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Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen Hintergrund, Entwicklung und Trends 2016 April 2017

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Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen Hintergrund, Entwicklung und Trends 2016

April 2017

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Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen. April 2017 │ 4

Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen

Hintergrund, Entwicklung und Trends 2016

Autorin

Maga Christina Wieser

Kontakt

Abteilung Betriebswirtschaft, AK Wien

+43 1 501 65 DW 2650

Impressum

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:

Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien

Abteilung Betriebswirtschaft

Prinz Eugen Straße 20-22, 1040 Wien

Foto Titelseite: Fotolia©Eisenhans

April 2017

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INHALT

1 ZUSAMMENFASSUNG .............................................................................................. 6

2 VERGÜTUNGSTRENDS 2016 ..................................................................................... 8 Untersuchungsgegenstand ....................................................................................................................... 8 Das individuelle Gehälter-Ranking ........................................................................................................... 9 Vergütungsstrukturen – Kriterien .......................................................................................................... 11 ATX-Manager verdient das 51-fache ...................................................................................................... 11

3 MANAGERGEHÄLTER VOR UND NACH DER KRISE .................................................. 12 Vorstandsgehälter koppeln sich vom Medianeinkommen… .................................................................. 12 …und von der Entwicklung des ATX ab ................................................................................................... 12

4 MASSNAHMEN IN ÖSTERREICH ............................................................................. 13 Transparenz ............................................................................................................................................ 13 Angemessenheit ..................................................................................................................................... 14 Nachhaltigkeit......................................................................................................................................... 16

5 EUROPÄISCHE POLITIK ........................................................................................... 17 Aktionärsrechterichtlinie 2017: Worauf bei der Umsetzung in Österreich zu achten ist ...................... 17

6 FAZIT ..................................................................................................................... 19

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1 ZUSAMMENFASSUNG

In den letzten Jahren hat sich die Vorstandsvergütung immer mehr vom übrigen Lohn- und Gehaltsgefüge in den

Unternehmen abgekoppelt. Diese zunehmende Polarisierung ist national sowie international zu beobachten.

Strukturell falsche Anreize wie die kurzfristige Orientierung am Aktienkurs haben zu einem Missverhältnis zwi-

schen Leistung und Bezahlung des Managements geführt. Der Ökonom Thomas Piketty spricht in diesem Zusam-

menhang davon, dass die exorbitant steigenden Managergehälter den Trend zur Aristokratisierung des Kapita-

lismus1 verstärken. Nach und nach hat die Politik in den USA, aber auch in Europa – insbesondere was die Ver-

gütungspolitik in Kreditinstituten und börsennotierten Unternehmen betrifft – reagiert und Maßnahmen zur

Weiterentwicklung der Vergütungsmodelle gesetzt. Als jüngste Reformbestrebung stand auf europäischer Ebene

die Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie (2007/36/EG) auf der Agenda. Nach langwierigen Trilog-Ver-

handlungen wurde die überarbeitete Richtlinie letztlich im März 2017 vom Rat verabschiedet, dort ist festgehal-

ten: „Die Finanzkrise hat gezeigt, dass Aktionäre die übermäßige kurzfristige Risikobereitschaft von Managern in

vielen Fällen unterstützt haben. Zudem liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die derzeitige Überwa-

chung von Gesellschaften, in die investiert wurde, sowie das Engagement von institutionellen Anlegern und Ver-

mögensverwaltern oft unzureichend und zu stark auf kurzfristige Gewinne ausgerichtet sind, was zu einer unzu-

reichenden Corporate Governance und Wertentwicklung führen kann.“2

Für die Praxis ist nunmehr entscheidend, wie der Gesetzgeber die Richtlinie umsetzen wird. Der Handlungsbedarf

in Österreich ist jedenfalls groß, denn das Auseinanderdriften der Einkommen hat auch vor den heimischen Kon-

zernen nicht Halt gemacht: Seit dem Jahr 2003 hat sich die Vorstandsvergütung in den wichtigsten börsennotier-

ten Unternehmen des Leitindex ATX vom 20-fachen des Medianeinkommens in Österreich auf das 51-fache im

Jahr 2015 erhöht. Die aktuellen Entwicklungen für das Jahr 2016 zeigen, dass sich der bisherige Trend weiter

fortsetzt: Aus den veröffentlichten Vergütungsinformationen der Unternehmen geht hervor, dass ein durch-

schnittlicher Vorstand im ATX im Jahr 2016 1,5 Mio. Euro verdient. Untersucht wurden 15 von 20 ATX Unterneh-

men, die bis zum 21. April 2017 ihre Geschäftsberichte veröffentlicht haben. Das entspricht einer ATX-

Gewichtung von 80 %. Der vorliegenden Erhebung zufolge sind die ATX Unternehmen nach wie vor weit von

einer angemessenen und langfristig orientierten Vergütungskultur für das Management entfernt. Der Einsatz von

nicht-finanziellen Kriterien bleibt die Ausnahme. Der Faktor Nachhaltigkeit, den es laut Gesetz zu berücksichtigen

gilt, wird demnach ein weiteres Jahr überwiegend in seiner zeitlichen (langfristigen)3 und nicht in seiner inhaltli-

chen (nicht-finanziellen) Komponente interpretiert.

Dabei hat gerade die Definition der Anreizstrukturen und Zielvorgaben für den Vorstand maßgeblich Einfluss auf

die Unternehmensstrategie. Dazu hält die neue Aktionärsrechterichtlinie fest: „Die Vergütungspolitik fördert die

Geschäftsstrategie, die langfristigen Interessen und die langfristige Tragfähigkeit der Gesellschaft und erläutert,

wie sie das tut.“4 Um diese Vorgaben entsprechend umzusetzen, ist es entscheidend, dass die Kriterien der Vor-

standsvergütung neben ökonomischen Zielen nicht-finanzielle Kriterien enthalten. Statt einer Koppelung an den

Aktienkurs, gilt es strategische Weitsicht und nachhaltige Unternehmensführung zu belohnen. Das Vergütungs-

design hat sich an Sozial- und Umweltstandards (beispielsweise an jene der nicht-finanziellen Erklärung bzw. des

Nachhaltigkeits-Reporting der Global Reporting Initiative) zu orientieren. Zudem könnten beispielsweise Mitar-

beiterInnen- und KundInnenzufriedenheit, Diversität in Belegschaft und Führung sowie Forschung und Entwick-

lung berücksichtigt werden. Dazu hebt die Richtlinie hervor: „Die Leistung von Mitgliedern der Unternehmens-

1 http://www.wiwo.de/politik/konjunktur/tauchsieder-kapitalismus-bedeutet-ungleichheit/9810944-4.html (abgerufen am 24.4.2017) 2 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristi-gen Mitwirkung der Aktionäre, S. 2 3 beispielsweise in Form von Long Term Incentive Programs (LTIP) 4 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristi-gen Mitwirkung der Aktionäre, S. 55

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leitung sollte anhand sowohl finanzieller als auch nicht-finanzieller Kriterien, gegebenenfalls einschließlich öko-

logischer, sozialer und Governance-Faktoren, bewertet werden.“5 An der Berücksichtigung von Sozial- und Um-

weltstandards sollten also auch österreichische Unternehmen schon bald nicht mehr vorbeikommen. Strategi-

sche Weitsicht und nachhaltige Unternehmensführung statt Kurzsicht und schnelle Gewinne, das sollte sich künf-

tig lohnen: Nicht nur für Aktionäre, sondern für alle Stakeholder.

