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„MODERNES WOHNEN UND LEBEN“ DER ZUKUNFT WERKBUNDSTADT BERLIN 2016-19 GROHE Partnerschaft WERK BUND STADT BERLIN 2016

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„MODERNES WOHNEN UND LEBEN“ DER ZUKUNFT

WERKBUNDSTADT BERLIN 2016-19

GROHE Partnerschaft

WERKBUNDSTADTBERLIN

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Inhalt Vorwort 05

Thematische Zusammenfassung

der Dialogveranstaltung von plan A 06

Inhaltsverzeichnis 30HOCH5 19

Interviews 20 - 53

Impressum und Bildnachweise 54

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SEHR GEEHRTE LESEREs ist schon ein beachtliches Projekt: Die WerkBundStadt Berlin 2016-19!

Dreißig Architekturbüros aus Deutschland, der Niederlande und der Schweiz,deren Namen mit zu den bekanntesten der Gegenwart gehören, bilden eine Planungsgemeinschaft, um in Berlin-Charlottenburg auf einer Fläche von 22.000Quadratmetern ein neues Stadtquartier zu bauen. Dabei setzt sich das hohe Potential dieses 30-iger Bundes ein ebenso hohes Ziel: Über die Grenzen Berlinsund Deutschlands hinaus soll sich dieses neue Stadtquartier als ein „Best Practice“

für das „Moderne Wohnen und Leben“ der Zukunft positionieren! Circa 1.000 Wohneinheitensollen bis 2019 auf dem Grundstück entstehen. Zusätzlich geplant sind ein Studentenwohnheim,eine Kita, Einzelhandel und Restaurants. Ausgelobt wurde das Projekt vom Deutschen WerkbundBerlin.

Im interdisziplinären Austausch von Architekten, Produktgestaltern, Herstellern, Handwerkern undbildenden Künstlern werden ganzheitliche Antworten gesucht. Dafür nimmt man sich im Rahmenvon vier Konzeptklausuren, die im Herbst 2015 jeweils in den Unternehmen einer der Industriepartnerstattfinden und einen vorher festgelegten Titel tragen, die Zeit.

Die Auftaktkonferenz fand am 04.09.2015 in unserer GROHE Unternehmenszentrale in Düsseldorfzum Thema „GELD: Politik und Investment“ statt.

Als weltweit führender Anbieter von Sanitärarmaturen freuen wir uns sehr, dieses Projekt als Industriepartner von Anbeginn begleiten zu können und danken dem Deutschen Werkbund Berlinfür die Einbindung ins Geschehen.

Die folgende thematische Zusammenfassung der 1. Klausurtagung ermöglicht Ihnen einen Einblick in die Inhalte der Diskussionen.

Wie denken 30 an der WerkBundStadt Berlin 2016-19 teilnehmende Architekten und Ingenieureüber die „Stadt der Zukunft“? Um die Antworten zu erhalten, haben wir ihnen 5 Fragen gestellt. Die Antworten entnehmen Sie bitte aus: 30HOCH5!

Wir hoffen, die Inhalte finden Ihr Interesse.

Mit den besten Grüßen

Sabine GotthardtDirector Business DevelopmentArchitecture & Real Estate Central EuropeGROHE Deutschland Vertriebs GmbH

Mehr Informationen zu der WerkBundStadt Berlin 2016-19 ersehen Sie unter:www.werkbundstadt.berlin

Seite 5GROHE als Partner der Werkbundstadt Berlin 2016-19 l

30HOCH5DREISSIG TEILNEHMER – FÜNF FRAGEN

WERKBUNDSTADT BERLIN 2016-19

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Über Wohnen reden gerade alle. Bereits vor dem großenFlüchtlingsstrom nach Europa war klar, dass in den Ballungs-zentren in den nächsten Jahren die Frage nach ausreichendbezahlbarem Wohnraum immer drängender werden wird. InBerlin stellte sich diese Frage etwas später als in München,Hamburg oder Frankfurt. Die experimentellen, zeitgenössi-schen Wohnprojekte, für welche die Stadt an der Spree inden letzten Jahren bekannt geworden ist, gründen in der ausSicht von potentiellen Wohnungseigentümern lange Zeit äu-ßerst günstigen wirtschaftlichen Bedingungen. Die vielfachpublizierten Gebäude sind vor allem aus privaten Initiativenheraus entstanden, häufig als Baugruppen realisiert1, währendvonseiten der Stadt die IBA 2020 aus Spargründen abgesagtwurde. Das 2013 ausgelobte Workshopverfahren Urban Living2, bei dem beispielhafte Lösungen für intelligente Ver-dichtungsstrategien, bezahlbares Wohnen und zukunftsfähi-gen Wohnformen entwickelt werden sollten, blieb bisherohne praktische Konsequenz. Die Umsetzung der Entwürfe,die 31 Büros für acht Grundstücke in unterschiedlichen stadt-räumlichen Situationen in Berlin entwickelten, scheitertenmeist daran, dass eine Direktvergabe durch die Wohnungs-baugesellschaften nicht möglich, sondern eine europaweiteAusschreibung notwendig gewesen wäre.

Die Nachfrage an Wohnungen steigt weiter, nur wird es für Baugruppen immer schwieriger, geeignete Grundstückezu erwerben. Das Ziel der Wohnungsbaugesellschaftenscheint vor allem darin zu bestehen, möglichst viel möglichstgünstig zu bauen. Standardlösungen. Was ist mit neuen,vielfältigeren Wohnformen angesichts einer kürzer werdendenHalbwertszeit von Lebensentwürfen und einer immer größe-ren räumlichen Flexibilität? Neue Formen des Miteinandersfür Singles, Alleinerziehende, Kleinfamilien, vitale Rentneroder digitale Nomaden? Wie wollen wir wohnen? Wie könnenwir wohnen? Was können wir uns leisten? Heiß diskutierteFragen, mit denen sich auch der Werkbund mit der in Berlingeplanten WerkBundStadt auseinandersetzt.

Natürlich fallen beim Werkbund sofort prominente Bilder, wiedie der Stuttgarter Weißenhofsiedlung von 1927, ein. Zuletztwar es lange still. Die letzte Planung einer Werkbundsiedlungsollte in München realisiert werden. Nach einem städtebau -

lichen Konzept des japanischen Architekten Kazunari Saka-moto und Entwürfen für Wohnbauten von zwölf internatio-nalen Architekturbüros sollte 2007 mit dem Bau von gut 500Wohnungen begonnen werden. Jedoch wurde das Konzeptvom Stadtrat abgelehnt und danach nicht weiter verfolgt.Jetzt soll alles anders werden. Geplant ist keine Werkbund-siedlung, sondern eine WerkBundStadt. Ohne die moderneFunktionstrennung von Leben, Wohnen und Arbeiten. Statt-dessen soll ein neues, urbanes, dichtes Quartier entstehen. Das Grundstück liegt im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf,direkt an der Spree, Innenstadt etwas abseits des Mainstreams.Das Areal umfasst 27.000 Quadratmeter und ist damit etwas

ERSTE KONZEPTKLAUSUR DES PROJEKTS:„WERKBUNDSTADT BERLIN 2016-19“IN DER ZENTRALE DER GROHE AG IN DÜSSELDORF AM 04. SEPTEMBER 2015Thema: „Geld: Politik und Investment“Veranstalter: Deutscher Werkbund BerlinProjekt: Planung eines neuen Stadtquartiers in Berlin

größer als die Weißenhofsiedlung. Gegenwärtig befindensich darauf ein Tanklager mit gut einem Dutzend Tanks sowieein Wohngebäude. Westlicher Nachbar ist das KraftwerkCharlottenburg, das von Vattenfall betrieben wird. Der mar-kante rot-weiße Ziegelbau, 1900 von Georg Klingenberg er-richtet, wurde zwischen 1925 und 1994 mehrfach erweitert.Einige der Bauwerke stehen heute unter Denkmalschutz.2001 erfolgte die Umstellung von Dampfkraft auf leichtöl -gefeuerte Gasturbinen. Da für die neue Anlage einige

Prof. Paul Kahlfeldt

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Gebäudeteile nicht mehr benötigt wurden, siedelten sichneue Nutzungen an, so die Bildgießerei Hermann Noack aufdem ehemaligen Kohlelagerplatz. Alles in allem ein eher sprö-der Charme, typisch Berlin.

Der Zeitplan für die WerkBundStadt ist sportlich: Im Herbst2015 finden vier Konzeptklausuren zu den Themen Geld,Technik, Form und Stadt statt, in denen die theoretischenGrundlagen gelegt werden sollen. Bis Dezember 2015 sollder städtebauliche Rahmenplan, bis März 2016 die Entwürfefür die einzelnen Gebäude entwickelt werden. Die von einerAusstellung begleitete Grundsteinlegung ist für September2016 geplant. Fertigstellung Ende 2019. Im Raum steht auchdie Gründung einer Werkbundgesellschaft.

Reden über Geld

Welchen Einfluss haben die wirtschaftlichen und politischenRahmenbedingungen auf die Gestaltung von Stadt? Die ersteKonzeptklausur zum Thema „Politik und Investment“ war be-sonders interessant, da die wirtschaftlichen Grundlagen langevor formalen Gestaltungsfragen den Rahmen definieren. Esging um verschiedene Finanzierungsmodelle von Genossen-schaften, Wohnungsbaugesellschaften oder privaten Inves-toren, um die „Ware Wohnen“, Wohnungspolitik und denWohnungsmarkt in Berlin. Vier Vorträge, zusätzlicher Inputvon drei weiteren Experten und Diskussion mit allen Anwe-senden.

Jahren 2006 und 2012. Jährlich steigen die Mieten in Vor-zugswohnlagen um 2,4 Prozent, in Standardwohnlagen um3,6 Prozent, in Marzahn-Hellersdorf sogar um 6,75 Prozent.Bei den Bauwerkskosten ist eine Verschiebung der Kosten-verteilung zwischen Roh- und Ausbau zu beobachten, inzwi-schen überwiegen die Kosten für den Ausbau mit einem An-teil von 54,1 Prozent. Und während die Lebenshaltungskostenzwischen 2000 und 2014 „nur“ um 25 Prozent gestiegensind, liegen die Kosten im Wohnungsbau bei mehr als 140Prozent im Vergleich zum Bezugsjahr 2000. Ursache sindgestiegene Baulandpreise, aber auch immer neue Vorgabender Kommunen, von Bund und Ländern. Fazit: das Lebenwird immer teurer, Bauen verteuert sich überproportional.

Eröffnet wurde der Tag von Kristin Wellner, Professorin fürPlanungs- und Bauökonomie, Immobilienwirtschaft an derTU Berlin. Sie sprach über den Immobilienmarkt, seine ver-schiedenen Einflussgrößen und Teilsysteme, also den Miet-,den Investment- und den Projektentwicklungsmarkt. VieleZahlen, viele Grafiken. So sind in Berlin besonders kleineWohnungen unter 40 Quadratmetern von der Mietpreis -steigerung betroffen, sie betrug 22,4 Prozent zwischen den

Einen umfassenden Einblick in die komplexe Rechts- undGemengelage des Grundstücks der geplanten WerkBund-Stadt gab Rainer Latour, Leiter des StadtentwicklungsamtesCharlottenburg-Wilmersdorf. Gegenwärtig ist das Grundstückals Gewerbestandort ausgewiesen und nimmt entscheiden-den Einfluss auf das gesamte Quartier: Die jetzige Nutzungals Tanköllager, planungsrechtlich ein Störfallbetrieb, behindertdie Entwicklung der nördlichen Grundstücke. Eine vom Ei-gentümer geplante Ansiedlung eines großflächigen Einzel-handels anstelle des Tanköllagers wehrte die Stadt mittels ei-ner Änderung des Bebauungsplans ab, um zu verhindern,dass die Kaufkraft von den kleinen Läden in der Nachbarschaftabgezogen werden würde. Gegen diese Bebauungsplanän-derung klagt der Grundstückseigentümer, auch wenn für ihnnach eigener Aussage Wohnungen interessanter seien alsKaufland. Eine Umwidmung von Gewerbe zu Wohnen kannjedoch nur gelingen, wenn der direkte Nachbar Vattenfall aufbestimmte Emissionsrechte verzichtet. Gleichzeitig würdedurch diese Umwidmung das Grundstück stark aufgewertetwerden. Um eine ausgewogene Mischung in der Stadt zuerhalten und ein mögliches „Reichenghetto“ zu verhindern,greift das Berliner Modell der kooperativen Baulandent -

Prof. Kristin Wellner

Rainer Latour

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wicklung, das eine feste Quote von 25 Prozent gefördertemWohnungsbau vorsieht, einschließlich Mietpreis- und Bele-gungsbindung. Ein neues Stück Stadt wird hier also nur ent-stehen, wenn sich nicht alle drei Seiten, Grundstückseigen-tümer, Grundstücksnachbar und die Kommunalpolitik, weitergegenseitig blockieren, sondern zusammenwirken – mit demWerkbund als möglichem Katalysator.

seien. Die entscheidende Frage ist für von Einem daher: Wiewohnen Menschen mit wenig Geld? Die eigentliche Pro-blemgruppe sind die Geringverdiener, diejenigen, die geradenicht mehr Hartz IV beziehen.

