und am Krippenrand montiert. Gemäss den Erfahrungen

der Betriebsleiter erfüllen sie den Zweck in zweierlei Hinsichten: Einerseits gerät durch die flexib-

le Abtrennung weniger Futter in den Liegebereich (Abb. 14) und andererseits kann die Kuh beim

Aufstehvorgang nach vorne schwingen und dabei den Gummilappen biegen (Abb. 14b).

Abb. 14: Flexibler Gummilappen als Abtrennung zwischen Fress- und Liegebereich

Beim Einbau einer Kalkstroh-Matratze in Anbindehaltung

mit Halsrahmenvorrichtung waren spezielle Lösungen

gefragt, um keine Bewegungseinschränkung aufgrund

der höheren Matratze zu erhalten. Nach dem Erstellen

der Matratze und der Abgrenzung von Liege- bzw.

Fressbereich mit Gummilappen wurde der Halsrahmen

am Ansatz mit Kettengliedern verlängert und danach mit

einem alten Gülleschlauch eingefasst (Abb. 15).

In Kurzständen sind oftmals zu hohe Krippenränder oder Rohre auf Kopfhöhe angebracht. Ge-

mäss baulichem Tierschutz muss zwischen tierseitigem und tennseitigem Krippenrand einen

Abstand von mindestens 60 cm eingehalten werden (BVET 2014). Aus den Befragungen der

Landwirte geht hervor, dass dieser Raum nicht ausreicht. Werden tennseitige Krippenränder mit

obgenanntem Mindestabstand eingebaut, kann die Kuh ihren Schwungraum nicht artgerecht

ausüben. Gemäss Bachschweller (2009) benötigt eine durchschnittliche Kuh ein Kopf- und

Schwungraum von 120 Zentimeter oder mehr, was somit die Beobachtungen aus der Praxis un-

terstreicht.

14a

14b

Abb. 15: Verlängerung des Halsrahmens mit Kette und altem Gülleschlauch

Page 37: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 30

Lösungen für mehr Bewegungsfreiheit nach vorne sind in den nachfolgenden Abbildungen 16 bis

21 dargestellt. Abb. 16 zeigt wie in einem Anbindestall die Krippenelemente wie auch die Anbin-

devorrichtung entfernt und durch eine einfache Konstruktion mit einer Kette ersetzt worden

sind. Die Kette wurde mit einem Plastikrohr umgeben, um Scheuerstellen vorzubeugen. Der neue

Futtertisch wurde mit einer Tiefe von 1.20 m betoniert. Dadurch wurde der Schwungraum erwei-

tert und die Beweglichkeit der Kuh durch die neue Anbindevorrichtung erhöht. Diese Vorrichtung

ist in der Länge sowie in der Position an der oberen Kette beliebig verstellbar.

f f Abb. 16: Individuell verstellbare Anbindevorrichtung mit Kette (umrandet mit Plastikrohr)

In Abb. 17 ist die Kettenanbindevorrichtung ohne Plastikrohr zu sehen, was ebenfalls in der Pra-

xis sehr gut funktioniert. In Abb. 17a ist zudem ein zusätzlicher Karabinerhaken erkennbar

(Pfeil), an welchem die Kuh bei Kraftfuttergaben kürzer geschnallt werden kann. In diesem Stall

wurden ebenfalls Krippen und alte Anbindevorrichtungen wie auch Seitenwände und Gummimat-

ten entfernt und die Läger mit Kalkstroh-Matratze eingerichtet.

Abb. 17: Variante einer Ketten-Anbindevorrichtung mit maximaler Kopffreiheit

Eine Verbesserung des Schwungraumes im Laufstall wurde auf den besuchten Betrieben fast aus-

schliesslich über die Anpassungen im Kopfbereich erreicht. Die Verlängerung der Liegeboxen in

den Laufgang war aufgrund bestehender Abmessungen kaum möglich. In Abb. 18b sind die Be-

tonelemente zu sehen, welche in Abb. 18a im Kopfbereich auf ganzer Länge abgetragen wurden.

16a

17a 17b

16b

Page 38: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 31

Abb. 18: Entfernung einschränkender Bauelemente im Kopfbereich von Liegeboxen

Auf dem Betrieb in Abb. 19 wurde ein aufwändiger Anbau zur Verbesserung des Schwungraumes

erstellt. Die Aussenwand wurde entfernt und mit einer flexiblen Plastikplane ersetzt, welche bei

geöffnetem Zustand zusätzliche Frischluft bringt. Die Aussenansicht im Winter ist in Abb. 19b zu

sehen. Die Böschung ist stark abfallend.

Abb. 19: Aufwändiger Anbau für mehr Schwungraum in Stall an Hang

Eine weitere Variante zur Verbesserung des Liegebereiches verbunden mit einer Umnutzung des

Stalles ist in Abb. 20 ersichtlich. Dieser Betrieb hat im Innern des Stalles eine stressfreie Abkal-

belinie verwirklicht (Abb. 40) und die dadurch verlorenen Stallplätze mit Aussenliegeboxen er-

setzt. Die Variante wurde mit Eigenleistung gebaut und mit gebrauchten Liegeboxenbügeln aus-

gestattet.

Abb. 20 : Aussenliegeboxen mit maximal Luft und Licht

19a 19b

20a 20b

18a 18b

Page 39: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 32

Im bestehenden Stall des obgenannten Betriebes wurde

die Liegeboxenlänge zudem auf Kosten eines Liege-

platzes verändert. Die Liegeboxeneinrichtungen wurden

Nord-Süd anstelle Ost-Wests ausgerichtet (Abb. 21).

Dadurch wurde mehr Platz für die Kopffreiheit bzw. den

Schwungraum geschaffen.

In den besuchten Laufställen wurden im Rahmen der Anpassungen starre Nackenrohre oftmals

mit flexiblen Nackenbänder bzw. Spansets ersetzt, wie dies in Abb. 22 a und b zu sehen ist. Für

diese Lösung spricht, dass die Kollision mit einem starren Rohr vermieden wird und die ge-

wünschte Wirkung des Positionierens der Kuh trotzdem erhalten bleibt. Neben dem Ersetzen

wurde aber auch der Ort des Nackenbands verändert. Senkrecht zur Matratze wurden Nacken-

bandhöhen zwischen 115 bis 125 Zentimeter gemessen, dabei waren die Bänder weiter vorne

positioniert. Da der genaue Abstand diagonal zum Kotbalken nicht gemessen wurde, kann diese

Angabe nicht näher weiterverfolgt werden.

Abb. 22: Zwei verschiedene Varianten (22a bzw. 22b) von einem flexiblen Nackenband mit Spanset

Bei Liegeboxenbügeln, die aufgrund des Mo-

dells nicht ohne fixes Nackenrohr auskamen,

wurde mit Hilfe eines Aufsatzes Abhilfe ge-

schaffen. Dank des Aufsatzes konnte die Höhe

und Position des Nackenrohrs neu definiert

werden, ohne dass die Einrichtung dabei an

Stabilität verlor (Abb. 23).