Damit die Umsetzung einer nachhaltigen und angemessenen Vergütungspraxis für das österreichische Top-Ma-

nagement gelingt, ist insbesondere zu beachten, dass die Corporate Governance eines Unternehmens nicht nur

Angelegenheit der Aktionäre ist, sondern vielmehr die Interessen der Stakeholder zu berücksichtigen hat. Wie

die Entwicklung der Vorstandsvergütung in den letzten Jahren zeigt, ist es höchst problematisch, die Bezüge des

Managements zu stark an Shareholder-Interessen zu koppeln. Das Paradigma einer Corporate Governance Poli-

tik, die einzig auf Aktionäre fokussiert ist, steht einer nachhaltigen, wertsichernden Unternehmensentwicklung

diametral gegenüber. Die Vergütungspolitik für den Vorstand darf nicht allein der Hauptversammlung überlassen

werden, diese sollte in Vergütungsfragen für das Management lediglich empfehlenden Charakter haben. Die

Richtlinie sieht an dieser Stelle beide Optionen für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten vor.6 Wie die Erfahrun-

gen mit dem sogenannten „Say on pay“ Prinzip in Deutschland zeigen, üben Aktionäre (62 % der Aktien der DAX-

30-Konzerne sind im Besitz institutioneller Investoren und Fonds) wenig Kritik an den Vergütungsberichten. Bei

den DAX-Hauptversammlungen liegt die Zustimmungsquote zu den Vergütungsstrukturen im Schnitt bei 90 %.7

Durch ein bindendes Votum der Hauptversammlung, das einer Rückverlagerung der Entscheidungsbefugnis

gleichkommt, wird die Kompetenz des Aufsichtsrats in Frage gestellt. Die Steuerung und Überwachung der Ver-

gütung des Managements muss auch künftig in der Verantwortung des Aufsichtsrats bleiben, der dieser Verant-

wortung sorgfältig und regelmäßig nachzukommen hat.

Im Hinblick auf eine angemessene Vergütungshöhe, sollte der Aufsichtsrat jährlich eine Relation der Vorstands-

vergütung zu den Löhnen und Gehältern der übrigen Belegschaft festlegen, um ein weiteres Auseinanderdriften

der Einkommen zu verhindern. Dieser Faktor (z.B. 1:12) sollte im Geschäftsbericht veröffentlicht werden. Andere

Länder haben bereits analoge Publizitätsregeln vorgesehen, so müssen börsennotierte Unternehmen in den USA

ab dem Jahr 2017 den Mittelwert der Beschäftigtenlöhne berechnen, diesen mit dem Einkommen des Vorstands-

vorsitzenden vergleichen und die Ergebnisse veröffentlichen („Manager to Worker Pay Ratio“). In Deutschland

gibt es dazu eine (freiwillige) Empfehlung im Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK), dort ist seit Mai

2013 formuliert, dass „der Aufsichtsrat das Verhältnis der Vorstandsvergütung zur Vergütung des oberen Füh-

rungskreises und der Belegschaft insgesamt […] berücksichtigen“8 soll. Allerdings ist dieser Multiplikator nicht zu

veröffentlichen. In Österreich finden sich zur wichtigen Maßzahl „Manager to Worker Pay Ratio“ weder ver-

pflichtende noch freiwillige Regelungen. Dieses Defizit sollte bei der Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie

jedenfalls behoben werden, nimmt doch auch diese darauf Bezug: „In der Vergütungspolitik wird erläutert, wie

die Vergütungs- und Beschäftigungsbedingungen der Beschäftigten der Gesellschaft in die Festlegung der Vergü-

tungspolitik eingeflossen sind.“9 Basierend auf den Erkenntnissen der vorliegenden Erhebung ist bei der Umset-

zung der Aktionärsrechterichtlinie darauf zu achten, dass die derzeit bestehenden Gesetzeslücken geschlossen

werden. Es braucht individuelle Transparenz für sämtliche Vergütungsbestandteile (inkl. Abfindungs- und Pensi-

onszahlungen), die Festlegung und Veröffentlichung einer angemessenen „Manager to Worker Pay Ratio“ sowie

die Berücksichtigung von nicht-finanziellen Kriterien wie Sozial- und Umweltbelange. Transparenz, Angemessen-

heit und Nachhaltigkeit sind und bleiben die zentralen Säulen der Vorstandsvergütung, die es auf ein neues Fun-

dament zu stellen gilt.

5 ebda, S. 15 6 ebda, S. 54 7 Böckler-Impuls (18/2010) 8 Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK), 2015: S. 7 9 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristi-gen Mitwirkung der Aktionäre, S. 56

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2 VERGÜTUNGSTRENDS 2016

Untersuchungsgegenstand

Für eine Erhebung der ersten Trends in der Managementvergütung der ATX-Unternehmen konnten per

21. April 2017 bereits 15 der insgesamt 20 Unternehmen einbezogen werden. Diese Unternehmen erreichen

insgesamt eine ATX-Gewichtung von 80 %. Zum Untersuchungszeitpunkt sind folgende Unternehmen im ATX-20

notiert: Andritz AG, Buwog AG, CA Immobilien Anlagen AG, Conwert Immobilien Invest SE, Erste Group Bank AG,

Flughafen Wien AG, Immofinanz AG, Lenzing AG, Österreichische Post AG, OMV AG, Raiffeisen Bank International

AG, RHI AG, Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment AG, Telekom Austria AG, Uniqa Insurance Group AG, Ver-

bund AG, Vienna Insurance Group AG, Voestalpine AG, Wienerberger AG und Zumtobel Group AG.

ATX-20 Unternehmen Bilanzstichtag Veröffentlichung des

Geschäftsberichts

Andritz AG 31.12.2016

Buwog AG 30.04.2017 31.08.2017

CA Immobilien Anlagen AG 31.12.2016

Conwert Immobilien Invest SE 31.12.2016

Erste Group Bank AG 31.12.2016

Flughafen Wien AG 31.12.2016 28.04.2017

Immofinanz AG*) 31.12.2016*)

Lenzing AG 31.12.2016

Österreichische Post AG 31.12.2016

OMV AG 31.12.2016

Raiffeisenbank International AG 31.12.2016

RHI AG 31.12.2016

Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment AG 31.12.2016

Telekom Austria AG 31.12.2016

Ende April 201710

Uniqa Insurance Group AG 31.12.2016

Verbund AG 31.12.2016

Vienna Insurance Group AG 31.12.2016

Voestalpine AG 31.03.2017 01.06.2017

Wienerberger AG 31.12.2016

Zumtobel Group AG 30.04.2017 23.06.2017

Quelle: Wiener Börse und Unternehmenswebsite von Andritz AG, Buwog AG, CA Immobilien Anlagen AG, Conwert Immobilien Invest SE, Erste Group Bank AG,

Flughafen Wien, Immofinanz AG, Lenzing AG, OMV AG, Österreichische Post AG, Raiffeisenbank International AG, RHI AG, Schoeller-Bleckmann Oilfield

Equipment AG, Telekom Austria AG, Uniqa AG, Verbund AG, Vienna Insurance Group AG, Voestalpine AG, Wienerberger AG und Zumtobel Group AG

*) Rumpfwirtschaftsjahr

Aus dem Sample der 20 ATX Unternehmen können demnach insgesamt 15 Unternehmen im Hinblick auf ihre

Vorstandsvergütungsstrukturen analysiert werden. Dabei ist anzumerken, dass die Immofinanz AG ein Rumpf-

wirtschaftsjahr von 30.04.2016 bis 31.12.2016 ausweist. Aufgrund eines späteren Veröffentlichungszeitpunkts

können die beiden Unternehmen Flughafen Wien AG und Telekom Austria AG sowie drei Unternehmen mit ab-

weichendem Wirtschaftsjahr (Buwog AG, Voestalpine AG und Zumtobel Group AG) nicht in die vorliegende Er-

hebung per 21. April 2017 einbezogen werden. Wie obenstehende Tabelle zeigt, waren die entsprechenden Jah-

resabschlüsse zum Untersuchungszeitpunkt noch nicht veröffentlicht.