Rahmenbedingungen des Wohnungsbaus, Wohnwünscheund Realität sowie die Frage, warum aktuell keine Wohnungenmit niedrigen Mieten gebaut werden, erörterte Eberhard vonEinem, Professor für Stadt- und Regionalökonomie. Nach ei-ner langen Phase der Stagnation ziehen seit 2010 die Mietenin Berlin an. Allgemein herrscht Konsens darüber, dass zuwenige Wohnungen, besonders im Niedrigpreissegment, er-richtet werden, Wohnungsengpässe vor allem diejenigen be-treffen, welche ihre Wohnung wechseln, und die Politik dieseEntwicklung verschlafen hat. Verschiedene Meinungen gibtes darüber, welche wohnungspolitischen Optionen ange-bracht sind, um die Mieten zu stabilisieren. So ist etwa dieMietpreisbremse, die in Berlin das ganze Stadtgebiet betrifft,sozialpolitisch verständlich, aus immobilienwirtschaftlicherSicht jedoch sehr problematisch. Bedingt durch den Bau-boom Anfang der 1990er Jahre, gab es in Berlin lange Zeitein Überangebot an Wohnungen, wenn auch es sich vorallem auf Großsiedlungen und unsanierten Altbauten bezog.Aktuell besteht eine Lücke. 2014 wurden in Berlin 8.740Wohnungen fertiggestellt. Dem gegenüber steht ein Bedarfvon rund 20.000, ohne den Wohnungsbedarf von Flüchtlin-gen einzubeziehen. Trotz des niedrigen Berliner Mietniveausist die Miete für viele eine Last, das Haushaltseinkommensbeträgt nur zwei Drittel dessen Hamburgs, im Durchschnitt1.700 bis 1.800 Euro im Monat. In einer Modellkalkulationrechnete von Einem für die WerkBundStadt vor, dass geringeMieten von fünf oder auch zehn Euro pro Quadratmeter nichtwirtschaftlich, erst Mieten ab zwölf Euro ökonomisch sinnvoll

Frank Bielka, seit 2014 Neubaubeauftragter bei der Senats-verwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in Berlin, zuvor Vorstandsmitglied der Wohnungsbaugesellschaft Degewo, sprach schließlich über die Wohnungsbaupolitik inBerlin in den vergangenen Jahren. Insbesondere seit den letzten fünf Jahren wächst die Stadt mit einer hohenDynamik, mehr als in allen Prognosen angenommen. Derursprünglich geschätzte Neubaubedarf von 10.000 Wohn-einheiten pro Jahr ist längst überholt. Berlin ist eine Mieter-stadt. Die sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaftenhalten 285.000 Mietwohnungen, 15 Prozent des Mietwoh-nungsbestandes. Perspektivisch soll dieser Bestand auf400.000 Wohnungen ausgebaut werden. Dabei haben 55,3 Prozent der Berliner Haushalte Anspruch auf eine Sozialwohnung, für die bei Neubau zwei verschiedene Förderungsmodelle zur Verfügung stehen, Baudarlehen mitTeilverzicht oder mit einkommensorientierten Zuschüssen.

Ware Wohnen Werte

Zahlen, Fakten, mögliche und wahrscheinliche Entwicklun-gen. Nach den Vorträgen folgten kurze Statements drei wei-terer Experten, Michael Lange, Geschäftsführer des Grund-stückseigentümers Plus Bau aus Hamburg, Georg Knacke,Vorstand der Stadtbürgergenossenschaft von 2010 e. G., so-wie Stefan Höglmaier, Geschäftsführer des Bauträgers Euro-boden. Doch nach all diesen faktischen Informationen bleibtdie Frage: Was ist das für eine Stadt, die da entstehen soll?Mit welchen Inhalten soll „Wie wollen wir wohnen?“ gefülltwerden? Und wer soll da wohnen? Geplant sei keine Konzentration sozialen Wohnungsbaus, aber auch kein

Prof. Eberhard von Einem

Frank Bielka

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Stefan Höglmaier fragte ganz direkt: „Wie sinnvoll ist es,dass wir uns hier treffen? Wie sehr halten Sie sich daran undverscherbeln das Grundstück nicht danach an verschiedeneBauträger?“ Die Antwort Michael Langes, er erhoffe sich„eine Vision, die ich bewerten kann“, lässt noch vieles offen. Es war an Ingenhoven, die drei wesentlichen Schritte bis zurnächsten Konzeptklausur zusammenzufassen:

1. Eine Absichtserklärung, einen „Letter of intent“, zwischen Grundstückseigentümer und Werkbund, der auch den Bezirk sowie die Nachbarn einbezieht.

2. Verfahrensvorschläge der teilnehmenden Architekten, wieausgehend von den Konferenzen das städtebauliche Kon-zept entwickelt werden soll.

3. Ein Manifest: Sammeln, was wollen wir mit dieser Stadterreichen?

Dieses Manifest sollte am Anfang stehen. Was wollen wir ei-gentlich? The Reason why we exist. Mission Statement imBusinessplan-Deutsch. Das macht es leichter, das bisherschwammig Formulierte zu konzentrieren, aus den ganzenAnalysen die richtigen Ziele abzuleiten, Strategien zu entwi-ckeln. Die WerkBundStadt ist ein spannendes Projekt, dasauf relevante Fragen unserer Zeit eine Antwort geben kann.Notwendig sind dafür engagiertere Vorstellungen von Stadt.Die Idee größer denken.

1) Vergleiche: Kristien Ring, Self Made City, jovis Verlag, Berlin 2013. Das Buch gibt einen sehr guten Überblick über Projekte in Eigeninitiative, die in Berlin vor allem seit den 2000er Jahren entstanden sind.

2) Vergleiche: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/staedtebau/baukultur/urban_living/de/workshop/index.shtml

Reichenghetto, klingt ein bisschen wie „wasch mich, abermach mich nicht nass“. Bislang fehlen noch ambitionierteVorschläge. Zu wünschen ist eine kritischere Diskussion etwaüber die Berliner Wohnungsbaupolitik, die Sinnhaftigkeit öf-fentlicher Förderung, die Notwendigkeit so mancher Stan-dards im Wohnungsbau oder das Einbeziehen des aktuellenTagesgeschehens, dem massivem Flüchtlingsstrom, der ab-sehbare Konsequenzen für den Wohnungsbau haben wird. Frischen Wind brachte Christoph Ingenhoven in die Diskus-sion. Für ihn braucht es keinen öffentlich geförderten Woh-nungsbau. Man solle auf das Grundstück hören, die günsti-gen Wohnungen würden sich dann von selbst ergeben, das Haus durch seine Gliederung in Erdgeschoss, Dach, Seitenflügel etc. alles bereits in sich tragen. Und was sagtder Eigentümer des Grundstücks, der an diesem Tag erst-mals auf die allermeisten der Werkbundarchitekten traf?

Christoph Ingenhoven

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INHALTSVERZEICHNIS Prof. Paul KahlfeldtPetra und Paul Kahlfeldt Architekten, Berlin

Dr. Claudia KromreiDeutscher Werkbund Berlin, Berlin

Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Gerhard HausladenIngenieurbüro Hausladen GmbH, Kirchheim

Prof. Bernd AlbersBERND ALBERS Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin

Gunther Bayer und Peter StrobelBAYER & STROBEL ARCHITEKTEN GBR, Kaiserlautern

Prof. Arno Brandlhuberbrandlhuber+ architekten und stadtplaner, Berlin

Prof. Klaus Theo Brenner und Dominik KrohmKLAUS THEO BRENNER – STADTARCHITEKTUR Brenner · Krohm · Architekten, PartG, Berlin

Adam Caruso und Peter St JohnCaruso St John Architects, Zürich

Patrik Dierks und Norbert SachsPatrik Dierks Norbert Sachs Architekten BDA Partnerschaft

Max DudlerMax Dudler Architekt, Berlin und Zürich

Piet EckertE2A / Piet Eckert und Wim Eckert / Architekten ETH BSA SIA AG

Verena von Beckerath und Tim HeideHEIDE & VON BECKERATH, Berlin

Hans van der HeijdenHans van der Heijden Architect, Amsterdam

Dionys OttlHild und K Architekten BDA, München

Beitrag des Büros ingenhoven architectsingenhoven architects, Düsseldorf

Prof. Dipl. Arch. ETH /BSA Anna Jessen und Prof. Dipl. Arch. ETH /BSA /SIA Ingemar VollenweiderJessenvollenweider, Basel

Joost HovenierOffice Winhov, Amsterdam

Prof. Jan KleihuesKleihues + Kleihues Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin

Prof. Hans KollhoffKollhoff Architekten, Berlin

Thomas Krögerthomas kröger architekt, Berlin

Prof. Christoph MäcklerCHRISTOPH MÄCKLER ARCHITEKTEN, Frankfurt

Tobias NöferNöfer Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin

Sergei Tchoban und Philipp Bauernps tchoban voss GmbH & Co. KG, Berlin

Robert PatzschkePATZSCHKE Planungsgesellschaft mbH, Berlin

Joachim HeinRKW Rhode Kellermann Wawrowsky Architektur + Städtebau, Düsseldorf

Till Schneider und Prof. Michael Schumacherschneider+schumacher, Frankfurt

Prof. Uwe SchröderUWE SCHRÖDER ARCHITEKT, Bonn

Prof. Ansgar Schulz, Prof. Benedikt SchulzSchulz und Schulz Architekten GmbH, Leipzig

Prof. Volker StaabStaab Architekten GmbH, Berlin

Prof. Gesine WeinmillerWeinmiller Architekten, Berlin

30HOCH5DREISSIG TEILNEHMER – FÜNF FRAGEN

WERKBUNDSTADT BERLIN 2016-19

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© Privat

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Ich glaube nicht, dass wir neue städtebauliche Leitlinien benötigen. Die Elemente einer guten Stadt, die Qualität des öffentlichen Raumes und die Anforderungen an urbaneWohnräume haben sich nicht verändert, wir haben nur ver-lernt sie planerisch umzusetzen. So wird eine Konzentrationauf diese Wesenszüge eine der Aufgaben der Zukunft sein.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Die Organisation und Teilnahme bietet die Chance zur gemeinsamen Erkundung architektonischer Lösungen. Es wird ein spannender Dialog unter den Kollegen sein und die Annäherung der unterschiedlichen Haltungen ist eineHerausforderung.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Die WerkBundStadt wird sowohl vom Prozess des Entste-hens, als auch vom Ergebnis her eine Lösung der städtebau-lichen Fragestellungen der Zeit präsentieren. Sie wird dahervorbildlich auch für andere Areale der Stadt sein. In den Fra-gen der Energieversorgung, der Finanzierung, des Verkehrsund der Gestalt soll quasi als Muster eine Allgemeingültigkeitangestrebt werden. Besonders die Qualität der Arbeit unddes Resultats sind das Ziel der Arbeit.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Zuerst sind es die Aneinanderreihung der Entscheidungenund nicht die Parallelität. Dadurch verlaufen die Verfahren zulangatmig und die Dynamik geht verloren. Auch die Art derVerfahren von Wettbewerben und Vergaben führen in derRegel zu Mittelmaß oder kleinstem gemeinsamen Nenner undnicht zu klaren und überzeugenden, vielleicht auch sperrigenErgebnissen. Erst eine eindeutige Idee, ein Konzept, welchesdann gradlinig durchgeführt werden kann, führt zu einemguten Resultat.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Die große Aufgabe ist der gegenseitige Respekt und ein Ver-ständnis für individuelle Haltungen. Besonders aber ist die verständnisvolle Einordnung der Individualität in eine Gemeinschaft gleichrangiger Interessen die große Herausforderung.

PROF. PAUL KAHLFELDTPetra und Paul Kahlfeldt Architekten, Berlin

www.kahlfeldt-architekten.de

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Das städtebauliche Leitbild der WerkBundStadt ist die dichteStadt; baulich dicht und funktional komplex. In der Geschichtehaben die europäischen Werkbünde die Frage des Wohnensimmer mit einer Siedlung beantwortet, mit experimentiellen,teilweise hervorragenden Siedlungen mit Vorbildcharakter fürdas moderne Wohnen. In allem jedoch, was wir heute imVorfeld der Planung bedenken und diskutieren – in Fragender Ökonomie, des Verkehrs, der Energie, der Integrationund vielem mehr – erweisen sich enge, komplexe Beziehun-gen, durchmischte Wohn-, Lebens- und Arbeitswelten, bau-liche Dichte und kurze Wege, kurz: erweist sich das Bild derStadt und nicht das der Siedlung als das richtige Modell.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architektinbei der „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagierenund Wegbegleiterin zu sein?

Wir als Berliner Werkbund haben uns das Ganze ja ausge-dacht. Insofern sind wir Überzeugungstäter von Beginn an.Aber wir brauchen für dieses ambitionierte Projekt Partnerund Mitstreiter aus allen Disziplinen und Bereichen, dieebenso viel Enthusiasmus mitbringen: Architekten und Gestalter, Künstler, Wissenschaftler, Politiker, Unternehmenund Bauherren.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Musterhaft heißt: Vorbildlich und Beispiel gebend im Prozessund im Ergebnis. Wir entwickeln das Konzept und den Plannach bestem Wissen, gemeinsam, kollegial und offen. Wirsuchen Antworten auf die Fragen, wie man es heute macht– in technischer, ökonomischer, politischer, gesellschaftlicher,funktionaler und formaler Hinsicht. Wir planen konkurrierend,aber nicht gegeneinander, wir wollen alles zügig ins Werksetzen, in einem transparenten Verfahren, abgestimmt mitallen Entscheidungsträgern. Wir wollen etwas entwickeln,wovon jeder Beteiligte sagen kann: So will ich wohnen. Dasist mein Bild von Stadt, das ist meine Idee von Wohnen.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Hinderlich ist es vor allem, wenn ein Bild und ein Plan fehlen.Eine Stadt braucht ein starkes Bild, das allen, die solch einBild nicht entwickeln können – und das sind die meisten –,veranschaulicht, was sein könnte. Diese kommende Entwick-lung kann man planen; Stadtplanung heißt die Disziplin, dieja eine aktive ist, keine rein koordinierende, verwaltende, ver-mittelnde. Hindernisse sind überwindbar, wenn man irgend-wohin will. Wenn man ohnehin nicht weiß wohin, ist jedesHindernis geradezu willkommen. Auch das wollen wir mitdem Projekt erreichen: Ein starkes Bild zeichnen und mitallen Beteiligten gemeinsam auf die Verwirklichung diesesBildes hinarbeiten: Planen, entwerfen, entscheiden, ermögli-chen, realisieren.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Keine Vision, aber eine Überzeugung. Der Wohnort des Men-schen des 21. Jahrhunderts ist die Stadt. In der Stadt gibt eskein Entweder-oder, sondern immer alles gleichzeitig: Hierkann der Mensch leben, wohnen und arbeiten, hier kann er sich sozial und kulturell entfalten. Urbanität ist nicht die alleinige, aber in ihrer Komplexität eine der bedeutendstenAusdrucksformen von Zivilisation.