Abb. 21: Neuausrichtung der Liegeboxen mit vergrössertem Schwungraum

22a 22b

Abb. 23: Erhöhung des starren Nackenrohrs mit Aufsatz

Page 40: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 33

Gemäss Aussagen der Betriebsleiter wurden mit der Neupositionierung des Nackenrohrs und

teils in Kombination mit neuer Liegeunterlage weniger Kollisionen mit der Einrichtung beobach-

tet. Zudem waren weniger Abweichungen vom natürlichen Aufstehprozess zu sehen. Dies bestä-

tigte auch Potterton et al. (2011), denn optimal eingestellte Nackenrohre führen zu normalem

Aufsteh- bzw. Abliegeverhalten und dadurch zu weniger Schäden an der Haut wie auch bedeu-

tend weniger Veränderung der Gelenke.

4.3.3 Anpassungen der Liegeunterlage

In 21 der 23 Anbindeställe und in sieben der 13 Laufställe wurde im Rahmen der Stallanpassung

eine Kalkstroh-Matratze eingebaut. Bis auf zwei Betriebe waren alle Laufställe bereits mit Tiefbo-

xen und Strohmist oder losem Stroh ausgestattet. Einer der Betriebe unterhielt schon vor der

Anpassung eine Kalkstroh-Matratze. Gerade Betriebe mit Strohmist-Matratzen blieben der Ein-

streu oft treu, insofern kein Handlungsbedarf bestand.

Die Gummimatte wurde zum Einbau der Kalkstroh-Matratze im Anbindestall meistens entfernt.

So konnten zwei bis drei Zentimeter mehr für eine kompakte Matratze gewonnen werden. Da der

Einbau der Matratze auch mit gewisser Unsicherheit behaftet war, haben einzelne Landwirte die

Gummimatte nicht herausgenommen. Die Matratze könnte somit einfach wieder entfernt und

das Läger wie vorher genutzt werden. Im Gespräch mit den Betriebsleitern stellte sich heraus,

dass bei einem erneuten Einbau, die Gummimatten doch auch rauskämen. Gemäss ihren Anga-

ben soll zum Erreichen einer kompakten Matratze mindestens 15 cm, besser aber eine 20 cm

dicke Matratze angestrebt werden. Erste Erfahrungen zeigten, dass wenn die Matratze zu dünn

ist, sie nie richtig kompakt und griffig wird. Sie bleibt lose und wird teilweise bis auf die Boden-

platte aufgewühlt. Im Gegensatz zum Laufstall, ist die Instandhaltung der Matratze im Anbinde-

stall anspruchsvoller, da die Kühe den Liegeplatz nur während des Auslaufes oder des Weide-

ganges verlassen. Dies war im Vergleich des Arbeitsaufwandes der Betriebsleiter für die Dauer

der Pflege der Liegeflächen klar ersichtlich. Im Schnitt lag der Aufwand pro Kuh für die tägliche

Pflege der Liegefläche bei knapp eineinhalb Minuten (86 Sekunden) im Anbindestall und bei 49

Sekunden im Laufstall. Im Anbindestall wurde die Dauer der Liegeflächenpflege zwischen 19 bis

300 Sekunden geschätzt, im Laufstall zwischen 16 – 120 Sekunden pro Kuh und Tag. Die grosse

Varianz ist darauf zurückzuführen, dass in den 36 Betrieben auch 36 unterschiedliche Systeme

vorgefunden wurden. Jeder Landwirt hatte den Einstreu-, Pflege- und Entmistungsprozess auf

seine Weise angepasst und optimiert. Im Weiteren sind auch die unterschiedlichen Mischverhält-

nisse, Ausgangsmaterialien und Ansprüche der Betriebsleiter für das optimale Liegebett mitent-

scheidend für den Pflegeaufwand.

Zum Einbau der Matratze im Anbindestall wurde ein Abschlussbrett (sechs bis acht Zentimeter

dick) mit einem Winkeleisen pro Kuhplatz befestigt und die Läger anschliessend mit einer Kalk-

stroh-Mischung 7F

8 aufgefüllt. Einige Betriebe brauchten für den Unterbau der Matratze Kälber- oder

8 Mischung Kalkstroh im Verhältnis 50 : 100 : 200 (Langstroh : Wasser : Kalk) nach Manser

Page 41: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 34

Pferdemist und füllten nur die obersten zehn Zentimeter mit einer Kalkstroh-Mischung auf. Dies

sparte Kosten und funktionierte gemäss den Aussagen der Betriebsleiter sehr gut. In Abb. 24a ist

das Abschlussbrett und die Gummimatte dazwischen (mit Pfeil gekennzeichnet) zu sehen. Bei

diesem Stall war keine Lägerverlängerung nötig. In Abb. 24b dagegen wurde das Abschlussbrett

zur Verlängerung der Läger gebraucht. Hier wurde die Gummimatte vorgängig entfernt, um die

Matratzenhöhe zu maximieren.

Abb. 24: Einbau Kalkstroh-Matratze ohne (24a) und mit (24b) Verlängerung des Lägers

Je nach Anpassung war das Abschlussbrett zwischen acht bis 25 Zentimeter hoch. Dies ist darauf

zurückzuführen, dass einige Betriebsleiter die Läger vorher ausgehoben haben und dadurch die

Dicke der Matratze nicht über das Abschlussbrett erreicht werden musste (Abb. 25a). Wurde die

Kalkstroh-Matratze auf das bestehende Läger aufgebaut, musste die optimale Matratzendicke

von 15 – 20 Zentimeter über die Höhe des Abschlussbretts geregelt werden (Abb. 25b). Laut

Aussagen der Betriebsleiter stellt die hohe Stufe für die Kuh kein Problem dar. Viel wichtiger ist

dabei die Trittsicherheit vom Stallgang, somit kann die Kuh auch bei höherem Läger problemlos

auf- und absteigen.

Abb. 25: Unterschiedliche Höhe des Abschlussbrettes der Kalkstroh-Matratze abhängig von der Einbauart

Die effektiv erreichte Lägerlänge in den optimierten Anbindeställen belief sich auf 185 cm bis

210 cm, die Standbreite lag zwischen 110 bis 120 cm gemäss Tierschutzvorschriften. Laut Aus-

sagen und ersten Erfahrungen der Betriebsleiter führen Lägerlängen von mehr als 200 cm zu

24a 24b

25a 25b

Page 42: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 35

einer höheren Verschmutzung der Kühe und sind aus diesem Grund nicht zu empfehlen. Viel

wichtiger ist es, den Tieren den effektiven Schwungraum für den Aufstehvorgang zu gewährleis-

ten. Neben der Kalkstroh-Matratze bewährte sich ebenfalls die Strohmist-Matratze mit Kalkein-

satz. Die beiden Biobetriebe in dieser Studie waren ohne Kuhtrainer gefordert, die Kalkstroh-

Matratze auch ohne Steuerungsvorrichtung zu unterhalten. Dies war nicht ganz einfach, funktio-

nierte jedoch mit dem In-Kauf-nehmen von schmutzigeren Kühen. Der Kuhtrainer hat gemäss

Erfahrungen der Landwirte einen bedeutenden Einfluss auf die Sauberkeit der Kühe und die hygi-

enischen Bedingungen einer Kalkstroh-Matratze. Seitens der Landwirte tauchte die berechtigte

Frage auf, ob ein elektrischer Kuhtrainer (maximal zweimal wöchentlich eingeschaltet) für das

Tier schlimmer ist, als schmerzhafte Verletzungen aufgrund harter Liegeunterlage und ungenü-

gendem Schwungraum. Denn in nicht bedürfnisgerecht eingerichteten Ställen kollidiert die Kuh

beim Aufstehen und Abliegen mehrmals täglich mit dem System.

