Vorbemerkung Die Welt ist um ein kostbares Dokument reicher. Dies lässt sich angesichts des hier vorliegenden unverhofften Fundes ohne Einschränkung behaupten. Das lange verschollene Werk, vor etwa einem Jahr in den Archiven der Wolfenbütteler Bibliothek entdeckt, schenkt uns einen zu Unrecht vergessenen Denker wieder, dessen kritische Radikalität wir bei keinem seiner berühmteren Zeitgenossen wie Kant, Voltaire und selbst Rousseau anzutreffen gewohnt sind: Klaus Isidor Egdemopel (1712 – 1777). Von seinem Leben wissen wir wenig genug. Geboren und aufgewachsen ist er in Rottleberode, und aus jener Zeit stammt auch einer der wenigen authentischen Berichte über ihn. Bei einem Spaziergang mit seiner Mutter am 18.August 1715 soll diese plötzlich gesagt haben: „Sieh mal, Klaus Isidor, ein Vögelchen!“, worauf der Knabe sogleich ausgerufen haben soll: „Piep! Piep!“ Dies zeigt bereits deutlich die scharfe, unbestechliche Beobachtungsgabe des jungen Egdemopel. Später finden wir ihn als Gemeindehirten in Niedersachswerfen, Elend, Harlingerode und schließlich Dedeleben, wo er 1777 starb. Die für seine Verhältnisse ungewöhnlich hohe Bildung muss er sich mit großer Zähigkeit erworben haben. Trotz seiner sozialen Stellung und einer nie ganz überwundenen orthographischen Schwäche rechnete er sich stolz zum Bildungsbürgertum, wie wir allein schon aus der Bezeichnung „Pastor“ (lateinisch für „Hirte“) ersehen.

Dieses Wort sollte uns nicht irreführen: Egdemopels Denken ist zutiefst antiklerikal. Nur ein Bourgeois wie Marx, heißt es, habe die Idee des Kommunismus entwickeln können. Analog dazu lässt sich sagen: Nur ein Naturmensch wie Egdemopel konnte diese grandiose Kritik der natürlichen Schöpfung und der geschaffenen Natur verfassen. Täuschen wir uns jedoch nicht: Egdemopel ist keineswegs ein Prometheus. Wir finden hier kaum etwas von der großen Geste der Auflehnung gegen Gott, nichts vom tragischen Unterliegen. Die Haltung Egdemopels zum Schöpfer ist die des gestrengen Oberlehrers zum Schüler Theo. Er verwirft dessen Werk unpathetisch, aber ohne Nachsicht. Gott wird nicht flammend angeklagt, Gott wird bescheinigt, das Klassenziel nicht erreicht zu haben. Wir begreifen, warum eine derart kühne Schrift keine Verbreitung finden konnte. Doch wir sind dankbar, dass uns dieses erstaunliche Buch erhalten geblieben ist. Der Herausgeber