10 Auskunft Investor Relations der Telekom Austria AG

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Das individuelle Gehälter-Ranking

Unter den aktiven Vorständen führt das individuelle Gehälter-Ranking der Vorstandsvorsitzende der Andritz AG,

Wolfgang Leitner, mit 3,71 Mio. Euro (-5,5 %) an, gefolgt vom Vorstandsvorsitzenden der Erste Group Bank AG,

Andreas Treichl, mit einer Gesamtvergütung von 2,98 Mio. Euro (+1,2 %). Auf dem dritten Rang der aktiven Vor-

stände landet Heimo Scheuch (Wienerberger AG) mit 2,51 Mio. Euro, ein Plus um fast die Hälfte im Vergleich

zum Vorjahr, bedingt durch die Steigerung der kurzfristigen variablen Gehaltskomponente. Grundsätzlich ist die

Tendenz festzustellen, dass Beendigungsansprüche aber auch anteilsbasierte Zahlungen (aus Long Term Incen-

tive Programs) sowie Aufwendungen aus Vertragsverpflichtungen gegenüber (vorzeitig) ausgeschiedenen Vor-

ständen eine bedeutende Rolle spielen. Dies wird u.a. beim ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der OMV,

Gerhard Roiss (ausgeschieden im Mai 2015), deutlich, der im Jahr 2016 2,55 Mio. Euro aus vertraglichen Ver-

pflichtungen und anteilsbasierter Vergütung lukriert. Zudem führen zwei Vorstände, die im Jahr 2016 ausgeschie-

den sind, das individuelle Ranking an: Franz Struzl (RHI AG) mit 3,81 Mio. Euro (davon 1,77 Mio. Euro aus krank-

heitsbedingter, vorzeitiger Vertragsauflösung) sowie Florian Nowotny (CA Immo AG) mit 3,30 Mio. Euro (davon

2,44 Mio. Euro aus vorzeitiger Vertragsauflösung).

Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen, Stand: 21. April 2017

Vorstand Unternehmen Fix Variabel11 Sonstige12 Gesamt 15/16

Franz Struzl (bis 30.11.2016) RHI AG 851.329 1.192.186 1.766.402 3.809.917 127,9%

Wolfgang Leitner Andritz AG 838.000 2.859.075 12.715 3.709.790 -5,5%

Florian Nowotny (bis 30.09.2016) CA Immo AG 290.000 309.000 2.697.000 3.296.000 459,6%

Andreas Treichl Erste Group AG 1.475.000 375.600 1.132.400 2.983.000 1,2%

David C. Davies (bis 31.07.2016) OMV AG 506.000 1.493.000 713.000 2.712.000 20,2%

Gerhard Roiss (bis 30.06.2015) OMV AG 0 858.000 1.694.000 2.552.000 47,8%

Heimo Scheuch Wienerberger AG 725.409 1.783.279 0 2.508.688 42,7%

Georg Pölzl Post AG 615.000 1.834.000 0 2.449.000 2,0%

Hannes Bogner (bis 31.05.2016) UNIQA AG 192.000 388.000 1.663.000 2.243.000 243,0%

Manfred Leitner OMV AG 700.000 1.184.000 193.000 2.077.000 29,5%

Karl Sevelda RBI AG 1.111.000 424.000 471.000 2.006.000 3,1%

Franz Buxbaum (bis 31.12.2016) RHI AG 361.829 497.059 1.105.032 1.963.920 179,6%

Joachim Schönbeck Andritz AG 404.286 1.521.849 12.837 1.938.972 17,3%

Wolfgang Semper Andritz AG 379.286 1.506.772 13.264 1.899.322 -7,0%

Humbert Köfler Andritz AG 380.000 1.504.805 11.667 1.896.472 -5,3%

Willy van Riet Wienerberger AG 538.876 1.324.722 0 1.863.598 42,7%

Rainer Seele (ab 01.07.2015) OMV AG 900.000 654.000 243.000 1.797.000 -16,5%

Johann Strobl RBI AG 900.000 372.000 444.000 1.716.000 4,7%

Walter Hitziger Post AG 454.000 1.221.000 0 1.675.000 0,2%

Klemens Breuer RBI AG 823.000 236.000 518.000 1.577.000 2,6%

Martin Grüll RBI AG 762.000 327.000 430.000 1.519.000 4,2%

Jaap Huijskes (bis 31.08.2015) OMV AG 0 901.000 570.000 1.471.000 -21,5%

Peter Lennkh RBI AG 762.000 263.000 434.000 1.459.000 8,1%

Stefan Doboczky (ab 01.06.2015) Lenzing AG 651.000 783.000 0 1.434.000 35,8%

Thomas Münkel (bis 31.05.2016) UNIQA AG 202.000 362.000 850.000 1.414.000 105,2%

Walter Oblin Post AG 414.000 978.000 0 1.392.000 5,6%

Peter Umundum Post AG 406.000 956.000 0 1.362.000 4,8%

11 inkl. aktienbasierter Vergütung 12 sonstige Gehaltsbestandteile beinhalten Abfindungen, Abfertigungen, Abschlagszahlungen, Pensionskassenbeiträge und Sachbezüge

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Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen. April 2017 │ 10

Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen, Stand: 21. April 2017

Vorstand Unternehmen Fix Variabel11 Sonstige12 Gesamt 15/16

Wolfgang Anzengruber Verbund AG 817.449 402.505 0 1.219.954 2,8%

Wolfgang Beck (ab 01.09.2015) Conwert SE 400.000 733.000 45.000 1.178.000 323,7%

Johann Sereinig Verbund AG 781.431 385.702 0 1.167.133 2,8%

Andreas Brandstetter UNIQA AG 650.000 493.000 0 1.143.000 33,1%

Peter F. Kollmann Verbund AG 774.185 229.275 0 1.003.460 2,4%

Oliver Schumy (ab 01.03.2015) Immofinanz AG 400.000 528.571 62.005 990.576 -14,4%

Andreas Gottschling (bis 31.12.2016) Erste Group AG 700.000 122.400 164.200 986.600 24,2%

Gernot Mittendorfer Erste Group AG 700.000 147.200 133.800 981.000 31,4%

Johann Pleininger (ab 01.09.2015) OMV AG 550.000 272.000 150.000 972.000 313,6%

Jozef Síkela Erste Group AG 700.000 102.000 152.900 954.900 33,5%

Thomas Doll Conwert SE 303.000 634.000 12.000 949.000 48,0%

Petr Brávek (ab 01.04.2015) Erste Group AG 700.000 111.600 132.700 944.300 69,0%

Peter Bosek Erste Group AG 700.000 96.800 132.400 929.200 29,5%

Barbara Potisk-Eibensteiner RHI AG 358.880 497.059 64.991 920.930 31,4%

Wolfgang Ruttenstorfer (ab 30.11.2016) RHI AG 374.000 514.141 0 888.141

Andreas Gschwenter (ab 01.07.2015) RBI AG 659.000 65.000 159.000 883.000 138,6%

Kurt Svoboda UNIQA AG 490.000 375.000 0 865.000 33,5%

Reinhold Steiner RHI AG 360.809 497.059 0 857.868 22,2%

Thomas Jakowiak (ab 01.01.2016) RHI AG 349.131 481.164 0 830.295

Robert van de Kerkhof Lenzing AG 437.000 392.000 0 829.000 25,2%

Wolfgang Kindl (bis 31.05.2016) UNIQA AG 491.000 325.000 0 816.000 25,7%

Elisabeth Stadler (ab 01.01.2016) Vienna Insurance Group AG 706.000 94.000 0 800.000

Gerald Grohmann Schoeller Bleckmann AG 573.000 180.000 0 753.000 -41,3%

Günter Rabensteiner Verbund AG 580.794 172.002 0 752.796 2,4%

Franz Fuchs Vienna Insurance Group AG 512.000 226.000 0 738.000 -5,3%

Martin Simhandl Vienna Insurance Group AG 512.000 226.000 0 738.000 -6,6%

Peter Höfinger Vienna Insurance Group AG 512.000 226.000 0 738.000 -6,6%

Reinhard Florey (ab 01.07.2016) OMV AG 560.000 0 160.000 720.000

Judit Havasi (ab 01.01.2016) Vienna Insurance Group AG 511.000 173.000 0 684.000

Erik Leyers (ab 01.06.2016) UNIQA AG 354.000 299.000 0 653.000

Dietmar Reindl Immofinanz AG 342.857 204.762 49.509 597.128 18,5%

Thomas Obendrauf (ab 01.03.2016) Lenzing AG 347.000 227.000 0 574.000

Frank Nickel (ab 01.01.2016) CA Immo AG 469.000 0 86.000 555.000

Roland Gröll (ab 01.01.2016) Vienna Insurance Group 511.000 0 0 511.000

Stefan Schönauer (ab 11.03.2016) Immofinanz AG 200.000 133.333 32.469 365.803 593,3%