Mit dem Langstroh, welches in Abb. 26 über den Abschlussbalken gezogen wird, werden die

Kühe vor Druckstellen geschützt. Gemäss Aussagen der Landwirte ist das regelmässige Auffüllen

der Läger oder Liegeboxen zentral, damit keine Kuhlen und dadurch Druckstellen wegen des

erhöhten Abschlussbrettes entstehen. Im Anbindestall war die Pflege der Matratze besonders in

den ersten zwei Monaten arbeitsintensiv. In dieser Zeit ist die Kompaktheit der Matratze noch

nicht optimal.

Abb. 26: Strohmist-Matratze mit Langstroh im Anbindestall

Gemäss ersten Erfahrungswerten der Landwirte ist die Matratze im Gegensatz zu den vorange-

henden Lägern mit Gummimatte viel griffiger. Zudem hat sich dank der weichen und griffigen

Unterlage und dem zusätzlich gewonnenem Kopf- und Schwungraum die Veränderungen an

Knien und Sprunggelenk stark verbessert. Diese Erkenntnis bestätigten auch Bachschweller

(2009) und Nuss und Weidmann (2013) in ihren Untersuchungen. Der Scheuereffekt spielt je

nach Liegeunterlage und Einstreu ebenfalls eine entscheidende Rolle für die Gesundheit der Kü-

he.

Page 43: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 36

In den besuchten Laufställen wurde primär Schwungraum geschaffen und die Griffigkeit der Mat-

ratze erhöht. Oftmals wurden Tiefboxen vorgängig lose eingestreut, was der Kuh wenig Halt gab

und dadurch auch der Griff beim Aufstehen fehlte. Durch die neugewonnene Kopffreiheit und

der Anpassung der Liegeunterlage von Gummimatten auf eine griffige Matratze mit Kalkstroh,

Strohmist oder Separationsgut-Kalkstroh konnte eine verlängerte Liegedauer auf den Betrieben

verzeichnet werden. Dies ist eine Einschätzung der Betriebsleiter und daher nicht mit Zahlen er-

fasst. Die effektive Liegefläche zwischen Kot- und Bugbalken bei den gemessenen Liegeboxen

betrug nach dem Umbau 190 bis 200 cm. Die wandständigen Boxen haben dabei eine Gesamt-

länge von 260 cm, was den Vorschriften des Tierschutzes (BVET 2014) entspricht. In bestehen-

den Laufställen war eine Verlängerung der Liegeboxen aufgrund der minimalen Laufgangbreiten

nicht möglich. Durch Abtragen der Wand auf zehn Zentimeter oberhalb der Liegefläche bei

wandständigen Boxen oder angepassten Nackenrohreinstellungen wie auch dem Einbau einer

griffigen Matratze konnte auf den Praxisbetrieben mehr Liegequalität erreicht werden.

Vier der besuchten Laufstall-Betriebe investierten in komplett neue Liegeboxensysteme. In Abb.

27a ist die Variante *Greenstalls* mit griffiger Matratze und einer Nackenrohrhöhe von 125 Zen-

timeter zu sehen. Die Kuh hat in diesem System volle Kopffreiheit nach vorne. In Abb. 27b sind

neue Aussenliegeboxen mit einer Nackenbandhöhe von ebenfalls 125 Zentimeter und einer grif-

figen Kalkstroh-Matratze ersichtlich.

Abb. 27: Neue Liegeboxeneinrichtungen mit Kalkstroh-Matratze als Liegeunterlage

Zusammen mit den optimalen Abmessungen im Anbinde- wie auch im Laufstall ist die Qualität

der Liegeunterlage ein bedeutender Parameter für das Ruheverhalten von Milchkühen. Unter op-

timalen Voraussetzungen liegt das natürliche Liegebedürfnis einer laktierenden Kuh bei zehn bis

vierzehn Stunden oder mehr (Wierenga 1991), dabei sind zwischen sieben bis elf Liegephasen zu

beobachten (Cook et al. 2004; Sanftleben et al. 2007; Ito et al. 2009). Interessant ist auch die

Erkenntnis, dass Kühe, die mehr Liegen pro Tag bis zu 1.7 kg mehr Milch pro Liegestunde pro-

duzieren (Grant 2007). Zugleich wird der Bewegungsapparat entlastet, was Lahmheiten vorbeugt

(Fregonesi et al. 2007a). Dies unterstreicht die Wichtigkeit vom bedürfnisgerechten Liegebereich

und auch die Beobachtungen und Handlungen der besuchten Betriebsleiter. Aus Sicht des Tier-

wohls sind zudem Schädigungen an Knien und Sprunggelenken bedenklich. Und diese sind stark

mit nicht-bedürfnisgerechten Liegebereichen korreliert. Weniger Verletzungen oder Schwellun-

27a 27b

Page 44: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 37

gen der Knie und Sprunggelenke wurden von den Landwirten mehrfach als Erfolg der Anpassung

genannt. Zähner et al. (2009) bestätigte in seiner Untersuchung, dass die Anzahl Schäden auf

weichen und verformbaren Unterlagen klar reduziert werden im Vergleich zu Komfort- oder

Gummimatten mit / ohne losem Stroh oder Sägemehl. Dies wird durch Kanswohl und Sanftleben

(2006) wie auch Nuss und Weidmann (2013) bestätigt. In der Praxis konnte diese Erfahrung

durch die Betriebsleiter ebenfalls gemacht werden. Die Liegedauer ist klar erhöht in Tiefboxen

oder Läger mit Einstreu wie Strohmist, Sägemehl oder Kalkstroh im Vergleich zu Gummimatten,

wie Studien von Alder (2012) und Nuss und Weidmann (2013) zeigten. Das unterstreicht die ers-

ten Erfahrungen der Landwirte ebenfalls.

4.4 Wirkungsvolle Anpassungen an das Luft- und Lichtbedürfnis der Milchkuh

In bestehenden Gebäuden sind Anpassungen für eine bessere Luftqualität und für mehr Licht im

Stall eine Herausforderung. Innovative Lösungen wurden umgesetzt.

Die Abb. 28 zeigt einen Grossraumventilator, der zur Ver-

besserung der Luftumwälzung im Stall aufgestellt wurde.

Die meisten Betriebe verfügten bereits über Ventilatoren.

In neun der besuchten Betriebe wurden im Rahmen der

Anpassung neue Ventilatoren angeschafft, um die Luft-

qualität im Sommer wie auch im Winter noch zu verbes-

sern. So wird mehr frische Luft in den Stall befördert, be-

ziehungsweise schlechte mit Schadgasen, Staub oder

Keimen belastete Luft weggeblasen. Zudem wird durch

die erhöhe Luftgeschwindigkeit die Kuh bei der Kühlung

der Körpertemperatur unterstützt (BVET 2013). Ein weite-

rer positiver Effekt ist die Abtrocknung der Liegeunterla-

ge, beispielsweise von Kalkstroh-Matratzen, die auf den

besuchten Betrieben häufig erstellt wurden. Die Ventilatoren wurden in Laufställen vorwiegend

oberhalb des Liegebereiches installiert, da die Kühe bei belüfteter Fressachse sich gerade in den

Sommermonaten häufig im Bereich des Fressgitters aufhalten und herumstehen. Wird der Venti-

lator in einem leichten Winkel schräg nach unten montiert, wird die Luft direkt in den Liege- bzw.