© Annette Koroll

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DR. CLAUDIA KROMREIwww.claudiakromrei.com

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© Privat

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Städte und urbane Strukturen werden dann zukunftsfähigsein, wenn bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht unddie Wahl des Wohnstandorts nicht durch monetäre Zwängeerfolgt. Ziel sollten gemischte Sozialstrukturen sein, die unterschiedliche Altersklassen, Herkunftsländer und sozialenStatus verbinden und alleine damit lebendige Orte schaffen.Ebenso ist der Maßstab, die Größendefinition von Quartierenentscheidend, die Möglichkeiten zur Begegnung im Quartierbieten. Kleine Einheiten fördern Nachbarschaften und schaf-fen nicht alleine dadurch Identität.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Ingenieur beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Der Werkbund hat für Architekten wie auch für Ingenieureund das Bauwesen in der Vergangenheit immer wieder wich-tige Fragestellungen aufgeworfen, neue Wege als Lösungs-ansätze aufgezeigt und die Baukultur entscheidend geprägt.Aus diesem Grund ist es eine Freude an den aktuellen Dis-kussionen und Bestrebungen mitarbeiten und mitgestaltenzu dürfen – auch als Ingenieur.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Für mich ergibt sich ein musterhaftes Quartier durch begrenzteBereiche, die sich in begreifbaren Maßstäben für die Bewoh-ner ausdrücken. Entscheidend für die Identität der Bewohnerin einem Quartier sind funktionsfähige Strukturen. Dabei istdie soziale Komponente mit einer aktiven Nachbarschaftshilfe,Versorgungsstrukturen für Kinder und hilfsbedürftigen Men-

schen, Bildungsmöglichkeiten und eine gesicherte Nahver-sorgung ebenso entscheidend wie Freiräume zur Begegnung,eine intakte Infrastruktur und Energieversorgung. Entschei-dend ist sicherlich in dieser Hinsicht auch die Größe der Woh-nungen. Kleinere individuell nutzbare Einheiten stehen Ge-meinschaftsflächen zur Begegnung gegenüber. Damitergeben sich auch in Fragestellungen der Energieeffizienzneue Diskussionsansätze. Bei einer Minimierung der Flächenpro Person durch neue Grundrisslösungen ergibt sich hier-durch eine Effizienzsteige rung auch wenn Kilowattstundennicht weiter durch intensive Anstrengungen gesenkt werden.Neben der Betrachtung behaglicher Innenräume spielt in die-ser Diskussion der Komfort im Stadtraum eine entscheidendeRolle. Sonnige und windgeschützte Bereiche im Winter undschattige luftige Orte im Sommer bieten Aufenthaltsqualitätendurch Stadtklima, die zur Begegnung einladen und Nachbar-schaften fördern.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Planungsrecht und Leitlinien sind in den letzten Jahren durchAnforderungen an unterschiedlichste Bereiche im Bauen im-mer weiter angereichert worden. Bedürfnissen aller am BauBeteiligten wurde versucht gerecht zu werden. Dabei ist derFokus vom Menschen, der diese Strukturen belebt und imMittelpunkt der Planungen steht, häufig verloren gegangen.Wir sind aktuell an einem Punkt angelangt, der uns zum In-nehalten zwingt und die Frage nach neuen Wegen erfordert.Nicht nur Investitionen sollten ausschlaggebend sein für Ent-scheidungen in Bauvorhaben. Die Haltbarkeit und Bestän-digkeit wird aktuell zu wenig betrachtet und in den Prozesseingebunden.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Es wäre wünschenswert für die Zukunft, wenn in vielen Be-reichen des Zusammenlebens der Anspruch an die Qualitätder Dinge, die uns umgeben, steigt. Durch das wachsendeDurchschnittsalter werden Strukturen von Mehrgenerationenebenso zum Alltag gehören wie notwendige Lösungen zuKreislaufsystemen in der Lebensmittelproduktion und in derVerpackungswirtschaft. Wie in den letzten Jahrhunderten auchwird es entscheidend sein welche Werte zukünftigen Genera-tionen vermittelt werden. Für mich ist hierbei nicht der Fokusauf Güterproduktion zu legen, sondern auf Möglichkeitendes Erlebens von Strukturen zur Deckung der Grundbedürf-nisse. Ob in städtischen Strukturen oder im ländlichen Raumist es zur Bewusstseinsbildung entscheidend, die Zusam-menhänge begreifbar zu machen. Aufgabe der gebautenUmwelt ist es daher, qualitätsvolle Räume und Orte für dieseAnforderungen zu schaffen.

PROF. DR.-ING. DR. H.C. GERHARD HAUSLADENingenieurbüro hausladen gmbh, Kirchheim

www.ibhausladen.de

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Altgier trifft Neugier

Es stimmt schon: früher war alles besser, vor allem die Architektur und natürlich auch die Stadt. Die gründerzeit -lichen Wohnhäuser in Berlin mit ihren hohen Geschossen,flexibel nutzbaren Räumen und noblen Fassaden, die Straßenmit breiten Gehwegen und stolzen Stadtbäumen, die sozialeMischung im Haus und das ebenso kluge wie effiziente Ne-beneinander vielfältiger Lebensvorstellungen in der Nachbar-schaft.

Und dann kamen zu Beginn des 20. Jahrhunderts wir Architekten, wir modernen Architekten wohlgemerkt, mit neuen Ideen zur Stadt und zum Bauen im Allgemeinen.Damit kamen auch die aufgelockerten stets sonnigen Stadt-quartiere mit autogerechten Straßen, bunten Häusern, flachen Dächern und großen Balkonen. Und vor allem warauch der Werkbund schon mit visionären Ideen von Stadtund Wohnen immer mustergültig ja vorbildlich vorne dabei,wo der Werkbund ist, ist der Fortschritt nicht weit!

In diesem vermeintlich fortschrittlichen Prozess geriet aberbedauerlicherweise auch die Vorstellung vom Haus als ganz-heitlichem Unikat, das über Generationen typologisch entwi-ckelt und architektonisch verfeinert wurde, binnen wenigerGenerationen in Vergessenheit und die Stadt als komplemen-tärer Kosmos wurde ohne Not segmentiert und filetiert undletztlich zur Ansammlung funktionaler Behältnisse, Häuserkamen aus der Mode, an ihre Stelle traten Gebäude, zumeistohne Charakter geschweige denn Charme, die Straßen wurdefreudig dem Verkehr übereignet, der Stadtraum als natürli-chem Widerpart des Hauses geriet in seine schwerste Krise.

Die fundamentale Kritik an dieser modernen Stadt lässt vergleichsweise lange auf sich warten, erst seit den 1970-erJahren beginnt sich die Debatte nachhaltig umzukehren, dieneuen Programme und Stichworte lauten nun Rückbesinnungauf den Stadtgrundriss oder kritische Rekonstruktion späterdann Rückbau der überdimensionierten Wohn konglomerate

und gelegentlich Rekonstruktion zerstörter Bauten oder Stadt-quartiere.

Und obwohl nun seit geraumer Zeit die Innenstadt auf demImmobilien- und Wohnungsmarkt eine ungeahnte Hochkon-junktur erlebt, ist die architektonische und städtebauliche Aus-beute der neu gebauten oder in Planung befindlichen Projekteeher dürftig, spätestens wenn man sie im Spiegel der grün-derzeitlichen Vorgänger betrachtet.

Den privat finanzierten wie den öffentlich geförderten Wohn-projekten gelingt es ganz offenbar nicht mehr der urbanenHerausforderung des in die Innenstadt drängenden Woh-nungsbaus städtische Form und architektonische Sprachezu geben. Zugleich wird der für die europäische Stadt exis-tentielle Mix an Bewohnern und Nutzungen zwar im Bestandmöglichst weiter genutzt, im Neubau aber nicht in notwen-digem Umfang geschaffen.

Im Ergebnis entstehen heute Quartiere mit homogenisiertenund eindimensionalen Bewohnerstrukturen, geprägt von einer bewusst durchschnittlichen und häufig autistischen Ar-chitektur, die bestenfalls den vermeintlichen Vorlieben ihrer Käufer- und Mieterklientel Ausdruck verleiht. Stadt alssozialer Raum für differenzierte urbane Gemeinschaften -Fehlanzeige.

Auch der Politik scheint intellektuell wie operativ die Kraftauszugehen, seitdem die finanzielle und damit personelle Ba-sis in den Planungsämtern ausgedünnt wurde und an ihreStelle die Steuerung der Partizipationsprozesse als Politikersatzgetreten zu sein scheint. Von kommunalem Planungs- undGestaltungswillen ist kaum mehr etwas zu spüren. Die Sepa-ration der Stadtplanung von der Architektur hat hier geradezuschizoide Verhältnisse herbeigeführt, die guten Stadtplanerstehen den bösen Architekten gegenüber, die beiden Diszip-linen haben sich zwischenzeitlich wahrhaft voneinanderemanzipiert, die Stadt als ihr ursprünglich gemeinsames End-produkt bleibt dabei meist auf der Strecke.

Parallel dazu und im Grunde auch konsequenterweise kommtfür uns Architekten damit die Stadtarchitektur des späten 19.und frühen 20. Jahrhunderts mit ihren elaborierten Architek-turen und Haustypen wieder in den Fokus des Interesses.Wenn dann auch noch insbesondere die Berliner Stadtbau-tradition durch die großartigen gründerzeitlichen Stadterwei-terungen und den immer wieder und immer noch beeindru-ckenden Reformwohnungsbau geprägt sind, dann sollte unsals modernen Werkbund-Architekten nun wohl nichts anderesübrig bleiben, als uns an ebendiesen Maßstäben und archi-tektonischen Qualitäten des Stadt- und Wohnungsbaus end-lich zu messen. >>>

© TD

Seite 23GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

PROF. BERND ALBERSBERND ALBERS Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin

www.berndalbers.com

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Zurück zur WerkBundStadt Berlin: Wir sollten mit einem beachtlichen Quantum an leidenschaftlicher Altgier an dieneuen Herausforderungen im Umfeld sich verändernderWohnformen und modifizierter ökonomischer Bedingungenherangehen und dabei den historischen Blick weiten, alsoneu Maß nehmen. Dass uns bei diesem Prozess der altgierigeRespekt allein nicht ausreichen wird, ist insbesondere imWerkbund ebenso absehbar wie wünschenswert. Daher rührtauch zumindest meine neugierige (Vor)Freude auf das Projektund auf den hoffentlich ebenso heftigen wie produktivenStreit um die beste Lösung für eine architektonische wie urbane Vision für unsere Stadt und damit für die städtischeZivilgesellschaft von heute.

Prof. Bernd AlbersOktober 2015

PROF. BERND ALBERSBERND ALBERS Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin

www.berndalbers.com

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Die Voraussetzung für eine funktionierende urbane Gesell-schaft sind die soziale Durchmischung, das Nebeneinanderunterschiedlicher Nutzungen und Kulturen und eine gut aus-balancierte Dichte. Dabei steht ein homogener Städtebau nieim Gegensatz zu dieser lebendigen Mischung – im Gegenteil:In einem spezifischen, identitätsstiftenden Umfeld ist derMensch Teil eines Kollektivs und Individuum zugleich.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Das Wohnen und Leben in einer urbanen Gesellschaft gehört - gerade auch wieder ganz aktuell - zu den wichtigstenThemen der Architektur und des Städtebaus. Die „Werk-BundStadt Berlin 2016-19“ stellt für uns eine wertvolle Gele-genheit dar, diese Themen mit hochqualifizierten Kollegenund Fachleuten gemeinsam zu bearbeiten. Eine zusätzlicheDimension kann hierbei durch das „Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk“ in der Tradition des Deutschen Werkbundes eröffnet werden.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ein musterhaftes Quartier kann dann entstehen, wenn zuden oben genannten städtebaulichen Leitlinien die architek-tonische Qualität hinzutritt. Diese architektonische Qualitätdarf sich jedoch nicht in individualistischen Einzelobjektenausdrücken. Sie kann nur in Abstimmung aller Planer zu einem homogenen aber lebendigen Quartier führen.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Vielerorts wird die vermeintliche wirtschaftliche Schwächeder Kommunen dazu genutzt, kurzsichtige Einzelinteressenzu Lasten einer übergeordneten Stadtplanung zu verfolgen.Hier gilt es, das fehlende Bewusstsein für das Potential guter Stadtplanung zu stärken und langfristig positive Entwicklungen nicht durch Gleichgültigkeit zu verschwenden.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Die Zivilgesellschaft entsteht im Kleinen. Dies kann von der gebauten Umwelt gefördert oder unterdrückt werden.Unsere Vision ist eine Stadt der Zukunft, die einen Nähr -boden für eine gesunde und vielfältige Zivilgesellschaft bietet.