Klaus Mader (ab 01.10.2015) Schoeller Bleckmann AG 288.000 50.000 0 338.000 317,3%

Hans-Peter Floren (bis 31.12.2014) OMV AG 0 203.000 0 203.000 -92,5%

Hans Volckens (ab 27.09.2016) CA Immo AG 105.000 0 1.000 106.000

Quelle: Konzerngeschäftsberichte bzw. konsolidierte Corporate Governance Berichte bzw. Konzernlageberichte 2016 Aufgrund eines späteren Veröffentlichungszeitpunkts können die beiden Unternehmen Flughafen Wien AG und Telekom Austria AG sowie drei Unternehmen mit abweichendem Wirtschaftsjahr (Buwog AG, Voestalpine AG und Zumtobel Group AG) nicht in die vorliegende Erhebung per 21. April 2017 einbezogen werden (vgl. Untersuchungsgegenstand S. 8)

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Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen. April 2017 │ 11

Vergütungsstrukturen – Kriterien

Die im ATX der Wiener Börse notierenden 20 Gesellschaften repräsentieren nach MitarbeiterInnenzahl, Ge-

schäftsvolumen und Reputation in besonderer Weise österreichische Großunternehmen. Diese sogenannten

„Blue Chips“ sollten gerade im Hinblick auf „good governance“ und damit auch bezogen auf die Angemessenheit

und Ausgestaltung der Vorstandsvergütung eine Vorbildfunktion für alle börsennotierten und großen Konzerne

einnehmen. Der vorliegenden Erhebung zufolge sind die ATX Unternehmen jedoch nach wie vor weit von einer

angemessenen und langfristig orientierten Vergütungskultur für das Management entfernt. Der Faktor Nachhal-

tigkeit, den es laut Gesetz zu berücksichtigen gilt, wird ein weiteres Jahr überwiegend in seiner zeitlichen (lang-

fristigen)13 und nicht in seiner inhaltlichen (nicht-finanziellen) Komponente interpretiert. Dies hat zur Folge, dass

der Einsatz von nicht-finanziellen Kriterien wie z.B. Sozial- und Umweltstandards, MitarbeiterInnen- und KundIn-

nenzufriedenheit, Diversität in Belegschaft und Führung sowie Forschung und Entwicklung die Ausnahme blei-

ben. Vielmehr bilden überwiegend finanzielle Kennzahlen die Bemessungsgrundlagen von variablen Vergütungs-

bestandteilen. Diese Indikatoren, wie zum Beispiel Jahresüberschuss, EBIT (Earnings before Interest and Taxes),

EBITDA (Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortisation) bis hin zu ROCE (Return On Average

Capital Employed) oder TSR (Total Shareholder Return) sind zudem an den Interessen der Eigentümer ausgerich-

tet.

ATX-Manager verdient das 51-fache

Ein ATX Vorstand erhielt bereits im Jahr 2015 durchschnittlich rund 1,51 Mio. Euro, das ist um 9,1 % mehr als im

Jahr 2014. Ein Top-Manager verdiente damit im Schnitt das 51-fache eines mittleren Einkommens (Medianein-

kommens) in Österreich, vor zehn Jahren war es noch das 20-fache. Der aktuellen Erhebung (15 von 20 ATX

Unternehmen)14 für das Jahr 2016 zufolge, wird die Fortsetzung dieses Trends bestätigt: Die Vorstandsvergütung

steigt weiter und erreicht mittlerweile 1,54 Mio. Euro (2,1 %). Beeinflusst wird dieser Anstieg von zunehmender

variabler Vergütung und vergleichsweise hohen Beendigungsansprüchen in Zusammenhang mit (vorzeitigen)

Vertragsauflösungen.

2013 2014 2015 14/15 2016* 15/16

Ø ATX Vorstandsgehalt 1.308.283 1.381.391 1.506.587 +9,1% 1.538.419 +2,1%

Medianeinkommen 28.524 29.088 29.748 +2,3% 30.164 +1,4%

Faktor 1:46 1:47 1:51

Quelle: Konzerngeschäftsberichte 2013-2015 der 20 ATX Unternehmen, Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger; Angaben zur Berechnungsmethodik: Die durchschnittliche Vergütung pro Vorstand berücksichtigt unterjährige Ein- und Austritte auf den betreffenden Monat bezogen. Für das Jahr 2016 wurde die WIFO-Hochrechnung vom 24.3.2017 (Steigerung der Bruttoverdienste um 1,4 % zum Vorjahr) verwendet. *2016) Das durchschnittliche ATX-Vorstandsgehalt bezieht sich auf 15 der 20 ATX (vgl. dazu Untersuchungsgegenstand).

13 beispielsweise in Form von Long Term Incentive Programs (LTIP) 14 vgl. dazu Untersuchungsgegenstand auf S. 8

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Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen. April 2017 │ 12

3 MANAGERGEHÄLTER VOR UND NACH DER KRISE

Vorstandsgehälter koppeln sich vom Medianeinkommen…

Die AK Wien nimmt die Vergütungsstrukturen der österreichischen Leitkonzerne im ATX bereits seit dem Jahr

2003 unter die Lupe. Untenstehende Grafik zeigt die Entwicklung eines durchschnittlichen ATX-Vorstandsgehalts,

das sich von 2003 auf 2016 um 171,9 % gesteigert hat. Und stellt diesem Verlauf die Entwicklung des Medianein-

kommens gegenüber, hier ist im selben Zeitraum ein Anstieg um 29,3 % zu beobachten. Während der Finanzkrise

wurden die Vorstandsbezüge – bedingt durch rückläufige Bonuszahlungen – zwar zurückgenommen, nach dieser

Delle liegen die Vorstandsgehälter aber gegenwärtig sogar über den Rekordwerten der Hochkonjunkturjahre.

…und von der Entwicklung des ATX ab

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008 haben sich die Vorstandsgagen jedoch nicht nur weiter vom

übrigen Lohn- und Gehaltsgefüge entkoppelt, sondern heben sich sogar von der Entwicklung des Börsenkurses

ab. Während der ATX von 2009 bis 2016 um 4,9 % zulegen konnte, steigt der Vorstandsbezug allein in diesem

Zeitraum um mehr als die Hälfte (58,5 %). Für den Anstieg haben insbesondere aktienbasierte Incentive-Modelle

gesorgt, außerdem nehmen Beendigungsansprüche (wie Abfindungs- und Pensionszahlungen) eine bedeuten-

dere Rolle als Vergütungskomponente ein.

100

200

300

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016*)

Vorstandsgehälter laufen der Börse davon ATX Vorstandsgehalt Medianeinkommen ATX Jahresschlusskurs

Basis: 2003=100%

2003-2016*+171,9%

2003-2016*+69,4%

2003-2016*+29,3%

Abbildung 1: Entwicklung der durchschnittlichen Vorstandsvergütung in den ATX-Unternehmen in den Jahren 2003 bis 2016 im Vergleich zum Medianeinkommen und zur Performance der Wiener Börse gemessen am ATX (Basis: 2003 = 100 %); *) Für das Jahr 2016 wurde die WIFO-Hochrechnung vom 24.3.2017 (Steigerung der Bruttoverdienste um 1,4 % zum Vorjahr) verwendet. Das durchschnittliche ATX-Vorstandsgehalt bezieht sich auf 15 der 20 ATX (vgl. dazu Untersuchungsgegenstand) Quellen: Konzerngeschäftsberichte, Hauptverband der Sozialversicherungsträger, WIFO, Bloomberg

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Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen. April 2017 │ 13

4 MASSNAHMEN IN ÖSTERREICH

Die Vorstandsvergütungspolitik in österreichischen Börsenunternehmen ist mittlerweile unterschiedlichen Best-

immungen im Hinblick auf Transparenz, Angemessenheit und Nachhaltigkeit unterworfen. Nicht zuletzt dank