Kopfbereich geblasen. Je nach Stallsystem werden zwei Ventilatoren benötigt, um die Luft bis in

die hinterste Boxe zu befördern. Laut Manser (2015b, Persönliche Mitteilung) ergibt der Durch-

messer des Ventilators mal zehn die ungefähre Reichweite der Luft im Stall. Ein Ventilator mit

1.40 Meter Durchmesser reicht demzufolge ca. 14 Meter weit. Da die Temperatur der Stallluft

stark mit der Luftzufuhr korreliert (Curt und Gooch ohne Jahr), können mithilfe eines Ventilators

auch bei warmen Temperaturen bessere Bedingungen für die Kuh im Stall geschaffen werden.

Aufgrund des positiven Zusammenhangs zwischen der Ruhezeit einer Kuh und deren Milchpro-

duktion (Grant 2007) ist dieser Aspekt sehr interessant für den einzelnen Betrieb. Die Landwirte

Abb. 28: Grossraumventilator zur Ver-

besserung der Luftzirkulation im Stall

Page 45: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 38

erwähnten, dass nach Einbau der Lüfter eine gleichmässige Verteilung der Kühe im Stall zu be-

obachten war, was die positive Wirkung der Grossraumlüfter unterstreicht.

Eine flexible Variante für die Installation des Ventilators im Anbindestall ist in Abb. 29a-c zu se-

hen. Da die Tenndurchfahrt einmal täglich für die Durchfahrt mit Traktor und Mischwagen ge-

braucht wird, wurde der Ventilator mit einer verstellbaren Vorrichtung montiert. Der Ventilator

ist innert Kürze an der Decke versorgt und die Futterachse kann problemlos befahren werden.

Abb. 29: Klappbarer Ventilator für flexible Tenndurchfahrt im Anbindestall

Für die maximale Frischluftzufuhr und genügend Licht im Stall sind offene Stallfenster einfach zu

realisieren. In diversen Betrieben wurden kostengünstige und einfache Lösungen gefunden, um

das Fensterglas auch im Winter nicht mehr zu gebrauchen. Mit einer Eigenkonstruktion aus Bau-

vlies und Dachlatten waren alle Fenster in wenigen Sekunden geschlossen und schützten so bei

extremen Witterungsverhältnissen. Die Chance dabei ist, dass auch im Winter genügend Frisch-

luft in den Stall gelangt und keine aufwändigen Ein- und Ausbauarbeiten von Fensterglas auf den

Betriebsleiter zukommen. Der Betrieb hat die Möglichkeit, das Vlies ganz oder halb zu schliessen

(Abb. 30). Gemäss Aussagen des Betriebsleiters wurden in den letzten drei Jahren die Fenster nur

an einzelnen Tagen pro Jahr mit dem Vlies verschlossen.

Abb. 30: Schliessbare Fensterseite bei extremen Witterungsverhältnissen

Die klappbaren Vliesfenster in Abb. 31 wurden nur zur Demonstration geschlossen. Gemäss Be-

triebsleiter gibt es wenige Tage im Jahr, wo die Fenster zu sind. Dies ist eine einfache und pra-

xisnahe Lösung, die auch im Winter in bestehenden Gebäuden für maximale Frischluftzufuhr

sorgt.

29a 29b 29c

30a 30b 30c

Page 46: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 39

Abb. 31: Einfache Handhabung von Vliesfenster bei extremen Witterungsbedingungen

In Abb. 32a ist eine Seitenwand zu sehen, welche im Sommer wie auch im Winter die Westseite

des Stalles offen hält und Frischluft in den Stall bringt. Die Abb. 32b zeigt Öffnungen innerhalb

des Stalles um die Luftzirkulation zu verbessern. Diese „Fensteröffnungen“ wurden ebenfalls im

Rahmen der Optimierungsmassnahmen realisiert und haben sich gemäss Aussagen des Betriebs-

leiters bestens bewährt. Auf der linken Seite der nun offenen Wand befindet sich das Läger der

Galtkühe, auf der rechten Seite der Futterlagerraum.

Abb. 32: Offene Fenster (32a) bzw. geöffnete Innenwand (32b) für bessere Bedingungen im Stall

Neben Fenster konnte gerade in Anbindeställen

auch mit geöffneten Toren maximale Frischluftzu-

fuhr erreicht werden (Abb. 33). Kühlere Tempera-

turen sind für die Kuh absolut kein Problem, dies

bestätigten die Betriebsleiter in ihren Aussagen.

31a 31b 31c

Abb. 33: Anbindestall mit offenem Scheunentor im Winter

32a 32b

Page 47: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 40

Die Betriebsleiter beurteilten ein gutes Abtrocknen der Kalkstroh-Matratze als mitentscheidend

für den Erfolg dieses Systems. Um die Matratze entsprechend zu belüften, wurden die Seiten-

wände mit einfachen Mitteln entfernt (Abb. 34). Die Liegeplatzqualität direkt hinter der Seiten-

wand verbesserte sich gemäss Beobachtungen der Landwirte klar. Der zusätzlich gewonnene

Raum wird von den Kühen genutzt (Abb. 34a).

Abb. 34: Entfernte Seitenwände zur besseren Luftzirkulation im Anbindestall

Gemäss BVET (2013) unterscheidet sich die Stallluft bezüglich Schadgas- wie auch Schwebstaub-

belastung stark von der Aussenluft. Aus diesem Grund ist es auch im Winter, wenn Hitzestress

kein Thema ist, wichtig, die Scheunentore und Fenster solange als möglich offen zu halten und

für genügend Frischluft zu sorgen. Mehrere Betriebsleiter bestätigten in den Interviews, dass das

Einfrieren von Tränken selten ein Problem war und bei wirklich tiefen Minustemperaturen und

guter Einrichtung, die Tore kurzfristig über Nacht geschlossen werden konnten. Zum Teil wurden

auch frostsichere Tränkesysteme eingebaut. Im Sommer steigert der leichte Luftzug mit fünf bis

acht km/h (≠ Zugluft) die Luftqualität und hilft der Kuh beim Regulieren der eigenen Körpertem-

peratur (Curt und Gooch ohne Jahr; BVET 2013). Zudem kann durch die Luftumwälzung die

Schadgaskonzentration beispielsweise von Ammoniak tief gehalten werden.

Bei allen vorgestellten Varianten bezüglich Luftqualität wird ebenfalls der Aspekt Lichteinfall im

Stall verbessert. Mehr Licht im Stall durch offene Fenster, Türen oder auch mit Unterstützung von

künstlichem Licht hat gemäss Buchanan et al. (2000) und Dahl (2006) einen positiven Effekt auf

den TS-Verzehr wie auch auf die Milchleistung. Diese Veränderungen wurden von den befragten

Landwirten ebenfalls festgestellt, können aber aufgrund mehrerer Anpassungen nicht auf einen

Aspekt zugeordnet werden.

