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Gymnastik, Strümpfe, Heparine
Welche Thromboseprophylaxe für die Reise?
Frage: Immer wieder werde ich in der Praxis von Patienten darauf angesprochen, ob es sinnvoll sei, vor einer längeren Flugreise eine Thromboseprophylaxe durchzuführen. Des-halb meine Frage: Wer braucht eine solche?
Anwort: Faktoren, die ein leicht erhöhtes Thromboserisiko bedingen, sind Adiposi-tas, Varikosis, orale Kontrazeptiva, Rauchen, Schwangerschaft, Entzündungen, Polyglo-bulie, Herzinsuffizienz und ein Alter über 40 Jahre. Liegt nur einer dieser Faktoren vor, so reicht zur Prophylaxe die Einhaltung bestimmter Verhaltensweisen. Dazu ge-hören das Einlegen regelmäßiger Pausen mit Bewegungen der Beine und gymnas-tischen Übungen, ausreichendes Trinken alkoholfreier Getränke (0,1–0,2 l/Stunde) und das Meiden von Kaffee. Auch sollten die Beine während der Reise nicht überein-andergeschlagen werden. Liegen zwei oder mehr dieser Faktoren vor, so empfiehlt sich zusätzlich das Tragen von Kompressions-strümpfen der Kompressionsklasse I–II.
Besonders stark gefährdet sind Perso-nen mit einem thromboembolischen Ereig-nis in der Vorgeschichte, einer bekannten hereditären Thrombophilie, einer manifes-ten Tumorerkrankung, einer Immobilisation des Beines, z. B. durch einen Gipsverband, einer Beinlähmung oder gehäuften Throm-bosen in der Familie. Solche Patienten be-nötigen bei Reisen von länger als 4–5 Stun-den immer eine medikamentöse Thrombo-seprophylaxe mit einem niedermolekularen Heparin (NMH) (5000 IE Fragmin, 4000 IE Clexane, Fraxiparin bei < 50 kg 0,2 ml, 50–69 kg 0,3 ml, > 70 kg 0,4 ml). Das Heparin-Prä-
parat sollte 1–2 Stunden vor Abreise erst-mals appliziert werden. Ob immer eine zweite Gabe nach 24 Stunden gegeben wer-den muss, wird unterschiedlich beantwor-tet. Bzgl. der Dauer der Heparin-Gabe sollte man sich am individuellen Risiko orientie-ren. Bei sehr hohem Risiko wird sogar eine Prophylaxe über drei Tage empfohlen [1].
Frage: Muss eine medikamentöse Reise-thrombose-Prophylaxe immer mit einem NMH durchgeführt werden, oder geht es auch oral mit ASS oder einem NOAK?
Antwort: Bis vor Kurzem galt das niedermo-lekulare Heparin als unverzichtbarer Gold-standard bei der medikamentösen Throm-boseprophylaxe. Neuere Studien sprechen allerdings dafür, dass ASS nicht nur – wie bisher vermutet – in der arteriellen Strom-bahn wirkt, sondern auch die Entstehung venöser Thrombosen verhindern kann. Dabei wurde ASS in einer Dosierung von 100–300 mg eingesetzt. Bisher lässt sich aber nicht beurteilen, ob der Thrombozytenaggrega-
tionshemmer auch bei Personen mit einem hohen Thromboserisiko eine ausreichende Wirkung garantiert [2]. Deshalb sollte bei solchen Personen sicherheitshalber weiter-hin ein niedermolekulares Heparin eingesetzt werden. Bei Patienten mit einem mittleren Ri-siko spricht aber nichts gegen die Gabe von ASS. Und ein Hochrisikopatient, der unter einer ASS-Therapie steht, sollte zusätzlich Heparin spritzen. Und was die NOAK angeht: Sie haben eine ähnliches Wirkprofil wie NMH, sodass sie ebenso wirksam sein dürften wie NMH. Aber dafür sind sie offiziell nicht zuge-lassen, d. h. die Verordnung in einer solchen Situation ist off label use.
Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg ■
Literatur:1. Geerts WH et al.: Prevention of venous
thromboembolism: American College of Chest Physicians Evidence-Based Clinical Practice Guidelines (8th Edition). Chest 2008; 133: 381S–453S
2. Cesarone MR et al.: Venous thrombosis from air travel: the LONFLIT 3 study – prevention with aspirin vs low-molecular-weight heparin (LMWH) in high-risk subjects: a randomized trial. Angiology 2002; 53: 1–6
AKTUELLE MEDIZIN_GERINNUNGSSPRECHSTUNDE
Die Zahl der Patienten, die eine antithrombotische Therapie erhalten, wird immer größer. Dazu gehören u. a. Patienten mit kardio- bzw. zerebrovasku-lären Erkrankungen, tiefer Beinvenenthrombose, Herzklappenersatz und Vor-hofflimmern. Bereichert, aber auch komplexer wurde die Therapie durch die Einführung innovativer Thrombozytenaggregationshemmer und oraler Anti-koagulanzien. In dieser „Gerinnungssprechstunde“ erhalten Sie Antworten auf Fragen, die sich dabei im hausärztlichen Alltag ergeben.
20 MMW-Fortschr. Med. 2014; 156 (12)