Impulsen von Seiten der Europäischen Politik hat der nationale Gesetzgeber in den letzten Jahren einige Maß-

nahmen zur Weiterentwicklung der Vergütungsinstrumente für das Top-Management gesetzt. Diese Regelungen

basieren zum einen auf gesetzlichen Vorschriften (wie Aktiengesetz, Einkommenssteuergesetz, Unternehmens-

gesetz) und darüber hinaus auf freiwilligen Empfehlungen im Österreichischen Corporate Governance Kodex15

(kurz: Kodex), der sich an börsennotierte Unternehmen richtet. Gemäß des im Kodex herrschenden Comply or

Explain Prinzips muss ein Abweichen von einer C-Regel lediglich begründet werden, ein Nicht-Einhalten hat keine

Sanktionen zufolge. Demnach ist der Kodex als „[...] als unverbindliche Empfehlung für die Unternehmen zu qua-

lifizieren, die auch keine Rechtssicherheit in Hinblick auf die Regeln schafft, die ein Unternehmen einhält“.16 Aus

diesem Grund haben die dortigen Bestimmungen in der Praxis wenig bis keinen Effekt. Im Folgenden werden die

wichtigsten Regelungen rund um Vorstandsvergütung in Österreich dargestellt und im Hinblick auf mögliche An-

knüpfungspunkte für die Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie in dieser Frage durchleuchtet.

Transparenz

Untrennbar mit der Höhe und damit der Angemessenheit der Vorstandsvergütung ist die Frage der Transparenz

verbunden. Was in Deutschland mit dem Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen (VorstOG) vom

August 2005 schon seit mehr als zehn Jahren verpflichtend ist, gilt seit 2012 auch für österreichische Vorstände:

Laut §243b Abs. 2 Z3 UGB müssen im Corporate Governance-Bericht die Gesamtbezüge der einzelnen Vorstands-

mitglieder (gem. §239 Abs.1 Z4 lit. a UGB definiert als Gehälter, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigun-

gen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art) offengelegt werden. Pensions- sowie

Abfertigungs- und Abfindungszahlungen sind jedoch nicht von der individuellen Offenlegung umfasst.

Transparenz Gesetz Kodex

Einzelveröffentlichung der Vorstandsvergütung §243b Abs 2 Z3 UGB L-Regel 29

Grundsätze der Vergütungspolitik C-Regel 30 Quelle: Unternehmensgesetzbuch (UGB) und Österreichischer Corporate Governance Kodex 2015 (Kodex)

Offenlegungsvorschriften zu den Vorstandsbezügen basieren grundsätzlich – wie bereits dargestellt – auf ver-

bindlichen und unverbindlichen Rechtsmaterien, sind im Jahresabschluss, im Konzernabschluss und bei börsen-

notierten Gesellschaften zusätzlich im Corporate Governance Bericht zu finden.

Offenlegung Jahresabschluss Konzernabschluss Corporate Governance Bericht

Aktivbezüge Ja Ja Ja Ruhebezüge Ja Ja nein

fixe und variable Bestandteile Nein Nein Ja Einzelveröffentlichung Nein Nein Ja

Quelle: in Anlehnung an: Milla, Aslan und Köll, Annette: „Vorstandsbezüge und Vergütungspolitik – was ist wo offenzulegen?“ in RWZ 10/2013 S. 323

Die AutorInnen Aslan Milla und Annette Köll weisen im Artikel „Vorstandsbezüge und Vergütungspolitik – was ist

wo offenzulegen?“ darauf hin, dass die Unterschiede in den einzelnen Berichtsquellen auf den ersten Blick wo-

möglich schwer oder nicht erkennbar sind und die Transparenz aufgrund der mangelnden Vergleichbarkeit be-

einträchtigt ist. Es sei eine erhebliche Herausforderung für die berichterstattenden Unternehmen, transparente,

15 http://www.corporate-governance.at/uploads/u/corpgov/files/kodex/corporate-governance-kodex-012015.pdf 16 http://www.lachmayer.eu/de/studie-demokratierechtliche-analyse-des-oesterreichischen-corporate-governance-kodex

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Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen. April 2017 │ 14

verständliche und widerspruchsfreie Angaben zu konzipieren, so das Resümee. Um mehr Transparenz und Ver-

gleichbarkeit zu schaffen, wird vorgeschlagen, dass alle Gesellschaften in ähnlicher Art und Weise die Vorstands-

bezüge und Grundzüge der Vergütungspolitik in ihren Corporate Governance Berichten angeben.17

Ein informativ-kompakter, standardisierter Vergütungsbericht als Bestandteil des Jahresabschlusses scheint da-

für das probate Mittel zu sein. Ein „klarer und verständlicher“ Vergütungsbericht wird zudem von der neuen EU-

Aktionärsrechterichtlinie (vgl. dazu S. 17) vorgeschlagen. Ein individueller Ausweis der sensiblen Gehaltskompo-

nenten wie Abfertigungen bzw. Abfindungen sowie Pensionszusagen darf in diesem Bericht nicht fehlen. Diese

Lücke im österreichischen Gesetz sollte im Zuge der Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie jedenfalls behoben

werden. Hat doch die aktuelle Erhebung zur Vorstandsvergütung in den ATX-Unternehmen gezeigt, welch be-

deutende Rolle die Beendigungsansprüche in der Gesamtvergütung einnehmen können.

Angemessenheit

In der Frage der Festlegung der Angemessenheit bzw. einer definierten Obergrenze für Vorstandsgehälter hat

der österreichische Gesetzgeber bis heute weder eine feste Grenze noch einen Korridor definiert. Zudem liegt

keine Definition des Begriffs „Angemessenheit“ vor. Allerdings gibt es zwei gesetzliche Regelungen, die zum ei-

nen die Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von (Manager)Gehältern ab 500.000 Euro vorsieht und zum

anderen den Aufsichtsrat in die Pflicht nimmt, was die Gestaltung der Vorstandsvergütung nach den Prinzipien

Angemessenheit und Nachhaltigkeit betrifft.

Regelungen zur Angemessenheit Gesetz Kodex

Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von (Manager)Gehältern über 500.000 Euro

§ 20 Abs. 1 Z 7 EStG

Der Aufsichtsrat dafür zu sorgen, dass die Gesamtbezüge der Vor-standsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zu den Auf-gaben und Leistungen des einzelnen Vorstandsmitglieds, zur Lage der Gesellschaft und zu der üblichen Vergütung stehen (…).

§ 78 Abs 1 AktG L-Regel 26a

(…) Für variable Vergütungskomponenten sind messbare Leis-tungskriterien sowie betragliche oder als Prozentsätze der fixen Vergütungsteile bestimmte Höchstgrenzen im Voraus festzulegen. (…).

C-Regel 27

Bei Abschluss von Vorstandsverträgen ist darauf zu achten, dass Abfindungszahlungen bei vorzeitiger Beendigung der Vorstandstä-tigkeit ohne wichtigen Grund mehr als zwei Jahresgesamtvergü-tungen nicht überschreiten und nicht mehr als die Restlaufzeit des Anstellungsvertrages abgelten. (…).

C-Regel 27a

Quelle: Einkommenssteuergesetz (EStG), Aktiengesetz (AktG) und Österreichischer Corporate Governance Kodex 2015 (Kodex)

Während in Deutschland gerade über eine mögliche Deckelung der steuerlichen Absetzbarkeit von Managerge-

hältern diskutiert wird, gibt es dazu in Österreich bereits seit 2014 ein entsprechendes Gesetz. In § 20 Abs. 1 Z 7

EStG ist die Abzugsfähigkeit von Entgelten für Arbeits- oder Werkleistungen, soweit sie den Betrag von 500.000

Euro pro Person und Wirtschaftsjahr übersteigen, begrenzt. Umfasst sind Gehälter und Bezüge von echten

DienstnehmerInnen (beispielsweise ein auf dienstvertraglicher Basis angestellter Geschäftsführer einer GmbH),

vergleichbar organisatorisch eingegliederten Personen (wie etwa ein Vorstand einer AG, wesentlich beteiligte

Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH) und Entgelte, die nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses

ausbezahlt werden (wie etwa Firmenpensionen).