4.5 Wirkungsvolle Anpassungen an das Futter- und Wasserbedürfnis der Milchkuh

In sieben der besuchten Laufställe stand für jede Kuh mindestens ein Fressplatz zur Verfügung.

Die restlichen sechs Laufställe hatten zwischen 2.5 bis 1.1 Kühe pro Fressplatz eingestallt. An

der Ration selber wurde nur in einzelnen Betrieben etwas geändert. Wenn möglich wurde aber

die Anzahl Fressplätze erhöht bzw. wurden Anpassungen an der Krippe vorgenommen. Gemäss

Schrader (2009) ist eine ungestörte und stressfreie Futteraufnahme dann gewährleistet, wenn

jeder Kuh ein Fressplatz zur Verfügung steht oder aber Futter ad libitum vorgelegt wird. So kön-

nen schwächere Tiere auch zwischen den Hauptfütterungszeiten ungestört Futter aufnehmen.

34a 34c 34b

Page 48: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 41

Genauere Beobachtungen zur Ration oder dem Zustand der Kühe (Wiederkauaktivität, Pansen-

score, BCS oder Verschmutzungsgrad) wurden nicht aufgenommen.

Mehrere Betriebe haben im Rahmen der Anpassung die Tränken ersetzt oder sogar mehr Trän-

ken eingebaut. Der Grund war meistens die zu schwache Durchflussrate von weniger als zehn

Litern Wasser pro Minute (Abb. 35a und b) oder eine schlechte Verteilung bzw. ein ungünstiger

Standort der Tränke im Laufstall. Es wurde beobachtet, dass gerade schwächere Tiere bei einer

geringen Anzahl Wasserstellen oder Tränken in engen Durchgängen, weniger zum Trinken ka-

men. Dies bestätigten auch Andersson et al. (1984) in ihrem Versuch. Mit einem Wassergehalt

von 87% ist Milch mitunter ein Grund, weshalb Kühe hohe Mengen an Wasser benötigen. Um die

heutige Kuh optimal zu versorgen, empfiehlt Hulsen (2012a) eine Durchflussrate von 20 Litern

Wasser pro Minute. Kommt zu wenig Wasser nach, weist das Schlürfen der Kuh darauf hin. Dies

geht aus Beobachtungen der Betriebsleiter hervor.

Abb. 35: Neue Tränkebecken im Anbindestall mit erhöhter Wasserdurchflussrate

Im Laufstall wurden einige Tränken neu auf einer Höhe von 60 cm (Höhe Wasserspiegel) montiert

(Abb. 36a). Damit wurde erreicht, dass die Kuh das Flotzmaul möglichst tief eintauchen kann

und so eine natürliche Trinkhaltung einnehmen kann (Manser 2015b, Persönliche Mitteilung).

Nach Aussagen der Betriebsleiter standen sie dieser Höhe vorerst etwas kritisch gegenüber.

Wurden die Tränken aber an einem Ort mit genügend Ausweichmöglichkeiten platziert, war die

Angst vor der höheren Verschmutzung nach ersten Erfahrungen unbegründet. Zudem wurde

erwähnt, dass die richtige Höhe, bei der die Kuh die Tränke nicht mehr verschmutzen kann, so-

wieso nicht erreicht werden kann. In Umbauten ist der Platz meistens beschränkt und es musste

nach innovativen Lösungen gesucht werden. In Abb. 36b wurde die Tränke auf Kosten eines Lie-

geplatzes vom Quergang in den Liegebereich versetzt. Dadurch wurde der Freiraum im Quer-

gang nicht eingeschränkt.

35a

35b

Page 49: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 42

Abb. 36: Tränkebecken mit einer Wasserspiegelhöhe von 60 cm im Laufstall

Die Wasserqualität sollte einwandfrei sein, das heisst der Kuh sollte immer frisches und sauberes

Wasser zur Verfügung stehen. Das einfache Reinigen der Tränke und des Schwimmers sollte

deshalb unbedingt beim Kauf einer Tränke mitberücksichtigt werden. Dies erwähnten mehrere

Landwirte bei der Befragung. In Abb. 37 wurde der Abfluss der Tränke mit einem Hahn ausge-

stattet. Dadurch können die Stiefel an dieser Stelle gewaschen werden und dadurch wird mehr-

mals täglich die Tränke kontrolliert und je nach Verschmutzung geputzt.

Abb. 37: Abfluss der Tränke mit regulierbarem Wasserhahn ausgestattet

4.6 Wirkungsvolle Anpassungen für Kühe in besonderen Situationen

Im Laufstall ist die Abkalbebucht gemäss Schweizer Tierschutzverordnung (TSchV; SR 455.1; AS

2008) Vorschrift. In Anbindeställen besteht keine Verpflichtung, sie wird aber von Beratern emp-

fohlen. In einer Abkalbebucht kann die Kuh ihre optimale Liegeposition unter der Geburt selber

bestimmen und wird nicht durch die Anbindevorrichtung eingeschränkt. Einige der besuchten

Betriebe haben eine stressfreie Abkalbelinie im Anbindestall eingerichtet, wie dies beispielsweise

in Abb. 38 zu sehen ist. Dabei können bis zu drei Kühe auf einer Kalkstroh-Matratze mit separa-

tem Fressbereich im Anbindestall gehalten werden. Dank der Kalkstroh-Matratze können die Kü-

he während wie auch nach der Geburt auf der griffigen Matratze wieder aufstehen. Dies ohne

jegliche Behinderung durch die Stalleinrichtung. Das verbessert laut Betriebsleiter den Start in

36a 36b

Page 50: Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungs- systemen an die

Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 43

eine erfolgreiche Laktation. Die Fressachse befindet sich bei diesem Betrieb auf ehemaligen Lä-

gern, der Durchgang ist in Abb. 38c zu sehen. Die Frischluftzufuhr im Liegebereich ist maximal

(Abb. 38a) und kann mit einem Schiebetor (Abb. 38b) einfach reguliert werden. Die praktische

Einrichtung ermöglicht ebenfalls eine rasche und unkomplizierte Entmistung bei Bedarf.

g g g Abb. 38: Stressfreier Abkalbebereich im Anbindestall

Folgend werden weitere praktische Beispiele von neuerrichteten stressfreien Abkalbelinien in

Lauf- und Anbindeställen aufgezeigt. Abb. 39 zeigt die stressfreie Abkalbelinie in einem Betrieb

mit 14 Milchkühen. Die hochträchtige Kuh frisst an der gleichen Achse wie die laktierenden Kü-

he.

Abb. 39: Abkalbelinie in Anbindestall an erweiterter Fressachse der Milchkühe

In Abb. 40 ist die Abkalbelinie in einem bestehenden Stall zu sehen. Auf Kosten von Liegeboxen

im Innern des Stalles, wurde eine Tiefstrohfläche errichtet (Abb. 40a). Das schwenkbare Tor (gel-

ber Pfeil) bleibt für den Melkvorgang geschlossen und kann danach einfach wieder geöffnet wer-

den. Somit hat die hochtragende Kuh Kontakt zur Herde und kann an derselben Fressachse fres-

sen (Abb. 40b). Zudem kann die Kuh problemlos alleine in den Melkstand und wieder zurückge-

führt werden ohne Hilfe einer Zweitperson.