© Bayer & Strobel ARCHITEKTEN

Seite 25GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

GUNTHER BAYER UND PETER STROBEL BAYER & STROBEL ARCHITEKTEN, Kaiserlautern

www.bayerundstrobel.de

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© Clemens Vogel

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Die Funktionstrennung von Wohnen, Arbeiten und Freizeitaufgeben. Konzeptionell, ideologisch und lebenspraktisch.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Die Hochachtung der Werkbundausstellung 1914 in Köln,1:1, experimentell und zeitgenössisch.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Eine Versammlung in kultureller, sozialer und ethnischer Hin-sicht unterschiedlichster NutzerInnen.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Der naive Glaube an die Planung.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Entgrenzung. Keine Zäune, keine Grenzen, kein Schengen ...Bewegung.

PROF. ARNO BRANDLHUBER brandlhuber+ architekten und stadtplaner, Berlin

www.brandlhuber.com

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Zuerst geht es um eine gedankliche, konzeptionelle und architektonische Rekonstruktion von Stadt in radikaler Abgrenzung zum Siedlungsbau im kulturellen Kontext dereuropäischen Stadt. Dann geht es um deren Aktualisierungin Bezug auf zeitgenössische Bedürfnisse.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Ausschlaggebend wäre die Publizität und Vorbildwirkung eines exemplarischen Projektes mit vielen Beteiligten (und vielen Häusern) im Sinne des unter 1 beschriebenenAnsatzes.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ein musterhaftes Quartier definiert sich aus einer spezifischentraditionell fundierten Stadtidee heraus (für einen bestimmtenOrt und für eine konkrete Bewohnerschaft), umgesetzt in ei-nem systematisch angelegten System aus Straßen, Plätzen,Blöcken, Häusern und Gärten mit schönen Fassaden am öf-fentlichen Raum und einem charakteristischen Wohnungs-angebot zwischen Straße, Hof und Garten. Wesentlich dabeiist auch die Material- und Detailqualität!

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Erstes Hindernis: Die Inkompetenz vieler Architekten; zweitesHindernis: die verbreitete Inkompetenz der Stadtplanung;drittes Hindernis: Die Ignoranz und Anspruchslosigkeit vielerBauherren, was die oben genannten Qualitätsansprüche an-geht.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Bezogen auf Architektur und Stadt als Symbol für Kultur,Ortsbezug und bürgerliche Gemeinschaft (auch in einer offenen und breiten Dimension) sind die Visionen eher bescheiden und die Hoffnungen eher auf Einzelereignissebeschränkt (siehe WerkBundStadt Berlin 2016-19).

© Privat

Seite 27GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

PROF. KLAUS THEO BRENNER UND DOMINIK KROHMKLAUS THEO BRENNER – STADTARCHITEKTUR Brenner · Krohm · Architekten, PartG, Berlin

www.klaustheobrenner.de

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© Caruso St John Architects

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Gesellschaften wandeln sich fortwährend - Städte müssendies meines Erachtens nach nicht im gleichen Umfang undschon gar nicht mit gleicher Geschwindigkeit tun. Gebäudeund Städte sollten vielmehr einen stabilen Hintergrund fürdie Dynamik des Lebens bieten.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Die Chance, über ein neues Stadtquartier in einer gewachse-nen Stadt nachzudenken bietet sich selten an - eine willkom-mene Abwechslung also. Umso interessanter, dies mit gleich-gesinnten Kollegen tun zu können.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ein „musterhaftes Quartier“ ist ein Ort, der Hintergrund fürdas Leben selbst ist: reichhaltig und wandelbar. Gebäudeund öffentliche Räume sollten einen sehr spezifischen Charakter besitzen, so wie wir es von gewachsenen Quartie-ren aus unterschiedlichsten Epochen kennen. Sie müssenaber auch neue Vorstellungen ihrer Nutzung ermöglichen –denn solche wird die Zukunft zwangsläufig mit sich bringen.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Die (fehlende) Vereinbarkeit von Kapital, Politik und alltäglicherLebenswirklichkeit.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Die Zivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts sollte Raum bieten für die Heterogenität und Vielfalt der globalen Welt –und dabei immer noch einige der tiefverwurzelten Werte europäischer Kultur in sich tragen.

ADAM CARUSO UND PETER ST JOHNCaruso St John Architects, Zürich

www.carusostjohn.com

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Die Anforderungen an den Städtebau haben sich seit derEntwicklung der gegenwärtig angewandten Instrumentariensignifikant weiterentwickelt und bedürfen der Überprüfung.Die Lebensmodelle der Stadtbewohner haben sich mittler-weile stark differenziert und es bedarf städtebaulicher Ant-worten mit adaptierbaren Angeboten hinsichtlich Lebenssi-tuationen, Lebensalter, Nutzungsmöglichkeiten und Kosten.Höhere mögliche Bebauungsdichten und Durchmischungvon Funktionen, die sich im Sinne ihrer ursprünglichen Defi-nitionen ohnehin teilweise nicht mehr klar trennen lassen,sind dabei wichtige Aspekte. Leben in der Stadt bedeutetinsbesondere die Begegnung im öffentlichen Raum. Diesengilt es zu stärken und gegen Tendenzen zur Privatisierung zuverteidigen.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Mit dem Gebiet hatten wir uns im Büro in einem anderenKontext im vergangenen Jahr beschäftigt und dieses als sehrspannend empfunden. Das hier nun mittels eines Impulsesaus dem Werkbund ein mustergültiges Wohn- und Stadt-quartier ohne vorgegebene Zieldefinition von dritter Seite ent-stehen soll, ist für uns als Architekten natürlich außerordent-lich faszinierend.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ein musterhaftes Quartier definiert sich für uns aus der Fähigkeit für relevante Fragestellungen unserer Zeit an deninnerstädtischen Wohnungsbau exemplarische und durchihre konzeptuelle Robustheit unsere Zeit überdauernde Beispiele zu liefern. Diese sollten vorbildlich und impuls -gebend im Sinne des Aufzeigens architektonischer Lösungensein, die aber nicht als dogmatisch und unabwandelbar verstanden werden.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Das größte Hindernis sind aus unserer Sicht bestehendeDenk- und Verfahrensschemata, die den sich rapide ändern-den Anforderungen an die Stadt und das städtische Wohnennicht immer gerecht werden. Diese bestehen aus Nutzungs-vorgaben, zu geringer Dichte der Bebauung und der von derPolitik nicht beantworteten Frage, welchen gesellschaftlichenWert und Funktion das Wohnen hat.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Die positive Variante der Vision einer zukünftigen Zivilgesell-schaft ist eine Gesellschaft, in der sich in der politischen Mei-nungsbildung verlorengegangenes Terrain zurückgewinnen lässt.Es ist eine Gesellschaft von Bürgern, die durch Förderungder Teilhabe an politischen und ökonomischen ProzessenIdentifikation und Engagement stärkt und mittels der Bildungvon Verantwortungsnetzwerken jeden Einzelnen, wenn auchin sehr unterschiedlicher Weise und auf unterschiedlichenEbenen, Teil eines guten Ganzen sein lässt.

© Patrik Dierks Norbert Sachs Architekten BDA

Seite 29GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

PATRIK DIERKS UND NORBERT SACHSPatrik Dierks Norbert Sachs Architekten BDA Partnerschaft

WWW.DIERKS-SACHS.COM

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© Max Dudler

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Wir kennen aus der Geschichte einige städtebauliche Konzepte und architektonische Modelle, die ganz unterschied-lichen Wohn- und sonstigen Bedürfnissen gerecht werdenoder an diese angepasst werden konnten. Es kommt daraufan diese Ideen anzuschließen, sie weiter zudenken, sie wei-terzubauen. Wir sollten nicht in den Irrglauben verfallen, mitArchitektur die Probleme der ganzen Welt neu erfinden zuwollen. Zunächst mal geht es darum mit Architektur Schön-heit und Lebensqualität für die Menschen zu schaffen.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Die historischen Werkbundsiedlungen bleiben vorbildlich undwir erinnern uns an den auslösenden Effekt, der von einigen dieser Bauten ausgegangen ist. Auch wenn unsereheutigen Bedingungen und Probleme vielleicht andere sind,und die eigenen Konzepte den Werkbundgedanken mit neuenInhalten füllen müssen, hoffen wir natürlich alle, dass die vie-len Köpfe, die hier zusammentreffen in der Lage sind, für un-sere Zeit ebensolche Konzepte zu liefern oder zumindest diebestehenden Ideen exemplarisch zusammenzufassen.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers definieren. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier"?

In der Idee ein Stadtquartier zu bauen steckt ja bereits die Kritik an der Siedlungsidee. Die soziale Utopie eines moralischen Landlebens am Stadtrand, die die Triebfeder hin-ter den Gartenstadtplanungen und Reihenhaussiedlungender 1920er Jahre war, hat sich heute in das Grauen unserer zersiedelten Vorstädte verkehrt. Darum wollen wirdie Durchmischung, die Dichte und Komplexität der Stadtweiterbauen. Nicht als Utopie, sondern als konkretes Ziel. Esgeht aus meiner Sicht dabei aber weniger um das musterhafte, sondern um Lebendigkeit und urbane Qualität.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Es gibt keine, man muss es nur angehen. Die Hindernissesind nicht größer geworden als früher. Wir haben erfolgreicheStadtplanungen schon gebaut.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

In der Architektur sollte es weniger um Visionen gehen. Es gibt konkrete Fragen und konkrete Antworten.

MAX DUDLERMax Dudler Architekt, Berlin und Zürich

www.maxdudler.com

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Seite 31GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

© Oliver Nanzig

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerechtzu werden?

Wenn Sie den gesellschaftlichen Strukturwandel meinen,so sind städtebauliche Leitlinien v.a. bezüglich Nutzungs-vorschriften zu prüfen. Es wird wichtig sein für eine urbaneLebensgesellschaft auch urbane Räume anbieten zu können.Mit den städtebaulichen Leitlinien wird es zu untersuchensein, wie dicht ein solches Quartier sein soll. Es wird daranliegen, ein Programm der Wohnungen und der Häuser zuverfassen, in dem die unterschiedlichen Familien- und Gesellschaftsstrukturen koexistieren, also wohnen, arbeitenund beispielsweise auch gepflegt werden können. Der Wan-del innerhalb einer Wohnung wird weniger zu suchen seinals die Möglichkeit in einem Haus mit unterschiedlichen Be-dürfnissen über größere Zeiträume leben zu können: Für Single, Jungfamilien, Patchwork – Strukturen aber auchAltenwohnen und vieles mehr sollten leistungsfähige undrobuste Räume geschaffen werden. Dafür braucht man alleBereiche vom Erdgeschoss bis ins Dach.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagierenund Wegbegleiter zu sein?

Die WerkBundStadt soll auf einer breiten Basis stehen. Die thematischen Klausuren bilden den Beginn einer solchenAuseinandersetzung. Wir bringen hier eine ausländische Per-spektive ein. Ein solches Verfahren an sich ist schon seltenund Ansporn genug im Kontext einer gemeinsam geführtenDiskussion die inhaltlichen Schwerpunkte mitgestalten zukönnen.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ein musterhaftes Quartier soll ein gesellschaftlich durch-mischter, vielfältiger Ort werden. Dabei stellt der paradigma-tische Wechsel von Siedlung zum Stadtquartier klar, dass esin Zukunft um eine Stärkung der urbanen Räume gehenwird. Wohnung, Haus und Stadtraum müssen sich maß-geblich auf einander beziehen. Dabei muss ein räumlichesPrinzip der Ordnung etabliert werden können, innerhalb des-sen man variieren und differenzieren kann. Ein musterhaftesQuartier muss dicht genug sein, um das Ziel eines städtischenRaumes zu erreichen.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Die Stadtplanung ist in einem gewissen Sinn ein Gemein-schaftsprojekt. Die eigentlichen Inhalte und Zielsetzungenwerden selten vorab moderiert. Die Vorstellung der Stadt limitiert sich häufig an einer formalisierten Diskussion überBautypen und Gestaltungsvorgaben. Eine stärkere Gewich-tung auf Prozesse und mögliche Partnerschaften kann einePlanung stärker verankern und gesellschaftlich abstützen.Dabei entstehen Ideen und Vorstellungen eines gemein-schaftlichen urbanen Lebens, das die Planung beeinflussenkann.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Wir haben keine Visionen, sondern versuchen Tendenzenunserer Zeit richtig einzuordnen und zu deuten. Dabei kannman vielleicht behaupten, dass Wohnen sich insofern in sei-nen Grundbedingungen verändern wird, als dass die heutigeGrößenvorstellung von privaten Räumen revidiert werdenmuss. Der heutige Flächenverbrauch ist viel zu groß undmittelfristig nicht finanzierbar. Das Verhältnis von geteiltenund strikt privaten Räumen wird neu zu verhandeln sein. Ichkann mir gut vorstellen, dass mit der „günstigen“ Verfüg-barkeit von gemeinsam genutzten Räumen der private Raumumso mehr Privatheit fordern wird. Hingegen fallen die pri-vilegierten Attikas und die schwierigen Erdgeschosse einerneuen Allgemeinheit zu.