Gemäß §78 Abs. 1 AktG hat der Aufsichtsrat dafür zu sorgen, dass die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder in

einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des einzelnen Vorstandsmitglieds, zur Lage

der Gesellschaft und zur üblichen Vergütung stehen und langfristige Verhaltensanreize zur nachhaltigen Unter-

nehmensentwicklung (vgl. dazu S. 16) setzen. Dies gilt sinngemäß für Ruhegehälter, Hinterbliebenenbezüge und

17 Milla, Aslan und Köll, Annette: „Vorstandsbezüge und Vergütungspolitik – was ist wo offenzulegen?“ in RWZ 10/2013 S. 322 und 325

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Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen. April 2017 │ 15

Leistungen verwandter Art. Demnach fällt es unbestritten in den Aufgabenbereich und die Verantwortung des

Aufsichtsrats, dass die Vorstandsvergütung in einem angemessenen Verhältnis zur üblichen Vergütung stehen

muss. Die Bezugnahme auf die übliche Vergütung im Gesetz stellt auf das Vergleichsumfeld ab. Damit ist jedoch

nicht nur die Branchen-, Größen- und Landesüblichkeit (horizontaler Vergleich) sondern dezidiert das Lohn- und

Gehaltsgefüge im Unternehmen (vertikaler Vergleich) gemeint, wie in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage

interpretiert wird.18 In Deutschland, wo analog dazu bereits seit längerem eine gesetzliche Regelung besteht, hat

der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) den vertikalen Vergleich bereits näher konkretisiert: Nach

Ziffer 4.2.2 Abs. 2 Satz 3 soll bei Beurteilung der vertikalen Vergleichbarkeit das Verhältnis der Vorstandsvergü-

tung zur Vergütung des oberen Führungskreises und der Belegschaft insgesamt auch in der zeitlichen Entwick-

lung berücksichtigt werden. Diese Empfehlung sollte Vorbildcharakter für die Unternehmenspraxis in Österreich

haben.

Vergleich mit dem Lohn- und Gehaltsniveau im Unternehmen – die „Manager to Worker Pay Ratio“

In einer Untersuchung im Auftrag der AK zur „Vergütung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft im

österreichischen Recht nach den Kriterien von § 78 AktG idF 2012“19 sieht Univ.-Prof. Dr. Susanne Kalss einen

klaren gesetzgeberischen Willen, dass bei der Festlegung der Üblichkeit der Vorstandsvergütung neben der Be-

rücksichtigung von Aufgaben, Unternehmensgröße und Branche (horizontal) ein Vergleich zum Einkommen der

Belegschaft (vertikal) vorzunehmen ist. Der horizontale und der vertikale Bezugsrahmen sind gleichgewichtig

heranzuziehen. Nach Kalss ist es Aufgabe des gesamten Aufsichtsrats den vertikalen Vergleich zu konkretisieren,

es muss ein entsprechender Bezugsrahmen festgelegt werden, wie dies auch der Deutsche Corporate Gover-

nance Kodex vorsieht:

eine Relation (1:X) zwischen Vorstandsvergütung und Vergütung der Führungskräfte

eine Relation (1:X) zur Belegschaft

und

ein zeitlicher Entwicklungs- und zulässiger „Abweichungskorridor“.

Die USA sind in dieser Frage schon weiter, dort herrscht – was den Faktor 1:X zur Belegschaft betrifft – bald

absolute Transparenz: Ab dem Jahr 2017 müssen börsennotierte Unternehmen den Mittelwert der Beschäftig-

tenlöhne berechnen, diesen mit dem Einkommen des Vorstandschefs vergleichen und die Ergebnisse veröffent-

lichen („Manager to Worker Pay Ratio“). Dieses Gesetz hat die Securities and Exchange Commission (SEC) am

5. August 201520 im Zuge des Dodd-Frank-Acts beschlossen. Der Hintergrund ist dabei für mehr Transparenz zu

sorgen, allerdings dürfte sich dieser Schritt in weiterer Folge auch auf die Höhe bzw. die Angemessenheit der

Vergütung auswirken. Eine Studie der Harvard Business School21 belegt: KundInnen, die Kenntnis über eine hohe

Relation (1:X) haben, schätzen das Unternehmen weniger. Die Folge daraus ist, dass ihre Bereitschaft, dessen

Produkte zu kaufen, sinkt.

Aktuell fordert die Hans Böckler Stiftung22 in diesem Zusammenhang die Publizitätspflicht für die Verhältniszah-

len auch für Deutschland. Zudem soll es eine Begründung für die Angemessenheit des Verhältnisses der Vor-

standsvergütung zur Vergütung des oberen Führungskreises und der Belegschaft geben. Wichtig ist außerdem,

dass die „Manager to Worker Pay Ratio“ insbesondere in Bezug auf Beschäftigte in unterschiedlichen Ländern

berechnet werden muss und zudem auf Vollzeitäquivalente basieren sollte, argumentiert die Böckler Stiftung.

18 https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/I/I_01685/fname_245700.pdf in 1685 der Beilagen XXIV. GP – Regierungsvorlage, Vorblatt

und Erläuterungen, S. 30 19 https://media.arbeiterkammer.at/PDF/Gutachten_Vorstandsverguetung.pdf 20 https://www.gpo.gov/fdsys/pkg/FR-2015-08-18/pdf/2015-19600.pdf 21 Bhavya, Mohan/Norton, Michael I./Deshpandé, Rohit (2015): Paying Up for Fair Pay: Consumers Prefer Firms with Lower CEO-to-Worker Pay Ratios, Working Paper No. 15-091, Harvard Business School, USA 22 https://www.boeckler.de/pdf/p_mbf_report_2016_25.pdf

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Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen. April 2017 │ 16

Festlegung von Höchstgrenzen bei der individuellen Vergütung

Über die Festlegung und Veröffentlichung einer „Manager to Worker Pay Ratio“ hinaus, sollte der Aufsichtsrat

die individuelle Vergütung der Vorstandsmitglieder in ihrem Gesamtbetrag insgesamt und hinsichtlich ihrer va-

riablen Vergütungsteile nach oben begrenzen. Auch hier dient der Deutsche Corporate Governance Kodex als

Vorbild.23 Nur innerhalb dieser definierten Maximalgrenze darf eine Vergütung festgelegt werden. Zudem sollten

die Versorgungsziele (Versorgungsniveau) für die Vorstandsmitglieder festgelegt werden und damit auch der

Aufwand, den die Gesellschaft maximal dafür zu tragen hat.

Diese beiden Maßnahmen („Manager to Worker Pay Ratio“ und Festlegung von Höchstgrenzen bei der individu-

ellen Vergütung) könnten erste, wichtige Schritte sein, um sich dem – bisher unbestimmten – Begriff „Angemes-

senheit“ zu nähern und zu mehr Praxisrelevanz zu verhelfen.

Nachhaltigkeit

Neben der Festlegung einer angemessenen Vorstandsvergütung hat der Aufsichtsrat – seit der Gesetzesnovelle

zum § 78 Abs 1 AktG im Jahr 2012 – dafür zu sorgen, dass die Vorstandsvergütung „langfristige Verhaltensanreize

zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung“ setzt. Im Sinne eines nachhaltigen Leistungsanreizes dürfen nicht

nur kurzfristige, zufällige und vom Vorstand beeinflussbare Parameter für die Bemessung der Vergütung heran-

gezogen werden. Fehlgeleitete Anreize wie kurzfristige Erfolgsorientierung oder zu hohe Risikobereitschaft sind

zu verhindern. Insbesondere dürfen Bonuszahlungen nicht so angelegt sein, dass die Erfüllung ihrer Parameter

vom begünstigten Vorstand zu einem bestimmten Stichtag z.B. durch die Erhöhung des Gewinns angestrebt wird.