38a 38b 38c

39a 39b

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Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 44

Abb. 40: Neu errichtete Abkalbelinie integriert in bestehendem Laufstall

Die neue Abkalbebucht in Abb. 41 wurde mit Hilfe von zwei fahrbaren Schwenkgittern errichtet.

Das Schwenkgitter in Abb. 41a kann beim Melken (Melkstandeingang links, Warteraum auf

gummierter Fläche) geschlossen werden. Dadurch werden die Kühe in der Abkalbebucht auf dem

Tiefstreubereich für kurze Zeit eingesperrt. Das fahrbare Fressgitter der Abkalbebucht (Abb.

41b) kann zum Entmisten oder Füttern ebenfalls gesenkt werden. Dies ist eine sehr einfache,

aber wirkungsvolle Konstruktion einer stressfreien Abkalbelinie in der Praxis.

Abb. 41: Abkalbebucht mit schwenkbarem Fressgitter als Zweiraumsystem in Laufstall

Auf dem Betrieb in Abb. 42 wurde in eine Abkalbebox (Abb. 42a) und eine Krankenbucht (Abb.

42b) investiert. Die Abkalbebox war vorgängig im alten Stallteil integriert, lag jedoch ausser

Sicht- und Hörweite der übrigen Herde. Gemäss Betriebsleiter waren die Kühe so teilweise ge-

stresst, da sie von der Herde getrennt wurden. Die neue Abkalbebucht ist nun im Stall integriert.

Die Bucht für Kühe mit „besonderen Bedürfnissen“ wie beispielsweise angeschlagene Kühe auf-

grund Stoffwechsel- oder Klauenproblemen können in dieser Bucht untergebracht werden. Die

griffige Kalkstroh-Matratze ohne Einschränkungen durch Liegeboxenbügel etc. erlaubt der Kuh

problemloses Aufstehen und gibt ihr die Chance schnell wieder gesund zu werden. Der Sichtkon-

takt zur Herde ist hier immer gewährleistet.

40a 40b

41a 41b

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Abb. 42: Abkalbebox (42a) und Krankenbucht (42b) in einem Stall

In Neubauten mit Melkroboter ist die stressfreie Abkalbelinie nicht mehr wegzudenken. Dabei

wird diese so gestaltet, dass Kühe rund um die Abkalbung an der gleichen Fressachse wie die

restliche Herde fressen und selbständig in den Roboter und wieder zurückgehen können. Somit

können die Tiere beispielsweise auch über die Selektion gerade in den Special-Needs oder Abkal-

bebereich selektiert werden oder umgekehrt. Auf dem Betrieb in Abb. 43 wurde in den beste-

henden Laufstall ein Roboter eingebaut und zugleich eine stressfreie Abkalbe- und Krankenbox

für drei bis vier Kühe errichtet.

Abb. 43: Stressfreier Abkalbereich mit Zugang zum Melkroboter

Ein weiterer Betrieb mit neuerrichteter Abkalbelinie ist in Abb. 44 zu sehen. Der Bereich mit Tief-

streu wurde so optimiert, dass der Sichtkontakt einerseits über die Fressachse (Abb. 44a), aber

auch über die Liegefläche (Abb. 44b) gewährleistet wurde. Zudem hilft die neu integrierte Video-

kamera einerseits für die Beobachtung bei Geburten bereits im Haus oder auch zur Überwachung

des Brunstverhaltens während der Nacht. Gemäss Aussagen des Betriebsleiters wird die Nachtse-

quenz jeden Morgen vor Melkbeginn im Schnelldurchgang auf Auffälligkeiten überprüft.

42a 42b

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Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 46

Abb. 44: Abkalbelinie als Zweiraumsystem mit Videoüberwachung

Die positiven Erfahrungen der Landwirte mit der stressfreien Abkalbelinie haben bereits viele

weitere Landwirte überzeugt. Folgende wichtige Punkte wurden von den Landwirten mehrfach

erwähnt: Der Sichtkontakt der Kuh zur Herde muss in jeder Position (auch liegend) gewährleistet

werden. Damit wird der Kuh eine sichere Umgebung für die Geburt geschaffen. Der Boden sollte

aus einer griffigen Matratze bestehen, damit die Kuh nach grosser Anstrengung genügend Halt

und dadurch weniger Probleme mit dem Aufstehen hat. Neben dem Fressen an der verlängerten

Fressachse der Herde spielt auch die Zugänglichkeit der Abkalbebox für die Landwirte eine wich-

tige Rolle. Die Box sollte einfach erreichbar sein, einerseits bei einem Notfall und andererseits

auch für die Entmistung. In vielen Betrieben werden die Abkalbebuchten auch als Krankenbuch-

ten, wie etwa bei Klauenproblemen etc., genutzt. Wie wichtig die Aufmerksamkeit für Kühe rund

ums Abkalben, aber auch für kranke Kühe ist, wird von Hulsen (2012b) mehrfach erwähnt.

Manser (2015a, Persönliche Mitteilung) bestätigt dies mit seiner Aussage, dass 80 Prozent aller

gesundheitlichen Probleme der Milchkuh in der Transitphase entstehen. Die kritischsten Phasen

sieht er in der ersten Woche der Galtphase, bis die Kuh definitiv trocken ist und in der 2. Hälfte

der Galtphase, sobald die Milchproduktion wieder einsetzt. Diese Aspekte wurden im Gespräch

teilweise auch von den Landwirten als Grund für die Einrichtung der stressfreien Abkalbelinie

erwähnt.

44a 44c 44b

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Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 47

4.7 Schätzung der Kosten für die Anpassungen

Die Anpassungen im Stall wurden fast ausschliesslich mit Eigenleistung getätigt, daher sind nur

die zusätzlichen Kosten für Material oder Drittleistungen pro Kuhplatz in Abb. 45 aufgeführt. Die

Kosten sind nach Anbinde- und Laufställe aufgeteilt und in vier Kategorien zwischen null und

4000 CHF pro Kuhplatz eingeteilt. Sieben Betriebe konnten aus diversen Gründen keine Angabe

zum Investitionsaufwand machen. Die Zahlen basieren auf Schätzungen der Betriebsleiter.

Abb. 45: Investitionskosten der Anpassungen im Stall exklusive Eigenleistung in Schweizer Franken [CHF]

Interessant ist zu sehen, dass sich die meisten Anpassungen mit einem Budget von bis zu 1000

CHF pro Kuhplatz realisieren liessen (26 von 36 Betrieben). Dies gibt ohne genaue Rückverfolg-

barkeit der Zahlen einen Hinweis darauf, dass die Anpassungen im Vergleich zu einem Neubau

mit einem kleinen Kostenaufwand realisiert wurden. Unter dem täglichen Kostendruck verdient

der Landwirt in einem bestehenden Stall am meisten Geld. Bei guter Bausubstanz des alten Stalls

(Anbinde- und Laufstall) und geringem Vergrösserungspotential lohnt es sich, den Stall gemäss

den Bedürfnissen der Kuh anzupassen. Auch wenn dabei gewisse Kompromisse eingegangen

werden und die Arbeitseffizienz im alten Stall nicht immer verbessert werden kann. Optimierte

Ställe können bezüglich Tierwohl auch mit Neubauten mithalten.