PIET ECKERTE2A / Piet Eckert und Wim Eckert / Architekten ETH BSA SIA AG

www.e2a.ch

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© Gitty Darugar

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Die gemischte, gelassene, aufregende und sozial gerechteStadt braucht Regeln und Freiheiten. Die gegenseitige Ergänzung von Stadt und Natur und die Neubefragung privater und öffentlicher Räume sind wesentliche Parameterfür die Entwicklung neuer und die Ergänzung bestehenderQuartiere.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Das Projekt beruht auf der Kooperation vieler Partner undenthält das Versprechen, gemeinsam an einem zukunftswei-senden Modellprojekt zu arbeiten, dessen Ergebnis offen ist.Unser Engagement besteht darin, unsere Erfahrungen undVorstellungen als Architekten in diese Gemeinschaft aktiveinzubringen.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ein modellhaftes Stadtquartier wie die geplante WerkBund-Stadt Berlin sollte sowohl nach innen, als auch nach außen,und in seinen programmatischen Eigenschaften über den ei-gentlichen Standort hinaus wirken.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Eine zukunftsweisende Stadtentwicklung ist eine, die sichzumindest in Teilen den Tendenzen des Immobilienmarkteswidersetzt.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Wir stellen uns eine Stadtgesellschaft vor, die allen zugänglichund dem Gemeinwohl gewidmet ist.

VERENA VON BECKERATH UND TIM HEIDEHEIDE & VON BECKERATH, Berlin

www.heidevonbeckerath.com

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Mir ist nicht ganz klar, was mit diesem Strukturwandel eigentlich gemeint ist. Ich sehe wohl eine beträchtliche Dynamik, was die Finanzierung, die Programmatik und dieökologischen Anforderungen von Wohnungsneubauten angeht. Diese Zwänge sind aber keineswegs neu. Seit derMassenwohnungsbau als kulturelle Problemstellung existiertund damit zu einer architektonischen Aufgabe wurde, alsoungefähr seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts, haben dieseZwänge eine Vielzahl höchst unterschiedlichster Experimenteim Hinblick auf die Planung und Gestaltung von Wohnbautenhervorgebracht. Die Architektur sollte mit diesem Druck ambesten gelassen und stoisch umgehen und beharrlich dieBedeutung der Qualität des architektonischen Endproduktsbetonen: Es geht doch in erster Linie darum, Wohnbautenmit einer langen wirtschaftlichen Nutzungsdauer zu schaffen.Das ist viel mehr [oder viel weniger] als etwa das Bemühenum Flexibilität oder Nachhaltigkeit. Wohnungsbau, der sichauf die Befriedigung flüchtiger Modebedürfnisse konzentriert,war noch nie erfolgreich. Echter Fortschritt ist im Wohnungs-bau paradoxerweise nur möglich, wenn es der Architekturgelingt, ihre Experimentiersucht zu überwinden und sich denalltäglichen gesellschaftlichen Erwartungen, Geschmäckernund Wünschen zu stellen. Städtebau und Architektur müssensich mit den Konventionen des großstädtischen Wohnensaus einandersetzen. Daran ändert auch die Notwendigkeitvon konkreten Problemlösungen nichts, etwa wenn es umden verantwortungsbewussten Einsatz von Materialien undEnergie und den steigenden Bedarf an Parkraum geht. Wich-tig wäre es nur, Lösungsansätze zu finden, die das Problemnicht zum Fetisch machen. Meiner Meinung nach sollte we-der die Nachhaltigkeit noch das Auto im Zentrum architekto-nischer Zielvorstellungen stehen, und die Materialien solltenden historischen Zusammenhängen der heutigen Städte ge-recht werden.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Ich finde es reizvoll, dass die Arbeit an architektonischen Lö-sungen und der städtebaulichen Gestaltung des Standorts inBerlin zunächst zurückgestellt wurde. Stattdessen soll diestadtplanerische und architektonische Aufgabe zunächst ineiner multidisziplinären Debatte in Frage gestellt und ausge-leuchtet werden. Das ist positiv. Die Architektur versteift sichzu oft auf die Suche nach einfachen Lösungen, und aus ebendiesem Grund verliert die Disziplin ihre Glaubwürdigkeit. Au-ßerdem freue mich auf die Debatten mit den Kollegen, diePaul Kahlfeldt zusammengebracht hat. Es scheint in diesemKreis ein ausreichendes Maß an gemeinsamen Vorstellungenzu geben, aber eben auch ein breites Spektrum an unter-schiedlichen Ansichten, Kompetenzen und Interessen.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

„Musterhaft“ impliziert, dass es leicht an einen anderen Ortübertragen werden kann, also wiederholbar ist. Ich denke,das Quartier wird dann ein Erfolg sein, wenn nicht etwa seinSymbolcharakter oder die typischen Handschriften der ein-zelnen Architekten und Designer zu einer solchen Wiederho-lung führen würde, sondern der zugrundeliegende Denkansatzund die städtebauliche Qualität des Entwurfs. Es wäre einwirklich starkes Signal, wenn diese 30 Architekten sich vonStarallüren freimachen könnten.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Unsere westliche Gesellschaft wird mehr und mehr von einem Glauben an Prozeduren und Prozesse bestimmt undnicht von Ideen. Auch Politik wird heute nicht mehr als Kampfum größere Ideen definiert, sondern als Vertretung und Ver-handlung von Interessen. Das spiegelt sich auch in der Stadt-planung wider. Der Trend in Europa geht weg von einer staat-lich gesteuerten Stadtentwicklung. Das spiegelt sichmittlerweile in Architektur und Stadtplanung gleichermaßenwider. Wir erleben gerade den langsamen Abschied von denstarken städtebaulichen Wahrzeichen. Die Stadtentwicklungvon heute neigt zu einer neuen „Vernunft“: Materialien, Größeund Proportionen stimmen. Architektur und Stadtgestaltungscheinen als geschmackvolle Techniken zu funktionieren. DieVerhandlungen haben ihre Aufgabe erfüllt. Aber wofür stehtdas? >>>

© Mirjam van Avezaath

Seite 33GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

HANS VAN DER HEIJDEN Hans van der Heijden Architect, Amsterdam

www.hvdha.com

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Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Ich bin da nicht optimistisch. Es wird entscheidend sein, dassdie Architektur ihre Glaubwürdigkeit zurückerlangt und bereitist, ihre Rolle in der Gesellschaft anzunehmen – kulturell, po-litisch und als Manager. Wir haben uns von unserem Publikum entfremdet. Die Architektur muss sich daher inzweierlei Hinsicht verändern: Einerseits muss sie sich stärkerauf ihre zentralen Aufgaben konzentrieren: die Errichtung vonGebäuden und die Schaffung nachhaltigen Komforts. Siesollte ihre Legitimierung nicht in Werten außerhalb der ei-gentlichen Disziplin suchen und ihre Autonomie stärker arti-kulieren. Andererseits muss sie sich politisch einmischen, in-dem sie Vorschläge auf der Basis professionellerKompetenzenunterbreitet und konkrete Lösungen für konkrete Problemeanbietet. Eine solche Reziprozität kann nur erfolgreich sein,wenn die architektonische Autonomie gelebt wird und er-kennbar ist!

HANS VAN DER HEIJDEN Hans van der Heijden Architect, Amsterdam

www.hvdha.com

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Der Strukturwandel, in dem wir leben, scheint uns eher einNormalzustand zu sein als ein vorübergehendes Phänomen.Wenn man die Geschichte der letzten Jahrhunderte betrach-tet, wird ziemlich schnell klar, dass die einzige Konstante dereuropäischen Stadtentwicklung in den letzten Jahrhundertender permanente Wandel ist. Wir halten es daher nicht fürden geeigneten Weg, alle paar Jahre mit neuen städtebauli-chen Leitlinien zu reagieren. Vielmehr sollten wir dafür sorgen,dass die Gebäude, die wir entwerfen, mit Veränderungen„umgehen“ können. Was die Wohnbedürfnisse der Men-schen angeht, sind unserer Meinung nach ohnehin eher zeit-lose Qualitäten ausschlaggebend. Auch bahnbrechende Ent-wicklungen wie beispielsweise die Digitalisierung des Alltagswerden da vermutlich keine Revolution auslösen.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Neben dem Interesse für die Aufgabenstellung war vor allem die Vorfreude auf die Zusammenarbeit mit den Kollegenausschlaggebend. Ein solches Gemeinschaftsprojekt ist einegroße Bereicherung, vor allem vor dem Hintergrund der inunserem Beruf üblichen konkurrierenden Verfahren, wie Wett-bewerben oder im schlimmsten Falle völlig planlosen Pit-ches.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ich würde diese Frage gerne vom Wortsinn her anpacken:Bei „musterhaft“ denke ich unwillkürlich an den Musterschü-ler, der sich in jeder Situation angemessen zu benehmenweiß. Uns schwebt ein Quartier vor, das sich in Hinsicht aufdie Bedürfnisse der Nutzer, aber auch in seinem Kontext sehrunaufgeregt und selbstverständlich „benimmt“.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Leider haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Freiheit inder Planung durch die Vorgaben von Juristen und Claim-Ma-nagern stark eingeschränkt wird. Der Blick auf vorauseilendabzuwendenden Schaden hat eine gewisse Eigen dynamikgewonnen. Angesichts der finanziellen Summen, die geradebei großen Projekten im Spiel sind, ist das natürlich verständ-lich; schade ist es trotzdem.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Der Begriff „Visionen“ ist uns eine Nummer zu groß. Statt-dessen hegen wir lieber Hoffnungen. Eine davon ist, dassdie gegenwärtige Gesellschaft vergegenwärtigt und weiter-entwickelt, was vergangene Gesellschaften bereits erarbeitethaben. Das gilt nicht nur, aber sehr wohl auch für den Bereichder Architektur und unserer gebauten Umwelt.

© Wilfried Dechau

Seite 35GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

DIONYS OTTLHild und K Architekten BDA, München

www.hildundk.de

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© H.G. Esch, Hennef

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Es sind nicht nur die Wohnbedürfnisse, die sich verändernoder verändert haben. Es ist ein komplexes Wechselspiel ausveränderten Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen. Einwesentlicher Motor der veränderten Wohn- und Lebensfor-men waren die industriellen Entwicklungen. Nun haben wiruns gerade an die Anforderungen der dritten industriellenRevolution gewöhnt, da steht schon die vierte an. Die Zyklenwerden immer kürzer und fordern uns und das Leben in urbanen Gesellschaften immer wieder aufs Neue heraus. DieAntwort darauf kann nur lauten, nach haltig flexible Flächenund Räume zur Verfügung stellen.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Vor dem Hintergrund der historischen Werkbundausstellun-gen und Werkbundsiedlungen finden wir es beachtenswert,dass der Werkbund Berlin mit der WerkBundStadt ein Projekt initiiert hat, das sich städtebaulich, architektonischund politisch einem ganzheitlichen und interdisziplinären An-spruch stellt. Das Projekt bietet die Chance in einem kooperativen, also in einem nicht konkurrierenden Wett -bewerbsverfahren wie wir es sonst kennen, mit Architekten-kollegen ein Stück Stadt gemeinsam neu zu denken, zu ent-wickeln, zu planen und zu realisieren. Wir werden einen sehrspannenden Prozess durchleben, von dem wir heute nochnicht wissen, zu welchem Ergebnis er uns führt. Aber wirsind zuversichtlich einen neuen Weg urbaner Lebensqualitätbeschreiten zu können.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Es geht um einen robusten Städtebau. Es geht um Dichte,Diversität und Flexibilität. Es geht um öffentlichen und priva-ten Raum. Es geht um Nachhaltigkeit und Verantwortung.Ein „musterhaftes Quartier“ klingt nach Rezeptbuch. Aberfür städtisches Leben, Wohnen und Arbeiten gibt es heutekeine Patentrezepte mehr. Die Gesellschaft ist in einem steti-gen Wandel und wir müssen auf diese und die zukünftigeVielfalt eine Antwort formulieren. Wenn uns dies gelingt,kann die WerkBundStadt eine wegweisende Perspektive zu-künftiger Quartiersentwicklungen aufzeigen.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Hier muss man differenzieren. Eine zukunftsweisende Stadt-planung in Berlin sollte natürlich die „Geschichte der euro-päischen Stadt“ kennen und den genius loci einbeziehen.Global betrachtet muss eine zukunftsweisende Stadtplanungaber Antworten auf die Herausforderungen des Weltbevöl-kerungswachstums und des Klimawandels formulieren – umnur zwei wichtige Faktoren exemplarisch zu benennen. DieseKenntnisse muss man analysieren, überlagern und bewerten– und dabei haben wir eine große Verantwortung, der wiruns uneingeschränkt stellen müssen. Der größte Fehler, denman in beiden Fällen machen kann, ist allein dem vorhande-nen Stadtraum und Stadtgrundriss blind zu vertrauen und zuhoffen, dass tradierte Städtebau- und Gestaltungsmuster aufdie Anforderungen des menschlichen Miteinanders in Städtendes 21. Jahrhunderts einfach zu übertragen sind. >>>

INGENHOVEN ARCHITECTS, DÜSSELDORFwww.ingenhovenarchitects.com

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Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Seit Menschen in Gemeinschaften zusammenleben, sind wirin Dorf- oder Stadtstrukturen eingebunden. Diese haben sichals belastbar oder weniger belastbar bewiesen, sie haben sich evolutionär entwickelt und angepasst oder wurden durch Setzungen definiert. In aller Regel überlebendiese städtebaulichen Muster und Strukturen die Gebäudeund deren Bewohner, aber am Ende des Tages ist es die Architektur, die bleibt und unseren Eindruck von einer Stadtprägt. Aber Städte bieten auch z. B. durch Anpassungenverkehrlicher Infrastrukturen oder Konversion ständig neueFlächenpotenziale.