So sollten künftig unternehmerische „Strohfeuereffekte“ oder „auf Sand gebauter Erfolg“ verhindert werden.24

Nachhaltigkeit

Aufsichtsrat muss dafür zu sorgen, dass die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglie-der langfristige Verhaltensanreize zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung setzen

§ 78 Abs 1 AktG L-Regel 26a

Bei Abschluss von Vorstandsverträgen wird zusätzlich auf die Einhaltung folgen-der Grundsätze geachtet: Die Vergütung enthält fixe und variable Bestandteile. Die variablen Vergütungsteile knüpfen insbesondere an nachhaltige, langfristige und mehrjährige Leistungskriterien an, beziehen auch nicht-finanzielle Kriterien mit ein und dürfen nicht zum Eingehen unangemessener Risiken verleiten (…).

C-Regel 27

Quelle: Aktiengesetz (AktG) und Österreichischer Corporate Governance Kodex 2015 (Kodex)

An dieser Stelle wurde zwar von Seiten der Gesetzgebung der Begriff der Nachhaltigkeit beim Entwurf des Ver-

gütungsdesigns für Vorstände eingeführt, allerdings fehlt eine Definition bezogen auf die nicht-finanziellen Kri-

terien und damit auf die soziale und ökologische Dimension. Der Nachhaltigkeitsbegriff bleibt demnach – wie die

„Angemessenheit“ – bis heute ein unbestimmter Rechtsbegriff, zu dem wenig bis gar keine Rechtsprechung oder

konkrete Definition vorliegt. Trotz freiwilliger Regelungen des Kodex mit Verweisen auf „mehrjährige Leistungs-

kriterien“ sowie der Berücksichtigung von „nicht-finanziellen Kriterien“ (C-Regel 27), ist es nicht gelungen, dem

Thema Nachhaltigkeit verstärkt inhaltliche Kontur zu verleihen. Der Faktor Nachhaltigkeit wird von den Unter-

nehmen fast ausschließlich in seiner zeitlichen (langfristigen) und nicht in seiner inhaltlichen (nicht-finanziellen)

Komponente interpretiert.

Die EU-Aktionärsrechterichtlinie pocht auf den Einsatz nicht-finanzieller Indikatoren: „Die Leistung von Mitglie-

dern der Unternehmensleitung sollte anhand sowohl finanzieller als auch nicht-finanzieller Kriterien, gegebenen-

falls einschließlich ökologischer, sozialer und Governance-Faktoren, bewertet werden.“25 Demnach sollte die C-

Regel 27 ins Aktiengesetz übernommen werden, um so den Einsatz von Umwelt- und ArbeitnehmerInnenbelan-

gen in der Vergütungsstrategie für den Vorstand zu berücksichtigten.

23 Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK), 2015: S. 7 24 http://www.directorschannel.tv/download/Nachhaltige_Vorstandsverguetung-Patrick_Velte-NZG2016 25 ebda, S. 15

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Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen. April 2017 │ 17

5 EUROPÄISCHE POLITIK

Als eine Lehre aus der Finanzkrise hat die Europäische Union in den letzten Jahren wichtige Impulse für die Wei-

terentwicklung der Vergütung der Unternehmensleitung gesetzt. Davon zeugen u.a. die EU-Empfehlungen vom

April 2009 zur Ergänzung der Empfehlungen 2004/913/EG und 2005/162/EG zur Regelung der Vergütung von

Mitgliedern der Unternehmensleitung börsennotierter Gesellschaften26, das Grünbuch Europäischer Corporate

Governance Rahmen KOM (2011) 16427 sowie der Aktionsplan Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate

Governance COM (2012)28. Die Langfristigkeit der Vorstandsvergütung wurde erstmals in der EU-Empfehlung

2009/385/EG29 herausgearbeitet. Als jüngste Reformbestrebung in dieser Frage stand zuletzt die Überarbeitung

der Aktionärsrechterichtlinie (2007/36/EG) auf der Agenda, die u.a. eine Berücksichtigung von nicht-finanziellen

Kriterien in der Vorstandsvergütung, mehr Transparenz in der Berichterstattung und eine stärkere Beteiligung

der Aktionäre (besonders institutionelle Anleger und Vermögensverwalter) an der Corporate Governance der

Unternehmen beinhaltet.

Nach langwierigen Trilog-Verhandlungen wurde die Aktionärsrechterichtlinie (2007/36/EG) letztlich im März

2017 vom Rat verabschiedet, dort hält die Europäische Union fest: „Die Finanzkrise hat gezeigt, dass Aktionäre

die übermäßige kurzfristige Risikobereitschaft von Managern in vielen Fällen unterstützt haben. Zudem liegen

konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die derzeitige Überwachung von Gesellschaften, in die investiert wurde,

sowie das Engagement von institutionellen Anlegern und Vermögensverwaltern oft unzureichend und zu stark

auf kurzfristige Gewinne ausgerichtet sind, was zu einer unzureichenden Corporate Governance und Wertent-

wicklung führen kann.“30

Aktionärsrechterichtlinie 2017: Worauf bei der Umsetzung in Österreich zu achten ist

In der Gesamtschau zeigt sich, dass die Richtliniengeber sowohl eine zeitliche (langfristige) als auch eine inhaltli-

che (nicht-finanzielle) Komponente der Nachhaltigkeit bei der variablen Vorstandsvergütung einbezogen haben

will.31 Zum einen hält die neue Aktionärsrechterichtlinie fest: „Die Vergütungspolitik fördert die Geschäftsstrate-

gie, die langfristigen Interessen und die langfristige Tragfähigkeit der Gesellschaft und erläutert, wie sie das

tut.“32 Zum anderen wird konkretisiert: „Die Leistung von Mitgliedern der Unternehmensleitung sollte anhand

sowohl finanzieller als auch nicht-finanzieller Kriterien, gegebenenfalls einschließlich ökologischer, sozialer und

Governance-Faktoren, bewertet werden.“33

Das Vergütungsdesign sollte sich an Sozial- und Umweltstandards (beispielsweise an jene der nicht-finanziellen

Erklärung bzw. des Nachhaltigkeits-Reporting der Global Reporting Initiative) orientieren. Zudem könnten bei-

spielsweise MitarbeiterInnen- und KundInnenzufriedenheit, Diversität in Belegschaft und Führung sowie Innova-

tion und Forschungsgrad berücksichtig werden. Strategische Weitsicht und nachhaltige Unternehmensführung

statt Kurzsicht und schnelle Gewinne, das sollte sich lohnen: Nicht nur für die Aktionäre, sondern für alle Stake-

holder.

26 http://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/empl/dv/2009-385-ec_/2009-385-ec_de.pdf 27 http://ec.europa.eu/internal_market/company/docs/modern/com2011-164_de.pdf 28 http://ec.europa.eu/internal_market/company/docs/modern/121212_company-law-corporate-governance-action-plan_de.pdf 29 http://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/empl/dv/2009-385-ec_/2009-385-ec_de.pdf 30 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfris-tigen Mitwirkung der Aktionäre, S. 2 31 http://www.directorschannel.tv/download/Nachhaltige_Vorstandsverguetung-Patrick_Velte-NZG2016 32 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfris-tigen Mitwirkung der Aktionäre, Erwägungsgründe, S. 55 33 ebda, S. 15

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Vorstandsvergütung in den ATX Unternehmen. April 2017 │ 18

Zu begrüßen ist ein „klarer und verständlicher“ Vergütungsbericht, den die Aktionärsrechterichtlinie nunmehr

vorsieht. Gerade in der Frage der Transparenz gibt es in den österreichischen börsennotierten Unternehmen

Aufholbedarf. Künftig sollten die individuellen Vergütungsangaben für den Vorstand standardisiert diesem

Schema erfolgen:

fixe und variable Gehaltsbestandteile;

Aktien und Aktienbezugsrechte bzw. sonstige Gewinnbeteiligungen

Beiträge zu zusätzlichen Altersversorgungssystemen;

Kredite, Vorauszahlungen oder Bürgschaften

Höhe der Beendigungsansprüche bei vorzeitiger Vertragsauflösung (Abfindungen, Ruhegehälter,

Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art);

sonstige Vergütungsbestandteile (z.B. Dienstfahrzeug, Reisekosten, Versicherungen)

Die Entgeltbestandteile „Beendigungsansprüche“, die zunehmend an Bedeutung gewinnen (vgl. dazu S. 9f), fin-

den sich derzeit nämlich nicht explizit als Komponente der individuellen Vergütungsberichterstattung. Dabei ist

gerade in diesem sensiblen Punkt dringend mehr Transparenz notwendig. Für die Steigerung der nationalen Be-

richtsqualität ist ein standardisierter, individueller Ausweis erforderlich, nicht nur was die Abfindungen betrifft,

sondern auch, wenn es um den Faktor Pensionen geht. Dabei muss zwischen direkten Pensionszahlungen, Bei-

tragszahlungen des Arbeitgebers in die Pensionskassen, Leistungen aus der Pensionskasse und Veränderungen

der Pensionsrückstellungen unterschieden werden. Außerdem sind die entsprechenden Vorsorgepläne und die

vorgesehenen Leistungen (wie Rückstellungsdotierung, Pensionskassenbeiträge) für aktive Vorstände individuell

auszuweisen.