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4.8 Einschätzung der Landwirte über Veränderungen seit dem Umbau

In Tab. 10 sind die Erfahrungswerte der Landwirte zu den Veränderungen nach den wirkungsvol-

len Anpassungen des Haltungssystems zusammengefasst. Die Einschätzung zur Tiergesundheit

fiel sehr positiv aus. Einige Betriebsleiter konnten aufgrund der kurzen Zeitspanne seit der An-

passung (zwischen drei bis sechs Monate) noch keine klare Veränderung feststellen. Eine verbes-

serte Tiergesundheit bringt auch einen geringeren Antibiotikaverbrauch mit sich. Dieser Aspekt

ist in der heutigen Zeit von grosser Bedeutung (BAG 2014). Das oberste Ziel der Strategie Antibi-

otikaresistenzen (StAR) ist es, den Antibiotikaverbrauch zu reduzieren und damit die Wirksamkeit

für Mensch und Tier in Zukunft zu sichern (ebd.).

Tab. 10 : Einschätzungen der Landwirte zu positiven, gleichbleibenden oder negativen Veränderungen seit

der Anpassung

Veränderungen nach Anpassung  Anbindestall (n=23)  Laufstall (n=13) 

Tiergesundheita 

 

+  besser (19)  +  besser (10) 

=  gleich (4)  =  gleich (3) 

  ‐  schlechter (0)  ‐  schlechter (0) 

Liegezeit   +  länger (22)  +  länger (12) 

=  gleich (1)  =  gleich (1) 

  ‐  kürzer (0)  ‐  kürzer (0) 

Bedarf an Einstreu  +  weniger (1)  +  weniger (2) 

  =  gleich (5)  =  gleich (10) 

  ‐  mehr (17)  ‐  mehr (1) 

Sauberkeit Kühe  +  besser (9)  +  besser (2) 

  =  gleich (10)  =  gleich (10) 

  ‐  schlechter (4)  ‐  schlechter (1) 

Ø Herdenleistungb in kg Milch (n=18)  ++  deutlich mehr (3)  ++  deutlich mehr (2) 

  +  mehr (5)  +  mehr (1) 

  =  gleich (4)  =  gleich (2) 

  ‐  leicht weniger (1)  ‐  leicht weniger (0)  

 

 

 

 

+  Verbesserung  =  gleichbleibend  ‐  Verschlechterung 

a Veränderungen bezüglich allg. Gesundheitszustand, Gelenksveränderungen, Stoffwechsel, Klauen- und Eutergesundheit b Rückmeldung im Februar 2015 von insgesamt 13 Anbindeställen und 5 Laufställen; deutliche Milchzunahme (mehr als 500 kg); Zunahme (mehr als 200 kg); mehr oder weniger gleich (+/- 200 kg) bis leichte Abnahme (bis -200 kg)

In allen besuchten Betrieben wurde der Liegebereich verbessert. Das zeigt sich klar in der Ein-

schätzung der Liegezeit. Bis auf zwei Betriebe beobachteten alle eine Verlängerung bzw. höhere

Frequenz der Liegephasen innert kurzer Zeit nach der Anpassung. Dies zeigt die Relevanz eines

optimalen Liegebereiches, den die Kühe auch sehr schnell angenommen haben. Im Anbindestall

wurde ein höherer Bedarf an Einstreumaterial in 17 Fällen festgestellt. Im Laufstall blieb der Be-

darf mehr oder weniger gleich. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in Anbindeställen meist eine

grössere Veränderung im Einstreubereich vorgenommen wurde. Die Kalkstroh-Matratze im Ver-

gleich zur Gummimatte war gemäss Aussagen der Betriebsleiter arbeitsintensiver und der Ein-

streubedarf nahm vor allem am Anfang stark zu. Hier wurde oft erwähnt, dass die Kalkstroh-

Matratze erst nach drei bis sechs Monaten so richtig griffig und optimal wurde.

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Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 49

Vor allem in der Anfangsphase war Geduld gefragt. Die Aussagen bestärken aber, dass sich der

Aufwand für das Wohlbefinden der Kuh längerfristig lohnt. Die meisten Landwirte beobachteten

betreffend Hygiene keinen grossen Unterschied. Im Anbindestall waren neun Betriebsleiter der

Meinung, dass die Kühe sauberer sind als vorher. In fünf Aufstallungssystemen hat sich die Sau-

berkeit der Kühe leicht verschlechtert. Dies kann mit dem Wechsel zur Kalkstroh-Matratze und

deren noch nicht optimaler Kompaktheit zusammenhängen. Zudem sind die Ansprüche der

Landwirte bezüglich der sauberen Kuh sehr unterschiedlich und die Aussagen auch mit persönli-

chen Vorstellungen von Sauberkeit verknüpft.

Veränderungen der durchschnittlichen Herdenleistung von Januar 2014 bis Januar 2015 wurden

per Mail erfragt, dabei sind 18 Rückmeldungen eingegangen. Elf Betriebe konnten eine Zunahme

von mehr als 200 kg Milch bis zu einer deutlichen Zunahme von mehr als 500 kg Milch des Her-

dendurchschnitts feststellen. Die Betriebsleiter erwähnten jedoch, dass es schwierig ist, diese

Beobachtung einem Aspekt zuzuordnen. So können im Vergleich über zwei Jahre die Futter-

grundlage und der Tierbestand mehr oder weniger stark schwanken. Grundsätzlich schreiben die

Landwirte die Zunahme der Milchleistung der bedürfnisgerechten Anpassung zu.

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5 Gesamtdiskussion

Milchviehhalter haben ein grosses Interesse daran, durch bedürfnisgerechte Haltung und Pflege

die Gesundheit der Tiere zu verbessern und dadurch eine gute Leistungsbereitschaft der Kühe zu

sichern (Sanftleben et al. 2007). Dies zeigte sich ebenfalls in der Befragung der 36 Betriebsleiter.

In den Gesprächen wurde klar, dass sich die Anpassung des Haltungssystems auf verschiedenen

Ebenen positiv ausgewirkt hat. Nach ersten Einschätzungen der Betriebsleiter zeigten sich Ver-

änderungen in steigender Milchleistung, verbesserter Tiergesundheit und dadurch abnehmen-

dem Tierarzneimittelverbrauch.

Einschlägige wissenschaftliche Ergebnisse von Wierenga (1991), Cook et al. (2004), Hulsen

(2004) oder auch Sanftleben et al. (2007) bestätigten die Wichtigkeit des natürlichen Liegebe-

dürfnisses einer Kuh. Die Landwirte beobachteten nach der Optimierung des Liegebereiches län-

gere Liegephasen, artgerechtes Abliegen und Aufstehen und eine Abnahme haltungsbedingter

Schäden wie Verletzungen an Sprunggelenken, Eutergelenken und Knien.