Für die Zukunft brauchen wir eine Kultur der Stadtplanung,die in der Lage ist, hohe Bevölkerungsdichten zu bewältigen,ökonomische und ökologische Ressourcen verantwortungs-voll einzusetzen, soziale, kulturelle und religiöse Aspekte desgesellschaftlichen Lebens einzubeziehen und dem demogra-phischen Wandel gerecht zu werden. Aus der Diversität undUngleichzeitigkeit von Lebensmodellen werden Regeln nurschwerlich zu formulieren sein. Dieser Vielfältigkeit Raum –im wahrsten Sinne des Wortes – zu geben ist somit dasgrößte Potenzial, das wir ausschöpfen können, sollen undmüssen, um nachfolgenden Generationen eine lebenswerteStadtstruktur vorzubereiten.

Seite 37GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

INGENHOVEN ARCHITECTS, DÜSSELDORFwww.ingenhovenarchitects.com

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© Mathias-Leemann, Basel

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Jenseits einzelner Leitideen, die neu bewertet werden müs-sen, wie beispielsweise das Dogma der Nutzungstrennung,muss erstens eine grundsätzliche Wertediskussion betreffendunserem Schutz- und Sicherheitsbedürfnis in die Gesellschaftgetragen werden und zweitens die Dominanz von absolutenGesetzen und Verordnungen gebrochen werden zu Gunstenvon spezifisch operierenden Räten.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Das historische und das aktuelle Potential dieses Bundes vonGestaltern, die aus den Bedingungen der Zeit und im gegen-seitigen Austausch nach ganzheitlichen Antworten suchenauf die Frage, wie wir unserem Leben Form geben können.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Es soll modellhaft sein in der strategischen Präzision undstrukturellen Konsequenz, mit der es an diesem konkretenOrt in Berlin-Charlottenburg urbanes Wohnen und Zusam-menleben prägt und fördert.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Mutlosigkeit der politischen und wirtschaftlichen Entschei-dungsträger, egoistische Partikularinteressen und Verhinde-rungsmentalität einzelner Personen und Verbände.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Eine Gesellschaft der Wissenden und Neugierigen, die denBegriff der Nachhaltigkeit wieder oder endlich kulturell lebt,die also auch in der Lage ist, das spannend Neue ins Verhält-nis zu setzen zum guten Alten. Bildung bedeutet dann nichtmehr die Heranziehung perfekter Staats- und Wirtschafts-subjekte, sondern die Vermittlung einer ganzheitlichen Kulturvon Geist, Seele und Körper. Sie dient als Basis für die persönliche Entwicklung individueller Menschen, die die Erfüllung ihrer sozialen Sehnsüchte in großen und kleinenGemeinschaften suchen.

PROF. ANNA JESSEN UND PROF. INGEMAR VOLLENWEIDERJessenvollenweider, Basel

www.jessenvollenweider.ch

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Für uns ist die Langlebigkeit von Stadtbauplänen und dasBauwerk Ensemble von großer Bedeutung. Der Planinhaltmuss sich daher auf lange Sicht hin bewähren, robust undzugleich flexibel bleiben. Die Leitlinien selbst sollten trotz ihrer Flexibilität in einem streng festgelegten öffentlichen Be-reich verankert sein. Maßgebend ist nicht das individuelleBauwerk, sondern der öffentliche Raum, der daraus erschaffen wird.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Da sich der Werkbund schon immer mit der historischenund zukünftigen Entwicklung der deutschen Architektur befasst, sind wir erfreut an dieser Entwicklung und Debatteüber die zukünftige Funktion unseres Berufes teilzuhaben.Wir erhoffen uns, dass wir aus der niederländischen Perspek-tive des Wohnungsbaus und der städtebaulichen Gestaltungeinen nützlichen Beitrag zu dieser Diskussion leisten können.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Der Entwurf eines musterhaften Quartiers für die WerkBund-Stadt Berlin muss nicht zwingend das heutige Vorbild einesidealen Quartiers darstellen. Vielmehr sollte es den zukünftigenAnforderungen an die Bedürfnisse einer sich ändernden Ge-sellschaft entsprechen, Fragen aufbringen und diese versu-chen zu beantworten. In der Hoffnung auch unerwartete Ant-worten zu erhalten, die unsere heutigen Maßstäbe an denStädtebau neu definieren.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Das größte Hindernis in der Stadtplanung liegt in der eingegrenzten Betrachtung des Baugebietes. Es wird nichtgenügend auf das ganze Stadtensemble bei der Durchfüh-rung der Stadtplanung geachtet, wobei gleichzeitig immermehr individueller Wohnungsbau stattfindet. Eine erfolgreicheStadtplanung kann jedoch ohne einen greifbaren Gesamt-bauplan für die Stadtentwicklung nicht existieren. Umso not-wendiger erscheint es uns, dass dem Gesamt umfeld in derPlanung für ‘Das Haus und die Stadt’ wieder mehr Bedeutungzukommt.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Die Stadt ist immer schon vielfältig und flexibel gewesen.Sie passt sich (in einem immer schneller werdenden Tempo)den wechselnden Umständen und der sich veränderndenBevölkerung an. Die Zivilgesellschaft ist nicht mit der Stadtverwurzelt, sie ist unabhängig von ihr zu betrachten. Ihre da-maligen Bedürfnisse an die Stadt haben sich geändert, sobesteht heutzutage das Interesse unserer Gesellschaft im Ge-brauch, Mieten und Teilen als im Besitz. Die Stadt sollte inder Lage sein diesen Ansprüchen gerecht zu werden, gleich-zeitig jedoch nicht als austauschbarer Raum wahrgenommenwerden, sondern viel mehr eine eigenständige starke Identitätaufweisen.

© Dana Lixenberg

Seite 39GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

JOOST HOVENIEROffice Winhov, Amsterdam

www.winhov.nl

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© Privat

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Nur eine verdichtete Stadt wird dem erheblichen Bedarf anzusätzlichem Wohnraum auf nachhaltige, Flächenressourcensparende Weise gerecht. Die Leitlinien sollten ein hohes Maßan Flexibilität erlauben. Grundrisse müssen so robust sein,dass sie künftigen sich immer wieder verändernden Wohn-bedürfnissen gerecht werden können.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Der Aufruf des Werkbundes Berlin kam uns einer Verpflich-tung gleich, an der Gestaltung einer neuen Wohnstadt mit-zuwirken. Natürlich ist es auch immer ein großer Anreiz, sichdem Wettbewerb mit anderen europäischen Architekten zustellen - wie wir es ja auch schon bei der Auseinandersetzungmit dem Deutschen Pavillon in den Giardini in Venedig unterder Überschrift „this is modern“ getan haben.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Das Quartier kann dann als musterhaft gelten, wenn es modellhaftes Denken zulässt, wenn hier und da städte -bauliche Zwänge außer Acht gelassen werden können unddie Gestaltungskraft den technisch-sachlichen Vorgaben über-geordnet werden kann. Man muss beispielsweise über ge-ringere Abstandsflächen von Fassaden mit untergeordnetenRäumen nachdenken dürfen, um dafür an anderer Stelle höhere Qualitäten zu entwickeln.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Ich erlebe immer wieder, dass politisch Beteiligte schon mitBeginn der Planungen übermäßigen Respekt vor möglichenEinwänden einer Bürgerbeteiligung zeigen. Mitunter werdendaher schon prophylaktisch neue Planungsansätze rigorosabgelehnt.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Wir stellen uns eine bürgerlich-offene und gleichzeitig vielschichtige Gesellschaft vor, in der ein hohes Maß an Res-pekt und Toleranz gegenüber allen Gesellschaftsgruppenherrscht, in der auch unterschiedliche Religionen nebenei-nander existieren können. Diese Gesellschaft engagiert sichfür ein gemeinsames Leben in der Stadt, auch, wenn dasmanchmal nicht einfach ist.

PROF. JAN KLEIHUESKleihues + Kleihues Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin

www.kleihues.com

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Wir brauchen keine neuen städtebaulichen Leitlinien, sondernsollten uns an die bewährten alten erinnern.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Die Gelegenheit, mit gutem Beispiel voranzugehen.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ich möchte dort gerne wohnen und arbeiten wollen.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Die Orientierung an ebenso auffälligen wie kurzatmigen Ver-marktungsstrategien.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Ich hüte mich, Visionen zu haben. Die Realität ist schon ab-surd genug.

© Privat

Seite 41GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

PROF. HANS KOLLHOFFKollhoff Architekten, Berlin

www.kollhoff.de

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© Thomas Heimann

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Der Inhalt, der uns im Städtebau antreibt, ist die Frage nachdem öffentlichen und dem privaten Raum. Wie definiert sichöffentlich, wie privat? Welche Schnittmengen verwischenoder präzisieren den jeweiligen Raum und seiner Gesellschaft?Wie nah lassen sich diese zusammenrücken?

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Wohnungsbau im Kontext der Historie des Werkbundes, alsarchitektonischer Wegbereiter einer sich weiter entwickelndenGesellschaft, zu planen, ist eine große Herausforderung undim besten Sinne ein mögliches Zeichen an unsere Stadtge-stalt. Die Stadt benötigt derartige Initialprojekte, die modellhaftqualitativen Wohnungsbau vorführen. Hier ist insbesonderedie institutionelle Initiative - alternativ zu reinen Investoren-und genossenschaftlichen Projekten - als Chance hervorzu-heben.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Hier verstehe ich weniger ein elitäres Quartier als primusexemplum seiner Architektur, sondern vielmehr die quartiers -übergreifende Vernetzung in das umgebende, weiterzuent-wickelnde Stadtgefüge. Der Kontext ist persée der Antrieb,aus dem wir entwickeln. Im Speziellen heißt dies, dass dieParameter von Nutzung, Durchmischung und Freiflächen sozu definieren sind, dass eine heterogene Bewohner- undNachbarschaft Platz und Raum findet, sich entfalten und ent-

wickeln zu können. Das inter-action centre von Cedric Pricein London ist ein überaus sympathisches Erfolgsmodell, wiedurch eine einfache architektonische Intervention, ein Rah-men für nachbarschaftliche Identität gebildet wurde. Es wurdeursprünglich als temporäres Projekt geplant, stand über 20Jahre und bildete ein Podium für Handwerk, Kunst und Treff-punkt über die Quartiersgrenzen hinaus.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Hier sind fehlende, zeitgemäße Werkzeuge und Instrumen-tarien zu benennen. Namentlich ein überaltertes und nichtmehr den aktuellen Bedürfnissen geschuldetes Baurecht. In Berlin haben wir mit Bebauungsplänen von 1958 und einer Verwaltung zu tun, die die Verantwortlichkeit der Abweichungen tragen und rechtfertigen muss. Für einen Pla-nungsablauf bedeutet dies enorme Verzögerungen, da mangenötigt ist, projektweise das Baurecht über Abweichungenmaßzuschneidern. Die hieraus resultierenden Abhängigkeitensind leicht vorstellbar und eine enorme Belastung für einevernünftige und notwendige Entwicklung unserer Stadtge-stalt.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Die kontinuierliche Weiterentwicklung des Stadtmodells, als Spiegel unserer Gesellschaft, das wir zurzeit leben, deckttatsächlich weitestgehend meine Wunschvorstellung ab. Voraussetzung hierfür ist eine heterogene Durchmischungeiner Bürgerschaft, die sich sowohl kulturell als auch von ihrem Erfahrungshorizont, generationsübergreifend gegen-seitig bereichert und Maßstäbe für ihren Lebensraum setzt.Wir tun dies bereits auf vergleichbar hohem Niveau und es wird an der Stadt und ihren Bausteinen sein gesellschaft-liche Veränderung zuzulassen. Die europäische Stadt ist einaltes Modell, das viele gesellschaftliche Veränderungen undtechnische Neuerungen durchlebt und mitgemacht hat. Hierwird sie sich auch zukünftig elegant anbieten und für Anpas-sungen bereit sein.