Damit die Umsetzung einer nachhaltigen und angemessenen Vergütungspraxis für das österreichische Top-Ma-

nagement gelingt, ist insbesondere zu beachten, dass die Corporate Governance eines Unternehmens nicht nur

Angelegenheit der Aktionäre ist, sondern auch die Interessen der Stakeholder zu berücksichtigen hat. Wie die

Entwicklung der Vorstandsvergütung in den letzten Jahren zeigt, ist es höchst problematisch, die Bezüge des

Managements zu stark an Shareholder-Interessen zu koppeln. Das Paradigma einer Corporate Governance Poli-

tik, die einzig auf Aktionäre fokussiert ist, steht einer nachhaltigen, wertsichernden Unternehmensentwicklung

diametral gegenüber. Die Vergütungspolitik für den Vorstand darf nicht der Hauptversammlung überlassen wer-

den, diese sollte nur empfehlenden Charakter haben. Wie die Erfahrungen mit dem sogenannten „Say on pay“

Prinzip in Deutschland zeigen, üben Aktionäre (62 % der Aktien der DAX-30-Konzerne sind im Besitz institutio-

neller Investoren und Fonds) wenig Kritik an den Vergütungsberichten. Bei den DAX-Hauptversammlungen liegt

die Zustimmungsquote zu den Vergütungsstrukturen im Schnitt bei 90 %.34

Durch ein bindendes Votum der Hauptversammlung – eine Rückverlagerung der Entscheidungsbefugnis – wird

die Kompetenz des Aufsichtsrats in Frage gestellt. Es muss auch künftig in der Verantwortung des Aufsichtsrats

bleiben, durch sorgfältige Steuerung und regelmäßige Überwachung die Vergütung des Managements zu steuern

und damit die Strategie des Unternehmens in der Hand zu halten. Im Hinblick auf die Umsetzung der neuen

Richtlinie, sei an dieser Stelle festgehalten, dass die Gestaltung der Vorstandsvergütung in Österreich wie bisher

eine zentrale Aufgabe des Aufsichtsrats bleiben muss und nicht einzig den Shareholdern überlassen wird. Denn

gemäß §78 Aktiengesetz (1) hat der Aufsichtsrat schon jetzt dafür zu sorgen, dass die Gesamtbezüge der Vor-

standsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des einzelnen Vorstands-

mitglieds, zur Lage der Gesellschaft und zur üblichen Vergütung stehen und langfristige Verhaltensanreize zur

nachhaltigen Unternehmensentwicklung setzen soll. Aufsichtsräte tragen demnach die Verantwortung für die

Struktur und die Ausrichtung der Vorstandsgehälter.

34 Böckler-Impuls (18/2010)

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6 FAZIT

Den Ergebnissen der vorliegenden Erhebung zufolge sind die wichtigsten börsennotierten Unternehmen Öster-

reichs ein weiteres Mal weit von einer angemessenen und nachhaltig orientierten Vergütungskultur für das Top-

Management entfernt. Der Aspekt „Nachhaltigkeit“ – den es laut Gesetz zu berücksichtigen gilt – wird ein wei-

teres Jahr überwiegend in seiner zeitlichen (langfristigen)35 und nicht seiner inhaltlichen (nicht-finanziellen) Kom-

ponente interpretiert. So bleiben nicht-finanzielle Leistungsindikatoren die Ausnahme, vielmehr dominieren fi-

nanzielle Kriterien wie Jahresüberschuss, EBIT oder EBITDA. Zudem war das Geschäftsjahr 2016 durch hohe Be-

endigungsansprüche – bedingt durch vorzeitige Vertragsauflösungen – geprägt. Ein durchschnittlicher ATX-

Vorstand verdient im Jahr 2016 1,5 Mio. Euro, das ist das 51-fache eines mittleren Einkommens in Österreich.

Der Handlungsbedarf ist jedenfalls groß und die anstehende Umsetzung der überarbeiteten Aktionärsrechte-

richtlinie (2007/36/EG) in die nationale Gesetzgebung ein guter Zeitpunkt, um Maßnahmen für mehr Angemes-

senheit, Transparenz und Nachhaltigkeit zu setzen. Die derzeit bestehenden Gesetzeslücken sind zu schließen:

Es braucht individuelle Transparenz für sämtliche Vergütungsbestandteile (inkl. Abfindungs- und Pensionszah-

lungen), die Festlegung und Veröffentlichung der „Manager to Worker Pay Ratio“ sowie die Berücksichtigung von

nicht-finanziellen Kriterien wie Sozial- und Umweltbelange. Konkret sind folgende Punkte zu beachten:

Die Gestaltung der Vorstandsvergütung in Österreich soll wie bisher Aufgabe des Aufsichtsrats bleiben

und nicht den Shareholdern überlassen wird. Der Aufsichtsrat hat eine angemessene Relation zwischen

der Vorstandsvergütung und der Belegschaft festzulegen und diesen Faktor (z.B. 1:12) – die „Manager

to Worker Pay Ratio“ – im Geschäftsbericht zu veröffentlichen. Darüber hinaus soll der Aufsichtsrat

Höchstgrenzen für die individuelle Vergütung der Vorstandsmitglieder sowie für die einzelnen Vergü-

tungsbestandteile (z.B. variable Vergütung) vorsehen.

Statt einer einseitigen Koppelung an den Aktienkurs, gilt es Nachhaltigkeit zu belohnen. Die Leistung des

Vorstands soll nicht nur an finanziellen Kennzahlen gemessen, sondern auch anhand nicht-finanzieller

Kriterien wie „ökologischer, sozialer und Governance-Faktoren“ bewertet werden, das empfiehlt auch

die Aktionärsrichtlinie. Dazu zählen beispielsweise MitarbeiterInnen- und KundInnenzufriedenheit, Ar-

beitsbedingungen (Gesundheit und Sicherheit), Diversität in Belegschaft und Führung, Rohstoff- und

Energieeffizienz oder Forschung und Entwicklung.

Eine transparente, umfassende Berichterstattung über die unterschiedlichen Komponenten der Vergü-

tung des Vorstands gehört zu den Kernelementen guter Corporate Governance. Ein „klarer und ver-

ständlicher“ Vergütungsbericht, wie in der neuen Aktionärsrechterichtlinie vorgesehen, ist als probates

Mittel für mehr Transparenz und bessere Vergleichbarkeit zu begrüßen. Ein Ausweis der sensiblen Ge-

haltskomponenten wie Abfertigungen bzw. Abfindungen sowie Pensionszusagen darf in diesem Bericht

jedoch nicht fehlen.

Gerade im vergangenen Geschäftsjahr hat es wieder sehr hohe Zahlungen aus vorzeitigen Vertragsauf-

lösungen gegeben. Dies ist zum Anlass zu nehmen, um Maßnahmen gegen unangemessen hohe Abfer-

tigungen bzw. Abfindungen sowie Pensionszusagen zu ergreifen. Abfindungen bei vorzeitiger Auflösung

dürfen ein Jahresgehalt sowie die Restlaufdauer des Vertrages nicht überschreiten. Dies sollte gesetzlich

festgehalten werden.

35 beispielsweise in Form von Long Term Incentive Programs (LTIP)

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