Gewisse Bedenken vor dem Umbau wie z.B. «wird es auch funktionieren ohne Wand?» wurden

von einigen Landwirten geäussert. Die Argumente und positiven Beispiele von Berufskollegen

sowie die geringen Investitionskosten überzeugten die Landwirte jedoch. Es war möglich, bereits

mit minimalen Massnahmen wirkungsvoll zum Wohle der Kuh beizutragen. Ein weiterer Ent-

scheidungsfaktor für die Optimierung war eine Vielzahl von Verletzungen oder sonstigen Erkran-

kungen in den bestehenden Systemen. Dies schlug auf das Gemüt der Landwirte. Es führte sogar

soweit, dass einige mit der Entscheidung für oder gegen Milchkühe haderten. Die positive Aus-

wirkung der Stallanpassungen führte gemäss der Betriebsleiter zu einer steigenden Arbeitszu-

friedenheit und einer erhöhten Lebensqualität. Die Zeit, die man mit Risikotieren verbringt,

macht gemäss Hulsen (2012b) bis zu 80 Prozent der täglichen Arbeit aus. Es ist gemäss Landwir-

te nicht die tägliche Arbeitszeit die zählt, sondern die eingesparte jährliche Arbeitszeit durch

weniger Patienten und langlebigere Kühe im Stall.

Der höhere Arbeitseinsatz beim Einbau einer Kalkstroh-Matratze war in den ersten zwei Monaten

anspruchsvoll, bis sich eine kompakte Matratze entwickelte. Die Landwirte waren sich einig, dass

sich die Geduld lohnt. Auch die Kühe brauchten eine gewisse Anpassungszeit an das optimierte

System. Eine gute Unterstützung von Berater oder Berufskollegen in der heiklen Anfangsphase ist

auf jeden Fall sehr hilfreich. Bis auf zwei Biobetriebe waren alle Ställe mit einem Kuhtrainer aus-

gestattet. Ob eine Kalkstroh- oder eine Strohmist-Matratze auch ohne diese Steuerungseinrich-

tung den Hygienevorschriften genügen würde, wurde von den Betriebsleitern ohne biologische

Produktion kritisch beurteilt. Dass es sich auf alle Fälle lohnt die Kalkstroh-Matratze einzubauen,

berichten Landwirte, die schon seit zwei bis drei Jahren Erfahrungen gesammelt haben. Die bes-

sere Tiergesundheit und das artgerechte Aufstehen und Abliegen spart viel Zeit in der individuel-

len Tierbetreuung. Die Beobachtungen der Landwirte decken sich mit bisherigen wissenschaftli-

chen Untersuchungen.

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Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 51

Die Anpassungslösungen beweisen, dass in der Optimierung von Tierwohl in bestehenden Stäl-

len noch viel Potential liegt. Die positiven Auswirkungen auf das Verhalten und die Gesundheit

der Milchkühe wird längerfristig auch die Langlebigkeit und die Remontierungsrate beeinflussen.

Anbindeställe werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle für kleinstrukturierte Betriebe mit viel

Weidegang oder Alpung spielen. Das Optimierungspotential von Anbindeställen ist ebenso gross,

wie das bestehender Laufställe. Es sollte in Zukunft in jedem Fall verhindert werden, dass be-

kannte Fehler, die in bestehenden Ställen optimiert wurden, in Neubauten wieder gemacht wer-

den. Zu guter Letzt hat dies für die Betriebsleiterfamilie positive wirtschaftliche sowie persönli-

che Konsequenzen.

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6 Schlussfolgerung

Ziel der Arbeit war die Präsentation praxistauglicher Lösungen zu wirkungsvollen Anpassungen

von Haltungssystemen für Milchkühe. Die Gründe für die Anpassungen wie auch erste Erfahrun-

gen der Landwirte wurden ebenfalls erfasst und ausgewertet. Folgende Schlussfolgerungen kön-

nen gezogen werden:

Wirkungsvolle Anpassungen von Haltungssystemen an die Bedürfnisse der Milchkuh

In der Optimierung bestehender Anbinde- und Laufställe ist viel Potential vorhanden

Schlechter Liegekomfort und störende Einrichtungen führen vielfach zu unnatürlichen Verhal-

tensweisen und Verletzungen am Tier

Beurteilung des Haltungssystems von unabhängiger Fachperson ist lohnenswert

Wirkungsvolle Anpassungen lassen sich kostengünstig realisieren

Genauer hinschauen und handeln bezahlt sich in jedem Fall aus

Sichtbare Verbesserung der Tiergesundheit und der natürlichen Verhaltensweisen zeigten

sich durch bedürfnisgerechte Anpassungen

Die Betriebsleiter bestätigten positive Auswirkungen der Anpassungen auf das Verhalten und die

Gesundheit

Verlängerte Liegezeiten und natürliches Aufsteh- und Abliegeverhalten resultierten

Verletzungen und Schwellungen an Gelenken gingen offensichtlich zurück

Moderner Stallbau orientiert sich an den Grundbedürfnissen der Milchkuh

Das Liegebedürfnis der Milchkuh ist enorm

Ruhe und Raum sind die Eckpfeiler jedes Haltungssystems für Milchkühe

Speziell Kühe in besonderen Situationen (Transitphase, lahme Tiere…) brauchen genügend Raum

sowie angepasste Ruhemöglichkeiten

Berufszufriedenheit steigt mit gesunden Kühen

Gesunde Tiere im Stall brauchen weniger Tierarzneimittel und geben weniger Aufwand

Gesunde Tiere zeigen ein erhöhtes Leistungspotential

Gesunde Tiere führen zu mehr Freude an der Tierbetreuung und der Milchproduktion

Diese Arbeit zeigt auf, dass durch innovative und praxistaugliche Lösungen bestehende Hal-

tungssysteme bedürfnisgerecht angepasst werden können. Die Besuche der 36 Betriebe zeigten

eindeutig, dass die Optimierungslösungen betriebsspezifisch sein müssen, damit sie erfolgreich

umgesetzt werden. Denn nur so passt die Lösung zur individuellen Betriebsstrategie und zum

Betriebsablauf und der Betriebsleiter wird mit Überzeugung dabei sein. Die Herausforderung in

Zukunft besteht darin, das vorhandene Wissen über die Grundbedürfnisse der Milchkuh und da-

rauf ausgerichtete Haltungssysteme in alle Um- und Neubaupläne zu transferieren. Es darf nicht

sein, dass im 2015 noch Ställe gebaut werden, die nicht den Bedürfnissen der Milchkühe ent-

sprechen und dadurch zu offensichtlichen Schäden am Tier führen.

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Bern University of Applied Sciences | School of Agricultural, Forest and Food Sciences HAFL 53

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8 Dank

Ein herzlicher Dank gebührt in erster Linie meinem Betreuer seitens HAFL Dr. med. vet. Samuel

Kohler für die Unterstützung des Projekts und die Freiräume während der Realisation dieser Ar-

beit.

Ausserordentlich danken möchte ich zudem Christian Manser des Landwirtschaftlichen Zentrums

SG für die wertvolle Mithilfe bei der Betriebssuche sowie den offenen Informationsaustausch und

die fachliche Unterstützung während der Arbeit.

Den 36 Betriebsleiterfamilien ein überaus grosses Merci für die offenen Stalltüren sowie die ehr-

lichen und wertvollen Praxistipps rund um ihr Haltungssystem. Ohne Sie wäre diese Arbeit nicht

möglich gewesen. Herzlichen Dank und weiterhin viel Freude und Glück in Haus, Hof und Stall!

Zu guter Letzt bedanke ich mich herzlich bei Anita Gstöhl für das sorgfältige Korrekturlesen,

sowie Danja Wiederkehr und Erwin Büsser für die weitere Unterstützung bei der Entstehung die-

ser Arbeit.