THOMAS KRÖGERthomas kröger architekt, Berlin

www.thomaskroeger.net

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Wir brauchen keine neuen Leitbilder! Das Leitbild jeglicherstädtebaulicher Planungen in Deutschland muss das einesdauerhaften und schönen Bauens sein, um wie bisher denBedürfnissen der Gesellschaft in unterschiedlichen Zeiten ge-nügen zu können. Die Stadt benötigt Dichte, Nutzungsmi-schung und eine dem jeweiligen Ort angemessene Bauweise.Urbanität ist nicht zuletzt in der Notwendigkeit begründet,aus ökologischen Gründen jegliche Bautätigkeit vor der Stadtan den mehr und mehr ausfransenden Stadträndern zu mini-mieren. Städtisches Bauen ist innerstädtisches Bauen, maßvolleErgänzung, Komplettierung und oftmals notwendige Repa-ratur bestehender Stadtgefüge, die heute enorme Potenzialebieten. Durch ein Weiterbauen der Stadt im Sinne einer Nach-verdichtung bzw. des Umbauens des Bestandes, werdenvorhandene Qualitäten aufgewertet, sowie gleichzeitig eineAnpassung an die veränderten Bedürfnisse der Stadtgesell-schaft erreicht. Jedes innerstädtische Bauwerk muss dabeimit einem hohen architektonischen Anspruch bis hin zumDetail gestaltet sein, um eine qualitätsvolle und zukunftsfähigestädtische Umwelt zu schaffen.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Neben meiner Tätigkeit als freischaffender Architekt habe ich2008 das Deutsche Institut für Stadtbaukunst gegründet,weil mir bewusst wurde, dass Architektur allein wenig ander Lebensqualität der Stadt zu verändern vermag. Der Ge-danke, der gefährdeten europäischen Stadt eine geschichtlichbegründete, strukturierte Ordnung zurückzugeben und neueTraditionen und Orte der Identifikation zu schaffen, zieht sichwie ein Leitfaden durch meine Arbeit. Der Werkbund regt

mit seinem Projekt nicht nur die Debatte um die elementarenGrundlagen der Architektur und des Städtebaus an, sondernmöchte die gewonnenen Erkenntnisse auch ganz konkret ineinem städtischen Quartier umsetzen. Das ist eine spannendeAufgabe, die große Relevanz für zukünftige Stadtquartierehaben kann.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Um die Lebensqualität in unseren Städten zu erhöhen, mussdas Quartier als wichtiger „Baustein“ der Stadt verstandenund gestärkt werden, denn erst durch die städtebaulicheStruktur eines Quartiers und den Gebrauchswert seiner An-gebote werden Handlungsoptionen für den Einzelnen im All-tag geschaffen. Betrachten wir die Stadt als Lebensraum, soist es notwendig, die alten Qualitäten der europäischen Stadtund ihrer Stadtviertel, deren Gebäude mit ihren vielfältigenNutzungen, in wechselseitige Beziehung zu den sie umge-benden Straßen und Plätzen treten, zu erkennen und in neueQuartiere zu übertragen. Die Lebendigkeit des Großstädti-schen, die Überraschung und das Durcheinander wird wiederals Qualität gesehen, die es zu fördern gilt. Anstatt Wohnenund Arbeiten weit möglichst räumlich voneinander zu tren-nen, rückt die Idee einer „Stadt der kurzen Wege“ und derMischung verschiedener Funktionen und Nutzungen wiederin den Vordergrund. Als komplexe Planungsaufgabe bedarfdas Stadtquartier einer intensiven Planung aller Einzelheiten,damit diese Lebendigkeit wieder entstehen und ein zukunfts-fähiges Stück Stadt geschaffen werden kann.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Die Zerstörung der Schönheit der Stadt ist das Ergebnis unserer aufwendigen und bürokratischen Stadtplanungs -politik. Ihre Ursache ist vor allem in der Trennung der Pla-nungsdisziplinen und deren isolierter Vermittlung an unserenUniversitäten zu suchen. So erhalten der Stadt- und Raum-planer, der Verkehrsplaner und Architekt grundsätzlich un-terschiedliche, ja gegensätzliche Ausbildungen, obwohl siealle mit der Planung der Stadt befasst sind. Stadtplanung istein organisatorisches Hilfsinstrument, das konkrete stadt-räumliche und architektonische Gestaltung benötigt. Straßenund Plätze müssen stadt-räumlich entworfen werden, sonstentsteht keine Stadt, in der man sich wohl fühlt. >>>

© Hardy Müller

Seite 43GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

PROF. CHRISTOPH MÄCKLERCHRISTOPH MÄCKLER ARCHITEKTEN, Frankfurt

www.chm.de

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Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Globalisierung, Virtualisierung und eine damit einher gehendeOrtslosigkeit sollten der Ausgangspunkt stadt planerischerÜberlegungen sein, auf den Architekten und Stadtplanerheute reagieren müssen. Der wachsenden Mobilität musseine feste gebaute Umwelt entgegengesetzt werden, dennGlobalität verlangt nach örtlicher Identität. In dieser Hinsichthat unser Kontinent die besten Chancen in der weltweitenKonkurrenz. Kein anderer Erdteil hat in den letzten 1000 Jah-ren in ihren Städten eine so phantastische Baukultur hervor-gebracht wie Europa. Diese müssen wir wiederentdecken,pflegen und für unsere heutige Zeit weiterentwickeln.

PROF. CHRISTOPH MÄCKLERCHRISTOPH MÄCKLER ARCHITEKTEN, Frankfurt

www.chm.de

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Der Strukturwandel geht nicht soweit, dass er das Verhaltender Menschen untereinander grundlegend verändert. Wir ha-ben als soziale Wesen die Aufgabe, über Kommunikation mitallen unseren Sinnen mit den anderen Menschen unserer Um-gebung umzugehen – und das auf friedvolle und den Einzel-nen bereichernde Art und Weise. Nur weil heute jeder einTelefon in der Tasche trägt, brauchen wir keine neuen städte-baulichen Leitlinien. Das urbane Bauen ist Jahrtausende altund auf die grundlegenden menschlichen Verhaltensweisenausgelegt. Wir sollten uns nicht als Solitäre im Zeitgeschehensehen und aus Geschichtsverdruss meinen, dass wir die Weltneu erfinden müssen. Das vorhandene Vokabular städtebau-licher Strategien ist so reich, dass wir uns keine neue Spracheausdenken müssen. Viel spannender ist, die Stadt wie eingeschriebenes Buch anzunehmen und ein paar Sätze neuhinzuzufügen, die die Idee des Buches befördern.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Der liebe Paul Kahlfeldt fragte mich, ob ich nicht teilnehmenmöchte und da ich ihn überaus schätze, mache ich gernemit. Das Tanklager in der Quedlinburger Straße ist das Schlüs-selgrundstück für eine ganz neue Entwicklung von Charlot-tenburg-Nord. Die Initiative des Werkbundes wird wie einBefreiungsschlag wirken, der aus dem faszinierenden Bestandder Umgebung einen neuen Baustein urbaner Stadtentwick-lung entwickeln kann. Auf die Auseinandersetzung mit 29führenden Architekten Deutschlands freue ich mich. Wirbrauchen die Diskussion zur Weiterentwicklung unserer Kul-tur.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ein musterhaftes Quartier ist darauf aus, Vorbild zu sein. Wirwollen mit großer Ernsthaftigkeit spielerische Lösungen ent-wickeln. Das bedeutet auch, dass am Ende der Arbeit recht-liche Rahmenbedingungen in Frage gestellt werden können.Wichtig ist, dass alle Themen der Stadt gleichbedeutend be-handelt werden und kein „Modethema“, wie z. B. das derenergetischen Optimierung, dominiert.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Die gesellschaftlichen und politischen Verwerfungen habenin den letzten Jahrhunderten dazu geführt, dass Architektenund Planer zu oft meinten, die Stadt neu erfinden zu müssen.Unsere Städte sind voll von gescheiterten Experimenten, diedavon zeugen. Stadt reagiert viel langsamer auf große Ver-änderungen, als eine Generation zu verantworten hat. Erfolg-reiche Stadtplanung denkt in langen Zeiträumen. Der letzteSchrei der Architektur ist meist morgen schon von gesternund wird nur selten nicht zum Hindernis dauerhaft funktio-nierender Stadt.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Wie sagte Helmut Schmidt?: „Wer Visionen hat, sollte zumArzt gehen.“

© Nöfer Gesellschaft von Architekten mbH

Seite 45GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

TOBIAS NÖFERNöfer Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin

www.noefer.de

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© Christo Libuda © Bina Engel

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Schutz, Austausch, Vielfalt und Bedeutung sind die Grund-sätze des Städtebaus bzw. der Stadt. Es ist – bei allem Struk-turwandel – unseres Erachtens eher notwendig, sich dieserGrundkonstanten zu versichern und ihr Funktionieren zu ge-währleisten, als neue Leitlinien zu erfinden. Die zunehmendeVernetzung und Digitalisierung aller Lebensbereiche vollziehtsich weitgehend im Abstrakten. Sie benötigt ein Gegenge-wicht im Konkreten – in räumlichen, materiellen, atmosphä-rischen Kategorien.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Unser Engagement für den Werkbund begann mit der Teil-nahme am Ideenwettbewerb für den Deutschen Pavillon aufdem Biennale-Gelände in Venedig. Mit unserem Fokus aufBerlin und auf städtische Bauaufgaben ist es umso interes-santer, Wegbegleiter des aktuellen Programms zu sein.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ein musterhaftes Quartier sollte sich ähnlich verhalten wieein musterhaftes Gebäude – es sollte nicht nur im Innerenden Rahmen für komplexes Leben bieten, sondern ebensoin einen vielfältigen Dialog mit seiner Umgebung treten. DasPlanungsgrundstück mit seiner Lagegunst direkt an der Spree,aber auch seiner funktionsspezialisierten Abgeschlossenheitwährend der vergangenen hundert Jahre bedeutet in diesemSinne eine erhebliche Herausforderung.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Größtes Hindernis ist der Widerstreit zwischen dem unum-gänglichen Blick aufs Ganze und den allermeist kurzfristiggefällten Investitionsentscheidungen. Die oft gepredigteNachhaltigkeit bleibt da zwangsläufig auf der Strecke.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Die Urbanisierung wird zunehmen, die biografische Mobilitätdes Einzelnen ebenfalls. Die Zivilgesellschaft hat sich zu be-haupten zwischen den uniformierenden Tendenzen seitensdes Staates einerseits und des Marktes andererseits. Eventuellwird die Nachbarschaft Funktionen übernehmen können, dietraditionellerweise die Familie bot. Die konkrete städtischeÖffentlichkeit ist in jedem Fall in ihrer Funktion der zivilenRückversicherung – siehe erste Antwort – durch kein virtuellesHilfsmittel zu ersetzen, allenfalls zu ergänzen.

SERGEI TCHOBAN UND PHILIPP BAUERnps tchoban voss GmbH & Co. KG, Berlin

www.nps-tchoban-voss.de

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Veraltete, nicht mehr zeitgemäße städtebauliche Leitlinienmüssen abgeschafft bzw. neu formuliert werden. Verdich-tung, soziale Mischung und Mischung in der Art der Nutzungeinerseits, aber auch die Förderung von Carsharing - undfahrradgerechten Strukturen andererseits, sind hierbei ent-scheidende Themen. Darüber hinaus sollte einer breiterenBevölkerungsschicht hinsichtlich gewünschter städtebaulicherStrukturen und ästhetischer Ansätze mehr Gehör geschenktwerden. Architektur sollte nicht von individuellen Vorliebenweniger Verwaltungsbeamter geprägt sein.

Was war für Sie auschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Vor dem Hintergrund „Vertrautheit schafft Offenheit“ ist esfür uns in allererster Linie eine Bereicherung mit anderenEntwerfern und Planern „gemeinsam“ an einem Projekt zuarbeiten. Die ausgewählten Architekten und anderen artver-wandten Teilnehmer folgen mitunter sehr unterschiedlichenarchitekturphilosophischen Ansätzen. Durch den Diskurs wer-den die eigenen Grundsätze und die der Anderen hinterfragtund reflektiert und ergeben am Ende im Idealfall ein ausge-wogenes heterogenes Konzept. Es ist ein einzigartiges Expe-riment, Architekten nicht im Wettbewerb gegeneinander an-treten zu lassen, sondern an einen runden Tisch zu holen!

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ein „musterhaftes Quartier“ muss die Belange einer hetero-genen Gemeinschaft widerspiegeln. Es muss wohnlich undlebendig sein und sich an menschenwürdigen Proportionenorientieren. Monofunktionale Megastrukturen stehen im Ge-gensatz zu differenzierten und kleinteiligen städtebaulichenund architektonischen Strukturen mit Identifikationsmöglich-keiten für diverse Bewohner und Nutzer. Ob ein Entwurf als„musterhaftes Quartier“ bezeichnet werden kann, wird jedocherst die Praxis zeigen. Erst wenn ein Konzept Nachahmer fin-det und so die Entwicklung des Städtebaus prägt, bekommtes dieses Prädikat.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Zersplitterte Eigentumsverhältnisse erschweren eine raum-übergreifende Umsetzung von übergeordneten Planungs -gedanken. Hohe Grundstückspreise lassen keine sozialenund experimentellen Komponenten zu, sofern sie nicht vomGesetzgeber gefordert werden. Aber auch die Genehmi-gungsbehörden wirken neuen Ideen gelegentlich entgegen.Andererseits führt das Denken in grafischen Kategorien - zumBeispiel bei städtebaulichen Wettbewerben - zu Strukturen,die am Ende nur Siedlungen und keine Städte schaffen.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Neue Medien und Kommunikationsformen prägen zuneh-mend das Verhalten der künftigen Zivilgesellschaft. Gleich-zeitig wird die Neigung zu traditionellen Lebens- und Wohn-formen neu entdeckt. In zunehmendem Maße streben dieMenschen danach ihre Lebenszeit zwischen verschiedenenStandorten aufzuteilen. Aktives Leben in lebendigen, kulturellvielfältigen Zentren im Gegensatz zum Verweilen in einerländlichen Umgebung. Geeignete Strukturen zu schaffen, diediesem Wunsch in Bezug auf Arbeit, Erziehung und Ausbil-dung Rechnung tragen, wird eine der Herausforderungender Zukunft darstellen.

© Annette Koroll

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ROBERT PATZSCHKEPATZSCHKE Planungsgesellschaft mbH, Berlin

www.Patzschke-Architektur.de

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© Marcus Pietrek

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Wann haben wir nicht in einem „Strukturwandel“ gelebt?Strukturwandel ist das quantum continuum aller Stadtplanungzu allen Zeiten. Nur die Geschwindigkeit hat sich geändert,mit der sich heute der eine Strukturwandel an den anderenStrukturwandel anschließt. Darum sollten wir nicht über „Leit-linien“ diskutieren, die doch immer nur Historisches reflek-tieren. Vielleicht ist „lassen“ angesagt, „zulassen“ – und we-niger planen und in die Zukunft spekulieren. Die Menschensind eigenverantwortlicher geworden und weniger bereit,sich verordnet Geplantem unterzuordnen. Der Inhalt kannmithin nur „Offenheit“ heißen – und die Leistung der Archi-tekten und Urbanisten misst sich dann an der Komplexität,mit der der Rahmen für diese Offenheit abgesteckt ist.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Wir suchen Fragen auf die Antworten, die uns gegenwärtigeEntwicklungen geben, um Antworten zu finden auf Fragen,die möglicherweise morgen gestellt werden. Und was ist für diesen Diskussions- und Reflektionsprozess sinnvoller alssolche intellektuellen und (noch) nicht auf Realisierung an-gelegten Herausforderungen?

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Für uns ist „musterhaft“ nicht mehr das Entwerfen von architektonischen oder urbanistischen Blaupausen für eineZeit, die da kommen wird, sondern das Verstehen von heutigen und idealerweise zukünftigen gesellschaftlichen Ver-änderungen, die neue bauliche und räumliche Formen er-warten lassen. Zu lehren ist immer nur Vergangenes – mehrund mehr gilt es folglich heute zu lernen von der Gegenwart, um für morgen offen zu sein.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Die Schnelligkeit, mit der sich Arbeits- und Lebensbedingun-gen aufgrund der sich dynamisierenden ökonomischen Pro-zesse verändern, steht im Widerspruch zu den langwierigenPlanungsdiskussionen und den dann erst folgenden Entschei-dungen, die unsere Stadtplanung dominieren. Wir planenund diskutieren den gegebenen Bedingungen hinterher. Da-rum provokativ-kreativ formuliert: vielleicht sollten wir einmalFreiräume für „Guerilla Planing“ analog zum Guerilla Garde-ning aufmachen!

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Wohnen und Arbeiten werden sich sowohl in der auf Wissenund Kreativität konzentrierenden „Zivilgesellschaft“ wie in derweiterhin auf Produktion setzenden Noch-Industriegesell-schaft nähern. Und zwar zeitlich wie örtlich-räumlich. Ar-beitszeiten werden fließender, aber auch Freizeiten. Arbeits-orte werden weniger separiert vom gemeinen Lebensraumzu finden sein. Dies wird mithin neue urbane Strukturen ge-nerieren, aber auch geänderte Wohnformen. Negativ formu-liert: Wir werden weniger simpel abschalten können. Positivgesagt: Wir werden gesamtverantwortlicher für den Job wer-den – aber eben auch selbstbestimmter für uns!

JOACHIM HEINRKW Rhode Kellermann Wawrowsky Architektur + Städtebau, Düsseldorf

www.rkw-as.de

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Das ist ja nichts Neues. Seitdem wir denken können, lebenwir in einem Strukturwandel. Wir glauben nicht, dass sich al-les so verändert. Für den eigenen wie den allgemeinen Wan-del des Lebens brauchen wir eine schön gebaute Umwelt.Das ist ein unveränderter Anspruch!

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Genau diese Art zu denken.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ein „musterhaftes Quartier“ jetzt und heute ist eines, das qualifiziert und konsequent die Belange des Ortes mitunseren Ansprüchen an das Wohnen und den technischenMöglichkeiten in Übereinstimmung bringt.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Einzeln betrachtet haben wir zu viele gesetzliche Forderungenaufgebaut, die es in der Summe fast unmöglich machen,Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit zu verbinden. schnei-der+schumacher definiert Nachhaltigkeit als dauerhaft undschön. Aber heutige Städte und Bauten können kaum nochnach dieser Definition nachhaltig sein, weil beispielsweisedas Geld schon verbraucht ist, wenn alle Stellplätze unterge-bracht sind, der wieder verschärfte neueste EnEV erreichtist, Außen- und Innenräume behindertengerecht sind undsämtliche feuerpolizeilichen Auflagen erfüllt sind.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“ …

© Kirsten Bucher

Seite 49GROHE als Partner der WerkBundStadt Berlin 2016-19 l

TILL SCHNEIDER UND MICHAEL SCHUMACHERschneider+schumacher, Frankfurt

www.schneider-schumacher.de

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© P. Winandy

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Trotz des - immer wieder auftretenden - „Strukturwandels“;die Bedürfnisse der Stadt und ihrer Bewohner - und somitdie städtebaulichen Leitlinien - blieben und bleiben gleich.Die räumliche Gestalt der (europäischen) Städte, in welchersich „urbane Lebensgesellschaften“ fanden und wieder finden sollen, muss nicht neu erfunden werden, vielmehr be-darf es einer Rückbesinnung auf die ehedem selbstverständ-lich gefundenen Qualitäten. Deshalb bedarf es einer Abkehrvon der autistischen Trennung der Disziplinen der städtebau-lich verantwortlichen Planer weg hin zu einer gemeinschaftlichverantwortlichen Planung, die als Ziel verfolgt, lebenswerteAußen-, Zwischen- und als Keim zellen der Bedürfnisse Innenräume zu schaffen.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Wir begreifen das Projekt „WerkBundStadt Berlin 2016-19“als Chance, in exemplarischer Weise ein Stück Stadt zu realisieren, welches vor allem in der Stadtraumgestaltung ei-ner veränderten und sich weiter verändernden ZeitordnungRechnung trägt.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ein musterhaft städtisches Quartier definiert sich durch seineallgemein verbindlichen räumlichen Situationen und Antwor-ten, welche es über die topologischen und typologischenAntworten hinaus, in welche es durch seinen Ort und seineFunktionen eingebunden ist, findet. Insofern weist es überden zeitlichen Aspekt seiner Entstehung in die Zukunft hinausund erlangt somit Beständigkeit auch beim „Strukturwan-deln“.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Als den größten Hemmschuh bei der Entwicklung lebensfä-higer Architektur, städtischer Quartiere und stadträumlicherSituationen empfinden wir die normativen städtebaulichenFestsetzungen der Bauordnungen in unserem Land. DieseFestsetzungen spiegeln größtenteils - oft guten Willens -städtebauliche Vorstellungen einer bereits zu den Akten gelegten Vorstellung der funktionsgetrennten Stadt wider,welche in der Bilanz nicht in der Lage war, adäquate städtische Räume zu bewahren, weiter zu entwickelngeschweige denn zu schaffen.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Vorausgesetzt, dass man die eigenen Visionen mit den Wün-schen gleich setzt, die man für die Entwicklung (zumindest unserer) „der“ Zivilgesellschaft hegt: dann viel-leicht, dass sich der Prozess der Entsolidarisierung unsererGesellschaft umkehren ließe. Eine derartige Umkehr wäre -berufsbezogen - Voraussetzung für eine Besinnung auf dieauch räumliche Verfassung der städtischen Gesellschaft. Aberwir bleiben pessimistisch.

PROF. UWE SCHRÖDERUWE SCHRÖDER ARCHITEKT, Bonn

www.usarch.de

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Wichtig ist vor allem ein hohes Maß an Flexibilität, um verschieden Lebensformaten gleichberechtigt Raum zu geben und ganz unterschiedliche, individuelle Formen desZusammenlebens zu ermöglichen. Hierbei sind es dann die Themen Nachhaltigkeit und kostengünstiges Bauen, die elementar sind und einander nicht länger ausschließendürfen.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Uns interessieren beim Projekt der WerkBundStadt Berlin ge-nau die Fragestellungen nach Flexibilität, Nachhaltigkeit undkostengünstigem Bauen, auf die wir gern eine zukunftsfähige,hochwertige Antwort formulieren möchten. Also waren wirsofort dabei, als wir für die Teilnahme angefragt wurden.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Gelingt es, der großen städtebaulichen Herausforderungnachzukommen und die Lebens- und Wohnbedürfnisse auf ihrer gesamt-gesellschaftlichen Breite in einem Quartierabzubilden, dann könnte man von einer übergeordneten Gül-tigkeit sprechen.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Wir müssen immer wieder feststellen, dass Bürokratie undInkompetenz auf Genehmigungs- und Entscheidungsebeneguten, richtungsweisenden Ideen entgegenstehen. Hier istein Umdenken erforderlich, das von übermäßiger Juristereiwieder zu fachlich determinierten Auseinandersetzungenführt.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Die Stadt bleibt als demokratisch legitimierter, freier Lebens-raum erhalten, ermöglicht gleichberechtigte Teilhabe und gibtinnovative Antworten auf die Themen Nachhaltigkeit, Ver-sorgungssicherheit sowie Ressourcenschonung.

© Schulz und Schulz

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PROF. ANSGAR SCHULZ, PROF. BENEDIKT SCHULZSchulz und Schulz Architekten GmbH, Leipzig

www.schulz-und-schulz.com

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© Zuzanna Kałuzna

Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

Wir müssen beweisen, dass das, was wir an der gemeinhinals „europäisch“ bezeichneten Stadt schätzen, so weiter zuentwickeln ist, dass sie den Herausforderungen hinsichtlichsozialer Integration, veränderter Mobilität, veränderter Le-bensmodelle, und ökologischer Herausforderungen gewach-sen ist. Wir brauchen also Leitlinien, die den Aufbruch in dasNeue und Unbekannte nicht unmöglich machen und den-noch die Qualität des Vorhandenen als Maßstab nehmen.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Das Vorhaben, ein neues städtebauliches Quartier mit einem hohen städtebaulichen und architektonischen An-spruch zu realisieren, ist Grund genug.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Ein musterhaftes Quartier sollte soziale und gesellschaftlicheEntwicklungen berücksichtigen. Es sollte durch seine Bauten und seine öffentlichen Räume soziale Segregationverhindern, ästhetisch und materiell nachhaltig und gleich-zeitig flexibel für unterschiedlichste gesellschaftliche Entwicklungen sein.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Die reine Ökonomisierung des Städtebaus, bei der die Gestaltung der Stadt zunehmend anonymen Geldgebernüberlassen wird und so die Möglichkeiten der Einflussnahmeden vor Ort betroffenen Bewohnern entzogen wird, scheintmir als eines der dringlichsten Probleme. Auch wenn wir inDeutschland noch weit von ökonomisierten Stadtentwick-lungen anderer Länder entfernt sind, so bewegen wir unsleider in eine ähnliche Richtung.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Das Wort Vision würde ich durch Hoffnungen ersetzen. Zu wünschen wäre, dass wir es schaffen eine sozial ausgeglichene und dadurch angstfreie urbane Umwelt zu entwickeln, welche für eine umfassende Lebensqualitätästhetische, ökologische und soziale Aspekte nicht als Widerspruch begreift.

PROF. VOLKER STAABStaab Architekten GmbH, Berlin

www.staab-architekten.com

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Wir leben inmitten eines Strukturwandels und brauchenneue städtebauliche Leitlinien. Welchen Inhalt müssendiese zwingend haben, um den veränderten Wohn -bedürfnissen der urbanen Lebensgesellschaft gerecht zuwerden?

So wenig Regeln wie möglich, damit eine lebendige, viel-schichtige und menschengerechte Stadt entsteht. So vieleRegeln wie nötig, damit diese lebendige Stadt ein gesunderOrganismus und kein Moloch wird.

Was war für Sie ausschlaggebend, sich als Architekt beider „WerkBundStadt Berlin 2016-19“ zu engagieren undWegbegleiter zu sein?

Neben der Tätigkeit als Architektin bleibt meist wenig Zeit fürübergeordnete Problemstellungen. Gemeinsam mit hervor-ragenden Architekten über die Zukunft städtebaulicher Ent-wicklungen nachzudenken, war der Ausschlag für die Teil-nahme.

Das Resultat der WerkBundStadt Berlin soll der Entwurfeines musterhaften städtischen Quartiers werden. Wiedefiniert sich für Sie ein „musterhaftes Quartier“?

Musterhaft heißt zur Nachahmung empfohlen. Dabei gehtes nicht um die Form der Architektur, die nachzuahmen seinsoll, sondern um den Prozess des Verfahrens und die Kom-plexität der Entwicklung.

Was sind für Sie die größten (von Ihnen erlebten)Hindernisse einer zukunftsweisenden und erfolgreichenStadtplanung?

Unrealistisches Profitdenken. (Wobei Profitdenken ein wich-tiger Bestandteil einer guten Entwicklung ist. Die Betonungliegt auf dem Wort unrealistisch) Und auf der anderen Seite eine unflexible, starre Bauordnung und unflexible Genehmigungsprozesse.

Welche gesellschaftlichen Visionen haben Sie für dieZivilgesellschaft des 21. Jahrhunderts?

Eine Gesellschaft, die ich mir erträume, hat Platz für dieArmen und Unbegabten und bremst die Klugen und Tatkräf-tigen nicht aus. Ob arm oder reich trage jeder seinen Teilnach seinen Möglichkeiten zum Ganzen bei.

© Privat

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PROF. GESINE WEINMILLERWeinmiller Architekten, Berlin

www.weinmiller.de

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HerausgeberGROHE Deutschland Vertriebs GmbHZur Porta 9D - 32457 Porta Westfalica

Konzept und RealisationSabine GotthardtDirector Business Development Architecture & Real Estate Central EuropeGROHE Deutschland Vertriebs GmbHTelefon 08153 984756Mobil 0175 5881228E-Mail [email protected]

Mitarbeit im TeamBusiness Development Architecture & Real Estate

Sylvia Wengler, Key Account Managerin NordNadine Steves, Junior Managerin

Fotos: S. 4 - 181. Klausurtagung in der GROHE Unternehmenszentrale in Düsseldorf, © Alexandra Repp

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GROHE Deutschland Vertriebs GmbHZur Porta 9D-32457 Porta WestfalicaPostfach 1353D-32439 Porta WestfalicaTel. +49 (0) 571 39 89 333Fax +49 (0) 571 39 89 999www.grohe.de

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